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| Hinsichtlich des Hilfsantrags Ziffer 1 und des Antrags Ziffer 2 ist vorab über die Rechtswegfrage zu entscheiden. |
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| Die Parteien streiten über die Eigentumsverhältnisse an gebrauchten Verkaufsverpackungen, welche der Beklagte im Rahmen von Altpapier-Vereinssammlungen in seiner Eigenschaft als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger sammelt. Die Klägerin betreibt ein duales System i.S.d. § 6 Abs. 3 VerpackV. |
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| In einvernehmlicher Praxis der Parteien über etwa 20 Jahre hin verwertete der Beklagte das gesamte Altpapier und zahlte der Klägerin entsprechend dem Anteil der Verkaufsverpackungen einen Betrag aus. Erstmals 2011 verlangte die Klägerin von dem Beklagten statt einer Zahlung die Herausgabe des gesammelten Materials, um dieses selbst der Verwertung zuzuführen. Man einigte sich für das Jahr 2011 auf die Überlassung eines 11-prozentigen Anteils an der Gesamtmenge des Altpapiers. Vertragliche Vereinbarungen zu im Rahmen von Vereinssammlungen gesammeltem Altpapier über diesen Zeitraum hinaus bestehen zwischen den Parteien nicht; die Gestaltung der Zusammenarbeit und die Rechtsverhältnisse für die Zeit ab 1.1.2012 sind Gegenstand des Streits der Parteien. |
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| Die Klägerin meint, mit dem Einwurf der Verpackungen in die Sammelvorrichtungen des Beklagten gem. § 929 S. 1 BGB bzw. §§ 947, 948 S. 2 BGB Eigentum anteilig an der Gesamtmenge zu erwerben (siehe S. 28 ff. der Klageschrift vom 30.07.2012, Bl. 28 ff. d.A.). Auch bestehe ein Erwerbsverbot für den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (S. 20 f. des Schriftsatzes vom 26.11.2012, Bl. 99 f. d.A.). Sie meint, grundsätzlich ihren Anteil an den Verpackungen in natura heraus verlangen zu können. |
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| Die Klägerin ist der Auffassung, dass sich der Eigentumserwerb nach den Vorschriften des BGB richte, dies also die streitentscheidenden Normen seien, und daher auch für den Hilfsantrag Ziffer 1 (Übereignungsverpflichtung) und den Antrag Ziffer 2 der Zivilrechtsweg gem. § 13 GVG eröffnet sei. |
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| 1. festzustellen, dass sie ab dem 01.01.2012 Miteigentümerin des vom Beklagten im Rahmen einer sogenannten Vereinssammlung erfassten Altpapiers ist, und zwar in Höhe des bei der Klägerin jeweils lizensierten Verkaufsverpackungsanteils, der sich ergibt aus der monatlich vom Beklagten insgesamt erfassten Altpapiermenge, einem Verkaufsverpackungsmasseanteil von insgesamt 11% und dem auf die Klägerin entfallenden prozentualen Planmengenanteil an Verkaufsverpackungen, der quartalsweise durch die Gemeinsame Stelle gem. § 6 Abs. 7 VerpackV („Clearingstelle“) berechnet wird, |
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| festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, einen nach vorstehender Berechnungsmethode ermittelten Anteil des von ihm erfassten Altpapiers an die Klägerin zu übereignen. |
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| 2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Anteil der Klägerin gemäß Ziffer 1 monatlich in wirtschaftlich sinnvollen Transporteinheiten an einem von der Klägerin zu benennenden Umschlagplatz bereitzustellen und Zug um Zug gegen Zahlung eines angemessenen Entgelts gemäß § 6 Abs. 4, S.5 und 6 VerpackV an die Klägerin herauszugeben. |
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| und rügt vorab die Unzulässigkeit des Rechtswegs. |
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| Der Beklagte meint, dass hinsichtlich aller Anträge der Verwaltungsrechtsweg gem. § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig sei (vgl. zur Rüge des Beklagten S. 5 seines Schriftsatz vom 28.09.2012, Bl. 55 d.A., und S. 1 des Schriftsatzes vom 14.02.2013, Bl. 133 d.A.). Die Eigentumsfrage richte sich nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften, sondern sei nach dem öffentlich-rechtlichen Regelwerk zu beurteilen. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger und der Klägerin als Systembetreiberin i.S.d. § 6 Abs. 3 VerpackV werde namentlich durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften der VerpackV bestimmt (siehe zusammenfassend den Schriftsatz des Beklagten vom 17.12.2012, Bl. 127 ff. d.A.). Auch bestehe gem. § 17 Abs. 1 S.1 KrWG - als einer ebenfalls öffentlich-rechtlichen Norm - eine Überlassungspflicht des Verbrauchers an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (vgl. S. 8 des Schriftsatzes vom 28.09.2012, Bl. 58 d.A.); jedenfalls bestimme dieses Gesetz das Rechtsverhältnis der Parteien maßgeblich (zusammenfassend siehe S. 2 des Schriftsatzes vom 15.11.2012, Bl. 78 d.A.). |
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| Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen und im übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden. |
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| Mit Verfügungen vom 02.10.2012 (Bl. 74 d.A.) und 12.12.2012 (Bl. 124 d.A.) und Hinweisbeschluss vom 22.01.2013 (Bl. 130 d.A.) hat die Kammer den Parteien Gelegenheit gegeben, sich zu der Frage des zulässigen Rechtswegs zu allen Klageanträgen zu äußern. |
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| Die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten für den Hauptantrag Ziffer 1 wurde durch Beschluss der Kammer vom 18.2.2013 bejaht (Bl. 138ff d.A.). Mit Teil-Urteil vom heutigen Tage hat die Kammer die Klage im Hauptantrag Ziffer 1 als unbegründet abgewiesen. |
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| Nach der klageabweisenden Entscheidung über den Hauptantrag Ziffer 1 durch Teilurteil vom heutigen Tage stehen noch der Hilfsantrag Ziffer 1 und der Antrag Ziffer 2 zur Entscheidung (zum Verständnis der klägerseitigen Antragstellung siehe Hinweisbeschluss vom 22.01.2013, Bl. 130 d.A.). Insoweit ist aber zunächst gem. § 17a Abs. 2 GVG über die Rechtswegfrage zu entscheiden (vgl. Ziff. A. II. 4. des genannten Beschlusses vom 22.01.2013). |
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| Für die beiden verbleibenden Anträge ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO zulässig, da es sich hinsichtlich des Übereignungs- und Herausgabeanspruchs um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt. |
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| 1. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, wenn sich die Beteiligten um die Rechtsfolgen aus der Anwendung von Vorschriften des öffentlichen Rechts streiten; maßgebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.7.2012, 10 S 2554/10 - juris Rn. 55). |
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| 2. Die Klägerin stützt sich in ihrer Anspruchsbegründung darauf, dass der gesamte Bereich der Entsorgung von Verkaufsverpackungen durch die VerpackV dem öffentlich-rechtlichen Entsorger entzogen sei und im Verantwortungsbereich der Systemversorger liege; die Zulässigkeit des Rechtswegs vor den Zivilgerichten sei aber deshalb gegeben, weil es für ihren Anspruch ausschließlich auf §§ 929 ff. BGB ankomme (S. 34 des Schriftsatzes vom 26.11.2012, Bl. 112 d.A.). Entgegen dieser Auffassung der Klägerin sind der nunmehr zur Prüfung anstehende Hilfsantrag Ziffer 1 und der Antrag Ziffer 2 ausschließlich nach öffentlich-rechtlichen Normen zu entscheiden. |
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| a) Die §§ 929 ff. BGB sind die maßgeblichen Normen, wenn es darum geht, ob jemand rechtsgeschäftlich Eigentum von einem anderen erlangt hat; dementsprechend hat die Kammer für den Hauptantrag Ziffer 1 - in dem es der Klägerin um die Feststellung ging, dass sie (Mit-)Eigentümerin sei (was eine bereits wirksam erfolgte Übereignung voraussetzt) - die Zuständigkeit des Zivilrechtsweges bejaht. |
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| Mit dem Hilfsantrag Ziffer 1 und dem Antrag Ziffer 2 dagegen macht die Klägerin einen Anspruch auf (erst noch zu erfolgende) Übereignung und Herausgabe geltend. Zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen, aus denen sich ein solcher Anspruch ergeben könnte, bestehen aber nicht. Da die Klägerin nicht (Mit-) Eigentümerin des Altpapiers ist (siehe Teilurteil vom 30.1.2014), besteht ein Herausgabeanspruch nach § 985 BGB nicht. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen, seien es vertragliche oder gesetzliche, aus denen sich ein Übereignungsanspruch und ein hiervon abhängiger Herausgabeanspruch ergeben könnten, sind nicht ersichtlich. Zwischen den Parteien besteht unstreitig keine derzeit gültige Vereinbarung, die eine Übereignungspflicht begründet, oder auch nur eine Abrede zum Umgang mit bei Vereinssammlungen erfassten Verkaufsverpackungen. |
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| b) Es verbleibt damit nur die VerpackV, aus der sich möglicherweise eine Pflicht des Beklagten zur anteiligen Übereignung des Altpapiers an die Klägerin ergeben könnte. Die Bestimmungen der VerpackV aber über die Etablierung eines Systems, welches gekennzeichnet ist durch eine notwendige Kooperation von öffentlichen und privaten Stellen bei Entsorgung und Verwertung von Sekundärrohstoffen, und die hieraus herzuleitende Abgrenzung zwischen den Aufgabenbereichen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und der privaten Systembetreiber sind öffentliches Recht. |
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| Die Klägerin erlangt durch die Feststellung nach § 6 VerpackV eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition, die ihr Ansprüche und Pflichten gegen den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verleiht. Dies hat zur Folge, dass die unmittelbar aus dieser Rechtsposition folgenden Pflichten dem Grunde nach öffentlich-rechtliche Pflichten sind (so VG Stuttgart, Urteil v. 30.9.2010, 2 K 639/09 in einem Fall, in dem es um die Mitbenutzungspflicht von Sammeleinrichtungen durch einen Systembetreiber ging). Wenn also wie hier der Systembetreiber, ohne Bestehen vertraglicher Vereinbarungen zwischen ihm und dem öffentlich-rechtlichen Entsorger, Ansprüche basierend auf den sich unmittelbar aus der Verpackungsverordnung ergebenden Rechtspositionen geltend macht, handelt es sich um Streitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur. Bei der von der Klägerin geltend gemachten Übereignungsverpflichtung gestützt auf die VerpackV handelt es sich - vergleichbar mit der Mitbenutzungsverpflichtung - um eine grundsätzliche Verpflichtung, „gedanklich noch auf einer ersten Ebene“ (so das VG Stuttgart, aaO, Rn. 25 zur Mitbenutzungsverpflichtung); auf dieser Ebene gibt es aus Gründen der geregelten Entsorgung keine Privatautonomie, die Beziehung zwischen den Beteiligten ist insoweit vielmehr dem öffentlichen Recht zuzuordnen. |
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| Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die VerpackV keine expliziten Regelungen zu möglichen Übereignungspflichten enthält, sondern in § 6 Abs. 1 lediglich Rücknahmepflichten statuiert. Entscheidend für die Frage der Rechtswegzuständigkeit ist allein, dass sich die Klägerin auf die VerpackV bezieht und diese grundsätzlich die Beziehung zwischen dem Systembetreiber und dem öffentlich-rechtlichen Entsorger regelt, sodass die sich hieraus ergebenden Rechtsbeziehungen die alleinige Basis für einen Übereignungsanspruch sein können. Ob ein solcher dann tatsächlich hieraus abgeleitet werden kann, ist durch das zuständige Verwaltungsgericht zu entscheiden. |
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