Landgericht Hamburg Beschluss, 10. März 2016 - 318 S 79/15
Gericht
Tenor
2. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 22.07.2015, Az. 539 C 1/15, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
3. Die Beklagten können hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
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Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 5.407,13 nebst geltend gemachter Zinsen und € 297,62 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.
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Hinsichtlich der Begründung wird vollen Umfangs Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Die Berufungsbegründung bietet keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Zu Recht hat das Amtsgericht den auf der Eigentümerversammlung vom 16.12.2013 zu TOP 2 gefassten Beschluss als Beschluss über eine Maßnahme der Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit einer abweichenden Kostenregelung im Sinne von § 16 Abs. 4 WEG angesehen.
Der genannte Beschluss betraf die Regelung der Kosten einer Maßnahme der Instandhaltung im Sinne des § 21 Abs. 5 Ziff. 2 WEG. Bei einer Schließanlage für die Wohnungseigentumsanlage handelt es sich gem. § 5 Abs. 2 WEG zwingend um Gemeinschaftseigentum, da die Schließanlage in ihrer Gesamtheit dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Miteigentümer dient (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.10.2003 - 15 W 203/02, NJW-RR 2004, 1310, Rn. 28, zitiert nach juris; Vandenhouten in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, § 5 Rdnr. 38). Warum es sich nach Auffassung der Beklagten nicht um eine Maßnahme der Instandhaltung handeln soll, wenn die Wohnungseigentümer sich aufgrund der Verlustes eines zur Schließanlage gehörenden Schlüssels zu deren Austausch entschließen, ist nicht nachvollziehbar und wird von den Beklagten auch nicht begründet.
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Der Beschluss betrifft einen Einzelfall - den Austausch der KESO-Schließanlage in dem Objekt - und erschöpft sich in seiner Durchführung (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2010 - V ZR 164/09, BGHZ 186/51).
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Soweit die Beklagten einwenden, dass der beschlossene abweichende Maßstab nicht dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trage, spricht zwar einiges dafür, dass diese Rüge zutrifft. Andere Maßstäbe als die im Gesetzeswortlaut genannten sind bei Beschlüssen gem. § 16 Abs. 4 WEG grundsätzlich ausgeschlossen. Wird ein unzulässiger Maßstab beschlossen, macht dies den Beschluss aber nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (BGH, Urteil vom 18.06.2010 - V ZR 164/09, BGHZ 186, 51 = NJW 2010, 2513, Rn. 20, zitiert nach juris; BeckOK WEG/Bartholome, 26. Edition, Stand 01.02.2016, § 16 Rdnr. 192). Der Beschluss konnte daher mangels Anfechtung bestandskräftig werden.
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Die Nichtigkeit des auf der Eigentümerversammlung vom 16.12.2013 zu TOP 2 gefassten Beschlusses ergibt sich nicht etwa aus einem Verstoß gegen das sog. Belastungsverbot (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2014 - V ZR 315/13, BGHZ 202, 346 = NJW 2015, 549). Den Beklagten wurde keine Instandhaltungspflicht und damit eine im Gesetz nicht vorgesehene Handlungspflicht auferlegt, sondern es handelt sich um eine von § 16 Abs. 2 WEG abweichende Kostentragungsregelung für eine Maßnahme der Instandhaltung im Einzelfall, die gem. § 16 Abs. 4 WEG grundsätzlich beschlossen werden konnte. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem von den Beklagten in der Klagerwiderung angeführten Urteil des BGH vom 18.06.2010 - V ZR 193/09 (ZMR 2010, 777). Bei den hier in Rede stehenden Kosten für eine Maßnahme der Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, die weder durch das Gesetz noch durch eine Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen ist (BGH a.a.O., Rn. 10, zitiert nach juris). Die Beschlusskompetenz für die Wohnungseigentümer ergibt sich vielmehr aus § 16 Abs. 4 WEG.
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Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, dass die Erneuerung der KESO-Schließanlage des Objekts nur dann haben erfolgen sollen, wenn die Sicherheit des Objekts (objektiv) gefährdet gewesen wäre, was hier nicht der Fall gewesen sei. Der auf der Eigentümerversammlung vom 06.06.2005 zu TOP 2 gefasste Beschluss (Anl. K 2, Bl. 8 d.A.) nahm Bezug auf den Beschlussantrag der Miteigentümer Dr. B. und I. vom 27.01.2005 (Anl. K 1, Bl. 7 d.A.), in dem es hieß, dass, wenn sich bei einem Eigentümerwechsel herausstelle, dass nicht sämtliche KESO-Schlüssel der Wohnung vorhanden seien, durch Beschluss darüber zu entscheiden sei, ob auf Kosten des Erwerbers die Wohnanlage mit einer neuen gemeinschaftlichen Schließanlage zu versehen sei. Der Beschluss besagt inhaltlich nichts anderes, als dass die Wohnungseigentümer in jedem Einzelfall über eine Erneuerung der KESO-Schließanlage entscheiden wollten, wenn bei einem Eigentümerwechsel nicht mehr alle KESO-Schlüssel der Wohnung vorhanden waren. Eine weitere Einschränkung insbesondere in Gestalt des Erfordernisses, dass die Sicherheit des Objekts objektiv gefährdet sein muss, enthält weder der das Protokoll vom 06.06.2005 noch das Schreiben vom 27.01.2005 mit dem Beschlussantrag. Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass die Sicherheitsinteressen der Wohnungseigentümer nicht dadurch tangiert seien, dass der fehlende KESO-Schlüssel auf dem Grund eines Sees liege, hätten sie dies in einem etwaigen Beschlussanfechtungsverfahren gegen den Beschluss vom 16.12.2013 vorbringen müssen. Im Übrigen unterstellen die Beklagten damit ungeprüft, dass die Darstellung des Mieters ihrer Rechtsvorgänger über den Verbleib des Schlüssels aus dessen E-Mail vom 30.06.2013 (Anl. K 6, Bl. 12 d.A.) den Tatsachen entspricht. Die Wohnungseigentümer können insoweit berechtigte Zweifel hegen und haben ein weites Entschließungsermessen, ob sie trotz der nicht überprüfbaren Angaben des Mieters die Erneuerung der KESO-Schließanlage für erforderlich halten.
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Dass zwischen der Anzeige des Schlüsselverlustes durch das Schreiben der Rechtsvorgänger der Beklagten an die Verwaltung vom 03.08.2013 (Anl. K 5, Bl. 11 d.A.) und der Erneuerung der KESO-Schließanlage ein Zeitraum von 11 Monaten lag, ist nicht entscheidungserheblich. Auch der Hinweis der Beklagten auf die mietrechtliche Entscheidung des BGH zum Aktenzeichen VII 205/13 ist unbehelflich, da Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits kein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 278 BGB wegen des Verlustes eines Schlüssels durch den Mieter ihrer Rechtsvorgänger ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 05.03.2014 - VIII ZR 205/13, NJW 2014, 1653, Rn. 12 f., zitiert nach juris).
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Dahinstehen kann, ob es sich bei dem auf der Eigentümerversammlung vom 16.12.2013 zu TOP 2 gefassten Beschluss um einen allstimmigen Beschluss handelte, d.h. auch die Beklagten dem Beschlussantrag zugestimmt haben, da § 16 Abs. 4 WEG zwar eine doppelt qualifizierte Mehrheit, nicht aber Ein- oder sogar Allstimmigkeit verlangt. Selbst wenn der Miteigentümer Jobmann nicht wirksam auf der Eigentümerversammlung vom 16.12.2013 vertreten gewesen wäre, ergäbe sich daraus nicht, dass gem. § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG erforderliche Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne von § 25 Abs. 2 WEG und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile nicht erreicht worden wäre.
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Die Einwände der Beklagten gegen die Höhe der Forderung greifen nicht durch. Die Klägerin hat durch die Einreichung der Rechnung vom 27.08.2013 (Anl. K 14) belegt, dass auch zu der nunmehr ersetzten KESO-Schließanlage 52 Schlüssel angeschafft wurden, so dass diese Gesamtanzahl an Schlüsseln nicht zu beanstanden ist.
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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
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die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.
(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.
(1) Gegenstand des Sondereigentums sind die gemäß § 3 Absatz 1 Satz 1 bestimmten Räume sowie die zu diesen Räumen gehörenden Bestandteile des Gebäudes, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne dass dadurch das gemeinschaftliche Eigentum oder ein auf Sondereigentum beruhendes Recht eines anderen Wohnungseigentümers über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt oder die äußere Gestaltung des Gebäudes verändert wird. Soweit sich das Sondereigentum auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstücks erstreckt, gilt § 94 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend.
(2) Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen, sind nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume oder Teile des Grundstücks befinden.
(3) Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass Bestandteile des Gebäudes, die Gegenstand des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören.
(4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und Beschlüsse aufgrund einer solchen Vereinbarung können nach den Vorschriften des Abschnitts 4 zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Ist das Wohnungseigentum mit der Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder der Reallast eines Dritten belastet, so ist dessen nach anderen Rechtsvorschriften notwendige Zustimmung nur erforderlich, wenn ein Sondernutzungsrecht begründet oder ein mit dem Wohnungseigentum verbundenes Sondernutzungsrecht aufgehoben, geändert oder übertragen wird.
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.
(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.
(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.
(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.
(1) Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
(2) Jeder Wohnungseigentümer hat eine Stimme. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, so können sie das Stimmrecht nur einheitlich ausüben.
(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.
(4) Ein Wohnungseigentümer ist nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betrifft oder wenn er nach § 17 rechtskräftig verurteilt ist.