Landgericht Bamberg Zwischenurteil, 07. Juni 2016 - 2 O 49/16
Gericht
Tenor
1. Die Klägerin hat bis zum
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem Garantievertrag mit Klageschrift vom
Die in Saudi-Arabien ansässige Klägerin, die am Bau des Flughafens „King Abdulaziz International Airport“ in Jeddah, Saudi-Arabien beteiligt war, beauftragte die Firma ... dazu, die Stahlrahmenkonstruktion des Flughafengebäudes zu liefern und zu montieren. Zwischen der Klägerin und ... wurden am 22.02.2012 diesbezüglich zwei getrennte Verträge geschlossen: Liefervertrag und Montagevertrag über die Stahlrahmenkonstruktion. Diese Verträge wurden derart miteinander verknüpft, dass ein Verstoß gegen einen Vertrag in jedem Fall auch einen Verstoß gegen den anderen Vertrag darstellt. Die Beklagte gab dafür, dass ... die vertraglichen Vereinbarungen einhält, der Klägerin gegenüber zwei getrennte Garantien auf erstes Anfordern in Höhe von zunächst 10%, nach vorgesehener Reduzierung des Garantiebetrages auf später 5% des jeweiligen Vertragsvolumens, mit Laufzeit bis 13.08.2014, ab. Die Klägerin machte auch beide Garantien geltend.
Streitig ist diesbezüglich nur die Gewährung eines Anspruchs aus einem der Garantieverträge (Liefervertrag); die Beklagte lehnt diesen aufgrund u. a. rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Klägerin ab.
In dem hier zu entscheidenden Zwischenstreit ist zunächst nur die Verpflichtung der Klägerin zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO gegenständlich.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Auferlegung der Prozesskostensicherheit vorliegen, da die Klägerin Ihren Sitz nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum habe, sondern in Saudi-Arabien. Des Weiteren bestünden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien keine bilateralen Verträge, welche die Befreiung von der Prozesskostensicherheitspflicht gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zum Gegenstand hätten.
Die Beklagte beantragt,
Der Klägerin wird auferlegt, Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 1 ZPO für die Rechtsanwaltsgebühren erster und zweiter Instanz in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen inländischen Kreditinstituts oder inländischen Kautionsversicherers, gemäß §§ 232, 239 BGB, in Höhe von 31.478,85 € zu leisten.
Der Klägerin beantragt,
Der Antrag der Beklagten ist zurückzuweisen.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, sie sei nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht verpflichtet, der Beklagten Prozesskostensicherheit zu leisten. Dies ergebe sich aus Art. 3 des deutsch-saudi-arabischen Freundschaftsvertrages vom 26.04.1929 in welchem die gegenseitige Befreiung von Sicherheitsleistungen vereinbart wurde.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 13.05.2016
Gründe
I.
Der Kläger ist zur Hinterlegung oder Beibringung einer Bankbürgschaft verpflichtet, da die staatsvertragliche Regelung zwischen Deutschland und Saudi-Arabien keine ausdrückliche Befreiung zur Prozesskostensicherheit enthält und lediglich den Rechtsweg garantiert. Der Streit der Parteien über die Verpflichtung gemäß § 110 ZPO Prozesskostensicherheit zu leisten, ist durch Zwischenurteil zu entscheiden (BGH, NJW-RR 1990, 378; BGH, NJW 1974, 238).
1. Zulässigkeit
Der zulässige, insbesondere rechtzeitig im Sinne von § 282 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestellte Antrag der Beklagten auf Leistung einer Prozesskostensicherheit durch die Klägerin ist begründet, weil die Voraussetzungen des § 110 ZPO Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
2. Aufenthalt des Klägers
Gemäß § 110 Abs. 1 ZPO muss ein Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten. Bei Gesellschaften gilt als gewöhnlicher Aufenthalt deren Sitz im Sinne von § 17 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat Ihren Sitz in Jeddah, Saudi-Arabien, also nicht in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum.
3. staatsvertragliche Regelung
Nach § 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO tritt die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung wegen der Prozesskosten jedoch dann nicht ein, wenn aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Saudi-Arabien besteht der deutsch-saudi-arabische Freundschaftsvertrages vom 26.04.1929. Die Klägerin verweist insofern auf Art. 3 dieses Vertrages und ist der Ansicht, dass Sie aufgrund dessen keine Sicherheit zu leisten braucht (so auch Nerz, Probleme der Streitbeilegung im Verhältnis zu China und Saudi-Arabien, April 2011, S. 47).
Art. 3 lautet: „Die Angehörigen des einen vertragschließenden Staates werden in dem Gebiet des anderen Staates nach den Grundsätzen und der Übung des allgemeinen Völkerrechts aufgenommen und genießen hinsichtlich ihrer Person und ihrer Güter die gleiche Behandlung wie die Angehörigen der meistbegünstigten Nation. (...)“. Gemäß des Bundesgesetzblattes vom 31.07.1952 ist dieser Freundschaftsvertrag auch wiederanzuwenden (Bundesgesetzblatt 1952, Teil II, vom 31.07.1952, S. 724; der Vertrag wurde durch die BRD mit dem Rechtsvorgänger (Königreich des Hedjas, Nedjd und der zugehörigen Gebiete) geschossen und für wiederanwendbar erklärt).
Der angegebene Artikel des von der Klägerin zitierten Vertrages ist indes nicht ausreichend, um die Klägerin von der Pflicht zur Sicherheitsleitung zu befreien. Voraussetzung einer Befreiung aufgrund eines Staatsvertrages ist vielmehr, dass es sich um eine ausdrückliche staatsvertragliche Regelung diesbezüglich handelt.
Nicht ausreichend sind dagegen Klauseln (wie in Art. 3 des Freundschaftsvertrages enthalten) welche lediglich den freien und ungehinderten Zutritt zu den Gerichten gewähren oder Aus- und Inländern bei gerichtlicher Geltendmachung ihrer Rechte gleichstellen (vgl. Münchner Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage, 2008, § 110, Rn. 17 m.w.N.).
Zweck solcher Klauseln ist lediglich, den Rechtsweg zu garantieren (Giebel, MüKo, § 110, Rn. 17).
Diese Voraussetzung liegt im Rechtsverhältnis zu Saudi-Arabien also nicht vor, da eine ausdrückliche Befreiung der Pflicht zur Sicherheitsleistung im Vertrag nicht geregelt ist.
So wird Saudi-Arabien auch an anderer Stelle nicht unter den Staaten aufgeführt, deren Staatsangehörige von der Erbringung einer Sicherheitsleistung befreit sind (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl. 2015, Anhang II; Zöller/Geimer, ZPO, Anhang IV).
Es fehlt insoweit an der Verbürgung der Gegenseitigkeit im deutsch-saudi-arabischen Verhältnis und der ausdrücklichen Befreiung von der Prozesskostensicherheit (vgl. so auch Krüger, IPRax 2005, 386; sowie weiter: Schütze, Probleme des Internationalen Zivilprozessrechts in der ZPO, § 328, S. 157f und S. 163, ebenso: Zöller-Geimer Anhang IV zur Zivilprozessordnung, ab S. 3394 (S. 3401: Saudi-Arabien, § 110 II Nr. 1 und 2 „Nein“), ebenso: Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Auflage 2015, Anhang II S. 9, a.A. lediglich (ohne Begründung) Baumbach/Lauterbach 74. Auflage 2016, Anhang zu § 110, Rn. 22 und Nerz, Probleme der Streitbeilegung im Verhältnis zu China und Saudi-Arabien, April 2011, S. 47).
4. Höhe der Sicherheit
Die Höhe der Sicherheit war nach § 112 ZPO nach freiem Ermessen des Gerichts festzusetzen. Die fremden Anwaltskosten für zwei Instanzen belaufen sich auf ca. 32.500,00 € (außergerichtliche Kosten des Gegners ca. 6.400,00 €, Kosten 1. Instanz für den gegnerischen Anwalt ca. 12.300,00 € und der 2. Instanz ca. 13.800,00 €). Somit war die Sicherheit auf ca. 32.000,00 € für die fremden Anwaltskosten über zwei Instanzen festzusetzen. An den Antrag der beklagten Partei war das Gericht nicht gebunden.
5. Art der Sicherheit und Frist
Die Art der Sicherheit war nach § 108 Abs. I ZPO zu bestimmen. Die Fristsetzung folgt aus § 113 Abs. I ZPO.
II.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten (Bacher, Beck'scher Online-Kommentar ZPO, 20. Edition, Rn. 19).
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(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
(1) Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
(2) Kann die Sicherheit nicht in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen zulässig.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.
(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.
(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.
(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.
(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.
(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:
- 1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; - 2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; - 3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; - 4.
bei Widerklagen; - 5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.
(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.
(2) Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.