Landgericht Ravensburg Beschluss, 30. Jan. 2014 - 4 O 260/12

published on 30/01/2014 00:00
Landgericht Ravensburg Beschluss, 30. Jan. 2014 - 4 O 260/12
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Tenor

1. Der angerufene Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist für den Hilfsantrag Ziffer 1 und den Antrag Ziffer 2 unzulässig.

2. Das Verfahren, soweit nach dem Teilurteil vom 30.1.2014 hier noch anhängig, wird an das zuständige Verwaltungsgericht Sigmaringen verwiesen.

Gründe

 
I.
Hinsichtlich des Hilfsantrags Ziffer 1 und des Antrags Ziffer 2 ist vorab über die Rechtswegfrage zu entscheiden.
Die Parteien streiten über die Eigentumsverhältnisse an gebrauchten Verkaufsverpackungen, welche der Beklagte im Rahmen von Altpapier-Vereinssammlungen in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sammelt. Die Klägerin betreibt ein duales System i.S.d. § 6 Abs. 3 VerpackV.
In einvernehmlicher Praxis der Parteien über etwa 20 Jahre hin verwertete der Beklagte das gesamte Altpapier und zahlte der Klägerin entsprechend dem Anteil der Verkaufsverpackungen einen Betrag aus. Erstmals 2011 verlangte die Klägerin von dem Beklagten statt einer Zahlung die Herausgabe des gesammelten Materials, um dieses selbst der Verwertung zuzuführen. Man einigte sich für das Jahr 2011 auf die Überlassung eines 11-prozentigen Anteils an der Gesamtmenge des Altpapiers. Vertragliche Vereinbarungen zu im Rahmen von Vereinssammlungen gesammeltem Altpapier über diesen Zeitraum hinaus bestehen zwischen den Parteien nicht; die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Rechtsverhältnisse für die Zeit ab 1.1.2012 sind Gegenstand des Streits der Parteien.
Die Klägerin meint, mit dem Einwurf der Verpackungen in die Sammelvorrichtungen des Beklagten gem. § 929 S. 1 BGB bzw. §§ 947, 948 S. 2 BGB Eigentum anteilig an der Gesamtmenge zu erwerben (siehe S. 28 ff. der Klageschrift vom 30.07.2012, Bl. 28 ff. d.A.). Auch bestehe ein Erwerbsverbot für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (S. 20 f. des Schriftsatzes vom 26.11.2012, Bl. 99 f. d.A.). Sie meint, grundsätzlich ihren Anteil an den Verpackungen in natura heraus verlangen zu können.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich der Eigentumserwerb nach den Vorschriften des BGB richte, dies also die streitentscheidenden Normen seien, und daher auch für den Hilfsantrag Ziffer 1 (Übereignungsverpflichtung) und den Antrag Ziffer 2 der Zivilrechtsweg gem. § 13 GVG eröffnet sei.
Die Klägerin beantragt
1. festzustellen, dass sie ab dem 01.01.2012 Miteigentümerin des vom Beklagten im Rahmen einer sogenannten Vereinssammlung erfassten Altpapiers ist, und zwar in Höhe des bei der Klägerin jeweils lizensierten Verkaufsverpackungsanteils, der sich ergibt aus der monatlich vom Beklagten insgesamt erfassten Altpapiermenge, einem Verkaufsverpackungsmasseanteil von insgesamt 11% und dem auf die Klägerin entfallenden prozentualen Planmengenanteil an Verkaufsverpackungen, der quartalsweise durch die Gemeinsame Stelle gem. § 6 Abs. 7 VerpackV („Clearingstelle“) berechnet wird,
hilfsweise
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, einen nach vorstehender Berechnungsmethode ermittelten Anteil des von ihm erfassten Altpapiers an die Klägerin zu übereignen.
10 
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Anteil der Klägerin gemäß Ziffer 1 monatlich in wirtschaftlich sinnvollen Transporteinheiten an einem von der Klägerin zu benennenden Umschlagplatz bereitzustellen und Zug um Zug gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts gemäß § 6 Abs. 4, S.5 und 6 VerpackV an die Klägerin herauszugeben.
11 
Der Beklagte beantragt
12 
Klagabweisung
13 
und rügt vorab die Unzulässigkeit des Rechtswegs.
14 
Der Beklagte meint, dass hinsichtlich aller Anträge der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig sei (vgl. zur Rüge des Beklagten S. 5 seines Schriftsatz vom 28.09.2012, Bl. 55 d.A., und S. 1 des Schriftsatzes vom 14.02.2013, Bl. 133 d.A.). Die Eigentumsfrage richte sich nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften, sondern sei nach dem öffentlich-rechtlichen Regelwerk zu beurteilen. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und der Klägerin als Systembetreiberin i.S.d. § 6 Abs. 3 VerpackV werde namentlich durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften der VerpackV bestimmt (siehe zusammenfassend den Schriftsatz des Beklagten vom 17.12.2012, Bl. 127 ff. d.A.). Auch bestehe gem. § 17 Abs. 1 S.1 KrWG - als einer ebenfalls öffentlich-rechtlichen Norm - eine Überlassungspflicht des Verbrauchers an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (vgl. S. 8 des Schriftsatzes vom 28.09.2012, Bl. 58 d.A.); jedenfalls bestimme dieses Gesetz das Rechtsverhältnis der Parteien maßgeblich (zusammenfassend siehe S. 2 des Schriftsatzes vom 15.11.2012, Bl. 78 d.A.).
15 
Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen und im übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden.
16 
Mit Verfügungen vom 02.10.2012 (Bl. 74 d.A.) und 12.12.2012 (Bl. 124 d.A.) und Hinweisbeschluss vom 22.01.2013 (Bl. 130 d.A.) hat die Kammer den Parteien Gelegenheit gegeben, sich zu der Frage des zulässigen Rechtswegs zu allen Klageanträgen zu äußern.
17 
Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten für den Hauptantrag Ziffer 1 wurde durch Beschluss der Kammer vom 18.2.2013 bejaht (Bl. 138ff d.A.). Mit Teil-Urteil vom heutigen Tage hat die Kammer die Klage im Hauptantrag Ziffer 1 als unbegründet abgewiesen.
II.
18 
Nach der klageabweisenden Entscheidung über den Hauptantrag Ziffer 1 durch Teilurteil vom heutigen Tage stehen noch der Hilfsantrag Ziffer 1 und der Antrag Ziffer 2 zur Entscheidung (zum Verständnis der klägerseitigen Antragstellung siehe Hinweisbeschluss vom 22.01.2013, Bl. 130 d.A.). Insoweit ist aber zunächst gem. § 17a Abs. 2 GVG über die Rechtswegfrage zu entscheiden (vgl. Ziff. A. II. 4. des genannten Beschlusses vom 22.01.2013).
19 
Für die beiden verbleibenden Anträge ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig, da es sich hinsichtlich des Übereignungs- und Herausgabeanspruchs um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.
20 
1. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.7.2012, 10 S 2554/10 - juris Rn. 55).
21 
2. Die Klägerin stützt sich in ihrer Anspruchsbegründung darauf, dass der gesamte Bereich der Entsorgung von Verkaufsverpackungen durch die VerpackV dem öffentlich-rechtlichen Entsorger entzogen sei und im Verantwortungsbereich der Systemversorger liege; die Zulässigkeit des Rechtswegs vor den Zivilgerichten sei aber deshalb gegeben, weil es für ihren Anspruch ausschließlich auf §§ 929 ff. BGB ankomme (S. 34 des Schriftsatzes vom 26.11.2012, Bl. 112 d.A.). Entgegen dieser Auffassung der Klägerin sind der nunmehr zur Prüfung anstehende Hilfsantrag Ziffer 1 und der Antrag Ziffer 2 ausschließlich nach öffentlich-rechtlichen Normen zu entscheiden.
22 
a) Die §§ 929 ff. BGB sind die maßgeblichen Normen, wenn es darum geht, ob jemand rechtsgeschäftlich Eigentum von einem anderen erlangt hat; dementsprechend hat die Kammer für den Hauptantrag Ziffer 1 - in dem es der Klägerin um die Feststellung ging, dass sie (Mit-)Eigentümerin sei (was eine bereits wirksam erfolgte Übereignung voraussetzt) - die Zuständigkeit des Zivilrechtsweges bejaht.
23 
Mit dem Hilfsantrag Ziffer 1 und dem Antrag Ziffer 2 dagegen macht die Klägerin einen Anspruch auf (erst noch zu erfolgende) Übereignung und Herausgabe geltend. Zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein solcher Anspruch ergeben könnte, bestehen aber nicht. Da die Klägerin nicht (Mit-) Eigentümerin des Altpapiers ist (siehe Teilurteil vom 30.1.2014), besteht ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nicht. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen, seien es vertragliche oder gesetzliche, aus denen sich ein Übereignungsanspruch und ein hiervon abhängiger Herausgabeanspruch ergeben könnten, sind nicht ersichtlich. Zwischen den Parteien besteht unstreitig keine derzeit gültige Vereinbarung, die eine Übereignungspflicht begründet, oder auch nur eine Abrede zum Umgang mit bei Vereinssammlungen erfassten Verkaufsverpackungen.
24 
b) Es verbleibt damit nur die VerpackV, aus der sich möglicherweise eine Pflicht des Beklagten zur anteiligen Übereignung des Altpapiers an die Klägerin ergeben könnte. Die Bestimmungen der VerpackV aber über die Etablierung eines Systems, welches gekennzeichnet ist durch eine notwendige Kooperation von öffentlichen und privaten Stellen bei Entsorgung und Verwertung von Sekundärrohstoffen, und die hieraus herzuleitende Abgrenzung zwischen den Aufgabenbereichen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und der privaten Systembetreiber sind öffentliches Recht.
25 
Die Klägerin erlangt durch die Feststellung nach § 6 VerpackV eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition, die ihr Ansprüche und Pflichten gegen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verleiht. Dies hat zur Folge, dass die unmittelbar aus dieser Rechtsposition folgenden Pflichten dem Grunde nach öffentlich-rechtliche Pflichten sind (so VG Stuttgart, Urteil v. 30.9.2010, 2 K 639/09 in einem Fall, in dem es um die Mitbenutzungspflicht von Sammeleinrichtungen durch einen Systembetreiber ging). Wenn also wie hier der Systembetreiber, ohne Bestehen vertraglicher Vereinbarungen zwischen ihm und dem öffentlich-rechtlichen Entsorger, Ansprüche basierend auf den sich unmittelbar aus der Verpackungsverordnung ergebenden Rechtspositionen geltend macht, handelt es sich um Streitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur. Bei der von der Klägerin geltend gemachten Übereignungsverpflichtung gestützt auf die VerpackV handelt es sich - vergleichbar mit der Mitbenutzungsverpflichtung - um eine grundsätzliche Verpflichtung, „gedanklich noch auf einer ersten Ebene“ (so das VG Stuttgart, aaO, Rn. 25 zur Mitbenutzungsverpflichtung); auf dieser Ebene gibt es aus Gründen der geregelten Entsorgung keine Privatautonomie, die Beziehung zwischen den Beteiligten ist insoweit vielmehr dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
26 
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die VerpackV keine expliziten Regelungen zu möglichen Übereignungspflichten enthält, sondern in § 6 Abs. 1 lediglich Rücknahmepflichten statuiert. Entscheidend für die Frage der Rechtswegzuständigkeit ist allein, dass sich die Klägerin auf die VerpackV bezieht und diese grundsätzlich die Beziehung zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorger regelt, sodass die sich hieraus ergebenden Rechtsbeziehungen die alleinige Basis für einen Übereignungsanspruch sein können. Ob ein solcher dann tatsächlich hieraus abgeleitet werden kann, ist durch das zuständige Verwaltungsgericht zu entscheiden.
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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgu
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(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden. (2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Am

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(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgu
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published on 24/07/2012 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. September 2010 – 2 K 639/09 – geändert.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen
published on 30/09/2010 00:00

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Einrichtungen des Klägers für die Sammlung von Abfällen aus Papier, Pappe, Karton derzeit bestehend aus Containern auf den Wertstoffhöfen des Klägers und Müllgroßbehältern, die v
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published on 28/10/2014 00:00

Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts Ravensburg vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kost
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Annotations

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll. Ist der Erwerber im Besitz der Sache, so genügt die Einigung über den Übergang des Eigentums.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander dergestalt verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigentümer Miteigentümer dieser Sache; die Anteile bestimmen sich nach dem Verhältnis des Wertes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben.

(2) Ist eine der Sachen als die Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr Eigentümer das Alleineigentum.

(1) Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die Vorschriften des § 947 entsprechende Anwendung.

(2) Der Untrennbarkeit steht es gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

(1) Abweichend von § 7 Absatz 2 und § 15 Absatz 1 sind Erzeuger oder Besitzer von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtet, diese Abfälle den nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristischen Personen (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) zu überlassen, soweit sie zu einer Verwertung auf den von ihnen im Rahmen ihrer privaten Lebensführung genutzten Grundstücken nicht in der Lage sind oder diese nicht beabsichtigen. Satz 1 gilt auch für Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Beseitigung aus anderen Herkunftsbereichen, soweit sie diese nicht in eigenen Anlagen beseitigen. Die Befugnis zur Beseitigung der Abfälle in eigenen Anlagen nach Satz 2 besteht nicht, soweit die Überlassung der Abfälle an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund überwiegender öffentlicher Interessen erforderlich ist.

(2) Die Überlassungspflicht besteht nicht für Abfälle,

1.
die einer Rücknahme- oder Rückgabepflicht auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 unterliegen, soweit nicht die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger auf Grund einer Bestimmung nach § 25 Absatz 2 Nummer 8 an der Rücknahme mitwirken; hierfür kann insbesondere eine einheitliche Wertstofftonne oder eine einheitliche Wertstofferfassung in vergleichbarer Qualität vorgesehen werden, durch die werthaltige Abfälle aus privaten Haushaltungen in effizienter Weise erfasst und einer hochwertigen Verwertung zugeführt werden,
2.
die in Wahrnehmung der Produktverantwortung nach § 26 freiwillig zurückgenommen werden, soweit dem zurücknehmenden Hersteller oder Vertreiber ein Feststellungs- oder Freistellungsbescheid nach § 26 Absatz 3 oder § 26a Absatz 1 Satz 1 erteilt worden ist,
3.
die durch gemeinnützige Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden,
4.
die durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegenstehen.
Satz 1 Nummer 3 und 4 gilt nicht für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle. Sonderregelungen der Überlassungspflicht durch Rechtsverordnungen nach den §§ 10, 16 und 25 bleiben unberührt.

(3) Überwiegende öffentliche Interessen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 stehen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 25 eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet. Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesem beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der nach § 20 bestehenden Entsorgungspflichten zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung

1.
Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
2.
die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
3.
die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird.
Satz 3 Nummer 1 und 2 gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder dem von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung. Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen. Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen.

(4) Die Länder können zur Sicherstellung der umweltverträglichen Beseitigung Andienungs- und Überlassungspflichten für gefährliche Abfälle zur Beseitigung bestimmen. Andienungspflichten für gefährliche Abfälle zur Verwertung, die die Länder bis zum 7. Oktober 1996 bestimmt haben, bleiben unberührt.

(1) Hat ein Gericht den zu ihm beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, sind andere Gerichte an diese Entscheidung gebunden.

(2) Ist der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges. Sind mehrere Gerichte zuständig, wird an das vom Kläger oder Antragsteller auszuwählende Gericht verwiesen oder, wenn die Wahl unterbleibt, an das vom Gericht bestimmte. Der Beschluß ist für das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, hinsichtlich des Rechtsweges bindend.

(3) Ist der beschrittene Rechtsweg zulässig, kann das Gericht dies vorab aussprechen. Es hat vorab zu entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt.

(4) Der Beschluß nach den Absätzen 2 und 3 kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Er ist zu begründen. Gegen den Beschluß ist die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung gegeben. Den Beteiligten steht die Beschwerde gegen einen Beschluß des oberen Landesgerichts an den obersten Gerichtshof des Bundes nur zu, wenn sie in dem Beschluß zugelassen worden ist. Die Beschwerde ist zuzulassen, wenn die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn das Gericht von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der oberste Gerichtshof des Bundes ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden.

(5) Das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, prüft nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten für die in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständigen Spruchkörper in ihrem Verhältnis zueinander entsprechend.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.