Landgericht Hamburg Urteil, 13. Sept. 2017 - 318 S 66/16
Gericht
Tenor
1. Auf die Berufung der Berufungskläger wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 22.04.2016, Az. 102d C 121/13, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 11.012,50 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Klägerin und die Beklagten zu 2) und 3) streiten in der Berufungsinstanz um die Gültigkeit des in der Eigentümerversammlung vom 15.10.2013 gefassten Beschlusses zu TOP 2, Genehmigung der Jahresabrechnung 2012, hinsichtlich der Position Gartenpflegekosten der Untergemeinschaft UG 2 in den Einzelabrechnungen, wobei zwischen den Berufungsparteien insbesondere streitig ist, wer die Kosten für die sich auf den Sondernutzungsflächen der Erdgeschosseigentümer befindlichen Eibenhecken zu tragen hat.
- 2
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).
- 3
Das Amtsgericht hat mit seinem am 22.04.2016 verkündeten Urteil den angefochtenen Beschluss im Hinblick auf die Verteilung der Gartenpflegekosten der Untergemeinschaft UG 2 für ungültig erklärt.
- 4
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass sich die streitgegenständlichen Eibenhecken auf den jeweiligen Sondernutzungsflächen gemäß § 4 der Teilungserklärung befänden und ihnen zuzuordnen seien. Gemäß der Regelung in § 9 Ziff. 1 der Teilungserklärung hätten die Gartenpflegekosten bezogen auf die Hecken daher auf die Inhaber der betreffenden Sondernutzungsflächen verteilt werden müssen. Der in den Einzelabrechnungen insoweit angewandte Kostenverteilungsschlüssel entspreche daher nicht der Teilungserklärung.
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Gegen das ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 30.05.2016 zugestellte Urteil haben die Beklagten zu 2) und 3) mit einem am 29.06.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.08.2016 mit einem am 29.08.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
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Die Beklagten zu 2) und 3) tragen vor, die Auslegung der Regelungen in § 7 Ziff. 3 Abs. 2 und § 7 Ziff. 6 der Teilungserklärung ergebe, dass die Kosten der Pflege der Eibenhecken von den Regelungen in §§ 9 Ziff. 1 und 10 Ziff. 1 der Teilungserklärung nicht erfasst seien, weil die Hecken danach nicht zu den Sondernutzungsflächen der Erdgeschosseigentümer gehörten.
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Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen,
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das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 22.04.2016 (Aktenzeichen 102d 121/13) abzuändern und die Klage abzuweisen.
- 9
Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 11
Sie trägt u.a. vor, der Berufung der Beklagten zu 2) und 3) stehe entgegen, dass auf der Eigentümerversammlung vom 28.06.2016 der Beschlussantrag unter TOP 2, Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil einzulegen, mehrheitlich abgelehnt worden sei. Die Hecken befänden sich nach den mit der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts auf Sondernutzungsflächen, deren Instandhaltung und Instandsetzung vollumfänglich dem jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zugewiesen sei. Die Regelung in § 7 Ziff. 3 Abs. 2 der Teilungserklärung ändere keinesfalls etwas an der Zuordnung der Hecken zu den Sondernutzungsflächen.
- 12
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze im Berufungsverfahren Bezug genommen.
II.
- 13
Die Berufung ist zulässig und begründet.
4.
- 14
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde fristgerecht eingelegt und begründet. Den Beklagten zu 2) und 3) ist es auch nicht aufgrund des in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2016 zu TOP 2 gefassten Negativbeschlusses verwehrt, Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts einzulegen. Dem gefassten Negativbeschluss ist bereits nicht zu entnehmen, dass auch einzelne Wohnungseigentümer nicht befugt sein sollen, auf eigene Kosten das erstinstanzliche Urteil anzugreifen.
2.
- 15
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Zwar obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer gemäß der Regelungen in der Teilungserklärung die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Dieser hat auch die dafür anfallenden Kosten zu tragen (dazu unter 2.1.). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts widerspricht es jedoch vorliegend nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten der Gartenpflege in den Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen (dazu unter 2.2.).
2.1.
- 16
Nach § 10 Ziff. 1 der Teilungserklärung obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche. Nach § 9 Ziff. 1 der Teilungserklärung trägt der jeweilige Wohnungseigentümer auch die Kosten hierfür. Dies gilt entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) und 3) auch hinsichtlich der sich auf den Sondernutzungsflächen befindlichen Eibenhecken.
- 17
Die Teilungserklärung ist wie der Grundbuchinhalt auszulegen nach Wortlaut und Sinn des Eingetragenen, wie er sich für den unbefangenen Betrachter als nächstliegender Sinn der Bedeutung ergibt (BGH, Beschluss vom 10.09.1998, V ZB 11/98, Rn. 16, zitiert nach juris; Urteil vom 18.01.2013, V ZR 88/12, zitiert nach juris).
- 18
Danach ist in den §§ 9 Ziff. 1 und 10 Ziff. 1 der Teilungserklärung klar und eindeutig geregelt, dass der jeweilige Wohnungseigentümer verpflichtet ist, die ihm zur Sondernutzung zugewiesene Grundstücksfläche instand zu halten und instand zu setzen. Er hat zudem die Kosten der Instandsetzung und Instandhaltung zu tragen. Dass von diesen Regelungen die Eibenhecken nicht erfasst sind, ergibt sich aus der Teilungserklärung nicht, insbesondere nicht aus § 7 Ziff. 3 Abs. 2 und 6 der Teilungserklärung. Bei der Reglung in § 7 Ziff. 3 Abs. 2 der Teilungserklärung handelt es sich, wie sich bereits aus der Überschrift in § 7 ergibt, um eine bloße Gebrauchsregelung, die eine einheitliche Gestaltung der Hecken sicherstellen soll. Diese Regelung trifft jedoch keine Aussage darüber, wer für die Pflege der Hecken zuständig ist und für die dafür anfallenden Kosten aufzukommen hat. Dass der Ersteller der Teilungserklärung, dem, wie sich aus dem Klammerzusatz in § 7 Ziff. 3 Abs. 2 der Teilungserklärung ergibt, bewusst gewesen ist, dass sich auch auf den Sondernutzungsflächen Eibenhecke befinden, diese in §§ 9 Ziff. 1 und 10 Ziff. 1 der Teilungserklärung nicht explizit von der Instandhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtung der Sondernutzungsberechtigten einschließlich der Kostentragungspflicht ausgenommen hat, kann von einem unbefangenen Dritten nur dahingehend verstanden werden, dass diese Regelungen gerade auch für die sich auf den Sondernutzungsflächen befindlichen Eibenhecken gelten sollen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Regelung in § 7 Ziff. 6 der Teilungserklärung. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Duldungspflicht der Erdgeschosseigentümer, die Benutzung ihrer Sondernutzungsrechte zu gestatten, soweit dies zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist.
2.2.
- 19
Der Beschluss über die Genehmigung der Jahreseinzelabrechnung widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kosten der Gartenpflege als Ausgaben der Gemeinschaft in die Jahresabrechnung eingestellt und in den jeweiligen Einzelabrechnungen den einzelnen Wohnungseigentümern entsprechend dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auferlegt wurden.
- 20
Wie dargelegt, obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Der Verwalter hat mit der Beauftragung der Firma L. zur Vornahme der Pflege auch dieser Gartenflächen mithin Ausgaben getätigt, die jedenfalls insoweit nicht zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören. Solche unberechtigten Ausgaben sind in die Jahresabrechnung aufzunehmen (BGH, Urteil vom 04.03.2011, V ZR 156/10, NJW 2011, 1346, Rn. 6 f., zitiert nach juris). Hat der Verwalter unberechtigte Ausgaben getätigt, die Sondereigentum oder Sondernutzungsflächen betreffen, können diese sodann in den Einzelabrechnungen auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden, deren Sondereigentum bzw. Sondernutzungsfläche betroffen ist, wenn die Zuordnung der Ausgaben unzweifelhaft ist (Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage, § 28 Rn. 67, m.w.N.). Ist die Umlage der Ausgaben auf einzelne Wohnungseigentümer hingegen zweifelhaft, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn diese Kosten in ihrer Gesamtheit nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel verteilt werden, anstatt die jeweils betroffenen Wohnungseigentümer hiermit im Wege der Einzelabrechnung zu belasten. Denn die Einzelabrechnung ist nach ihren Rechtswirkungen und ihrer Funktion für die Gemeinschaft nicht geeignet, das Bestehen von Erstattungs- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Miteigentümer zu klären. Jedenfalls wenn berechtigte Zweifel an der gesonderten Kostentragungspflicht einzelner Miteigentümer bestehen, ist es nicht zu beanstanden, wenn tatsächliche Ausgaben der Gemeinschaft, die möglicherweise keine gemeinschaftlichen Kosten darstellen, im Rahmen der Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umgelegt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 22.02.2007, 15 W 322/06, Rn. 52, zitiert nach juris). Dies gilt umso mehr, als durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung die Rechtsstellung der Gemeinschaft gegenüber möglichen Regressschuldnern nicht beeinträchtigt wird (BGH, a.a.O., Rn. 7, zitiert nach juris). Vorliegend ist vollkommen unklar, welche von der Firma L. in Rechnung gestellten Gartenpflegearbeiten (vgl. Anlagenkonvolut K 2) sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehen und welche auf die zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenflächen. In den Rechnungen befindet sich keinerlei örtliche Differenzierung der vorgenommenen Arbeiten. Ob und in welcher Höhe die streitgegenständlichen Gartenpflegekosten auf diejenigen Wohnungseigentümer umgelegt werden können, denen eine Gartenfläche zur Sondernutzung zugewiesen wurde, ist mithin unklar.
3.
- 21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
- 22
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO zu entnehmen.
- 23
Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung durch das Revisionsgericht.
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.