Die Klägerin macht für eine aufhängbare Gießkanne gegen die Beklagte Unterlassungs- und entsprechende Folgeansprüche geltend gestützt auf die Verletzung eines europäischen Geschmacksmusters, hilfsweise zweier deutscher Designs und hilfsweise gestützt auf wettbewerblichen Leistungsschutz wegen Nachahmung.
Die Klägerin ist ein junges und innovatives Unternehmen. Ein Bereich ihres Unternehmens befasst sich seit Mitte des Jahres 2009 mit der Thematik Balkon. Unter dem markenrechtlich geschützten Namen „myB.“ betreibt die Klägerin ein Internetportal zu diesem Themenkreis und ergänzt dieses Angebot von zahlreichen Gartentipps und Balkongestaltungen sowie Rezepten auch durch den „myB. Shop“, in dem Produkte, speziell für den Einsatz auf dem Balkon entwickelt, angeboten werden.
Die Beklagte ist eines der größten deutschen international tätigen Konsumgüter – und Einzelhandelsunternehmen. Sie vertreibt ihre Produkte sowohl in eigenen Ladengeschäften als auch über Verkaufsregale in Supermärkten sowie über einen eigenen Online-Shop unter der Domain www.t..de.
Die Klägerin ist Inhaberin des Gemeinschaftsgeschmacksmusters 001896747-0001 - Klagemuster 1- welches am 29.07.2011 veröffentlicht wurde (vgl. Anlage K 1) und aussieht wie folgt:
Die Klägerin bewarb im Jahr 2011 ihr Produkt „CanCan“ und begann anschließend mit dessen Herstellung und lobte sie im Jahr 2013 zur Neuheit im Markt aus.
Dieses Produkt mit den Dimensionen von 30 cm x 34 cm entspricht dem Klagemuster 1, wobei es Detailunterschiede aufweist: Im Vergleich zum Klagemuster ist der Korpus der „CanCan“ – Gießkanne länglicher, d.h. höher und im Verhältnis dadurch schmaler, das Gießrohr setzt höher an und ragt höher hinauf, der Griff setzt ebenfalls höher an, ist weiter vom Korpus entfernt und schließt damit früher an der Oberseite des Produkts ab, wobei der Griffabschluss einen schwarzen Plastikabschluss aufweist. Der Aufhängehaken ist insgesamt breiter und schließt höher ab. Auf die Ausführungen und bildliche Gegenüberstellung auf S. 73, 74 der Klageerwiderung wird ergänzend Bezug genommen.
Das „CanCan“ Produkte wurde zum Zugpferd der Marke der Klägerin, wobei die Parteien über den hohen Bekanntheitsgrad uneins sind.
Vor Juli 2011 waren jedenfalls folgende aufhängbare Gießkannen mit der Grundform einer Gießkannenhälfte bekannt:
Die Klägerin ist außerdem Inhaberin des deutschen Designs 402011003788-0003, eingetragen am 21.11.2011 – Klagemuster 2:
Die Klägerin ist außerdem Inhaberin des deutschen Designs 402011003788-0004, eingetragen am 21.11.2011 – Klagemuster 3:
Die Klägerin führt zu dem Klagemuster 3 aus, dass die Brause abnehmbar sei.
Die Beklagte bot ihr streitgegenständliches Produkt im März 2016 an und bewarb es.
Die auf die Beklagte hinweisende Markierung „T.“ ist am Boden des Produkts angebracht.
Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte ihre Gießkannen fast ausnahmslos mit Abbildungen ohne den Griff bewerbe, wodurch eine vollkommene Übernahme des Designs der Klägerin erreicht werde.
Die Klägerin führt aus, dass sie von 2011 bis 2014 ca. 285.000 Kannen in Deutschland verkauft und damit einen Umsatz von rund 1,32 Millionen Euro erwirtschaftet hat und seit 2015 Lizenzverträge für die Kanne laufen, deren Umsätze im sechsstelligen Bereich liegen.
Die Klägerin beantragt,
A. die Beklagte zu verurteilen,
I. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
innerhalb der Europäischen Union mit einem Bügel aufhängbare Gießkannen herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen und auszuführen und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen, wenn diese mit der Grundform einer Gießkannenhälfte angeboten werden, wenn die wie nachstehend ersichtlich erfolgt:
hilfsweise
innerhalb der Bundesrepublik Deutschland im geschäftlichen Verkehr mit einem Bügel aufhängbare Gießkannen herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, einzuführen und auszuführen und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen, wenn diese mit der Grundform einer Gießkannenhälfte angeboten werden, wenn die wie nachstehend ersichtlich erfolgt:
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen hat und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses, aus dem sich Folgendes ergibt:
– die Herkunft und der Vertriebs Weg der rechtsverletzenden Erzeugnisse gemäß Ziffer 1, insbesondere unter Angabe der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Erzeugnisse der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,
– die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie über die Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
– die einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermenge, -zeiten, und –preisen, sowie nach Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
– die betriebene Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und –gebiet,
– die Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie der Umsatz und erzielter Gewinn
B. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
C. die Beklagte wird verurteilt, die sich in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnisse gemäß Ziffer 1 auf eigene Kosten an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung herauszugeben.
D. die Beklagte wird verurteilt, die rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnisse gemäß Ziffer 1 aus den Vertriebswegen zurückzurufen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Meinung, die Klagemuster seien mangels Neuheit und Eigenart schon nicht schutzfähig, ihr Produkt verletzte auch wegen der erheblichen Unterschiede keines der klägerischen Designs. Die fehlende wettbewerbliche Eigenart des Produkts und die großen Unterschiede in der Ausgestaltung stünden auch dem ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz entgegen.
Auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2017 wird ergänzend Bezug genommen. Die Kammer hat in der Sitzung die Produkte körperlich vor Augen gehabt.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
A.
Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch gemäß Artt. 19 Abs. 1, 10, 89 Abs. 1, 82, 83 GGV i.V. mit §§ 38, 42 DesignG aus der Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters zu, da das streitgegenständliche Produkt der Beklagten beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck als dasKlagemuster 1 hervorruft.
I.
Bei der zu beurteilenden angegriffenen Ausführung hat die Kammer auf das von der Beklagten verkaufte Produkt mit den Maßen 20cm x 16 cm abgestellt und nicht auf eine bildliche Darstellung der Gießkanne ohne Griff. Wie in der mündlichen Verhandlung vom 05.04.2017 klargestellt, geht es nicht um die betriebene Werbung, sondern um das Produkt der Beklagten.
II.
Die streitgegenständliche aufhängbare Gießkanne der Beklagten verletzt nach Auffassung der Kammer nicht das nach Art. 10 Abs. 1 GGV geschützte Klagemuster 1 der Klägerin, da es beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck erweckt.
1. Das Klagemuster 1 ist geschützt. Seine Neuheit und Eigenart werden gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 GGV vermutet.
Eine halbrunde Gießkanne mit formschönen und elegantem Bügel zum Aufhängen an ein Balkongeländer war im Juli 2011 nicht bekannt.
Der von der Beklagtenseite anschaulich gezeigte vorbekannte Formenschatz steht diesen Vermutungen nicht entgegen.
Die – ausgehend von Juli 2011 - vorbekannten halben Gießkannen weisen keinen Bügel aus. Zwar gab es halbe Gießkannen, die dekorativ und zum Aufhängen waren, nicht jedoch in der Bügelkombination.
Die Aufhängevorrichtung ist bei der Beurteilung des Geschmacksmusters auch mit einzubeziehen. Da es hierfür diverse Ausgestaltungsmöglichkeiten gibt, ist sie nicht als ausschließlich technisches Element im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GGV zu qualifizieren.
2. Die Kammer geht von einem weiten Schutzumfang im Sinne des Art. 10 Abs. 2 GGV für das Klagemuster 1 aus.
Bei der Beurteilung des Schutzumfangs wird der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Geschmacksmusters berücksichtigt. Der Schutzumfang wird auch durch den Abstand des Klagemusters zum vorbekannten Formenschatz bestimmt, je größer der Abstand, desto größer ist der Schutzumfang (BGH, 12.7.2012, I ZR 102/11 – Kinderwagen II, Rn. 32). Die geringe Musterdichte und der große Gestaltungsspielraum führen vorliegend zu einem weiten Schutzumfang des Klagemusters 1.
Die sechs von der Klageseite als prägend bezeichneten Merkmale des Klagemusters sind: (1) die Grundform einer Gießkannenhälfte, (2) dass der Grundkörper schlicht gehalten ist und nicht konkav und ohne Verjüngung nach oben oder unten, (3) der filigrane Bügel aus einem geschwungenen und gebogenem „U“, der über eine Balkonreling gehängt werden kann und mittig über der Öffnung des Grundkörpers platziert ist, (4) das stark ansteigende, dünne Gießrohr, (5) die horizontalen nach außen gewölbten Rillen im oberen und unteren Drittel des Grundkörpers, sowie (6), dass der Grundkörper nach oben hin nicht komplett offen, sondern fast hälftig geschlossen ist. Hierbei sieht die Klageseite den ästhetischen Gesamteindruck durch das Zusammenspiel der Merkmale (1) bis (5) geprägt, wodurch ein moderner, eleganter Eindruck vermittelt wird.
Für den Gesamteindruck können gewisse Merkmale überdurchschnittliche Bedeutung haben, während andere zum Gesamteindruck nur in einem durchschnittlichen Umfang beitragen (BGH, 12.7.2012, I ZR 102/11 – Kinderwagen II, Rn. 71).
Die Kammer misst hierbei sowohl den aufgezählten Merkmalen (1) – der Grundform einer Gießkannenhälfte – und (3) dem filigranen Bügel aus einem geschwungenen und gebogenem „U“ als mittige Aufhängevorrichtung als auch dem Merkmal des frei geschwungenen Griffes, der sich über die Seite hinaus auf die Oberseite der Grundform schwingt und dort frei schwebend endet, eine überdurchschnittliche Bedeutung zu.
Das Klagemuster weit einen deutlichen Abstand zu den vorbekannten aufhängbaren Gießkannenhälften auf.
Zwar existieren vorbekannte Muster für halbe Gießkannen zum Aufhängen und auch Aufhängevorrichtungen. Es ist jedoch kein Vergleich der einzelnen das Klagemuster prägenden Elemente anzustellen, sondern der Gesamteindruck des Klagemusters ist mit jedem Muster aus dem vorbekannten Formenschatz zu vergleichen (BGH 28.9.2011, ZR 23/10 – Kinderwagen I, Rn. 26).
Der Gesamteindruck des Klagemusters 1 ist durch das Zusammenspiel der Gießkannenhälfte mit dem Griff und dem Bügel geprägt. Den vorbekannten Formgestaltungen fehlt ein solches Zusammenspiel. Im jeweiligen Vergleich zu den drei vorbekannten Formen, die altertümliche, verspielte und nostalgische Varianten einer aufhängbaren Gießkanne mit der Grundform einer Gießkannenhälfte, einem Gießrohr mit Duschkopfausfluss und ohne Bügel sind, zeichnet sich der ästhetische Gesamteindruck des Klagemusters 1 durch klare Linien und den originellen, frei schwebenden Griff als modernes, elegantes Designelement aus. Damit ragt das Klagemuster aus den vorbekannten Gestaltungen heraus. Der vorbekannte Formenschatz kommt dem Klagemuster 1 in diesem Gesamteindruck nicht nah.
Aufgrund des hohen Grades der Gestaltungsfreiheit für die Idee einer aufhängbaren Gießkanne und der geringen Musterdichte für die klägerische Kombination von Gießkanne und Deko-Aufhängung kommt dem streitgegenständlichen Gemeinschaftsgeschmacksmuster ein weiter Schutzbereich zu.
3. Das Verletzungsmuster erweckt jedoch beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster 1, so dass es das Geschmacksmuster nicht nach Art. 10 Abs. 1 GGV verletzt.
3.1 Die Frage der Übereinstimmung des Gesamteindrucks ist aus der Sicht eines informierten Benutzers zu beurteilen. Die Benutzereigenschaft setzt voraus, dass die Person das Produkt, das das Geschmacksmuster bzw. das eingetragene Design verkörpert, zu dem für dieses Produkt vorgesehenen Zweck verwendet. Als „informiert“ wird ein Benutzer bezeichnet, der verschiedene Geschmacksmuster bzw. Designs kennt, die es in dem betreffenden Wirtschaftsbereich gibt, gewisse Kenntnisse über die Elemente besitzt, die die Geschmacksmuster bzw. Designs regelmäßig aufweisen, und die Produkte aufgrund seines Interesses an ihnen mit vergleichsweise großer Aufmerksamkeit verwendet. Seine Kenntnisse und der Grad der Aufmerksamkeit sind zwischen denen eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers und denen eines Fachmanns anzusiedeln. Er nimmt, soweit möglich, einen direkten Vergleich der betreffenden Geschmacksmuster bzw. Designs vor (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – I ZR 40/14 –, Armbanduhr, Rn. 34, juris).
Ein solch informierter Benutzer ist dabei auch nicht auf die vereinzelten Darstellungen ohne Griff beschränkt, sondern geht davon aus, dass das als Gießkanne bezeichnete Produkt der Beklagten verschiedene Seiten hat, ein Griff – wie bei Kannen üblich – auf der Gegenseite zum Gießrohr zu erwarten ist und ein einzelnes Bild keine Rundumsicht darstellt. Ein Gesamteindruck kann sich zwar aus der Präsentation des Erzeugnisses ergeben (BGH, Armbanduhr, Az: I ZR 40/14, Urteil vom 28.01.2016, Rn. 47 m.w.N.) Dies gilt jedoch nicht bei Präsentationen, die offensichtlich nur eine Seite des Produkts zeigen, soweit der informierte Benutzer erkennt, dass zur Beurteilung des Gesamteindrucks erst ein anderer Blickwinkel eingenommen werden muss.
3.2 Bei der Prüfung, ob der Gesamteindruck des angegriffenen Modells beim informierten Benutzer den gleichen Gesamteindruck wie das Geschmacksmuster bzw. das eingetragene Design erweckt, sind sowohl die Übereinstimmungen als auch die Unterschiede der Muster bzw. der Designs zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – I ZR 40/14 –, Rn. 35, juris m.w.N.). Hierbei ist auch zu beachten, dass bei einer geringen Musterdichte und damit großem Gestaltungsspielraum des Entwerfers, die einen weiten Schutzumfang des Musters zur Folge haben, selbst größere Gestaltungsunterschiede beim informierten Benutzer möglicherweise keinen anderen Gesamteindruck erwecken (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – I ZR 102/11 –, Kinderwagen II, Rn. 31, juris).
3.2.1 Die Produkte weisen Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf, die unterschiedlich zu gewichten sind.
Bei der Betrachtung des Gesamteindrucks ist eine Gewichtung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Merkmalen danach vorzunehmen, ob sie aus der Sicht des informierten Benutzers für den Gesamteindruck von vorrangiger Bedeutung sind oder in den Hintergrund treten (BGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – I ZR 40/14 –, Rn. 35, juris m.w.N.). Hierbei stellt die Kammer nicht auf allgemeine Gestaltungsideen ab, sondern auf konkrete Gestaltungsmerkmale (vgl. BGH, Untersetzer, Urteil vom 19.05.2010, Az: I ZR 71/08, Rn. 23)
Die klägerisch als prägend bezeichneten Merkmale des Klagemusters stimmen teilweise mit denen des angegriffenen Produkts überein:
Die Grundform einer Gießkannenhälfte, die zu den prägenden Merkmale gehört, findet sich auch bei dem Produkt der Beklagten. Zwar geht die Kanne der Beklagten über die halbe Form hinaus. Die Kammer geht dennoch insoweit von einer Übereinstimmung aus, da der Eindruck einer halben Gießkanne bei beiden Modellen entsteht.
Gemeinsam ist den beiden Mustern auch ein schlichter Grundkörper, der nicht konkav und ohne Verjüngung nach oben oder unten, ist. Der Grundkörper des Klagemusters 1 ist jedoch aufgrund seiner Dimensionierung höher und schlanker.
Die Gestaltungen der Aufhängevorrichtung weichen voneinander ab. Zwar können beide Muster durch einen ähnlichen Bügel aufgehängt werden. Während der klägerische Bügel jedoch fest angebracht und filigran gestaltet ist als geschwungenes und gebogenes „U“, wie eine Schlaufe, und durch die prominente Positionierung am Griff exponiert ist, ist der Bügel des Verletzungsmusters beweglich über ein Gelenk am Grundkörper angesetzt, in abgeklapptem Zustand gar nicht sichtbar und durch die Linienführung mit einem Steg und einer eher waagrechten Abschlusslinie anstelle der U-Rundung am Bügelende kein solcher „Hingucker“. Im Erscheinungsbild ist er daher eher untergeordnet und unterstreicht bei seinem Abschluss und durch seinen Steg eher die waagerechten Linien.
Beide Modelle haben dünne Gießrohre, die stark ansteigen, wobei es bei dem Klagemuster stärker bzw. steiler ansteigt und weiter unten am Grundkörper seinen Beginn nimmt als dies bei der angegriffenen Ausführung der Fall ist. Diese Unterschiede bei den Ansatzpunkten und dem Neigungswinkel der Rohre rangieren jedoch zweitrangig im Vergleich zu den besonders prägenden Merkmalen der Muster.
Beide Muster weisen auf den Grundkörpern zwar im oberen und im unteren Teil jeweils horizontal verlaufende, nach außen gewölbte Rillen auf. Diese unterscheiden sich jedoch in der Platzierung und der näheren Ausgestaltung. Das Klagemuster 1 hat Doppel-Rillen, d.h. es handelt sich oben und unten um jeweils zwei parallel verlaufende Rillen. Die zwei oberen Rillen liegen deutlich weiter auseinander und sind im oberen Viertel verortet, während die zwei unteren Rillen dichter nebeneinander liegen und sehr bodennah verortet sind, alle Rillen treten streng hervor. Beim angegriffenen Produkt, ist oben und unten jeweils nur eine Rille vorhanden. Die obere befindet sich im oberen Viertel des Grundkörpers, die untere im unteren Viertel, beide Rillen sind mit jeweils etwa gleichem Abstand zum Boden bzw. Öffnungsende des Grundkörpers platziert.
Die Öffnung des Grundkörpers ist verschieden, wobei dieses Merkmal als solches für den Gesamteindruck eher untergeordnet ist. Bei dem Klagemuster wird das Augenmerk durch die Öffnung nur der hinteren Hälfte der Grundkörper-Decke auf diese - dem Griff zugewandte - Seite gelenkt. Bei dem Beklagtenprodukt bleibt der Augenmerk durch die mittig angeordnete, insoweit symmetrische Öffnung auf dem Grundkörper verhaftet.
Der unterschiedlich gestaltete Griff hat für den Gesamteindruck eine wichtige Bedeutung. Das Klagemuster weist einen augenfälligen, über den Grundkörper führenden offenen Haltegriff auf, der den Grundkörper bogenförmig auf zwei Seiten (rechts und oben) umrahmt. Der Haltegriff des angegriffenen Produkts hingegen ragt nicht über den Grundkörper hinaus, ist an beiden Enden auf derselben Seite des Grundkörpers befestigt und weist eine gewöhnliche Henkelform auf.
3.2.2 Unter Berücksichtigung dieser Gestaltungsmerkmale und ihrer unterschiedlichen Gewichtung differieren die Gesamteindrücke.
Der Gießkannenhälfte als Grundform und die bügelartige Aufhängevorrichtung kommen bei beiden Produkten für den Gesamteindruck zwar vorrangige Bedeutung zu. Der informierte Benutzer misst jedoch einem Merkmal, dass ihm von anderen Mustern bekannt ist, jedoch eine geringere Bedeutung zu (vgl. BGH, Kinderwagen II, Az: I ZR 102/11, Urteil vom 12.07.2012, Rn. 62). Der Grundform der Gießkannenhälfte ist daher keine allzu übermäßige Bedeutung für den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Muster beizumessen.
Bei dem Klagemuster 1 stellt der Griff ein dominantes Element für den Gesamteindruck dar und verleiht der Gießkanne auch im Zusammenspiel mit dem an ihm oben angebrachten Bügel, der die Besonderheit des Griffelementes betont, einen hohen und schlanken Nimbus, aber gleichzeitig ein elegantes Flair. Der Gesamteindruck wird von klaren und deutlichen Linien bestimmt, die Schlichtheit (Grundkörper) und Besonderheiten (halbkreisförmiger Griff) miteinander verbinden und die Gießkanne zu einer modernen stylischen Zierde machen.
Die Gestaltungsunterschiede führen dazu, dass der Gesamteindruck der Beklagtengießkanne ein anderer ist.
Diese macht einen abgerundeten, kompakten, weichen Eindruck, bei der der rundliche Grundkörper die ruhende Mitte des Produktes bildet und die übrigen Merkmale das Augenmerk zu diesem hinführen bzw. die Fokussierung auf diesen verstärken.
Eine Prägung dieser Gießkanne durch die Ausgestaltung des Griffs als Blickfang fehlt. Diese Abweichung ist bedeutsam. Dem dezenten Haltegriff bei der angegriffenen Ausführung kommt für den Gesamteindruck eine untergeordnete Rolle zu. Dort prägt den Gesamteindruck der Grundkörper, der durch seine zwei abgerundeten und gleichmäßig verteilten Rillen und der Anordnung von Gießrohr und Henkel hierzu, den dominanten Mittelpunkt der Gießkannenkonstruktion bildet und die anderen Teile – Bügel, Henkel und Gießrohr – als Beiwerk in den Hintergrund treten lässt.
Die Dimensionierung des Grundkörpers im Verhältnis zu den drei Annex-Elementen Bügel, Gießrohr und Henkel, die – jeder auf einer anderen Seite angebracht – den Grundkörper mit den ihm zukommenden Funktionen (Aufhängen, Greifen, Gießen) versehen, verstärkt das Augenmerk und die Fokussierung auf ersteren. Der Grundkörper bildet damit bei dem Produkt der Beklagten den dominanten Mittelpunkt. Dieser Mittelpunkt ruft auch durch die Dimensionierung – 20 cm x 16 cm – einen kompakten Eindruck hervor. Im Zusammenspiel mit der Anordnung der einzelnen Elemente und den übrigen Merkmalen hinterlässt das Produkt in der Gesamtbetrachtung einen kompakten, weichen und abgerundeten Gesamteindruck.
3.2.3 Dieser andere Gesamteindruck führ aus dem Schutzumfang des Klagemusters 1 hinaus. Trotz des weiten Schutzumfanges erweckt das streitgegenständliche Produkt der Beklagten einen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster 1.
Der ästhetische Gesamteindruck ist bei dem Klagemuster 1 ein kühler, eleganter, bei dem Verletzungsmuster hingegen ein von pragmatischen und klassischen Gesichtspunkten getragener, kompakter, weicher Gesamteindruck.
B.
Auch der Hilfsantrag auf Unterlassung gemäß §§ 38 Abs. 1, 42 Abs. 1 DesignG hat keinen Erfolg, da die Beklagte mit ihrem Produkt weder das Klagemuster 2 noch das Klagemuster 3 verletzt, da es ebenfalls einen anderen Gesamteindruck erweckt.
I.
Über den Hilfsantrag war zu entscheiden, da der Hauptantrag zum klägerischen Geschmacksmuster als unbegründet abgelehnt wurde.
II.
Das klägerische Design in Gestalt des Klagemusters 2 wird nicht verletzt, da es einen anderen Gesamteindruck erweckt als die aufhängbare Gießkanne der Beklagten.
1. Dem Design für das Klagemuster 2 ist zwar rechtsgültig und erfüllt die Merkmale der Neuheit und Eigenart.
Die Gestaltung einer aufhängbaren Gießkanne mit einer Gießkannenhälfte als Grundkörper mit Griff kombiniert mit einem Aufhängebügel findet sich in diesem Zusammenspiel im Vergleich mit dem von der Beklagten aufgezeigten Formenschatz nicht.
2. Das streitgegenständliche Produkt der Beklagten hinterlässt jedoch einen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster 2, womit die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nicht vorliegen. Der Schutz des Designs erstreckt sich gemäß § 38 Abs. 2 S. 1 DesignG nur auf solche Gestaltungen, die beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erwecken.
Das Klagemuster 2 zeichnet sich durch breite winkelige Linienführung aus, indem es den Griff als rechtwinkligen Henkel am Grundkörper beginnen und enden lässt und dem Gießrohr mit einer streng waagerechten Strebe ebenfalls durch klare Linienführung einen stringenten Eindruck verleiht. Der am Grundkörper mittig befestigte hohe Bügel setzt die klare Linienführung fort.
Dieser Gesamteindruck stimmt nicht überein mit dem der angegriffenen Gießkanne der Beklagten, wenngleich auch für das Klagemuster 2 von einem weiten Schutzumfang auszugehen ist.
Prägend bei dem Klagemuster 2 sind die eckigen, winkligen Anordnungen von Griff und Gießrohr, die das Augenmerk nicht auf den Grundkörper ruhen lassen, sondern mit ihrer Linienführung und damit einhergehenden Ausrichtung diese Elemente betonen und in den Vordergrund rücken. Das Produkt wird damit von geraden und klaren Linien, rechten Winkeln und einem schlichten Design geprägt.
Das Klagemuster 2 ruft durch die Betonung der Seitenelemente einen eckigen, linienstarken und damit klar strukturierten kühl-eleganten Gesamteindruck hervor.
Demgegenüber hinterlässt, wie ausgeführt, das Produkt der Beklagten einen weichen, gedrungenen Gesamteindruck.
Auf die bildliche Gegenüberstellung der Klageerwiderung vom 30.12.2016, S. 55, 56, Abbildungen 1 und 3 wird ergänzend Bezug genommen.
III.
Auch das klägerische Design in Gestalt des Klagemusters 3 verletzt die Beklagte durch ihre aufhängbare Gießkanne nicht, da es einen anderen Gesamteindruck erweckt als die aufhängbare Gießkanne der Beklagten.
1. Bei diesem Klagemuster 3 ist nicht von einem allzu weiten Schutzumfang, sondern allenfalls von einem durchschnittlichem Schutzumfang auszugehen, da der vorbekannte Formenschatz in Gestalt des von der Beklagten aufgezeigten „Rusty Half Watering Can Indoor/Outdoor Wall decoration“ eine gewisse Ähnlichkeit hiermit aufweist.
Gemeinsam ist diesen Gestaltungen die Grundkörperform das unten ansetzende und über den Grundkörper hinausführende, sich leicht verjüngende Gießrohr mit brausekopfförmigen Ausguss und einer zusätzlichen waagrechten Strebe zur Verbindung mit dem oberen Teil des Grundkörpers. Auch die bauchige Henkelführung des seitlichen Griffs gleichen sich.
Die Vermutung der Neuheit und Eigenart des Klagemusters 3 wird zwar trotz dieser Gemeinsamkeiten und der damit einhergehenden Ähnlichkeit zu der aufgezeigten vorbekannten aufhängbaren Gießkannenhälfte „Rusty Half Watering Can indoor/Outdoor Wall decoration“ nicht widerlegt, da das Zusammenspiel mit der Aufhängevorrichtung zu einem anderen Gesamteindruck führt. Dieses Vormuster, welches nur einen geringen Abstand zum Klagemuster 3 aufweist, führt jedoch zu einer Einengung des Schutzumfangs, so dass ihm kein weiter Schutzbereich zukommt.
2. Der Gesamteindruck des angegriffenen Produkts der Beklagten ist ein anderer als der des Klagemusters 3.
Bei dem Vergleich hat die Kammer – entgegen der Auffassung der Klägerin – das als Brause geformte Ende des Gießkannenrohrs so, wie es in der Designanmeldung dargestellt ist, mit einbezogen. Zwar führt die Klägerin aus, dass die Brause abnehmbar sei, weshalb diese nicht in den Vergleich mit einzubeziehen sei. Bei dem Vergleich ist jedoch das eingetragene Design heranzuziehen in seiner Gesamtheit. Der in der Darstellung mit dem Ausguss verbundene Aufsatz als Brause war daher als prägendes Merkmal miteinzubeziehen.
Diese beiden Muster weisen zahlreiche Unterschiede auf – Form des Gießrohrs, Haltegriff, Bügel, Form des Grundkörpers.
Zwar bestehen bei einzelnen Aspekten des Grundkörpers und des Bügels gewisse Übereinstimmungen. Eine identische Übernahme von einzelnen prägenden Merkmalen liegt jedoch nicht vor.
Der Gesamteindruck ist ein anderer. Das Klagemuster 3 zeichnet sich durch eine traditionelle, wuchtigmassige und schwer wirkende Gestaltung aus. Demgegenüber weist das Produkt der Beklagten einen weichen, gedrungenen und kompakten Eindruck auf.
Der eher bullige, feste Eindruck des Klagemusters 3 hinterlässt daher einen anderen Gesamteindruck als der klassische, weiche Eindruck des angegriffenen Produkts.
C.
Der Klägerin stehen auch keine Ansprüche aus wettbewerblichen ergänzenden Leistungsschutz wegen Nachahmung gemäß §§ 8 Abs. 1 und 3; 3, 4 Nr. 3 a, b UWG zu.
1. Grundsätzlich besteht – außerhalb der Sonderschutzrechte – im deutschen Recht Nachahmungsfreiheit. Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses durch einen Mitbewerber kann jedoch nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen.
Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH GRUR 2007, 795, Handtaschen).
2. Die Voraussetzungen für einen lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz liegen nicht vor.
Ob der Tatbestand des § 4 Nr. 3 UWG erfüllt ist, bedarf einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der einander widerstreitenden Interessen des Schöpfers der Leistung und des Nachahmers sowie der Interessen der Abnehmer und der Allgemeinheit (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rn. 3.69). Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Intensität der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung besteht. Die Anforderung an ein Merkmal hängen davon ab, in welchem Maße die anderen beiden Tatbestandsmerkmale verwirklich sind (ebda. m.w.N.).
2.1 Es liegt allenfalls eine nachschaffende Nachahmung für die „CanCan“-Gießkanne durch das Produkt der Beklagten vor.
2.1.1 Eine Nachahmung setzt voraus, dass das Produkt mit dem Originalprodukt übereinstimmt oder ihm so ähnlich ist, dass es sich in ihm wiedererkennen lässt, und dass das Originalprodukt dem Mitbewerber bei Herstellung seines Produkts bekannt war (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl. 2011, § 4, Rnr. 9.34). Bei der Nachahmung ist zu unterscheiden zwischen der identischen Nachahmung, bei der die fremde Leistung unverändert übernommen wird, der fast identischen Nachahmung, bei der die Nachahmung nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen vom Original aufweist, und der nachschaffenden Leistungsübernahme (der bloßen Annäherung an das Originalprodukt).
Die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse ist nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen. Dabei kommt es weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte an, weil der Verkehr diese erfahrungsgemäß nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden. Es müssen gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sein, die die wettbewerbliche Eigenart des Erzeugnisses ausmachen, für das Schutz beansprucht wird (BGH, Urteil vom 02. Dezember 2015 – I ZR 176/14 –, Rn. 47, juris m.w.N.).
2.1.2 Hier liegt weder eine identische noch eine nahezu identische Nachahmung vor. Letztere setzt voraus, dass die Nachahmung nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen vom Original aufweist (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 4 Rn. 3.36). Bei der Beurteilung ist auf die Sichtweise des durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, der die betroffenen Produkte nicht nebeneinander sieht und unmittelbar miteinander vergleicht, sondern auf Grund seiner Erinnerung in Beziehung zueinander setzt (Köhler, aaO, Rn. 3.37a).
Das Argument der Klageseite, die Beklagte übernehme das Design der Klägerin durch die Bewerbung ohne Griff, ist unbehelflich. Von einer grifflosen Gießkanne als angegriffenes Produkt ist nicht auszugehen. Soweit sich in einem der Prospekte nur die seitliche Darstellung der Gießkanne findet, bei der der Griff aufgrund des Sichtwinkels naturgemäß nicht zu sehen ist, war hierauf nicht abzustellen. Ein Griff war vielmehr zu erwarten, da das Produkt als Gießkanne bezeichnet wird und nur mit Griff dem herkömmlichen Bild und der Funktion einer Gießkanne entsprochen wird. Ein echtes Angebot einer grifflosen Gießkanne liegt daher nicht vor.
2.1.3 Bei dem Kriterium, wie intensiv die Nachahmung ist, ist allenfalls von einer nachschaffenden Leistungsübernahme auszugehen.
Zwar weisen die Produkte übereinstimmende Merkmale auf, die in der Erinnerung der Verbraucher haften bleiben: Die Gießkannenkonstruktion der Beklagten weist ebenso wie das klägerische Produkt die Gießkannenhälfte als Grundform und die Konstruktion eines zweidrahtigen Bügels aus. Diese Übereinstimmung wird verstärkt durch die Nutzung der Farbe Gelb, in der – neben anderen Farben – das klägerische Produkt „CanCan“ auch angeboten wird.
Allerdings bestehen auch aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers Unterschiede, die das Produkt der Klägerin abheben von dem der Beklagten:
Das prägende Gestaltungselement des halbkreisförmigen, an einem Ende schwebenden Griffs fehlt bei der Beklagten. Die Aufhängevorrichtung, die von der Linienführung anders geformt ist, ist unterschiedlich angebracht, nämlich einmal am Korpus und zum anderen an dem freien Haltegriff.
Auch die unterschiedlichen Proportionen – 20 cm x16 cm und 30 cm x 34 cm (vgl. Bl. 164 d.A.)- betonen, dass das klägerische Produkt hochaufgeschossen und elegant wirkt, das Produkt der Beklagten hingegen vermittelt einen kompakten und damit anderen Eindruck.
Die Unterschiede bei der Formgestaltung von Bügel und Griff sowie der Eindruck von eleganter Schlichtheit auf der einen Seite und weichem Pragmatismus auf der anderen Seite führen zu solch erheblichen Abweichungen beim Gesamteindruck, dass allenfalls von einer nachschaffenden Leistungsübernahme ausgegangen werden kann.
2.2 Eine Herkunftstäuschung kommt – unterstellt die bestrittene Bekanntheit des klägerischen „CanCan“ Produkts liegt vor – allenfalls im weiteren Sinn in Betracht, nämlich dahingehend, dass lizenzvertragliche Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen bestünden.
Auch wenn der Verbraucher übereinstimmende Merkmale der beiden Produkte in Erinnerung hat, wird er durch den unterschiedlichen Konstruktionsansatz für die Aufhängevorrichtung (am schwebenden Griff, immer sichtbar versus Korpus und wegklappbar) und den unterschiedlichen ästhetischen Eindruck nicht die Vorstellung haben, die Produkte seien vom selben Hersteller.
Gegen eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne spricht jedoch, dass die unterschiedlichen Hersteller auf den Erzeugnissen deutlich erkennbar sind. Dem steht nicht entgegen, dass man bei der Beklagten die Gießkanne umdrehen muss, um auf dem Boden die Herstellerangabe lesen zu können.
2.3. Das Produkt ist nicht als unlautere Nachahmung zu qualifizieren.
Bei einer Gesamtwürdigung einer allenfalls nachschaffenden Nachahmung und der weiteren Umstände zur Herkunftsbezeichnung, fällt die Abwägung zu Lasten der Klageseite aus. Durch den Abstand zur CanCan-Gießkanne ist von einer geringen Nachahmungsintensität auszugehen. Die Herstellerkennzeichnung dient der Kenntlichmachung der Unterscheidung. Auch bei Annahme einer hohen wettbewerblichen Eigenart, d.h. dass die konkrete Ausgestaltung der klägerischen Gießkanne die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheit hinweist, begründet die Ähnlichkeit bei den Produkten in der Gesamtabwägung nicht ein unlauteres Verhalten der Beklagten.
2.4 Die Beklagte nutzt auch nicht die Wertschätzung des klägerischen „CanCan“-Produkts unangemessen aus ober beeinträchtigt es gemäß § 4 Nr. 3 b UWG.
Die Unangemessenheit ist durch eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen des Herstellers des Originals und des Nachahmers sowie der Abnehmer und der Allgemeinheit festzustellen. Fehlt es an einer Herkunftstäuschung im Sinne des § 4 Nr. 3 a UWG, so müssen besondere Umstände hinzutreten, um die Unangemessenheit der Rufausbeutung zu begründen (Köhler, aaO, § 4 Nr. 3.51 a).
Solche besonderen Umstände hat die Klageseite nicht aufgezeigt.
Dies wäre dann der Fall, wenn die angesprochenen Verkehrskreise die Wertschätzung für das Original, also die Vorstellung von der Güte oder Qualität oder einem besonderen Image auf die Nachahmung übertragen. Eine solche Übertragung liegt jedoch aufgrund der gezeigten Unterschiede nicht vor. Auch die grifflose Bewerbung kann eine solche Übertragung nicht begründen, da diese Werbedarstellungen sich nur vereinzelt ohne gleichzeitige weitere Abbildungen finden und – selbst wenn sie im Einzelfall vorhanden sind - der Verbraucher durch die Bezeichnung als Gießkanne nicht von einem grifflosen aufhängbaren Halbeimer mit Gießrohr ausgehen wird, sondern ohne weiteres davon ausgeht, dass der Griff aufgrund des Blickwinkels nicht sichtbar ist.
Einer Unangemessenheit steht auch entgegen, dass die Beklagte ausgeführt hat, ihr Produkt sei hochwertiger verarbeitet. Zwar argumentiert die Klageseite bei der wettbewerblichen Eigenart ihrer CanCan – Gießkanne damit, dass ein schlichtes Design umso mehr auf die Herkunft hindeutet, wenn zugleich edle Materialien verwendet werden. Dies steht den Ausführungen der Beklagten zur Qualität ihres Produkts jedoch nicht entgegen. Auch die klägerisch zitierte Kritik an dem Beklagtenprodukt - die plempernde Ausgießfunktion bei zu voller Kanne und das schwere Gewicht – mindern die Qualitätsbehauptungen der Beklagten nicht.
Es fehlt daher jedenfalls an besonderen Umständen, die für einen lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz erforderlich sind.
E.
Auch die übrigen Folgeansprüche auf Schadensfeststellung, Auskunft, Vernichtung und Rückruf (Art. 89 Abs. 1 lit. d GGV i.V.m §§ 42, 43 I, II, 46 DesignG, § 242 BGB, §§ 8, 9 UWG) sind unbegründet, da die Beklagte mit dem Vertrieb ihrer aufhängbaren Gießkanne die Produkte der Klägerin nicht verletzt.
F.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.