Landgericht Dortmund Urteil, 26. Juni 2015 - 3 O 408/13
Gericht
Tenor
1.
Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert von bis zu 95.000,00 € trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt von den Beklagten zu 2) und zu 3) – gegen die Beklagte zu 1), die Stadtsparkasse E, hat er die Klage mit Schriftsatz vom 17.04.2014 (Bl. 142 d.A.) zurückgenommen – Schadensersatz wegen Prospektfehlern und der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Beitritt zu dem Schiffsfonds E2. Der Kläger begehrt Rückzahlung seiner geleisteten Kommanditeinlage in Höhe von 70.000,00 US$ zuzüglich 5 % Agio (= 54.728,22 €) zuzüglich eines Betrages von 871,53 € (Mehrkosten im Zusammenhang mit der Rückzahlung der im Jahr 2008 erhaltenen Ausschüttung über 5.541,67 US-$). Ferner verlangt er Ersatz eines entgangenen Gewinns in Höhe von 20.687,27 € sowie Freistellung von Verbindlichkeiten. Bei der Beklagten zu 2) handelt es sich um die Gründungsgesellschafterin und Prospektherausgeberin, bei der Beklagten zu 3) um die Treuhandkommanditistin. Der streitgegenständliche Emissionsprospekt (Anlage K2) wurde am 31.01.2007 herausgegeben.
3Am 23.03.2007 unterzeichnete der Kläger eine formularmäßige Beitrittserklärung (Anlage K1), die seinen Beitritt zu dem Fonds unmittelbar als Kommanditist zum Gegenstand hatte. Zum Zeitpunkt der Zeichnung lag dem Kläger unstreitig der Prospekt zum Fonds vor.
4Der Kläger behauptet, dass ihm die Zeugin O, eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 1), die Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligung empfohlen habe. In dem – einzigen – Beratungsgespräch am 23.03.2007 habe die Zeugin O ihm und seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau mitgeteilt, dass Schiffsfonds sicheres Geschäft seien, weil es auf den Weltmeeren immer Beschäftigung für Öltanker gebe und weil wegen der verschärften Sicherheitsvorschriften auch viele alte Tanker ausgemustert werden müssten. Ferner habe die Zeugin O erklärt, dass die Ertragsaussichten als gut und gesichert zu beurteilen seien, und zwar auch noch nach dem Auslaufen des langfristigen Chartervertrages. Im Rahmen der erfolgten Anlageberatung sei er nicht hinreichend über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt worden. Eine Aufklärung über verschiedene Prospektfehler, welche der Emissionsprospekt vom 31.01.2007 nach Ansicht des Klägers enthalte, sei nicht erfolgt. Der Kläger behauptet schließlich, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung dem Fonds nicht beigetreten wäre.
5Der Kläger ist der Ansicht, dass der Emissionsprospekt vom 31.01.2007 die nachfolgend dargestellten Prospektfehler enthalte (wegen der Einzelheiten wird auf S. 9-48 der Klageschrift vom 29.09.2013, Bl. 10-49 d.A., Bezug genommen):
6(1) Mittelherkunft/Mittelverwendung,
7(2) Bonität des Chartergaranten,
8(3) unzutreffende Darstellung der zukünftigen Schiffsbetriebskosten
9(4) Vermittlung des unzutreffenden Eindrucks, als bestünde erheblicher Ersatzbedarf wegen der Umstellung von Ein- auf Doppelhüllentanker
10(5) unvollständige Aufklärung über loan-to-value-Klausel
11(6) überteuerter Kaufpreis für die W2
12(7) aus den in den Schiffshypothekendarlehensverträgen vereinbarten Wertsiche-rungsklauseln resultierende Risiken
13(8) fehlende Aufklärung über Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung
14(9) Risiko der Nachhaftung
15(10) Risiken einer Majorisierung der Beschlussfassung innerhalb der Gesellschaft durch die Treuhänderin,
16(11) Gesellschafterversammlungen im schriftlichen Umlaufverfahren,
17(12) Ausschüttungen als Kriterium für die Beurteilung des Leistungsfähigkeit eines Emissionshauses.
18Der Kläger beantragt,
191. die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, an den Kläger 76.287,02 € abzüglich eines am 30.04.2014 gezahlten Betrages von 27.400,00 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2012 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der Beklagten zu 3) bezüglich einer von dieser gehaltenen Beteiligung (Nr. ######) im Nennbetrag von 70.000,00 US-$ an der E2;
202. festzustellen, dass sich die Beklagten zu 2) und zu 3) mit der Annahme der angebotenen Rechte des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der Beklagten zu 3) bezüglich einer von dieser gehaltenen Beteiligung (Nr. ######) im Nennbetrag von 70.000,00 US-$ an der E2 in Verzug befinden;
213. festzustellen, dass die Beklagte zu 2) den Kläger von sämtlichen mittel- und unmittelbaren Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag mit der Beklagten zu 3) bezüglich der Beteiligung des Klägers (Nr. ######) im Nennbetrag von 70.000,00 US-$ an der E2 freizustellen hat, insbesondere auch gegenüber der Beklagten zu 3), der Fondsgesellschaft und Dritten; festzustellen, dass die Beklagte zu 3) aus dem Treuhandvertrag mit dem Kläger bezüglich der Beteiligung des Klägers (Nr. ######) im Nennbetrag von 70.000,00 US-$ an der E2 keinerlei Rechte mehr geltend machen kann und als Gesamtschuldnerin neben der Beklagten zu 2) den Kläger von sämtlichen Ansprüchen Dritter aus der Beteiligung freizustellen hat;
224. festzustellen, dass die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldnerinnen den Kläger von sämtlichen steuerlichen Nachteilen freizustellen haben, die aus der Beteiligung selbst sowie der schadensbedingten Abwicklung gemäß Ziffer 1. resultieren;
235. die Beklagten zu 2) und zu 3) als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, an den Kläger 1.244,54 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.12.2012 zu bezahlen.
24Im Umfang des mit der Beklagten zu 1) geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs, in dessen Folge der Kläger Zahlungen über 27.400,00 € in der Hauptsache und 2.931,96 € auf die Kosten erhalten hatte, hat der Kläger im Termin am 26.06.2015 den Rechtsstreit in der Hauptsache insoweit – nach Maßgabe des klägerischen Schriftsatzes vom 19.06.2015 (Bl. 167 f. d.A.) – für erledigt erklärt.
25Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben der Teilerledigungserklärung des Klägers widersprochen und beantragen im Übrigen,
26die Klage abzuweisen.
27Sie behaupten, dass es sich bei dem Kläger um einen Anleger handele, der über Erfahrungen mit geschlossenen Fondsbeteiligungen verfüge und dem die Risiken seiner Beteiligung vollständig bewusst gewesen seien. Eine etwaige Aufklärungspflichtverletzung sei für die Anlageentscheidung des Klägers nicht kausal gewesen. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind der Ansicht, der Emissionsprospekt sei fehlerfrei. Ferner erheben sie die Einrede der Verjährung.
28Das Gericht hat im Termin vom 26.06.2015 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin O; wegen des Inhalts ihrer Aussage wird Bezug genommen auf das Terminsprotokoll.
29Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe:
31I.
32Die zulässige Klage ist unbegründet und hatte daher der Abweisung zu unterliegen.
33Der Kläger hat gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) aus keinem Rechtsgrund Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der Einlage zuzüglich Agio sowie Ersatzansprüche bezüglich entgangener Anlagezinsen.
34Gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) scheiden Schadensersatzansprüche gemäß §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) aus uneigentlicher Prospekthaftung aus, weil das Gericht eine Aufklärungspflichtverletzung dieser beiden Beklagten nicht feststellen kann.
35Die Beklagten zu 2) und zu 3) gehören als Gründungs- und Treuhandgesellschafter zwar zu dem Personenkreis, der nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung bei einem Aufklärungsmangel haftet. Die aus dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (c.i.c.) abgeleitete Prospekthaftung im weiteren Sinne zielt auf eine Haftung der Gründungsgesellschafter – namentlich der Gründungskommanditisten und der Treuhandkommanditisten – einer Publikumskommanditgesellschaft (BGH, Urt. v. 06.10.1980 – II ZR 60/80 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07 Rn. 7 ff.; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08 Rn. 8 ff.; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2012 – I-8 U 256/11 Rn. 36 ff.). Grundlage ist, dass die Gründungsgesellschafter wegen eines regelmäßigen Wissensvorsprungs gegenüber den Anlegern eine Aufklärungspflicht trifft (OLG Hamm, Urt. v. 08.09.2008 – 8 U 161/07 Rn. 198). Neben einer vollständigen Aufklärung in Bezug auf alle anlagerelevanten Umstände müssen insbesondere unrichtige Prospektangaben richtiggestellt werden (BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07; BGH, Urt. v. 12.02.2009 – III ZR 90/08).
36Nach diesen Grundsätzen sind die Beklagten zu 2) und zu 3) im Sinne der uneigentlichen Prospekthaftung verpflichtet, über alle wesentlichen Gesichtspunkte aufzuklären, die für die Entscheidung des Interessenten von Bedeutung sind. Sie kommen ihr regelmäßig dadurch nach, dass dem Interessenten rechtzeitig ein vollständiger und richtiger Prospekt (nachfolgend (a)) übergeben wird und von dem Anlageberater oder Anlagevermittler keine von dem Prospektinhalt abweichenden irreführenden oder verharmlosenden Erklärungen abgegeben werden (nachfolgend (b)) (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2013, III ZR 404/12; BGH, Urt. v. 11.05.2006 – III ZR 205/05; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Auf. 2015, § 311 Rn. 70).
37(a)
38Der dem Kläger rechtzeitig vor der Zeichnung übermittelte Prospekt vom 31.01.2007 ist richtig und vollständig (so auch Urteil dieser Kammer vom 10.07.2015 – 3 O 243/14 – zur Veröffentlichung in www.nrwe.de bestimmt). Die folgenden, von dem Kläger geltend gemachten Prospektfehler sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts nicht feststellbar:
39(1) Mittelherkunft/Mittelverwendung
40Der Emissionsprospekt enthält umfassende Informationen hinsichtlich der Weichkosten und der Mittelverwendung. Über Weichkosten, die in nicht unerheblicher Höhe anfallen, muss ein Prospekt aufklären. Dem Anleger ist zu verdeutlichen, in welchem Umfang seine Leistungen nicht in das Anlageobjekt, sondern in Anschaffungs- und Herstellungskosten investiert werden (BGH, Urt. v 12.12.2013, III ZR 404/12 Rn. 14, 15). Fehlerhaft ist es daher, wenn dem Anleger nicht vor Augen geführt wird, in welchem Umfang seine Beteiligung nicht in das Objekt eingeht, wenn beispielsweise Werbungskosten mit einem unrichtigen Anteil am Gesamtaufwand ausgewiesen werden. Dem Anlageinteressenten ist es nicht zumutbar, zunächst durch eine Reihe von Rechengängen zu einer korrekten Feststellung zu kommen (BGH, Urt. v 12.12.2013, III ZR 404/12 Rn. 14, 15).
41Vorliegend wurde die Höhe der Weichkosten korrekt angegeben. Sie werden im Prospekt selbst (S. 30 f.) sowie in der Anlage 1 zum Gesellschaftsvertrag (S. 87) mitgeteilt. So wird beispielsweise in der Übersicht auf S. 30 „Mittelherkunft und Mittelverwendung“ verdeutlicht, dass von dem Investitionsvolumen in Höhe von 143.800 TUS-$ ein Betrag von 10.020 TUS-$ (entspricht 7,0 %) für „Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals“ eingesetzt wird. Aus dem Prospekt ergibt sich auch, dass das Agio in Höhe von 5 % für Vertrieb und Einwerbung des Beteiligungskapitals aufgewendet wird (S. 30 f.). Für den sorgfältigen Anlageinteressenten sind die Angaben nach einer Gesamtschau des Prospekts ausreichend aufschlussreich und erfordern keinen beachtlichen Rechenaufwand (ebenso BGH, Urt. v 12.12.2013, III ZR 404/12 Rn. 14, 15).
42(2) Bonität des Chartergaranten
43In dem Prospekt wird mehrfach auf das Risiko hingewiesen, dass die Chartereinnahmen schwanken und unter dem Eindruck eines weltweiten Verfalls der Chartereinnahmen stehen. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass nicht auszuschließen ist, dass der Chartergarant seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. So heißt es auf S. 31: „Die Nachfrage nach Transporten zur See wird entscheidend von der weltweiten Nachfrage bestimmt. Eine langfristige Marktschwäche oder nachhaltige Änderungen der Verbrauchs- oder Produktionsgewohnheiten – vor allem in den Industrienationen – können zu einem Rückgang des Transportaufkommens führen. Der durch einen Rückgang des Transportaufkommens und/oder durch einen Anstieg der Flottenkapazität verursachte Verfall der erzielten Frachteinnahmen kann die Ertragslage des Charterers beziehungsweise des Chartergaranten derart beeinflussen, dass ihm die Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen teilweise oder gänzlich unmöglich wird. Auch eine Unternehmensgruppe wie die Q International Holding Corporation ist vor solchen Entwicklungen nicht geschützt (…). Im Extremfall kann dies zur Aufgabe des Geschäftsbetriebes führen oder den Verlust des Beteiligungskapitals bedeuten.“ Auf S. 32-37 werden die erwarteten Chartereinnahmen in Tabellenform von 2007 bis 2022 präzisiert. Damit wird auch deutlich, dass die Chartereinnahmen durchaus geringer als prospektiert ausfallen können. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die angestellte Prognose sich aus damaliger Sicht ex-ante als unvertretbar dargestellt hätte (vgl. auch LG Dortmund, Urt. v. 08.11.2013 – 3 O 125/13 = BeckRS 2013, 21095).
44(3) unzutreffende Darstellung der zukünftigen Schiffsbetriebskosten
45Die Kosten des Schiffsbetriebes wurden in dem Emissionsprospekt offen gelegt. Der Kläger trägt schon nicht vor, welche Kosten für den Schiffsbetrieb ihm tatsächlich unbekannt geblieben sind. Auf S. 34 f. des Prospekts findet sich eine hinreichende Aufklärung bezüglich der Schiffsbetriebskosten. Insoweit werden Beträge in US-$ pro Tag ausgewiesen. Der Anleger wird entgegen dem Vortrag des Klägers nicht im Unklaren gelassen, auf welchen Grundlagen die Berechnungen beruhen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Höhe von der täglichen Rücklage für die Dockung des Schiffes abhängt. Die Budgetierung wird für den Zeitraum 2007 bis 2022 zwischen Schiffsbetriebskosten, Dockungsrücklage und Managementkosten aufgeschlüsselt. Eine weitere Aufschlüsselung der Kostenkalkulation bedurfte es nicht, weil allein die Summe der Betriebskosten und nicht deren Zusammensetzung für die Beurteilung der Rentabilität des Fonds und damit für die Anlageentscheidung von Bedeutung ist. Dem Anleger wird - auch bei Fehlen genauerer Angaben - ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsangebot vermittelt (BGH, Urteil vom 22.3.2010, II ZR 66/08, Rn.9; Urt. dieser Kammer vom 17.10.2014 – 3 O 376/13 – BeckRS 2014, 22082). Es kann dahinstehen, ob die Schiffsbetriebskosten tatsächlich höher als angegeben ausgefallen sind. Denn bei den prospektierten Angaben handelt es sich lediglich um Prognosewerte, die der Vertretbarkeitskontrolle unterliegen Dabei dürfen durchaus auch optimistische Prognosen und Kalkulationen dem Prospekt zugrunde gelegt werden; darüber hinausgehende Risikoabschläge, die der - jeder Prognose naturgemäß innewohnenden - Unsicherheit Rechnung tragen sollen, sind für eine angemessene Darstellung des Risikos der Anlage grundsätzlich nicht erforderlich (BGH Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 337/08, NJW-RR 2010, 115). Dass aber eine zum Zeitpunkt ihrer Erstellung vertretbare Prognose immer mit dem Risiko einer abweichenden negativen Entwicklung behaftet ist und sich die Entwicklung der Rentabilität einer Kapitalanlage insoweit nicht mit Sicherheit voraussagen lässt, gehört zum Allgemeinwissen und bedarf bereits keiner besonderen Aufklärung (BGH Urteil vom 21.03.2005, XI ZR 63/05, Rn. 16 = NJW 2006, 2041; BGH, Urteil vom 27.10.2009, XI ZR 337/08, Rn. 23 = NJW-RR 2010, 115). Der Kläger trägt schon nicht vor, dass die Angaben aus ex-ante-Sicht im Jahr 2007 unvertretbar gewesen seien.
46(4) Vermittlung des unzutreffenden Eindrucks, als bestünde erheblicher Ersatzbedarf wegen der Umstellung von Ein- auf Doppelhüllentanker
47Auf S. 13 des Prospekts findet sich der – zutreffende – Hinweis, dass sukzessive die Außerdienststellung aller Einhüllentanker ansteht. Der Prospekt brauchte demgegenüber nicht konkret darüber aufzuklären, wie weit fortgeschritten die Erneuerung und Erweiterung der Tankerflotte der W und V war, d.h. wie viele der 480 Tanker (Stand 01.10.2006) bereits ersetzt worden sind. Für die Anlageentscheidung ist die genaue Kenntnis, wie viele W-Neubestellungen es zum Zeichnungszeitpunkt bereits gab, von untergeordneter Bedeutung.
48(5) unvollständige Aufklärung über loan-to-value-Klausel
49Die teilweise Fremdfinanzierung des Investitionsvolumens einschließlich der Finanzierungskosten wurde in dem Prospekt umfassend dargestellt. Eine vollständige Wiedergabe der Darlehensverträge war nicht erforderlich, weil die über die Prospektangaben hinausgehenden Einzelheiten der Darlehensverträge für die Anlageentscheidungen nicht von Bedeutung sind. Dem Anleger wird – auch beim Fehlen der vorgenannten Umstände – ein für seine Beitrittsentscheidung zutreffendes Bild über das Beteiligungsangebot vermittelt (vgl. BGH II ZR 66/08, Urt. v. 22.3.2010, Rn. 9).
50(6) überteuerter Kaufpreis für die W2
51Dass, wie der Kläger meint, der Schiffskaufpreis „eben nicht günstig sondern teuer“ (S. 37 der Klageschrift) gewesen sei, ist eine subjektive Einschätzung, die anhand objektiver Kriterien kaum verifizierbar ist. Der Prospekt legt auf S. 31 offen, dass in dem Kaufvertrag (MOA) vom 28.12.2006 für die W2 ein Kaufpreis von 129 Mio. US-$ vereinbart und bei Übernahme des Schiffes am 18.01.2007 an den Verkäufer vollständig bezahlt worden ist. Weiter teilt der Prospekt auf S. 17 in Anknüpfung an ein von der Beteiligungsgesellschaft eingeholtes Schiffsgutachten mit: „Das Gutachten vom 29. Dezember 2006 kommt zu dem Ergebnis, dass der Kaufpreis (…) als marktkonform, im Trend der stark gestiegenen Marktpreise liegend und damit als angemessen zu beurteilen ist. In Bezug auf den Ertragswert auf Basis des fest abgeschlossenen rund 11 Jahre laufenden Chartervertrag des Schiffes wird der Kaufpreis als günstig beurteilt.“
52(7) aus den in den Schiffshypothekendarlehensverträgen vereinbarten Wertsiche-rungsklauseln resultierende Risiken
53Die loan-to-value-Klausel gibt das Verhältnis zwischen maximaler Beleihung bzw. Höhe des Kredits und dem ermittelten Wert des finanzierten Schiffes an. Üblicherweise wird vereinbart, dass die Darlehenshöhe in einer bestimmten Währung gerechnet, 105 % des Wertes des finanzierten Objekts nicht übersteigen darf. In den Darlehensverträgen sichert die LTV-Klausel für die Bank, dass das Darlehen durch den Wert der Fondsobjekte stets ausreichend besichert ist. Wie oben unter (5) bereits ausgeführt, war in dem Emissionsprospekt vom 31.01.2007 eine vollständige Wiedergabe der Darlehensverträge nicht erforderlich, weil die über die Prospektangaben hinausgehenden Einzelheiten der Darlehensverträge für die Anlageentscheidungen nicht von Bedeutung sind.
54(8) fehlende Aufklärung über Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung
55Der Prospekt enthält ausdrückliche und unmissverständliche Hinweise zu der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB sowie der Einordnung der Ausschüttungen als Darlehen bzw. der Pflicht zur Rückzahlung der Ausschüttungen. Der bloße Hinweis auf die Kommanditistenhaftung ist ausreichend. Nicht notwendig ist hingegen eine darüber hinausgehende Erklärung der Regelung des § 172 Abs. 4 HGB in abstrakter Hinsicht (OLG Hamm I-34 U 134/13 Beschluss vom 25.03.2014).
56Bei dem streitgegenständlichen Emissionsprospekt stellt es sich im Übrigen so dar, dass das Wiederaufleben der Haftung ausdrücklich beschrieben wird. Dort heißt es (S. 24): „Sollte jedoch infolge von Auszahlungen, das heißt Entnahmen, das Eigenkapitalkonto unter die eingetragene Haftsumme (1 € pro US-$ 5 der gezeichneten Beteiligung) herabgesetzt werden, lebt gemäß § 172 Absatz 4 HGB die Haftung in Höhe des Fehlbetrages wieder auf.“ Eine inhaltsgleiche Darstellung findet sich auf S. 62 des Prospektes. Auch die Ausführungen im Gesellschaftsvertrag unter § 11 Ziff. 5 (S. 85 des Prospekts) stellen einen integralen Bestandteil des Prospekts dar und dürfen bei der Einschätzung nicht vernachlässigt werden (OLG Hamm, Urt. v. 09.03.2011 – 8 U 132/10; OLG Hamm, Urt. v. 05.03.2012 – 8 U 256/11; OLG Hamm, Urt. v. 18.04.2012 – 8 U 233/11). Weitere Hinweise zu den Haftungsrisiken eines Anlegers waren nicht erforderlich.
57In dem Prospekt wird auch mehrfach dargestellt, dass die Auszahlungen gewinnunabhängig als Darlehen erfolgen (S. 24, 36, 58, 85). Dazu, dass infolge der prospektierten Anlaufverluste das Kapitalkonto von Anfang an planmäßig unter den Betrag der Hafteinlage gemindert war mit der Folge, dass bis zu einer eventuellen Auffüllung durch zugeschriebene Gewinne jede Ausschüttung zum Wiederaufleben der Haftung führt, bedurfte es keiner weitergehenden Hinweise (vgl. OLG Hamm, Beschluss, v. 15.05.2014, I-34 U 16/14).
58(9) Risiko der Nachhaftung
59Der Prospekt ist bezüglich einer möglichen Nachhaftung im Falle des Ausscheidens weder unrichtig noch unvollständig. Eine entsprechende Aufklärungspflicht besteht nicht. Eine Pflicht zur Aufklärung in einem Emissionsprospekt besteht allein dann, wenn zu dem allgemeinen Risiko weitere erhöhende spezielle Risiken treten. Anhaltspunkte dafür sind bei der Nachhaftung weder ersichtlich noch dargelegt.
60(10) Risiken einer Majorisierung der Beschlussfassung innerhalb der Gesellschaft durch die Treuhänderin
61Das Risiko der Majorisierung ist allgemein bekannt. Es handelt sich nach Auffassung der erkennenden Kammer um ein jedem Anleger zugängliches und verfügbares Allgemeinwissen.
62(11) Gesellschafterversammlungen im schriftlichen Umlaufverfahren
63Auch insoweit ist der Prospekt nicht fehlerhaft. § 9 des Gesellschaftsvertrages (S. 82 f. des Prospekts) sieht ausdrücklich Fälle vor, in denen das schriftliche Beschlussverfahren ausgeschlossen ist. Es erschließt ohnehin nicht, inwieweit durch die bloße Möglichkeit der schriftlichen Beschlussfassung die Mitwirkungs- und Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter auf die Gesellschaft eingeschränkt werden sollen.
64(12) Ausschüttungen als Kriterium für die Beurteilung des Leistungsfähigkeit eines Emissionshauses
65Der Prospekt vom 31.01.2007 ist ein Verkaufsprospekt. In ihm darf selbstverständlich geworben werden. Wenn der Prospekt auf S. 96-99 in der Tabelle betreffend die Leistungsbilanz der E3-Schiffsfonds seit 1998 das Soll und Ist der Auszahlungen (d.h. der kumulierten Auszahlungen plus gegebenenfalls Veräußerungserlös) in % aufführt, ist dagegen nichts zu erinnern.
66(b)
67Irreführende oder verharmlosende und vom Inhalt des Prospektes abweichende Angaben der Zeugin O in dem Beratungsgespräch am 23.03.2007 hat der – insoweit beweisbelastete – Kläger im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht beweisen können. Die Zeugin O hat die klägerischen Behauptungen, dass sie dem Kläger und seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau mitgeteilt habe, dass Schiffsfonds sicheres Geschäft seien, weil es auf den Weltmeeren immer Beschäftigung für Öltanker gebe und weil wegen der verschärften Sicherheitsvorschriften auch viele alte Tanker ausgemustert werden müssten, und dass die Ertragsaussichten als gut und gesichert zu beurteilen seien, und zwar auch noch nach dem Auslaufen des langfristigen Chartervertrages, nicht bestätigt. Die Zeugin O hatte an die konkrete, mehr als acht Jahre zurückliegende Beratung des Klägers keinerlei präsente Erinnerung mehr. Sie vermutete vielmehr, dass die Beratung des Klägers so abgelaufen sein müsse, wie sie es bei allen ihren Kunden, die sich für eine Beteiligung an einem Schiffsfonds interessierten, gehandhabt habe: dass sie nämlich dem jeweiligen Interessenten im ersten Informationsgespräch alle von der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellten Unterlagen (darunter der Verkaufsprospekt und der Kurzflyer) übergeben habe und dass es danach – in einem zeitlichen Abstand von mindestens einer Woche – mindestens ein weiteres Gespräch gegeben habe, bei dem der Kunde die Beteiligung gezeichnet hätte. Auch wenn die Zeugin O sich an die streitgegenständliche Beteiligung nicht mehr zu erinnern vermochte, konnte sie – vor dem Hintergrund, dass sie solche Äußerungen noch nie gegenüber einem Kunden getätigt habe – sicher ausschließen, gegenüber dem Kläger Schiffsfonds als sicheres Geschäft mit guten und gesicherten Ertragsaussichten dargestellt zu haben. Nach alledem konnte die Kammer irreführende oder verharmlosende Angaben der Zeugin O nicht feststellen.
68Fragen zu Kausalität, Verschulden und Schaden können mangels Aufklärungspflichtverletzung dahinstehen.
69Da eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 2) und zu 3) nicht festgestellt werden kann, sind auch die Anträge zu Ziff. 2. bis 5. unbegründet.
70II.
71Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 91 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
72Den Streitwert hat das Gericht gemäß den §§ 48 GKG, 3, 5 ZPO auf bis zu 95.000,00 € festgesetzt.
73III.
74Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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Annotations
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
(1) Im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft wird nach der Eintragung in das Handelsregister die Einlage eines Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt.
(2) Auf eine nicht eingetragene Erhöhung der aus dem Handelsregister ersichtlichen Einlage können sich die Gläubiger nur berufen, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder ihnen in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.
(3) Eine Vereinbarung der Gesellschafter, durch die einem Kommanditisten die Einlage erlassen oder gestundet wird, ist den Gläubigern gegenüber unwirksam.
(4) Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet. Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Bei der Berechnung des Kapitalanteils nach Satz 2 sind Beträge im Sinn des § 268 Abs. 8 nicht zu berücksichtigen.
(5) Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet.
(6) Gegenüber den Gläubigern einer Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, gilt die Einlage eines Kommanditisten als nicht geleistet, soweit sie in Anteilen an den persönlich haftenden Gesellschaftern bewirkt ist. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.