Landgericht Münster Urteil, 17. März 2016 - 115 O 180/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger begehrt von der Beklagten aufgrund eines am 00.00.2014 erfolgten Einbruchs in sein Wohnhaus weitere Versicherungsentschädigung für Schmuck und Bargeld.
3Für sein Wohnhaus in T, XStraße ##, unterhält der Kläger bei der Beklagten eine Hausratversicherung mit einer Versicherungssumme von 92.500,00 €, Wertsachen sind bis zu 40 % der Versicherungssumme versichert (Versicherungsschein Bl. 11 – 20 d.A.), vereinbart sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung VHB 2012 Fassung September 2013 (Bl. 30 - 41 d.A.).
4Ziff. 1.3.2 der VHB enthält eine Entschädigungsbegrenzung zur Höhe mit folgendem Inhalt:
5"Ferner ist die Entschädigung für folgende Wertsachen je Versicherungsfall (...) begrenzt, wenn sich diese außerhalb verschlossener mehrwandiger Stahlschränke mit einem Mindestgewicht von 200 kg und auch außerhalb eingemauerter Stahlwandschränke mit mehrwandiger Tür, oder außerhalb besonders vereinbarter sonstiger verschlossener Behältnisse mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen befinden, auf
6 1.500 EUR für Bargeld und auf Geldkarten geladene Beträge mit Ausnahme von Münzen, deren Versicherungswert den Nennbetrag übersteigt,
7 4.000 EUR insgesamt für Wertsachen gemäß 1.2.2,
8 21.000 EUR insgesamt für Wertsachen gemäß 1.2.3.“
9Wertsachen gemäß 1.2.2 sind Urkunden einschließlich Sparbüchern und sonstigen Wertpapieren, Wertsachen gemäß 1.2.3 sind Schmucksachen, Edelsteine, Perlen, Briefmarken, Münzen und Medaillen, Armbanduhren mit einem Einzelwert von über 1.000 EUR, sowie alle Sachen aus Gold oder Platin.
10Am Mittwoch, dem 00.00.2014, wurde tagsüber in das Wohnhaus des Klägers eingebrochen. Ein Tresor, in dem sich Schmuck und Bargeld befanden, wurde von den Tätern komplett entwendet. Dieser Tresor hatte kein Mindestgewicht von 200 kg und war auch nicht eingemauert.
11Unstreitig wurden bei dem Einbruch Bargeld in Höhe von 1.570,00 € und Schmuck im Wert von mindestens 37.000,00 € entwendet.
12Die Beklagte erbrachte – entsprechend der Regelung unter Ziff. 1.3.2 der VHB – für das entwendete Bargeld eine Versicherungsleistung von 1.500,00 € und für den entwendeten Schmuck eine Versicherungsleistung von 21.000,00 €.
13Der Kläger verlangt weitere 70,00 € für entwendetes Bargeld sowie weitere 16.000,00 € für entwendeten Schmuck.
14Er ist der Ansicht, bei der Regelung unter Ziff. 1.3.2 der VHB handele es sich um eine überraschende Klausel, die den Versicherungsnehmer zudem unangemessen benachteilige und deshalb unwirksam sei. Eine Benachteiligung liege auch darin, dass keine Unterscheidung getroffen werde zwischen einer Aufbewahrung in einem nicht den Versicherungsbedingungen entsprechenden Tresor und einer Aufbewahrung ohne Schutzvorrichtung.
15Der Kläger ist weiter der Ansicht, er hätte auf den Inhalt der Regelung unter Ziff. 1.3.2 der VHB bei Vertragsschluss und bei jährlichen Mitteilungen hingewiesen werden müssen. Bei einem solchen Hinweis hätte er einen anderen, den Bedingungen entsprechenden Tresor angeschafft.
16Der Kläger beantragt,
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.070,00 € nebst Zinsen in Höhe von
185 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.06.2012 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie ist der Ansicht, die unter Ziff. 1.3.2 der VHB geregelte Entschädigungsbegrenzung sei wirksam.
22Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
23Entscheidungsgründe
24Die Klage ist nicht begründet.
25Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf weitere Leistungen aus der Hausratversicherung, da die Versicherungsleistung für Bargeld und Schmuck wirksam gemäß Ziff. 1.3.2 der VHB begrenzt ist.
26Unstreitig waren das entwendete Bargeld und der entwendete Schmuck weder in einem verschlossenen mehrwandigen Stahlschrank mit einem Mindestgewicht von 200 kg noch in einem eingemauerten Stahlwandschrank mit mehrwandiger Tür aufbewahrt worden. Die Beklagte hat daher zu Recht ihre Versicherungsleistungen gemäß der unter Ziff. 1.3.2 der VHB enthalten Regelung auf 1.500 ,00 € für Bargeld und 21.000,00 € für Schmuck begrenzt.
27Bedenken gegen die Wirksamkeit der Entschädigungsgrenze im Hinblick auf das AGB-Recht bestehen nicht.
28Wertgrenzen, wie sie in Ziff. 1.3.2 der VHB enthalten sind, sind weder überraschend im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB noch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB unwirksam. Das OLG Hamm hat im Beschluss vom 03. Mai 2013 – 20 U 247/12 – juris, hierzu ausgeführt:
29"Eine Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen § 305 c Abs. 1 BGB läge nur dann vor, wenn eine deutliche Abweichung zwischen den Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers einerseits und der betreffenden Klausel andererseits bestünde. Die berechtigten Erwartungen des Versicherungsnehmers werden dabei von allgemeinen Umständen, wie etwa dem Grad der Abweichung von dispositiven Normen bzw. den Umständen des Vertragsschlusses, bestimmt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21.11.1991, IX ZR 60/91; Saarländisches OLG, VersR 2011, 489). Daran gemessen handelt es sich bei der fraglichen Regelung nicht um eine überraschende Klausel. Ein gewöhnlicher Versicherungsnehmer wird nämlich durchaus damit rechnen, dass der Versicherer einer Hausratversicherung nicht ohne weiteres für Bargeldbeträge in Höhe der vollen Versicherungssumme einstehen wird (siehe dazu bereits Beschluss des Senats vom 04.01.2012, 20 U 124/11- juris, zu § 15 Nr. 1 und 2 AVB m.w.N.).
30Die Klauseln ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, denn sie benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht in unangemessener Weise. Angesichts der bei der Hausratversicherung in der Regel überschaubaren Prämienhöhe stellt die Vereinbarung von Entschädigungsgrenzen für Wertsachen in Abhängigkeit von ihrer konkreten Aufbewahrung gerade keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer muss deshalb mit einer Entschädigungsgrenze rechnen (so bereits OLG Celle, Urteil vom 23.09.2010, 8 U 47/10, juris Tz. 34 m.w.N.; Saarländisches OLG, VersR 2011, 489, Juris Tz. 31)." Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an.
31Eine Unwirksamkeit der Bedingungen ergibt sich auch nicht daraus, dass die Voraussetzungen eines Wertschutzbehältnisses gemäß Ziff. 1.3.2 der VHB einheitlich geregelt sind und keine Staffelung danach vorsehen, ob ein Tresor etwa 50 kg, 100 kg oder 150 kg wiegt.
32Der Sinn und Zweck der Regelung unter Ziff. 1.3.2 VHB liegt darin, dass der Versicherungsnehmer nur unter den dort genannten Voraussetzungen Versicherungsschutz nach den höheren, in Ziff. 1.3.1 VHB geregelten Wertgrenzen erhält. Nur dann stellt der Diebstahl von Wertsachen bestimmten Wertes für den Versicherer ein noch tragbares Risiko dar. Die Regelung führt demnach dazu, dass von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt wird für Wertsachen bis zu der niedrigeren Entschädigungsgrenzen gemäß Ziff. 1.3.2 VHB. Versicherungsschutz in Höhe der höheren Wertgrenzen gemäß Ziff. 1.3.1 VHB wird folglich nur dann gewährt, wenn die weiteren unter Ziff. 1.3.2 VHB genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Demnach wird nicht etwa ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens – Aufbewahrung in einem Tresor mit geringerem Gewicht als 200 kg - wieder entzogen, sondern der Versicherungsschutz wird überhaupt nur unter den unter Ziff. 1.3.2 VHB genannten Voraussetzungen gewährt. Dass der Versicherer jegliche Aufbewahrung von Wertsachen außerhalb von Wertschutzbehältnisses gemäß Ziff. 1.3.2 VHB als nicht mehr tragbares Risiko einstuft, ist nicht zu beanstanden. Hierbei ist zu bedenken, dass der Versicherer in der Einbruchdiebstahlversicherung den Diebstahl von Wertsachen auch vom Versicherungsschutz von vornherein gänzlich ausnehmen kann, ohne dass die Versicherung damit jeden Wert verlieren würde.
33Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, auf die Regelung zu Wertschutzbehältnissen gemäß Ziff. 1.3.2 VHB im Versicherungsschein oder in jährlichen Mitteilungen nochmals gesondert hinzuweisen, da diese Regelung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, nicht so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet wäre. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung begrenzt die angegriffene Klausel die Leistungspflicht der Beklagten angemessen. Eine Hausratsversicherung soll nicht die üblichen Regeln vernünftigen Verhaltens abändern und strukturell eine absolute „sorglos“ Mentalität bewirken. Jedenfalls entspräche es ohne Hausratsversicherung sicherlich rationalem Verhalten, bedeutende Wertsachen, insbesondere Schmuck von erheblichem Umfang, besonders gesichert zu verwahren (so auch LG Hamburg, Urteil vom 20. Februar 2009 – 302 O 143/08 –, juris).
34Entgegen der Ansicht des Klägers wird durch Ziff. 1.3.2 VHB auch nicht die im Versicherungsschein genannte Regelung, dass Wertsachen bis zu 40 % der Versicherungssumme versichert sind, zunichte gemacht. Hierin liegt eine Erhöhung der unter Ziff. 1.3.1 VHB genannten Begrenzung (dort 20 %), bei der es sich um eine generelle und prozentual an der Versicherungssumme ausgerichtete Obergrenze für alle Wertsachen handelt, soweit diese vom Versicherungsschutz umfasst sind. Schmucksachen, die nicht in Wertschutzbehältnissen gemäß Ziff. 1.3.2 VHB verwahrt sind, sind dagegen in jedem Fall oberhalb eines Wertes von 21.000,00 nicht gegen eine Entwendung versichert.
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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.