Landgericht Köln Urteil, 17. März 2016 - 91 O 41/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zur Vollstreckung gelangenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger erhebt Nichtigkeitsfeststellungs- und Anfechtungsklage.
3Herr X ist Gesellschafter der Beklagten und hielt einen Geschäftsanteil von 49 % des Stammkapitals. Der Kläger hielt zunächst einen Geschäftsanteil von 31 %, während sein Vater M, der Onkel des Herrn X, den restlichen Geschäftsanteil von 20 % inne hatte. Sowohl Herr X als auch der Kläger waren Geschäftsführer der Beklagten. Im Laufe des Jahres 2013 kam es zu einem Zerwürfnis zwischen Herrn X einerseits sowie dem Kläger und seinem Vater andererseits.
4Anlässlich einer Gesellschafterversammlung vom 06.09.2013 wurde beschlossen, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle. Zunächst hatte eine solche bestanden. Im Zuge von Verhandlungen über die Veräußerung des Unternehmens kam es jedoch zur Kündigung zweier Lebensversicherungen, die die Gesellschaft zur Absicherung zweier Pensionszusagen zu Gunsten der beiden Geschäftsführer geschlossen hatte. Trotz des Beschlusses der Gesellschafterversammlung, dass eine erneute Pensionszusage zu Gunsten des Klägers nicht erfolgen solle, schloss dieser mit der Beklagten, vertreten durch ihn selbst, am 28.11.2013 eine Vereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung i.H.v. 250.821,04 EUR bei Vollendung des 67. Lebensjahres. Der Zusage folgend nahm die Beklagte, wiederum vertreten durch den Kläger, den Abschluss eines entsprechenden Versicherungsvertrages vor und überwies den vereinbarten Einmalbetrag von 200.000 EUR an den Versicherer. Außerdem vereinnahmte der Kläger Leistungen zur Urlaubsabgeltung und als Weihnachtsgeld, obwohl sein Anstellungsvertrag vom 18.12.2009 derartige Leistungen nicht vorsah. Schließlich ließ sich der Kläger für private Zwecke ein Darlehen i.H.v. 180.000 EUR gewähren, wobei die Gesellschaft von Herrn M vertreten wurde.
5Nachdem Herr X hiervon Kenntnis erlangt hatte, verlangte er mit Schreiben vom 03.02.2014 die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zwecks Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und Einziehung seines Geschäftsanteils. Nachdem der Kläger dem nicht nachgekommen war, lud Herr X selbst mit Schreiben vom 25.02.2014 den Kläger und seinen Vater, der damals noch als Gesellschafter in die Gesellschafterliste eingetragen war, zu einer Gesellschafterversammlung am 07.03.2014. Kurz zuvor, nämlich am 05.03.2014, hatte Herr M seinem Sohn den Geschäftsanteil von 20 % übertragen. Die entsprechende Änderung der Gesellschafterliste wurde aber erst am 13.03.2014 eingetragen. In der Gesellschafterversammlung vom 07.03.2014, in der Herr X unter Bezugnahme auf § 9 des Gesellschaftsvertrages, wonach der Gesellschafter mit dem größten Geschäftsanteil die Versammlungsleitung übernehmen sollte, die Versammlung leitete, stellte er unter anderem die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund sowie die Einziehung seines Geschäftsanteils als auch die Einziehung des ausweislich der Gesellschafterliste noch Herrn M zustehenden Geschäftsanteils zur Abstimmung. Er stellte schließlich fest, dass der Abberufungsbeschluss zustande gekommen sei. Ferner stellte er fest, dass die Einziehung der Geschäftsanteile der beiden anderen Gesellschafter beschlossen sei.
6Die daraufhin vom Kläger erhobene Anfechtungsklage wies das Landgericht Köln (6. Kammer für Handelssachen, Urteil vom 25.09.2014 - 86 O 37/14) ab. In der Berufungsinstanz bestätigte das Oberlandesgericht mit Urteil vom 28.05.2015 (18 U 181/14) die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund. Zur Begründung führte der Senat im Anschluss an die Kammer aus, dass der Kläger Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung bezogen habe, ohne hierauf einen Anspruch gehabt zu haben. Ferner habe er sich selbst eine Pensionszusage erteilt und hierzu eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen, ohne hierzu berechtigt gewesen zu sein. Schließlich habe er sich ohne Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses selbst ein Darlehen von 180.000 EUR bewilligt. Diese Pflichtverletzungen seien schwer wiegend und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger künftig an die Grenzen seiner Befugnisse als Geschäftsführer halten werde, weshalb seine Abberufung als Geschäftsführer gerechtfertigt gewesen sei.
7Die Einziehung der beiden Geschäftsanteile des Klägers sei indessen nicht wirksam, weil die zwangsweise Einziehung eines Geschäftsanteils die ultima ratio darstelle. Zum Schutz des Herrn X genüge die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer.
8Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln ist nicht rechtskräftig, weil die Parteien des vorgenannten Rechtsstreits - der Kläger dieses Rechtsstreits sowie die hiesige Beklagte, vertreten durch Herrn X als Geschäftsführer – Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof eingelegt haben, über die noch nicht entschieden ist.
9In der zeitlichen Folge nach der Gesellschafterversammlung vom 07.03.2014 hat der Kläger ebenso wie sein Vater M wiederholt versucht, Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen, weshalb es zu mehreren Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz kam.
10Hier streitgegenständlich ist folgendes:
11Mit Schreiben vom 03.06.2015 forderte der Kläger die Geschäftsführung der Beklagten zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung auf. Gegenstand dieser Gesellschafterversammlung sollten unter anderem die Bestellung der Frau O als Geschäftsführerin, der Abschluss eines Beratungsvertrages mit ihm, der Abschluss eines Beratungsvertrages mit Herrn M nebst Aufhebung eines ihm gegenüber verhängten Hausverbotes und die Rücknahme einer diesbezüglichen einstweiligen Verfügung sein sowie Beschlussfassungen zur Gewinnverwendung. Unter dem 26.06.2015 teilte Herr X als Geschäftsführer mit, dass die Einladung zur ordentlichen Gesellschafterversammlung auf den Weg gebracht sei und die Tagesordnung auch die von dem Kläger gewünschten Beschlussgegenstände enthalte. Herr X teilte gleichzeitig mit, dass er an seiner Rechtsposition, wonach er einziger Gesellschafter der Beklagten sei, festhalte. Des ungeachtet lud der Kläger unter dem 26.06.2015 zu einer Gesellschafterversammlung auf den 07.07.2015 ein. Herr X selbst lud unter dem 26.06.2015 den Kläger zur ordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten auf den 28.07.2015 ein. Wegen der Tagesordnungen wird jeweils auf die Anlagen K5 und K6 verwiesen.
12Nachdem der Kläger sich weigerte, seine Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 07.07.2015 zurückzunehmen, erwirkte Herr X die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 01.07.2015, mit der dem Kläger die Durchführung einer Gesellschafterversammlung am 07.07.2015 untersagt wurde.
13Am 28.07.2015 fand um 10:00 Uhr in den Räumen der Beklagten die von Herrn X einberufene Gesellschafterversammlung statt. Hierin wurde die Beklagte durch Herrn X als Geschäftsführer vertreten. Als Rechtsberater hatte dieser für die Gesellschaft Herrn Rechtsanwalt Dr. C hinzugezogen. Herr X als Gesellschafter ließ sich in der Versammlung durch Rechtsanwalt P vertreten. Erschienen war außerdem der Kläger mit seinem Rechtsbeistand Rechtsanwalt K.
14Der Kläger nahm an dieser Gesellschafterversammlung teil und gab zu jedem einzelnen Tagesordnungspunkt seine Stimme ab. Ferner erklärte er zu jedem gefassten Beschluss Widerspruch zu Protokoll und überreichte schriftliche Stellungnahmen. Die Versammlung dauerte von 10:00 Uhr bis 10:17 Uhr. Über den Verlauf verhält sich das von Herrn X gefertigte Protokoll (Anlage K 7). Die in dieser Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse sind Gegenstand der vorliegenden Klage.
15Unmittelbar im Anschluss an die um 10:17 Uhr beendete Gesellschafterversammlung begann der Rechtsvertreter des Klägers eine weitere Gesellschafterversammlung abzuhalten. Im Rahmen dieser zweiten Gesellschafterversammlung fasste der Kläger Beschlüsse betreffend die Jahresabschlüsse 2013 und 2014 sowie zur Entlastung der Geschäftsführung. Ferner beschloss er die Beschränkung der Vertretungsmacht des Herrn X, die Bestellung der Frau O als Geschäftsführerin sowie den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit ihr sowie den Abschluss eines Beratervertrags mit ihm selbst sowie mit seinem Vater. Schließlich beschloss er, das Hausverbot gegen seinen Vater M aufzuheben und die diesbezügliche einstweilige Verfügung zurückzunehmen. Diese zweite „Gesellschafterversammlung“ ist Gegenstand des Rechtsstreits 91 O 43/15.
16Der Kläger ist der Auffassung, die anlässlich der ersten Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse seien nichtig oder anfechtbar. Herr X sei Minderheitsgesellschafter, während er 51 % der Geschäftsanteile halte. Er habe deshalb die Versammlungsleitung übernehmen müssen. Herrn X habe die Kompetenz zur Versammlungsleitung gefehlt. Dies führe zur Unwirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse. Zudem habe Herr X das Stimmrecht des Klägers übergangen. Auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2012 könne die Beklagte sich nicht berufen, denn das Oberlandesgericht Köln habe den Einziehungsbeschluss für nichtig erklärt. Abgesehen davon gelte diese Rechtsprechung nicht in der 2-Personen-GmbH.
17Der Kläger beantragt:
181. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 1 mit dem Inhalt: ''Der Jahresabschluss der S GmbH zum 31. Dezember 2013 wird nicht festgestellt.'' wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
192. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 2 mit dem Inhalt: "Für das Jahr 2013 wird ein Gewinn nicht ausgezahlt; der Gewinn wird thesauriert." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
203. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 3 mit dem Inhalt: "Der Geschäftsführung wird für das Jahr 2013 keine Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
214. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 4 mit dem Inhalt: "Der Jahresabschluss der S GmbH zum 31.Dezember 2014 wird nicht festgestellt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
225. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 5 mit dem Inhalt: " Es erfolgt keine Gewinnverwendung für das Geschäftsjahr 2014; der Gewinn wird thesauriert." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
236. 1. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 1 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer M1 wird für das Geschäftsjahr 2014 keine Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
247. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 2 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer H wird für das Geschäftsjahr 2014 Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
258. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 6 Ziffer 3 mit dem Inhalt: "Dem Geschäftsführer X wird für das Geschäftsjahr 2014 Entlastung erteilt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
269. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 7 mit dem Inhalt: "Es wird kein neuer Geschäftsführer bestellt." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
2710. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 8 mit dem Inhalt: "Es werden keine Beratungsverträge mit Herrn M1 und Herrn M abgeschlossen." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
2811. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagen vom 28.07.2015 (10.00 Uhr - 10.17) zu TOP 9 mit dem Inhalt: "Das Hausverbot gegen Herrn M, das durch das Urteil des Landgerichts Köln vom 26. September 2014, AZ: 82 O 71/14, ausgesprochen wurde, bleibt aufrechterhalten." wird für nichtig erklärt, hilfsweise dessen Nichtigkeit festgestellt.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Herr X sei derzeit der einzige Gesellschafter der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Beschluss hinsichtlich der Einziehung vom 07.03.2014 wirksam. Damit sei der Kläger so zu behandeln, als sei er aus der Gesellschaft ausgeschieden. Dementsprechend stünden ihm auch keine Stimmrechte mehr zu und dürfe er auch nicht Versammlungen leiten.
32Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen unkt
33Entscheidungsgründe
34Die Klage ist nicht begründet.
35Dem Kläger fehlt die Anfechtungsbefugnis. Dies führt zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BGH, Urteil vom 24.04.2006 – II ZR 30/05).
36Zu Recht beruft sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat in seinem Urteil vom 24.01.2012 (II ZR 109/11) entschieden, dass die Einziehung mit der Mitteilung des Einziehungsbeschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam wird, wenn der Beschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass in Rechtsprechung und Literatur streitig war, wann ein Einziehungsbeschluss wirksam wird. Teilweise wurde hierzu vertreten, dass die Einziehung unter der aufschiebenden Bedingung der Abfindungszahlung aus freiem Vermögen stehe. Andere vertraten die Auffassung, die Einziehung sei sofort wirksam. Letzterem hat der Bundesgerichtshof sich angeschlossen und ausgeführt, dass nach der gesetzlichen Regelung der Einziehungsbeschluss nicht unter der Bedingung stehe, dass das Einziehungsentgelt gezahlt werde. Die Schwebelage, die nach der Bedingungslösung entsteht, habe erhebliche Nachteile. Dem ausgeschiedenen Gesellschafter blieben nämlich während der Schwebezeit seine mitgliedschaftlichen Rechte grundsätzlich erhalten, obwohl es zumindest dann, wenn ein wichtiger Grund in seiner Person zur Einziehung geführt hat, der Gesellschaft und den verbleibenden Gesellschaftern gerade unzumutbar sei, dass er weiter in der Gesellschaft bleiben. Selbst wenn die mitgliedschaftlichen Rechte wie das Stimmrecht eingeschränkt würden, könnten die Unklarheiten der Ausübungsbeschränkungen eine stete Quelle neuen Streits sein. Insgesamt biete das dem Gesellschafter einen Anreiz, seinen Lästigkeitswert zu steigern und das Abfindungsverfahren in die Länge zu ziehen. Davor, dass sich die Vermögenslage der Gesellschaft verschlechtere und der Abfindungsanspruch gefährdet werde, biete auch die Bedingungslösung keinen Schutz. Den Interessen der Beteiligten, auch des ausgeschlossenen Gesellschafters, werde am besten dadurch Rechnung getragen, dass die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig haften, wenn sie nicht anderweitig dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden könne. Die Nachteile der weiteren Mitgliedschaft eines Störenfrieds würden bei der vom Bundesgerichtshof vertretenen Lösung weit gehend vermieden. Dem schließt die Kammer sich an.
37Damit ist der Kläger derzeit so zu behandeln, als wäre er nicht mehr Gesellschafter.
38Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass es sich bei der Beklagten um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt. Denn die vom Bundesgerichtshof herangezogene Begründung, nämlich dass nur die sofortige Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses die Nachteile der Bedingungslösung vermeide, gilt hier genauso.
39Es lässt sich auch nicht entgegenhalten, das Oberlandesgericht Köln habe in seinem Urteil vom 28.05.2015 – 18 U 181/14 – den Einziehungsbeschluss für nichtig erklärt. Dies trifft zwar zu, allerdings ist dieses Urteil nicht rechtskräftig. Dies bedeutet, dass der Schwebezustand, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu vermeiden ist, nach wie vor andauert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bundesgerichtshof zur Einziehung eine andere Auffassung als das Oberlandesgericht vertritt und das landgerichtliche Urteil, welches die Einziehung für wirksam erachtet hat, wieder herstellt. Ist der Schwebezustand damit noch nicht beseitigt, gelten die Erwägungen des Bundesgerichtshofs fort. Da der Einziehungsbeschluss auch nicht nichtig ist, ist mit der Rechtsprechung des BGH nach wie vor davon auszugehen sein, dass Herr Kläger seine Mitgliedschaftsrechte nicht wahrnehmen kann. Hierzu gehört auch die Anfechtungsbefugnis, die voraussetzt, dass der Anfechtungs- und Nichtigkeitskläger Gesellschafter ist.
40Selbst wenn man aber die Anfechtungsbefugnis des Klägers annehmen wollte, ist die Klage jedenfalls deshalb unbegründet, weil dem Kläger in den Gesellschafterversammlungen kein Stimmrecht zusteht und er auch nicht sonstige gesellschaftsrechtliche Rechte etwa aus dem Gesellschaftsvertrag wie die Leitung von Gesellschafterversammlungen wahrnehmen kann. Damit konnte der Kläger schon aus diesem Grund keine Gesellschafterversammlung der Beklagten durchführen, sprich diese leiten und Beschlüsse feststellen sowie in den Versammlungen sein Stimmrecht ausüben. Damit fiel die Versammlungsleitung Herrn X als verbliebenem Gesellschafter zu und hat dieser zu Recht die Stimmen des Klägers bei der Beschlussfeststellung nicht berücksichtigt.
41Auch § 16 Abs.1 GmbHG und die daraus folgende Legitimationswirkung der Gesellschafterliste führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Sähe man das anders, wäre wiederum der Schwebezustand, der zur Missbilligung der Bedingungslösung geführt hat, immer dann perpetuiert, wenn wie hier das Registergericht einen auf den Einziehungsbeschluss gestützten Antrag auf Änderung der Liste im Hinblick auf den noch anhängigen Anfechtungsprozess nicht bearbeitet, was bei ungeklärter Rechtslage der Regelfall sein wird. Dies stünde in Widerspruch zu dem Postulat der sofortigen Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses.
42Das Verfahren ist auch nicht auf den Antrag des Klägers auszusetzen bis zum Abschluss des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerden gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Köln. Hierzu besteht kein Anlass, weil die Entscheidungen über die Nichtzulassungsbeschwerden nicht vorgreiflich sind. Wollte man dies anders sehen und eine Aussetzung vornehmen, würde gerade der Schwebezustand, der durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 2012 verhindert werden soll, perpetuiert.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
44Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO
45Streitwert: 250.000,- €
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Annotations
(1) Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist. Eine vom Erwerber in Bezug auf das Gesellschaftsverhältnis vorgenommene Rechtshandlung gilt als von Anfang an wirksam, wenn die Liste unverzüglich nach Vornahme der Rechtshandlung in das Handelsregister aufgenommen wird.
(2) Für Einlageverpflichtungen, die in dem Zeitpunkt rückständig sind, ab dem der Erwerber gemäß Absatz 1 Satz 1 im Verhältnis zur Gesellschaft als Inhaber des Geschäftsanteils gilt, haftet der Erwerber neben dem Veräußerer.
(3) Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.