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Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gemäß §§ 611 Abs. 1, 421 BGB ein Anspruch auf Zahlung von 719,24 EUR zu. Darüber hinaus schuldet die Beklagte gemäß §§ 284, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. gesetzliche Verzugszinsen ab 19.07.2000.
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Vorliegend steht allein die Vergütungspflicht der Beklagten für die von der Klägerin im Zeitraum von Anfang März bis Anfang April 2000 abgerechneten 0190-Verbindungen im Streit. Es handelt sich hierbei um 12 Verbindungen zu einem Tele-Info-Service 0190x, die nach dem Einzelverbindungsnachweis der Klägerin vom 17.04.2000 in der Zeitspanne vom 02.04.2000, 03:44 Uhr, und 04.04.2000, 10:20 Uhr, hergestellt worden sein sollen. Die Beklagte bestreitet letztlich nicht, dass die auf diese Verbindungen entfallenden Gebühren in technischer Hinsicht tatsächlich ihrem Telefonanschluss zuzurechnen sind. Sie stellt aber die
Vermutung
auf, dass es sich bei den im Einzelverbindungsnachweis vom 17.04.2000 ausgewiesenen und um die letzten drei Ziffern gekürzten 0190-Verbindungen um Dienstleistungen eines Telefonsexanbieters aus Guyana handele, wobei die Verbindungen
vermutlich
über ein sogenanntes
Selbstwahlsystem
(Dialer) über das Internet hergestellt worden seien. Die Beklagte vertritt daher die Auffassung, dass mangels wirksamen Vertragsschlusses zwischen ihr als Anschlussinhaberin und dem Mehrwertdiensteanbieter keine Vergütungspflicht für die abgerechneten 0190-Verbindungen bestehe. Es obliege der Klägerin, den erforderlichen wirksamen Vertragsabschluss zwischen dem 0190-Anbieter und der Beklagten nachzuweisen. Die von der Beklagten vorgebrachten Einwände berühren jedoch – wie nachfolgend näher aufzuzeigen ist – ihre auf § 611 Abs. 1 BGB gestützte Vergütungspflicht nicht.
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Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass im Streitfall mehrere Vertragsverhältnisse zu unterscheiden sind. Zum einen besteht zwischen den Parteien unstreitig ein Telefondienstvertrag, der die Klägerin verpflichtet, der Beklagten und ihrem Ehemann als Anschlussinhaber den Zugang zu ihrem Telefonnetz zu eröffnen sowie die Kommunikation mit anderen Teilnehmern zu ermöglichen, indem sie den Aufbau beliebiger abgehender und ankommender Verbindungen bewerkstelligt (vgl. hierzu BGH, NJW 2002, 361 ff.). Im Gegenzug haben die Beklagte und ihr Ehemann das vereinbarte Entgelt gemäß der für die jeweilige Telefondienstleistung maßgebenden Preisliste zu entrichten (vgl. BGH a. a. O.). Von diesem, allein die technische Nutzung des Telekommunikationsnetzes betreffenden Telefondienstvertrag ist bei einer Nutzung von 0190-Nummern-Verbindungen das rechtliche Verhältnis zwischen Anschlussinhaber und dem sogenannten Mehrwertdiensteanbieter über die eigentliche Dienstleistung (bsp. Telefonsex) zu unterscheiden (vgl. BGH a. a. O.). Allerdings wird die Abrechnung der auf unterschiedlichen Vertragsverhältnissen beruhenden Serviceleistungen einheitlich durch den Netzbetreiber vorgenommen. Grundlage für diese Abrechnungsweise ist § 15 Abs. 1 TKV (Telekommunikations-KundenschutzVO vom 11.12.1997 – BGBI I Seite 2910 ff.). Diese Bestimmung verpflichtet den Netzbetreiber – hier die Klägerin – eine Rechnung zu erstellen, die auch die Entgelte für die Verbindungen ausweist, die durch die Inanspruchnahme von Netzdienstleistungen anderer Anbieter entstehen. Außerdem ordnet die genannte Vorschrift zusätzlich die befreiende Wirkung einer Zahlung an den Rechnungssteller an. Zweck dieser Bestimmung ist es, dem Endkunden eine einheitliche Rechnung für alle von ihm genutzten Telekommunikationsleistungen zu verschaffen und ihn so davor zu schützen, eine Vielzahl von Rechnungen verschiedener Anbieter zu erhalten und im Einzelnen bezahlen zu müssen (vgl. etwa Hoffmann, ZIP, 2002, 1705, 1707 m. w. N.; Spindler, JZ 2002, 408). § 15 Abs. 1 TKV erfordert jedoch nicht, dass der Netzbetreiber in seiner Abrechnung die auf die verschiedenen Dienstleistungen entfallenden Entgeltanteile gesondert ausweist, vielmehr genügt die Angabe des Gesamtpreises (vgl. BGH a. a. O.). Die bei Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten berechnete Vergütung enthält damit sowohl die für die Bereitstellung der Netzverbindung geschuldeten Verbindungspreise als auch die für die Entgegennahme der Dienstleistungen des Mehrwertdiensteanbieters zu entrichtenden Entgelte (vgl. hierzu BGH a. a. O.).
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Angesichts dieser Abrechnungsweise stellt sich die Frage, ob die dem Anschlussinhaber vom Netzbetreiber für 0190-Verbindungen in Rechnung gestellten Gesamtentgelte aus- schließlich auf den zwischen dem Telefonkunden und dem Netzbetreiber bestehenden Telefondienstvertrag zu stützen sind oder ob es sich bei demjenigen Anteil des Gesamtpreises, der auf die Dienstleistung des Mehrwertdiensteanbieters entfällt, um eine Forderung handelt, die ausschließlich aus einem Vertragsverhältnis zwischen dem Anschlussinhaber und dem Mehrwertdiensteanbieter resultiert und vom Netzbetreiber daher als fremde Forderung geltend gemacht wird. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 22.11.2001 (NJW 2002, 361 ff.) und vom 16.05.2002 (unveröffentlicht AZ. III ZR 253/01) den zwischen Anschlussinhaber und Netzbetreiber bestehenden Telefondienstvertrag als alleinige Anspruchsgrundlage für die bei Anwahl von Mehrwertdiensten anfallenden Gesamtgebühren genügen lassen. Er hat die Auffassung vertreten, dass trotz der rechtlichen Selbstständigkeit der aufgezeigten Vertragsverhältnisse das – auf dem Telefondienstvertrag beruhende – Abrechnungsverhältnis des Netzbetreibers zum Anschlussinhaber – anders als bei herkömmlichen Inkassogeschäften – von der konkret in Anspruch genommenen Mehrwertdienstleistung gelöst sei (BGH, NJW 2002, 361 ff.). Grundlage der Rechnungsstellung soll damit offensichtlich nicht eine neben den Telefondienstvertrag tretende besondere Entgeltabrede zwischen Kunden und Mehrwertdienstleister sein, sondern vielmehr ausschließlich der zwischen Netzbetreiber und Anschlussinhaber bestehende (wertneutrale) Vertrag über die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen in Verbindung mit der jeweils geltenden Preisliste (so BGH a. a. O.; vgl. ferner Hoffmann, ZIP 2002, 1705, 1706; so wohl auch OLG Stuttgart, ZIP 1999, 1217; Hoffmann, ZIP 2002, 1705, 1706 m. w. N.; Klees CR 2003, 331, 332; Burg, Gimnich, DRiZ 2003, 381, 384). Der Bundesgerichtshof geht folglich davon aus, dass die auf die Dienstleistung des Mehrwertdiensteanbieters entfallenden Entgelte vom Netzanbieter nicht als fremde Forderung eingezogen werden, sondern lediglich kalkulatorisch in die Preisberechnung für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen durch den Endkunden mit einbezogen werden (so auch Burg/Gimnich, a. a. O.). Nach dieser Rechtsprechung wäre eine Vergütungspflicht des Kunden letztlich auch dann anzunehmen, wenn zwar kein rechtswirksamer Vertrag zwischen Endkunde und Mehrwertdienstleister zu Stande gekommen ist, aber die durch den automatischen Gebührenzähler dem betroffenen Telefonanschluss zugeordneten (0190)-Tarifeinheiten tatsächlich aufgrund eines über diesen Anschluss erfolgten Verbindungsaufbaus angefallen sind (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2002 – III ZR 253/01). Allerdings hat der Bundesgerichthof seine Rechtsprechung im Urteil vom 04.03.2004 – III ZR 96/03 – (noch nicht veröffentlicht) weiterentwickelt. Der Entscheidung lag ein Urteil des Kammergerichts vom 27.01.2003, MMR 2003, 399, zugrunde. Wie sich aus der Presseerklärung des Bundesgerichtshofes Nr. 27/2004 vom 05.03.2004 ergibt, bestimmt der Bundesgerichtshof zwar die Vergütungspflicht des Kunden wohl nach wie vor ausschließlich nach den zwischen dem Netzbetreiber und dem Anschlussinhaber bestehenden Rechtsbeziehungen. Weil diese vertraglichen Abreden regelmäßig aber keine ausdrückliche Bestimmung über die Zahlungspflicht eines Telefonkunden enthalten, wenn sich dieser oder ein berechtigter Nutzer unbemerkt und ohne Verschulden beim Surfen im Internet einen Dialer heruntergeladen haben, der verdeckt die Standardeinstellungen im DFÜ-Netz dahin verändert, dass die Verbindung fortan über eine teuere 0190-Mehrwertdienstenummer hergestellt wird, hat der Bundesgerichtshof insoweit eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen. Zur Ausfüllung der bestehenden Lücke hat er einerseits eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ... und anderseits den in § 16 Abs. 3 Satz 3 TKG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken herangezogen (vgl. Presseerklärung vom 05.03.2004). Die letztgenannte Bestimmung regelt den Grundsatz, dass einen Kunden keine Vergütungspflicht für eine Nutzung seines Anschlusses durch Dritte trifft, wenn er diese nicht zu vertreten hat. Angesichts dieser gesetzlichen Wertung und des bei der ... vorhandenen eigenen wirtschaftlichen Interesses an einer Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten hat der Bundesgerichtshof für den von ihm entschiedenen Fall einer verdeckten Dialereinwahl eine vertragliche Vergütungspflicht des Kunden verneint.
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Damit wählt der Bundesgerichtshof einen anderen Lösungsansatz als die wohl überwiegende Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum. Die Instanzgerichte und die Literatur ziehen als vertragliche Grundlage für die Zahlungspflicht eines Anschlussinhabers nicht die – gegebenenfalls im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermittelnden – Regelungen im Telefondienstvertrag zwischen
Kunden und Netzbetreiber
heran, sondern verlangen insoweit ein wirksames Vertragsverhältnis
zwischen Anschlussinhaber und Mehrwertdienstleister
(vgl. statt vieler LG Kiel, MMR 2003, 422 ff.; AG Freiburg, NJW 2002, 2959 ff.; AG Berlin-Wedding, MMR 2003, 802; Hoffmann a. a. O. m. w. N.; Spindler, a. a. O., S. 409 ff; differenzierend Klees, a. a. O. mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im Streitfall führen beide Ansätze zum gleichen Ergebnis. Denn auch die wohl derzeit herrschende Meinung unter den Instanzgerichten und im Schrifttum lehnt eine Zahlungspflicht des Anschlussinhabers ab, wenn die Verwendung einer Rufnummer eines Mehrwertdienstanbieters (beispielsweise einer 0190-Verbindung) vom Anschlussinhaber unbemerkt oder ungewollt durch die Selbsteinwahl eines sogenannten Dialers erfolgte (statt vieler vgl. LG Kiel, MMR 2003, 422 ff.; AG Freiburg, NJW 2002, 2959 ff.; AG Berlin-Wedding, MMR 2003, 802; vgl. ferner Hoffmann, ZIP 2002, 1709; differenzierend Klees, CR 2003, 334 ff.). Dies beruht darauf, dass die Instanzgerichte überwiegend eine Vergütungspflicht für die Inanspruchnahme von Mehrwertdiensten nur dann bejahen, wenn zwischen dem Anschlussinhaber und dem Anbieter von Mehrwertdiensten durch eine bewusste und gewollte Einwahl in die Netzverbindung und durch eine anschließende Entgegennahme des jeweiligen Anrufs ein Dienstleistungsvertrag gemäß § 611 Abs. 1 BGB zustande gekommen ist (vgl. etwa LG Kiel, MMR 2003, 422 ff.; AG Freiburg, MMR 2002, 634 ff. = NJW 2002, 2959 ff.; AG Bühl, MMR 2003, 801 ff.; AG Herborn, MMR 2003, 606 ff.; AG Berlin-Wedding, MMR 2003, 802; AG Donaueschingen, Urteil vom 22.05.2003 – 31 C 134/03; AG Freiburg, CR 2002, 898 ff.; Klees, CR 2003, 336, 333 m. w. N.; Hoffmann, ZIP 2002, 1705, 1709; aA. u. a. LG Mannheim, NJW- RR 2002, 995; AG Rastatt, Urteil vom 05.10.2001 – 2 C 285/01; AG Wiesbaden, Urteil vom 29.08.2000, 92 C 1328/00; ähnlich AG München, NJW 2002, 2960; AG Dillenburg, MMR 2003, 548; AG Torgau, MMR 2003, 759 ff.). Bei beiden Lösungsansätzen kommt es im Streitfall damit entscheidend darauf an, ob von einem Verbindungsaufbau durch eine unbemerkte Dialereinwahl ausgegangen werden kann. Hierfür ist jedoch – unabhängig davon, welchem Ansatz man folgt – die Beklagte darlegungsbelastet. Wie das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, lässt ihr Vortrag nicht hinreichend erkennen, dass ein solcher Missbrauchsfall tatsächlich vorliegt.
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Die Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass die von der Klägerin abgerechneten Verbindungen ihrem Telefonanschluss zuzurechnen sind. Sie hat lediglich die
Vermutung
geäußert, die Verbindungen seien durch die Selbsteinwahl eines sogenannten Dialers entstanden. Die Beklagte bestreitet damit nicht die Korrektheit der Gebührenerfassung als solche, sondern die Richtigkeit der angewandten 0190-Tarife (vgl. zu dieser Unterscheidung auch Hoffmann, Urteilsanmerkung, MMR, 1999, 482 ff.). Sie macht nämlich nicht geltend, es sei ein Softwareprogramm tätig geworden, das einen Verbindungsaufbau nur simuliert habe (vgl. zu diesem Gesichtspunkt AG Starnberg, NJW 2002, 3714). Vielmehr wendet sie ein, es seien zwar Verbindungen tatsächlich hergestellt worden, jedoch nicht auf ihre Veranlassung. Dies ist zwischen den Parteien jedoch streitig, so dass es auf die Frage ankommt, wem die Darlegungs- und gegebenenfalls die Beweislast hierfür aufzubürden ist.
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Mit dem Bundesgerichtshof ist davon auszugehen, dass die Bestimmung in § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV auch für die Fälle einer unbemerkten Dialereinwahl eine angemessene Risikoverteilung enthält (vgl. auch bereits Burg/Gimnich, DRiZ 2003, 381, 385). Dann ist aber dem Kunden die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzuerlegen, dass tatsächlich ein von ihm nicht zu vertretender Missbrauch in Form einer unbemerkten Dialerinstallation vorlag. Denn § 16 Abs. 3 Satz 3 TKV sieht eine Befreiung von der Vergütungspflicht nur dann vor, wenn
der Nachweis
erbracht ist, dass der Netzzugang in vom Kunden nicht zu vertretenden Umfang benutzt wurde oder
Tatsachen vorliegen,
die die Annahme
rechtfertigen,
dass die Höhe der Verbindungsentgelte auf Manipulationen Dritter an öffentlichen Telekommunikationsnetzen zurückzuführen ist. Die in § 16 Abs. 3 Satz TKV zum Ausdruck gekommene Verteilung der Risikosphären trägt auch den tatsächlichen Gegebenheiten Rechnung. Denn ein verdeckter bzw. unbewusster Verbindungsaufbau durch einen Dialer setzt regelmäßig ein Nutzungsverhalten voraus, das die Installation eines solchen Computerprogramms ermöglicht oder erleichtert. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die häufigsten Fälle einer Dialer-Einwahl vor Augen hält. Bei Einsatz eines sogenannten Auto Dialers, der keinen bewussten Download durch einen Internet-Nutzer erfordert, erfolgt die Installation durch das Öffnen einer entsprechenden Internetseite (vgl. hierzu instruktiv Klees, CR 2003, 334). In den Fällen eines erschlichenen Downloads eines 0190-Dialers verfügt der Internetnutzer sogar aufgrund eines willentlich veranlassten Downloads regelmäßig über das Bewusstsein rechtsgeschäftlich tätig zu werden (Klees, a. a. O.). Auch soweit ein Nutzer schließlich bewusst einen 0190-Dialer in voller Kenntnis der Kostenfolge heruntergeladen, jedoch nicht bemerkt hat, dass sich der Dialer ohne weitere Hinweise als (künftige) Standardverbindung in das DFÜ-Netzwerk des Nutzers eingetragen hat (vgl. auch hierzu Klees, a. a. O. sowie die Fallgestaltung im Urteil des BGH vom 04.03.2004 – II ZR 96/03), ist ebenfalls der Installation des Dialers ein entsprechendes Nutzungsverhalten vorausgegangen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass es letztlich auch von den Schutzvorkehrungen des Kunden (Virenschutzsoftware, Dialerblocker) abhängt, ob die unbemerkte Installation eines Dialers ermöglicht oder jedenfalls erleichtert wird. Angesichts dieser ausschließlich in der Sphäre des Telefonkunden bzw. des Internetnutzers liegenden Umstände ist – in Anwendung des Rechtsgedanken des § 16 Abs. 3 TKV – dem Kunden die
originäre
Darlegungslast dafür aufzuerlegen, dass der Verbindungsaufbau nicht auf einem willentlichen Entschluss des Anschlussnutzers, sondern auf einer unbemerkten Dialereinwahl beruhte.
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Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man mit der überwiegenden Anzahl der Instanzgerichte die
originäre
Darlegungslast dafür, dass der Verbindungsaufbau zu einem Mehrwertdiensteanbieter auf einem willentlichen Verhalten des Anschlussinhabers oder jedenfalls eines ihm zuzurechnenden Dritten beruht, dem das Entgelt einziehenden Telekommunikationsunternehmen auferlegt (vgl. hierzu etwa LG Kiel, MMR 2003, 422; AG Berlin-Wedding, MMR 2003, 802; AG Gelsenkirchen, MMR 2003, 802; AG Donaueschingen, Urteil vom 22.05.2003 – 31 C 184/03 sowie – nur die Beweislastfrage betreffend: LG Kiel, Urteil vom 09.01.2003 – 11 O 433/02; LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 27.03.2003 – 11 S 8162/02; vgl. ferner auch OLG Köln, Urteil vom 06.09.2002 – 19 O 16/02 – zur Frage der Beweislastverteilung bei Vertragsschlüssen im Rahmen einer Online- Auktion; aA LG Mönchengladbach, Urteil vom 12.12.2003 – 2 S 116/03; LG Frankfurt (oder), Urteil vom 14.12.2001 – 6 (b) S 76/01; AG Bühl, MMR 2003, 801; AG Herborn, MMR 2003, 606; vgl. ferner LG Mannheim, NJW-RR 2002, 995 ff; AG München, NJW 2002, 2960; AG Rastatt, Urteil vom 05.10.2001 – 2 C 285/01; AG Dillenburg, Urteil vom 13.09.2002 – 5 C 286/02; AG Wiesbaden, Urteil vom 29.08.2000 – 92 C 1328/00). Denn nach Auffassung der Kammer trägt die Beklagte unabhängig davon, welcher Vertragspartei (Endkunde oder Netzbetreiber) man die
primäre
Darlegungslast für ein vom Nutzer gewolltes Zustandekommen der Verbindungen aufbürdet, jedenfalls
sekundär
die Darlegungslast dafür, dass kein ihr zuzurechnendes Einwahlverhalten vorliegt. Nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur sekundären Darlegungslast hat sich nämlich in bestimmten Fällen auch eine ursprünglich nicht darlegungsbelastete Gegenpartei im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht substantiiert zu – möglicherweise weniger konkreten – Behauptungen der darlegungs- und beweispflichtigen Partei zu äußern. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die maßgeblichen Vorgänge in ihrem Wahrnehmungsbereich abgespielt haben und es ihr zumutbar ist, dazu nähere Angaben zu machen (vgl. etwa BGH, NJW 1999, 714 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung). So liegen die Dinge hier. Die Selbsteinwahl eines Dialers hängt – wie bereits aufgezeigt – entscheidend vom Nutzerverhalten und dessen Schutzvorkehrungen ab.
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Diesen Anforderungen an die ihr obliegende Darlegungslast hat Beklagte nicht genügt. Die Klägerin hat durch Vorlage eines Einzelverbindungsnachweises offengelegt, zu welchen Zeiten und in welchem Umfang entsprechende 0190-Verbindungen erfolgt sein sollen. Die Beklagte hat – worauf das Amtsgericht bereits eingehend hingewiesen hat – keine konkreten Angaben über die Nutzung ihres Telefonanschlusses im Zeitraum vom 02.04.2000 bis 04.04.2000 gemacht. Sie hat weder angegeben, ob und zu welchen Zeitpunkt Telefonate geführt wurden, noch ob und durch wen Internetnutzungen erfolgt sind. Vielmehr hat sie nur die
unbestätigte Vermutung
aufgestellt, die Verbindungen – vermutlich handle es sich um einen Sexanbieter aus Guyana – seien durch die Selbsteinwahl eines Dialers erfolgt. Dabei hat sie keine konkreten Hinweise dafür vorgetragen, welches frühere Nutzungsverhalten die Selbsteinwahl eines Dialers ermöglicht haben soll, sondern nur darauf verwiesen, die in der Rechnung ausgewiesenen Verbindungszeiten und die aus dem Rahmen fallende Höhe der Telefonrechnung ließen nur den Schluss auf eine selbsttätige Dialereinwahl zu. Dies ist jedoch keineswegs zwingend, insbesondere kann ein Nutzerverhalten jederzeit geändert werden. Die Beklagte hat sich offensichtlich nicht veranlasst gesehen, den angeschlossenen Computer dahin zu untersuchen, ob Eintragungen vorhanden sind oder waren, die Rückschlüsse auf eine entsprechende Dialer-Selbsteinwahl ermöglichen. Nähere Angaben zu den aufgeführten Gesichtspunkten sind von der Beklagten auch unter Berücksichtigung des Umstands zu verlangen, dass die Klägerin in dem vorgelegten Einzelverbindungsnachweis die 0190-Verbindungen nur unter Streichung der letzten drei Ziffern angegeben hat (vgl. § 6 Abs. 3, Abs. 4 Telekommunikationsdienstunternehmen-Datenschutzverordnung (TDSV) vom 07.06.1996). Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Regelung auch Bedeutung für die Darlegungs- und die Beweislast im Zivilprozess über Telefongebühren zukommt oder nicht (vgl. zu dieser Streitfrage LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 14.12.2001 – 6 b S 76/01 – mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Denn vorliegend sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagten allein deswegen, weil im Einzelverbindungsnachweis vom 17.04.2000 die 0190-Verbindungen nur unter Kürzung der letzten drei Ziffern angegeben worden sind, eine nähere Darlegung des Nutzungsverhaltens ihres Haushalts im Zeitraum vom 02.40.2000 bis 04.04.2000 nicht einmal ansatzweise möglich gewesen sein soll. Eine Vernehmung des von der Beklagten angebotenen Zeugen kam nicht in Betracht, da es bereits an einer hinreichend substantiierten Darlegung einer verdeckten Selbsteinwahl durch einen Dialer fehlt. Auch die Frage, ob der vom Amtsgericht herangezogene Beweis des ersten Anscheins nicht nur für die Richtigkeit der Gebührenzuordnung zum Anschluss der Beklagten, sondern auch für die für die Richtigkeit der in Ansatz gebrachten Tarife (vgl. zu dieser Unterscheidung Hoffmann, Urteilsanmerkung, MMR 1999, 1217, 1218) streitet, ist aus den gleichen Gründen nicht entscheidungserheblich.
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Der Anspruch der Klägerin scheitert schließlich auch nicht an der von der Beklagten eingewandten Sittenwidrigkeit der abgerechneten 0190-Verbindungen. Stellt man mit dem Bundesgerichtshof allein auf das Vertragsverhältnis zwischen Kunden und Netzbetreiber ab, kommt es auf die Frage der Sittenwidrigkeit ohnehin nicht an (vgl. BGH, NJW 2002, 361 ff). Sieht man dagegen – wie die überwiegenden Stimmen unter den Instanzgerichten und im Schrifttum – als Grundlage der Vergütungspflicht einen wirksamen Vertrag zwischen Endkunde und Mehrwertdienstleister, ist diese Frage zwar entscheidungserheblich. Jedoch ist eine Sittenwidrigkeit solcher Vertragsverhältnisse nach derzeitigem Erkenntnisstand zu verneinen. Der Bundesgerichtshof hat ursprünglich sogenannte Telefonsex-Verträge als sittenwidrig im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB und damit als nichtig beurteilt (vgl. BGH, NJW 2002, 361 ff. m. w. N.; vgl. ferner BGH, WM 1998, 1676 ff.). Dabei hat er allerdings angedeutet, dass dieses Sittenwidrigkeitsverdikt dann nicht mehr aufrechterhalten werden kann, wenn der Gesetzgeber Telefonsex-Verträgen nicht mehr die rechtliche Anerkennung versagt (vgl. BGH, NJW 2002, 361 ff.). Dieser Fall ist nunmehr eingetreten. In § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung von Prostituierten (BGBI I 2001, 3983) ist zwischenzeitlich klargestellt worden, dass auch dann, wenn sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen werden, eine rechtswirksame Forderung begründet wird. Danach kann die Ausübung der Prostitution grundsätzlich nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden, da ein ausdrücklich durch das Gesetz anerkannter Anspruch nicht mit den Wertungen der Rechts- und Sittenverordnung unvereinbar sein kann (vgl. LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 14.12.2001 – 6 b S 76/01). Entsprechendes gilt für die Frage der Sittenwidrigkeit von Telefonsex-Verträgen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade dem bezahlten Sexualkontakt per Telefon oder Internet ein erhöhter sittlicher Unwert gegenüber dem entgeltlichen körperlichen Sexualkontakt zukommt. Folglich können entsprechende Telefonsex-Verträge nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden (vgl. hierzu auch LG Konstanz, NJW-RR 2002, 995; LG Braunschweig, Rtkom 2001, 182; LG Frankfurt (Oder), a. a. O.). Dies gilt auch für Telefonsexdienstleistungen, die – wie hier – vor der Änderung der Rechtslage in Anspruch genommen, aber noch nicht bezahlt worden sind. Denn es kommt auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidungen an.
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Nach alle dem ist davon auszugehen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Gebührenanspruch besteht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 708 Nr. 10 analog, § 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen im Streitfall nicht vor. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 04.03.2004 die wesentlichen Beurteilungskriterien aufgezeigt. Außerdem ist eine Zahlungspflicht der Beklagten unabhängig davon begründet, welchem Lösungsansatz man folgt. Die Probleme liegen im Streitfall vorwiegend im tatsächlichen Bereich.
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