Landgericht Düsseldorf Urteil, 14. Sept. 2016 - 5 O 77/16
Gericht
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 2.420,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2016 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 80 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 20 %.
Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung aus einer sogenannten Eigentümerabrechnung nach dem Verkauf einer weitgehend vermieteten Immobilie in Anspruch.
3Die Parteien sind durch einen notariellen Kaufvertrag vom 11.02.2014 miteinander verbunden. Kaufgegenstand waren Hausgrundstücke, die als Mehrfamilienhäuser vermietet waren. In § 4 Nr. 1 des Kaufvertrages wurde vereinbart, dass Besitz, Nutzen sowie Lasten an dem Kaufobjekt mit dem Verrechnungsstichtag auf den Käufer übergehen. Als Verrechnungsstichtag wurde der der vollständigen Gutschrift des Kaufpreises auf dem Konto des Verkäufers folgende Monatserste bestimmt.
4§ 4 Ziffer 9 des Kaufvertrages hat folgenden Wortlaut:
5„Die Parteien sind darüber einig, dass der Käufer für die Betriebskostenabrechnung ab Beginn des am Besitzübergang laufenden Wirtschaftsjahres verantwortlich ist. Der Verkäufer übernimmt die Abrechnung der Betriebs- und Nebenkosten für die dem Besitzübergang vorausgehenden Wirtschaftsjahre, sofern diese nicht durch den Insolvenzverwalter abgerechnet werden. Im Hinblick auf das am Besitzübergang laufende Wirtschaftsjahr verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer die für die Betriebskostenabrechnung erforderlichen Unterlagen und Angaben für den Zeitraum bis zum Besitzübergang bis spätestens zwei Monate nach dem Besitzübergang vorzulegen. Der Verkäufer wird dem Käufer mit Wirkung zum Besitzübergang die bis zu diesem Zeitpunkt für das am Besitzübergang laufende Wirtschaftsjahr geleisteten Vorauszahlungen der Mieter für Betriebs- und Nebenkosten, abzüglich der seinerseits bereits für verstrichene oder zukünftige Vorauszahlungen/Abschlagszahlungen für öffentliche und private Abgaben sowie vom Eigentümer zu leistende Vorauszahlungen auf Energiekosten überweisen. Soweit Mieter etwa Vorauszahlungen nicht geleistet haben, tritt der Verkäufer die entsprechenden Zahlungsansprüche hiermit mit Wirkung auf den Besitzübergang ab, ohne für deren Durchsetzbarkeit einzustehen.“
6Der Besitzübergang am Kaufgegenstand vollzog sich vorliegend am 01.04.2014 als dem auf die Zahlung des vollständigen Kaufpreises folgenden Tag. Die Klägerin erstellte in der Folgezeit eine sogenannte „Eigentümerabrechnung“, die sich auf den Zeitraum vom 01.06.2013 bis zum 31.05.2014 bezieht (Anlage K 2 zur Klageschrift). Sie stellte insoweit unter anderem Öllieferungen in Höhe von 5.354,33 € sowie in Höhe von 5.677,18 € und insgesamt erbrachte Leistungen in Höhe von 24.674,88 € in Rechnung. Nach Abzug von Gesamtmieteinnahmen ergab sich ein Forderungsbetrag in Höhe von 13.453,09 €.
7Die Klägerin ist grundsätzlich der Ansicht, dass die in § 4 Nr. 9 getroffene Regelung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung so zu verstehen sei, dass ggfls. den Käufer die spiegelbildliche Pflicht treffe, dem Verkäufer einen überschießenden Betrag aus der Differenz zwischen tatsächlich gezahlten Kosten auf die Immobilie und Zahlungen der Mieter auszugleichen. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, dass die Beklagten kein Eigentum an dem Inhalt des Öltanks als Zubehör des Grundstücks erworben hätten, weil die in § 4 Ziffer 9 des Vertrages getroffene Regelung insoweit spezieller sei.
8Die Klägerin beantragt,
9die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 13.453,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.02.2016 zu zahlen.
10Die Beklagten beantragen,
11die Klage abzuweisen.
12Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg.
15I.
16Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung in der zuerkannten Höhe aus § 4 Ziffer 9 des Kaufvertrages vom 11.02.2014.
17Die in § 4 Ziffer 9 des Kaufvertrages getroffene Regelung ist auf der Grundlage einer nicht am Wortsinn haftenden, sondern vielmehr nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Belangen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2005, XII ZR 241/03, eingestellt in juris), so zu verstehen, dass die Beklagten eine auf der Grundlage der vorzunehmenden Saldierung bestehende Unterdeckung herauszugeben haben. Der Klägerin ist daran beizupflichten, dass in der getroffenen Regelung der Grundsatz klar zum Ausdruck kommt, dass die Käufer letztlich die abrechnungsfähigen Kosten für das Wirtschaftsjahr tragen, die Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung für den gesamten Zeitraum erhalten und darüber hinaus auch die Nachforderungsberechtigten hinsichtlich etwaiger Unterzahlungen der Mieter werden. Die Parteien haben ersichtlich nicht daran gedacht, dass ggfls. auch ein Guthaben zu Gunsten der Verkäuferin bestehen könnte. Aus der Regelung ist aber klar der Grundsatz zu entnehmen, dass ein gerechter Ausgleich bzw. eine Saldierung vorgenommen werden sollte. Soweit die Beklagten argumentieren, es stehe ihnen deshalb zu eine zu ihren Gunsten bestehende Unterdeckung zu behalten, weil sie die Abrechnung der Betriebskosten übernommen haben, verfängt dies nicht. Die Klägerin verweist zu Recht darauf hin, dass dies bedeuten würde, dass die Parteien es gänzlich dem Zufall überlassen hätten wollen, ob und in welcher Höhe die Beklagten eine Vergütung für die Übernahme der Abrechnung erhalten würden. Dies ist jedoch nicht interessengerecht. Darüber hinaus erscheint es abwegig, dass der Umstand, dass die Beklagten die Abrechnung für 11 Wohnungen fertigen, in dieser Weise honoriert werden sollte.
18Entgegen der Auffassung der Klägerin war allerdings der Anschaffungspreis für das Heizöl nicht in die sogenannte Eigentümerabrechnung einzustellen. Die Beklagten haben nämlich das Heizöl als Zubehör im Rahmen des Eigentumsübergangs an dem streitgegenständlichen Hausgrundstück erworben, §§ 926, 97 BGB. Nach allgemeiner Auffassung ist Heizöl Zubehör im Sinne des § 97 BGB. Das Heizöl dient dem Wohnhaus. Zubehör können auch verbrauchbare Sachen sein. Eine räumliche Nähe ist gegeben (vgl. Palandt-Ellenberger, 75. Auflage 2016, § 97, Randnr. 12). Bei einer Grundstücksveräußerung spricht gem. § 926 Abs. 1 Satz 2 BGB die Vermutung dafür, dass das im Eigentum des Veräußerers stehende Zubehör mit veräußert werden sollte. Wer den Eigentumsübergang einzelner Zubehörstücke beschreitet, muss dartun, dass sie ausdrücklich oder aus den Umständen erkennbar, z.B. aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen, ausgenommen worden sind (Staudinger-Gursky, Neubearbeitung 2011, § 926, Randnr. 14).
19Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit aus dem Kaufvertrag, dass das Heizöl nicht mit veräußert sein sollte. Die Parteien haben in § 4 Ziffer 9 eine Saldierung vereinbart, bei der die auf Energiekosten zu leistende Vorauszahlungen einzustellen sind. Daraus kann nicht mit der dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz Rechnung tragenden Eindeutigkeit geschlossen werden, dass das Eigentum an dem Heizöl nicht übergehen sollte.
20Die Zinsforderung folgt aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Die Kostenentscheidung hat ihre Grundlage in § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1, 2, 711 ZPO.
21Streitwert: 13.453,09 €
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(1) Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, so erlangt der Erwerber mit dem Eigentum an dem Grundstück auch das Eigentum an den zur Zeit des Erwerbs vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll.
(2) Erlangt der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken, die dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so finden die Vorschriften der §§ 932 bis 936 Anwendung; für den guten Glauben des Erwerbers ist die Zeit der Erlangung des Besitzes maßgebend.
(1) Zubehör sind bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen. Eine Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehr nicht als Zubehör angesehen wird.
(2) Die vorübergehende Benutzung einer Sache für den wirtschaftlichen Zweck einer anderen begründet nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.
(1) Sind der Veräußerer und der Erwerber darüber einig, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör des Grundstücks erstrecken soll, so erlangt der Erwerber mit dem Eigentum an dem Grundstück auch das Eigentum an den zur Zeit des Erwerbs vorhandenen Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll.
(2) Erlangt der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken, die dem Veräußerer nicht gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so finden die Vorschriften der §§ 932 bis 936 Anwendung; für den guten Glauben des Erwerbers ist die Zeit der Erlangung des Besitzes maßgebend.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.