Landgericht Landau in der Pfalz Urteil, 02. Feb. 2015 - 2 O 262/14
Gericht
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Vergütung aufgrund eines Heimvertrages für den Zeitraum von 1.2.2010 bis 31.1.2011.
- 2
Die Klägerin ist Trägerin der, einer zugelassenen Alten-und Pflegeeinrichtung. Der am 24.3.1941 geborene war ab dem 8.1.2010 bis zu seinem Tod am 7.2.2011 aufgrund eines zwischen ihm, vertreten durch seine Betreuerin, und der Klägerin geschlossenen Heimvertrages in der klägerischen Einrichtung wohnhaft; er war schwer pflegebedürftig und von der Pflegekasse der Pflegestufe 2 zugeordnet. Mit Bescheid vom 23.6.2011 (vergleiche Anlage K1) gewährte die Beklagte dem mit Wirkung ab dem 8.1.2010 Hilfe zur Pflege in einem Heim nach § 61 SGB XII als erweiterte Hilfe (§ 19 Abs. V SGB XII). In dem Bescheid ist unter anderem geregelt, dass der Hilfeempfänger aufgrund der Bestimmungen über den Einsatz des Einkommens und Vermögens verpflichtet sei, das einzusetzende Einkommen bzw. Vermögen in voller Höhe zur Deckung des aufgeführten Bedarfes einzusetzen. Dort heißt es u.a. weiterhin:
- 3
“Sie werden daher aufgefordert, die nachfolgend aufgeführten Beträge ab dem 1.2.2010 zur Deckung des aufgeführten Bedarfes einzusetzen:
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Leistungsempfänger:
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Art
Zeitraum
Betrag
Bemerkung
Altersrente
Ab 1.2.2010
1077,43
Anrechenbar
Hinterbliebenenrente
Ab 1.2.2010
254,70
Anrechenbar
Betriebsrente
Ab 1.2.2010
75,29
Anrechenbar
- 6
…„ (vergleiche Blatt 27 der Akte).
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Die Klägerin hatte einen Anteil der Entgelte in Höhe der mitgeteilten Renteneinkünfte dem Hilfeempfänger in Rechnung gestellt. Für den Zeitraum von 1.2.2010 bis 31.1.2011 ergab sich hieraus ein Betrag von 12 × 1407,37 € = 16.888,44 €. Hierauf erhielt die Klägerin seitens des Hilfeempfängers lediglich Zahlungen in Höhe von 11.102,98 €. Den Differenzbetrag in Höhe von 5785,46 € begehrt die Klägerin von der Beklagten. In diesem Umfang konnte der Bedarf durch den Hilfeempfänger zu Lebzeiten nicht gedeckt werden. Erben sind nicht vorhanden. Am Todestag war beim Hilfeempfänger lediglich ein Guthaben in Höhe von knapp 400 € vorhanden, welches von der Rentenversicherung beansprucht wurde. Der Bedarf kann auch nicht mehr nachträglich gedeckt werden, weder seitens der Erben, noch aus dem Nachlass. Die Klägerin wandte sich gemäß Schreiben vom 4.11.2014 (Anlage K4) an die Kreisverwaltung unter Verweis auf die Bewilligung von Sozialhilfe als erweiterter Hilfe und bat darum, nach dem Brutto-Prinzip zu verfahren und den Betrag von 5785,46 € nachzuzahlen. Die Kreisverwaltung lehnte mit Schreiben vom 11.11.2013 (Anlage K5) eine Zahlung ab.
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Die Klägerin trägt vor:
- 9
Die Beklagte sei der Klägerin gegenüber aus Schuldbeitritt zur Zahlung verpflichtet. Im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis im Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe im Bereich der stationären und teilstationären Leistungen gingen die Aufgaben der Sozialhilfeträger weit über das reine Reagieren auf individuelle Bedürftigkeit durch Gewährung von Geldleistungen hinaus; die gesetzlichen Regelungen statuierten vielmehr ein Sachleistungsprinzip in der Gestalt einer Sachleistungsverschaffung. Die Übernahme der Unterbringungskosten bedeute eine Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung in Form eines Schuldbeitritts. Dieser Schuldbeitritt führe zu einem unmittelbaren Zahlungsanspruch der Einrichtung gegen den Sozialhilfeträger. Der Sozialhilfeträger trete auf diese Weise als Gesamtschuldner in Höhe der bewilligten Leistungen an die Stelle des Sozialhilfeempfängers. Vorliegend bedeute dies laut der Bewilligung als erweiterte Hilfe nach § 19 Abs. 5 SGB XII einen Anspruch brutto in voller Höhe der sich aus den Vergütungsvereinbarungen ergebenden Heimentgelte ohne Abzug eines etwaigen seitens des hilfebedürftigen zu leistenden Kostenbeitrags. In Höhe des ungedeckten Entgeltanteils von 5785,46 € bleibe die Beklagte aus dem Schuldbeitritt zur Zahlung verpflichtet.
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Der Rechtsstreit ist gemäß Beschluss des Sozialgerichtes Speyer vom 8.9.2014 (Blatt 79 der Akte) an das Landgericht Landau in der Pfalz verwiesen worden. Die Beklagte war mit Verfügung des Einzelrichters des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 6.11.2014 (Blatt 95 der Akte) zur mündlichen Verhandlung vom 19.1.2015 ordnungsgemäß geladen worden; in der Ladungsverfügung ist auf den Anwaltszwang vor den Landgerichten hingewiesen worden. In der mündlichen Verhandlung vom 19.2.2015 war die Beklagte nicht anwaltlich vertreten. In diesem Termin wies das Gericht auch auf durchgreifende Zweifel im Hinblick auf die Schlüssigkeit der Klage hin und führte dies weiter aus.
- 11
Die Klägerin beantragt zuletzt,
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den Erlass eines Versäumnisurteils mit dem Inhalt, die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin für den Aufenthalt von 5785,46 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.2.2011 zu zahlen.
- 13
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 19.2.2015 (Blatt 99 ff der Akte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihr für die Pflege des Hilfeempfängers in dem streitgegenständlichen Zeitraum eine weitere Zahlung in Höhe von 5785,46 € leistet, insbesondere nicht aufgrund Schuldbeitritt.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Zahlungsanspruch nicht aus einem Schuldbeitritt des Beklagten im sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnis.
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Zwar ist in einem solchen Bescheid, wie er von dem Beklagten erlassen wurde, über die Bewilligung von Hilfe zur Pflege zugleich die Erklärung eines Schuldbeitritts des Sozialhilfeträgers zu den vom Hilfeempfänger gegenüber dem Träger der Pflegeeinrichtung aus dem zivilrechtlichen Heimvertrag geschuldeten Zahlungen zu erkennen; der Schuldbeitritt besteht aber nur in Höhe der dem Hilfeempfänger bewilligten Leistungen. Aufgrund des Schuldbeitritts stehen dem Einrichtungsträger deshalb nur Zahlungen in dem Umfang der gegenüber dem Hilfeempfänger bewilligten Hilfe zur Pflege zu (vergleiche hierzu Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 24.4.2014, L 1 SO 47/12, Rn. 28 und Urteil vom 18.2.2011, L 1 SO 33/09, Rn. 27 -jeweils nach Juris). Der Leistungserbringer, also der Träger der Pflegeeinrichtungen, erwirbt einen Zahlungsanspruch nur auf der Grundlage und im Umfang des im Grundverhältnis erklärten Schuldbeitritts (abgeleiteter bzw. akzessorischer Zahlungsanspruch); der Leistungserbringer erwirbt dieses Recht auf Zahlung erst durch den Schuldbeitritt selbst - weder hat der Leistungserbringer vor der Bewilligung eine entsprechende eigene Rechtsposition, noch kann er aus eigenem Recht vom Sozialhilfeträger mehr als das dem Hilfeempfänger im Grundverhältnis Bewilligte verlangen (vergleiche Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 24.9.2014, L 8 SO 26/14, Rn. 19 -nach Juris). Der Schuldbeitritt kann nur in Höhe der durch den Beklagten als Sozialhilfeträger dem Hilfeempfänger bewilligten Leistungen bestehen; vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid besitzt die Einrichtung nämlich überhaupt keinen Vergütungsanspruch gegen dem Sozialhilfeträger. Einen Anspruch auf die Übernahme des Heimentgelts gegenüber dem Sozialhilfeträger besitzt auch nur der Sozialhilfebedürftige (Grundverhältnis), nicht die Einrichtung selbst (vergleiche Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.2.2011, L 1 SO 33/09, Rn. 27 mit weiteren Nachweisen -nach Juris). Mithin hat die Klägerin im vorliegenden Fall aufgrund des Schuldbeitritts keine weitergehenden Zahlungsansprüche mehr. Die Bewilligung der Sozialhilfe war auf die das vorhandene Einkommen aus Renteneinkünften und Pflegeversicherungsleistungen übersteigenden Heimpflegekosten beschränkt. Die übersteigenden Heimpflegekosten im streitgegenständlichen Zeitraum hat der Beklagte aber auch nach dem Klägervortrag beglichen. Der sich aus dem Schuldbeitritt ergebende Zahlungsanspruch der Klägerin wurde damit erfüllt.
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Annotations
Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.