Landgericht Hagen Urteil, 12. Sept. 2016 - 31 Ks 1/16
Gericht
Tenor
Die Angeklagten sin der schweren Brandstiftung schuldig.
Sie werden wie folgt verurteilt: Der Angeklagte W zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren, der Angeklagte L zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren.
Die Angeklagten tragen die Kosten des Verfahrens und ihre eigenen notwendigen Auslagen sowie die den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen.
Angewandte Gesetzesbestimmungen:
§§ 306, 306 a Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB.
1
Gründe:
2I.
3Zum Lebenslauf und Werdegang der Angeklagten
41. Angeklagter W
5Der Angeklagte W wurde am 01.09.1990 als letztes von insgesamt drei Kindern seiner Eltern in B geboren und wuchs hier gemeinsam mit seinen beiden älteren Geschwistern im elterlichen Haushalt auf. Sein Vater arbeitet als angestellter Forstwirt; seine Mutter ist als Einzelhandelskauffrau – früher in selbständiger Tätigkeit und nun als Angestellte – beschäftigt. Der Bruder des Angeklagten ist Schlosser und arbeitet in der Industriebranche, die Schwester hat zunächst eine Ausbildung zur Köchin und dann zur Einzelhandelskauffrau durchlaufen und arbeitet im Baumarkt. Als der Angeklagte zwischen zwei und vier Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden und der Angeklagte lebte zunächst gemeinsam mit seinen Geschwistern im Haushalt der Mutter und deren zweitem Ehemann. Zu seinem Stiefvater pflegte der Angeklagte ein gutes Verhältnis. Nachdem Kontakt zu seinem leiblichen Vater unmittelbar nach der Trennung seiner Eltern nur gelegentlich bestand, baute der Angeklagten diesen in den folgenden Jahren jedoch mehr und mehr auf bis er schließlich im Alter von 17/18 Jahren in dessen Haushalt wechselte. Zu dieser Zeit verzog seine Mutter in ihre ursprüngliche Heimat nach Norddeutschland; der Angeklagte jedoch wollte in B verbleiben. Sowohl sein Verhältnis zu seinem Vater als auch zu seiner Mutter beschreibt der Angeklagte bis heute als gut. Auch nach dem Umzug seiner Mutter hält er zu ihr regelmäßig Kontakt.
6Nachdem der Angeklagte den Kindergarten und die Grundschule unauffällig durchlaufen hatte, wechselte er zunächst auf ein Gymnasium. Dieses verließ er jedoch nach der sechsten Klasse aufgrund von schulischen Defiziten und wechselte zu einer Realschule. Nachdem er hier die sechste Klasse wiederholt hatte, verlief der weitere Schulverlauf unproblematisch und der Angeklagte konnte die Realschule nach der zehnten Klasse mit einem entsprechenden Abschluss beenden. Im Anschluss hieran besuchte er das Berufskolleg in der Fachrichtung Mechatronik. Sein Ziel war es, auf diese Weise sein Fachabitur sowie eine Ausbildung zu absolvieren, um im weiteren Verlauf ein Studium mit der Fachrichtung Maschinenbau aufzunehmen. Hierzu kam indes nicht. Denn nach Abschluss des Berufskollegs entschied sich der Angeklagte W, der bereits seit Ende des Jahres 2007 bei der freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich tätig war, dazu, eine Ausbildung als Feuerwehrmann aufzunehmen. Die entsprechenden Einstellungstests zogen sich über ein halbes Jahr hin, bis der Angeklagte schließlich die Zusage bekam, in M einen entsprechenden Ausbildungsplatz zu erhalten. In der Zwischenzeit jobbte er im Baumarkt in der Holzabteilung und bei einem Speditionsunternehmen als Schlosser. Den praktischen Teil seiner Ausbildung zum Feuerwehrmann hatte der Angeklagte bereits erfolgreich absolviert. Es fehlte ihm lediglich noch die mündliche Prüfung, die er im Rahmen seines ersten Versuches nicht bestanden hatte, so dass er erneut einen entsprechenden Vorbereitungskurs besuchte, als es letztlich zu der hier in Rede stehenden Tat kam, in deren Folge der Angeklagte seinen Ausbildungsplatz verlor. In der Folgezeit arbeitete er zunächst in der Fortwirtschaft seines Vaters mit. Seit Dezember 2015 arbeitete er bis zu seiner Festnahme im hiesigen Verfahren für ein Straßentiefbauunternehmen eines Bekannten der Familie.
7Neben seiner Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr geht der Angeklagte in seiner Freizeit dem Kraftsport nach und bastelt gerne an Fahrzeugen in einer mit dem Angeklagten L und gemeinsamen weiteren Freunden hierfür angemieteten eigenen Halle. Der Angeklagte ist weder verheiratet noch hat er selbst Kinder. Er führt seit etwa Dezember 2012 eine partnerschaftliche Beziehung zu der Zeugin I4, mit welcher er zeitweise auch eine gemeinsame Wohnung bewohnte.
8Der Angeklagte leidet weder unter Alkohol- und Drogenmissbrauch noch unter psychischen Auffälligkeiten.
9Der Angeklagte W ist strafrechtlich bislang noch nicht in Erscheinung getreten.
10Er wurde in dieser Sache am 16.02.2016 vorläufig festgenommen und befindet sich seit diesem Tage aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 10.02.2016, zuletzt in Gestalt des Haftfortdauerbeschlusses der Kammer vom 12.09.2016, in Untersuchungshaft, welche in der Justizvollzugsanstalt I4 vollzogen wird.
112. Angeklagter L
12Der Angeklagte L wurde am 25.04.1992 in B geboren und wuchs hier gemeinsam mit seiner jüngeren Schwester im elterlichen Haushalt auf. Der Vater des Angeklagten ist als Industriemechaniker tätig, seine Mutter arbeitet als Pflegkraft in einem Altenheim. Nachdem der Angeklagte L Kindergarten und Grundschule unauffällig durchlaufen hatte, wechselte er zu einer Realschule, die er ebenfalls ohne Auffälligkeiten und regulär mit der Fachoberschuleife abschloss. Im Anschluss hieran nahm er eine Ausbildung zum Werkzeugmechaniker – Stanz- und Umformtechnik – auf. Nachdem er die Lehre nach 3 ½ Jahren erfolgreich abgeschlossen hatte, arbeitete er zunächst noch für etwa ein halbes Jahr bei seinem Ausbildungsbetrieb. Sodann spezialisierte er sich als CNC-Fräser und arbeitete zunächst für ein Unternehmen in X, bis dieses nach Insolvenz schließen musste. Er wechselte sodann zur W2 GmbH in B, wo er zunächst als Dreher und im späteren Verlauf in der Probenfertigung tätig war. Aufgrund der hier in Rede stehenden Tat wurde ihm jedoch gekündigt. Kurz vor seiner Verhaftung fand er eine neue Anstellung in seinem erlernten Beruf als Werkzeugmechatroniker in einem Lüdenscheider Unternehmen.
13Wie auch der Angeklagte W bastelt der Angeklagte L in seiner Freizeit gerne an Fahrzeugen. Zudem ist er seit etwa 1 ½ bis 2 Jahren Mitglied einer Musikband. Er ist weder verheiratet noch hat er selbst Kinder. Er ist seit etwa 2 ½ Jahren in einer Beziehung zu der Zeugin S.
14Der Angeklagte leidet werden unter psychischen Auffälligkeiten noch unter Alkohol- oder Drogenmissbrauch.
15Strafrechtlich ist er bislang noch nicht in Erscheinung getreten.
16Der Angeklagte L wurde in dieser Sache am 16.02.2016 vorläufig festgenommen und befindet sich seit diesem Tage aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 10.02.2016, zuletzt in Gestalt des Haftfortdauerbeschlusses der Kammer vom 12.09.2016, in Untersuchungshaft, welche in der Justizvollzugsanstalt I4 vollzogen wird.
17II.
18Zum Tatgeschehen
19Aufgrund der Hauptverhandlung steht zur Überzeugung der Kammer folgender Sachverhalt fest:
20Bei der Stadt B handelt es sich um eine Kleinstadt im Märkischen Kreis mit etwas über 17.000 Einwohnern. Als im letzten Jahr aus den Krisengebieten der Welt, etwa aus Syrien, eine große Anzahl an Menschen nach Europa und auch nach Deutschland kamen, wurden Quoten errechnet, die - gemessen an der Bevölkerungszahl - die Anzahl der aufzunehmenden Personen pro Stadt festlegten. Nach dieser Quote entfiel auf die die Stadt B angesichts ihrer Einwohnerzahl eine Zahl von 250 aufzunehmenden Flüchtlingen, die von Teilen der Bevölkerung auch unterstützt wurden, etwa durch Sachspenden oder Hilfe in alltäglichen Belangen. Schlagzeilen machte die Stadt in der Folge als "Stadt der Mutbürger" nachdem sich die Stadtspitze für die Aufnahme weiterer 100 Flüchtlinge ausgesprochen hatte.
21Die Aufnahme der Flüchtlinge indes stieß nicht bei allen Einwohnern B1 auf Zustimmung. Es wurden Ängste geäußert, die sich mit steigender Kriminalität und dem Aufweichen von Traditionen befassten und nach Bekanntwerden der Aufnahme weiterer Asylsuchender ihren Höhepunkt im Sommer des vergangenen Jahres erreichten.
22Diese Ängste fielen auch bei den Angeklagten auf fruchtbaren Boden. Beide führten bislang ein unauffälliges und beschauliches Leben und waren in Freundeskreise eingebunden, die sich zum Teil auch überschnitten. Die Angeklagten selbst kennen sich bereits aus ihrer gemeinsamen Realschulzeit. Nachdem man sich während der jeweiligen Ausbildungszeiten zunächst etwas aus den Augen verloren hatte, intensivierte sich der Kontakt der beiden in der Folgezeit und es entstand eine Freundschaft unter den beiden, die gemeinsame Interessen – wie Kraftsport und das „Basteln“ an Fahrzeugen in der mit weiteren Freunden gemeinsam angemieteten „Schrauberhalle“ - teilten.
23Im Kreis um die Angeklagten, die sich beide bereits im Jahr 2011 in Hitlerposen ablichten ließen, verfestigte sich die Auffassung, Deutschland werde mit einer übergroßen Menge von Menschen überflutet, die nicht bereit und angesichts fehlender Auffassungsgabe auch gar nicht in der Lage seien, selbst auf legalem Wege für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Die Flüchtlinge wurden als "Asylforderer" angesehen, die die deutsche arbeitende Bevölkerung um Geld und Lebensraum prellen. Sympathie wurde in dieser Situation einer Person wie Adolf Hitler entgegen gebracht, was durch entsprechende Posts in WhatsApp-Gruppen, teilweise als Witz verbrämt, durchaus zum Ausdruck kam.
24Befeuert wurde diese Auffassung bei dem Angeklagten W noch dadurch, dass in seiner Nachbarschaft, unmittelbar angrenzend an den Garten seiner Familie sowie schräg versetzt vor seinem eigenen Grundstück, in der C4 Nr. 14 ein seit etwa zwei Jahren unbewohntes und leer stehendes Mehrfamilienhaus durch die Stadt B als Flüchtlingsunterkunft umgebaut wurde, wovon beide Angeklagte spätestens Anfang September 2015 Kenntnis erlangten. Auch die Freundin des Angeklagten W, die Zeugin I4, die sich vorher bereits ebenfalls eindeutig gegen die Flüchtlinge positioniert hatte, drohte mit Auszug aus der gemeinsam genutzten Wohnung, falls dort tatsächlich Flüchtlinge einziehen. Dabei kann die Kammer feststellen, dass nicht etwa die Angst vor kriminellen Übergriffen die Situation dominierte, sondern der Unmut über die räumliche Nähe zu den Fremden, die in einem entsprechenden Konversationsverlauf als "Pack" dargestellt wurden.
25Vor diesem Hintergrund reifte in dem Angeklagten W der Entschluss, etwas zu tun und das Haus, in dem die Asylbewerber Unterkunft finden sollten, in Brand zu setzen, um dieses unbewohnbar zu machen und so sein aus seiner Sicht durch die Asylbewerber gefährdetes Wohlbefinden wieder herzustellen.
26Am Morgen des 02.10.2015 zogen nun die ersten sieben Asylbewerber in das Haus ein, und zwar in Person zweier Familien aus Syrien. Hierbei handelt es sich einmal um die Anfang September 2015 nach Deutschland gekommene Familie B2 B3/E2, bestehend aus T1 B2 B3, dessen seinerzeit im sechsten Monat schwangeren Ehefrau S E2 sowie seiner Schwester, der 15 Jahre alten G B2 B3, und seiner Mutter U1 Alsayid B3. Sowie anderseits die christliche Familie C2 – bestehend aus dem 66-jährigen B4 C2 mit seinem 26 Jahre alten Sohn F1 und seiner 29-jährigen Tochter F – die aus ihrer Heimat Aleppo über den Libanon, die Türkei, Griechenland, Serbien und Mazedonien am 16.09.2015 nach Deutschland – und zwar zunächst nach C5 und etwa 12 Tage später nach B - gekommen waren.
27Die beiden Familien waren früher als geplant eingezogen, obwohl noch Arbeiten an dem Haus nicht endgültig abgeschlossen waren. Dies beruhte darauf, dass insbesondere die Familie C2 in einer früheren Unterkunft angesichts der Belegung mit ausschließlich jungen Männern und nur einem zur Verfügung stehenden Badezimmer nicht bleiben konnten, ohne dass sich die junge Frau, F C2, unwohl fühlte. Die Unterbringung weiterer Asylbewerber in den kommenden Tagen war geplant.
28Spätestens an diesem Tag, nachdem er die neuen Nachbarn morgens auf der Straße getroffen hatte, traf W den Entschluss, jetzt zu handeln und die Unterkunft in Brand zu setzen. Da ihm bekannt war, dass es sich bei dem Angeklagten L um einen Gleichgesinnten handelte, der in seiner Einstellung gegenüber Flüchtlingen seiner - W - Einstellung nicht nachstand, fassten beide auf Betreiben des Angeklagten W bei einem Treffen an den M1 in B am Nachmittag desselben Tages schließlich den Entschluss, in der kommenden Nacht zu handeln und das Gebäude in Brand zu setzen, um dieses unbewohnbar zu machen. Man verabredete sich für den Abend dieses Tages, um an einer Tankstelle einen Kanister mit Ottokraftstoff zu befüllen, den man für die Brandlegung als Brandbeschleuniger nutzen wollte. Tatplangemäß holte der Angeklagte L mit seinem Fahrzeug den Angeklagten W etwa gegen 20.00/20.30 Uhr an dessen Wohnanschrift, C-Straße in B, ab. Gemeinsam fuhr man nun zur Aral-Tankstelle N in der C3, an welcher der Angeklagte L um 20:48 Uhr 4,38 Liter Kraftstoff in einen eigens hierfür mitgebrachten Kanister befüllte und anschließend bezahlte.
29Möglicherweise um sich ein Alibi zu verschaffen bzw. gar nicht erst in den Focus der Ermittlungen zu geraten, begaben sich beide nun zu dem gemeinsamen Freund C3, bei welchem sich noch die weiteren gemeinsamen Freunde der Angeklagten – nämlich die Zeugen H3 und Benedikt C9 - befanden, um gemeinsam an der Spielekonsole „Playstation“ zu spielen. Das Thema Flüchtlinge wurde hierbei nicht angesprochen. Die Angeklagten wirkten auf ihre Freunde zu dieser Zeit durchaus aufgeräumt und unauffällig. Gegen 23.00/23.15 Uhr verabschiedeten sich die Angeklagten und begaben sich, dem gemeinsamen Tatplan entsprechend, zur Flüchtlingsunterkunft in der C4, wo sie gegen 23.30 Uhr ankamen.
30Bei der Flüchtlingsunterkunft handelt es sich um ein in Massivbauweise errichtetes, in einem reinen Wohngebiet gelegenen Mehrfamilienhaus mit drei Wohnetagen, einem Keller und einem Dachboden, der über eine verschließbare Bodenluke mit herausziehbarer Holztreppe begehbar ist. Das Haus verfügt über eine Satteldachkonstruktion, die mit Tondachsteinen eindeckt ist. Es verfügt über einen gebäudevorderseitigen Hauptzugang, durch den man in das Treppenhaus und von diesem zu den einzelnen Wohneinheiten und dem Spitzboden gelangt. Gebäuderückseitig befindet sich ein Zugang zu den Kellerräumen, über den man ebenfalls ins Treppenhaus gelangt. Pro Etage befinden sich zwei einander gegenüber liegende Wohneinheiten. Alle sieben Bewohner waren in der linken Wohneinheit auf der untersten der drei Wohnetagen im Hochparterre untergebracht. Die übrigen Wohneinheiten sowie der Kellerraum standen seinerzeit noch leer. Die Unterbringung weiterer Asylbewerber in den kommenden Tagen war durch die Stadt B jedoch bereits beabsichtigt.
31Als die Angeklagten hier ankamen, war das Zimmer, in dem sich die Familie C2 befand, noch erleuchtet, und der Nebenkläger B4 C2 war noch wach. Im Übrigen lag die Unterkunft im Dunkeln. Die weiteren Bewohner hatten sich bereits schlafen gelegt. Die Angeklagten begaben sich nun tatplangemäß zu der im hinteren Teil des Hauses gelegenen Kellertür, die verschlossen war. Die Kellertür bestand aus einem hölzernen Türblatt mit drei gleichgroßen Glasfüllungen im oberen Bereich. Den äußerst linken Glaseinsatz klebte der Angeklagte W nun – dem gemeinsamen Tatplan folgend – mit einem von ihm zuvor noch besorgten Klebeband ab, damit das Einschlagen des Glases keinen allzu großen Lärm machte, und schlug die Scheibe ein. Den innen steckenden Schlüssel drehte er sodann im Schloss herum und konnte so die Tür öffnen. Sodann begaben sich beide Angeklagte durch das Treppenhaus hinauf zum mit trockenem Holz ausgebauten und aus einer Holzbodenfläche bestehenden Dachboden des Hauses, der sich auf die Größe der gesamten Gebäudegrundläche erstreckt. Hier angekommen, übergab L, der die gesamte Zeit über den mit Ottokraftstoff gefüllten Kanister trug, den Benzinbehälter dem Angeklagten W und dieser verschüttete im Bereich des der Bodenluke nächsten und den beiden übernächsten hölzernen Stützpfleilern ca. 1,18 Liter des mitgebrachten Kraftstoffes. Ob der Angeklagte L selbst auch Benzin verschüttete, konnte die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Festgestellt werden konnte indes, dass L das Handeln des Angeklagten W, dem er aufgrund seiner Erfahrung bei der Feuerwehr vertraute, billigte. Im Anschluss hieran entflammte der Angeklagte W – wie ebenfalls zuvor gemeinsam geplant – mit einem Feuerzeug und einem Stück Papier das verschüttete Benzin. Sodann beeilten sich beide Angeklagte, unter Verschließen der Dachbodenluke den Brandort über das mit einem Holzgeländer versehenen Treppenhaus, welches im Übrigen aus Stein und nicht brennbaren Materialien wie Beton bestand, und durch die Kellertür zu verlassen.
32Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt während der Tatausführung riss einer der beiden Täter das an der Hauswand mit einem Verteilerkasten verbundene Kabel der noch nicht vollständig installierten Brandmeldeanlage, die dafür sorgen sollte, dass im Brandfalle die Feuerwehr ohne weiteres Zutun alarmiert würde, aus dem Verteilerkasten. Diese Brandmeldeanlage war zwar bereits angeschlossen, eine Aufschaltung jedoch war nicht erfolgt und – im Hinblick auf Missbräuche in anderen Unterkünften – zeitnah auch nicht vorgesehen. Dabei konnte nicht festgestellt werden, wer von beiden hier gehandelt hat, ob dies vor oder nach der Tatbegehung auf der Flucht gewesen ist und ob der jeweils andere hiervon Kenntnis gehabt hat. Die im Haus befindlichen Rauchmelder, die bereits funktionsfähig waren, blieben davon unberührt. Ebenfalls nicht festgestellt werden konnte auch, ob die Angeklagten Kenntnis von dem Umstand hatten, dass es sich um eine Brandmeldeanlage gehandelt hat oder um eine Telefonverteilerdose.
33Die Angeklagten begaben sich sodann zum Fahrzeug des Angeklagten L, welches beide zuvor etwas abseits der Tatörtlichkeit abgeparkt hatten. L brachte den Angeklagten W zum B5 Stadtfest und begab sich selbst zunächst zu der im Stadtteil F3 gelegenen „Schrauberhalle“, wo er den Kanister mit dem restlichen Benzin abstellte, und sodann weiter zu einer Freundin, der Zeugin C7, bei welcher er bis etwa 4.00 Uhr verblieb, ehe er nach Hause fuhr. W verblieb noch bis etwa 04:30 Uhr auf dem B5 Stadtfest und begab sich sodann gemeinsam mit seiner Freundin I4 nach Hause und legte sich schlafen, wobei er vor dem Einschlafen nicht ausschließbar das von seinem Schlafzimmerfenster gut einsehbare Tatobjekt noch eine Weile beobachtete.
34Der Brand, der angesichts der zu gezogenen Bodenklappe von unten nicht mit der erforderlichen Sauerstoffmenge versorgt wurde, entwickelte sich nicht zu einem lodernden Feuer, sondern lediglich zu einem Schwelbrand. Erst zur Mittagsstunde des nächsten Tages – etwa gegen 12:30/12:45 Uhr - nahmen die Zeugen G und D G sowie Klaus und H7 Q2, die zu dem Haus gekommen waren, um den einquartierten Flüchtlingen Sachen – wie beispielsweise Geschirr oder diverse Einrichtungsgegenstände - zu bringen, um sie bei ihrem Einzug zu unterstützen, einen leichten Brandgeruch in der Wohnung der Familie C2 wahr. Zunächst nahm man jedoch an, ein Nachbar habe möglicherweise mit Kaminholz geheizt, was zu dieser Jahreszeit nicht unüblich gewesen wäre. Nachdem sich der Geruch intensiviert hatte, begaben sich die Zeugen G, Klaus und H7 Q2 sowie U1 B2 B3 hinunter in den Keller des Hauses, wo man zwar die beschädigte Kellertür wahrnahm, eine Ursache für den Brandgeruch jedoch nicht ausmachen konnte. Sodann begab man sich wieder zurück in die Küche der Familie C2. Bei Verlassen der Wohnung gegen kurz vor 13.00 Uhr nahmen die Eheleute Q2 und G im Flur erneut – diesmal stärkeren – Brandgeruch wahr. Der Zeuge G begab sich daraufhin nach oben zum Dachboden, öffnete die Bodenklappe, stellte beim Öffnen Rauch fest und entdeckte so den Brand. Er rief nach unten zu dem Zeugen Q2, der jetzt unter anderem den Vater des Angeklagten W, den Zeugen E, der wie auch sein Sohn bei der freiwilligen Feuerwehr in B war, benachrichtigte. Dieser setzte etwa 10 Minuten später – gegen 13.10 Uhr - die Berufsfeuerwehr in Kenntnis. Bei den folgernden Löscharbeiten half auch der Angeklagte W mit. Auf Anweisung des Einsatzleiters schnitt W den Boden am Dachboden im Bereich der Brandstelle am ersten Stützpfeiler in einer Größe von etwa 1m x 1m auf, damit keine Glutnester im Boden unerkannt blieben.
35Der Schwelbrand hatte einen der Stützpfeiler vollständig durchglüht und sich anschließend in die Zwischendecke gefressen, wo tragende Deckenbalken durch Brandzehrungen beschädigt wurden. Die beiden weiteren Stützpfeiler wiesen nach dem Löschen Verkohlungen auf; einer davon wies zudem eine starke Brandzehrung im Bereich der oberen V-Gabelung auf. Der Dachboden musste daher teilweise erneuert werden. Auch die unter der Brandursache befindliche Wohnung war unbewohnbar. Hier waren Durchbrennungen in den Deckenpartien sowie damit einhergehend eine Anhäufung brandbeschädigter Deckenbestandteile in den darunterliegenden Bodenpartien vorzufinden. Der durch den Brand am Gebäude verursachte Sachschaden belief sich auf ca. 17.000,- Euro. Das Haus konnte nach Durchführung entsprechender Sanierungsarbeiten erst im Laufe des Novembers 2015 wieder bezogen werden.
36Die Bewohner der Unterkunft – die Zeugen C2 und B3 Alayed/E2 - konnten das Haus unbeschadet verlassen. Sie fanden zunächst – während der Löscharbeiten - bei Nachbarn Unterkunft und wurden anschließend für fünf Tage in einem Hotel untergebracht, ehe sie einer neuen Wohnung in B zugewiesen wurden. Ernsthafte Folgen psychischer oder physischer Art haben die Bewohner, die auch in der nachfolgenden Zeit noch durch die Zeugen G und Q2 unterstützt worden sind, von der Tat nicht davon getragen.
37Während der Tatausführung war die Fähigkeit beider Angeklagten, das Unrecht ihrer Tat einzusehen nicht aufgehoben. Auch ihre Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, war weder aufgehoben noch erheblich vermindert.
38III.
39Beweiswürdigung
40Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den geständigen Einlassungen der Angeklagten, soweit diesen gefolgt werden konnte, und im Übrigen auf den Ergebnissen der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme, deren Umfang und Förmlichkeiten sich aus dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben.
411.
42Die Feststellungen zum Werdegang und der Person der Angeklagten beruhen auf ihren jeweiligen glaubhaften Einlassungen in der Hauptverhandlung, in denen sie ihre jeweiligen Lebensläufe und Lebensumstände den Feststellungen entsprechend dargetan haben. Dass die Angeklagten strafrechtlich nicht vorbelastet sind, beruht auf der Verlesung der jeweiligen Bundeszentralregisterauszüge vom 07.03.2016.
432.
44Die Feststellungen zum Tatgeschehen, einschließlich der Tatvor- und Tatnachgeschichte sowie der subjektiven Tatseite, beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, soweit diesen gefolgt werden konnte, und im Übrigen auf den Ergebnissen der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme.
45Beide Angeklagte haben sich sowohl hinsichtlich des Tatvor- und Tatnachgeschehens sowie hinsichtlich des konkreten Tatgeschehens, einschließlich ihrer subjektiven Tatseite, im Wesentlichen geständig eingelassen und haben insbesondere die Tatbegehung glaubhaft eingeräumt.
46So haben beide Angeklagten übereinstimmend davon berichtet, dass sie Kenntnis von der festgestellten Flüchtlingspolitik und insbesondere deren Verlauf in B hatten sowie, dass sie – spätestens – Anfang September 2015 davon erfahren haben, dass die Stadt B beabsichtigte, in dem zuvor leer stehenden Mehrfamilienhaus in der C4 Flüchtlinge unterzubringen. Anhand der in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 25-26, 47-51, 53-54 der Akte hat der Angeklagte W auch die konkrete Lage des späteren Tatobjekts den Feststellungen gemäß beschrieben, wobei er hierbei auch insbesondere die Nähe des Asylbewerberheims zu seinem eigenen Wohnhaus und dem seines Vaters dargetan hat. Abweichend von den getroffenen Feststellungen haben sich beide Angeklagte jedoch sodann dahin eingelassen, sich zunächst keine weiteren Gedanken zu der Flüchtingsthematik gemacht zu haben. Der Angeklagte W hat hierzu zudem ausgeführt, er habe sich mit dem Thema der Flüchtlingspolitik zunächst gar nicht näher beschäftigt. Übereinstimmend haben beide Angeklagte weiter angegeben, beeinflusst durch die mediale Berichterstattung, den sozialen Netzwerken und Gesprächen im Bekannten- und Freundeskreis, seien Ängste vor zunehmender Kriminalität der ankommenden Flüchtlinge entstanden. Sie hätten – so beide Angeklagte - Einbrüche, Diebstähle und Vandalismus durch die Flüchtlinge gefürchtet und insbesondere Angst vor gewalttätigen Übergriffen auf ihre Freundinnen oder Familienmitglieder – beispielsweise seine Großmutter, so der Angeklagte W, bzw. seine Schwester, so L – gehabt. Der Angeklagte W hat hierzu weiter angegeben, seine Ängste hätten sich in der Folgezeit – insbesondere, nachdem er erfahren habe, dass Flüchtlinge in seiner unmittelbaren Nachbarschaft untergebracht werden sollten - immer mehr gesteigert und sogar zu Schlafproblemen geführt, die sich wiederum negativ auf seinen Alltag und seine Arbeit ausgewirkt hätten. Auch untereinander und im Freundeskreis habe man – so die übereinstimmenden Einlassungen beider Angeklagten - sich über die Thematik unterhalten. Während der Angeklagte W hierzu angegeben hat, er habe sich bei den Gesprächen meist im Hintergrund gehalten und sich – auch gegenüber L – nicht positioniert, hat der Angeklagte L ausgeführt, in Gesprächen mit Freunden – wie beispielsweise dem Zeugen H6 – teils auch kritisch Stellung bezogen und sich negativ geäußert zu haben. In Gesprächen mit dem Angeklagten W habe man – so L weiter - festgestellt, dass man die Ängste und Sorgen teile. Den Feststellungen entsprechend hat der Angeklagte W sich weiter dahin eingelassen, wie er am Vormittag des Tattages auf die ersten in dem Tatobjekt eingezogenen Flüchtlinge – die Familie C2 – getroffen ist und nun endgültig den Entschluss gefasst hat, tätig zu werden. „Jetzt oder nie“, habe er sich – so der Angeklagte W in der Hauptverhandlung - gedacht. Übereinstimmend haben beide Angeklagte weiter - wie seitens der Kammer festgestellt - angegeben, wie sie sich am Nachmittag des 02.10.2015 an der Lenneterrasse in B getroffen haben, wobei der Angeklagte W dem Angeklagten L vom Einzug der ersten Flüchtlinge in die C4 berichtet hat. Der Angeklagte W hat sich hierbei weiter dahin eingelassen, er habe keine konkrete Erinnerung an die Details des Gespräches und könne auch nicht genau sagen, ob bereits zu diesem Zeitpunkt tatsächlich der Entschluss gefasst worden sei, das Haus in Brand zu setzen, oder ob dieser erst zu einem späteren Zeitpunkt, im Verlaufe der Abendstunden, gemeinsam gefasst worden sei. Der Angeklagte L hat indes den Feststellungen entsprechend glaubhaft berichtet, dass W bereits hier mit der Idee, das Haus in Brand zu stecken aufgewartet habe und man bereits bei diesem Treffen – auf Betreiben des Angeklagten W – gemeinsam den Entschluss gefasst habe, das Gebäude in Brand zu setzen, um es unbewohnbar zu machen. Den weiteren Verlauf – von der gemeinsamen Fahrt zur Tankstelle und den Erwerb des Benzins durch L über das Treffen bei dem Zeugen C3 mit weiteren gemeinsamen Freunden zum Playstation-Spielen bis hin zur Rückfahrt der beiden und Ankunft am Tatobjekt – haben die Angeklagten einschließlich der jeweiligen Uhrzeiten übereinstimmend und wie seitens der Kammer festgestellt dargetan. Auch, dass in einer der im Erdgeschoss/Hochparterre liegenden Wohnungen noch Licht brannte, beide über die durch W geöffnete Kellertür ins Haus gelangt und sich durch das Treppenhaus zum Dachboden begeben haben, wobei L den Kanister mit Benzin getragen hat, haben beide Angeklagten übereinstimmend den Feststellungen entsprechend geschildert. Abweichend hat sich der Angeklagte W insoweit lediglich dahin eingelassen, das Kellerfenster nicht abgeklebt und eingeschlagen zu haben, um in das Haus zu gelangen. Vielmehr – so W in der Hauptverhandlung - sei das Fenster der Kellertür bereits beschädigt gewesen, so dass er durch dieses habe durchgreifen und den innen steckenden Schlüssel habe umdrehen können. Demgegenüber hat der Angeklagte L – gemäß den Feststellungen – bekundet, wie W das Kellerfenster mit Klebeband abgeklebt und sodann eingeschlagen habe, um die Tür öffnen zu können. Übereinstimmend haben beide Angeklagte angegeben, man sei bewusst auf den Dachboden des Hauses gegangen, um dort den Brand zu legen. Ziel sei es gewesen, das Haus unbewohnbar zu machen; Menschen habe man nicht töten wollen. Der Angeklagte W hat hierzu ergänzend angegeben, seiner Einschätzung nach habe ein Feuer auf dem Dachboden des Gebäudes für die im Erdgeschoss wohnenden Personen die geringste Gefahr dargestellt. Ebenfalls den Feststellungen gemäß haben beide Angeklagten übereinstimmend weiter geschildert, wie man die Luke zum Dachboden geöffnet, den Dachboden betreten, L dem W den Benzinkansister übergeben, dieser einen Teil des Benzins auf dem Dachboden verschüttet und mit einem Stück Papier und einem Feuerzeug angezündet habe. Während sich der Angeklagte W – insoweit abweichend von den getroffenen Feststellungen – dahin eingelassen hat, er habe das Benzin nicht bewusst an die Stützbalken geschüttet, sondern vielmehr von der Treppe aus ungezielt und willkürlich verschüttet, hat der Angeklagte L anhand des oberen Lichtbildes Bl. 29 der Akte – den Feststellungen entsprechend – angegeben, wie W das Benzin an die Stützpfeiler verteilt hat. Letztlich haben die Angeklagten übereinstimmend das Tatnachgeschehen - mithin, wie sie aus dem Haus hinaus, zurück zum Fahrzeug des L, der W in die Innenstadt gebracht hat - den Feststellungen entsprechend berichtet. Auch ihre weitere Abendgestaltung haben die Angeklagten jeweils für sich den Feststellungen gemäß geschildert. In diesem Zusammenhang hat der Angeklagte W auch angegeben, nach Rückkehr vom Stadtfest gegen 04:30 Uhr zunächst das Tatobjekt, welches er von seinem Schlafzimmerfenster aus gut im Blick gehabt habe, beobachtet zu haben, bis er schließlich eingeschlafen sei. Auch, wie er am nächsten Morgen durch seinen Vater vom Brand erfahren und in seiner Funktion bei der freiwilligen Feuerwehr an den Löscharbeiten beteiligt gewesen war, hat W wie seitens der Kammer festgestellt in der Hauptverhandlung geschildert.
47Hinsichtlich der – noch nicht installierten - Brandmeldeanlage haben beide Angeklagte nicht in Abrede gestellt, dass diese durch einen von ihnen beschädigt worden ist. Der Angeklagte W hat sich insoweit dahin eingelassen, der Angeklagte L habe das Kabel im Rahmen der Flucht herausgerissen; er selbst habe gar nicht gewusst, dass es sich hierbei um eine Brandmeldeanlage gehandelt habe. Nach der Einlassung des Angeklagten L habe dieser von der Anlage rein gar nichts gewusst; die Drähte müsse W ohne sein Wissen herausgerissen haben.
483.
49Soweit sich die Angeklagten den Feststellungen entsprechend geständig eingelassen haben, bestehen keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben.
50a) So haben beide Angeklagte den wesentlichen Geschehensablauf und insbesondere ihre jeweilige Tatbeteiligung im Einklang mit dem jeweils anderen Angeklagten dargetan. Darüber hinaus haben die Angeklagten die Tatbegehung bereits in ihrer jeweiligen polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 08.10.2015, deren Inhalt die jeweiligen Vernehmungsbeamten - KOK I2 betreffend W und L4 betreffend L - mit sichtlich guter Erinnerung und detailliert in der Hauptverhandlung wiedergegeben haben, eingeräumt und hierbei den Tathergang jedenfalls im Wesentlichen konstant zu den in der Hauptverhandlung gemachten Angaben geschildert. Soweit der Angeklagte W in seiner ersten polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 06.10.2015, die der Vernehmungsbeamte L4 in der Hauptverhandlung mit sichtlich guter Erinnerung wiedergegeben und dessen Inhalt der Angeklagte W auf Vorhalt selbst bestätigt hat, die Tat in Abrede gestellt hat, hat der Angeklagte W in der Hauptverhandlung von diesen Angaben ausdrücklich und glaubhaft Abstand genommen. Und auch der Angeklagte L hat sich von seinen zunächst in der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 08.10.2015 gemachten, die Tat bestreitenden Angaben, die die Vernehmungsbeamten L4 und KOK I2 anschaulich wiedergegebenen haben, ernsthaft distanziert und die zunächst gemachten Angaben glaubhaft damit begründet, er habe durch die lange Wartezeit bei der Polizei bis zum Vernehmungsbeginn, die insoweit durch den Zeugen L4 bestätigt worden ist, zunächst „kalte Füße“ bekommen und daher von seinem ursprünglichen Plan, seine Tatbegehung bei der Polizei direkt einzuräumen, erst mal Abstand genommen. Nach dieser Vernehmung, die ausweislich der Aussage des Zeugen L4 um 11.20 h beendet war, habe er – so L – weiter über die Sache nachgedacht und sich überlegt, dass man ihm seine zuvor gemachten Angaben so oder so werde wiederlegen können. Daher habe er sich entschlossen, die Tatbegehung zuzugeben, weshalb er sich um die Mittagszeit – gegen 14.00 h – erneut habe vernehmen lassen. Zuvor habe er sich zwar informationshalber nach der Wahrscheinlichkeit von Untersuchungshaft erkundigt, aussagen habe er aber so oder so wollen. Der Polizeibeamte habe sich – so auch L4 weiter – mit dem zuständigen Vertreter der Staatsanwaltschaft in Verbindung gesetzt, der seine Einschätzung dahin dargetan habe, dass aufgrund der sozialen Bindungen des Angeklagten, eines festen Wohnsitzes bei seinen Eltern sowie der Tatsache, dass bisher keine polizeilichen Erkenntnisse gegen ihn vorliegen, eine Untersuchungshaft unwahrscheinlich sei. Dass es sich hier nur um eine vorläufige Einschätzung gehandelt hat, sei dem Angeklagten dabei bewusst gewesen.
51b) Darüber hinaus werden die Einlassungen der Angeklagten, soweit sie den Feststellungen entsprechen, auch durch die weiteren Ergebnisse der Beweisaufnahme gestützt.
52aa) So werden die Einlassungen der Angeklagten hinsichtlich der vorsätzlichen Brandlegung zunächst gestützt durch die überzeugenden Ausführungen des Brandsachverständigen E4. Dieser nämlich ist in seinem Gutachten in der Hauptverhandlung zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich vorliegend um eine vorsätzliche Inbrandsetzung unter Verwendung eines flüssigen Brandbeschleunigers – wie Ottokraftstoff - gehandelt haben müsse. Hierzu hat der Sachverständige in der Hauptverhandlung zunächst anhand der nachfolgend genannten Lichtbilder überzeugend ausgeführt, dass in der rechten Spitzbodenhälfte ein Brandspurenverlauf vorzufinden gewesen sei, der klar darauf hindeute, dass mehrere räumlich voneinander getrennte Brandentstehungsbereiche vorlägen. So sei – wie der Sachverständige anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder Nr. 87–103, 107-113 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 379 R – 383 R, 384 R – 386 der Akte) nachvollziehbar erläutert hat - ein erster Brandschwerpunkt im Bereich des – von der Luke aus gesehen links nach rechts gezählten – vierten Ständerbalkens des Dachtragwerkes, der sich linksseitig des hinteren rechten Schornsteins des Gebäudes befunden habe, festzustellen gewesen. Hier seien erhebliche Substanzverluste an brennbaren Materialen vor allem im unteren Drittel des Holz-Ständerbalkens vorhanden gewesen, die mit einer vollständigen Vernichtung des untersten Balkens einher gegangen seien. Zudem hätten an diesem Balken weitere Brandzehrungen im Bereich der Befestigung eines Diagonalbalkens in Richtung Firstpfette vorgelegen, die angesichts fehlender Spuren aufsteigender Hitze nicht als Folge der Brandentstehung in den Bodenparteien entstanden sei könne, sondern auf eine eigene Feuerquelle schließen lassen. Ein zweiter Brandschwerpunkt – so der Sachverständige E4 anhand der Lichtbilder Nr. 114, 119-130 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 386, 387 R-390 der Akte) - sei am rechtsseitig des zuvor genannten Schornsteins verbauten Ständerbalken (Nr. 5), festzustellen gewesen. Auch an diesem Balken seien dezente Brandzehrungen in den unteren Bereichen und – unabhängig von diesen – weitere Brandzehrungen im Mündungsbereich des Diagonalbalkens vorzufinden gewesen, wenngleich mit wesentlich geringeren Substanzverlusten als in den unteren Parteien des zuvor beschriebenen Balkens Nr. 4. In ähnlicher Ausprägung wie die bereits zuvor dargestellten beiden Brandschwerpunkte habe schließlich – wie der Sachverständige E4 anhand der in Augenschein genommen Lichtbildern Nr. 115, 131-139 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 386 R, 390 R -392 R der Akte) überzeugend ausgeführt hat – ein dritter Brandschwerpunkt am Ständerbalken Nr. 6, der an die – von der Bodenluke aus gesehen - rechte Giebelwand des Spitzbodens angrenze, vorgelegen. Hier seien erhebliche Substanzverluste im Mündungsbereich zum Diagonalbalken sowie weniger intensiv ausgeprägte Brandzehrungen im unteren Ständerbalkenbereich vorhanden gewesen. Anhand der in der Hauptverhandlung ebenfalls in Augenschein genommen Lichtbilder Nr. 140-150 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 392 R-395 der Akte) hat der Sachverständige E4 anschaulich und nachvollziehbar erläutert, dass die Rekonstruktion der im Rahmen des Löscheinsatzes durch die Feuerwehr verlagerten, in mehreren Schichten übereinander ausgelegten PVC- bzw. Linoleum-Bodenbeläge das Bild von oberflächlichen und klar abgegrenzten Einbrennungen an den Bodenbelägen, die insgesamt betrachtet eine Verbindung zwischen den drei (bzw. sechs) zuvor genannten Brandschwerpunkten an den jeweiligen Ständerbalken markiert hätten, ergeben. Dabei – so der Sachverständige nachvollziehbar weiter – seien die an den drei Balken in den oberen Bereichen der Balken Richtung Firstpfette verlaufenden erheblichen Brandzehrungen – wie oben ausgeführt nicht mit der – dargestellten - Brandentstehung in den Bodenparteien in Einklang zu bringen und daher als getrennt voneinander zu beurteilende Brandentstehungsbereiche einzustufen.
53Dabei komme - insbesondere unter konsequenter Anwendung des Eliminationsverfahrens - nur eine vorsätzliche Handlung als Brandursache in Betracht. Denn im Rahmen der Schadensanalayse seien keine Feuerstätten oder Heizgeräte, die mit elektrischer Energie oder Flüssiggas betrieben würden, bzw. Reste davon, innerhalb des unmittelbaren Brandentstehungsortes aufgefunden worden. Auch seien im Rahmen der Brandstellenuntersuchung in den mittelbaren und unmittelbaren Partien des Brandentstehungsortes keinerlei Hinweise auf das Vorhandensein von zur Selbstentzündung oder Selbsterhitzung neigenden Substanzen gegeben gewesen. Eine Brandentstehung ausgehend von einem der Schornsteine des Gebäudes sei – so der Sachverständige weiter – mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen. Dies zum einem aufgrund des vorliegenden Brandspurenbildes und zum anderen insbesondere anhand der Tatsache, dass das Gebäude mittels Nachtspeicheröfen beheizt worden und die Schornsteine seit langem außer Betrieb gewesen seien, was anhand erheblicher Mengen an Spinnengeweben – wie unter anderem auch auf den in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbildern Nr. 104-106 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 383 R-384 der Akte) ersichtlich - verifiziert werden könne. Weiterhin ergäben sich keinerlei Hinweise darauf, dass der Brandschaden durch einer entsprechenden Witterungsbedingung – wie etwa durch einen Blitzeinschlag – habe ausgelöst werden können. Schließlich sei auch ein elektrischer Primärdefekt als Brandursache auszuschließen. An elektrischen Geräten sei lediglich in der rechten Hälfte des Spitzbodens entlang der Firstpfetten ein Leitungssatz mit angeschlossener Leuchtstoffröhrenleuchte vorhanden gewesen, die jedoch nicht nennenswert hitzebeschädigt gewesen sei, wie der Sachverständige E4 anhand der Lichtbilder Nr. 164-168 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 398 R-399 R der Akte) anschaulich dargetan hat. Auch an den außerhalb des lokalen Brandschwerpunktes etablierten Komponenten der elektrischen Anlage des Gebäudes – namentlich den Elektroverteilungen – sowie den Komponenten der Elektroinstallationen und den elektrisch eingespeisten Verbrauchern seien keinerlei brandursächliche Auffälligkeiten festgestellt worden. In Anbetracht des vorgefunden Brandspurenbildes mit mehreren Brandherden und der sich am Brandort darstellenden Gesamtsituation hat der Sachverständige E4 ebenfalls ausschließen können, dass die Brandursache in einem Zusammenhang mit unachtsamem Umgang mit funkenreißenden Werkzeugen, einem fahrlässigen Umgang mit offener Flamme bzw. noch glimmenden Tabakresten oder dem unsachgemäßen Betrieb von Elektrogeräten gestanden hat.
54Vielmehr habe – wie der Sachverständige E4 anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder Nr. 101, 102, 111, 112, 126, 127, 129, 130, 137 des vorläufigen schriftlichen Gutachtens (Bl. 383, 385 R, 389-390, 392 der Akte) weiter überzeugend ausgeführt hat – eine Überprüfung im Bereich der lokalen Brandschwerpunkte im Spitzboden des Gebäudes – insbesondere an den drei genannten Stützbalken - unter Verwendung des Photoionsationsdetektors (PID) signifikante Messwerte von teilweise deutlich oberhalb von 500 ppm flüchtige Kohlenwasserstoffe (Brandbeschleuniger) ergeben. Zudem sei im Bereich dieser Messpositionen organoleptisch ein intensiver Geruch wahrgenommen werden, der an Ottokraftstoff erinnere, wie der Sachverständige im Einklang mit dem mit der Spurensicherung beauftragten Zeugen L3 bekundet hat. Das beschriebene Brandspurenbild an den Bodenbelägen weise in nahezu mustergültiger Weise auf die Ausbringung eines flüssigen Brandbeschleunigers und dessen anschließender Umsetzung hin.
55Im Einklang hierzu stehen wiederum die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. H5 des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen. Den glaubhaften Angaben des mit der Spurensicherung beauftragten Zeugen L3 zufolge hat dieser Brandschuttproben (Asservate 6-7) vom Boden (Lichtbilder Nr. 41 und 42, Bl. 67 der Akte), vom Stützpfeiler (Lichtbild Nr. 43, Bl. 68 der Akte) sowie eine sog. „Blindprobe“ aus einem nicht brandbetroffenen Bereich des Holzpfeilers (Asservat Nr. 8) entnommen. Eine weitere Brandschuttprobe des fünften Stützbalkens (Asservat Nr. 5) wurde zudem durch den Zeugen C6 entnommen und sichergestellt, wie dieser glaubhaft bekundet hat. Der Brandsachverständige E4 hat zudem – so seine glaubhaften Ausführungen in der Hauptverhandlung - zwei Brandschuttproben von den Ständerbalken Nr. 4 und Nr. 5 (vgl. Lichtbilder Nr. 113, 128, Bl. 386, 389 R der Akte) sowie weitere Proben an den brandbetroffenen Bodenbeläge entnommen (Asservate 9-11). Diese wurden durch L4 – wie dieser auf Vorhalt bestätigt hat – an das Landeskriminalamt NRW übersandt. Hier hat die Sachverständige Dr. H5 ihren überzeugenden Ausführungen zufolge die entsprechenden Proben nach der sog. „Headspace-SPME-Methode“ mit einem massenselektiven Detektor (MSD) gaschromatographisch untersucht und dabei feststellen können, dass an den Asservaten Nr. 6, 7, 9-11 Anhaftungen eines Gemisches aromatischer und aliphatischer Kohlenwasserstoffe nachweisbar sei. Diese nachgewiesenen Anhaftungen seien – so die Sachverständige überzeugend – als Rückstände von Ottokraftstoff zu bewerten. Auch an der Probe Asservat Nr. 8 hätten sich vage Hinweise auf ein ebensolches Gemisch ergeben. Zwar könne hierbei angesichts der unterschiedlichen Ver- und Abrennungen der zu untersuchenden Proben und des Umstandes, dass Ottokraftstoff aus vielen unterschiedlichen Komponenten bestünde, die jeweils bei unterschiedlichen Temperaturen verdampften, nicht sicher festgestellt werden, dass es sich jeweils um ein und denselben Ottokraftstoff gehandelt habe. Allerdings habe die Untersuchung auch keinerlei Hinweise auf das Vorliegen verschiedener Kraftstoffe ergeben.
56Das dargestellte Brandspurenbild und die insoweit getroffenen Feststellungen zur Brandentstehung ließen sich – so der Brandsachverständige E4 auf Nachfrage in der Hauptverhandlung – schlüssig und plausibel mit der durch den Angeklagten L in seiner Einlassung geschilderten Ablauf in Einklang bringen, nach der W das mitgebrachte Benzin – gezielt - über die Balken verschüttet haben soll. Die Einlassung des Angeklagten W, er habe lediglich von der Treppe aus ziellos das Benzin verschüttet, sei hingegen – so der Brandsachverständige auf weitere Nachfrage – mit dem Spurenbild nicht in Einklang zu bringen. Denn mit einem willkürlichen Verschütten vom Treppenbereich aus, ließen sich die drei unterschiedlichen Brandherde nicht erklären, insbesondere nicht hinsichtlich des hinteren, für eine solche Vorgehensweise zu weit entfernten Stützbalkens. Auch die Brandspur auf dem Boden spreche für einen einheitlichen Schüttvorgang mit verbindender Kraftstoffspur und damit ganz eindeutig gegen die Einlassung des Angeklagten W.
57Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Brandsachverständigen Diel nach eigener Überprüfung an. Die Ausführungen des Sachverständigen waren schlüssig, plausibel und für die Kammer gut nachvollziehbar. Der Sachverständige ist bei seiner Begutachtung von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausgegangen und hat sich auch im Rahmen seiner Begutachtung mit den jeweiligen Einlassungen auseinander gesetzt, diese entsprechend berücksichtigt und in sein in der Hauptverhandlung mündlich erstattetes Gutachten einfließen lassen. In diesem Zusammenhang ist ferner zu sehen, dass auch die Zeugen X3, C8, KHK K1 und L3 jeweils unabhängig voneinander das sich ihnen im Rahmen der Nachschau auf dem Dachboden bietende Schadensbild im Einklang mit dem Sachverständigen Diel dargetan haben und auch die Zeugen zu der Einschätzung gekommen sind, dass sowohl mehrere Brandherde an den entsprechenden Stützpfeilern vorgelegen haben, als auch, dass es sich vorliegend – insbesondere angesichts des Schadensbildes - um eine vorsätzliche Inbrandsetzung gehandelt haben müsse.
58bb) Gestützt werden die Einlassungen beider Angeklagten zudem dadurch, dass der Angeklagte L beim Befüllen des Kanisters mit Benzin sowie dem anschließenden Bezahlvorgang an der Aral-Tankstelle N, C2, B videografiert worden ist. Insoweit haben die ermittelnden Beamten C und KHK T2 in der Hauptverhandlung übereinstimmend bekundet, das entsprechende Videomaterial gesichtet, sichergestellt und die hieraus entsprechenden, sich in den Akten befindlichen und in der Hauptverhandlung mit den Verfahrensbeteiligten in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 93 – 98 der Akte gefertigt zu haben. Hier begibt sich eine männliche Person, bekleidet mit einer dunklen Jacke mit Kapuze, hellblauen Jeans, roten Sportschuhen mit weißer Sohle und einer grauen Baseballkappe mit schwarzen Schirm und einem Aufdruck der Musikband „Böhse Onkelz“, ab 20:48:30 Uhr zur Zapfsäule 2 der Tankstelle, füllt Benzin in einen dunklen, selbst mitgeführten Kanister, geht anschließend – ab 20:49:01 Uhr - zur Kasse und schließt um 20:51:48 den Bezahlvorgang ab. Dabei entspreche – so die Zeugen C und KHK T2 übereinstimmend – die auf den Lichtbildern ersichtliche Systemzeit der tatsächlichen Sommerzeit und damit der Realzeit. Die Auswertung der entsprechenden Umsatzbelege – wie die vorgenannten Zeugen übereinstimmend mit den auf entsprechenden Vorhalt gemachten Angaben der Angeklagten bekundet haben – habe ergeben, dass insgesamt eine Menge von 4,38 Liter Kraftstoff abgefüllt worden seien.
59Dass es sich bei der videografierten männlichen Person um den Angeklagten L handelt, hat dieser sowohl in der Hauptverhandlung als auch im Rahmen seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 08.10.2015 und zwar noch vor seinem Geständnis – so L4 – eingeräumt. Auch die Kammer selbst hat sich durch Inausgenscheinnahme der aus den Videoaufzeichnungen gefertigten Lichtbilder sowie des Angeklagten L hiervon überzeugen können. Letztlich hat auch die Zeugen S den Angeklagten L als die männliche Person auf den entsprechenden Lichtbildern der Videofrequenzen zweifelsfrei wiedererkannt. Soweit die Zeugin C zu Beginn der Ermittlungen zunächst eine Ähnlichkeit zwischen der videografierten Person und dem Angeklagten W angenommen hat, hat die Zeugin in der Hauptverhandlung klargestellt, dass diese zunächst angestellte, vage Vermutung ihrerseits unzutreffend gewesen sei. Bereits nach anschließend erfolgter Durchsuchung bei dem Angeklagten W in dessen Anwesenheit am 06.10.2015 habe man festgestellt, dass es sich bei der videografierten Person nicht um diesen Angeklagten gehandelt habe. Der seinerzeit tätige Mitarbeiter der Tankstelle, der Zeuge H2, hat hierbei glaubhaft bestätigt, dass die vorliegenden Lichtbilder eindeutig von der oben genannten Aral-Tankstelle stammen. Dass der Zeuge sich nicht mehr an den konkreten Vorgang erinnern konnte, ist angesichts der lange zurückliegenden Dauer des Geschehens sowie des Umstandes, dass es sich für den Zeugen um einen unauffälligen, alltäglichen, routinierten Ablauf im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Tankstelle handelte, plausibel nachzuvollziehen.
60Passend hierzu wiederrum konnte durch die Polizei – wie der Zeuge C5 glaubhaft angegeben hat - in der unter anderem durch die Angeklagten angemieteten „Schrauberwerkstatt“, I-Weg in B am 08.10.2015 ein entsprechender dunkler Benzinkanister aufgefunden werden. In diesem 5l umfassenden Kanister befand sich – so C5 glaubhaft weiter – noch eine Restmenge an Kraftstoff von 3,2 Litern. Überdies konnte – den glaubhaften Angaben des Zeugen C5 zufolge - bei der Wohnanschrift der Freundin des Angeklagte, der Zeugin S, E-Straße in B, am 08.10.2015 unter anderem rote Turnschuhe sowie eine graue Baseballkappe mit schwarzen Schirm aufgefunden und sichergestellt werden. Die Inaugenscheinnahme der insoweit gefertigten Lichtbilder der sichergestellten Kleidungsstücke sowie des Benzinkanisters (Bl. 214-215 der Akte) hat hierbei ergeben, dass diese den videografierten Schuhen, Kappe und Kanister entsprechen.
61cc) Auch die Einlassung der Angeklagten, man habe den Abend zunächst gemeinsam mit den weiteren Freunden H3 und C9 bei dem Zeugen C3 verbracht, um hier an der Playstation zu spielen, wird gestützt durch die Angaben der Zeugen H3, C9 und C3, die dies in der Hauptverhandlung entsprechend bekundet haben. Übereinstimmend haben die genannten Zeugen dabei auch glaubhaft angegeben, dass die Stimmung gut gewesen sei. Man habe sich gut unterhalten, wobei über das Thema Flüchtlinge an diesem Abend nicht gesprochen worden sei. Auch an den Angeklagten sei ihnen nichts Besonderes aufgefallen. In Übereinstimmung mit den Angeklagten haben die Zeugen ferner auch bestätigt, dass an dem Abend keinerlei Alkohol – oder gar illegale Drogen – konsumiert worden sei.
62dd) Die Einlassung der Angeklagten, bei ihrer Ankunft am Tatobjekt habe in einer der unteren Wohnungen noch Licht gebrannt, wird gestützt durch die glaubhaften Angaben des Nebenklägers B4 C2 und der Zeugin K3. B4 C2 hat glaubhaft angegeben, das Licht im Flurbereich der Wohnung in der Nacht an gelassen zu haben, da er einerseits zum fraglichen Zeitpunkt – seiner Erinnerung nach – noch wach gewesen sein dürfte und andererseits, weil er aufgrund seiner Diabeteserkrankung nachts öfter wach sei bzw. die Toilette aufsuchen müsse und daher stets das Licht brennen lasse. Im Einklang hierzu hat die Zeugin K2 glaubhaft bekundet, in der Nacht aufgrund von Schlafproblemen öfter wach gewesen zu sein und hierbei ebenfalls beobachtet zu haben, dass in der Hochparterrewohnung des Hauses der C5, welches ihrem Haus schräg gegenüber liege, noch Licht gebrannt habe, wobei die Zeugin die Uhrzeiten – insoweit auf Vorhalt – mit etwa 1:00 und 4:00 Uhr angegeben hat. Die übrigen Bewohner haben in Übereinstimmung mit B4 C2 angegeben, zur Tatzeit schon geschlafen zu haben.
63ee) Die Einlassung des Angeklagten L, er habe sich nach der Tat zur Zeugin C7 begeben, wird gestützt durch die Angaben der Zeugin, die dies im Einklang mit dem Angeklagten glaubhaft geschildert hat. Hinsichtlich des Angeklagten W hat die Zeugin I4 im Einklang mit der Einlassung dieses Angeklagten berichtet, dass sie sich mit ihm auf dem Stadtfest getroffen habe und man sich anschließend gemeinsam zur Wohnung des W begeben habe.
64dd) Dass der Angeklagte W bei den anschließenden Löscharbeiten in seiner Funktion als Feuerwehrmann wie festgestellt geholfen hat, haben insbesondere die Zeugen X3, u, T2 und Klaus Q2 im Einklang mit der Einlassung des Angeklagten W glaubhaft bekundet.
654.
66Dass der Angeklagte W der Ideengeber war, der nach Ansichtigwerden der Familie C2 am Morgen vor der Tat, den Entschluss gefasst hatte, das Haus in Brand zu setzen, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Angeklagten L, der wie dargestellt angegeben hat, W habe bei dem Treffen an den M1 mit der Idee, das Haus in Brand zu setzen aufgewartet, auf Betreiben des W habe auch er – L - den Entschluss gefasst. Diese Angaben sind im Vergleich mit den Angaben des Zeugen W glaubhaft und geeignet, die entsprechenden Feststellungen zu tragen. Dabei ist zum einen zu sehen, dass vor dem Hintergrund der örtlichen Nähe der Unterkunft zum Haus des W dieser eher ein über eine allgemeine Fremdenfeindlichkeit hinausgehendes Motiv zur Brandlegung gehabt haben mag als L. Zudem ist zu würdigen, dass W sich an dieser Stelle der Einlassung nur mit einer Gedächtnislücke erklärt hat, nach der er nicht mehr wisse, welchen Inhalt dieses Gespräch gehabt habe und ob zu dieser Zeit bereits der Tatentschluss gefasst worden sei. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass diese Gedächtnislücke angesichts des einschneidenden Charakters der Tat für das Leben der Angeklagten nicht glaubhaft erscheint.
675.
68Auch die Feststellung, dass die Tat auf fremdenfeindlichen Beweggründen beider Angeklagten beruht, ergibt sich zunächst aus ihren jeweiligen Einlassungen. Denn insoweit haben beide Angeklagte jeweils für sich angegeben, den Brand in der Absicht gelegt zu haben, das Wohnhaus für die Asylbewerber unbewohnbar zu machen, da man diese nicht dort – W in seiner Nachbarschaft, L in seinem Wohnort, wo seiner Ansicht nach bereits zu viele Asylbewerber wohnten - wohnen haben wollte.
69Soweit die Angeklagten sich hierzu jedoch abweichend dahin eingelassen haben, die Tat basiere auf ihrer – durch die Medien und Gespräche im Umfeld hervorgerufenen – Ängste vor den Asylbewerben und gesteigerter Kriminalität durch diese, sind ihre Einlassungen im Sinne der getroffenen Feststellungen zur Überzeugung der Kammer widerlegt.
70a) Zwar haben nahezu sämtliche hierzu vernommenen Zeugen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis der Angeklagten – insbesondere dem engeren Freundeskreis angehörigen Zeugen C3, Benedikt C9, H3, Kevin H6, Rouven I3, Y und S - vorgegeben, nicht zu wissen, welche Einstellung die Angeklagten zu der Frage der Asylpolitik hatten, man habe sich darüber nicht unterhalten. Lediglich die Zeugen C3, C9 und H6 haben auf entsprechend Vorhalt angegeben, sich mit den Angeklagten – C3 und C9 hinsichtlich des Angeklagten W und H6 hinsichtlich des Angeklagten L – unterhalten zu haben. Jedoch - so die Zeugen weiter – sei das Thema nur äußerst selten aufgekommen und die Angeklagten hätten sich ihnen gegenüber nicht positioniert.
71Allerdings ist insoweit einerseits zu sehen, dass die Angaben der vorgenannten Zeugen, bei denen es sich jeweils um gute Freunde der Angeklagten gehandelt hat, eindeutig von Entlastungstendenzen zu Gunsten der Angeklagten getragen waren. Ihre Angaben, man habe sich eigentlich nicht über diese Thematik unterhalten, ist angesichts der Präsenz des Themas zum damaligen Zeitpunkt, insbesondere die Stadt B betreffend, der in Kürze nochmals 100 neue Flüchtlinge zugewiesen werden sollten, schlichtweg nicht glaubhaft. Zudem bedeutet der Umstand, dass die Angeklagten nicht mit jedem der Zeugen über die Flüchtlingspolitik gesprochen und ihre Ansichten kundgetan haben mögen, nicht, dass sie solche Ansichten nicht tatsächlich gehabt haben.
72b) Anderseits haben auch einige der Zeugen – so insbesondere die Zeugin C7 für den Angeklagten L und I4 für den Angeklagten W - durchaus angegeben, dass man sich „natürlich“ darüber unterhalten habe und die Angeklagten dem Thema negativ gegenüber standen. Insoweit hat die Zeugin C7 hinsichtlich des Angeklagten L angegeben, sich durchaus mit dem Angeklagten L unter anderem auch über die Flüchtlingspolitik unterhalten zu haben. Während auch sie hierzu zunächst angegeben hat, sie könne sich nicht mehr erinnern, wie der Angeklagte hierzu eingestellt sei, hat sie letztlich auf Vorhalt des WhatsApp Nachrichtenverlaufs zwischen ihr und dem Angeklagten L – wenngleich zögerlich – angegeben, der Angeklagte L sei dem Thema Flüchtlingspolitik gegenüber „sehr skeptisch“ gewesen. Es sei nicht so, als würde er die Flüchtlinge „mit offenen Armen empfangen“. Vielmehr habe sie ihm angemerkt, dass dieser die gleichen und von der Zeugin als „recht radikal“ bezeichneten Ansichten wie ein gemeinsamer Bekannter von beiden habe und sie habe L darauf auch angesprochen, bei seiner Antwort habe sich ihr Verdacht bestätigt. Und auch die Zeugin I4 hat hinsichtlich des Angeklagten W – insbesondere auf Vorhalt des an späterer Stelle noch näher dargelegten Chatverlaufes – eingeräumt, dass man sich gegenseitig abwertend über die Asylbewerber geäußert habe. Die Zeugin I4 hat hinsichtlich des Angeklagten W unumwunden eingeräumt, dass man sich selbstverständlich über das Thema der Flüchtlingspolitik unterhalten und zwar bereits bevor man gewusst habe, dass diese in die unmittelbare Nachbarschaft ziehen sollten. Als man letzteres dann erfahren habe, seien sowohl sie als auch der Angeklagte hiervon „nicht begeistert“ gewesen. Schließlich habe der Angeklagte viel Geld und Zeit in sein Haus investiert, in welches unmittelbar angrenzend nun die Asylbewerber untergebracht werden sollten. Sinngemäß habe er ihr gegenüber geäußert: „Es reicht langsam; das sind doch schon genug“. Dass sich die Ängste des Angeklagten W auf etwaige - sexuelle oder gewalttätige - Übergriffe oder gesteigerte Kriminalität durch die Flüchtlinge bezogen, hat die Zeugin indes nicht bestätigen können. Vielmehr bezogen sich die Befürchtungen des Angeklagten nach den Angaben der Zeugin vor allem auf etwaige Verschmutzung, Entwertung oder Beschädigung seines Wohnhauses.
73c) Zudem ergibt sich aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Nachrichtenverläufen nebst Bildern und Videos auf den jeweiligen sichergestellten und durch die Zeugen L4 und T4 – wie diese berichtet haben - ausgewerteten Mobiltelefonen beider Angeklagten, dass die Flüchtlingsthematik im Freundeskreis um die Angeklagten durchaus thematisiert wurde und die Angeklagten erhebliche Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Asylbewerbern pflegten. Beide Angeklagte – insbesondere der Angeklagte W – sympathisieren hier mit der Figur Hitlers bzw. einer Person seines Schlages als möglicher Löser der von ihnen ausgemachten Flüchtlingsproblematik. Angst – wie von den Angeklagten behauptet - wurde indes an keiner einzigen Stelle gewahr.
74Insoweit hat der Zeuge L4 glaubhaft angegeben, die jeweils zunächst freiwillig durch die Angeklagten ausgehändigten Mobiltelefone beider – hinsichtlich des Angeklagten W das Apple iPhone 5s, IMEI 352048064869939, SIM 89490200001045561274 sowie hinsichtlich des Angeklagten L das Samsung GT-i8190 Galaxy S III, IMEI 358309053172816, IMSI 262032282486526, ICCID 894921001255215261, mittels des Programms UFED ausgewertet und die Daten gesichert zu haben. Eine weitere Auswertung sowie entsprechende Rekonstruktion von Daten des während der Hauptverhandlung erneut durch Beschluss der Kammer 27.06.2016 beschlagnahmten Mobiltelefons des Angeklagten L erfolgte, ebenfalls mittels des UFED Programmes, durch den Zeugen T4, wie dieser in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet hat. Dass die genannten Mobiltelefone wie dargestellt den Angeklagten entsprechend zuzuordnen sind und durch sie ausschließlich genutzt werden, haben die Angeklagten auf Nachfrage selbst bestätigt. Die nachfolgend dargestellten Nachrichtenverläufe in Textform sowie den jeweiligen Sendungsdaten sämtlicher Nachrichten und Dateien wurden durch Verlesen – zum Teil im Wege des Selbstleseverfahrens-, die Bilder durch Inaugenscheinnahme und durch Verlesen der entsprechend zugehörigen Texte sowie die Sprachnachrichten und Videos durch Inaugenscheinnahme mittels Abspielens in die Hauptverhandlung eingeführt. Dabei hat der sachverständige Zeuge T4 auch die Einbettung der jeweiligen Dateien in die entsprechenden Chatverläufe wie nachfolgend dargestellt nachvollziehbar dargetan und erläutert.
75So ließen sich die Angeklagten bereits am 30.07.2011 jeweils in Pose des Hitlergrußes mit Stahlhelm ablichten, wie zwei auf dem Mobiltelefon des Angeklagten L befindlichen und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Fotos gezeigt haben. Auch den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten WhatsApp-Chatverlauf zwischen den beiden Angeklagten vom Handy des Angeklagten L lässt sich entnehmen, dass die Angeklagten mit der Figur des Hitlers offensichtlich sympathisierten. So schrieb der Angeklagte L dem Angeklagten W eine Textnachricht mit dem Inhalt: „Junge wir sind ausgeschlossene ss sturmführer“, wobei das Datum dieser Nachricht auch nach erfolgter Rekonstruktion der Daten auf dem Handy des L – wie T4 glaubhaft ausgeführt hat – nicht mehr festgestellt werden konnte. Im weiteren Verlauf verabschieden sich die Angeklagten gegenseitig mit „Heil Hitler“, nennen sich „Kamerad“, wie in dem gegenseitigen Nachrichtenverlauf am 23.02.2015, oder L begrüßt W mit den Worten „Gruß dem Führer“ und einem dahinter gesetzten Icon mit flacher, geöffneter Hand, wie in der Nachricht vom 28.02.2015.
76Hinsichtlich des Angeklagten W lässt sich zudem insbesondere aus dem WhatsApp-Nachrichtenverlauf mit seiner Freundin, der Zeugin I4 (Mobilfunknummer #########), die sowohl den Inhalt der Chatverläufe nebst der entsprechenden Bild- und Audiodateien als auch die ihr zugeordnete Mobilfunknummer jeweils auf Vorhalt bestätigt hat, entnehmen, dass das Thema der Flüchtlingspolitik durchaus häufiger diskutiert und kommentiert worden ist, wobei den Flüchtlingen immer die Rolle unfähiger Forderer zugewiesen wird, die auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung hier unterkommen und durch die Zeugin I4 als „Pack“ bezeichnet werden. So sendete der Angeklagte W der Zeugin I4 am 25.06.2015 um 07:23:13 Uhr (UTC+0) ein Video, das einen kleinen Jungen mit einer übergroßen Hitler-Maske einschließlich Hitlergruß zeigt, der wild auf und ab läuft und hierbei immer wieder „Deutschland, Deutschland“ ruft und kommentiert dies in einer nachfolgenden Nachricht mit einem lachendem Smiley. Am 14.07.2015 kommunizierten die beiden erneut per WhatsApp-Textnachrichten über das Thema. Hier schrieb W der Zeugin um 07:54:32 Uhr (UTC+0): „Man liest immer mehr bei Facebook wie die Leute sich auf einmal alle über die scheiß Einwanderer und Ausländer hier in Deutschland aufregen ne“. I4 antwortete hierauf zustimmend mit folgenden Worten: „Ja ist doch wahr Pack“ und weiter: „Klar haben wir auch genug Deutsche die sich scheisse benehmen, aber die sind ja 100 mal schlimmer“. Der Angeklagte stimmte ihr hierzu mit der Nachricht: „Na sicher ist es war“ zu. I4 fuhr wie folgt fort: „Vor allem was die sich alle raus nehmen als nicht deutscher Staatsbürger“. „Da kann ich mich wieder aufregen ey“ und sendet einen lachenden Smiley. W wiederum kommentierte dies mit: Nur jetzt machen viele mal die Augen auf und sehen es wie es wirklich ist und vor allem sagen es auch“. „Da reg ich mich immer auf“. Die Zeugin I4 stimmte dem zu und teilte mit, man sei ja auch lange genug tolerant gewesen, was der Angeklagte wiederrum mit „leider“ bestätigt. Nachdem die Zeugin I4 mitteilt, dass es irgendwann „reiche“, was W ebenfalls bejahte, sendete dieser mit dem Kommentar „traurig, aber wahr“ ein Bild, was beiderseits Zustimmung findet. Auf diesem ist mit weißer Schrift auf rotem Untergrund der folgende Text abgebildet: „Dafür, dass wir im angeblich tollsten Land der Welt leben, sammeln ganz schön viele Leute Pfandflaschen aus Mülleimern, um zu überleben. Währenddessen lassen Flüchtlinge in Markenklamotten sich mit ihren Smartphones die Wege zu den Ämtern navigieren.“ Zwei Wochen später – am 28.07.2015 – bittet die Zeugin I4 den Angeklagten W um 06:40:01 Uhr (UTC+0) das Hautantiseptikum „Cutasept“ von seiner Arbeitsstelle bei der Feuerwehr in M mitzubringen, was sie in der darauffolgenden WhatsApp-Sprachnachricht sinngemäß damit begründet, die Stadt M bekomme Flüchtlinge, die von ihrem Geld leben. Die Stadt M könne daher auch ruhig helfen, ihre Wunden zu desinfizieren. Auch im Rahmen dieses Chatverlaufes wurde Angst vor den Flüchtlingen indes an keiner Stelle gewahr. Von etwaigen Übergriffen durch Flüchtlinge, gesteigerte Kriminalität oder sonstige negative Auswirkungen auf den Angeklagten und die Zeugin persönlich ist an keiner Stelle die Rede. Zwar hat die Zeugin I4 in der Hauptverhandlung angegeben, sie – die Zeugin – habe sich in das Thema immer mehr hineingesteigert. Ihre anfänglichen Bedenken hätten sich in Ängste umgewandelt bis sie letztlich „hysterisch“ geworden sei, was letztlich so weit gegangen sei, dass sie letztlich kurz vor der hier in Rede stehenden Tat aus dem gemeinsamen Wohnhaus aus und zurück zu ihrer Mutter gezogen sei. Man habe sich quasi getrennt, habe aber noch Kontakt gehalten, sich indes nicht mehr getroffen. Allerdings sind die diesbezüglichen Angaben der Zeugin nicht glaubhaft. Insoweit ist zu sehen, dass die Aussage der Zeugin I4 – als Lebensgefährtin des Angeklagten – deutlich von Entlastungstendenzen zu Gunsten ihres Freundes geprägt waren. In diesem Zusammenhang ist ferner auch zu sehen, dass weder die durch die Zeugin beschriebenen Ängste und Sorgen noch die von ihr behauptete Trennung aus den im Wege des Selbstleseverfahrens eingeführten Nachrichtverläufen mit dem Angeklagten zu entnehmen sind. Dabei verkennt die Kammer nicht, das nicht sämtliche Probleme im Rahmen von WhatsApp Nachrichten, sondern auch im persönlichen Kontakt erörtert werden. Jedoch ist insoweit zu sehen, dass der Angeklagte W und die Zeugin I4 das Medium der WhatsApp Nachrichten täglich und ausgiebig nutzten. So wurden allein in der Zeit vom 01.06.2015 bis zum 08.10.2015 insgesamt 18.084 Nachrichten und 810 Dateien zwischen den beiden ausgetauscht. Dabei wurden unter anderem Beziehungsprobleme Anfang Juni 2015 ausführlichst, teils auch mit emotionalen Ausbrüchen, per WhatsApp „erörtert“. Auch alle möglichen (Freizeit-)aktivitäten oder auch belanglose Dinge – beispielsweise wann und wie oft man Toilettengang hat oder was derjenige gerade speist – wurden detailliert mitgeteilt. Vor diesem Hintergrund wäre es zu erwarten gewesen, dass jedenfalls Anspielungen auf die mit den Asylbewerbern bestehende Ängste oder gar Streitigkeiten um den angeblich aufgrund der in die Nachbarschaft ziehenden Asylbewerber basierenden Auszug der Zeugin aus der gemeinsamen Wohnung, zum Thema der Nachrichten gemacht werden würden oder jedenfalls in diesen angeklungen wären. Nichts dergleichen ist indes geschehen. Auch die von der Zeugin behauptete Trennung lässt sich dem Nachrichtenverlauf nicht entnehmen. Vielmehr ergibt sich hieraus beispielsweise, dass man sich am 26.09.215 noch für einen gemeinsamen Zoo-Besuch verabredet, man am 29.09. und 30.09.2015 noch die gemeinsame Wäsche macht und Einkäufe tätigt, am 01.10.2015 gemeinsam Pizza isst oder sich weiterhin mit Kosenamen anspricht. Gegen die Angaben der Zeugin, man habe sich kurz vor der in Rede stehenden Tat getrennt und sich nicht mehr persönlich getroffenen, spricht zudem, dass die Zeugin I4 und der Angeklagte in der Tatnacht noch gemeinsame Zeit auf dem Stadtfest verbracht haben und die Zeugin anschließend noch beim Angeklagten übernachtet hat. Vor diesem Hintergrund sieht die Kammer auch die insoweit eindeutig von Entlastungstendenzen zu Gunsten des Angeklagten W getragenen Angaben der Zeugin I4 als widerlegt und diesen Teil betreffend als nicht glaubhaft an.
77Auch mit dem Zeugen Y (Mobilfunknummer ##########) tauschte der Angeklagte W entsprechende Text- und Sprachnachrichten, Bilder und Videos aus, wobei der Zeuge jeweils auf Vorhalt sowohl den Inhalt der Nachrichtenverläufe einschließlich der Bild- und Videodateien bestätigt hat als auch die genannte Mobilfunknummer als seine genannt bestätigt hat. So hat W dem Zeugen am 21.08.2015 um 19:15:22 (UTC + 0) ein Bild mit einer Chipstüte der Marke „Chipsfrisch“ gesendet, auf welcher Chips in Hakenkreuzform abgebildet und mit der Geschmacksrichtung „arisch“ bezeichnet sind. Die Bildüberschrift lautet: „Für den kleinen Nazi zwischendurch“. Unter dem Chipstüte steht vermerkt: „Neu mit Gimmick“. Dabei betitelt der Angeklagte W diese in der nachfolgenden Nachricht um 19:15:27 (UTC + 0) sodann als „Die guten“. Am 10.09.2015 um 13:54:34 (UTC + 0) verschickte der Angeklagte W an den Zeugen Y zwei weitere Bilder. Das erste zeigt einen dunkelhäutigen Jungen, der sich von einer Schultafel, auf welcher „2 + 2“ steht, umsieht und von den ihm seitens einer Schulklasse entgegen gestreckten Händen 4 Finger abmalt. Auf dem zweiten Bild sind zwei dunkelhäutige Männer abgebildet, die vor einem aufgebauten Schachspiel verharren, unterschrieben mit den Worten: „Weiss fängt an“. Nachdem der Zeuge Y Zuspruch und Amüsement über diese Bilder mittels einer Sprachnachricht ausgedrückt hat, kommentiert der Angeklagte W diese anschließend noch mit: „Geil ne“. Der Zeuge Y wiederum verschickte an W am 16.09.2015 – und etwa 2 Wochen vor der Tat - um 08:37:39 (UTC + 0) ein Video, in welchem ein Mann in arabisch-orientalicher Kleidung, untermalt mit arabischer Musik, aus einem Flugzeug springt und in der nächsten Szene auf ein Haus fällt, welches hierdurch explodiert. Dieses Video findet bei dem Angeklagten W Zuspruch mit fünf lachenden Smileys. Nur 10 Tage vor der hier in Rede stehenden Tat – am 23.09.2016 – sendete der Zeuge Y dem Angeklagten W um 21:55:23 Uhr (UTC + 0) eine Textnachricht mit folgendem Inhalt: „Ein Rumäne, ein Araber und ein Deutscher sitzen zusammen in einer Bar. Als der Rumäne sein Bier ausgetrunken hat, wirft er sein Glas in die Luft, zieht seine Pistole und zerschießt es in kleine Stücke. Er sagte: In Rumänien sind die Gläser so billig, dass wir nicht zweimal aus demselben trinken müssen. Der Araber trinkt sein alkoholfreies Bier aus, wirft sein Glas in die Luft, zieht seine AK-47 und zerschießt es in kleine Stücke. Er sagt: In der arabischen Welt haben wir so viel Sand. Wir können daraus Gläser machen, so dass wir nicht zweimal aus demselben trinken müssen. Der Deutsche nimmt sein Bier, zieht es in einem Schluck leer, wirft das Glas in die Luft, zieht seine 45er, erschießt den Rumänen und den Araber, fängt das Glas, stellt es auf die Bar und bestellt ein neues Bier. Er sagt: In Deutschland haben wir so viele Ausländer dass wir nicht zweimal mit denselben saufen müssen.“ Einen Tag später wünscht W dem Zeugen per Sprachnachricht um 04:26:24 (UTC + 0) einen „Guten Morgen“, indem er hierbei die Stimme Hitlers nachahmt. Der Zeuge Y tut es ihm nach und wünscht – ebenfalls Nachahmung von Hitler – „Guten Morgen, Kamerad“, worauf W wiederum mit einem lachendem Smiley antwortet. Am 30.09.2015 - mithin wenige Tage vor der hier in Rede stehenden Tat – sendet der Zeuge Y dem Angeklagten W um 14:39:30 Uhr (UTC + 0) eine weitere Textnachricht mit folgendem Inhalt: „Ein Afrikaner, ganz frisch als Asylant anerkannt, geht fröhlich durch Düsseldorf. Er spricht die erste Person an, die er auf der Straße trifft und sagt: Danke lieber Deutscher dafür, dass Sie mich in Ihrem Land aufnehmen und mir Unterstützung, Unterkunft und Krankenversicherung bieten. Der Angesprochene antwortet: Sie irren sich, ich bin Albaner. Der Mann geht weiter und spricht eine weitere Person auf der Straße an: Danke dafür, dass Sie ein so schönes Land haben hier in Deutschland. Der Angesprochene sagt: Ich bin kein Deutscher, ich bin Rumäne. Der Mann geht weiter und spricht die nächste Person an, die er auf der Straße trifft, schüttelt dessen Hand und sagt: Danke für Ihr schönes Deutschland. Der Angesprochene hebt seine Hände und sagt: Ich bin Ägypter, kein Deutscher! Dann sieht er eine nette ältere Dame und fragt: Sind Sie Deutsche? Sie sagt: Nein, ich bin Türkin. Voller Rätsel fragt er sie: Wo sind denn all die Deutschen? Die Dame schaut auf ihre Uhr und sagt: Wahrscheinlich arbeiten! In diesem Sinne frohes schaffen“. Hierauf antwortet der Angeklagte – erneut zustimmend – mit den Worten: „Traurig aber wahr“. Am 06.10.2015 kommunizieren der Angeklagte und der Zeuge Y per WhatsApp-Sprachnachrichten. Der Angeklagte W berichtet dem Zeugen Y von der bei ihm aufgrund der hier in Rede stehenden Tat erfolgten Durchsuchung und Vernehmung bei der Polizei. Während dieses Chatverlaufs sendete der Zeuge Y ein Video, in welchem das Sprachprogramm des Iphones namens „Siri“ gefragt wird, was sie von Ausländern halte. Worauf „Siri“ antwortet, sie wolle dies lieber nicht beantworten, aber ihrer Ansicht nach gehörten alle ins KZ, wobei sie die Antwort mit den Worten „Sieg Heil, mein Führer“ abschließt. Auch dieses Video findet – trotz der erst kurz zuvor begangenen Tat und der soeben erst erfolgten Wohnungsdurchsuchung und polizeilichen Beschuldigtenvernehmung - bei dem Angeklagten W Zuspruch, der auf dieses Video mit sechs lachenden Smileys antwortet.
78In dem WhatsApp-Gruppenchat „MännerMittwoch“ sendete der Angeklagte W am 24.06.2015 um 09:18:42 (UTC + 0) ein Bild mit grüßendem Adolf Hitler und der Bildunterschrift „Moin Kameraden“. In einem weiteren WhatsApp-Gruppenchat namens „RettAss 2/2014“ verschickte W am 27.04.2015 um 07:16:35 (UTC + 0) ein Bild, auf welchem eine aus der Filmreihe „Batman“ bekannte Jokerfigur eine Karte mit Profilbild von Adolf Hitler vorhält mit der Bildunterschrift „Selbst der Joker hat immer noch ein ASS im Ärmel…“. Am 02.03.2015 um 07:11:11 Uhr (UTC + 0) postete er ein weiteres Bild in diesen Gruppenchat, welches einen dunkelhäutigen Jungen in einem Loch im Boden stehend zeigt, so dass nur noch Schulter- und Kopfbereich hervorschauen. Mit dem Bilduntertitel „NEGATIEF“.
79Darüber hinaus ließen sich noch weitere Textnachrichten, Bilder und Videos mit entsprechendem Inhalt auf dem Mobiltelefon des Angeklagten W finden:
80So wurde in dem bereits genannten WhatsApp-Gruppenchat „MännerMittwoch“ am 23.06.2015 um 11:10:25 (UTC + 0) ein Video gesendet, welches drei ausländisch aussehende Personen, unter ihnen ein dunkelhäutiger Mann, auf der Rückbank eines Fahrzeuges sitzend, zeigt. Hierzu stellt Sprecher die Frage: „Ein Schwarzer, ein Araber und ein Türke sitzen im Auto. Wer fährt?“ Dann schwenkt die Kamera aus dem Bild heraus und man sieht, dass diese drei männlichen Personen in einem Polizeiwagen sitzen, in welches zwei Polizeibeamte einsteigen und anschließend mit Martinshorn und Blaulicht wegfahren. Der Sprecher kommentiert dies mit: „Richtig, die Polizei“. W reagiert auf dieses Video am nächsten Morgen mit dem bereits dargestellten Hilter-Bild mit der Bildunterschrift „Moin Kameraden“. In dem genannten WhatsApp-Gruppenchat „RettAss 2/2014“ wurde durch einen der Gruppenteilnehmer mit der Mobilfunknummer ######### am 11.03.2015 um 10:20:30 Uhr (UTC + 0) ein Bild verschickt, auf welchem eine große Anzahl von Personen mit dunkler Hautfarbe, die schreckensweite Augen mit hervorquellenden Augäpfeln haben, abgebildet ist, was kommentiert wird mit: „Das Sozialamt ist pleite. Ab heute wird gearbeitet“. Am 24.03.2015 sendet ein weiterer Teilnehmer namens Jonathan Her um 09:37:47 Uhr (UTC + 0) eine Fotomontage von Hitler im Hip-Hop-Kleidungsstil mit schräg aufgesetzter Baseballkappe und langer Kette, die kommentiert wird mit: „Egal wie hit du bist. Adolf war Hitler“. Darüber hinaus ließ sich auf dem Mobiltelefon des Angeklagten mehrfach das Foto Adolf Hitlers sowie eines weißen Hakenkreuzes auf schwarzem Hintergrund finden. Auch ein Profilbild Adolf Hitlers mit Bildüberschrift „VERMISST seit 1945“ und Bildunterschrift „Adolf, bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich!“ war im Handyspeicher des Angeklagten vorhanden. Ein weiteres, zweigeteiltes Bild zeigt in der oberen Hälfte fünf Männer mit durch Tücher vermummten Köpfen und Panzerfäusten in der Hand haltend – mutmaßlich Taliban-Kämpfer - und der Unterschrift „WIR KOMMEN!“ und auf der unteren Hälfte einen Mann mit nackten Oberkörper, ausgestreckten Armen und Glatze und der Unterschrift „WIR WARTEN!“.
81Dabei verkennt die Kammer nicht, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte W aktiv auf sämtliche Dateien reagiert hat. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte jedoch in den anderen – dargestellten – Chatverläufen selbst sowohl Stellung bezieht als auch Dateien mit entsprechendem Inhalt versendet hat und die dargestellten Bilder, Videos und Nachrichten an ihn gesandt bzw. in Chatgruppen ausgetauscht wurden, denen der Angeklagte W selbst angehörte, lässt sich jedoch schließen, dass auch insoweit die jeweiligen Absender erwartet haben auf Zustimmung statt auf Ablehnung bei dem Angeklagten W zu stoßen.
82Dabei vermag auch der Umstand, dass der Angeklagte W weder gegenüber seinem dunkelhäutigen Zellengenossen, dem Zeugen K, wie dieser glaubhaft in der Hauptverhandlung angegeben hat, noch gegenüber anderen - ausländischen Mitgefangen - oder den Bediensteten der Justizvollzugsanstalt eine etwaige Ausländerfeindlichkeit zum Ausdruck gebracht hat, eine andere Beurteilung der Tat nicht zu rechtfertigen. Insbesondere Rückschluss auf die Einstellung des Angeklagten zum konkreten Tatzeitpunkt lässt sich hieraus nicht ziehen, zumal die Haftsituation angesichts der räumlichen Nähe zu Ausländern einerseits und behördlicher Überwachung durch die Beamten der JVA andererseits geeignet ist, ausländerfeindliche Neigungen insbesondere vor dem Hintergrund des hier in Rede stehenden Tatvorwurfs möglichst geheim zu halten.
83Und auch auf dem Mobiltelefon des Angeklagten L befand sich eine Vielzahl von Dateien mit eindeutig flüchtlingsfeindlichem Hintergrund. So sendete beispielsweise der Zeuge Kevin H6(Mobilfunknummer #########) dem Angeklagten L am 01.02.2016 – also nach der hier in Rede stehenden Tat - um 13:03:17 (UTC + 1) eine Sprachnachricht, in welcher er voller Stolz und großen Amüsant mitteilt, wie er einem Asylbewerber, der der deutschen Sprache nicht mächtig sei, beigebracht habe, auf die Frage, wie er heiße, jedes Mal mit „schwule Sau“ zu antworten. L antwortet hierauf, indem er unter anderem zwei Icons mit „Daumen hoch“ zurückschickt, woraufhin H6 erneut antwortet: „Diese Drecksschweine“. Kurze Zeit später am selben Tag sendet H6 dem Angeklagten L um 15:04:50 (UTC + 1) selbst aufgenommene und durch ihn kommentierte Videoaufnahmen aus einer heruntergekommenen Flüchtlingsunterkunft, welche augenscheinlich in einem äußerst unaufgeräumten Zustand ist, worüber sich der Zeuge echauffiert sowie, sich abwertend äußert und dies letztlich per Textnachricht mit „ist das heftig“ abschließend kommentiert. L antwortet hierzu mit „genau richtig“, woraufhin H6 die Asylbewerber mit „Assis“ betitel.
84In dem WhatsApp-Gruppenchat Nr. 291 sendete der Angeklagte L am 03.09.2015 um 17:18:46 Uhr (UTC+0) eine nicht mehr kenntlich zu machende Audiodatei, die unmittelbar nachfolgend von dem Gruppenteilnehmer namens „Piti“ (Mobilfunknummer ########) mit lachenden Simelys und anschließend von L selbst mit „Extra für die Flüchtlinge schwarz gemacht“ kommentiert wird. Wenig später, um 18:09:27 Uhr (UTC+0), verschickte der Teilnehmer namens „Piti“ ein Bild einer Toilettenschüssel mit einem Stück Kot in „SS“-Form.
85In dem WhatsApp-Chatverkehr mit dem Zeugen L2 (Mobilfunknummer #######) sendet dieser am 09.10.2014 um 12:03:23 Uhr (UTC+2) die zwei folgenden Textnachrichten an L:
86„Wohnraum-Bewirtschaftung
87Ein Mensch, ein Ursprungsdeutscher zwar, ging fleißig schaffen Jahr für Jahr,
88so dass er eine Wohnung hat, sich gut ernährt, auch wird er satt.
89Da kam ein Schreiben der Behörde, was seine Frau und ihn empörte,
90dass sie den Wohnraum teilen müssen, auf Grund von Parlamentsbeschlüssen.
91Man schrieb ganz kurz und ungeniert, dass man zwei Neger einquartiert,
92und schon zwei Tage nach dem Schreiben erschienen sie und wollten bleiben.
93Es waren zwei der Asylanten, die bisher keine Wohnung fanden,
94und die zwei Zimmer nun bewohnen, samt Mobiliar, das sie nicht schonen.
95Sie machten sich es sehr bequem, und lebten froh und angenehm.
96Der Ehemann ward weggesperrt, die Frau ins Ehebett gezerrt,
97und musste Schreckliches erleiden – doch es war köstlich für die beiden!
98Beschwerden wurden ignoriert und mit den Worten kommentiert:
99„Das alles ist kein Grund zu klagen, als Deutscher muss man das ertragen
100und als Bereicherung betrachten, auch die Kultur der andern achten!“
101So gab das Wohnungsamt Bescheid und mahnte zur Bescheidenheit.
102Der Deutsche hat sich umgebracht und Platz für andere frei gemacht.“
103„Dankbarkeit
104Ein Mensch, erreicht in einem Boot Europas Küste nur mit Not,
105durchquert das ganze Mittelmeer und kommt per Bahn nach Deutschland her.
106Er wähnt sich nun im Paradies, worauf er Allahs Güte pries.
107Als Gastgeschenk aus Afrika bringt er uns Aids und Ebola.“
108Zudem kam in einem weiteren WhatsApp-Gruppenchat (Nr. 211) immer wieder das Thema Flüchtlinge und Ausländer zu Sprache, wobei von den Gruppenmitgliedern – wie beispielsweise in der Kommunikation vom 10.09.2015 - geäußert wurde, dass die Flüchtlinge abgeschafft werden, diese sich verpissen oder man sie anzünden solle. Personen mit dunkler Hautfarbe werden als „Scheiߠ nigga“ bezeichnet, bei denen ein Anzünden nichts bringe, da „sie eh schon schwarz“ seien oder Chats mit „Heil Hitler“ eingeleitet werden, wie am 03.08.2014.
109Auch ließen sich zahlreiche Bilddaten mit entsprechendem Inhalt auf dem Handyspeicher des Angeklagten L finden. So beispielsweise die bereits beim Angeklagten W näher beschriebenen Bilder der Chipstüte mit Hakenkreuzen, dem kleinen, dunkelhäutigen Jungen in der Erdgrube mit Aufschrift „NEGATIEF“ oder dem zweigeteilten Bild „Wir kommen! – Wir Warten“. Darüber hinaus fanden sich auch weitere, eindeutig ausländerfeindliche bzw. diskriminierende Bilder, wie unter anderem mit einem jungen, dunkelhäutigen Mann, der ein mit einem großen Hakenkreuz bedrucktes T-Shirt trägt mit der Bildunterschrift „WAHNSINNIGGER!“; einer Gruppe von augenscheinlich wütenden bzw. aufschreienden Personen mit u.a. einem dunkelhäutigen Mann im Vordergrund mit der Bildunterschrift „ZORNIGGER“; einer dunkelhäutigen Person, die mit geschlossenen Augen gegen eine Stange lehnt und die Stange mit der Nase berührt mit der Bildunterschrift „Eingeniggt!“ oder aber einem kleinen dunkelhäutigen Kind, welches in einer Toilettenschüssel sitzt, mit der Bildunterschrift „WC-Reinigger“. Ein weiteres Bild zeigt die Ablichtung einer dunkelhäutigen jungen Person, der der rechte Arm fehlt, was mit „Keine Rechte“ dokumentiert wird. Und auf einem weiterem Bild ist ein vollständig mit einer Plane abgedecktes Fahrzeug abgebildet, kommentiert mit der Bildunterschrift: „In Saudi-Arabien dürfen Frauen jetzt Auto fahren“.
110Darüber hinaus ließen sich auch auf dem Mobiltelefon des Angeklagten L Bilder finden, die darauf schließen lassen, dass auch er mit der Figur des Hitler sympathisiert. So ließ sich auf seinem Handy eine Fotomontage finden, die einen lächelnden Hitler zeigt, kommentiert mit der Bildunterschrift: „Du bist lustig, Dich vergase ich zuletzt“. Zudem war ein Foto zu finden mit einem männlichen Rücken, der nahezu vollständig, unter anderem mit drei Hakenkreuzen und einem Kopf mit Soldatenhelm, tätowiert ist. Auch ein Foto von einem sog. „Gangbang“ mehrerer Personen mit Glatze – die augenscheinlich Skinheads darstellen sollen – und einer großen roten Flagge mit Hakenkreuz im Hintergrund. Darüber hinaus fanden sich auf dem Mobiltelefon des Angeklagten L die Abbildung der aus der Internetplattform „facebook“ bekannten Hand, die jedoch anstelle des erhobenen Daumens einen Hitlergruß darstellt und mit „Hitler gefällt mir“ unterschrieben ist oder aber ein Foto eines Badezimmers mit übergroßen Hakenkreuz an einer Wandseite. Auch ein Bild, welches mit „Stoppt Rassismus“ überschrieben ist und darunter links das Straßenverkehrsschild einer Spielstraße mit dem Untertitel „Weiss hat frei“ und rechts das Verkehrswarnschild einer Baustelle mit dem Untertitel „schwarz muss arbeiten“ aufzeigt oder einer nackten, seitlich stehenden, blonden Frau in Hitlerpose mit der Bildunterschrift „Deutscher geht’s nicht“, hatte der Angeklagte auf seinem Mobiltelefon gespeichert.
111Zwar konnte hierbei nicht festgestellt werden, dass diese sich auf dem Handy des Angeklagten L befindlichen und an ihn gesandten Dateien von ihm kommentiert wurden. Auch konnte nicht festgestellt werden, dass der Angeklagte auf die beiden – zuvor dargestellten – Textnachrichten des Zeugen L2 sowie im Rahmen der – dargestellten Diskussionen im Gruppenchat Nr. 211 geantwortet oder beteiligt hat. Dies vermag den Angeklagten L indes bereits deshalb nicht zu entlasten, weil auch hier – wie beim Angeklagten W – allein der Umstand, dass ihm solche Bilder und Nachrichten gesandt wurden bzw. in Chatgruppen ausgetauscht wurden, denen der Angeklagte L angehört, darauf schließen lässt, dass der jeweilige Absender erwartet, auf Zustimmung statt auf Ablehnung zu stoßen, was auch im Hinblick auf L als Empfänger solcher Nachrichten den Schluss zulässt, dass auch er mit solchen Gedanken sympathisiert.
112In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass – wie der sachverständige Zeuge T4 glaubhaft ausgeführt hat - eine Vielzahl von Daten vom Handyspeicher des Angeklagten L am 07.10.2016 gelöscht worden sind. Zwar war eine Rekonstruktion der Daten nahezu nicht mehr bzw. nur zu einem ganz geringen Teil möglich, wie der sachverständige Zeuge T4 ebenfalls überzeugend bekundet hat, so dass nicht mehr festgestellt werden konnte, welchen Inhalt die Dateien hatten. Auffällig ist dabei, dass diese Daten – insbesondere Bilder oder Audiodaten - einen Tag nach der bei W am 06.10.2015 erfolgten Durchsuchung und dessen erster verantwortlicher Vernehmung, von der W dem L – wie beide Angeklagte übereinstimmend eingeräumt haben – sofort Kenntnis gegeben hat und genau einen Tag bevor der Angeklagte L am 08.10.2015 zur Polizei gegangen ist, gelöscht worden sind, wie T4 auf Vorhalt in der Hauptverhandlung mitgeteilt hat. Vor diesem Hintergrund kommt dem Umstand, dass die aktive Nutzung solcher Bilder durch L sich nur in dem dargestellten Umfang findet und die dargestellten Daten nur einen geringen Umfang angesichts der übrigen auf dem Handy befindlichen Kommunikation ausmacht, nur geringe Bedeutung zu.
113Insgesamt unterstreicht die Gesamtschau der Bilder, Videos und Nachrichten auf den Mobiltelefonen beider Angeklagten, insbesondere unter Berücksichtigung der hierzu durch die Angeklagten jeweils persönlich abgegebenen Äußerungen, die festgestellte fremdenfeindliche Haltung der Angeklagten als Motivation für ihre Tat, die eben nicht – wie durch die Angeklagten behauptet – Angst vor den Flüchtlingen geschuldet ist. Diese Tat richtet sich nämlich genau gegen den Personenkreis, der hier immer wieder Ziel des Spotts und der genannten Kommentare über fehlende Arbeitsbereitschaft, Ausbeutung der hiesigen Infrastruktur und Verdrängung Deutscher geworden ist. Der Umstand, dass Hitler dabei immer wieder als erwünscht und erwartet dargestellt wird und beide Angeklagte, wenn auch geraume Zeit zurückliegend sich mit Hitlergruß und Stahlhelm auf dem Kopf haben ablichten lassen, lässt dabei nur den Schluss zu, dass eine Person wie er als Löser für die von den Angeklagten ausgemachten Flüchtlingsprobleme in Betracht gezogen wird, was die fremdenfeindliche Einstellung der Angeklagten nur unterstreicht. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass eine Vielzahl von der Bilder für sich genommen auch geeignet gewesen wären, Hitler und dessen Politik lächerlich zu machen. Eingebettet in die übrigen Texte und Dateien, lassen sie indes den von der Kammer gezogenen Schluss als einzige naheliegend erscheinen.
114Entgegen der Ansicht der Verteidigung handelte es sich damit nicht um bizarre Geschmacklosigkeiten ohne ernsten Hintergrund, da spätestens die hier in Rede stehende Tat zeigt, dass die Angeklagten auch bereit waren, gemäß diesen Überlegungen zu handeln.
1156.
116a) Vor diesem Hintergrund sind auch die Angaben des Angeklagten W, seine Ängste hätten sich im Laufe der Zeit derart gesteigert, dass diese zu Schlafproblemen mit negativen Auswirkungen auf seinen Alltag und insbesondere seiner Arbeit geführt hätten, unglaubhaft. Zwar hat die Zeugin I, Leiterin für die Lehranstalt für Rettungsassistenten der Berufsfeuerwehr I4 und J2, angegeben, der Angeklagte W sei in ihrer Lehrveranstaltung verhaltensauffällig gewesen und sei insbesondere dadurch aufgefallen, dass er müde sowie apathisch gewesen und während des Unterrichtes eingeschlafen sei. Allerdings beziehen sich diese Beobachtungen der Zeugin – wie diese in der Hauptverhandlung glaubhaft angegeben hat – auf einen Zeitraum, der deutlich vor der hier in Rede stehenden Tat liegt, nämlich Anfang Februar bis Ende Mai 2015. Zum Zeitpunkt der Tat und unmittelbar davor liegend konnten indes keinerlei Auffälligkeiten bei dem Angeklagten festgestellt werden. Vielmehr hat der Zeuge W3, der den Angeklagten im Rahmen des Rettungssanitäterlehrgangs im Zeitraum Anfang bis Ende September ausgebildet hat, glaubhaft angegeben, eine Übermüdung, Unaufmerksamkeit oder Unkonzentriertheit habe er bei dem Angeklagten – im Gegensatz zu den Berichten seiner Kollegin – nicht beobachten können. Vielmehr sei der Angeklagte nahezu aufgeblüht, habe sich aktiv am Unterricht beteiligt und seine Mitschüler unterstützt und diesen viel gezeigt. Im Einklang hierzu hat auch der Zeuge Q, Vorgesetzter und zugleich Ausbilder des Angeklagten bei der Feuerwehr M, glaubhaft bekundet, der Angeklagte sei – mit Ausnahme der durch Frau I berichteten Defizite – zu keiner Zeit negativ aufgefallen. Und auch der bei der Feuerwehr als Einsatzleiter tätige Zeuge X3 hat die Qualität der Leistungen des Angeklagten als Feuerwehrmann mit stets gut und sehr zufriedenstellend beschrieben. Irgendwelche Auffälligkeiten oder Veränderungen habe er – insbesondere im Zeitraum kurz vor der Tat – nicht feststellen können. Im Übrigen ist insoweit auch zu sehen, dass der Angeklagte W gegenüber der Zeugin I – wie diese glaubhaft bekundet hat - als Grund für seine Müdigkeit und Konzentrationsprobleme selbst angegeben habe, er schlafe sehr wenig, da er zum einen für sein eigenes Haus verantwortlich sei und zudem zusätzlich bei seinem Vater im Forstbetrieb aushelfen müsse. Im Einklang hierzu hat auch die Zeugin I4 in ihrer Nachvernehmung in der Hauptverhandlung von Schlaf- und Konzentrationsproblemen des Angeklagten W während des genannten Zeitraumes berichtet, die auch sie damit erklärt hat, dass der Angeklagte – damals neben seiner Ausbildung bei der Feuerwehr – zusätzlich noch seinem Vater ausgeholfen habe.
117b) Nicht gefolgt ist die Kammer zudem der Einlassung des Angeklagten W dahingehend, er habe sich bei Gesprächen im Freundes- und Bekanntenkreis über die Flüchtingsthematik stets im Hintergrund gehalten und hierbei – auch gegenüber L – keine Stellung bezogen. So ist die Einlassung bereits angesichts der oben dargestellten Chatverläufe, in denen der Angeklagte selbst auch Stellung bezieht, insbesondere gegenüber seiner Freundin I4, bereits widerlegt. Auch glaubt die Kammer der Einlassung des Angeklagten L, soweit dieser angegeben hat, er habe sich auch mit dem Angeklagten W über die Flüchtlinge und Asylbewerber in B unterhalten und dass man dabei festgestellt habe, die Einstellung hierzu zu teilen. Denn nur vor diesem Hintergrund macht die gemeinsame Tatplanung und Tatbegehung überhaupt einen Sinn. Bei lebensnaher Betrachtungsweise ist nämlich nicht zu erwarten, dass man jemanden in die Planung einer solch schwerwiegenden Straftat einweiht, wenn man nicht sicher ist, bei dem Gegenüber auch auf Zustimmung zu treffen. In diesem Fall wäre die Gefahr, dass diese Person die geplante Tat - etwa gegenüber der Polizei – offenlegt, zu groß.
118c) Ebenfalls im Sinne der getroffenen Feststellungen widerlegt ist die Einlassung des Angeklagten W, das Fenster der Kellertür sei bereits abgeklebt und derart beschädigt gewesen, dass er nur noch habe durchgreifen und den von innen steckenden Schlüssel herumdrehen müssen. Insoweit hat der Zeuge X, der Maler- und Verlegearbeiten in dem Haus durchgeführt hat, glaubhaft angegeben, bei Abschluss seiner Arbeiten im Haus am 02.10.2015 gegen 13:15 Uhr sei die Kellertür geschlossen und vor allem unbeschädigt gewesen. Und auch der Zeuge I3, Elektriker der Firma N, hat bei Abschluss seiner Arbeiten wenige Tage vor der Tat eine entsprechende Beschädigung an der Kellertür nicht feststellen können. Zudem haben die Zeugen U und T2, die auch die entsprechende Beschädigung der Glasscheibe sowie deren Abklebung mit Klebeband anhand der in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 55-58 der Akte den Feststellungen gemäß dargetan haben, anhand des Lichtbildes Nr. 20 (Bl. 56 der Akte) übereinstimmend angegeben, im innenliegenden Kellerraum hinter der Tür entsprechende Glasscherben aufgefunden zu haben, die auf ein frisches Einschlagen der Scheibe hindeuteten. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge S2 in der Hauptverhandlung auch bekundet, das Abkleben der Glasscheibe diene, wie ihm aus jahrelanger Polizeiarbeit bekannt sei, in erster Linie dazu, um unnötigen Lärm beim Einschlagen der Scheibe und herabfallende Glasscherben so weit wie möglich zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund ist die Einlassung des Angeklagten L insoweit glaubhaft und wurde den Feststellungen zugrunde gelegt.
119d) Letztlich ist auch die Einlassung des Angeklagten W, er habe das Benzin nicht bewusst an die Stützbalken geschüttet, sondern vielmehr von der Treppe aus einfach ungezielt willkürlich verschüttet, zur Überzeugung der Kammer im Sinne der – im Übrigen durch die Einlassung des Angeklagten L getragenen – getroffenen Feststellungen widerlegt. Insoweit wird auf die an obiger Stelle dargestellten Ausführungen des Brandsachverständigen Diel Bezug genommen, nach denen aufgrund des sich ergebenden Brand- und Schadenbildes ein willkürliches Verschütten von einem einzigen Standpunkt aus, ausgeschlossen erscheint.
1206.
121Soweit die Angeklagten keine Angaben zur Sache haben machen können, ergeben sich die getroffenen Feststellungen aus dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme.
122a) So haben zunächst die Zeugen T2 und Stefan X2 die Einlassungen der Angeklagten im Hinblick auf die Asylpolitik der Stadt B, insbesondere hinsichtlich der Anzahl der durch die Stadt bereits aufgenommen und noch geplanten aufzunehmenden Flüchtlinge, den Feststellungen entsprechend dargetan und hierbei auch glaubhaft – insoweit im Einklang mit den Angaben der Zeugin T – angegeben, dass die Meinungen in B über die geplante Aufnahme 100 weiterer Flüchtlinge durchaus gespalten gewesen sei. In diesem Zusammenhang haben die Zeugen K2, Lothar X3 und Claudia C7 aus der Nachbarschaft der C4 angegeben, man sei grundsätzlich positiv gegenüber der neuankommenden Flüchtlinge eingestellt gewesen, jedoch habe es teils auch negative Stimmen gegeben.
123b) Die Tatörtlichkeit sowie das Tatobjekt im Konkreten haben insbesondere die Zeugen C8 anhand der in seinem Beisein in Augenschein genommen Lichtbilder, Bl. 25-26, 47-51, 53-54 der Akte, L3 anhand der Lichtbilder Bl. 47-51, 53-54 der Akte sowie der Sachverständige Diel anhand der Lichtbilder Bl. 358-358R, 360R-361R der Akte im Einklang mit dem Angeklagten W beschrieben, wobei die vorgenannten Zeugen sowie der Sachverständige auch den Feststellungen entsprechende Angaben zur Bausubstanz des Wohnhauses sowie der einzelnen Räumlichkeiten und des Dachbodens gemacht haben.
124c) Dass das Wohnhaus in der C4 bereits seit längerer Zeit, etwa zwei Jahre, leer gestanden hat, nun durch die Stadt B als Flüchtlingsunterkunft umgebaut wurde und von der Stadt B beabsichtigt war, neben den bereits am 02.10.2015 dort eingezogenen Familien C2 und Alsysed B3/E2 weitere Flüchtlinge unterzubringen, haben insbesondere die Zeugen L2 und Kersting T, Stefan X2 vom Ordnungsamt der Stadt B sowie der Zeuge U4 von der B5 Baugesellschaft übereinstimmend dargetan. In diesem Zusammenhang haben die Zeugen T2 und Stefan X2 ergänzend den Feststellungen gemäß auch angegeben, dass die Renovierungsarbeiten an der Unterkunft noch nicht vollständig abgeschlossen gewesen und die Familien C2 und B2 B3/E2 früher als geplant in diese Unterkunft eingezogen sind, da es – wie auch die Zeugen C2 bestätigt haben – zu den festgestellten Unstimmigkeiten in der früheren Unterkunft gekommen sei.
125d) Die Feststellungen von dem Zeitpunkt der ersten Wahrnehmung des Brandgeruches bis hin zur Entdeckung des Schwelbrandes auf dem Dachboden durch den Zeugen G haben die Zeugen D und G, H7 und Klaus Q2 sowie F, F1 und B4 C2 und schließlich S E2 sowie T1 und U1 B2 B3 übereinstimmend bekundet. Insoweit haben die Zeugen D und G sowie Klaus und H7 Q2 übereinstimmend berichtet, man habe sich für die Vormittagsstunden des 03.10.205 dazu verabredet, den neu eingezogenen Flüchtlingsfamilien der C4 Geschirr, Möbel und ähnliche Gegenstände zu überbringen, um auf diese Weise behilflich zu sein und sie willkommen zu heißen, was auch durch die Familien C2 und B2 B3/Danione entsprechend bekundet worden ist. Zum Dank sei man – wie die vorgenannten Zeugen übereinstimmend angegeben haben - durch die Flüchtlinge zum Kaffee eingeladen worden. Den Feststellungen gemäß haben sie weiter übereinstimmend berichtet, wie man beim gemeinsamen Kaffeetrinken etwa gegen 12:30/45 Uhr leichten Brandgeruch wahrgenommen und dass man zunächst angenommen habe, dieser rühre von einem Kamin aus der Nachbarschaft her. Auch wie sich der Brandgeruch intensivierte, man zunächst im Keller Nachschau, hier – mit Ausnahme des beschädigten Glaseinsatzes der Kellertür – jedoch keine Auffälligkeiten hat feststellen können und sich der Zeuge G schließlich zum Dachboden begeben, hier den Schwelbrand bemerkt und dies dem Zeugen Q2 mitgeteilt hat, haben die vorgenannten Zeugen wie seitens der Kammer festgestellt übereinstimmend und glaubhaft geschildert. Dabei hat der Zeuge G in der Hauptverhandlung den Feststellungen gemäß anhand des unteren Lichtbildes Blatt 28 der Akte auch angegeben, die Luke zum Dachboden sei geschlossen gewesen. Er habe sie zunächst mit einem Stab, der sich auf einem Wandabsatz befunden habe, öffnen müssen und erst dann das Feuer entdeckt. Auf Vorhalt seiner polizeilichen Angaben vom 07.10.2015, nach denen die Luke geöffnet gewesen sein soll, als der Zeuge zu Dachboden gekommen ist, hat der Zeuge G – sichtlich überrascht - entgegnet, er könne sich nicht erklären, wie dies in die Vernehmung gekommen sei. Er wisse noch ganz genau, wie er die Luke geöffnet habe und ihm hierbei eine Menge Fliegen, die in der Nähe der Sauerstoffzufuhr an der Luke gewesen seien, entgegengekommen seien. Angesichts des Umstandes, dass der Zeuge, dem die Bedeutung dieser Frage sichtlich nicht bekannt war, auch kein erkennbares Interesse am Ausgang dieses Prozesses und auch an einer falschen Auskunft dieser Frage hatte, hat die Kammer keinerlei Zweifel an den in der Hauptverhandlung gemachten Angaben des Zeugen. Im weiteren Verlauf hat der Zeuge Q2 glaubhaft und feststellungsgemäß angegeben, wie er den Zeugen E, den Vater des Angeklagten, von dem er wusste, dass er bei der freiwilligen Feuerwehr tätig ist, informiert hat sowie, wie dieser gemeinsam mit dem Angeklagten W den Brandort aufgesucht und sodann die Berufsfeuerwehr informiert hat. Im Übrigen haben die Zeugen G, Q2, C2 und B3, E2 den Feststellungen gemäß übereinstimmend auch dargetan, dass sämtliche Personen schadlos das Haus haben verlassen können und die Familien C2 und B3/E2 zunächst in der Nachbarschaft Unterkunft fanden.
126c) Die durchgeführten Löscharbeiten hat insbesondere der Einsatzleiter der Feuerwehr, der Zeuge X3, den Feststellungen entsprechend dargetan. Dass der Angeklagte W an diesen beteiligt gewesen war, haben insoweit unter anderem die Zeugen X3, Klaus Q2, T2 und u im Einklang mit der Einlasung des Angeklagten den Feststellungen gemäß angegeben.
127d) Die Feststellungen zum Brandschaden, insbesondere die festgestellten Beschädigungen im Dachbodenbereich und der darunter liegenden Wohnungen, haben der Einsatzleiter der Feuerwehr, der Zeuge X3, die Einsatzbeamten S2 und PHK U3 und der Zeuge C8 anhand der in ihrem Beisein jeweils in Augenschein genommenen Lichtbilder Blatt 29-32, 60-68 der Akte, der mit der Spurensicherung beauftragte Zeuge L3 anhand der in seinem Beisein in Augenschein genommenen Lichtbilder Bl. 60-68 der Akte in Übereinstimmung mit den anhand der Lichtbilder Bl. 370R-374, 376R-395 der Akte gemachten Ausführungen des Sachverständigen Diel den Feststellungen entsprechend dargetan. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge U4 von der B5 Baugesellschaft glaubhaft angegeben, der Schaden habe sich – wie festgestellt – auf 17.000,00 Euro belaufen. Erst im Laufe des Novembers 2015 hätten wieder Personen in das Haus untergebracht werden können.
128e) Hinsichtlich der Brandmeldeanlage haben zunächst die Zeugen T2, KK’in C8, C8 und KHK C9 anhand der in ihrem Beisein jeweils in Augenschein genommenen Lichtbilder, Bl. 25, 51-52 der Akte, sowie der mit der Spurensicherung beauftragte Zeuge L3 anhand der Lichtbilder, Bl. 51-52 der Akte, von den herausgerissenen Kabeln am Verteilerkasten an der Außenwand des Gebäudes den Feststellungen gemäß berichtet. Die Zeugen T6 und I3 haben hierzu anhand der in ihrem Beisein in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Lichtbilder, Bl. 51, 52 der Akte, übereinstimmend angegeben, in der Zeit vom 23.09.2015 bis 25.09.2015 das Kabel für die geplante Brandmeldeanlage im Auftrag der Stadt B verlegt zu haben und – so der Zeuge I3 weiter – das Kabel kurz vor der hier in Rede stehenden Tat an die an der Außenwand befindliche Verteilerbox angeschlossen zu haben. In diesem Zusammenhang hat auch der Zeuge X, der unter anderem Fußböden im Haus verlegt hat, glaubhaft angegeben, bei Abschluss seiner Arbeiten am 02.10.2015 gegen 13:15 Uhr seien die Kabel entsprechend verlegt und – soweit er sich richtig erinnere – nicht rausgerissen gewesen. Den Feststellungen entsprechend haben die Zeugen I3 und T6, der Zeuge U4 der B5 Baugesellschaft sowie der Zeuge T4 glaubhaft erläutert, die Brandmeldeanlage diene dazu, im Stör- oder Feuerfall – bei entsprechender Aufschaltung – eine automatische, telefonische Meldung an einen Wachdienst zu geben. Allerdings sei vorliegend – so die vorgenannten Zeugen übereinstimmend im Einklang mit den Zeugen T2 und X2 weiter – eine entsprechende Aufschaltung noch nicht erfolgt. Die Aufschaltung sei nach entsprechender Anweisung des Bürgermeisters – so der Zeuge T4 glaubhaft – angesichts erheblicher Missbräuche der Anlagen in anderen Asylantenheimen in B mit der Folge etlicher, regelmäßiger Fehlalarme, derzeit auch gar nicht beabsichtigt gewesen. Dass die Rauchmelder in den einzelnen Räumen jedoch unabhängig von der Brandmeldeanlage funktionstüchtig und bereits in Betrieb gewesen sind, haben die Zeugen T2, X2, T6, I3 und T4 jeweils glaubhaft bekundet, wobei der bei den Löscharbeiten beteiligte Zeuge u von der Feuerwehr ergänzend angegeben hat, die Rauchmelder innerhalb der Wohnung hätten auch entsprechende Signaltöne abgegeben, als er das Haus im Zuge der Löscharbeiten betreten habe.
129Der Umstand, dass die Kabel nach Angaben der zuvor dargestellten Zeugenaussagen unmittelbar vor der Tat noch ordnungsgemäß an dem Verteilerkasten angebracht, nach der Tat aber – wie ebenfalls dargestellt - herausgerissen waren, lässt nur den Schluss zu, dass es einer der Angeklagten war, der die Kabel aus der Wand gerissen hat, da nur die Angeklagten ein Motiv für diese Maßnahme gehabt haben. Insoweit haben auch die Angeklagten selbst – wie bereits dargestellt - nicht in Abrede gestellt, die Kabel aus der Verteilerdose gerissen zu haben. Angesichts der dargestellten Einlassungen der beiden Angeklagten konnte die Kammer jedoch nicht sicher feststellen, wer der beiden Angeklagten das Kabel herausgerissen hat und zu welchem Zeitpunkt – also, ob vor oder nach der Inbrandsetzung – dies geschehen ist. Insoweit nämlich haben die Angeklagten – wie an obiger Stelle ausgeführt – sich dahin eingelassen, der jeweils andere müsse dies gewesen sein. Insoweit muss angesichts der Einlassungen der Angeklagten zugunsten beider jeweils davon ausgegangen werden, dass der jeweils andere habe die Anlage zerstört, ohne dass der andere dies mitbekommen oder gar gebilligt hat. Bei der Version des Angeklagten L nämlich hat dieser gar nichts von der Anlage gewusst, bei der Version des Angeklagten W war es der Angeklagte L und der Angeklagte W habe gar nicht gewusst, dass es sich bei der Anlage um eine Brandmeldeanlage gehandelt hat, die – so die Zeugen T6, I3 und T4 – äußerlich auch nicht von einem Telefonverteiler zu unterscheiden war. Zudem ist nach der Version des Angeklagten W nicht festzustellen, dass ihm dies zugerechnet werden kann, da die Handlung erst nach Vollendung der Tat auf der Flucht vorgenommen worden ist und daher etwa durch Weiterhandeln nicht auf eine Billigung geschlossen werden kann. Vielmehr war die Tat bereits geschehen und es blieb nur noch die Flucht. Auch die Untersuchung der aus der Wand gerissenen Drähte und des Verteilerkastens auf DNA-Spuren hat nicht zu einem Beweisergebnis geführt. Nach dem in der Hauptverhandlung gem. § 256 Abs. 1 Nr. 1 a StPO verlesenen Behördengutachten des Sachverständigen Dr. N2 des Landeskriminalamtes NRW vom 04.11.2015 (Bl. 445 der Akte) war die Menge der aufgefundenen Fragmente – insoweit hat der Zeuge L4 bekundet, es seien entsprechende Abriebe entnommen und an das LKA versandt worden - nicht für einen DNA-Abgleich geeignet.
130f) Die Feststellung, dass die Bewohner der Unterkunft, die Zeugen F, F1 und B4 C2 sowie T1, G und U1 B2 B3 und S E2 - das Haus unbeschadet verlassen konnten, haben diese in der Hauptverhandlung den Feststellungen dargetan. Dabei haben sie auch angegeben, wie sie zunächst bei Nachbarn, sodann in einem Hotel und dann in neuen Wohnungen innerhalb von B Unterkunft fanden. Auch die Feststellungen hinsichtlich der weiteren Folgen der Tat beruhen auf den glaubhaften Angaben der Zeugen. So hat die Familie B2 B3/E2 berichtet, keinerlei Beschwerden psychischer oder physischer Art davon getragen zu haben. Ihnen ginge es hier in Deutschland gut; man fühle sich inzwischen gut aufgenommen und wohl. Die Familie C2 hat sich währenddessen auf Vermittlung ihrer Nebenklagevertreter zu einer Psychologin der evangelischen Kirchengemeinde, der sachverständigen Zeugin C3, begeben, die allen drei Nebenklägern zunächst eine posttraumatische Belastungsstörung durch die retraumatisierenden Umstände der hier in Rede stehenden Tat, hinsichtlich des Nebenklägers Abous C2 zudem verbunden mit einer mittelgradigen depressiven Episode, sowie das Bedürfnis einer traumaspezifischen psychotherapeutischen Behandlung bescheinigt hat, wie sie in der Hauptverhandlung ausgeführt hat. Auf Nachfrage hat die sachverständige Zeugin C3 jedoch angegeben, mit den drei Nebenklägern unter Zuhilfenahme eines anderen Flüchtlings als Dolmetscher lediglich in zwei Sammelterminen gleichzeitig und später mit jedem von ihnen noch etwa jeweils 15-20 Minuten einzeln gesprochen zu haben. Vor diesem Hintergrund - so die sachverständige Zeugin auf weitere Nachfrage einräumend - sei eine solche Diagnose nicht sicher zu treffen.
131Eine solche konnte zudem auch im Folgenden nicht festgestellt werden. Der als Sachverständiger mit dieser Frage betraute Prof. Dr. med. G2, Arzt für Nervenheilkunde, Arzt für Neurologie, Forensische Psychiatrie aus W1 hat für die Kammer sehr nachvollziehbar und plausibel das Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung, die von der Nebenklage geltend gemacht wurde, abgelehnt. Diese Diagnose würde sowohl durch den damaligen und jetzigen Querschnittsbefund als auch die eigenen Schilderungen der Nebenkläger zur medizinischen Vorgeschichte und Lebensgeschichte und insbesondere zu den berichteten Alltagsaktivitäten nicht gestützt. So sei es allen drei Nebenklägern möglich gewesen, sowohl über die Geschehnisse in ihrer Heimat Aleppo als auch über das hier in Rede stehende Tatgeschehen zu sprechen, wobei sie jeweils selbst diese Themen ansprachen, ohne dass es hierfür der Nachfrage bedurft hätte. Alle drei Nebenkläger seien gut in der Lage gewesen, die Geschehnisse zu schildern sowie ihre Gefühle, Ängste und Beeinträchtigungen zu benennen. Die psychosozialen Ressourcen bei den einzelnen Familienmitgliedern seien – wenngleich jeweils im unterschiedlichen Ausmaß - sehr gut ausgeprägt, so dass es unter der belastenden Alltagssituation in Aleppo und auf der Flucht sowie in Deutschland zu keiner psychischen Dekompensation und Einschränkungen der Handlungskompetenzen gekommen sei. Trotz der Kriegserlebnisse und Bombenangriffe in ihrer Heimat habe F C2 weiter als Lehrerin arbeiten und F1 C2 sein Studium weiterführen können. Auch habe die Familie nur eine Woche nach den Angriffen in Aleppo die Hochzeitsfeier einer Schwester ausrichten können. Die Familie sei weiter in der Lage gewesen, sich mit der in der Heimat erlebten Geschehnissen auseinander zu setzen und zu entscheiden, nach Deutschland zu gehen. Und auch nach der hier in Rede stehenden Tat knüpften alle drei Nebenkläger wieder aktiv an ihr Leben in der Heimat an. So besuchten sie – ihren eigenen Angaben zufolge - gemeinsam die Sprachschule sowie einen Integrationskurs, seien in der Lage gewesen, Ausflüge mit der Familie G zu unternehmen oder sich um eine neue Wohnung zu kümmern. F und F1 C2 seien ihren eigenen Angaben zufolge zudem fokussiert, auch hier in Deutschland beruflich Fuß zu fassen und sich weiterzubilden. Die durch die Familie C2 beschriebenen Gefühle der Unsicherheit, Ängste, Enttäuschungen und Sorgen seien natürlich – so der Sachverständige überzeugend weiter – nachvollziehbar und situationsadäquat. Jedoch erlangen diese keine Dominanz im Erleben und führen nicht zu nachhaltigen Einschränkungen der Alltagskompetenz und Aufbrauchen der psychosozialen Ressourcen der einzelnen Familienmitglieder. Es werde daher nicht der Schweregrad an psychischer Beeinträchtigung erreicht, um im Sinne der ICD 10 eine diagnostische Zuordnung unter die Diagnose er akuten Belastungsreaktion (F43.0), der posttraumatischen Belastungsstörung (F43.1) oder Anpassungsstörung bei den Nebenklägern leisten zu können. Vor diesem Hintergrund liege weder eine (Re-)Traumatisierung der Nebenkläger durch die in Rede stehende Tat vor noch seien sonstige psychische Folgen der Tat feststellbar. Die Kammer schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. G2, deren große Sachkunde der Kammer bereits aus einer Vielzahl von früheren Verfahren bekannt ist, nach eigner Überprüfung vollumfänglich an. Zudem haben sich die Nebenkläger selbst sowohl gegenüber dem Sachverständigen, aber auch der Kammer gegenüber in der Hauptverhandlung, entsprechende Symptome einer (Re-)Traumatisierung gar nicht berichtet. Gegenüber dem Sachverständigen haben sie selbst angegeben, ihre Ängste und Unsicherheiten seien im Verlaufe der Zeit zurückgegangen. B4 C2 hat insoweit gegenüber dem Sachverständigen Prof. Dr. med. G2 – wie dieser glaubhaft wiedergegeben hat – angegeben, er fühle sich inzwischen in Deutschland wohl und sicher. Und auch F1 C2 hat angegeben, dass man auch sehr gute Leute kennengelernt habe und man nicht sagen könne, vor den Menschen in Deutschland Angst haben zu müssen. Passend hierzu haben die Zeugen D und G anschaulich und glaubhaft berichtet, wie sie sich auch nach der hier in Rede stehenden Tat noch weiter um die beiden betroffenen Flüchtlingsfamilien, insbesondere die Familie C2, gekümmert und sie betreut habe. So habe man die Familie C2 dabei unterstützt, dass diese ihre Kleidung aus Syrien bekomme, habe Freizeitaktivitäten unternommen – wie beispielsweise gemeinsame Ausflüge nach E6, M und J2 mit einem eigens hierfür angemieteten Bus oder einem Stadionbesuch des BVB mit F C2. Auch habe man sich darum bemüht, eine neue Wohnung für die Familie C2 zu finden. Verängstigung habe man – wie beide Zeugen unabhängig voneinander übereinstimmend angegeben haben – zu keiner Zeit bemerkt. Die Familie C2 sei – so der Zeuge G – „immer gut drauf“ und ihnen gegenüber sehr aufgeschlossen gewesen. Im Einklang hierzu haben auch die Zeugen H7 und Klaus Q2 angegeben, man habe auch später noch Kontakt zu der Familie C2 gehabt. Man habe der Familie beim Umzug in eine neue Wohnung geholfen und sich gegenseitig auch besucht. Dabei habe die Familie C2 einen zufriedenen Eindruck auf sie gemacht. Weder habe die Familie von Ängsten berichtet noch seien solche in irgendeiner Weise sonst zutage getreten.
1326.
133a) Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite im Übrigen beruhen ebenfalls auf den geständigen Einlassungen beider Angeklagten, die jeweils übereinstimmend angegeben haben, das Wohnhaus in Brand gesetzt zu haben, um dieses derart zu zerstören, dass es unbewohnbar ist. Dies steht auch im Einklang mit dem festgestellten objektiven Tathergang, der keinen anderen Rückschluss als die vorsätzliche Beschädigung bzw. teilweise Zerstörung des Wohnhauses durch Inbrandsetzung zu lässt.
134b) Dass die Angeklagten hierbei auch mit Verletzung- bzw. Tötungsvorsatz gehandelt haben, konnte die Kammer – trotz nicht unerheblicher Indizien, die für einen solchen Vorsatz sprechen - nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Die insoweit gemachte Einlassung der Angeklagten, sie hätten nicht gewollt, dass Personen zu Schaden kommen, kann ihnen letztlich nicht widerlegt werden.
135Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt der Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein; bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft - nicht nur vage - darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil v. 04.11.1988 - 1 StR 262/88, in NJW 1989, 781 m.w.N.; BGH, Urteil v. 22.04. 1955 - 5 StR 35/55, in BeckRS 9998, 121711; BGH, Beschluss v. 25.08.1982 - 2 StR 321/82, in NStZ 1982, 506 m.w.N.). In Abgrenzung zu der Schuldform der bewussten Fahrlässigkeit müssen beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissenselement als auch das Willenselement in jedem Einzelfall besonders geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (BGH, Urteil v. 04.11.1988 - 1 StR 262/88, in NJW 1989, 781 m.w.N).
136Tritt die Lebensgefährlichkeit einer äußerst gefährlichen Gewalthandlung – wie hier das Inbrandsetzen des Dachbodens eines Mehrfamilienhauses - offen zu Tage, liegt es zwar nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit eines tödlichen Ausgangs der von ihm in Gang gesetzten Handlungskette rechnet (BGH, Urteil v. 04.02.2010 – 4 StR 394/09, NStZ-RR 2010, 178f.; BGH Urt. v. 22.11.2001, 1 StR 369/01, NStZ 2002, 314f.). Da es jedoch auch Fälle geben kann, in denen der Täter zwar alle Umstände kennt, die sein Tun zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, er sich aber gleichwohl nicht bewusst ist, dass der Tod des Opfers eintreten kann, bedarf es für den Schluss auf die Billigung des Todeserfolges im Hinblick auf die insoweit bestehende hohe Hemmschwelle einer sorgfältigen Prüfung des Einzelfalles (BGH, Urteil v. 04.02.2010 – 4 StR 394/09, NStZ-RR 2010, 178f.; BGH Urt. v. 22.11.2001, 1 StR 369/01, NStZ 2002, 314 f.). Es ist daher eine Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls erforderlich. Insbesondere von Bedeutung sind hier im Rahmen der Gesamtwürdigung die Beschaffenheit des Gebäudes (im Hinblick auf Fluchtmöglichkeiten und Brennbarkeit der beim Bau verwendeten Materialien), die Angriffszeit (wegen der erhöhten Schutzlosigkeit der Bewohner zur Nachtzeit), die konkrete Angriffsweise sowie die psychische Verfassung des Täters und seine Motivation bei der Tatbegehung (BGH, Urteil v. 04.02.2010 – 4 StR 394/09, NStZ-RR 2010, 178f.; BGH, Urteil v. BGH, Urteil v. 07.06.1994 – 4 StR 105/94, StV 1994, 654f.).
137Vor diesem Hintergrund hat die Kammer zunächst die nächtliche Tatzeit gesehen und gewürdigt. Zwar wäre diese grundsätzlich angesichts der leisen Begehungsweise geeignet, eine besondere Schutzlosigkeit der Bewohner zu begründen. Allerdings ist vorliegend auch zu sehen, dass noch nicht sämtliche Bewohner des Hauses schliefen und zudem das Licht in einem der Zimmer – wie auch für die Angeklagten ersichtlich - noch an war. Daher muss hier angenommen werden, dass die Angeklagten zur Tatzeit dachten, es nicht mit schlafenden und daher besonders schutzlosen Personen in dem Haus zu tun zu haben.
138Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass die Angeklagten die Luke zum Dachboden nach der Tat wieder geschlossen haben mit der Folge, dass – wie der Sachverständige E4 zu Überzeugung der Kammer ausgeführt hat – das Feuer von unten keinen Sauerstoff zugeführt bekommen habe. Dies habe schließlich dazu geführt, dass es nur zu dem hier festzustellenden langsamen Schwelbrand gekommen sei. Dabei - so der Sachverständige nachvollziehbar weiter - sei es zwar nicht kalkulierbar gewesen, dass nur ein Schwelbrand entsteht, da die Luftmenge, die das Feuer zur Verfügung gehabt hätte, durchaus auch geeignet gewesen wäre, ein stärkeres Brennen zu verursachen, mit der Folge, dass Teile des Daches abgelöst und das Feuer durch die Zufuhr des Sauerstoffs von oben schneller gebrannt hätte. Andererseits – so der Sachverständige E4 – wäre in einem solchen Fall auch davon auszugehen, dass sich das Feuer zunächst nach oben hin entwickelt hätte und auch dann erst langsamer nach unten durchgebrannt wäre. Rauch wäre zudem auch eher nach oben gestiegen als nach unten gesunken. Daher – so der Sachverständige weiter – sei ihm kein Fall bekannt, in dem bei einem Dachstuhlbrand Personen zu Schaden gekommen wären, zumal das Herunterstürzen von Gebäudeteilen derart laut gewesen wäre, dass die schlafenden Bewohner wach geworden wären, zumal auch intakte Rauchmelder im Gebäude waren. Insofern ist es plausibel, wenn der Angeklagten W in der Hauptverhandlung gesagt hat, man sei auf den Dachboden gegangen, um keine Menschen zu gefährden. Dabei ist auch von Bedeutung, dass es – hätten die Angeklagten den Tod oder eine Gefährdung der Bewohner billigend in Kauf genommen - näher gelegen hätte, das Feuer im Keller im Bereich des hölzernen Aufgangs zu legen, anstatt durch die Kellertür kommend durch das Treppenhaus über drei Stockwerke auf den Dachboden zu gehen, das Feuer zu legen, dann die Luke zu verschließen und wieder durch das gesamte Haus zu verschwinden, verbunden mit einer erhöhten Entdeckungsgefahr durch die noch nicht schlafenden Hausbewohner. In diesem Zusammenhang war auch zu sehen, dass das Treppenhaus aus Stein und nur durch Holzgeländer mit brennbaren Materialien ausgestattet war. Den Hausbewohnern standen im Übrigen Fluchtmöglichkeiten über die der Wohnung nahe gelegenen Haustür oder die Fenster zur Verfügung. Außerdem wurde – wie dargestellt – nur ein Teil des mitgebrachten Benzins verschüttet. Vor diesem Hintergrund kommt auch dem Umstand, dass die Tat durch die Angeklagten zuvor geplant worden ist und es sich eben nicht um eine Spontantat handelt, keine durchgreifende indizielle Wirkung in Bezug auf den Tötungsvorsatz zu. Denn insoweit ist bei der Tatplanung – jedenfalls zu Gunsten der Angeklagten - davon auszugehen, dass sie diese Umstände mit in Kalkül gezogen haben. Überdies führt auch die festgestellte flüchtlingsfeindliche Gesinnung vorliegend nicht zu einem sicher feststellbaren Tötungsvorsatz. Zwar ist die sich gegen Flüchtlinge richtende Tat – wie dargestellt – ausländerfeindlich und beruht – wie ebenfalls ausgeführt – auf einer entsprechenden ausländerfeindlichen Einstellung beider Angeklagten. Gleichwohl lässt dies nicht den zwingenden Rückschluss zu, dass es dann den Angeklagten auch zumindest gleichgültig gewesen sein muss, ob die Personen zu Schaden kommen. Gleichermaßen denkbar ist, dass man sie nur von diesem Ort vertreiben wollte und aus Sicht der Angeklagten alles dafür getan hat, damit das Feuer die Gebäudesubstanz unbenutzbar macht, ohne dass eine Person zu Schaden kommt. Letztlich lässt auch der Umstand, dass die Angeklagten in Kenntnis der Renovierungsarbeiten und des Plans der Stadt B, Flüchtlinge in das Haus unterzubringen mit ihrer Tat zugewartet haben, bis die Asylbewerber in das Haus eingezogen waren, keinen Schluss auf den Tötungsvorsatz zu. Denn – wie an obiger Stelle bereits ausgeführt - hat die Hauptverhandlung ergeben, dass die Renovierungsarbeiten am Haus noch nicht vollständig abgeschlossen und die untergebrachten Personen - für die Angeklagten überraschend - früher eingezogen waren, als erwartet.
139Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen vermochte sich die Kammer, auch unter Würdigung und Abwägung sämtlicher Umstände im Rahmen einer Gesamtschau, von einem Tötungs- oder Verletzungsvorsatz der Angeklagten nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu überzeugen.
1407.
141Es liegen – auch nach den jeweiligen Einlassungen – keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit der Angeklagten bei Tatbegehung erheblich gemindert oder gar aufgehoben war. Keiner der beiden Angeklagten hat zu Begehung der Tat unter Alkohol oder anderen berauschenden Substanzen gestanden, wie sie jeweils selbst angegeben haben. Insoweit haben auch die Zeugen C9, C3 und H3 übereinstimmend bekundet, im Rahmen des abendlichen Treffens bei dem Zeugen C3 sei keinerlei Alkohol getrunken oder Drogen konsumiert worden. Psychische Probleme oder Anhaltspunkte, die die Schuldfähigkeit der Angeklagten zum Tatzeitpunkt als eingeschränkt oder aufgehoben in Frage stellen können, wurden von niemanden behauptet oder sonst geweckt. Soweit die Zeugin I als Lehrerin des Angeklagten W Verhaltensauffälligkeiten - wie insbesondere Übermüdung oder Unkonzentriertheit – beschrieben hat, beziehen sich diese allein auf einen deutlich vor der hier in Rede stehenden Tat liegenden Zeitraum, nämlich Anfang Februar bis Ende Mai 2015, während der weitere Ausbilder des Angeklagtem, der Zeuge W3, im weiteren Verlauf – insbesondere in der Zeit unmittelbar vor der Tat – keinerlei Auffälligkeiten bei dem Angeklagten hat feststellen können. Insoweit wird jeweils auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
142IV.
143Rechtliche Würdigung
144Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten jeweils der schweren Brandstiftung gem. §§ 306, 306a Abs. 1 Nr. 1, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht. Das durch die Angeklagten in Brand gelegte Mehrfamilienhaus in der C4 Nr. 14 in B diente ausschließlich zur Wohnung von Menschen und wurde durch die Brandlegung der Angeklagten – wie dargestellt – teilweise zerstört.
145Eine Strafbarkeit gem. §§ 306a Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB – auch in Gestalt des Versuchs - schied vorliegend aus, da sich der Vorsatz der Angeklagten – wie bereits dargestellt – allein darauf beschränkte, das Haus unbewohnbar zu machen. Die Hausbewohner haben sie indes nicht in die (konkrete) Gefahr einer Gesundheitsschädigung haben bringen wollen.
146Überdies kommt auch eine Strafbarkeit wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung gem. §§ 306 b Abs. 2 Nr. 3, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB nicht in Betracht. Angesichts des Umstandes, dass die Brandmeldeanlage – wie dargestellt – noch nicht installiert und folglich noch nicht funktionsfähig war, käme vorliegend allenfalls ein Versuch in Betracht. Allerdings konnte auch dieser nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. Offen blieb nämlich, wie an obiger Stelle ausgeführt, wer von beiden Angeklagten das Kabel der Brandmeldeanlage herausgerissen hat. Dabei kann auch das Handeln des einen dem jeweils anderen über die Grundsätze der Mittäterschaft vorliegend nicht zugerechnet werden. Denn nach der Version des Angeklagten L hat W gehandelt, ohne dass L davon wusste. Nach der Einlassung des W hat L gehandelt, aber erst nach Verlassen des Gebäudes und daher zu einem Zeitpunkt, als beiden nur noch die Flucht blieb, von der aus nicht auf eine Billigung dieser Handlung geschlossen werden kann. Daher stellt sich das Herausreißen der Drähte aus der Perspektive beider Einlassungen als Exzess des jeweils anderen Mittäters dar, der dem jeweils anderen nicht zugerechnet werden kann.
147Da den Angeklagten – wie an obigen Stelle näher ausgeführt - nicht nachzuweisen war, dass sie den Tod der Hausbewohner jedenfalls billigend in Kauf genommen haben, haben sie sich letztlich auch nicht des versuchten Mordes in sieben tateinheiltichen Fällen gem. §§ 211, 22, 23, 25 Abs. 2 StGB strafbar gemacht.
148V.
149Strafzumessung
1501. Angeklagter W
151Bei der Strafrahmenbestimmung hinsichtlich des Angeklagten W hat die Kammer den Regelstrafrahmen des § 306a Abs. 1 StGB StGB zugrunde gelegt, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis 15 Jahren vorsieht.
152Nach einer Gesamtwürdigung des Tatgeschehens sowie aller für und wider den Angeklagten W sprechenden Gesichtspunkten ist nicht von einem minder schweren Fall gemäß § 306a Abs. 3 StGB auszugehen.
153Ein minder schwerer Fall ist dann anzunehmen, wenn bei einer Gesamtwürdigung aller strafrelevanten Faktoren, insbesondere der inneren Tatseite, aber auch der weiteren für das Schuldmaß bedeutsamen Gesichtspunkte, die für die Wertung von Tat und Täter in Betracht kommen, gleichviel, ob sie der Tat innewohnen, sie begleiten, ihr vorausgehen oder nachfolgen, wertend und gewichtend die strafmildernden Faktoren die strafschärfenden bereits in einem Maße überwiegen, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens als eine unangemessene Härte für den Angeklagten darstellt und jeweils die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens des minder schweren Falles geboten ist (Fischer, StGB, 62. Aufl., 2015, § 46, Rn. 85).
154Dies war vorliegend nach Ansicht der Kammer unter Abwägung aller zugunsten und zulasten des Angeklagten W sprechenden Umstände nicht der Fall.
155Die Kammer hat dabei zunächst die allgemeinen Strafminderungsründe zu berücksichtigt und zu Gunsten des Angeklagten W gewertet, dass dieser sich im Wesentlichen geständig gezeigt und insbesondere seine Tatbegehung vollumfänglich eingeräumt und glaubhaft gezeigt hat, die Tat ernsthaft zu bereuen. Strafmildernd hat die Kammer in diesem Zusammenhang ferner gewertet, dass der Angeklagte sein Geständnis bereits zu einem frühen Zeitpunkt, nämlich bereits im Verlaufe des Ermittlungsverfahren, abgelegt hat. Weiter hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten W gewertet, dass dieser bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und er vielmehr sozial integriert und stets um eigenständigen und legalen Erwerb der Lebensgrundlagen bemüht war. Auch der Umstand, dass die Tatfolgen nicht erheblich waren – sowohl im Hinblick auf die Folgen der Tat für die Bewohner als auch der eingetretene Sachschaden im Vergleich zu anderen Branddelikten – hat die Kammer als strafmildernden Gesichtspunkt gewertet. Für den Angeklagten W sprach ferner, dass er selbst bei den Löscharbeiten mitgeholfen hatm wenngleich die Kammer nicht verkennt, dass es sich bei Verweigerung der Hilfe gegebenenfalls schon zu dieser Zeit einen Tatverdacht ausgesetzt hätte. Zudem hat er – jedenfalls ist ihm dies nicht zu widerlegen – das Haus nächtens zumindest eine Zeit lang im Blick gehalten hat. Strafmildernd wurde zudem berücksichtigt, dass der Angeklagte W durch die hier in Rede stehende Tat seinen Beruf als Feuerwehrmann verloren hat und durch die erhebliche mediale Berichterstattung ein besonderer Druck auf den Angeklagten ausgeübt worden ist.
156Ganz erheblich gegen den Angeklagten W – und damit auch gegen die Annahme eines minder schweren Falles – sprach indes, der - an obiger Stelle dargelegte – fremdenfeindliche Hintergrund und die insoweit handlungsleitende Einstellung des Angeklagten W. Auch der Umstand, dass sich in dem in Brand gesetzten Haus zum Zeitpunkt der Tat – wie dem Angeklagten auch bewusst war – sieben Bewohner befanden, die zudem nach Deutschland kamen, um hier Zuflucht zu suchen, ist als strafschärfender Faktor heranzuziehen. Zu Lasten des Angeklagten W war überdies zu werten, dass er Feuerwehrmann war und um die Gefahren einer solchen Inbrandsetzung wusste. Zudem war der Angeklagte W die tragende Kraft; er hat bei L letztlich den Tatentschluss hervorgerufen.
157Vor diesem Hintergrund überwiegen die strafmildernden Faktoren die strafschärfenden nicht in einem solchen Maße, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens im konkreten Fall für den Angeklagten W eine unangemessene Härte darstellen würde.
158Auch tätige Reue gem. § 306e Abs. 1 bzw. Abs. 3 StGB kam hinsichtlich des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einem nämlich hat er den Brand nicht freiwillig gelöscht. Vielmehr hat er – in seiner Funktion als Feuerwehrmann - erst bei den Löscharbeiten geholfen, als die Feuerwehr gerufen worden war und er sich durch die Verweigerung der Hilfe verdächtig gemacht hätte. Darüber hinaus scheidet die Vorschrift bereits deswegen aus, da der durch die Brandlegung der Angeklagten entstandene Schaden deutlich über 2.500,00 Euro liegt (zur Wertgrenze: Fischer, StGB, 62. Aufl., § 306e, Rn. 3).
159Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten W sprechenden Umständen hält die Kammer daher eine Freiheitsstrafe von
1606 Jahren
161für tat- und schuldangemessen.
1622. Angeklagter L
163Hinsichtlich des Angeklagten L hat die Kammer im Rahmen der Strafrahmenbestimmung ebenfalls den Regelstrafrahmen des § 306a Abs. 1 StGB, der eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis 15 Jahren vorsieht, zugrundegelegt.
164Für den Angeklagten L kommt die Annahme eines minder schweren Falles im Sinne des § 306a Abs. 3 StGB ebenfalls nicht in Betracht. Auch bei ihm kann unter Berücksichtigung aller für und gegen diesen Angeklagten sprechenden Umständen nicht von einer Tat gesprochen werden, bei der die strafmildernden Faktoren in einer Weise über die strafschärfenden Faktoren überwiegen, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens ungerechtfertigt erschiene. Vielmehr weicht das Bild der Tat und ihre Strafwürdigkeit im Vergleich zu den erfahrungsgemäß gewöhnlich vorkommenden und bei der Bestimmung der des Regelstrafrahmens bereits bedachten Fälle nicht derart ab, dass die Anwendung des Strafrahmens für minder schwere Fälle geboten scheint.
165Insoweit hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten L dessen im Wesentlichen vollumfängliches und glaubhaft von Reue getragenes Geständnis gewertet und weiter strafmildernd gesehen, dass er dieses bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt abgelegt hat. Für den Angeklagten L sprach ferner, dass er nicht vorbestraft ist, sondern bisher ein unauffälliges Leben geführt hat, er sozial integriert und stets um selbständigen und legalen Erwerb der Lebensgrundlagen bemüht war. Auch hinsichtlich des Angeklagten L war ferner zu seinen Gunsten die nicht erheblichen Folgen der Tat zu berücksichtigen. Als strafmildernden Gesichtspunkt hat die Kammer ferner gewertet, dass der Angeklagte L aufgrund des hier in Rede stehenden Verfahrens seine Arbeitstätigkeit verloren und auch er – wie der Angeklagte W – aufgrund der medialen Berichterstattung einem besonderen Druck ausgesetzt war. Schließlich hat die Kammer zu Gunsten des Angeklagten L gewertet, dass sein Tatentschluss letztlich durch den Angeklagten W hervorgerufen worden ist.
166Auf der anderen Seite sprach gegen den Angeklagten L – und damit auch gegen die Annahme eines minder schweren Falles nach § 306a Abs. 3 StGB – dessen fremdenfeindliche Gesinnung als Motivation für die Tat. Auch hinsichtlich des Angeklagten L war als strafschärfender Umstand zu bewerten, dass sich in dem Haus sieben unschuldige und in Deutschland Zuflucht suchende Personen befunden haben, was dem Angeklagten seiner eigenen Einlassung nach auch zum Zeitpunkt der Brandlegung bewusst gewesen war.
167In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen überwiegen die strafmildernden Faktoren die strafschärfenden nicht in einem solchen Maße, dass die Anwendung des Regelstrafrahmens im konkreten Fall für den Angeklagten L eine unangemessene Härte darstellt.
168Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen kommt bereits angesichts der Schadenshöhe auch für den Angeklagten L tätige Reue gem. § 306e StGB nicht in Betracht.
169Die Kammer hält im Rahmen der konkreten Strafzumessung unter nochmaliger Abwägung sämtlicher für und gegen den Angeklagten L sprechenden Umständen und insbesondere angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte W Initiator der Tat war, eine Freiheitsstrafe von
1705 Jahren
171für tat- und schuldangemessen.
172VI.
173Kosten
174Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 465 Abs. 1, 472 Abs. 1 StPO.
175Die den Nebenklägern erwachsenen notwendigen Auslagen waren gem. § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO den Angeklagten aufzuerlegen. Zwar erfolgte eine Verurteilung der Angeklagten nicht wegen des dem Eröffnungsbeschluss noch zugrundeliegenden Nebenklagedelikts des versuchten Mordes in sieben tateinheiltichen Fällen. Allerdings ist dies für die Kostenfolge des § 472 Abs. 1 Satz 1 StPO auch nicht erforderlich. Vielmehr liegt eine die Nebenkläger betreffende Tat stets dann vor, wenn sie denselben geschichtlichen Vorgang im Sinne des § 264 StPO betrifft, der der Nebenklage zugrunde liegt, und wenn sie sich gegen die Nebenkläger als Träger eines strafrechtlichen geschützen Rechtsgutes richtet (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1991 – 1 StR 381/91, BGHSt 38, 93-95; BGH, Beschluss v. 22.12.2005 – 4 StR 347/05, in BeckRS 2006, 01275). Dies ist vorliegend der Fall, da geschütztes Rechtsgüter des hier zur Verurteilung führenden § 306a Abs. 1 StGB unter anderem Leib und Leben von Menschen ist (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 306a, Rn. 1) und damit auch die Nebenkläger als Bewohner des in Brand gesetzten Wohnhauses schützt.
176Hartmann-Garschagen Papajewski Hemme
177Ausgefertigt
178Schröer, Justizobersekretärin
179als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
180des Landgerichts
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(1) Wer fremde
- 1.
Gebäude oder Hütten, - 2.
Betriebsstätten oder technische Einrichtungen, namentlich Maschinen, - 3.
Warenlager oder -vorräte, - 4.
Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge, - 5.
Wälder, Heiden oder Moore oder - 6.
land-, ernährungs- oder forstwirtschaftliche Anlagen oder Erzeugnisse
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient, - 2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder - 3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient, - 2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder - 3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
(1) Das Gericht kann in den Fällen der §§ 306, 306a und 306b die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Täter freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.
(2) Nach § 306d wird nicht bestraft, wer freiwillig den Brand löscht, bevor ein erheblicher Schaden entsteht.
(3) Wird der Brand ohne Zutun des Täters gelöscht, bevor ein erheblicher Schaden entstanden ist, so genügt sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, dieses Ziel zu erreichen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
(1) Die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen sind dem Angeklagten aufzuerlegen, wenn er wegen einer Tat verurteilt wird, die den Nebenkläger betrifft. Die notwendigen Auslagen für einen psychosozialen Prozessbegleiter des Nebenklägers können dem Angeklagten nur bis zu der Höhe auferlegt werden, in der sich im Falle der Beiordnung des psychosozialen Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren erhöhen würden. Von der Auferlegung der notwendigen Auslagen kann ganz oder teilweise abgesehen werden, soweit es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(2) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, ein, so kann es die in Absatz 1 genannten notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeschuldigten auferlegen, soweit dies aus besonderen Gründen der Billigkeit entspricht. Stellt das Gericht das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig ein, gilt Absatz 1 entsprechend.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen, die einem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsen sind. Gleiches gilt für die notwendigen Auslagen eines Privatklägers, wenn die Staatsanwaltschaft nach § 377 Abs. 2 die Verfolgung übernommen hat.
(4) § 471 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
ein Gebäude, ein Schiff, eine Hütte oder eine andere Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient, - 2.
eine Kirche oder ein anderes der Religionsausübung dienendes Gebäude oder - 3.
eine Räumlichkeit, die zeitweise dem Aufenthalt von Menschen dient, zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen,
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine in § 306 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 bezeichnete Sache in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört und dadurch einen anderen Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.