Landgericht Köln Urteil, 23. Sept. 2014 - 33 O 29/14
Gericht
Tenor
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird der Beklagte verurteilt, die Klägerin von den Kosten der Rechtsanwälte A für die Abmahnung gegen den Beklagten vom 2.12.2013 in Höhe von 413,90 € freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Parteien handeln auf der Internethandelsplattform Amazon mit Fahrrädern und Fahrradanhängern. Der Beklagte bot am 2.12.2013 ein Verdeck für einen Kinderfahrradanhänger der Marke "C" an.
3Die Klägerin mahnte den Beklagten ab, weil in dem Angebot widersprüchliche Angaben zur Verwendbarkeit des Verdecks gemacht worden seien. Einmal sei mitgeteilt worden, das das Verdeck für die Modelle des Jahres 2013 passe und einmal, dass es für alle C der Session 2010-212 anwendbar sei.
4Auf die Abmahnung hin verpflichtete sich der Beklagte im Rahmen einer notariellen Urkunde, das beanstandete Verhalten zu unterlassen und unterwarf sich gleichzeitig der sofortigen Zwangsvollstreckung.
5Die Klägerin ist der Ansicht, dass die notarielle Urkunde nicht geeignet gewesen sei, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Dazu sei es erforderlich, dass der Unterlassungsgläubiger die Urkunde mit Vollstreckungs- und Zustellklausel in Händen halte und dem Unterlassungsschuldner durch das Gericht 1. Instanz die gesetzlichen Ordnungsmittel angedroht worden seien und der Androhungsbeschluss zugestellt worden sei. Zwar habe der Beklagte ihr die Urkunde mit Vollstreckungsklausel zukommen lassen. Sanktionsmöglichkeiten seien jedoch erst eröffnet, wenn sie die Ausfertigung der Urkunde zunächst dem Beklagten durch Gerichtsvollzieher zustellen lasse und das Gericht die Androhung beschließe.
6Nachdem dem Beklagten am 21.5.2014 der Androhungsbeschluss des Amtsgericht Ingoldstadt 12 C 731/14 vom 16.5.2014 zugestellt worden ist, hat die Klägerin den auf Unterlassung gerichteten Antrag zu I) in der Hauptsache für erledigt erklärt.
7Sie beantragt nunmehr,
8I) festzustellen, dass der Antrag zu I) ursprünglich zulässig und begründet war und erst durch die Zustellung des Androhungsbeschlusses am 21.5.2014 unbegründet geworden ist,
9II) den Beklagten zu verurteilen, sie von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,90 € freizustellen.
10Der Beklagte hat sich der Erledigung nicht angeschlossen und beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er ist der Ansicht, dass die Wiederholungsgefahr nicht erst mit dem Bestehen einer Sanktionsmöglichkeit entfalle. Auch bei der Unterlassungserklärung fielen in einigen Fällen der Zeitpunkt, zu dem die Wiederholungsgefahr entfalle und dem, nach dem eine Sanktionsmöglichkeit gegeben sei, auseinander. Auch bei einer einstweiligen Verfügung setze die Sanktionsmöglichkeit erst ein, wenn die Verfügung vollzogen sei. Die Wiederholungsgefahr werde jedoch bereits mit Erlass ausgeräumt.
13Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Klage ist nur hinsichtlich der Abmahnkosten begründet, hinsichtlich der Feststellungsklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, jedenfalls unbegründet.
161. Nachdem die Klägerin bzgl. des Antrags zu I) einseitig den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, war zu prüfen, ob festgestellt werden kann, dass der Antrag ursprünglich zulässig und begründet war und nachträglich unzulässig oder unbegründet geworden ist.
17Der Antrag zu I) war von vornherein unzulässig und unbegründet.
18Mit der Zuleitung einer vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde mit dem Hinweis, dass eine Vollstreckung aus diesem Unterlassungstitel noch die gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln voraussetze, stellt der Schuldner den Gläubiger klaglos. Da er bereits im Besitz eines Titels ist, sind sowohl der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als auch die Hauptsacheklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014 Rn. 1.112d). Mangels Wiederholungsgefahr ist eine Unterlassungsklage jedenfalls auch unbegründet.
19Dass eine Vollstreckungslücke gegeben ist zwischen der Zuleitung der vollstreckbaren Ausfertigung der notariellen Urkunde und dem Entstehen einer Sanktionsmöglichkeit, führt zu keiner anderen Entscheidung. Denn auch in anderen Fällen fallen der Zeitpunkt des Wegfalls der Wiederholungsgefahr und der Zeitpunkt des Entstehens einer Sanktionsmöglichkeit auseinander.
20Die Wiederholungsgefahr liegt vor, wenn eine Wiederholung des wettbewerbswidrigen Verhaltens ernsthaft und greifbar zu besorgen ist (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 8 Rn. 1.32). Diese Gefahr liegt bei einem Schuldner, der eine ernsthafte und vollstreckungsfähige Unterlassungserklärung notariell beurkunden lässt und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, nicht vor.
21Eine vom Schuldner abgegebene einseitige strafbewehrte Unterlassungserklärung etwa, lässt, wenn sie ernsthaft ist und auch inhaltlich den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht, die Wiederholungsgefahr unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen. Ansprüche aus der strafbewehrten Unterlassungserklärung auf Zahlung einer Vertragsstrafe kann der Gläubiger aber grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses begangene Verstöße geltend machen (vgl. BGH Urteil vom 17.9.2019 - I ZR 217/07 - Testfundstelle - in juris). Damit können - wie auch im vorliegenden Fall - der Wegfall der Wiederholungsgefahr und der Zeitpunkt des Entstehens einer Sanktionsmöglichkeit auseinanderfallen, so dass trotz Wegfalls der Wiederholungsgefahr für den Gläubiger noch keine Sanktionsmöglichkeit besteht.
22Der Schuldner, der eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, zeigt den ernstlichen Willen, die Handlung nicht zu wiederholen. Es wird zur Unterlassungserklärung vertreten, dass vom Angebot schon ein abschreckendes Sanktionspotential ausgehe, da der Schuldner sein Angebot unbefristet abgegeben habe und er jeder Zeit damit rechnen müsse, dass der Gläubiger annimmt und dann Zuwiderhandlungen sanktioniert werden können (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 1.116 f.).
23Die vorliegende Situation ist vergleichbar, da sich der Beklagte neben der Unterlassungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Wenn der Gläubiger die notarielle Urkunde in Händen hält und nur noch der Androhungsbeschluss fehlt, muss der Schuldner jederzeit damit rechnen, dass der Gläubiger einen Androhungsbeschluss erwirkt, so dass von einer solchen notariellen Urkunde ein vergleichbares Abschreckungspotential ausgeht wie von einer noch nicht angenommenen Unterlassungserklärung.
24Auch bei einem Prozessvergleich muss für eine Sanktionsmöglichkeit neben dem Abschluss des Vergleichs ein Androhungsbeschluss erwirkt werden. Der Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes rechtfertigt kein Absehen vom Erfordernis einer richterlichen Ordnungsmittelandrohung. Für die Zeit bis zur Zustellung des Beschlusses mit der Ordnungsmittelandrohung sei zwar - so der Bundesgerichtshof für den dort zu entscheidenden Fall - keine Rechtschutzlücke entstanden, da bei einem Vergleich die Parteien eine Vertragsstrafe hätten vereinbaren können (vgl. BGH Beschluss vom 2.2.2012 I ZB 95/120 Rn. 9 - in juris). Dennoch hat es der Bundesgerichtshof in dem dort entschiedenen Fall, in dem gerade keine Vertragsstrafe vereinbart worden war, hingenommen, dass Wegfall der Wiederholungsgefahr und Sanktionsmöglichkeit zeitlich auseinanderfallen.
25Zum selben Ergebnis kommt auch das Oberlandesgericht Köln, wenn es in seinem Beschluss vom 26.3.2014 - I-6 W 43/14, 6 W 43/14 ausdrücklich ausführt, dass es unbedenklich sei, dass der abgemahnte Unterlassungsschuldner dem Abmahnenden durch seine Unterwerfung bei einem Notar seiner Wahl den Gerichtsstand für das Androhungsverfahren "aufzwingen" könne, zumal ihm damit die Möglichkeit einer - wegen Wegfalls der Wiederholungsgefahr durch die notariell beurkundete Unterwerfungserklärung allerdings erkennbar unbegründeten - Klage bei einem anderen nach § 14 Abs. 2 S. 1 UWG zuständigen Gericht nicht genommen werde.
26Gründe dafür, dass der Wegfall der Wiederholungsgefahr und das Bestehen einer Sanktionsmöglichkeit zwingend zeitlich zusammenfallen müssten, sind weder hinreichend vorgetragen noch sonst ersichtlich.
272. Die Kosten für die berechtigte Abmahnung vom 2.12.2013 sind begründet aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Sie waren auch der Höhe nach erforderlich. Der Ansatz einer 1,3 Gebühr bei einem Gegenstandswert von 5.000 € ist für eine irreführende Werbeaussage angemessen.
283. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
29Der Streitwert wird auf 1.000,00 Euro festgesetzt.
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(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.
(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Satz 2 gilt nicht für
- 1.
Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder - 2.
Rechtsstreitigkeiten, die von den nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten geltend gemacht werden,
(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte eines von ihnen als Gericht für Wettbewerbsstreitsachen zu bestimmen, wenn dies der Rechtspflege in Wettbewerbsstreitsachen dienlich ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.
(4) Abweichend von den Absätzen 1 bis 3 richtet sich die Zuständigkeit für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch nach § 9 Absatz 2 Satz 1 geltend gemacht wird, nach den allgemeinen Vorschriften.
(1) Zur Sicherung der in diesem Gesetz bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen auch ohne die Darlegung und Glaubhaftmachung der in den §§ 935 und 940 der Zivilprozessordnung bezeichneten Voraussetzungen erlassen werden.
(2) Ist auf Grund dieses Gesetzes Klage auf Unterlassung erhoben worden, so kann das Gericht der obsiegenden Partei die Befugnis zusprechen, das Urteil auf Kosten der unterliegenden Partei öffentlich bekannt zu machen, wenn sie ein berechtigtes Interesse dartut. Art und Umfang der Bekanntmachung werden im Urteil bestimmt. Die Befugnis erlischt, wenn von ihr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft Gebrauch gemacht worden ist. Der Ausspruch nach Satz 1 ist nicht vorläufig vollstreckbar.
(3) Macht eine Partei in Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird, glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Gericht auf ihren Antrag anordnen, dass die Verpflichtung dieser Partei zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepassten Teil des Streitwerts bemisst. Die Anordnung hat zur Folge, dass
- 1.
die begünstigte Partei die Gebühren ihres Rechtsanwalts ebenfalls nur nach diesem Teil des Streitwerts zu entrichten hat, - 2.
die begünstigte Partei, soweit ihr Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden oder soweit sie diese übernimmt, die von dem Gegner entrichteten Gerichtsgebühren und die Gebühren seines Rechtsanwalts nur nach dem Teil des Streitwerts zu erstatten hat und - 3.
der Rechtsanwalt der begünstigten Partei, soweit die außergerichtlichen Kosten dem Gegner auferlegt oder von ihm übernommen werden, seine Gebühren von dem Gegner nach dem für diesen geltenden Streitwert beitreiben kann.
(4) Der Antrag nach Absatz 3 kann vor der Geschäftsstelle des Gerichts zur Niederschrift erklärt werden. Er ist vor der Verhandlung zur Hauptsache anzubringen. Danach ist er nur zulässig, wenn der angenommene oder festgesetzte Streitwert später durch das Gericht heraufgesetzt wird. Vor der Entscheidung über den Antrag ist der Gegner zu hören.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.