Landgericht Düsseldorf Urteil, 20. Mai 2016 - 10 O 291/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klägerin begehrt die Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung sowie die Rückabwicklung eines Darlehensvertrags.
3Sie schloss mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter dem 25.09./06.10.1995 zu 100.000,00 DM (Teil A) und 85.000,00 DM (Teil B, zusammen 94.589,00 EUR) einen Darlehensvertrag (Kto.-Nr. x) zur Finanzierung einer Eigentumswohnung, der durch Änderungsvertrag vom 05.12.2000 prolongiert wurde. Urspr. sah der Darlehensvertrag zu Teil A einen Festzins von 7,4% p.a. bis 2005 vor, für Teil B einen variablen Zins mit Zinsobergrenze vor, der aber bis 09.10.2000 festgeschrieben wurde auf 6,96% p.a. Durch die Prolongation wurde ein Zinssatz von 6,54% p.a. bis 24.11.2010 festgeschrieben. Für den weiteren Inhalt von Darlehensvertrag und Änderungsvertrag wird auf Anl. DE6 Bezug genommen.
4Unter dem 03.11.2010 schlossen die Parteien einen mit „Kreditvertrag / Vertragsänderung“ überschriebenen Vertrag zu „Stammnummer xx“ (Anl. DE1). Das Dokument enthält nach der Nennung der Klägerin die Einleitung „Bei dem nachgenannten Kredit haben wir folgende Vertragsänderungen mit Ihnen zum 25.11.2010 vereinbart“. Als „Kreditbetrag zum Zeitpunkt der Wirksamkeit“ wurden 43.460 EUR. Es wurde ein bis 30.09.2025 festgeschriebener Sollzinssatz von 4,75% p.a. vereinbart (eff. Jahreszins 4,84%). Unter Ziffer 9 enthielt das Vertragsdokument eine Widerrufsbelehrung. Ziffer 10 lautet:
5„10. Sonstige Vereinbarung Alle übrigen Vereinbarungen des Kreditvertrags zu dem oben genannten Konto bleiben unverändert.“
6Für den übrigen Inhalt des Vertrags sowie Inhalt und Gestaltung der Widerrufsbelehrung wird auf Anl. DE1 Bezug genommen.
7Im Jahr 2014 wollte die Klägerin die Eigentumswohnung veräußern. Sie widerrief den Vertrag aus 2010 mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2014 (Anl. DE2). Da die Beklagte ein Widerrufsrecht verneinte und den Vertrag aus dem Jahr 2010 als Prolongation bezeichnete, wurde der Vertrag gegen die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung iHv 11.441,12 EUR und die Zahlung der Restvaluta abgelöst.
8Mit der Klage verlangt die Klägerin die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie gezahlter Raten nebst Nutzungsentschädigung abzüglich von ihr zu zahlender Zinsen in Höhe des jeweiligen Marktzinses i.H.v. 3.946,75 EUR nach der Forderungsaufstellung in Anl. DE9.
9Die Klägerin trägt vor, es habe sich 2010 um eine echte Abschnittsfinanzierung gehandelt. Es habe somit ein Widerrufsrecht bestanden. Dieses habe sie auch 2014 noch ausüben können, da die Widerrufsbelehrung fehlerhaft gewesen sei. Es fehle ein Hinweis auf die zu zahlenden Sollzinsen. Die Belehrung sei zudem nicht hinreichend deutlich und schließe nicht mit der Unterschrift des Darlehensnehmers ab. Sie entspreche auch nicht den gesetzlichen Vorschriften in der bei Vertragsschluss gültigen Fassung. Sie könne Nutzungsersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz fordern, müsse die Valuta ihrerseits aber nur mit dem jeweils marktüblichen Zins verzinsen.
10Die Klägerin beantragt,
111. die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.441,12 EUR (geleistete Vorfälligkeitsentschädigung) zu zahlen sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5%punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit (18.07.2015) zu zahlen;
122. die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 3.946,75 EUR zu zahlen sowie Zinsen hieraus in Höhe von 5%punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit (18.07.2015) zu zahlen;
133. hilfsweise,festzustellen, dass sie ihre Vertragserklärung zum Abschluss des mit der Beklagten vereinbarten Darlehensvertrags vom 03.11.2010 Bereich 302 Stammnummer xx über 43.460,00 EUR mit anwaltlichem Schreiben vom 14.11.2014 wirksam widerrufen hat.
14Die Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Die Beklagte trägt vor, bei dem 2010 geschlossenen Vertrag habe es sich um eine bloße (weitere) Prolongation des 1995 geschlossenen Darlehens gehandelt; es sei kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt worden. Der Vertrag enthalte mehrere Bezugnahmen auf den Ursprungsvertrag. Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß und enthalte die nach BGB und EGBGB notwendigen Angaben. Sie beruft sich auf Verwirkung wegen Zeitablaufs und auf missbräuchliche Rechtsausübung, da mit dem Widerruf nur der niedrigere Marktzins genossen werden wolle. Die Forderungsaufstellung sei hinsichtlich des Nutzungsersatzes falsch.
17Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist unbegründet.
20Ansprüche aus einem etwaigen Rückabwicklungsschuldverhältnis auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung (Antrag zu 1.) und auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung (Antrag zu 2.) nach §§ 495, 355 ff., 346 ff. BGB bestehen nicht. Es bestand bereits kein gesetzliches Widerrufsrecht.
211.
22Nach Auffassung der Kammer handelt es sich bei dem widerrufenen Vertrag um eine reine Prolongation des 1995 geschlossenen Vertrags, so dass kein Widerrufsrecht nach §§ 495, 355 BGB (in der von 11.06.2010 bis 12.06.2014 geltenden Fassung) bestand. Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei einer unechten Abschnittsfinanzierung, bei der also kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2013, XI ZR 6/12).
23Unechte Abschnittsfinanzierungen sind Kredite, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt worden war, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird, wobei das Darlehen zum Ende des Finanzierungsabschnitts nicht ohne weiteres fällig wird, sondern nur dann, wenn der Darlehensnehmer der vorgeschlagenen Änderung der Konditionen widerspricht (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2011, Az. XI ZR 135/10). Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, einer Novation oder einer Prolongation nach Ablauf der Gesamtlaufzeit wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013, Az. XI ZR 6/12; Beschluss vom 06.12.1994, Az. XI ZR 99/94 m.w.N.).
24Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung steht einem Verbraucher bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge nach §§ 495, 355 BGB zu, wenn nach Auslaufen der Zinsbindungsfrist mit der darlehensgebenden Bank lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenanpassung entsprechend dem ursprünglich geschlossenen Darlehensvertrag vollzogen wird (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013, Az. XI ZR 6/12).
25Der Grund für die Unterscheidung liegt darin, dass sich der Verbraucher bei Abschluss einer Konditionenanpassung, bei der die Entscheidung für die Darlehensaufnahme bereits gefallen ist, nicht in einer vergleichbar schutzbedürftigen Entscheidungssituation befindet wie bei dem ursprünglichen Darlehensvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2013, a.a.O.).
26Diese Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anwendbar, insbesondere war ein neues Kapitalnutzungsrecht mit den Zinsfestschreibungen nicht verbunden.
27Ein neues Kapitalnutzungsrecht, deren Vorliegen die Klägerin gar nicht ausdrücklich behauptet, besteht dies nach dem BGH-Urteil vom 28.05.2013, a.a.O., nur, wenn dem Darlehensnehmer ein neues, im ursprünglichen Darlehensvertrag weder geregeltes, noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (BGH aaO, Rn. 21). Kein neues Kapitalnutzungsrecht wird eingeräumt, wenn nach Ablauf der Zinsbindungsfrist lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen werden (BGH, aaO, Rn. 22).
28Entgegen der Auffassung der Klägerin wurde nach Auffassung der Kammer hier nach diesen Grundsätzen kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt. Ziffer 10 des Darlehensvertrags verweist ausdrücklich „im Übrigen“ auf die bisher geltenden Konditionen. Der Vertrag wird als „Vertragsänderung“ bezeichnet, und auch in der Einleitung werden die folgenden Konditionen als Änderung bezeichnet. Auch die Vertragslaufzeit bis 2025 war bereits im Vertrag von 1995 vorgesehen.
29Dass weitere Einzelheiten als der Zinssatz selbst geändert wurden, ändert nach Auffassung der Kammer nichts an diesem Ergebnis. So spricht bereits der Bundesgerichtshof nicht nur von Zinssätzen, sondern von den Konditionen der bestehenden Kapitalnutzung, die geändert würden. Kein neues Kapitalnutzungsrecht entstehe, wenn lediglich die Konditionen der Kapitalnutzung im Rahmen des ursprünglichen Darlehensvertrages geändert und das ursprüngliche Kapitalnutzungsrecht zu veränderten Kreditbedingungen fortgesetzt würden (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 – XI ZR 6/12 –, Rn. 23, juris).
302.
31Ein gesetzliches Widerrufsrecht bestand demnach nicht. Die Widerrufsbelehrung im Vertrag ist somit als vertragliche Vereinbarung eines Widerrufsrechts zu sehen, für den die etwaige Abweichung von gesetzlichen Vorschriften über die Belehrung unschädlich ist.
323.
33Da aufgrund eines fehlenden bzw. verfristeten Widerrufsrechts keine Ansprüche auf Rückzahlung der Vertragsleistungen bestanden, fehlt auch ein Anspruch auf Nutzungsersatz nach § 346 BGB.
344.
35In Ermangelung einer Hauptforderung entfallen auch etwaige Zinsforderungen aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, §§ 280, 286, 288 BGB.
365.
37Auch dem Hilfsantrag ist kein Erfolg beschieden. In der gestellten Form ist er zwar nicht unzulässig. Vielmehr kann er dahin gehend ausgelegt werden, dass die Feststellung der Umwandlung des Darlehensverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis aufgrund des Widerrufs begehrt wird. Da es jedoch der Klägerin eines wirksamen Widerrufs ermangelt, fehlt nach den obigen Darstellungen auch die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis.
386.
39Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
40Der Streitwert wird auf 11.441,12 EUR festgesetzt. Der Antrag auf Nutzungsersatz ist als Nebenforderung nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 12.01.2016, Az. XI ZR 366/15).
41Rechtsbehelfsbelehrung:
42Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Landgericht Düsseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Landgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Annotations
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.
(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,
- 1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags, - 2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder - 3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.
(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.
(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit
- 1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist, - 2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat, - 3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,
- 1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat, - 2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre, - 3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.