Landgericht Paderborn Urteil, 04. Feb. 2015 - 3 O 439/11
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz bzw. Ersatz seiner Mehrkosten, weil nach seiner Auffassung eine Photovoltaikanlage nicht an dem seitens der Beklagten geschuldeten Netzverknüpfungspunkt sondern einem anderen Verknüpfungspunkt angeschlossen wurde.
3Bereits im Frühjahr 2009 errichtete der Kläger am Standort „J, Q“ eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von 32,4 kWp. Als nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für den Versorgungsbereich zuständige Netzbetreiberin schloss die Beklagte diese Anlage an dem vorhandenen Hausanschluss des Klägers an.
4Im Sommer 2009 beantragte der Kläger den Anschluss einer weiteren Photovoltaikanlage mit 72,15 kWp an das Netz der Beklagten. Mit Schreiben vom 20.08.2009 teilte die Beklagte mit, dass ein Netzanschluss über den vorhandenen Hausanschluss wegen Ausschöpfung der Anschlusskapazität nicht mehr möglich sei. Weiter teilte die Beklagte dem Kläger telefonisch mit, dass es anstelle dessen möglich sei einen Netzanknüpfungspunkt in einer Entfernung von ca. 450 m von dem Standpunkt der Photovoltaikanlage an der Umspannstation im Bereich des „Hof T“ herzustellen. Mit Schreiben vom 31.08.2009 forderte der Kläger die Beklagte zum Anschluss der geplanten Photovoltaikanlage an den vorhandenen Hausanschluss auf. Weiter forderte der Kläger die Beklagte falls erforderlich zum Netzausbau auf und wählte als Netzanknüpfungspunkt den Hausanschluss. Die Beklagte wies dies mit Schreiben vom 03.09.2009 zurück mit der Begründung, dass ein anderer Verknüpfungspunkt – die nächstgelegene Umspannstation „Hof T“ – technisch und wirtschaftlich günstiger sei. Zugleich kündigte die Beklagte bei Offenlegung der Anlagenkosten eine Prüfung der Zumutbarkeit des verlangten Netzausbaus zur Anbindung der Photovoltaikanlage an den Hausanschluss „J, Q“ des Klägers an. Mit Schreiben vom 14.09.2009 lehnte der Kläger den geplanten Anschluss der Photovoltaikanlage auf dem Grundstück „J, Q“ ab. Weiter erklärte er, unter Vorbehalt von Schadensersatzansprüchen, zur Vermeidung von größeren Schäden die geplante Photovoltaikanlage an den vorgegebenen Netzverknüpfungspunkt am „Hof T“ anzuschließen. Der Anschluss wurde in der Folgezeit verwirklicht.
5Sowohl der Hausanschluss „J, Q“ als auch der Netzverknüpfungspunkt „Hof T“ weisen die Niederspannungsebene auf. Der vom Kläger eigentlich begehrte Netzverknüpfungspunkt am Hausanschluss „J, Q“ weist die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage im Bereich der Kreuzung „E / J“ auf. Ein Netzausbau zur Abnahme des Stroms am Hausanschluss des Grundstücks „J, Q“ wäre grundsätzlich möglich.
6Der Kläger meint, die Beklagte habe ihm einen nach dem EEG 2009 falschen Netzanknüpfungspunkt zugewiesen. Geschuldet sei seitens der Beklagten der Anschluss am Hausanschluss, da dieser die kürzeste Entfernung aufweise. Die mit der Wahl des Hausanschlusses verbundenen Mehrkosten seien selbst bei Zugrundelegung der Berechnungen der Beklagten mit 15 % nur unerheblich höher gegenüber den Kosten des vorgegebenen Anschlusspunktes am „Hof T“, so dass die Beklagte zum Ausbau des Netzes verpflichtet sei.
7Der Kläger behauptet, dass die tatsächlichen Kosten des Anschlusses an den Anschlusspunkt Hof Sander insgesamt 24.252,30 € betragen hätten. Dabei gehe er von folgender Berechnung aus:
8Gebührenbescheid der Stadt Q vom 11.09.2009 für die Erteilung der Genehmigung |
90,00 € |
|
Kosten für den Genehmigungsbescheid Kreis Q vom 11.09.2009 für die Verlegung eines Erdkabels auf dem Grundstück in der Gemarkung C |
669,00 € |
|
Rechnung der Beklagten vom 30.11.2009 für den Anschluss an das Netz der Beklagten |
680,00 € |
|
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 15.11.2009 für die Errichtung einer Zählersäule, Anschlussklemmen und einen SLS-Schalter in der Zählersäule |
3.230,28 € |
|
Rechnung der Firma N Tiefbau vom 28.10.2009 für Erdarbeiten zur Verlegung der Kabel hin zu dem vorgegebenen Netzanknüpfungspunkt |
7.520,00 € |
|
Zahlungsaufforderung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 28.10.2009 für die Verlegung des Erdkabels auf bundeseigenen Flächen |
100,00 € |
|
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 29.10.2009 für die Kosten für die Kabel zur Anbindung der Anlage an das Netz |
9.823,00 € |
|
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 09.12.2009 für Elektromaterial und den Anschluss der Zählersäule |
2.140,02 € |
|
Summe |
24.252,30 € |
Dieser Summe seien jedoch auch noch Leitungsverluste hinzuzurechnen, die ihm aufgrund des weiter entfernten Anschlusses am „Hof T“ entstünden. Durch die mit der Rechnung vom 29.10.2009 berechnete Verlegung von zwei Kabeln á 475 m Länge zum Einzelpreis in Höhe von 4.412,75 € sei eine Reduzierung von Leitungsverlusten auf 0,55 % gegenüber 1,11 % also um 0,56 % erzielt worden. Dadurch vermeide er Vergütungsverluste in Höhe von 4.636,00 €. Es komme jedoch weiterhin zu Leitungsverlusten, die mit 3.035,71 € zu beziffern seien. Die tatsächlichen Kosten der verwirklichten Anschlussvariante lägen damit bei insgesamt 27.288,01 € (24.252,30 € und 3.035,71 €).
10Ein Netzausbau im Wege einer Netzverstärkung durch die Beklagte hätte zu den gleichen Kosten durchgeführt werden können.
11Insoweit sei bei der Berechnung der Beklagten zunächst zu berücksichtigen, dass die genannten Gebühren für diese nicht anfallen würden.
12Des Weiteren seien eingesetzten Kosten für die Kabelverlegungsarbeiten auf Grundlage des Vertrages mit der Firma N Tiefbau und dem dazugehörigen Leistungsverzeichnis überzogen. Es müsse für einen Vergleich der verschiedenen Anschlussvarianten eine Verobjektivierung der Kosten vorgenommen werden. Auch sei die Verlegung von Kabeln aufgrund der Konzessionsrechte für die Beklagte kostenfrei.
13Hinzu komme, dass – entgegen der Behauptungen der Beklagten – nicht 3 Kabeln mit einem Querschnitt von 4*150mm für den Netzausbau erforderlich. Vielmehr sei durch die Berechnung eines Sachverständigen belegt, dass eine Verlegung von 2 Kabeln NAYY 4*240 mm möglich sei. Dadurch wäre eine Spannungsänderung von 3 % erreichbar. Daher hätte die Beklagte lediglich 2/3 der Kosten aufwenden müssen, also nicht 8.703,90 € sondern nur 5.802,60 €.
14Insgesamt sei bei einem Anschluss am Hausanschluss mit Kosten in Höhe von 19.442,62 € zu rechnen, so dass diese Alternative günstiger sei, als der verwirklichte Anschluss.
15Der Kläger meint, dass ihm deshalb ein Schaden in Höhe von insgesamt 20.471,84 € entstanden sei. Dieser errechne sich aus den tatsächlichen Kosten des Anschlusses in Höhe von 24.252,30 € abzüglich der voraussichtlichen Kosten des Anschlusses der Photovoltaikanlage an den Hausanschluss in Höhe von 3.780,46 € (doppelter Kostenansatz zu den Anschlusskosten der ersten Photovoltaikanlage in Höhe von 1.890, 23 €).
16Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Netzverknüpfungspunkt seitlich des Hofes ebenfalls technisch und wirtschaftlich günstiger als der tatsächlich erfolgte Anschluss am „Hof T“ sei. Dieser sei daher in die Frage nach dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Punkt einzubeziehen.
17Der Kläger beantragt,
18die Beklagte zu verurteilen, 20.471,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.11.2011 (Rechtshängigkeit) sowie weitere Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.053,60 € an den Kläger zu zahlen,
19festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger die Leitungsverluste ersetzen muss, die in der Anschlussleitung der klägerischen Photovoltaikanlage am Standort J, Q entstanden sind und noch entstehen werden.
20Die Beklagte beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Die Beklagte meint, der dem Kläger zugewiesene Netzanschlusspunkt sei der technisch und wirtschaftlich günstigere Verknüpfungspunkt nach dem EEG 2009 gegenüber dem Hausanschluss des Klägers. Ein entsprechender Netzausbau, der seitens des Klägers verlangt worden sei, hätte dagegen deutlich höhere Kosten verursacht.
23Im Einzelnen nimmt die Beklagte hinsichtlich der Kosten für den tatsächlichen Verknüpfungspunkt einerseits und dem vom Kläger verlangten Verknüpfungspunkt andererseits folgende Berechnung vor:
24Bezeichnung |
Tatsächlicher Verknüpfungs-punkt |
Vom Kläger gewählter Verknüpfungs-punkt |
Gebührenbescheid der Stadt Q vom 11.09.2009 für die Erteilung der Genehmigung |
90,00 € |
90,00 € |
Kosten für den Genehmigungsbescheid Kreis Q vom 11.09.2009 für die Verlegung eines Erdkabels auf dem Grundstück in der Gemarkung C |
669,00 € |
669,00€ |
Rechnung der Beklagten vom 30.11.2009 für den Anschluss an das Netz der Beklagten |
680,00 € |
680,00 € |
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 15.11.2009 für die Errichtung einer Zählersäule, Anschlussklemmen und einen SLS-Schalter in der Zählersäule |
3.230,28 € |
mindestens 3200,00 € |
Rechnung der Firma N Tiefbau vom 28.10.2009 für Erdarbeiten zur Verlegung der Kabel hin zu dem vorgegebenen Netzanknüpfungspunkt |
7.520,00 € |
13.489,31 €, |
Zahlungsaufforderung der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 28.10.2009 für die Verlegung des Erdkabels auf bundeseigenen Flächen |
100,00 € |
100,00 € |
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 29.10.2009 für die Kosten für die Kabel zur Anbindung der Anlage an das Netz (Kabellieferung) |
5.410,25 € |
8.703,90 € |
Rechnung der Firma L Elektrotechnik vom 09.12.2009 für Elektromaterial und den Anschluss der Zählersäule |
0,00 € |
0,00 € |
für einen Kabelverteilerschrank inkl. Tiefbau und Montage |
0,00 € |
2.228, 00 € |
zzgl. Leitungsverlust |
1.649,00 € |
0,00 € |
Summe |
19.348,53 € |
29.220,78 € |
Hinsichtlich der Kosten des tatsächlichen Anschlusspunktes sei ein Anschluss der Photovoltaikanlage ohne weiteres mit nur einem Kabel möglich anstatt der in der Rechnung vom 29.10.2009 berechneten 2 Kabel, so dass sich eine entsprechende Reduzierung ergebe.
26Des Weiteren seien die mit Rechnung vom 09.12.2012 geltend gemachten Kosten für die hausinterne Installation keine nach dem EEG 2009 berücksichtigungsfähigen Kosten.
27Schließlich seien auch die Leitungsverluste bei der Wertung des technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunktes nicht zu berücksichtigen. Insgesamt seien etwaige Kosten für mögliche Leitungsverluste mit einem Faktor von 0,3 %, was einem Betrag von 82,45 € entspreche, zu berücksichtigen, so dass sich bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren allenfalls ein Gesamtbetrag in Höhe von 1.649,00 € ergebe.
28Im Hinblick auf die Kosten des Verknüpfungspunktes am Hausanschluss des Klägers sei es so, dass auch für die Beklagte Leitungsgebühren in Form von Verwaltungsgebühren für das Tätigwerden der kommunalen Verwaltung zu zahlen seien.
29Für die Erweiterung des Hausanschlusses wären dem Kläger Kosten in mindestens gleicher Höhe, wie aus der Rechnung vom 15.11.2009 der Firma L ersichtlich, entstanden.
30Die Kosten für die Kabelverlegung seien mit 13.489,31 € zu beziffern. Insoweit bestehe ein entsprechender, bindender Vertrag mit dem Unternehmen N Tiefbau. Für ein Energieversorgungsunternehmen seien Kosten im Gegensatz zu einer Privatperson im Einzelfall deutlich höher, weil diese anderen Anforderungen genügen müssen, bspw. jederzeitige Vorhaltung und Einsatzbereitschaft der vereinbarten Leistungen. Zudem seien deutlich eingeschränkte Wettbewerbsverhältnisse zu berücksichtigen.
31An Kabeln selber hätten bei einem Netzausbau aus technischen Gründen 3 Kabel mit einem Querschnitt von 4*150 mm verlegt werden müssen, da es sich insoweit um Standardkabel handele. Nur diese seien vorrätig und nur hierfür seien Geräte vorhanden und die technischen Einrichtungen abgestimmt. Eine für sie als Elektrizitätsunternehmen bindende Spannungsanhebung von 3 % sei nur so zu erreichen. Hierfür entstünden Kosten für die Kabellieferung in Höhe von 10.003,50 €, da für einen Verknüpfungspunkt direkt am Haus des Klägers Kabel mit einer Gesamtlänge von 1.710 m unterirdisch hätten verlegt werden müssen.
32Die Beklagte behauptet letztlich, dass der Kläger in jedem Fall, d.h. auch bei der Verwendung von nur zwei Kabeln, einen zusätzlichen Kabelverteilerschrank inklusive Tiefbau und Montage zu einem Preis in Höhe von 2.288,58 € gemäß dem Leistungsverzeichnis der Beklagten hätte einrichten müssen.
33Soweit der Hausanschluss des Klägers nicht der technisch und wirtschaftlich günstigere Verknüpfungspunkt gewesen sei, der Kläger aber sein Wahlrecht hinsichtlich des Hausanschlusses als Verknüpfungspunkt ausgeübt habe, stehe dem der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Denn die Kosten des Netzausbaus würden die tatsächlichen Kosten nicht nur unerheblich übersteigen.
34Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
35Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing L, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Der Sachverständige ist zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens gehört worden mit dem aus dem Protokoll vom 04.02.2015 ersichtlichen Ergebnis.
36Entscheidungsgründe:
37Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
38A)
39Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO. Trotz des Umstands, dass der Kläger vorliegend einen Teil der Leitungsverluste schon beziffern könnte, muss er nicht vorrangig eine Leistungsklage erheben. Nach seinem Vortrag ist die Schadensentwicklung aufgrund der laufenden Leitungsverluste insgesamt nicht abgeschlossen. Bei einer noch andauernden Schadensentwicklung ist der Kläger nicht zu einer sukzessiven Geltendmachung verpflichtet (vgl. Greger in Zöller, Kommentar zur ZPO, § 256 ZPO Rdnr. 7; OLG Hamm, Urteil vom 14.06.2011, 21 U 163/10, zitiert nach Juris).
40B)
41Die Klage ist jedoch unbegründet.
42Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz oder ihm entstandener Mehrkosten nebst Zinsen, vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie Feststellung der Haftung für weitere Schäden aufgrund von Leitungsverlusten.
43I.
44Ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz ergibt sich nicht aus § 280 BGB in Verbindung mit den §§ 5, 9 EEG (2009).
45Insoweit vermochte die Kammer zu ihrer Überzeugung eine Pflichtverletzung der Beklagten im Rahmen des zwischen den Parteien gemäß § 4 EEG (2009) bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht festzustellen.
46Der Anschluss der streitgegenständlichen Photovoltaikanlage an den Anschlusspunkt „Hof T“ entspricht den Anforderungen des § 5 EEG (2009).
471.
48Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Anschluss der Photovoltaikanlage am Hausanschluss des Klägers vorzunehmen.
49Zwar ist der Netzbetreiber gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG (2009) verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung aus Erneuerbaren Energien und aus Grubengas unverzüglich vorrangig an der Stelle an ihr Netz anzuschließen (Verknüpfungspunkt), die im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet ist, und die die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage aufweist. Dies gilt allerdings nicht, wenn – wie vorliegend – ein anderer, technisch und wirtschaftlich günstigerer, Verknüpfungspunkt gegeben ist.
50Der Hausanschluss des Klägers ist unstreitig der in der Luftlinie am kürzesten entfernte mögliche Verknüpfungspunkt zum Standort der streitgegenständlichen Photovoltaikanlage.
51Allerdings greift vorliegend die Ausnahme von dieser Verpflichtung, da ein technisch und wirtschaftlich günstigerer Verknüpfungspunkt gegeben ist.
52Zwar gilt diese Ausnahme von der Verpflichtung nach dem Wortlaut grundsätzlich nur dann, wenn es sich um ein fremdes Netz handelt. Insoweit ist jedoch eine wortlautergänzende Auslegung vorzunehmen, dass auch bei alternativen Anschlusspunkten innerhalb desselben Netzes eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung anzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012, VIII ZR 362/11 in NVwZ 2013 S. 90; Ekardt und Hennig in Frenz / Mueggenborg, Kommentar zum EEG, § 13 Rdnr. 11).
53Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 EEG (2009) knüpft dabei erkennbar aneinen technisch und wirtschaftlich günstigeren Punkt und nicht an den technisch und wirtschaftlich günstigsten Punkt an. Die gesamtwirtschaftliche Betrachtung ist daher zwischen dem vom Kläger gewünschten Hausanschluss, der tatsächlich die kürzeste Entfernung zur Anlage aufweist, und dem tatsächlich erfolgten Anschluss vorzunehmen.
54Der Anschlusspunkt am „Hof T“ ist vorliegend der technisch und wirtschaftlich günstigere Verknüpfungspunkt gegenüber dem Hausanschluss des Klägers.
55a)
56Unerheblich ist es in Anbetracht der in § 5 Abs. 4 EEG enthaltenen Optimierungs- / Verstärkungs- und Ausbaupflicht, ob dieser Verknüpfungspunkt im Hinblick auf die Netzleistung technisch den Strom aus der von der Klägerin geplanten Photovoltaikanlage nicht ohne weiteres aufnehmen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012, VIII ZR 362/11 in NVwZ 2013 S. 90).
57b)
58Beide genannten Anschlusspunkte sind des Weiteren grundsätzlich geeignet, da beide Verknüpfungspunkte in Netzen auf Niederspannungsebene liegen.
59c)
60Die gesamtwirtschaftliche Betrachtung ist dergestalt durchzuführen, dass ein Kostenvergleich vorzunehmen ist, der losgelöst von der jeweiligen Kostentragungspflicht geeignet ist, die Gesamtkosten miteinander zu vergleichen, die bei den verschiedenen Ausführungsmöglichkeiten für den Anschluss der betreffenden Anlage sowie für den Netzausbau anfallen (BGH, Urteil vom 18.07.2007, VIII ZR 288/05 in NJW-RR 2007 S. 1645).
61Teilweise wird dabei vertreten, dass bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung auch mittelbare finanzielle Nachteile, wie Stromtransportverluste, grundsätzlich zu berücksichtigen seien (so BGH, Urteil vom 10.11.2004, VIII ZR 391/03 in NJW-RR 2005 S. 565 und BGH, Urteil vom 08.10.2003, VIII ZR 165/01 in NVwZ 2004 S. 251, jeweils zum EEG (2004)).
62Andererseits wird teilweise auch vertreten, dass solche mittelbaren Kosten außer Acht zu bleiben haben, die nicht durch die Anlage selbst sondern vielmehr infolgedessen entstehen (Hinweis in den Kommentierungen von Ekardt und Hennig in Frenz / Mueggenborg, Kommentar zum EEG, § 13 Rdnr. 12 m.w.N. und Salje, Kommentar zum EEG, § 13 Rdnr. 15).
63Eine dritte, vermittelnde Auffassung, favorisiert eine abgestufte Betrachtung. D.h. in einer ersten Stufe sind lediglich die Gesamtinvestitionskosten einzubeziehen. Auf einer weiteren, zweiten, Stufe werden dann zusätzlich die laufenden Kosten als „finanzielle Nachteile“ eingezogen (vgl. Ekardt und Hennig in Frenz / Mueggenborg, Kommentar zum EEG, § 13 Rdnr. 12 m.w.N. und Salje, Kommentar zum EEG, § 13 Rdnr. 16 und 17).
64Gegen die erste Ansicht spricht, dass es bei der Weiterleitung von elektrischer Energie grundsätzlich zu Transportverluste kommt; zu Lasten des Anlagenbetreibers oder zu Lasten des Energieunternehmens. Deshalb sind solche mittelbaren Nachteile nach Auffassung der Kammer nicht von vornherein in die gesamtwirtschaftliche Betrachtung einzubeziehen. Gegen eine abgestufte Berücksichtigung der mittelbaren Nachteile, spricht, dass in der Bundestagdrucksache zur Neufassung des EEG (2014), welches die mittelbaren Nachteile gemäß § 8 EEG (2014) bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung grundsätzlich außer Acht lassen wird, mitgeteilt ist, dass damit gerade keine Veränderung der Rechtslage eintritt (Drucksache 18/1304 S. 119).
65d)
66Die Annahme des technisch und wirtschaftlich günstigeren Anschlusspunktes am „Hof T“ ist das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme.
67Insoweit hat der Sachverständigen L, dessen Angaben sich die Kammer zu eigen macht und die sie ihrer Entscheidung zugrunde legt, im Rahmen seines schriftlichen Gutachtens nachvollziehbar ausgeführt, dass der Anschluss am „Hof T“ der technisch und wirtschaftlich günstigere Anschlusspunkt wäre. Dazu hat er die Kosten des tatsächlichen Anschlusspunktes den Kosten, die bei einem Anschluss am Hausanschluss des Klägers anfallen würden, gegenüber gestellt.
68An der Sachkunde des Sachverständigen hat die Kammer keinerlei Zweifel. Dieser hat anhand der ihm vorgegebenen Fakten ein in sich verständliches und nachvollziehbares schriftliches Sachverständigengutachten entsprechend der wissenschaftlichen und technischen Standards seines Fachgebiets erstattet. Zudem konnte er die Einwendungen und Fragen der Parteien im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens überzeugend widerlegen bzw. beantworten.
69Eine Gegenüberstellung der Kosten der verschiedenen Anschlusspunkte ergibt wesentlich höhere Kosten für die Durchführung des Anschlusses an den Hausanschluss des Klägers gegenüber den Kosten des tatsächlichen Anschlusses.
70(1)
71Die Kammer legt dabei, unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen für den derzeit erfolgten Anschlusspunkt folgende Kosten zugrunde:
72Für den Gebühren- und den Genehmigungsbescheid, jeweils vom 11.09.2009, sind Kosten in Höhe von 90,00 € bzw. 669,00 € angefallen, so dass ein Gesamtbetrag in Höhe von
73759,00 €
74in die Berechnung einzustellen ist.
75Die Kosten des Hausanschlusses betragen gemäß der Rechnung vom 30.11.2009
76680,00 €.
77Die Hausanschlussverteilung, welche grundsätzlich auf der Rechnung der Firma L Elektrotechnik beruht, ist nach den Ausführungen des Sachverständigen, welchen die Parteien nicht entgegengetreten sind, mit
783.434,53 €
79anzusetzen.
80Für die Tiefbauleistungen und Kabelverlegearbeiten sind Kosten in Höhe von
817.520,00 €
82entstanden (vgl. Rechnung der Firma N Tiefbau vom 28.10.2009.
83Für die Zahlung an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sind
84100,00 €
85zu berücksichtigen.
86Hinsichtlich der Kabelkosten ist entgegen den Ausführungen des Klägers lediglich ein Betrag in Höhe von
875.410,25 €
88Anzusetzen, da eine zweite Kabelstrecke nach den Ausführungen des Sachverständigen aufgrund einer Netzberechnung nicht unbedingt erforderlich gewesen sei.
89Die Rechnung der Firma L vom 09.12.2009 ist dagegen nach den Ausführungen des Sachverständigen, welchen der Kläger nicht mehr substantiiert entgegen getreten ist, nicht zu berücksichtigen. Denn der Photovoltaik-Abgangsverteiler sei – so der Sachverständige – nicht ansatzfähig.
90Leitungsverluste sind nach den oben gemachten Ausführungen ebenfalls nicht in die Berechnung einzustellen.
91Es ergibt sich somit ein Gesamtbetrag in Höhe von 17.923,78 € hinsichtlich der Kosten des tatsächlichen Verknüpfungspunktes.
92(2)
93Hinsichtlich des Anschlusses an den Hausanschluss des Klägers, der zwar derzeit nicht ohne Weiteres möglich ist, wobei die Beklagte jedoch zum Ausbau ihres Netzes gemäß § 5 Abs. 4 EEG (2009) verpflichtet sein könnte, fallen – inklusive der Kosten des Netzausbaus – folgende Kosten an:
94Hinsichtlich dieser Alternative sind ebenfalls folgende Kosten anzusetzen:
95Gebührenbescheid vom 11.09.2009 90,00 €
96Genehmigungsbescheid vom 11.09.2009 669,00 €
97Anschlussrechnung vom 30.11.2009 680,00 €
98Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 100,00 €
99Für die Hausanschlussverteilung bei der alternativen Variante des Netzausbaus sind nach den Ausführungen des Sachverständigen ebenfalls
1003.434,53 €
101zu berücksichtigen.
102Im Hinblick auf die Tiefbauleistungen und Kabelverlegearbeiten ist zur Überzeugung der Kammer ein Betrag in Höhe von
10313.289,29 €
104in die Betrachtung aufzunehmen.
105Insoweit sind in die gesamtwirtschaftliche Betrachtung die Kosten einzustellen, die der Beklagten bei einem Netzausbau tatsächlich entstehen würden. Dabei ist der langfristige Vertrag der Firma Tiefbau N mit der Beklagten, der durchaus dem gewöhnlichen Vorgehen entspricht, mit den dort vereinbarten Einheitspreisen heranzuziehen.
106Soweit auf den ersten Blick starke Abweichungen zu den Beträgen gegeben sind, die der Kläger an die Firma N Tiefbau für die Verlegung der Kabel gezahlt hat, so sind die unterschiedlichen Anforderungen zwischen beiden Verknüpfungsvarianten zu berücksichtigen:
107Die Grabenkosten liegen mit 23,44 € je m³ und 37,09 € je m³ zwar augenscheinlich weit auseinander, sie beziehen sich jedoch auf unterschiedliche Voraussetzungen der örtlichen Gegebenheiten. So lassen sich die Kosten des Klägers bei der Bodenklasse 1 (Acker) wiederfinden, die seitens der Klägerin durchzuführenden Arbeiten seien jedoch – so der Sachverständige – durchaus der Bodenklasse 3 (Bankette, steiniger Graben) zuzuordnen.
108Auch die Kosten des Kabelbetts aus steinfreiem Sand seien nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen, nicht zu beanstanden, da die Vereinbarungen zwischen der Beklagten und dem Tiefbauunternehmen ohne Kenntnis der jeweiligen Örtlichkeit geschlossen wurden.
109Die Kosten des Widerherstellens der Ackerfläche würden zudem ebenfalls höher liegen, da die neue Kabeltrasse im Bereich der Bankette und nicht im Bereich eines Ackers verlaufen würde.
110Auch die Kosten des Verlegens der Kabel erachtet der Sachverständige, der im Übrigen auch insoweit über die nötige Sachkunde verfügt, noch für angemessen.
111Unter Berücksichtigung eines Abzugs von 2 % Nachlass auf die ersten drei Positionen ergibt sich der oben genannte Betrag.
112Die zu bearbeitende Strecke ist entgegen den Ausführungen des Klägers auch nicht zu kürzen. Denn vorliegend ist der Vergleich zwischen dem Hausanschluss des Klägers und dem tatsächlichen Anschluss nicht aber zwischen einem alternativen Anschluss und dem tatsächlichen Anschluss vorzunehmen.
113Es sind auch drei Kabel 4*150 zu verlegen, so dass
11410.003,50 €
115anzusetzen sind.
116Entgegen den Ausführungen des Klägers sind der Berechnung der Anzahl der Kabel solche von 4*150 und nicht von 4*240 zugrunde zu legen. Denn die Beklagte hat – unbestritten – vorgetragen, dass sie lediglich 4*150 Kabel verlegt. Dies wird auch durch das Leistungsverzeichnis mit der Firma Tiefbau N bestätigt, welches keine Einheitspreise für Kabel von 4*240 aufweist. Der Sachverständige hat darüber hinaus bestätigt, dass 4*150 die gängigsten Kabel bei Energieunternehmen seien.
117Des Weiteren sind auch drei Kabel zu verlegen. Soweit die Berechnung unter Hinzunahme verschiedener Werte (Einstellung des Wechselrichters auf 1,0 ohne Abzug oder Berücksichtigung eines 1%igen Abzugs, d.h. 0,99) eine benötigte Kabelanzahl von zwei (1,0) oder drei (0,99) ergibt um den Spannungshub auf den Grenzwert von 3,0 % zu bringen, steht – so der Sachverständige – die Wahl der Anzahl der Kabel im Ermessen der Beklagten. Da diese für die Sicherheit des Netzes verantwortlich ist, wird sie die sicherere Variante, hier 3 Kabel wählen, so dass auch die entsprechenden Kosten in die Berechnung einzustellen sind.
118Auch hier sind keine Kosten für den Photovoltaik-Abgangsverteiler anzusetzen.
119Der zusätzliche Kabelschrank ist nach den Ausführungen des Sachverständigen ebenfalls erforderlich. Insoweit muss nach Auffassung der Kammer auch eine Trennung des Verteilerschranks und des Hausanschlusszählers des Klägers erfolgen, um die Eigentumsverhältnisse am Kasten selbst klar zu stellen. Es sind mithin weitere
1202.288,58 €
121zu berücksichtigen.
122Es ergeben sich somit Gesamtkosten in Höhe von 30.574,90 €
123(3)
124Zusammenfassend ergeben sich damit Kosten in Höhe von 17.923,78 € für den derzeitigen Anschluss und Kosten in Höhe von 30.574,90 € für den vom Kläger verlangten Anschluss, so dass der tatsächlich erfolgte Anschluss der technisch und wirtschaftlich Günstigere ist.
125Selbst unter Berücksichtigung von Leitungsverlusten in Höhe von 7.263,85 € über 20 Jahre festen Vergütungszeitraum gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 EEG (2009) (854,57 kWh x 0,425 € x 20 Jahre) verbliebe es bei dem tatsächlich erfolgten Anschluss als wirtschaftlich und technisch günstigeren Verknüpfungspunkt.
1262.
127Soweit dem Kläger gemäß § 5 Abs. 2 EEG (2009) dem Grunde nach ein Wahlrecht in Bezug auf seinen Hausanschluss als Anschlusspunkt zusteht, steht dieser Wahl der Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit der Beklagten entgegen, so dass sich auch aus diesem Gesichtspunkt keine Pflichtverletzung der Beklagten ergibt.
128a)
129Grundsätzlich steht jedem Anlagenbetreiber ein Wahlrecht hinsichtlich des Netzverknüpfungspunktes gemäß § 5 Abs. 2 EEG (2009) zu.
130Vorliegend hat der Kläger sein Wahlrecht gegenüber der Beklagten schriftlich und auch mit der Erhebung der Klage durchgehend hinsichtlich seines Hausanschlusses ausgeübt.
131Soweit der Kläger nunmehr erstmals mit Schriftsatz vom 26.01.2015 bzw. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2015 einen alternativen Verknüpfungspunkt seitlich vom Hof angesprochen hat, kann zunächst offen bleiben, ob die Beklagte zur Erstellung eines solchen Verknüpfungspunktes durch Netzausbau verpflichtet ist, wobei durchaus vertreten wird, dass nicht erforderlich sei, dass ein Netzverknüpfungspunkt schon bestehe (Cosack in Frenz / Mueggenborg, Kommentar zum EEG, § 5 Rdnr. 29). Allerdings hat der Kläger vorliegend sein Wahlrecht bereits ausgeübt. Eine Abänderung der Wahl mehr als fünf Jahre nach Errichtung der Anlage ist nach Auffassung der Kammer ausgeschlossen. Die nachweispflicht des Rechtsmissbrauchs durch die Beklagte kann sich immer auf eine und nicht auf wechselnde Anlagen beziehen. Andernfalls wäre es möglich sämtliche möglichen Netzverknüpfungspunkte einer wirtschaftlichen Betrachtung unterziehen zu lassen.
132b)
133Das Wahlrecht erstreckt sich auch auf den nächstgelegenen Verknüpfungspunkt, wenn dieser nicht bereits nach Abs. 1 geschuldet ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012, VIII ZR 362/11 in NVwZ 2013 S. 90).
134c)
135Das Wahlrecht ist gemäß § 5 Abs. 4 EEG (2009) auch nicht ausgeschlossen, wenn ein Netzausbau erfolgen müsse. Denn die Beklagte ist unter Umständen gerade zur entsprechenden Vornahme verpflichtet. Ein Netzausbau wäre grundsätzlich auch technisch möglich.
136d)
137Allerdings steht der Wahl des Klägers der seitens der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen.
138Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist gegeben, wenn die durch den gewählten Verknüpfungspunkt entstehenden Kosten nicht nur unerheblich über den Kosten des Anschlusses an dem gesamtwirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt liegen (so Pfeiffer in jurisPK-BGB, § 242 Rdnr. 51; BGH, Urteil vom 10.10.2012, VIII ZR 362/11 in NVwZ 2013 S. 90; BDEW, Umsetzungshilfe zum EEG 2009, Version 2.0 S. 16).
139Diese Lösung vermag die Interessen des Anlagenbetreibers und die der stromnutzenden und bezahlenden Allgemeinheit sinnvoll auszugleichen. Sofern der Anlagenbetreiber einen Punkt wählen kann, der deutlich höhere Kosten verursacht als der gesamtwirtschaftlich günstigste Punkt, würde der wirtschaftlich denkende Netzbetreiber seinerseits das Zuweisungsrecht des § 5 Abs. 3 EEG ausüben und seinerseits den gesamtwirtschaftlich günstigsten Punkt wählen, auch wenn dies zur Folge hat, dass er nach § 13 Abs. 2 EEG dem Anlagenbetreiber zum Ersatz der gegenüber der von ihm favorisierten Anschlussvariante entstehenden Mehrkosten verpflichtet ist. Die Folgen hätten wegen der dem Netzbetreiber möglichen Umlegung seiner Kosten die Stromkunden zu tragen. Hiermit werden dem Anlagenbetreiber Manipulationsmöglichkeiten eröffnet. Er kann durch geschickte Ausübung seines Wahlrechts die Ausübung des Zuweisungsrechts des Netzbetreibers "provozieren" und so seine Kosten zu Lasten der Allgemeinheit senken. Dies kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Darf hingegen der Anlagenbetreiber sein Wahlrecht nur dahingehend ausüben, dass sich die Gesamtkosten nicht in erheblicher Weise erhöhen, sind die sich hieraus ergebenden nachteiligen Konsequenzen für die Stromkunden begrenzt und einer möglichen Manipulation vorgebeugt (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012, VIII ZR 362/11 in NVwZ 2013 S. 90).
140Ob ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegt, bestimmt sich sodann nach den allgemeinen Kriterien gemäß § 242 BGB, bedarf also einer Interessenabwägung im Einzelfall (siehe Bönning in Reshöft, Kommentar zum EEG, § 5 Rdnr. 35).
141Soweit der Bundesgerichtshof in seiner oben zitierten Entscheidung auf den „technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt“ abstellt, lässt er offen, wie eine derartige Betrachtung vorzunehmen ist. Es bleibt ungeklärt, ob in diese Betrachtung sämtliche möglichen Verknüpfungspunkte oder aber nur der gewählte und der technisch und wirtschaftlich günstigere Verknüpfungspunkt einzubeziehen sind. Weitere gerichtliche Rechtsprechung zu diesem Themenkomplex ist nicht veröffentlicht.
142Die Kammer legt ihrer Entscheidung eine Betrachtung zwischen dem gewählten und dem tatsächlichen Verknüpfungspunkt als technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt zugrunde, da ansonsten ein Vergleich einer Vielzahl von möglichen Verknüpfungspunkten gefordert sein dürfte.
143Unter Berücksichtigung der oben berechneten Kosten in Höhe von 17.923,78 € für den tatsächlich erfolgten Anschluss am „Hof T“ und in Höhe von 30.574,90 € für die Kosten des Anschlusses an den Hausanschluss des Klägers übersteigen die Kosten des Netzausbaus nebst Anschluss an den Hausanschluss die Kosten des tatsächlichen Anschlusses um 42 %. Dabei lässt die Kammer die Leitungsverluste außer Betracht, da diese – wie bereits ausgeführt – bei sämtlichen Varianten entstehen, sie gehen nur jeweils zu Lasten wechselnder Parteien. Eine Übersteigung von mehr als 40 % hält die Kammer für erheblich (Erheblichkeitsschwelle bei 25 %: BGH, Urteil vom 01.10.2008, VIII ZR 21/07 in NVwZ-RR 2009 S. 104:).
144Selbst wenn der seitens des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung konkretisierte weitere Anschlusspunkt rechts des Hofes in die Betrachtung einzubeziehen wäre, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Denn dieser ist hinsichtlich der Kosten nicht wirtschaftlich und technisch günstiger als der tatsächliche Verknüpfungspunkt. Insoweit schätzt die Kammer unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen gemäß § 287 ZPO entsprechende Kosten bis zu Nutzung dieses Anknüpfungspunktes eher zurückhaltend auf mindestens 22.094,96 €. Diese setzen sich wie folgt zusammen:
145Bezeichnung |
Betrag |
Gebührenbescheid für die Erteilung der Genehmigung |
90,00 € |
Kosten des Genehmigungsbescheids |
669,00 € |
Anschluss an das Netz der Beklagten |
680,00 € |
Errichtung einer Zähleranschlusssäule |
3.434,53 € |
Tiefbauarbeiten 0,4 m x 0,6 m x 453 m x 37,09 € = 4.032,42 € 0,4 m x 0,25 m x 453 m x 40,96 € = 1.855,49 € 0,4 m x 453 m x 8,87 € = 1.607,24 € (453 m + 12 m) x 2 x 2,04 € = 1.897,20 € |
9.392,35 € |
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben |
100,00 € |
Kabelkosten (453 m +12 m) x 2 x 5,85 € |
5.440,50 € |
Kosten eines Kabelverteilerschranks |
2.288,58 € |
Gesamt: |
22.094,96 € |
Hinzu kommen noch die seitens der Kammer nicht schätzbaren Kosten des Anschlusses der Photovoltaikanlage an die neue Zähleranschlusssäule, so dass auch diese Variante über den Kosten des tatsächlichen Anschlusspunktes liegt. Dies dürfte selbst unter Berücksichtigung von Leitungsverlusten gelten, denn auch diese Variante würde auf Seiten des Klägers zu Leitungsverlusten führen.
1473.
148Die Beklagte hat auch keine Pflicht aus dem Schuldverhältnis mit dem Kläger verletzt, weil sie diesem möglicherweise den Anschlusspunkt am „Hof T“ zugewiesen hat. Denn es fehlt insoweit an einer verbindlichen Zuweisung der Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 EEG (2009). Die Beklagte benennt zwar gegenüber dem Kläger diesen Anschlusspunkt mit Schreiben vom 03.09.2009 (vgl. Anlage K3); dem Schreiben ist jedoch eine verbindliche Zuweisung nicht zu entnehmen.
149II.
150Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Erstattung von Mehrkosten gemäß den §§ 5 Abs. 4, 9 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 EEG (2009) zu.
151Denn es fehlt – wie bereits ausgeführt – an einer verbindlichen Zuweisung der Beklagten.
152III.
153Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Zahlung von Zinsen und die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
154IV.
155Aufgrund der obigen Ausführungen ist die Beklagte ebenfalls nicht verpflichtet, dem Kläger die ihm entstehenden Leitungsverlusten zu ersetzen, so dass der Feststellungsantrag ebenfalls abzuweisen war.
156C)
157Der Beklagten war keine weitere Frist zur Stellungnahme auf den Schriftsatz des Klägers vom 26.01.2015 und die in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben zu gewähren, da die entsprechenden Ausführungen einen Anspruch des Klägers nicht stützen und die Klage ohne weitere Stellungnahme abzuweisen war.
158D)
159Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
160E)
161Der Streitwert wird auf insgesamt 21.743,01 € festgesetzt (Zahlungsantrag: 20.471,84 € und Feststellungsantrag: 1.271,17 €).
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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.