Landgericht Köln Urteil, 04. Jan. 2016 - 26 O 191/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung dreier kapitalbildender Lebensversicherungen nach erklärtem Widerspruch.
3Den Abschluss zur Versicherung mit der Versicherungsnummer 40 597 386 1, vgl. Versicherungsschein Bl. 20 ff. GA, beantragte der Kläger mit Antrag vom 15.12.1999, Bl. 98 GA. Mit Policenbegleitschreiben vom 23.12.1999, Bl. 99 ff. GA, erhielt der Kläger den Versicherungsschein nebst Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen, Versicherungsbeginn war der 01.12.2001. Insgesamt zahlte der Kläger Prämien in Höhe von 24.475,98 Euro an die Beklagte.
4Die Unterlagen zur Versicherung mit der Versicherungsnummer 40 597 386 2, vgl. Versicherungsschein Bl. 32 ff. GA, erhielt der Kläger mit Policenbegleitschreiben vom 20.12.1999, Bl. 102 f. GA, nebst Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen, Versicherungsbeginn war der 01.12.1999. Insgesamt zahlte der Kläger Prämien in Höhe von 17.039,34 Euro an die Beklagte.
5Den Abschluss zur Versicherung mit der Versicherungsnummer 40 597 386 0, vgl. Versicherungsschein Bl. 43 ff. GA, beantragte der Kläger mit Antrag vom 15.12.1999, Bl. 98 GA. Mit Policenbegleitschreiben vom 23.12.1999, Bl. 99 ff. GA, erhielt der Kläger den Versicherungsschein nebst Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen, Versicherungsbeginn war der 01.12.1999. Insgesamt zahlte der Kläger Prämien in Höhe von 2.223,72 Euro an die Beklagte.
6Die Begleitschreiben enthalten jeweils in Fettdruck folgende Belehrung:
7Der Versicherungsvertrag gilt auf der Grundlage des Versicherungsscheines, insbesondere der Versicherungsbedingungen als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der Unterlagen schriftlich widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
8Im Jahr 2003 trat der Kläger die Ansprüche aus den Versicherungen mit den Endziffern 1 und 2 an die B-Bank ab.
9Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.04.2014, Bl. 55 GA, erklärte der Kläger den Widerspruch bezüglich aller streitgegenständlicher Verträge. Mit Schreiben vom 19.05.2014, Bl. 110 f. GA, lehnte die Beklagte entsprechende Ansprüche des Klägers ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.05.2014, Bl. 56 GA, erklärte der Kläger erneut den Widerspruch und zudem hilfsweise die Kündigung der Verträge. Die Beklagte akzeptierte lediglich die hilfsweise erklärte Kündigung und rechnete mit Schreiben vom 05.06.2014, Bl. 112 ff. GA, über die drei Verträge ab. Am 06.06.2014 zahlte sie an den Kläger Rückkaufswerte nebst Gewinnbeteiligung, Schlussgewinnbeteiligung und Beteiligung an den Bewertungsreserven 14.204,56 Euro, 16.871,79 Euro und 1.904,05 Euro aus.
10Der Kläger behauptet, ein wie von der Beklagten vorgelegt gestaltetes Policenbegleitschreiben nicht erhalten zu haben, dieses sei im Hinblick auf die Belehrung nachbearbeitet worden, da es sich offenkundig nicht zu den streitgegenständlichen Verträgen verhalte. Inhaltlich sei die Belehrung fehlerhaft, es fehle der Hinweis, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen möglich sei und auf die Rechtsfolgen werde ebenfalls nicht hingewiesen. Nutzungen habe die Beklagte in Höhe von 10.820,32 Euro, 9.081,03 Euro sowie 1.366,18 Euro gezogen.
11Er beantragt daher,
12die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.026,27 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen sowie
13die Beklagte zu verurteilen, an die Rechtschutz V GmbH zur Schadennummer ##### außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.659,75 Euro sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Klageerhebung zu zahlen sowie an den Kläger 150,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit Klageerhebung zu zahlen.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie verteidigt die Belehrung als ordnungsgemäß erteilt und beruft sich auf Verwirkung.
17Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Prämien nebst Nutzungen nicht nach § 812 BGB zu.
20Voraussetzung hierfür ist, dass die Versicherungsverträge nicht wirksam zustande gekommen wären, weil der erklärte Widerspruch wirksam ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, die abgeschlossenen Versicherungsverträge stellen den Rechtsgrund für die geleisteten Prämienzahlungen dar.
21Ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a.F. hat im Jahr 2014 nicht mehr bestanden, der Kläger ist mit Erhalt der Vertragsunterlagen ordnungsgemäß belehrt worden. Soweit er, was nicht vollständig klar ist, den Erhalt der Policenbegleitschreiben bestreiten will, begründet er dies allein mit vermeintlich nicht passender Daten. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat im Einklang mit den vorliegenden Unterlagen dargestellt, welches Begleitschreiben bezüglich welcher Versicherung versendet worden ist. Dass es im Schreiben vom 23.12.1999 (Anlage BLD 2) noch um eine weitere, nicht streitgegenständliche Versicherung im Rahmen des 3-Phasen-Modells geht, hat die Beklagte nie in Abrede gestellt oder anders behauptet. Aus den Vertragsunterlagen wird auch deutlich, dass es die von der Klägerseite behaupteten nicht passenden Daten nicht gibt. Wie bereits im Hinweis ausgeführt und von der Beklagten unbestritten bestätigt, hat der Kläger (was dieser im Übrigen ohnehin selbst hätte wissen müssen) in einem einheitlichen Antrag drei Versicherungen abgeschlossen, die zeitlich versetzt beginnen sollten (3-Phasen-Modell, vgl. Anlage BLD 2). Somit erklärt sich ohne weiteres auch, dass die Versicherung mit der Endziffer 1 zwar erst im Jahr 2001 beginnt, jedoch bereits ein Begleitschreiben vom 23.12.1999 datiert. Dies stimmt im Übrigen mit dem unstreitigen Antragsdatum ebenfalls bereits im Dezember 1999 überein.
22Da die von Klägerseite behaupteten vermeintlich unpassenden Daten de facto nicht vorliegen, wird dem darauf aufgebauten Verdacht der nachträglichen Bearbeitung dieser Schreiben die Grundlage entzogen.
23Die Belehrung selbst ist weder inhaltlich noch formal zu beanstanden. Sie ist in beiden Begleitschreiben als einziger Fließtext vollständig in einem eigenen Absatz in Fettdruck gehalten und hebt sich dadurch ausreichend drucktechnisch hervor. Sie kann schlechterdings in dem lediglich eineinhalb- bzw. zweieinhalbseitigen Schreiben nicht übersehen werden. Auch inhaltlich ist die Belehrung nicht zu beanstanden, sie benennt alle nach § 5a VVG a.F. erforderlichen Angaben. Weder muss darüber belehrt werden, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen möglich ist (vgl. BGH IV ZR 204/12) noch über die Rechtsfolgen des Widerspruchs (OLG Köln 20 U 133/11). Solche Belehrungserfordernisse enthält der Gesetzeswortlaut explizit nicht.
24Die Belehrung benennt auch hinreichend sämtliche Unterlagen, die vorliegen müssen, um die Frist in Gang zu setzen. Soweit der Kläger hierzu eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 29.07.2015, IV ZR 94/14) zitiert, betrifft diese nicht den hiesigen Fall. Dort war ausschließlich und abschließend der Versicherungsschein als maßgeblich in der Belehrung aufgeführt, dies ist hier nicht der Fall. Im Gegensatz hat der BGH nicht nur in der Entscheidung vom 16.09.2015, IV ZR 16/14, der der Beschluss vom 30.06.2015 sowie eine erstinstanzliche Entscheidung der hiesigen Kammer zugrunde liegt, eine wortlautidentische Belehrung der Beklagten für ausreichend erachtet. Denn bereits aus der Belehrung wird deutlich, dass es nicht allein auf den Versicherungsschein ankommt. In den Versicherungsscheinen selbst sind die maßgeblichen und beigefügten Unterlagen sämtlich aufgeführt und in Verbindung mit der Belehrung wird dem Versicherungsnehmer hinreichend klar, welche Unterlagen vorliegen müssen, um die Frist in Gang zu setzen.
25Auf eine etwaige Europarechtswidrigkeit des Policenmodells kommt es nicht an (BGH IV ZR 73/13, BVerfG 2 BvR 2437/14), da der Anspruch des ordnungsgemäß belehrten Klägers jedenfalls verwirkt ist. Zu der dogmatischen Begründung wird auf die soeben zitierte und insoweit vom BVerG unbeanstandete Entscheidung des BGH Bezug genommen. Angesichts der vom Kläger durchgeführten Vertragslaufzeit von ca. 14 Jahren, der anstandslosen Zahlung der Prämien und im Besonderen der Verwendung zweier Lebensversicherungen als Darlehenssicherung, womit überdeutlich wird, dass es dem Kläger auf den wirksamen Abschluss jedenfalls der Verträge mit den Endziffern 1 und 2 ankam, konnte die Beklagte mit Recht darauf vertrauen, dass der Kläger sich an seinen Vertragserklärungen festhalten lassen will.
26Ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten besteht bereits deshalb nicht, da der Kläger unmittelbar anwaltliche Hilfe in Anspruch nahm, bevor er den Widerspruch erklärt hatte, ein Bereicherungsanspruch somit bei Beauftragung noch gar nicht bestand und Verzug ohne Fälligkeit nicht möglich ist.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
28Streitwert: 32.026,27 Euro.
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(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.