Landgericht Hamburg Urteil, 08. Sept. 2015 - 312 O 278/15

published on 08/09/2015 00:00
Landgericht Hamburg Urteil, 08. Sept. 2015 - 312 O 278/15
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Gericht

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Tenor

I. Die einstweilige Verfügung vom 7. Juli 2015 wird aufgehoben. Die auf ihren Erlass gerichteten Anträge werden zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der der Nebenintervenientin zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung der Antragsgegnerin und der Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen behaupteter Markenverletzung in Anspruch.

2

Die Antragstellerin vertreibt Sandaletten mit den aus den Anl. Ast. 1 und Ast. 2 ersichtlichen Sohlen mit einem Knochenmuster. Sie ist Inhaberin der aus Anlage 16 ersichtlichen deutsche Bildmarke Nr. 3...2 mit Priorität vom 29. März 2012. Die Marke genießt Schutz für die Waren und Dienstleistungen in den Klassen 10, 18 und 25. Der Versuch, eine entsprechende Bildmarke international zu registrieren, blieb in I. und II. Instanz erfolglos. Gegen die Beschwerdeentscheidung des HABM wurde Klage beim EuG eingelegt.

3

Am 30. Mai 2015 entdeckte die Antragstellerin die auf S. 10 der Antragsschrift ersichtliche Werbung der Antragsgegnerin. Mit Testkauf (Anl. Ast. 19) vom 1. Juni 2015 erwarb die Antragstellerin die auf S. 11 der Antragsschrift abgebildeten Sandaletten.

4

Die Antragstellerin hält das Sohlenmuster an den Testkaufstücken für eine Verletzung ihrer Bildmarke Anl. Ast. 16.

5

Hierzu trägt sie vor,
sie benutze das Knochenmuster schon seit Jahrzehnten. Hierbei beruft sie sich auf die Anl. Ast. 5 bis 12, auf die bezüglich der Einzelheiten Bezug genommen wird. Sie habe erhebliche Werbeaufwendungen getätigt, nämlich zwischen 2,5 Mill. € (2009) und 4,2 Mill € (2014). Zur Glaubhaftmachung bezieht sich die Antragstellerin insoweit auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn D. K. vom 12.06.2015 (Anl. Ast. 13). Die Verkäufe von Schuhen mit Knochenmuster hätten im Inland seit 1999 bei 22,7 Mill. Paar Schuhen bei einem Umsatz von 463,5 Mill. € gelegen (Anl. Ast. 13 und 14). Eine Online Studie der N. C. habe ergeben, dass 44% der insgesamt 761 Befragten das Knochenmuster mit der Antragstellerin in Verbindung gebracht hätten (Anl. Ast. 15).

6

Die von der Antragsgegnerin angebotenen Sandaletten mit Knochenmuster verletzten ihre Rechte aus der Bildmarke Nr. 3...2. Es liege nahezu Zeichenidentität und zudem Warenidentität vor.

7

Die Antragsgegnerin benutze das Knochenmuster auch markenmäßig. Es sei in der Schuhbranche keineswegs unüblich, mit der Gestaltung der Sohlen auf die betriebliche Herkunft der Schuhe hinzuweisen. Dies sei etwa bei der Fa. L. der Fall, die – insoweit unstreitig – ihre Schuhe auf der Sohle mit einem roten Streifen im Fersenbereich versehe (Anl. Ast. 22). Weitere Beispiele seien die „Vans“ – Schuhe oder die von Christian Louboutin designten Schuhe. Insoweit wird auf die Anl. Ast. 23 und 24 Bezug genommen. Gleiches gelte auch für die B. – Schuhe. Im Übrigen sei das Sohlenmuster im Verhältnis zum relevanten Marktumfeld eigentümlich, wie die Vielzahl der aus den Anl. Ast. 25 und 26 ersichtlichen Sohlengestaltungen zeigten. Dementsprechend komme auch dem an der Sohle befindlichen Knochenmuster der Schuhe der Antragstellerin eine Herkunftsfunktion zu.

8

Dies werde bestätigt durch eine Verkehrsbefragung der P. Rechtsforschung GmbH, bezüglich derer auf die Anlagen Ast. 29 und 30 Bezug genommen wird. Das Ergebnis, wonach bei den Trägern/Käufern und potentiellen Trägern/Käufern von Sandalen der Anteil derjenigen, die die Schuhsohle einem bestimmten Hersteller zuordneten, 30,3% bzw. 29,5% betrage, bestätige die Auffassung der Antragstellerin. Darüber hinaus zeige das Ergebnis der Verkehrsbefragung, dass das vorgelegte Muster einer Schuhsohle bei den angesprochenen Verkehrskreisen über einen Bekanntheitsgrad von 66% verfüge. Sie, die Antragstellerin könne insoweit schon den Schutz einer bekannten Marke in Anspruch nehmen. Vor diesem Hintergrund seien auch die Ausführungen der Streitverkündeten zum hier interessierenden Markt zu betrachten.

9

Im Einzelnen führt sie hierzu aus:

10

Gegen die Schuhe der Fa. D. gehe sie klageweise vor. Bezüglich der „Tamaris“ – Schuhe der Fa. W. KG habe es eine Einigung gegeben, nach der sich die Fa. W. KG verpflichtet habe, das betreffende Sohlenmuster unter Gewährung einer Aufbrauchfrist zukünftig nicht mehr zu verwenden. Bezüglich der der Fa. A. S. zugeschriebenen Schuhe werde bestritten, dass diese tatsächlich auf den Markt gelangt seien. Die Fa. N. H. GmbH habe auf Abmahnung der Antragstellerin eine strafbewehrte Verpflichtungserklärung abgegeben. Die Fa. S. GmbH sei ebenfalls abgemahnt worden und ziehe die Abgabe einer strafbewehrten Verpflichtungserklärung in Erwägung. Gegen die Fa. P. F. C. P. F. Co. Ltd. aus China sei bezüglich der Sandalen der Marke „Powertrend“ am 31. Juli 2015 eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Düsseldorf erwirkt und am gleichen Tag auf der internationalen Schuhmesse „gds“ vollzogen worden.

11

Bezüglich der anderen Produkte werde mit Nichtwissen bestritten, dass sie in nennenswertem Umfang auf dem deutschen Markt vorhanden seien.

12

Bestritten würde schließlich, dass die Antragsgegnerin das streitgegenständliche Sohlenmuster bereits seit Jahren und damit vor Anmeldung und Eintragung der Verfügungsmarke verwendet habe.

13

Die Kammer hat auf der Grundlage der Antragsschrift der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. Juli 2015 im Wege der einstweiligen Verfügung unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel verboten,

14

im geschäftlichen Verkehr markenmäßig zur Kennzeichnung von Schuhen ein Sohlenmuster zu benutzen, das sich aus sich in einem Winkel von im Wesentlichen 90 Grad kreuzenden, aus Kreisbögen bestehenden Wellen zusammensetzt und bei dem die durch jeweils vier solcher Kreisbögen eingeschlossenen Bereiche einen im Wesentlichen knochenähnlichen optischen Eindruck erhalten; insbesondere unter dem Zeichen Schuhe und/oder Sandalen anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, wenn dies geschieht wie nachfolgend abgebildet:

Abbildung

15

und/oder

Abbildung

16

und/oder

Abbildung

17

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, die der Fa. M. GmbH, der Lieferantin der streitgegenständlichen Schuhe, den Streit verkündet hat. Die Fa. M. GmbH ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Antragsgegnerin beigetreten.

18

Die Antragstellerin beantragt nunmehr,

19

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 7. Juli 2015 zu bestätigen.

20

Die Antragsgegnerin und die Streitverkündete beantragen,

21

die einstweilige Verfügung aufzuheben und die auf ihren Erlass gerichteten Anträge zurückzuweisen.

22

Die Streitverkündete trägt vor,
schon aufgrund der bereits beim DPMA und sonst durchgeführten Verfahren sei ersichtlich, dass die Klagmarke nicht eintragungsfähig sei, jedenfalls nicht einen Schutzbereich erlangen könnte, der die angegriffene Ausführungsform miterfasse. Denn diese Ausführungsform entspreche den Anmeldungen, bei denen die Antragstellerin vergeblich eine Eintragung zu erreichen versucht habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum diesbezüglichen Vortrag der Streitverkündeten wird auf die S. 1 bis 13 des Schriftsatzes vom 28. August 2015 Bezug genommen.

23

Das Sohlenmuster werde von ihr, der Streitverkündeten, nicht markenmäßig benutzt, weil es keinerlei Herkunftshinweis beinhalte. Die Benutzung derartiger Knochenmuster sei weit verbreitet. In diesem Zusammenhang verweist die Streitverkündete auf etwa zwei Dutzend Hersteller bzw. Modelle, u.a. Cox, Hush Puppies, Esprit, Björndal, Graceland, Bionic und Biodana, die derartige Muster auf der Sohle aufwiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf die Seiten 13 bis 27 des Schriftsatzes vom 28. August 2015 und das Anlagenkonvolut AG 13 verwiesen. Das streitgegenständliche Sohlenmuster sei seit 15 Jahren bekannt. Die Firma H., ein großer Schuhimporteur und Lieferant zahlreicher Discounter, habe in den Jahren 2000 bis 2011 rund 4,8 Mill. Paar Schuhe ausgeliefert. Die Fa. R. & N. GmbH liefere seit 10 Jahren Schuhe mit dem streitgegenständlichen Sohlenmuster aus. Im Jahr 2011 sei die L. – Gruppe mit Schuhen mit entsprechendem Sohlenmuster beliefert worden. Hierzu beruft sich die Streitverkündete auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn N., geschäftsführender Gesellschafter der Fa. R. & N. (Anl. AG 15). Insoweit werde bestritten, dass das Sohlenmuster dem Verkehr als Herkunftshinweis auf die Antragstellerin bekannt sei. Die eingereichte Online – Umfrage gebe für die Bekanntheit und den Zuordnungsgrad nichts her. Es handele sich um eine Marketingbefragung ohne jeden Erkenntniswert für ein markenrechtliches Verfahren.

24

Hinzu komme, dass die Antragstellerin selbst in ihrer Werbung nicht etwa das Sohlenmuster als Herkunftshinweis betone, sondern dessen Funktionalität, wie z.B. Rutschfestigkeit. Tatsächlich benutze die Antragstellerin das Sohlenmuster nicht in Alleinstellung, sondern kennzeichne ihre Sohlen in jedem 4. Feld mit dem Zeichen „Birk“ (Anl. AG 16).

25

Selbst bei Annahme einer markenmäßigen Benutzung seitens der Antragsgegnerin fehle es an einer Verwechslungsgefahr. Bei der Marke der Antragstellerin handele es sich um eine reine Bildmarke in Form eines Quadrates, bei der angegriffenen Ausführungsform um die dreidimensionale Gestaltung einer Sohle.

26

Schließlich fehle es auch an einem Verfügungsgrund. Der Antragstellerin sei seit Jahren bekannt, dass praktisch alle Discounter und namhaften Markenartikler Pantoletten und Clogs mit solchen Sohlenmustern vertrieben. Trotzdem sei sie dagegen nicht vorgegangen.

27

Die Antragsgegnerin schließt sich in ihrem Vortrag der Streitverkündeten vollumfänglich an.

28

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1. September 2015 (Bl. 51ff d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die einstweilige Verfügung erweist sich im Widerspruchsverfahren als zu Unrecht ergangen und ist deshalb aufzuheben.

30

Der Antragstellerin stehen gegen die Antragsgegnerin keine Unterlassungsansprüche aus § 14 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3, Abs. 5 MarkenG zu.

1.

31

Es besteht allerdings ein Verfügungsgrund. Die Antragstellerin hat durch eidesstattliche Versicherungen von Herrn T. S. vom 2. Juli 2015 (Anl. Ast. 17) und Frau S. vom 1. Juli 2015 (Anl. Ast. 18) glaubhaft gemacht, dass sie von den streitgegenständlichen Schuhen mit dem beanstandeten Sohlenmuster seit dem 1. Juni 2015 durch einen Testkauf Kenntnis hat. Der demgegenüber durch die Streitverkündete und die Antragsgegnerin erfolgte Vortrag, aufgrund der Marktverhältnisse müssten der Antragstellerin Schuhe mit der streitgegenständlichen Sohle seit Jahren bekannt sein, ist zu allgemein, als dass er für eine Gegenglaubhaftmachung ausreichen könnte.

2.

32

Es fehlt aber an einem Verfügungsanspruch. Nachdem im Widerspruchsverfahren wesentlicher Vortrag zu den Marktverhältnissen gehalten worden ist, hält es die Kammer für überwiegend unwahrscheinlich, dass die streitgegenständlichen Sohlenmuster als Herkunftshinweis aufgefasst werden. Es fehlt an einer markenmäßigen Benutzung.

33

Nach der Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Urteil vom 14.08.2013, Az. 3 U 60/12, Abs. 48ff, zitiert nach juris) liegt ein markenmäßiger Gebrauch vor, wenn ein Zeichen von einem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Abnehmer es als Herkunftskennzeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen auffassen (EuGH GRUR 2007, 971, Rn. 27 – Céline), der Verkehr also annimmt, dass das Zeichen dazu dient, die Produkte eines Unternehmers von Waren anderer Unternehmer zu unterscheiden (EuGH, Urteil vom 12.11.2002 – Rs. C-206/01, GRUR 2003, 55, Rn. 51ff. – Arsenal Football Club). Das Verständnis der markenmäßigen Benutzung ist nach neuerer Auffassung tatbestandsbezogen zu bestimmen: Soweit der Verwechslungsschutz betroffen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 9 Abs. 1 lit. b) GMV), ist eine Verwendung zu fordern, die in die Hauptfunktion der Marke – die Herkunftshinweisfunktion – eingreift (EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-487/07, GRUR 2009, 756, Rn. 59 – L'Oréal/Bellure; BGH, Urteil vom 04.02.2010 - I ZR 51/08, GRUR 2010, 835, Rn. 23 – POWER BALL; Ströbele/Hacker, 10. Auflage, 2012, § 14 Rn. 93; Ingerl/Rohnke, 3. Auflage, § 14 Rn. 103). Ein markenmäßiger Gebrauch ist allein dann zu verneinen, wenn der Verwender das Zeichen lediglich zur Kennzeichnung der besonderen Eigenschaften der von ihm angebotenen Ware auf eine Weise benutzt, die ausschließt, dass der Verkehr das Zeichen als betriebliches Herkunftszeichen auffasst (EuGH, Urteil vom 14.05.2002 – Rs. C-2/00“, GRUR Int. 2002, 841, Rn. 17 – Hölterhoff/Freiesleben).

34

Maßgebend ist dafür die Auffassung eines verständigen Durchschnittsverbrauchers derjenigen Verkehrskreise, die von den vertriebenen Waren angesprochen werden. Ausreichend ist es dabei bereits, wenn nur ein Teil des betroffenen Verkehrskreises der Verwendung des Zeichens eine markenmäßige Bedeutung beimisst (EuGH, Urteil vom 12.11.2002, a.a.O.; EuGH, Urteil vom 14.05.2002, a.a.O.).

35

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien scheidet eine zeichenmäßige Verwendung aus. Die Antragsgegnerin benutzt das streitgegenständliche Sohlenmuster nicht in Form eines Zeichens, sondern als eine bestimmte Ausführungsform der konkreten Sohle. Diese konkrete Ausführungsform ist angesichts der mitgeteilten Marktverhältnisse nicht geeignet, einen Herkunftshinweis zu erbringen. Nach den von der Streithelferin in der Anl. AG 13 und im Schriftsatz vom 28. August 2015 auf S. 13 bis 23 (Bl. 67 – 77 d.A.) glaubhaft gemachten Marktverhältnissen, fehlt es an einer markenmäßigen Verwendung. Die Nebenintervenientin hat eine Vielzahl von Herstellern benannt, die Modelle anbieten, deren Sohle mit einem identischen, zumindest aber hochgradig ähnlichen Knochenmuster ausgestaltet sind, wie die der Antragsgegnerin. Hiergegen hat die Antragstellerin lediglich in Bezug auf die Fa. D., die Fa. W., die Fa. N. H. GmbH, die Fa. S. und die Fa. P. F. C. P. F. Co. Ltd. vorgetragen. Insoweit ist zu konstatieren, dass lediglich die Fa. W. und die Fa. N. H. GmbH eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben haben und gegen die Fa. P. F. C. P. F. Co. Ltd. vor dem Landgericht Düsseldorf eine einstweilige Verfügung erwirkt worden ist. Im Verhältnis zu den anderen genannten Vertreibern ist der Ausgang der Auseinandersetzung offen. Im Übrigen verbleibt eine große Anzahl weiterer, z.T recht bekannter Schuhhersteller, die nach der Glaubhaftmachung Anl. AG 13 ebenfalls Sandalen vertreiben, deren Sohlen ein Knochenmuster aufweisen. Hierzu gehören neben den oben Genannten Vertreibern etwa die Firmen/Modelle Cox, Buffalo London, Hush Puppies, ESPRIT, BIONIC, Feichtinger, Dorothy Perkins, manguun, RIVER ISLAND, BIODANA, éram, bioline, ALDI SÜD und Sutari. Diesbezüglich hat die Antragstellerin lediglich mit Nichtwissen bestritten, dass diese Produkte in nennenswertem Umfang auf dem deutschen Markt gelangt sind. Dies reicht nicht aus.

36

Bei der Beurteilung der Frage, ob einer Gestaltung herkunftshinweisende Funktion zukommt, ist in diesem Zusammenhang der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr der Form einer Ware vorrangig eine funktionelle und ästhetische Bedeutung zumisst, weniger eine herkunftshinweisende Funktion (OLG Hamburg, Urteil v. 27.03.2014, Az. 3 U 33/12, „Montblanc Meisterstück, zitiert nach juris, Abs. 99). Dies gilt auch im Hinblick auf das hier zu beurteilende Sohlenmuster. Insoweit wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, vorzutragen, dass das Knochenmuster entweder entgegen der Antragsgegnerin und Nebenintervenientin im Inland praktisch nicht verwendet wird oder aber trotz der Verwendung herkunftshinweisend wirken kann. Dies wäre der Antragstellerin als auf dem Schuhmarkt tätiges Unternehmen auch ohne weiteres möglich gewesen. Neben dem Bestreiten mit Nichtwissen wird in Bezug auf vollkommen anders gestaltete Sohlenmuster (Anl. Ast. 22 bis Ast. 24) eine Gewöhnung des Verkehrs behauptet, die Ausgestaltung der Sohle als Herkunftshinweis anzusehen. Dies reicht nicht aus, denn vorliegend geht es nicht allgemein darum, ein bestimmtes Merkmal auf der Schuhsohle als Herkunftshinweis zu verstehen, wie etwa der rote Streifen im Fersenbereich der Schuhe der Fa. L.. Vielmehr geht es darum, ob eine vollflächig mit einem Knochenmuster ausgebildete Sohle als Herkunftshinweis angesehen werden kann. Zu Recht hat die Nebenintervenientin in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Antragsmarke Anl. Ast. 16 nicht das dort abgebildete Muster ganz allgemein und auch nicht als Sohlenmuster schützt, sondern die Marke zunächst lediglich ein Quadrat zeigt, auf dem ein Knochenmuster abgebildet ist. Die Bemühungen der Antragstellerin, das Muster vollflächig auf einer Sohle als Marke einzutragen, sind demgegenüber bisher überwiegend erfolglos geblieben.

37

Schließlich sind auch die Umfrage Anl. Ast. 15 und das Meinungsforschungsgutachten der Fa. P. Rechtsforschung GmbH nicht geeignet, der Ausgestaltung der Sohle einen Herkunftshinweis zu entnehmen. Der Anl. Ast. 15 ist zwar das Ergebnis als solches zu entnehmen, dass in Deutschland n 44% der 761 Befragten die Sohle der Antragstellerin zugeordnet haben. Das reicht nicht aus. Zum einen war die Auswahl der Befragten rein zufällig, jedenfalls ist nicht ersichtlich, nach welchen Kriterien die Stichprobe zusammengestellt wurde. Zum anderen wurde offen gefragt und Mehrfachantworten zugelassen. Nach den in der Anl. Ast. 15 genannten Zahlen wären dann auch z.B. „The consistent simple design“ oder das „Pleasantly low weight“ als Herkunftshinweise anzusehen. Dies ist offensichtlich nicht der Fall. Zum Nachweis eines Herkunftshinweises in Bezug auf das Knochenmuster einer Sohle kann die Anl. Ast. 15 daher keine Aussage treffen.

38

Gleiches gilt im Ergebnis für das Meinungsforschungsgutachten der Fa. P. Rechtsforschung GmbH (Anl. Ast. 29, 30). Zwar ergeben sich aus S. 3 der Anl. Ast. 29 Zuordnungswerte von 19,6% bis 23,5% zur Antragstellerin. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die „Sohle“ den Befragten lediglich in einer Abbildung und nicht gegenständlich als Sandale mit entsprechendem Knochenmuster vorgelegen hat, wie sie dem angesprochenen Verkehr auf dem Markt tatsächlich begegnet. Hinzu kommt, dass nicht allgemein Sohlenmuster in einer offenen Befragung abgefragt wurden, sondern direkt das Knochenmuster und zwar in Bezug auf Sandalen (Frage 1) vorgelegt und in Frage 2 direkt zur Verbindung mit einem bestimmten Unternehmen gefragt wurde. Angesichts der Merkmale „Sandale“ und „bestimmtes Unternehmen“ erscheint die häufige Nennung der Antragstellerin als außerordentlich bekannter Hersteller von Sandalen unabhängig von der Art des vorgelegten Musters nicht unwahrscheinlich.

39

Schließlich ist auch die vorgestellte Werbung nicht geeignet, die herkunftshinweisende Funktion der Sohle zu belegen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin in ihrer Werbung das Knochenmuster gerade als Herkunftshinweis herausgestellt hätte.

40

Danach fehlt es bezüglich des beanstandeten Knochenmusters auf der Sohle an einer markenmäßigen Verwendung, so dass Ansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 oder 3, Abs. 5 MarkenG ausscheiden.

II.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff. 6 ZPO.

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Annotations

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,
2.
ein Zeichen zu benutzen, wenn das Zeichen mit einer Marke identisch oder ihr ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen benutzt wird, die mit denjenigen identisch oder ihnen ähnlich sind, die von der Marke erfasst werden, und für das Publikum die Gefahr einer Verwechslung besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird, oder
3.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als ähnlich angesehen, weil sie in derselben Klasse gemäß dem in der Nizza-Klassifikation festgelegten Klassifikationssystem erscheinen. Waren und Dienstleistungen werden nicht schon deswegen als unähnlich angesehen, weil sie in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

(3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt, so ist es insbesondere untersagt,

1.
das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,
2.
unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
3.
unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
4.
unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,
5.
das Zeichen als Handelsnamen oder geschäftliche Bezeichnung oder als Teil eines Handelsnamens oder einer geschäftlichen Bezeichnung zu benutzen,
6.
das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen,
7.
das Zeichen in der vergleichenden Werbung in einer der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21) zuwiderlaufenden Weise zu benutzen.

(4) Dritten ist es ferner untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1.
ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen auf Aufmachungen oder Verpackungen oder auf Kennzeichnungsmitteln wie Etiketten, Anhängern, Aufnähern oder dergleichen anzubringen,
2.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder
3.
Aufmachungen, Verpackungen oder Kennzeichnungsmittel, die mit einem mit der Marke identischen Zeichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, einzuführen oder auszuführen,
wenn die Gefahr besteht, daß die Aufmachungen oder Verpackungen zur Aufmachung oder Verpackung oder die Kennzeichnungsmittel zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, hinsichtlich deren Dritten die Benutzung des Zeichens nach den Absätzen 2 und 3 untersagt wäre.

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(6) Wer die Verletzungshandlung vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist dem Inhaber der Marke zum Ersatz des durch die Verletzungshandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung der Marke eingeholt hätte.

(7) Wird die Verletzungshandlung in einem geschäftlichen Betrieb von einem Angestellten oder Beauftragten begangen, so kann der Unterlassungsanspruch und, soweit der Angestellte oder Beauftragte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, der Schadensersatzanspruch auch gegen den Inhaber des Betriebs geltend gemacht werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.

(2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.