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| Die zulässige Klage ist, soweit über sie nach den übereinstimmenden teilweisen Erledigterklärungen noch zu entscheiden war, unbegründet. Insbesondere hat der Kläger keine Zahlungsansprüche aus §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 1 BGB. |
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| Es kann dahinstehen, ob bei den zu den Verträgen a) und b) erteilten Widerspruchsbelehrungen der Hinweis darauf fehlte, dass der Widerspruch schriftlich zu erheben sei - was die Beklagte nicht ernstlich in Abrede gestellt hat und zur Fehlerhaftigkeit der Widerspruchsbelehrungen führt (vgl. hierzu LG Heidelberg, Urteil vom 16.12.2016, Az. 3 O 156/16, Rn. 33, juris; OLG Köln, VersR 2015, 179, Rn. 22, juris) - und der Kläger diesen Verträgen daher noch im Jahr 2016 fristgemäß widersprechen konnte. |
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| Die seitens des Klägers geltend gemachten, auf den Widerspruch gestützten Ansprüche sind auch unter der Zugrundelegung der Annahme, dass die erteilten Widerspruchsbelehrungen fehlerhaft waren, jedenfalls verwirkt. |
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| Zwar ist der Versicherer, der den Versicherungsnehmer fehlerhaft über sein Widerspruchsrecht belehrt hat, grundsätzlich nicht schutzwürdig, weil er die Situation, dass den Verträgen auch nach langjähriger Vertragsdurchführung noch widersprochen werden kann, durch die nicht ordnungsgemäße Belehrung selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 7.5.2014, Az. IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101-121, Rn. 39). Etwas anderes kann sich aber im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb ausnahmsweise treuwidrig erscheint (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 26). Insoweit reicht die "normale" Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus (OLG Köln, Urteil vom 12.6.2015, Az. 20 U 25/15, BeckRS 2016, 13832, Rn. 19). Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 26). Solche besonders gravierenden Umstände hat der Bundesgerichtshof in einem Fall angenommen, in welchem der unter umfassender Verbraucherinformation und Übergabe der Versicherungsbedingungen im Jahr 1996 abgeschlossene Versicherungsvertrag zunächst aufgrund von Beitragsrückständen im Jahr 2000 gekündigt und rückabgewickelt, dann aber auf Bitten des Versicherungsnehmers wieder in Kraft gesetzt worden war (BGH, Beschluss vom 13.1.2016, Az. IV ZR 117/15, juris, Orientierungssatz 2). Weiter hat der Bundesgerichtshof die genannten besonders gravierenden Umstände in einem Fall bejaht, in welchem der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag unmittelbar nach Erhalt des Versicherungsscheins und später noch einmal unter Abtretung auch der Todesfallleistung zur Kreditsicherung eingesetzt hatte, die Versicherung darüber informiert worden war und deshalb bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründet worden war (BGH, Beschluss vom 27.1.2016, Az. IV ZR 130/15, juris, Orientierungssatz 3). Der Bundesgerichtshof hat hierbei insbesondere argumentiert, dass der Einsatz als Sicherungsmittel das Bestehen eines wirksamen Vertrages zwingend voraussetzt (BGH, Beschluss vom 27.1.2016, Az. IV ZR 130/15, juris, Rn. 16). |
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| Dies zugrunde gelegt kann bei der gebotenen Gesamtschau unter Berücksichtigung sowohl des Zeit- als auch des Umstandsmoments (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.4.2016, Az. 20 U 205/15, BeckRS 2016, 13805) im Streitfall kein Zweifel darüber bestehen, dass der Kläger angesichts besonders gravierender Umstände im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung seine Widerspruchsmöglichkeit gegenüber der Beklagten verwirkt hat. |
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| Zwar hat der Kläger seine Ansprüche aus den streitgegenständlichen Versicherungsverträgen nur jeweils einmal zur Kreditsicherung abgetreten, was für sich genommen noch keinen zwingenden Schluss auf die Verwirkung zulässt (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 26). Der Kläger hat aber durch eine Vielzahl weiterer Verhaltensweisen der Beklagten den Eindruck vermittelt, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen: |
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| So hat er bei der Beklagten nach dem in den Jahren 1998 und 2001 erfolgten Abschluss der Verträge a) und b) im Jahr 2004 vier weitere Lebensversicherungsverträge abgeschlossen. Diese weiteren Vertragsschlüsse mussten bei der Beklagten den Eindruck erwecken, dass der Kläger mit den bestehenden Vertragsbindungen nicht grundsätzlich unzufrieden sei. Ein Versicherungsnehmer, der sich von einem bereits bestehenden Lebensversicherungsvertrag eigentlich lösen will, wird in der Regel nicht eine zusätzliche Lebensversicherung beim selben Versicherer abschließen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 28). |
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| In der Folge hat der Kläger immer wieder auf die Ausgestaltung der Versicherungsverträge eingewirkt. So hat er mehrfach den dynamischen Beitragserhöhungen widersprochen. Außerdem hat er mehrfach eine temporäre Beitragsreduktion und bezüglich des Vertrags a) im Jahr 2010 einen Wechsel des Anlagekonzepts beantragt. Damit hat er seinen Vertragsbindungswillen dokumentiert (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.9.2014, Az. 20 U 69/14). Denn es stand ihm jederzeit frei, die streitgegenständlichen Verträge zu kündigen (§§ 166, 171 VVG). Die Widersprüche gegen die dynamischen Beitragserhöhungen und die Anträge auf temporäre Beitragsreduktion waren damit nicht auf das angesichts eines vermeintlich bindenden Vertrages geringste Übel, sondern auf eine aktive Anpassung an die jeweiligen gegenwärtigen Vermögensverhältnisse unter Bewahrung der bestehenden Vertragsbeziehungen gerichtet. |
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| Auch die E-Mail vom 10.12.2010, in welcher der Kläger formulierte, er fände es "sehr schade", die Verträge dauerhaft teilweise zu kündigen, da er "immer noch die Hoffnung habe, dass diese Verträge einmal aus dem Bestand von M. rausgehen und auch die Geldanlage zum Besseren verändert werden" könne, war geeignet, ein zusätzliches Vertrauensmoment für die Beklagte zu schaffen. Der Kläger hat hiermit nicht lediglich sein Bedauern über den mit einer möglichen teilweisen Kündigung der Verträge verbundenen wirtschaftlichen Verlust erklärt. Vielmehr hat er der Beklagten gegenüber seine positiven Erwartungen an die künftige Entwicklung der Vertragsbeziehungen zum Ausdruck gebracht. Die Beklagte konnte die gewählte Formulierung nur so verstehen, dass der Kläger unbedingt an der Vertragsbeziehung festhalten wollte und lediglich aus Gründen gegenwärtig fehlender Liquidität gezwungen war, bei einer Verweigerung der temporären Beitragsreduktion zumindest einen Teil der Verträge zu kündigen. |
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| Schließlich ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung die wechselseitige Beeinflussung von Zeit- und Umstandsmoment dahingehend zu berücksichtigen, dass an das Umstandsmoment umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je mehr Zeit vergangen ist (BGH, NJW 2006, 219, 220). Hier liegen zwischen dem Vertragsschluss und dem Widerspruch bei Vertrag a) aus dem Jahr 2001 fast 15 Jahre und bei Vertrag b) aus dem Jahr 1998 sogar 18 Jahre. Bei derart langen Zeiträumen sind die Anforderungen an das Umstandsmoment nicht unerheblich reduziert (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 33, und OLG Köln, Urteil vom 19.9.2014, Az. 20 U 69/14, jeweils für einen Zeitraum von 20 Jahren). Danach begründen bereits die vorgenannten Umstände zusammen mit dem Zeitmoment ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers hinsichtlich der wirksamen Durchführung der Versicherungsverträge. |
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| Im Streitfall kommt als weitere Besonderheit hinzu, dass der Kläger während der gesamten Vertragsdauer und bis zum Widerspruch im Jahr 2016 beruflich die Vermittlung und Beratung von Kunden unter anderem auch zu Lebensversicherungsverträgen betrieben hat. Die Problematik eines möglichen "ewigen Widerspruchsrechts" war schon viele Jahre vor dem auf einen Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 28.3.2012, Az. IV ZR 76/11, juris) hin ergangenen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Unionsrechtswidrigkeit von § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. (EuGH, Urteil vom 19.12.2013, Rs. C-209/12, juris) nicht nur in der juristischen Fachöffentlichkeit hinlänglich bekannt und Gegenstand zahlreicher Gerichtsentscheidungen bis hin zum Bundesgerichtshof, sondern zweifellos auch in der Praxis der versicherungsberatenden Berufe angekommen. Die Beklagte durfte und musste daher auch bei dem Kläger als Versicherungsberater entsprechende Kenntnisse erwarten. Dass er gleichwohl - jedenfalls bis zu den Kündigungen im August 2013 - an den Verträgen festhielt, musste daher bei vernünftiger Betrachtung aus Sicht des Versicherers als weiteres Indiz dafür gelten, dass der Kläger auf einen Widerspruch verzichten wollte. Insofern muss die Kammer nicht abschließend beurteilen, ob die Aussage des informatorisch angehörten Klägers, er habe erst im Jahr 2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten von der genannten Problematik erfahren, glaubhaft ist. Denn für die Frage der Verwirkung kommt es nicht entscheidend darauf an, wie der Kläger sein Verhalten verstand, sondern darauf, wie die Beklagte dieses vom Standpunkt eines objektiven Dritten aus verstehen musste (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.12.2016, Az. 12 U 137/16, Rn. 25). Soweit in der Rechtsprechung entschieden worden ist, dass es nicht ohne Weiteres zur Verwirkung führe, dass der Versicherungsnehmer sich den Versicherungsvertrag als Versicherungsmakler selbst vermittelt habe, wenn nicht im Einzelfall festgestellt sei, dass der Versicherungsnehmer Kenntnis insbesondere vom Formerfordernis des Widerspruchs hatte (BGH, Beschluss vom 23.3.2016, Az. IV ZR 329/15, juris, Rn. 19, 25; OLG Köln, Urteil vom 12.6.2015, Az. I-20 U 25/15, juris, Orientierungssatz 4), kann daraus jedenfalls nicht der Schluss gezogen werden, dass die berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers und deren Anforderungen im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung keine Berücksichtigung finden dürfen. |
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| Da der Kläger nach den Maßstäben des deutschen Rechts sein Widerspruchsrecht jedenfalls verwirkt hat, kommt es auf den Gesichtspunkt einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit des Policenmodells nicht mehr an (vgl. dazu sogleich noch unter II.). |
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| Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der in Bezug auf den Vertrag c) geltend gemachten Ansprüche übereinstimmend für erledigt erklärt haben, sind die Kosten nach billigem Ermessen dem Kläger aufzuerlegen. Der Kläger wäre im Falle einer streitigen Entscheidung auch insoweit unterlegen. |
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| Hinsichtlich Vertrag c) war die Widerspruchsfrist im Zeitpunkt des am 26.5.2016 erklärten Widerspruchs schon seit langem abgelaufen. Wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, ist die als Anlage K6 vorgelegte Widerspruchsbelehrung nicht zu beanstanden. Die Kammer verweist insofern auf das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.5.2015, Az. 12 U 503/14 (n.v.), in welchem eine wortgleiche Widerspruchsbelehrung für wirksam gehalten wurde. Soweit der Kläger gegen die Widerspruchsbelehrungen einwendet, es heiße darin "Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung" und nicht "Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs", liegt darin kein Defizit der Widerspruchsbelehrung. Die verwendete Formulierung birgt nicht die Gefahr, einen Irrtum des Verbrauchers über seine Rechte entstehen zu lassen. Die Vermutung des Klägers, ein durchschnittlicher Verbraucher könne die Absendung eines anderen Schriftstücks als des Widerspruchs für erforderlich halten, ist fernliegend und kann daher auch mit Blick auf die strengen Maßstäbe bei der Überprüfung von Widerspruchsbelehrungen außer Betracht bleiben. Auch die Beanstandung des Klägers, die Widerspruchsbelehrung sei nicht hinreichend optisch hervorgehoben, teilt die Kammer nicht, denn die Widerspruchsbelehrung erfolgte ausweislich Anlage K6 in Fettdruck am Ende des Begleitschreibens und damit an hervorgehobener Stelle. |
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| Soweit auch in Fällen, in denen ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrungen erteilt wurden, ein "ewiges Widerspruchsrecht" unter dem Gesichtspunkt einer Unionsrechtswidrigkeit des in § 5a VVG a.F. normierten Policenmodells geltend gemacht worden ist, führt dies vorliegend zu keiner anderen Entscheidung. Unabhängig davon, ob die Kammer das Policenmodell des § 5a VVG a.F. nach wie vor für unionsrechtskonform hält (vgl. LG Heidelberg, Urteil vom 14.11.2014, Az. 3 O 154/14, n.v., im Anschluss an BGH, Urteil vom 16.7.2014, Az. IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723, Rn. 17 ff.), wäre vorliegend auch ein sich unter dem Gesichtspunkt einer unterstellten Unionsrechtswidrigkeit des Policenmodells ergebendes Widerspruchsrecht des Klägers jedenfalls verwirkt. Der aus dem nationalen Recht stammende Einwand der Verwirkung ist auch bei einem unterstellten Verstoß gegen Unionsrecht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 16.7.2014, Az. IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723, Rn. 41). Die oben zu den Verträgen a) und b) angestellten Erwägungen zur Verwirkung sind auf den Vertrag c) weitgehend übertragbar. Zwar entfällt hinsichtlich des Vertrags c) das erhebliche Umstandsmoment, welches sich für die Verträge a) und b) aus dem späteren Abschluss weiterer Lebensversicherungsverträge ergibt. Jedoch hat die Beklagte den Kläger bei Vertrag c) ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt, weshalb ihr Vertrauen auf den Fortbestand dieses Vertrags von vornherein schutzwürdig ist (vgl. BGH, Urteil vom 16.7.2014, Az. IV ZR 73/13, NJW 2014, 2723, Rn. 39). |
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| Der Kläger hatte auch keinen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB. Die unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben begründete Auskunftspflicht stellt eine Nebenverpflichtung dar und setzt daher einen dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch voraus (Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2016, Rn. 15). Hieran fehlt es vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen, nach denen dem Kläger gerade kein Zahlungsanspruch zusteht. |
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