Landgericht Koblenz Beschluss, 02. März 2015 - 14 S 3/15
Gericht
Tenor
1.) Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass die Berufungskammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Cochem vom 15. Januar 2015 durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
2.) Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, zu den nachfolgenden gerichtlichen Hinweisen binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I.
- 1
Die zulässige Berufung des Klägers hat derzeit aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg. Einer Entscheidung des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO bedarf es nicht.
- 2
Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO)oder die nach § 529 ZPOzu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO). So liegt der Fall hier aber nicht.
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Der Kläger begehrt von dem Beklagten nach Aufhebung des Wildschadensvorbescheides der VG Kaisersesch die Zahlung von 1.700 €. Die Amtsrichterin hat nach einer Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Sie ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Wildschaden durch Schwarzwild in der Nacht vom 25. auf den 26. Oktober entstanden ist. Auch wenn der Kläger den Schaden am 26. November 2012 den Wildschaden bei der Verbandsgemeinde angemeldet hätte, scheide ein Ersatzanspruch aus, weil der Kläger nach § 43 Abs. 1 Satz 1 LJG nicht rechtzeitig angemeldet hat.
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Die Berufung bietet keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil ist richtig und entspricht dem Sach- und Streitstand zum Schluss der mündlichen Verhandlung.
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Nach zutreffender Ansicht führen aus Gründen der Prozessökonomie Mängel des Vorverfahrens nicht zur Unzulässigkeit der Klage (OLG Köln, Urteil vom 12.01.2006 - Az.: 7U10505). Zweck des Vorverfahrens nach dem LJG RLP ist es zum einen, den entstandenen Schaden festzuhalten, zum anderen durch einen gütlichen Ausgleich zwischen Beteiligten Gerichtsverfahren zu vermeiden.
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Die Klage ist allerdings unbegründet, denn der Kläger hat gegen den Beklagten auf Grundlage des von ihm vorgebrachten Lebenssachverhaltes keinen Anspruch auf Zahlung von 1.700,00 €. Nach dem Vortrag des Klägers hat er am 26.11.2012 eine Wildschadensmeldung abgegeben, nachdem er einen Tag vorher den Wildschaden zum ersten Mal bemerkt hat.
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Wie das Amtsgericht Cochem zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger jedoch weder einen Schaden schlüssig dargetan, noch kann nach dem Vorbringen des Klägers angenommen werden, dass er den nach seinem Vorbringen anzunehmenden Wildschaden innerhalb der Frist des § 43 Abs. 1 Satz 1 LJG angemeldet hat.
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Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass der Kläger nicht hinreichend substantiiert zu dem ihm entstandenen Schaden vorgetragen hat. Zwar weist der Kläger daraufhin, dass er bereits mit der Klageschrift einen Ertragsausfall von 15% hatte, wobei die geschädigte Fläche mit Weizen bestellt war und eine Größe von 6,31 ha hat.
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Dies genügt bei genauerer Betrachtung jedoch weder den zu stellenden Anforderungen an die substantiierte Darlegung der Beschädigung der durch Sauen beschädigten Einsaat noch des infolgedessen eingetretenen Vermögensschadens. Vielmehr ist zu fordern, dass der Kläger im Einzelnen zu Art und Ausmaß der von ihm festgestellten Beschädigungen des betroffenen Grundstücks zum Zeitpunkt der Schadensmeldung hätte vortragen müssen. So lässt sich nicht entnehmen in welchem Umfang das Feld in welches unstreitig Wildschweine eingedrungen sind und Schäden angerichtet haben, zu einem behaupteten Ernteausfall geführt haben. Der Schaden wurde vor der Ernte auch nicht ermittelt.
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Selbst wenn man annimmt, dass an die Darlegung eines Wildschadens wegen der Schwierigkeit seiner präzisen Feststellung keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen, fehlt es damit aber insgesamt an einem prüffähigen Vorbringen des Klägers zu dem ihm angeblich entstandenen Schaden.
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Dem Anspruch des Klägers steht zudem die Vorschrift des § 43 Abs. 1 S. 1 LJG entgegen, denn hiernach erlischt der Anspruch auf Ersatz von Wildschaden, wenn der Berechtigte den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beachtunggehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der für das beschädigte Grundstück zuständigen Behörde anmeldet.
- 12
Wenn der Kläger am 24. Oktober 2012 den Weizen eingesät hat, hat er bis zum 25. November 2012 sich nicht mehr um das Feld gekümmert.
- 13
Die Beweislast für die Einhaltung der Anmeldefrist trifft insoweit nach allgemeinen Grundsätzen wie bei anderen materiellen Ausschlussfristen den Geschädigten (BGH, Urteil vom 15.04.2010 - III ZR 216/09). Die gesetzlich vorgeschriebene Anmeldung bezieht sich nur auf den Schaden, von dem der Anspruchssteller in der Wochenfrist Kenntnis erhalten hat oder bei Erfüllung seiner Kontrollobliegenheit hätte erhalten können.
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Einen in der Praxis sehr häufigen Streitpunkt bildet die Bestimmung des richtigen Maßstabes der „gehörigen Sorgfalt“. Literatur und die Rechtsprechung der Amts- und Landgerichte zu § 34 BJagdG gehen allgemein davon aus, dass der Geschädigte von entstandenen Schäden bei Beachtung gehöriger Sorgfalt innerhalb einer Frist vonvier Wochen Kenntnis erhalten muss, wobei sich diese Frist je nach der örtlichen Wildschadenssituation bis auf eine Woche reduzieren kann.
- 15
Der BGH (Urt. vom 15. 4. 2010) betont dagegen, dass sich diesbezüglich keine starren Fristen festlegen lassen und überlässt es dem Tatrichter, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Schadensträchtigkeit der jeweiligen Felder, zu bestimmen, ob der Geschädigte die ihm obliegende Kontrollobliegenheit erfüllt hat. Er unterstreicht gleichzeitig, die Durchsetzung des gesetzlich vorgesehenen Ersatzanspruches dürfe nicht durch wirtschaftlich unvernünftige Kontrollvorgaben nahezu unmöglich gemacht werden.
- 16
Vernünftig erscheint es vor diesem Hintergrund, eine regelmäßige Kontrollobliegenheit überhaupt erst anzunehmen, wenn der Geschädigte aufgrund bereits aufgetretener Schadensfälle auf der entsprechenden Fläche bzw. in deren näheren Umgebung mit Wildschäden rechnen musste. Solange solche Schadensfälle über einen längeren Zeitpunkt nicht aufgetreten sind, haben Grundstückseigentümer und -nutzungsberechtigte keinen Anlass, ihre Flächen fortlaufend auf Wildschäden zu kontrollieren. Treten bei dieser Sachlage erstmals Wildschäden auf, können diese demnach im Regelfall nur anlässlich notwendiger Bewirtschaftungsmaßnahmen auf den entsprechenden Flächen entdeckt werden.
- 17
Bei kontinuierlich entstehenden Wildschäden in einem bestimmten Gebiet, zu bestimmten Jahreszeiten, liegt es dagegen im eigenen Interesse der dortigen Grundbesitzer, ihre Flächen innerhalb dieser Zeiten dahingehend zu überwachen, da drohende Beweisverluste allein zu ihren Lasten gehen. Insoweit kann auch eine regelmäßige Kontrollobliegenheit angenommen werden. Eine Verdichtung dieser Obliegenheit auf wöchentliche Kontrollen erscheint jedoch vor diesem Hintergrund, selbst in Extremsituationen, nicht geboten. Derart kurz bemessene Kontrollintervalle sind bei den heutzutage üblichen Betriebsgrößen kaum zu erfüllen und verbieten sich damit, vor allem im Hinblick auf die vom BGH aufgestellten Wirtschaftlichkeitserwägungen.
- 18
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht steht fest, dass das bewirtschaftete Feld „stark Wildschadensgefährdet“ ist (Zeuge J. Z.). Dies wurde von dem Kläger nicht bestritten. Zudem ist die Saat im Oktober ausgebracht worden. Von dem Kläger wäre daher zu erwarten gewesen, dass er dieses Feld, zumindest in der ersten Zeit nach der Einsaat in kürzeren Zeitabständen auf Wildschäden hin kontrolliert hätte. Wenn die Amtsrichterin hier eine Kontrollpflicht von mindestens allen vier Wochen für notwendig erachtet, folgt dem die Berufungskammer.
II.
- 19
Die Berufung des Klägers hat somit keine Aussicht auf Erfolg.
- 20
Der Kläger wird zu prüfen haben, ob er zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Berufung zurück nimmt.
- 21
Aus Kostengründen sollte dabei erwogen werden, dass bei einem nicht anfechtbarem Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO, die gleichen Gerichtsgebühren anfallen wie im Falle eines Urteils mit Begründung. Wird die Berufung vorher zurückgenommen, so ermäßigt sich die vierfache Verfahrensgebühr auf die Hälfte (§ 3 Abs. 2 GKG, Kostenverzeichnis Nr. 122 Nr. 1 a).
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Das Recht ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Der Anspruch auf Ersatz von Wild- oder Jagdschaden erlischt, wenn der Berechtigte den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, bei der für das beschädigte Grundstück zuständigen Behörde anmeldet. Bei Schaden an forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken genügt es, wenn er zweimal im Jahre, jeweils bis zum 1. Mai oder 1. Oktober, bei der zuständigen Behörde angemeldet wird. Die Anmeldung soll die als ersatzpflichtig in Anspruch genommene Person bezeichnen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.