Landgericht Köln Urteil, 10. Juni 2014 - 28 O 563/14
Gericht
Tenor
1. Die Beklagten zu 1) bis 3) werden verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
c) „Er soll sie geschlagen haben.“
wenn dies geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „Y1“ vom 6.3.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
2. Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des am 6.3.2011 auf „anonymY.de“ veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
3. Die Beklagten werden verurteilt, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils i.H.v. 275,08 EUR freizustellen.
4. Die Beklagten zu 1-3 tragen die Kosten des Rechtsstreits zu ¾ gesamtschuldnerisch; die Beklagte zu 4 trägt die Kosten des Rechtsstreits zu ¼ .
5. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. und 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1Der Kläger ist ein bekannter Wettermoderator, moderierte unter anderem die von ihm produzierte Sendung „Das Wetter im Ersten“ und hielt sein Privatleben stets vor der Öffentlichkeit verborgen. Ab Frühjahr 2010 wurde gegen ihn wegen des Verdachts der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von Frau E ermittelt. Vom 20.3.2010 bis zum 29.7.2010 befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim begann am 6.9.2010. Am 31.5.2011 wurde der Kläger vom Vorwurf der schweren Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil von E freigesprochen. Das Urteil ist seit dem 7.10.2011 rechtskräftig. Im Ermittlungs- und Strafverfahren stellte sich heraus, dass der Kläger gleichzeitig intime Beziehungen zu mehreren Frauen unterhalten hatte, ohne dass diese voneinander wussten. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe fanden in der Öffentlichkeit große Beachtung und waren Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen in verschiedenen Medien.
2Die Beklagte zu 1) verlegt unter anderem die Zeitung „Y1“. Der Beklagte zu 2) ist Redakteur dieser Zeitung, der Beklagte zu 3) Autor und Fotograf, die Beklagte zu 4) betreibt auf der Internetseite www.anonymY.de die Onlineausgabe der Zeitungen „BILD“ und „Y1“.
3Im Zuge der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Mannheim wurde die Zeugin Toini K am 15.2.2011 im Wege der Rechtshilfe in einem nicht öffentlichen Termin durch die Staatsanwaltschaft Zürich vernommen, an dem die Beteiligten des Strafverfahrens teilnahmen. Das Landgericht Mannheim verwertete deren Aussage später im Rahmen der Beweiswürdigung. Zu den Einzelheiten wird auf die Anlage B 22, S. 257 ff. des Strafurteils Bezug genommen.
4Am 6.3.2011 veröffentlichte die Beklagte zu 1) in der „Y1“ einen Artikel unter der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“, welcher von den Beklagten zu 2) und zu 3) verfasst wurde. In diesem Artikel heißt es unter anderem wie folgt:
5„Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.
6(…)
7Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
8In größerer Schrift zwischen den Text eingefügt wurde zudem die Aussage: „Er soll sie geschlagen haben.“
9Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K6 Bezug genommen.
10Am gleichen Tag veröffentliche die Beklagte zu 4) einen fast identischen Artikel auf www.anonymY.de, welcher lediglich die zusätzliche hervorgehobene Aussage „Er soll sie geschlagen haben.“ nicht enthielt.
11Vor dem Erscheinen kontaktierte der Beklagte zu 2) den Medienvertreter des Klägers, Prof. Dr. J telefonisch und setzte ihn über den geplanten Inhalt in Kenntnis. Dieser teilte mit, dass er zu den nicht öffentlich geäußerten Vorwürfen von Frau K nicht für den Kläger Stellung nehmen könne und wies darauf hin, dass eine Veröffentlichung wegen des Bezugs der Vorwürfe zum Sexualleben des Klägers unzulässig sei.
12Mit anwaltlichen Schreiben vom 9.3.2011 sowie 10.3.2011 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit zwei Beschlüssen vom 16.3.2011 – Az. 28 O 208/11 sowie 28 O 209/11 - hat die Kammer einstweilige Verfügungen erlassen, hinsichtlich deren Einzelheiten auf die Anlage K14 und K15 Bezug genommen wird.
13Der Kläger ist der Auffassung, dass die Berichterstattung über die Ausdrucksformen seiner Sexualität seine absolut geschützte Intimsphäre verletze. Insofern werde ein konkreter sadomasochistischer Sexualakt im Einzelnen wiedergegeben. Unabhängig davon liege auch ein doppelter Verstoß gegen die Grundsätze der Verdachtsberichterstattung vor. Im Hinblick auf den im Hauptverfahren erhobenen Vorwurf der schweren Vergewaltigung sei die Äußerung vorverurteilend und stigmatisierend, da bei den Lesern zwangsläufig ein „Aha-Effekt“ eintreten müsse. Zudem liege auch über die Vorfälle zwischen der Zeugin und dem Kläger eine unzulässige Verdachtsberichterstattung vor, da das beschriebene Verhalten den Straftatbestand der sexuellen Nötigung erfülle. Dabei liege schon kein Mindestbestand an Beweistatsachen vor, da die Informationen lediglich auf Hörensagen hinsichtlich der Aussage von Frau K in der nicht-öffentlichen Verhandlung beruhen. Schließlich sei auch keine ordnungsgemäße Anhörung erfolgt, da das – mit einer Drucksituation verbundene – telefonische Vorlesen des Artikels diese Voraussetzungen nicht erfülle.
14Der Kläger beantragt,
151. die Beklagten zu 1) bis 3) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
16a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
17b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
18c) „Er soll sie geschlagen haben.“
19wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des in der Zeitung „Y1“ vom 6.3.2011 veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
202. die Beklagten 4) zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen, in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder sonst zu verbreiten,
21a) „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sado-masochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“
22b) „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
23wenn dies jeweils geschieht wie im Rahmen des am 6.3.2011 auf „anonymY.de“ veröffentlichten Artikels mit der Überschrift „L und die gefährliche Zeugin“.
243. die Beklagten zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der J Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft für die außergerichtliche Rechtsverfolgung jeweils i.H.v. 275,08 EUR freizustellen.
25Die Beklagten beantragen,
26die Klage abzuweisen.
27Sie sind der Meinung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Passagen um wahrheitsgemäße Äußerungen im Rahmen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung handele. Die Aussagen der Zeugin K seien allesamt wahr und so auch wiedergegeben worden. Der Umstand der Ausübung von Gewalt im Rahmen sexueller Aktivitäten sei ein zentraler Punkt in dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren gewesen. Dort sei die ausgeprägte sadistische, demütigende und von einem absoluten Beherrschungs- und Unterwerfungsanspruch gekennzeichnete Einstellung des Klägers zu Frauen als mögliches Indiz für seine „Tatneigung“ im Zusammenhang mit einem Sexualverbrechen von Staatsanwaltschaft und Gericht angesehen worden – auch wenn diese nach den Urteilsgründen schließlich nur im Zusammenhang mit anderen Beweisen bzw. Indizien hätte Bedeutung erlangen können. Diese sadistischen Neigungen seien auch seit Monaten der Öffentlichkeit bekannt gewesen – durch die Medienöffentlichkeit auch bereits vor Beginn des Verfahrens – und schließlich durch die Verlesung des Protokolls der untersuchungsrichterlichen Vernehmung des Klägers v. 23.2.2010 in der Hauptverhandlung v. 13.9.2010 mit Zustimmung des Klägers allgemein bekannt geworden. Die in den streitgegenständlichen Artikeln wiedergegebenen Aussagen der Zeugin K hätten somit im Zusammenhang mit dem Strafvorwurf gestanden und seien deshalb auch im Urteil der Strafkammer festgehalten und als glaubhaft gewürdigt worden. Ihre Wiedergabe würde keine Vorverurteilung darstellen. Es lägen vielmehr keine gewichtigen Gründe vor, die Berichterstattung zu verbieten. Insofern seien alle Sachverhalte, die mit dem Strafvorwurf im weitesten Sinne im Zusammenhang stehen, zulässiger Berichtsgegenstand. Die Unschuldsvermutung schütze den Kläger nur vor Nachteilen, die Schuldspruch oder Strafe gleichkämen, ohne dass ihm in dem gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahren strafrechtliche Schuld nachgewiesen worden ist. Sie schließe dagegen nicht aus, dass eine Verdachtslage beschrieben und bewertet werde, was der Kläger als prominente Personen hinzunehmen habe, zumal die intimen Beziehungen des Klägers und sein Verhalten im Rahmen derselben Gegenstand des Ermittlungs- und Strafverfahrens gewesen seien, weshalb – so meinen die Beklagten – nicht seine Intimsphäre betroffen sei. Somit sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagten die Aussagen der Zeuginnen wahrheitsgemäß wiedergäben, selbst wenn damit der Kläger belastet werde.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe
30Die zulässige Klage ist begründet.
311.
32Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 1) – 3) einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2. Abs. 1, 1 Abs.1 GG hinsichtlich der Äußerungen „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sadomasochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“ sowie „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“ und „Er soll sie geschlagen haben.“
a) Die Beklagte zu 1) ist aufgrund ihrer Eigenschaft als Verlegerin der Zeitung„Y1“, die Beklagten zu 2) und zu 3) aufgrund ihrer Eigenschaft als Autoren des in der „Y1“ erschienenen streitgegenständlichen Artikels passivlegitimiert.
33b) Der Kläger wird durch die streitgegenständlichen Passagen in seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Denn in diesen wird eine mutmaßliche Aussage der Zeugin K (hier als Linda T. bezeichnet) so wiedergegeben, dass dezidiert sexuelle Handlungen beschrieben werden, welche zusätzlich in besonderem Maße durch die Anwendung von Gewalt und die Ohnmacht der Zeugin gekennzeichnet sind. Diese sind geeignet, sich negativ auf sein Bild auszuwirken, und eröffnen zugleich private Angelegenheiten dem öffentlichen Blick.
34c) Dieser Eingriff geschieht auch rechtswidrig. Bei dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen sogenannten offenen Tatbestand, d.h. die Rechtswidrigkeit ist nicht durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert, sondern im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles und Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit positiv festzustellen (Sprau in: Palandt, Kommentar zum BGB, 74. Auflage 2015, § 823 BGB, Rn. 95 m.w.N.). Stehen sich als widerstreitende Interessen – wie vorliegend – die Meinungs- bzw. Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG) gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äußerung maßgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäußerungen handelt. Eine Tatsachenbehauptung bezieht sich auf etwas Geschehenes oder einen gegenwärtigen Zustand und steht deshalb grundsätzlich dem Beweis offen, d.h. ihre Wahrheit oder Unwahrheit ist grundsätzlich mit den in der Prozessordnung vorgesehenen Beweismitteln überprüfbar. Werturteile sind demgegenüber durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens und Meinens geprägt und deshalb dem Beweis nicht zugänglich (BVerfG, NJW 2004, 354, 355).
35Unabdingbare Voraussetzung für eine zutreffende Einordnung einer Äußerung ist zunächst allerdings die zutreffende Ermittlung des Aussagegehalts. Dabei darf nicht isoliert auf den durch den Antrag herausgehobenen Text abgestellt werden. Vielmehr ist dieser Zusammenhang mit dem gesamten Aussagetext zu deuten. Hierbei ist auf den objektiven Sinn der Äußerung aus der Sicht eines unvoreingenommenen Durchschnittslesers abzustellen (vgl. BGH, NJW 1998, 3047). Maßgeblich für das Verständnis der Behauptung ist dabei weder die subjektive Sicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat (BVerfG, NJW 2006, 207).
36Danach gilt im vorliegenden Fall Folgendes: Sowohl hinsichtlich der Frage, ob die Zeugin K bei ihrer Vernehmung in der Schweiz die Vorgänge in der wiedergegebenen Weise geschildert hat, als auch hinsichtlich der Frage, ob ihre Aussagen den Tatsachen entsprochen haben, handelt es sich um dem Beweis zugängliche Umstände. Inwiefern diese der Wahrheit entsprechen, kann nach Auffassung der Kammer letztlich dahinstehen. Denn insofern sind die angegriffenen Äußerungen im konkreten Fall sowohl nach den Grundsätzen der Verdachtsberichtserstattung unzulässig als auch unter dem Gesichtspunkt einer aktuellen Gerichtsberichterstattung über die Beweisaufnahme und deren Inhalte.
37aa) Denn die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung hinsichtlich eines nicht in unmittelbaren Bezug zum gegen den Kläger geführten Hauptverfahren stehenden Verdachts einer (strafrechtlich relevanten) Überschreitung gegenüber der Zeugin K sind nicht erfülllt. Eine zulässige Verdachtsberichterstattung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2000, 1036, 1037 m.w.N.) voraus, dass ein Mindestbestand an Beweistatsachen gegeben ist, der für den Wahrheitsgehalt der Information spricht und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert" verleiht. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (BGH a. a. O.).
38Hier fehlt es bereits an einem Mindestbestand an Beweistatsachen, der es rechtfertigen würde, über den jeweils von der Zeugin K erhobenen Vorwurf zu berichten. Denn als Grundlage einer Verdachtsäußerung liegt hier lediglich die Aussage der Zeugin selbst vor. Der Beweisgehalt dieser Quelle ist zudem maßgeblich relativiert, da die Beklagten lediglich mittelbar durch eine weitere Quelle vom Hörensagen von den Ausführungen der Zeugin in der nicht öffentlichen Sitzung bei der Staatsanwaltschaft Zürich erfahren haben wollen. Dem gegenüber hat die Zeugin selbst über ihren Rechtsanwalt erklären lassen, sich nicht mehr weiter zu den Vorgängen zu äußern. Unabhängig davon lässt sich eine Verdachtsberichtserstattung über einen gravierenden Verstoß im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK nicht alleine auf die Aussage des jeweiligen Opfers stützen, sofern nicht weitere Beweistatsachen vorliegen, welche diese Aussage stützen. Die Unschuldsvermutung gebietet nämlich eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 93/12 –, juris). Daneben ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch die Medienberichterstattung bewirkt werden kann. Im Hinblick darauf kann bis zu einem erstinstanzlichen Freispruch oftmals das Recht auf Schutz der Persönlichkeit und Achtung des Privatlebens gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen (BGH, a.a.O.). Inwiefern die weiteren Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung, insbesondere die ordnungsgemäße Möglichkeit zur Stellungnahme, vorliegen, kann daher dahinstehen.
39bb) Die angegriffenen Äußerungen wären jedoch auch dann unzulässig, wenn man – worauf sich die Beklagten berufen - diese allein unter dem Gesichtspunkt einer Gerichtsberichterstattung über die Inhalte einer durchgeführten Zeugenvernehmung betrachten würde. Im Hinblick auf die später erfolgte – im Strafurteil dargelegte - Darstellung der Zeugenaussage durch das Landgericht Mannheim ist dabei bereits zweifelhaft, inwiefern die Aussagen von der Zeugin in der wiedergegebenen Form im Einzelnen tatsächlich so getätigt worden sind oder ob deren Äußerungen durch Umformulierungen in nicht unerheblicher Weise eine abweichende Tendenz gegeben worden ist. Selbst wenn man eine ordnungsgemäße Zitierung unterstellen würde, führt eine Abwägung der widerstreitenden Interessen insgesamt jedoch ebenfalls zur Unzulässigkeit der Wortberichterstattung.
40Im Rahmen der durchzuführenden Abwägung der entgegenstehenden Interessen ist zu berücksichtigen, dass die Medien über die Person des Verdächtigen nicht schrankenlos berichten dürfen. Vielmehr ist für jeden einzelnen Umstand aus dem persönlichen Lebensbereich, der Gegenstand der Medienberichterstattung ist, aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, ob das Schutzinteresse des Betroffenen das Interesse an einer Berichterstattung überwiegt. Entgegen der Ansicht der Beklagten folgt aus der Rechtsprechung damit nicht, dass im Rahmen einer grundsätzlich zulässigen Gerichtsberichterstattung alle Sachverhalte mitgeteilt werden könnten, die mit dem Strafvorwurf im weitesten Sinne im Zusammenhang stehen. Bei der Beurteilung des dem Persönlichkeitsrecht dabei zukommenden Gewichts ist - wie auch sonst bei der Medienberichterstattung über personenbezogene Umstände - von entscheidender Bedeutung, ob das Thema der Berichterstattung der Intimsphäre, der Privatsphäre oder der Sozialsphäre zuzuordnen ist (BGH, a.a.O.).
41Ob ein Sachverhalt dem Kernbereich höchstpersönlicher, privater Lebensgestaltung angehört, hängt davon ab, ob der Betroffene ihn geheim halten will, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist und in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder die Belange der Gemeinschaft berührt. Ob ein Vorgang die Intim- oder die Privatsphäre betrifft, hängt auch davon ab, in welchem Umfang Einzelheiten berichtet werden. Dem unantastbaren Kernbereich gehören grundsätzlich Ausdrucksformen der Sexualität an (vgl. BGH, a.a.O.). Vermeintliche – auch die Grenze zur Strafbarkeit nicht überschreitende - Übergriffe im Rahmen des Sexualverkehrs – damit auch die von der Zeugin K geschilderten Voränge - gehören jedoch, weil sie zumindest einen Übergriff in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung des vermeintlichen Opfers beinhalten, nicht der absolut geschützten Intimsphäre des Tatverdächtigen an, weshalb die berichteten Umstände nicht in den absolut geschützten Kernbereich des Persönlichkeitsrechts des Klägers fallen, sondern allenfalls in seine Privatsphäre.
42Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Informationsinteresse der Öffentlichkeit durch die prominente Stellung des Klägers erhöht ist. Diese kann ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an seinem Alltagsleben begründen, selbst wenn sich sein Verhalten weder in skandalösen noch in rechtlich oder sittlich zu beanstandenden Verhaltensweisen äußert. Wegen seiner Prominenz berührt das Verhalten des Klägers die Belange der Gemeinschaft noch stärker, wenn – wie hier - der Vorwurf der Begehung von gewalttätigen Übergriffen im Raum steht (vgl. BGH, a.a.O.).Dieses große Interesse der Öffentlichkeit an dem Strafverfahren und vor allem an der Hauptverhandlung gegen den prominenten und als Fernsehmoderator sehr bekannten Kläger spiegelte sich in der intensiven Berichterstattung in den Medien wider. Gleichwohl können sich die Beklagten nicht darauf berufen, dass auch anderen Medien über diese Umstände berichtet haben, da dieser Umstand keine Rechtfertigung für die in Rede stehenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellt, sondern die Intensität der einzelnen Verletzungshandlung allenfalls verringert.
43Da die Berichterstattung während eines laufenden Strafverfahrens erfolgte, ist zu Gunsten des Klägers zudem die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung zu berücksichtigen. Diese gebietet Zurückhaltung bei der Mitteilung von Einzelheiten aus dem privaten Lebensbereich, deren Kenntnis zur Befriedigung des berechtigten Informationsinteresses nicht zwingend erforderlich ist (vgl. BGH, a.a.O.). Dass die in Rede stehenden Äußerungen nicht die dem Kläger vorgeworfene Straftat selbst thematisieren, sondern hiervon zunächst unabhängige Vorwürfe im Rahmen des gegen ihn geführten Strafverfahren, steht der Berücksichtigung der Unschuldsvermutung bei der Abwägung nicht entgegen. Denn auch eine wahre Tatsachenbehauptung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussage geeignet ist, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine soziale Ausgrenzung und Isolierung zu werden droht (BGH, a.a.O.). Deshalb ist bei der Abwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er als Person mit gewalttätigen Neigungen dargestellt wird und dies seinem Ansehen in der Öffentlichkeit abträglich sein kann. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht garantiert grundsätzlich, die eigenen Ausdrucksformen der Sexualität für sich zu behalten und sie in einem dem Zugriff anderer entzogenen Freiraum zu erleben (vgl. BGH, a.a.O.).
44Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei einem Strafverfahren die Kenntnis des Inhalts der Zeugenaussage für die Beurteilung des weiteren Verfahrensverlaufs und das Verständnis der Beweiserhebungen sowie die Würdigung der Beweisergebnisse in der Hauptverhandlung von nicht so erheblicher Bedeutung ist, wie z.B. die Einlassung des Angeklagten. Gleichwohl wird man den seitens des jeweiligen Gerichts für erforderlich gehaltenen Zeugenaussagen – unabhängig davon, ob es sich um Belastungszeugen handelt oder nicht – eine gewisse Relevanz für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens grundsätzlich nicht absprechen können. Eine ausgewogene Prozessberichterstattung wird deshalb im Grundsatz kaum auf die Wiedergabe derselben verzichten können, um den Lesern den weiteren Verlauf des Strafverfahrens, z.B. die erneute Vernehmung eines Zeugen oder den derzeitigen Stand des Verfahrens nachvollziehbar darzustellen. Andererseits ist hier zu beachten, dass den Aussage der Zeugin K mangels Anwesenheit in der Tatnacht hinsichtlich der angeklagten Tat - anders als der Aussage der Zeugin E als mutmaßliches Tatopfer - für das konkrete Tatgeschehen keine Bedeutung zukam, weil kein enger Bezug zu dem eigentlichen Tatvorwurf bestand. Auch das Landgericht Mannheim hat der Aussage der Zeugin K nur eine theoretisch mögliche indizielle Wirkung im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln zugesprochen, welche sich schließlich auch nicht ergeben habe. Schließlich folgt nicht bereits aus dem Umstand, dass eine Zeugin ausgesagt hat, dass sämtliche Details aus ihrer Vernehmung von der Presse öffentlich verbreitet werden dürfen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Zeugin K hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen wurde. Insofern werden selbst von dem Grundsatz der „Saalöffentlichkeit“, auf welche sich die Medien auch nicht in jedem Fall berufen können, zum Schutze von Persönlichkeitsrechten Einschränkungen gemacht. Denn daraus, dass Zeugen im Rahmen eines Strafverfahrens vernommen werden und diese Aussagen vom Gericht im Urteil gewürdigt werden, folgt noch nicht, dass sämtliche Details dieser Aussagen unabhängig davon veröffentlicht werden dürfen, ob im konkreten Fall das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten oder der Zeugen selbst einer Wiedergabe der fraglichen Details entgegensteht. Eine solche Abwägung muss vielmehr für jedes wiedergegebene Detail der Aussage gesondert durchgeführt werden. Zwar ist die Aussage des vermeintlichen Tatopfers von zentraler Bedeutung für die Berichterstattung und für die öffentliche Meinungsbildung hinsichtlich eines möglichen Geschehensablaufs in der Tatnacht und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten. Für Aussagen von Zeugen, welche nicht zum eigentlichen Tatgeschehen vernommen werden, sondern denen – wenn überhaupt - allenfalls eine indizielle Bedeutung beigemessen werden kann, gilt dies jedoch nicht gleichermaßen. Insofern kann sich eine zentrale Bedeutung für die Berichterstattung und die öffentliche Meinungsbildung nur auf solche Angaben beziehen, die gerade den möglichen Geschehensablauf in der Tatnacht sowie die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Beteiligten zum Inhalt haben. Nicht in diesem Sinne von zentraler Bedeutung sind dagegen andere persönliche Umstände, die eine derartige Verbindung zum Tatgeschehen bzw. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit nicht aufweisen.
45Bei der Abwägung ist danach hier auch maßgeblich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall konkrete Details zur Aussage der Zeugin K in Bezug auf die sexuellen und mit Gewalt verbundenen Handlungen des Klägers wiedergegeben wurden. Damit wird schließlich – deren Wahrheit unterstellt - auch nach Auffassung der Zeugin ein konkreter sado-masochistischer Akt erläutert. Damit werden jedoch solche Details über das Sexualleben des Klägers an die Öffentlichkeit gebracht, welche in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem angeklagten Tatgeschehen standen. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der angeklagten Tat wird der Kläger zudem nicht nur als gewaltaffin, sondern auch als Wiederholungstäter dargestellt. Unter Berücksichtigung der für den Kläger auch hinsichtlich der von den Zeugin erhobenen Vorwürfe, die – soweit ersichtlich – nicht selbst zu weiteren Ermittlungen geführt haben, streitenden Unschuldsvermutung, der Preisgabe intimer Einzelheiten und des Umstandes, dass die Aussagen der Zeugin für das eigentliche Tatgeschehen keinerlei Bedeutung hatten, überwiegt nach Auffassung der Kammer aufgrund der mit der Berichterstattung einhergehenden Prangerwirkung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.
46d) Auch die Wiederholungsgefahr als materielle Anspruchsvoraussetzung des Unterlassungsanspruchs ist gegeben. Diese wurde bereits durch die Erstbegehung indiziert (Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, Kap. 12, Rn. 17 m.w.N.) und ist bislang nicht ausgeräumt. Mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung der Beklagten besteht sie weiterhin. Die der Berichterstattung nachfolgende Würdigung der Aussagen der Zeugin K im Urteil des Landgerichts Mannheim führt nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr. Dem steht das Urteil des BGH vom 19.03.2013 (VI ZR 93/12) nicht entgegen. Soweit der BGH in diesem Zusammenhang einen Wegfall der Wiederholungsgefahr angenommen hat, ging es um die Veröffentlichung von die Privatsphäre des Klägers berührenden Aussagen, die der Kläger in seiner ersten richterlichen Vernehmung im Ermittlungsverfahren getätigt hatte. Da diese Einlassung des Klägers die Geschehnisse in der vermeintlichen Tatnacht betraf und deshalb nach Auffassung des BGH unmittelbaren Tatbezug hatte, sei die Berichterstattung hierüber mit der Verlesung des Vernehmungsprotokolls in der öffentlichen Hauptverhandlung zulässig geworden, denn eine ausgewogene Prozessberichterstattung könne auf die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten kaum verzichten.
47Diese Situation ist vorliegend nicht gegeben, da bei den geschilderten Umständen – wie bereits dargestellt - der enge Tatbezug fehlt und die Aussagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden. Gerade der letztgenannte Umstand würde jedoch ad absurdum geführt, wenn über Aussagen, welche aus Gründen des Schutzes der Intim- bzw. Privatsphäre unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, zunächst aus den nämlichen Gründen nicht berichtet werden dürfte, dieser Schutz jedoch aufgehoben würde, wenn das jeweilige Gericht sich im Rahmen der Urteilsgründe mit der Zeugenaussage auseinandersetzt, respektive auseinandersetzen muss.
48Dass auch der BGH nicht generell davon ausgeht, dass jede Erörterung in der Hauptverhandlung bzw. im Urteil zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führt, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass der BGH in drei Fällen die Nichtzulassungsbeschwerden der jeweiligen Beklagten zurückgewiesen hat (BGH vom 19.03.2013, VI ZR 106/12, VI ZR 107/12, VI ZR 108/12). In den dort zugrunde liegenden Fällen ging es - insoweit dem vorliegenden Fall vergleichbar - ebenfalls um Berichterstattungen zu der Aussage einer früheren Freundin des Klägers. Die Vorinstanzen hatten jeweils die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Obschon es auch hier zu einer Würdigung der Aussage im Urteil des Landgerichts Mannheim gekommen war, hat der BGH dennoch die Nichtzulassungsbeschwerden zurückgewiesen.
492.
50Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 4) einen Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2. Abs. 1, 1 GG hinsichtlich der Äußerungen „Wenige Sekunden später soll L Linda T. an die Wand gedrückt, ihr das Oberteil ausgezogen haben. L habe sie am Hals gepackt und mehrmals geschlagen. Er soll sie dann über die Lehne der Couch gebeugt und eine sexuelle Handlung an ihr verübt haben, bei der er in ihren Körper eindrang, und die Linda T. als sadomasochistisch beschreibt. Er soll sie auch an den Haaren gezogen und am Arm gezerrt haben.“ sowie „Linda T. soll außerdem ausgesagt haben, sich an diesem Nachmittag nicht gegen L gewehrt zu haben. Gegenüber einem Vertrauten soll sie später gesagt haben, dass sie ruhig geblieben sei, um L nicht zu provozieren.“
51Die Passivlegitimation der Beklagten zu 4) ergibt sich aus ihrer Eigenschaft als Betreiberin der Internetseite www.anonymY.de. Hinsichtlich der Unzulässigkeit der Äußerung und der Wiederholungsgefahr wird auf die Ausführungen unter 1. mit der Maßgabe Bezug genommen, dass in dem auf anonymY.de veröffentlichten – ansonsten wortidentischen - Artikel die zusätzliche Einblendung der Aussage „Er soll sie geschlagen haben“ fehlte.
523.
53Soweit der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der betreffenden Äußerung hat, sind diese gemäß §§ 823, 249, 257 S. 1 BGB auch zur Freistellung des Klägers von den Anwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten verpflichtet.
54Die erstattungsfähigen Anwaltskosten berechnen sich daher im Hinblick auf die streitgegenständlichen zu unterlassende Äußerung nach einem Streitwert von 160.000,- EUR, so dass sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Ansatz der nicht anzurechnenden 0,65-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) nebst Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) ein Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 1.100,30 EUR, also jeweils 275,08 EUR ergibt.
554.
56Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 100, 709 ZPO.
575.
58Streitwert: 160.000 EUR
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(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.