Landgericht Köln Urteil, 08. Okt. 2015 - 22 O 396/14
Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag Nr. #####/#### infolge des Widerrufs der Kläger vom 28.08.2014 zum 03.09.2014 beendet ist.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien schlossen am 18.04.2007 einen Darlehensvertrag, Nr. #####/####, (Anlage K 1 im AH) über ein Nettodarlehenssumme von 330.000,- € und einer Gesamtsumme von 528.653,25 €. Es war ein Festzins von 4,75 % vereinbart. Eine Kündigung des Darlehensvertrags war erstmals mit Ablauf der Festzinsvereinbarung zum 30.01.2020 möglich. Das Darlehen diente der Ablösung eines Kredits, den die Kläger bei der F AG aufgenommen hatten, zum 28.02.2010. Mit dem abzulösenden Darlehen hatten die Kläger den Erwerb von fünf Eigentumswohnungen und fünf Tiefgaragenstellplätzen in der C-Straße in Hürth finanziert. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt. Diese enthält folgende Formulierung:
3„Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen² ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, Email) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält auch eine Internet-Adresse).
4D-Bank
5I-Straße, 50667 Köln
6####@##.##
7In der Fußnote Nr. 2 heißt es:
8„Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
9Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlage K 1 zur Akte gereichten Widerrufserklärung Bezug genommen.
10Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 28.08.2014 (Anlage K 2 im AH) den Widerruf der auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Erklärungen und stellten zukünftige Zahlungen unter den Vorbehalt der Rückforderung. Die Beklagte bestätigte den Eingang des Schreibens zum 03.09.2014 und wies den Widerruf mit Schreiben vom 26.09.2014 zurück (Anlage K 3, AH).
11Das Darlehen valutierte im Zeitpunkt der Einreichung der Klage noch auf 269.246,16 €.
12Die Kläger sind der Ansicht, der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei ein Verbraucherdarlehensvertrag; die ihnen erteilte Widerrufsbelehrung sei wegen der vorzitierten Fußnote fehlerhaft. Die Beklagte könne sich nicht auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen, da es sich um eine inhaltliche Bearbeitung der Musterwiderrufsbelehrung handele, die dem Darlehensnehmer eine eigenständige Prüfung der Widerrufsfrist abverlange. Im Übrigen entfalle die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV schon bei rein formalen Abweichungen. Zudem sei die Formulierung, die Widerrufsfrist beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ fehlerhaft.
13Die Kläger beantragen,
14festzustellen, dass der Darlehensvertrag Nr. #####/#### infolge ihres Widerrufs vom 28.08.2014 zum 03.09.2014 beendet ist.
15Die Beklagte beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht als Verbraucher gehandelt. Die Vermietung der mit dem Darlehen finanzierten Eigentumswohnungen und Tiefgaragenstellplätzen habe die Einrichtung einer unternehmerischen Organisation vorausgesetzt. Hilfsweise ist sie der Ansicht, die erteilte Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß, jedenfalls greife die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV. Im übrigen ist die Beklagte der Auffassung, der Widerruf sei treuwidrig, da die Kläger seit Abschluss des Vertrags über 7 Jahre lang den Vertrag erfüllt hätten und sie im übrigen – wie sich aus den „Besonderen Bedingungen“ gemäß Anlage 2 zum Darlehensvertrag ergebe – umfassend über die Folgen der Vereinbarung belehrt worden seien. Der Widerruf diene nur der Zinsspekulation, sie, die Beklagte, sei hingegen an den Refinanzierungsvertrag, den sie im Zusammenhang mit der Vergabe des Darlehens an die Kläger abgeschlossen habe, gebunden. Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten die Widerrufsbelehrung nicht missverstanden, sie seien durch den Darlehensvertrag auch nicht finanziell überfordert; sie meint, in diesem Fall fehle den Klägern ein schutzwürdiges Eigeninteresse an dem Widerruf.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20I.
21Die Klage ist nach Maßgabe des § 256 ZPO zulässig, da ein Feststellungsinteresse der Kläger besteht, nachdem die Beklagte vorprozessual in Abrede gestellt hat, dass die Kläger den Darlehensvertrag wirksam widerrufen haben. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Kläger haben den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 28.08.2014 wirksam widerrufen. Den Klägern stand gemäß §§ 495, 355 Abs. 1 BGB in der Fassung bis zum 10.06.2010 ein Widerrufsrecht zu, das zum Zeitpunkt der Erklärung noch nicht erloschen war.
221.
23Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der streitgegenständliche Vertrag als Verbraucherdarlehen einzuordnen.
24Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Eine gewerbliche Tätigkeit im vorgenannten Sinne ist eine planmäßige und auf Dauer angelegte wirtschaftliche Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb; zu den gewerblichen Betätigungen gehört daher nicht die Verwaltung eigenen Vermögens, die auch grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet wird, wenn es sich um die Anlage beträchtlichen Kapitals handelt. Die Aufnahme von Fremdmitteln kann insbesondere beim Immobilienerwerb zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehören und lässt daher nicht zwangsläufig auf ein Gewerbe schließen. Ausschlaggebendes Kriterium für die Abgrenzung der privaten von einer berufsmäßig betriebenen Vermögensverwaltung ist vielmehr der Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte. Erfordern diese einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation, liegt eine gewerbliche Betätigung vor (BGH, Urteil vom 23.10.2001, XI ZR 63/01, zitiert nach juris Rn. 23). Über die Zuordnung zum privaten oder unternehmerischen Bereich entscheidet nicht der innere Wille des Handelnden, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Inhalt des Rechtsgeschäfts, in die erforderlichenfalls Begleitumstände einzubeziehen sind (BGH, Urteil vom 15.11.2007, III ZR 295/06, zitiert nach juris Rn. 6; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 13 Rn. 4).
25Danach ist hier davon auszugehen, dass die Kläger den Darlehensvertrag als Verbraucher abgeschlossen haben. Der Erwerb der Eigentumswohnungen nebst Tiefgaragenstellplätzen ist als private Vermögensbildung anzusehen. Dementsprechend hat die Beklagte den streitgegenständlichen Darlehensvertrag bei Vertragsschluss als Verbrauchergeschäft eingeordnet, worauf auch die Vertragsüberschrift „für private Zwecke“ hindeutet und die Kläger dementsprechend über ein Widerrufsrecht belehrt. Anhaltspunkte, die für die Einordnung des Darlehensvertrags als Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit sprechen, ergeben sich insbesondere nicht aus der Anzahl der von den Klägern erworbenen Wohneinheiten und Tiefgaragenstellplätzen. Dass die Vermietung und Verwaltung allein von fünf Eigentumswohnungen die Einrichtung eines gewerblichen Geschäftsbetriebs verlangt, entspricht nicht der Erfahrungen der Kammer. Vielmehr ist die Vermietung von fünf Wohnungen – obschon sie zwangsläufig mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden ist - nachwievor als private Vermögensverwaltung einzuordnen.
262.
27Der Wirksamkeit des Widerrufs steht nicht der Ablauf der zweiwöchigen Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a. F. entgegen. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung hat die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen und war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung vom 28.08.2014 noch nicht abgelaufen.
28a)
29Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist daher gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil v. 17.10.2012, Az. 4 U 194/11). An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es im vorliegenden Fall, weshalb auch das Widerrufsrecht nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen ist. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die in der vorliegenden Vertragsurkunde enthaltende Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Frist unzureichend (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2011, XI ZR 349/10 zitiert nach juris Rn. 34; OLG Köln, Beschluss vom 21.05.2013, 13 U 219/12, zitiert nach juris Rn. 4).
30Durch die Verwendung des Begriffs "frühestens" wird der Verbraucher nach geltender Rechtsprechung (vgl. BGH a.a.O.) nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der verwendeten Formulierung zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.
31b)
32Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung entsprochen habe, und sie sich daher auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich nicht auf diese Gesetzesfiktion berufen, da sie gegenüber den Klägern kein Formular für die Widerrufsbelehrung verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in jeder Hinsicht entspricht. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10; BGH, Urteil v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11; BGH, Urteil v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
33Die verwendete Widerrufsbelehrung enthält zwei Fußnotenverweise ( „ zu 1 " sowie „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen 2 " [ ... ]), die in dem Mustertext nicht enthalten sind und damit eine Abweichung hiervon darstellen.
34Während die erste Fußnote lediglich vorgibt, das konkret betroffene Geschäft einzutragen, und damit lediglich eine formale Abweichung darstellen dürfte, handelt es sich bei der zweiten Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen") sowohl um eine formale Abweichung vom Mustertext als auch um eine inhaltliche, da die Ausführung als eine Aufforderung an den Kunden verstanden werden kann, die der Mustertext nicht vorsieht. Die Kammer hält bezüglich der Bewertung der zweiten Fußnote an ihrer bereits im Rechtsstreit 22 O 63/15 im Urteil vom 25.06.2015 geäußerten Rechtsansicht fest, dass es sich hierbei nicht um eine marginale Abweichung zum Mustertext handelt, da der Kunde den Eindruck gewinnen kann, er müsse den Fristbeginn selbständig prüfen. Dies führt ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten des Verbrauchers hinsichtlich des Fristbeginns (so auch: Brandenburgisches OLG a.a.O.). Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung kann daher nicht an die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpfen.
35Der in der Rechtsprechung teilweise verfolgten Gegenauffassung, wonach eine Abweichung vom Mustertext durch die eingefügten Fußnotenverweisungen nicht ersichtlich sei, da sich lediglich die Ziffern in dem Belehrungstext befänden, während der dazugehörige Text zum Einen unterhalb der Unterschrift des Darlehensnehmers stehe und diese sich zum Anderen erkennbar an den Sachbearbeiter der Bank wende (vgl. LG Berlin, BeckRS 2013, 07289, im Ergebnis unter Verneinung einer inhaltlichen Änderung ohne nähere Begründung: Schleswig Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.02.2015, 5 U 175/14 vorgelegt als Anlage B2, Bl. 46 ff. GA), schließt sich die Kammer nicht an.
36Fußnoten ist es immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, die im Druck-Layout aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Angesichts dessen bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Die teilweise angenommene Trennung (vgl. LG Berlin a.a.O.) ist lebensfremd und widerspricht dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote (ebenso: LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015, 10 O 131/14, zitiert nach juris)
37Die Kammer setzt sich mit der hier vertretenen Ansicht auch nicht in Widerspruch zu der von der Beklagten zur Akte gereichten Entscheidung des 13. Senats des OLG Köln vom 10.08.2015 (13 U 81/14). Der Senat hat in der vorzitierten Entscheidung die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV für eine Widerrufsbelehrung angenommen, obgleich darin nicht in der Musterwiderrufsbelehrung enthaltene Fußnoten verwendet wurden und zur Begründung ausgeführt, die Fußnoten seien gerade nicht Teil des Textes, sondern eindeutig davon getrennt und beträfen den Text inhaltlich nicht. Dieser Entscheidung ist nach Auffassung der Kammer indes nicht zu entnehmen, dass in die Widerrufsbelehrung eingefügte Fußnoten grundsätzlich nicht der Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entgegenstehen. Der Senat hat das Eingreifen der Fiktionswirkung trotz des Einfügens von Fußnoten neben der optischen Trennung des Fußnotentextes von der Belehrung weiter davon abhängig gemacht, dass die Fußnote die Belehrung inhaltlich nicht betrifft. Die vom Senat zu beurteilende Widerrufsbelehrung enthielt im Fußnotentext zum einen die Anweisung, das konkret betroffene Geschäft anzugeben, zum anderen den Hinweis, die Widerrufsbelehrung gelte nicht für Fernabsatzgeschäfte, wobei unstreitig kein Fernabsatzgeschäft vorlag. Die Feststellung des Senats, der Fußnotentext betreffe den Text der Widerrufsbelehrung „ersichtlich“ inhaltlich nicht, erfolgte mithin vor dem Hintergrund, dass der Fußnotentext sich auf einen Sachverhalt, Fernabsatzgeschäfte, bezog, der – aus der maßgeblichen Perspektive des durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher erkennbar – im konkreten Fall nicht vorlag und dem mithin bereits aus diesem Grund keine inhaltliche Relevanz für die Widerrufsbelehrung zukam. Demgegenüber kann die hier zu beurteilende zweite Fußnote – wie vorstehend bereits aufgezeigt – als eine inhaltliche Konkretisierung der Widerrufsbelehrung verstanden werden.
38Da nach den o.g. Ausführungen die Beklagte sich wegen der zweiten Fußnote nicht auf die Fiktionswirkung des § 14 BGB-InfoV berufen kann, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Abweichungen der Widerrufsbelehrung von der Musterwiderrufsbelehrung im Abschnitt „Finanzierte Geschäfte“ , dort Satz 2 und 3, ebenfalls das Eingreifen der Fiktionswirkung hindert (so OLG Köln, Urteil vom 23.01.2013, 13 U 218/11, zitiert nach juris Rn. 22; offen gelassen OLG Köln, Urteil vom 23.01.2013, 13 U 69/12, zitiert nach juris Rn. 30; anders offenbar OLG Köln, Beschluss vom 10.08.2015, 13 U 81/14).
393.
40Die Kläger haben ihr Widerrufsrechts nicht verwirkt, § 242 BGB.
41Ein Recht verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH NJW 2014, 1230).
42Zwar betrug der Zeitraum zwischen dem Aushändigen der Widerrufserklärung am 18.04.2007 bis zur Erklärung des Widerrufs mit Schreiben vom 28.08.2014 sieben Jahre und 4 Monate, so dass das für den Verwirkungseinwand erforderliche Zeitmoment erfüllt sein dürfte, allerdings fehlt es mangels Rückführung des Darlehens an dem sogenannten Umstandsmoment der Verwirkung (so auch OLG Köln, Beschluss vom 05.08.2013, 13 U 219/12, zitiert nach juris Rn. 10). Weitere Umstände, die den Verwirkungseinwand stützen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Beklagte ein schutzwürdiges Vertrauen bereits deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil sie die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie den Klägern keine ordnungsgemäße Widerrufserklärung erteilt hat (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2014, IV ZR 76/11, zitiert nach juris Rn. 39)
434.
44Entgegen der Ansicht der Beklagten, ist die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger auch nicht rechtsmissbräuchlich.
45Ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam, so weiß der Belehrte regelmäßig nicht, dass er den Vertrag gegebenenfalls noch widerrufen kann. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten desjenigen, der die Belehrung nicht bzw. nicht richtig erteilt hat, kann daher regelmäßig nicht entstehen (BGH, Urteil v. 12.12.2005, II ZR 327/04). So entschied der Bundesgerichtshof jüngst mit Urteil vom 07.05.2014 (IV ZR 76/11 zitiert nach juris Rn. 40) im Hinblick auf § 5a VVG a.F., dass die dortige Beklagte schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen könne, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt habe. Ist dem Belehrenden an Rechtssicherheit gelegen, so steht es ihm frei, durch die Nachholung der Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Palandt/Grüneberg, aaO., § 242 Rn. 107). Dies ist vorliegend nicht erfolgt.
46Die Beklagte hat danach durch ihr eigenes Verhalten – der Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung – den Klägern ein unbefristet bestehendes Widerrufsrecht eingeräumt. Sie kann sich daher ihrerseits nicht darauf berufen, es sei treuwidrig, dass die Kläger dieses Recht, das sie ihnen selbst eingeräumt hat, nunmehr in Anspruch nehmen und ausüben. Bei Ausübung seines Widerrufsrechts innerhalb der Widerrufsfrist hat der Darlehensnehmer weder ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, noch darzulegen, aus welchen Gründen er sein Widerrufsrecht ausübt, § 355 Abs.1 S. 4 BGB. Dieses Recht muss ihm auch dann zustehen, wenn er sein Widerrufsrecht mangels eines Fristablaufs zu einem späteren Zeitpunkt ausübt. Würde sich die Beklagte auf eine Treuwidrigkeit der Ausübung des durch ihr Verhalten ausgelösten unbefristeten Widerrufsrechts berufen können, würden die Kläger im Ergebnis so gestellt werden, als sei die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen und ein Widerrufsrecht nicht (mehr) gegeben. So würde die Belehrung gerade jene Wirkung ausüben, die ihr von Rechts wegen versagt ist und der bezweckte Verbraucherschutz hierdurch unterlaufen werden (vgl. hierzu: BGH Urteil v. 15.05.2014, III ZR 368/13, zitiert nach juris Rn. 40). Dass die Beklagte ihrerseits an im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag abgeschlossene Refinanzierungsgeschäfte gebunden ist, fällt in ihre Risikosphäre und kann eine Treuwidrigkeit des Verhaltens der Kläger nicht begründen.
47II.
48Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
49Streitwert: 215.396,60 € (80 % von 269.246,16 €)
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Annotations
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.