Landgericht Bonn Urteil, 30. Okt. 2015 - 1 O 161/15


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreites werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist als Kreis Träger des Rettungsdienstes (§ 6 Abs.1 Satz 1 Rettungsgesetz NRW). In dieser Eigenschaft führte er im Jahr 2013 ein EU-weites Vergabeverfahren in der Vergabeart des Offenen Verfahrens (§ 3 EG Abs.1 Satz 1 VOL/A) für insgesamt zwölf neue Rettungsdienstfahrzeuge, davon sieben Mehrzweckfahrzeuge (MZF) und fünf Rettungstransportwagen (RTW), durch. Der Auftrag war jeweils in zwei Lose für die Fahrgestelle (Lose 1 und 2) und die Kofferaufbauten (Lose 3 und 4) aufgeteilt.
3Die Aufforderung zur Angebotsabgabe des Klägers datiert vom 27.03.2013. Ausweislich Ziffer II.1.9) der EU-weiten Vergabebekanntmachung (Anlage K1 zur Klageschrift) waren „Varianten bzw. Alternativangebote“ nicht zulässig. Gemäß Ziffer 4.4 der Bewerberbedingungen mussten zugelassene Nebenangebote auf einer besonderen Anlage erstellt werden (Anlage K3 zur Klageschrift). Als „Schlusstermin für den Eingang der Angebote bzw. Teilnahmeanträge“ war in der Vergabebekanntmachung der 22.05.2013 angegeben (Ziffer IV.3.4)), die „Bindefrist des Angebots“ war bis zum 12.07.2013 festgelegt (Ziffer IV.3.7)).
4Die im Bereich des Auf- und Ausbaus von Krankentransport- und Rettungswagen tätige Beklagte beteiligte sich als Bieterin an dem Vergabeverfahren. Mit Schreiben vom 17.05.2013 gab die Beklagte ein Angebot unter anderem zu den Losen 1 und 2 ab, das sich hinsichtlich dieser die Fahrgestelle betreffenden Lose insgesamt auf brutto 548.186,90 € belief (Anlage K5 zur Klageschrift). Das Angebot ging am 21.05.2013 bei der Vergabestelle des Klägers ein.
5Mit einem weiteren an den Kläger gerichteten Schreiben vom 21.05.2013 (Anlage K6 zur Klageschrift), das zusammen mit dem Angebot vom 17.05.2013 in dem am Eröffnungstermin geöffneten Umschlag enthalten war, teilte die Beklagte unter der Überschrift „Anmerkung zum Grundfahrzeug Los 1 & 2“ folgendes mit:
6(…) wie uns bekannt ist wird das Grundfahrzeug N Typ ### $&$ mit Tiefbettrahmen in der Variante mit einem 4-Zylinder und Automatikgetriebe nicht mehr lieferbar sein.
7Alternativ bieten wir Ihnen als Grundfahrzeug einen N Typ ### $&$ mit Tiefbettrahmen, 6-Zylinder und Automatikgetriebe an. Ansonsten entspricht das Fahrzeug Ihren geforderten Angaben. Leider steigt aufgrund dessen der Grundpreis des Fahrzeugs um 3.031,93€ zzgl. MwSt.
8Weitere Details zu dem alternativen Grundfahrzeug können Sie der beigefügten Fahrzeugbeschreibung entnehmen.
9Am 22.05.2013 fand im Kreishaus des Klägers der Eröffnungstermin des Vergabeverfahrens statt, wo der Umschlag geöffnet wurde, der sowohl das Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 als auch das weitere Schreiben vom 21.05.2013 enthielt. Hinsichtlich der Lose 1 und 2 war das Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 das günstigste abgegebene Angebot. Das zweitgünstigste Angebot hatte die Niederlassung G der E AG mit insgesamt 624.000,00 € brutto (Anlage K8 zur Klageschrift) abgegeben.
10Der Bau- und Vergabeausschuss des Klägers stimmte in seiner Sitzung vom 20.06.2013 für die Lose 1 und 2 der Auftragserteilung an die Beklagte zu. Mit Schreiben vom 21.06.2013 (Anlage K9 zur Klageschrift) teilte der Kläger der Beklagten unter dem Betreff „Ihr Angebot vom: 17.05.2013“ unter anderem folgendes mit:
11(…) Wie Sie der obigen Tabelle entnehmen können, beabsichtige ich, Ihr Angebot zu den Losen 1 + 2 (Fahrgestell N ### $&$ gem. interner Verkaufsunterlage der E AG v. 06.04.2013 als Angebotsbestandteil) anzunehmen. (…)
12Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 29.06.2013 (Anlage K10 zur Klageschrift):
13(…) Nach Mitteilung unseres N-Händler, L möchten wir Ihnen mitteilen, dass das von Ihnen im Leistungsverzeichnis beschriebene Grundfahrzeug, N in dieser Konfiguration nicht mehr lieferbar ist.
14Eine schriftliche Bestätigung der Firma L folgt.
15Aus diesem Grunde sehen wir uns an unser Angebot vom 17.05.2013 bezgl. der Grundfahrzeuge nicht mehr gebunden. (…)
16In der von der Klägerin eingereichten Anlage K10 findet sich hinter diesem Schreiben ein an die Beklagte adressiertes Schreiben der L GmbH & Co, KG vom 27.06.2013 in der es heißt:
17(…) bestätigen wir Ihnen, dass das angebotenen Fahrzeug ### $&$ Tiefrahmenfahrgestell (Baumuster ### ### ##) in der modellgepflegten Version nicht mehr mit Automatikgetriebe lieferbar ist. (…)
18Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 04.07.2013 (Anlage K12 zur Klageschrift) vergeblich dazu aufgefordert hatte, „verbindlich zu erklären, dass Sie Ihr bindendes Angebot vom 17.05.2013 im Falle des Vertragsschlusses ordnungsgemäß erfüllen werden“, erteilte er unter dem 15.07.2015 der Niederlassung G der E AG entsprechend der Lose 1 und 2 den Auftrag zur Lieferung von zwölf Fahrgestellen des Modells N ### $&$ zum Preis von 624.000,00 € brutto (Anlage K14 zur Klageschrift). Die E AG hatte dem Kläger zuvor mit elektronischem Schreiben vom 01.07.2013 (Anlage K15 zur Klageschrift) folgendes mitgeteilt:
19(…) die von uns in der Ausschreibung angebotenen Fahrgestelle N Typ ### sind heute in Verbindung mit einem Vollautomatikgetriebe ab Werk nicht mehr lieferbar, daher würden wir Ihnen heute unseren N ### $&$ in der geforderten Ausstattung (gemäß LV) preisneutral liefern.
20Da uns bei der Angebotsabgabe die entsprechenden Informationen der Ausstattungsänderungen nicht vorlagen und dieses auch so nicht absehbar war, konnten wir seinerzeit nur entsprechend LV anbieten. (…)
21Von der E AG wurden dem Kläger schließlich zwölf Fahrgestelle vom Typ ### $&$ N mit Fahrerhaus und Luftfederungen der Hinterachse (VMC-Airsuspension) geliefert.
22Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass ihm die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem der E AG erteilten Auftrag und der Bruttoangebotssumme des Angebotes der Beklagten, den er auf 64.625,31 € beziffert, zuzüglich der von der Beklagten eingeräumten Skonti, die er auf 11.187,48 € beziffert, verpflichtet sei. Denn das schriftliche Angebot der Beklagten vom 17.05.2013 sei bindend und durch das zusätzliche Schreiben vom 21.05.2013 nicht (wirksam) zurückgenommen worden. Vielmehr sei das Schreiben vom 21.05.2013 objektiv so zu verstehen gewesen, dass die Lieferbarkeit des Grundfahrzeuges N Typ ### nur möglicherweise beziehungsweise eventuell nicht gegeben sein wird. Im Übrigen habe die Ausschreibung keinen bestimmten Fahrgestell-Typ der E AG als Hersteller, sondern ausweislich der Ziffer 4.1 des Leistungsverzeichnisses (Anlage K7 zur Klageschrift) – dessen Wortlaut zwischen den Parteien unstreitig ist - lediglich eine bestimmte Leistungsfähigkeit von mindestens 120 KW gefordert, mithin nur typenunabhängige Vorgaben gemacht.
23Der Kläger beantragt,
24die Beklagte zu verurteilen, an ihn 75.812,79 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich des Betrages von 64.625,31 € ab dem 06.12.2014 sowie Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinsichtlich des Betrages von 11.187,48 € ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte behauptet, sie sei im Rahmen eines Gespräches während der von dem Kläger – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – vor Ausschreibung durchgeführten Markterkundung mit dem Zeugen S, der – insoweit zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig – bei dem E2 beschäftigt sei und an dem Termin für den Kläger in beratender Funktion teilgenommen habe, übereingekommen, dass lediglich das Grundfahrzeug N Typ ### $&$ für das Angebot in Frage komme. Ihr Angebot hinsichtlich der Lose 1 und 2 habe sich deshalb allein auf das Fahrgestell der Marke N ### $&$ gegründet. Dieses Grundfahrzeug sei indes tatsächlich nicht mehr lieferbar.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30Die zulässige Klage ist in der Sache nicht begründet.
31Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 75.812,79 € nebst Zinsen aus den hier allein in Betracht kommenden §§ 280 Abs.1, 311 Abs.2 Ziffer 2., 241 Abs.2, 249f. BGB.
321. Vertragliche Ansprüche des Klägers bestehen nicht, da es an dem einen Kaufvertrag im Sinne von § 433 Abs.1 BGB begründenden Zuschlag des Klägers auf ein Angebot der Beklagten fehlt (§ 21 EG Abs.2 VOL/A). Denn erst dieser Zuschlag beinhaltet die Annahmeerklärung des Auftraggebers im Sinne der Rechtsgeschäftslehre, mit der er das von dem Bieter im Ausschreibungsverfahren formulierte Angebot (§ 145 BGB) annimmt und dadurch den (Kauf-) Vertrag abschließt (vgl. Herlemann in Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, 4. Aufl. 2013, § 18 VOL/A 2009 Rd.1).
33Ein derartiger Zuschlag des Klägers im Sinne einer bindenden Bekanntgabe einer positiven Vergabeentscheidung (vgl. Zeiss in Heiermann/Zeiss, jurisPK-Vergaberecht, aaO., Einleitung VergR Rd.91) zugunsten der Beklagten indes fehlt. Das Schreiben des Klägers vom 21.06.2013 beinhaltet nach seinem klaren Wortlaut lediglich die Bekanntgabe der Absicht, ein Angebot der Beklagten durch eine dann nachfolgende Erklärung annehmen zu wollen. Diese Erklärung ist in der Folgezeit unstreitig nicht erfolgt. Der im Tatbestand zitierte Inhalt des Schreibens des Klägers vom 04.07.2013 unterstreicht diese Würdigung.
342. Auch eine vorvertragliche Pflichtverletzung der Beklagten, die geeignet wäre, einen Schadensersatzanspruch des Klägers zu begründen, liegt nicht vor.
35a) Zwar führt schon die Teilnahme an einem offenen Vergabeverfahren in Form der Anforderung der Vergabeunterlagen bei dem öffentlichen Auftraggeber (§ 15 EG Abs.11 VOL/A) nach dessen Aufforderung zur Angebotsabgabe (§ 10 EG Abs.1 VOL/A) zu einer Vertragsanbahnung im Sinne von § 311 Abs.2 Ziffer 2. BGB und damit zu einem Schuldverhältnis der Parteien (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.06.2012 - 1 U 357/11; Wagner NZBau 2005, 436). Die Beklagte hat jedoch keine ihr hieraus gegenüber dem Kläger obliegenden Pflichten im Sinne von § 241 Abs.2 BGB verletzt. Insbesondere hat die Beklagte die zwischen den Parteien zustande gekommenen Vertragsverhandlungen nicht ohne einen triftigen Grund abgebrochen.
36b) Grundsätzlich kann der Abbruch von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses als schadensersatzbegründende Pflichtverletzung im Sinne von § 241 Abs.2 BGB einzustufen sein, wenn die die Verhandlungen abbrechende Partei zuvor bei der Gegenseite in zurechenbarer Weise ein Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages geweckt hat (vgl. Palandt/Grüneberg, 74. Aufl. 2015, § 311 Rd. 30). Ob dieses zusätzliche Vertrauenselement bei einer öffentlichen Ausschreibung auch dann keine Anspruchsvoraussetzung (mehr) darstellt, wenn nicht der Bieter als Auftragnehmer einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung geltend macht (in diesem Fall bejahend: BGH Urteil vom 09.06.2011 – X ZR 143/10 – juris-Dokument Rd.15 = NZBau 2011, 498, 500 Rd.14; Palandt/Grüneberg, aaO., § 311 Rn. 37), sondern – wie hier – der öffentliche Auftraggeber (in diesem Fall wohl verneinend: Gehrlein/Sutschet in Bamberger/Roth, BeckOK BGB, Stand 01.08.2015, § 311 Rd.65), bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Beklagte hat die Vertragsverhandlungen nicht ohne triftigen Grund und damit nicht pflichtwidrig (vgl. Palandt/Grüneberg, aaO., § 311 Rd. 32) abgebrochen.
37Die Beklagte hat die Vertragsverhandlungen jedenfalls spätestens mit Schreiben vom 29.06.2013 (Anlage K10 zur Klageschrift) abgebrochen, indem sie dort ausdrücklich erklärt hat, das Grundfahrzeug N Typ ### sei nicht mehr lieferbar, so dass sie sich aus diesem Grunde nicht mehr an das Angebot vom 17.05.2013 betreffend die Grundfahrzeuge gebunden sehe.
38Für diesen Abbruch der Vertragsverhandlungen bestand jedoch ein triftiger Grund im haftungsrechtlichen Sinne, weil sich aus den einschlägigen vergaberechtlichen Regeln des streitgegenständlichen Ausschreibungsverfahrens ergibt, dass die Beklagte ihr von dem Kläger favorisiertes Angebot vom 17.05.2013 zurückziehen durfte und wirksam zurückgezogen hat. Ein derartiger, den Verhandlungen von den potentiellen Vertragsparteien ausdrücklich zugrunde gelegter Vorbehalt des Abbruches dieser Verhandlungen schließt hierauf gestützte Schadensersatzansprüche gegen den sich zulässigerweise von den Verhandlungen lossagenden Partner aus (vgl. BGH, Urteil vom 08.09.1998 - X ZR 99/96 = BGHZ 139, 280, 283 zur Aufhebung einer Ausschreibung nach § 26 VOB/A; Staudinger/Feldmann/Löwisch, BGB, Neubearb. 2012, § 311 BGB Rd.137).
39Hieran anschließend hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 21.05.2013 und im Sinne von § 12 EG Abs.10 VOL/A innerhalb der Angebotsfrist erklärt, dass sie sich nicht mehr an ihrem Angebot gemäß dem Schreiben vom 17.05.2013 festhalten lassen will. Damit hat die Beklagte ihr Angebot vom 17.05.2013 wirksam zurückgezogen (§ 12 EG Abs.10 VOL/A). Es fehlt deshalb an einem fortbestehenden und insbesondere bindenden Angebot der Beklagten in der Fassung des Schreibens vom 17.05.2013, das Grundlage für eine Pflichtverletzung der Beklagten und dadurch für einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus den §§ 280 Abs.1, 311 Abs.2 Ziffer 2., 241 Abs.2, 249f. BGB sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2005 – VII ZR 87/14 = NZBau 2006, 390 Rd.14f.; OLG Köln, Beschluss vom 21.07.2014 – 11 U 10/14 = BeckRS 2014, 17386 = NJW-Spezial 2014, 652; Busche in Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2015, § 145 Rd.20; Städler NZBau 2014, 472 unter I.2.a) jeweils m.w.N.).
40Im Einzelnen:
41Das Schreiben der Beklagten vom 21.05.2013 beinhaltet nach seinem Wortlaut sowie seiner daraus deutlich erkennbaren Zielrichtung eine Rücknahme des Angebotes vom 17.05.2015 im Sinne von § 12 EG Abs.10 VOL/A. Denn aus diesem Schreiben geht unter objektiver verständiger Würdigung (§§ 133, 242 BGB; vgl. auch – zu § 10 Abs.3 VOB/B - von Wietersheim in Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl. 2013, § 10 VOB/A Rd.17) hervor, dass das ursprünglich auf der Basis des Grundfahrzeuges N Typ ### $&$ kalkulierte Angebot vom 17.05.2013 (vgl. zu den Folgen erkannter Kalkulationsgrundlagen auch: BGH NJW 2015, 1513f.) nicht mehr aufrechterhalten wird, weil dieses Modell künftig nicht mehr lieferbar sein werde. Gerade diese Produktentwicklung abweichend von den hier ausdrücklich offengelegten Kalkulationsgrundlagen war für die Beklagte der Anlass in diesem Schreiben zugleich ein Alternativangebot auf der Grundlage einer Kalkulation für das Grundfahrzeug Typ ### $&$ zu unterbreiten.
42Die Auslegung des Klägers wird diesen Umständen nicht gerecht und berücksichtigt nicht hinreichend, dass die Beklagte gerade in Anbetracht der festgesetzten längeren Bindungsfrist auf den 12.07.2013 (§ 12 EG Abs.1 Satz 2 VOL/A) zu diesem späteren Zeitpunkt eintretende Lieferschwierigkeiten des Herstellers, die sich gerade wegen der nach Ablauf der Angebotsfrist eintretenden Bindungswirkungen zu ihren Lasten auswirken würden (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.19 und Rd.21; ferner – jeweils zu § 10 Abs.7 VOB/B – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.39; Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 13. Aufl. 2013, § 10 VOB/A Rd.18), vermeiden wollte.
43Die aus den Schreiben der L GmbH & Co. KG vom 27.06.2013 sowie der E AG vom 01.07.2013 ersichtlichen Umstände einer fehlenden Lieferbarkeit des Grundfahrzeuges vom Typ ###, die letztendlich zu einer Kulanzregelung zu Lasten der E AG als zweitgünstigste Bieterin geführt haben, unterstreichen diesen Würdigung.
44Diese Rücknahme des Angebotes mit Schreiben vom 21.05.2013 ist dem Kläger rechtzeitig innerhalb der Angebotsfrist zugegangen. Denn dieses Schreiben befand sich zusammen mit dem Ursprungsangebot vom 17.05.2013 in dem am 22.05.2013 im Eröffnungstermin von dem Kläger geöffneten Umschlag. Dieser zeitgleiche Zugang von dem Ursprungangebot und dessen Rücknahme führte entsprechend § 130 Abs.1 Satz 2 BGB auch nach den Grundsätzen der Rechtsgeschäftslehre zur Unwirksamkeit der Willenserklärung der Beklagten vom 17.05.2013 (Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.79; ferner – zu § 10 Abs.7 VOB/B – Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, aaO., § 10 VOB/A Rd.18). Infolge der Anordnung von § 16 EG Abs.2 VOL/A, vor dem Ablauf der Angebotsfrist eingehende Angebote der Bieter unter Verschluss aufzubewahren und zu halten (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd. 81 und 82), fiel der für den Begriff der Zugangs einer Willenserklärung maßgebliche Zeitpunkt der Möglichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Kläger bei der hier zu unterstellenden vergabekonformen Vorgehensweise auf den 22.05.2013 (vgl. § 17 EG Abs.1 VOL/A; vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.79ff.; ferner – zu § 10 Abs.3 VOB/A – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.14 und Rd.16). Denn bis zu diesem Zeitpunkt waren die eingehenden Angebotes unter Verschluss zu halten und durften erst mit Ablauf der Angebotsfrist am 22.05.2013 geöffnet werden. Damit liegt ein gleichzeitiger Zugang des Ursprungsangebotes vom 17.05.2013 und seiner Rücknahme gemäß Schreiben der Beklagten vom 21.05.2013 bei dem Kläger im Sinne von § 130 Abs.1 Satz 2 BGB vor.
45Auf dieses rechtzeitig zurückgezogene Angebot vom 17.05.2013 konnte mithin weder ein Zuschlag des Klägers erteilt werden (Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.77; Städler NZBau 2014, 472 unter I.2.a)), noch können hierauf aus den vorstehend dargelegten Erwägungen Schadensersatzansprüche des Klägers gestützt werden.
46Die auf den 12.07.2013 festgelegte Bindefrist für die Angebote (vgl. § 12 EG Abs.1 Satz 2 VOL/A) trifft für den letztmöglichen Zeitpunkt der Rücknahme eines Angebotes keine Aussage. Denn die Bindefrist knüpft als Bestimmung einer Annahmefrist im Sinne von § 148 BGB an den Ablauf der Angebotsfrist an, sie gilt mithin nur für die zu diesem Zeitpunkt noch vorliegenden wirksamen und noch nicht zurückgezogenen Angebote der Bieter (vgl. Contag in Heiermann/Zeiss, aaO., § 10 VOL/A 2009 Rd.19 und 21; ferner – jeweils zu § 10 VOB/B – von Wietersheim, aaO., § 10 VOB/A Rd.25f. und Rd.37; Heiermann/Bauer in Heiermann/Riedl/Rusam, aaO., § 10 VOB/A Rd.26ff.).
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
48Streitwert: 75.812,79 €.

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(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
- 1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, - 2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder - 3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.
(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.
(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.
(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.
Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.