Landgericht Dortmund Urteil, 08. Juni 2016 - 2 O 284/14
Gericht
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den Rechtsanwaltskosten seiner Verfahrensbevollmächtigten in Höhe von 1.310,21 € freizustellen.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich des früheren Klageantrags erledigt ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/10 und die Beklagte 9/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf bis zu 7.000,00 € festgesetzt.
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T a t b e s t a n d
2Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung für Eigentümer und Mieter von Wohnungen und Grundstücken gemäß § 29 ARB-HG 2008. Gemäß Versicherungsschein vom 24.07.2008, den die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die I Rechtsschutzversicherungs-AG ausstellte, ist versichertes Risiko die Art der Nutzung „Eigentümer eines selbst genutzten EFH", G-Straße in H. Es ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von 100,00 € vereinbart.
3Der Kläger und seine Ehefrau hatten dort ein verklinkertes Haus im Jahre 2002 erworben. Das Grundstück Parzelle ## war von der Firma B GmbH an den Kläger und seine Ehefrau mit Pachtvertrag vom 19.09./23.10.#### verpachtet worden. Der Kläger wollte das Haus verkaufen und hierzu ein Verkaufsschild auf Parzelle ## aufstellen. Die Verpächterin untersagte ihm ein Verkaufsschild aufzustellen. Daraufhin forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Verpächterin auf, zu bestätigen, dass der Kläger selbst berechtigt sei, sein Mobilheim zu veräußern und ein Verkaufsschild aufzustellen. Dies lehnte die Verpächterin ab. Mit Schreiben vom 20.08.2014 lehnte die Beklagte Deckungsschutz für den zunächst vom Kläger beabsichtigten Rechtsstreit ab, da Ursache der Streitigkeit vor Versicherungsbeginn liege; die Ursache des Streitfalls sei der Abschluss des Pachtvertrages mit bestimmten Regelungen. In der Folgezeit hat der Kläger die Immobilie veräußert. Er und seine Ehefrau sind aus dem Pachtvertrag entlassen worden, nachdem er sich den von den Käufern zu zahlenden Sonderpachtbeitrag in Höhe von 3.400,00 € auf den Kaufpreis hat anrechnen lassen. Der Kläger hat zunächst den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger außergerichtlich und für die erste Instanz bedingungsgemäß Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit der B GmbH im Zusammenhang mit dem Pachtvertrag vom 19.09.2002 mit folgenden Streitgegenständen zu gewähren
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1. festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den Pachtvertrag ordentlich zu kündigen;
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2. festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, auf der Parzelle ## bzgl. des dort stehenden Hauses ein Verkehrsschild aufzustellen;
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3. festzustellen, dass § 11 des Pachtvertrages unwirksam ist, wonach der Kläger sein Haus nicht selbst sondern nur über die Agentur des Verpächters veräußern darf und
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4. festzustellen, dass § 14 des Pachtvertrages unwirksam ist, hilfsweise festzustellen, dass der Kläger die Parzelle unterverpachten kann, ohne dass dies von einer besonderen Nutzungsgebühr abhängig gemacht werden kann.
Nunmehr hat er den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt und beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, den Kläger und seine Ehefrau von Rechtsanwaltskosten seiner Verfahrensbevollmächtigten in Höhe von 2.050,19 € freizustellen.
11Die Beklagte widerspricht der Erledigung und beantragt,
12die Klage insgesamt abzuweisen.
13Sie meint, es sei nur die Interessenwahrnehmung zugunsten des Klägers als Eigentümer des Mobilheimes versichert, nicht aber seine Interessen betreffend den Grundstückspachtvertrag für Parzelle ##, G-Straße. Außerdem bestehe kein Rechtsschutz, da nach Vortrag des Klägers mehrere vorvertragliche Willenserklärungen vorlegen, die den Rechtsschutzfall nach § 4 Abs. 1 c ARB-HG 2008 ausgelöst hätten. Der Rechtsschutzfall sei bereits durch den Pachtvertrag aus dem Jahre 2002 ausgelöst worden.
14Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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1. Die ursprüngliche Klage hat sich mit dem Hausverkauf des Klägers und dem Eintritt des Käufers in den zuvor mit dem Kläger und seiner Ehefrau bestehenden Pachtvertrag erledigt. Denn das zuvor bestehende Interesse an einer Feststellung der Rechte des Klägers gegenüber dem Verpächter ist durch die Abwicklung des Vertragsverhältnisses erloschen. Eine Feststellungsklage wäre nunmehr nicht mehr zulässig (§ 256 ZPO).
- 2. Der Deckungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte war für die Feststellungsklage zunächst aus dem Versicherungsvertrag gegeben. Der Rechtsschutzfall nach §§ 1, 2 c ARB-HG 2008 war eingetreten. Denn der Kläger war in seiner Eigenschaft als Eigentümer eines Einfamilienhauses durch die Regelungen des Pachtvertrages betreffend die Parzelle ## des Freizeitparkes XX-See betroffen, da er ohne Grundstückspachtvertrag das auf diesem Grundstück errichtete Haus nicht hätte in Besitz nehmen können. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob es dem Kläger möglich gewesen wäre sein Eigenheim auf einen anderen Platz fortzubewegen. Denn laut Versicherungsschein ist gerade die Wohneinheit G-Straße in H versichert.
- Hinsichtlich des Eintritts des Rechtsschutzfalles ist nach den einzelnen Feststellungsanträgen zu unterscheiden. Soweit sich der Kläger gegen die Versagung des Kündigungsrechts (Klageantrag zu 1.) durch den Verpächter mit Schreiben vom 26.08.2014 wehren wollte, ist der Rechtsschutzfall nicht bereits mit Abschluss des Pachtvertrages, sondern erst mit der Weigerung des Verpächters, die Kündigung zu akzeptieren, eingetreten19
. Nach dem hier maßgeblichen Tatsachenvortrag des Versicherungsnehmers muss das schädigende Verhalten ihm gegenüber begangen worden sein. Von einem Verstoß kann aber erst dann die Rede sein, wenn dieser tatsächlich nach Behauptung des Versicherungsnehmers begangen worden ist. Allein die Regelung im Pachtvertrag, dass dieser bis zum 31.05.2027 abgeschlossen sein sollte, schließt ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund nicht aus. Gleiches gilt für den Anspruch, ein Verkaufsschild am Haus aufstellen zu dürfen. Insoweit wurde das Aufstellen eines Verkaufsschildes ausdrücklich erst mit Schreiben vom 26.08.2014 untersagt.
- Die Feststellungsanträge zu 3. und 4. beziehen sich auf den Pachtvertrag vom 09./23.10.2002. Soweit der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der dortigen Regelungen in § 11 und § 14 begehrt, ist ebenfalls festzustellen, dass der behauptete Verstoß nicht bereits in unversicherter Zeit angelegt war. Maßgeblich ist insoweit das Verständnis des durchschnittlichen Versicherungsnehmers von § 4 Abs. 1 c ARB-HG 2008. Dieser wird bei der Verfolgung eigener vertraglicher Ansprüche den den Rechtsschutzfall auslösenden Verstoß allein in dem vermeintlichen Fehlverhalten sehen, mit dem sich sein Gegner gegen die Verfolgung seines Anspruchs wenden will (vgl. BGH Urteil vom 25.02.2015 IV ZR 214/14 NJW 201521
, 1306 RZ 12 ff.). Als frühest möglicher Zeitpunkt im Vertragsrechtschutz kommt dabei das dem Anspruchsgegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch her leitet. Dies ist hier nicht der Vertragsschluss im Jahre 2002, sondern das Schreiben des Anspruchsgegners vom 26.08.2014, das unter Bezug auf die Regelungen des Pachtvertrages die geltend gemachten Ansprüche des Versicherungsnehmers verneint. Der Rechtsschutzfall kann mithin nicht bereits mit Abschluss des Pachtvertrages entstanden sein. Der Pachtvertrag ist vielmehr die normative Grundlage, aufgrund derer der behauptete Rechtsverstoß zu beurteilen ist.
- 3. Der Zahlungsanspruch folgt aus § 5 Abs. 1 a ARB-HG 2008. Danach kann der Kläger Befreiung von den ihm entstandenen Verbindlichkeiten durch die außergerichtliche Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten von der Beklagten verlangen. Diese bemessen sich bei einem Streitwert von 19.200,00 € (12 x 1.600,00 €) für den Klageantrag zu 1., 5.000,00 € für die Klageanträge zu 2. und 3. und 3.400,00 € für den Klageantrag zu 4. insgesamt 27.600,00 € bei einem 1,3-fachen Satz mit 1.121,90 €. Für die frühzeitige Beendigung des Auftrages errechnet sich ein weiterer Wert von 0,8-fach nach Nr. 3101, 1, 3100 VVRVG in Höhe von 690,40 €. Abzüglich der Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VVRVG in Höhe von 0,75 entsprechend 647,25 € und zuzüglich der Pauschale für Post und Telekommunikation errechnet sich ein Betrag von 1.185,05 €. Zu erstatten ist darüber hinaus die Mehrwertsteuer, so dass sich ein Gesamtbetrag von 1.410,21 € errechnet. Von diesem Zahlbetrag ist die Selbstbeteiligung in Höhe von 100,00 € gemäß Seite 2 des Versicherungsscheins vom 24.07.2008 in Abzug zu bringen, so dass der tenorierte Betrag mit 1.310,21 € verbleibt. Wegen des Mehrbetrags war die Klage abzuweisen, da die Kosten der Vertretung der Ehefrau des Klägers nicht versichert sind. Die Ehefrau ist beim Haus- und Grundbesitzerrechtsschutz nach § 29 ARB nicht gemäß § 25 Abs. 1 ARB mit versichert. Der Rechtsschutz nach § 25 greift hier entgegen der Ansicht des Klägers nicht ein, da nach § 25 Abs. 3 der Wohnungs- und Grundstücksrechtsschutz gemäß § 2 c ARB nicht in dem Rechtsschutz nach § 25 mit enthalten ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.