Landgericht Arnsberg Beschluss, 16. Aug. 2016 - 5 T 21/16


Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 21.07.2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts Werl vom 07.07.2016 (8 M 0506-16) aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Schuldner auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.207,77 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem am 09.02.2016 von dem Landgericht Hamburg erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluss (327 O 224/15) in Höhe von 2.207,77 € inkl. bezifferter Zinsen.
4Am 19.02.2016 beantragte die Gläubigerin an ihrem Unternehmenssitz in Texas/USA ihre Löschung nach den dort geltenden Vorschriften.
5Im Hinblick auf den o. g. Kostenfestsetzungsbeschluss ist zwischen den Beteiligten vor dem Landgericht Hamburg (327 O 140/16) eine Vollstreckungsgegenklage anhängig, in deren Verlauf sich die Gläubigerin auf ihre fehlende Rechts- und Parteifähigkeit infolge der am 19.02.2016 beantragten Löschung berufen hat.
6Auf Antrag der Gläubigerin erließ das Amtsgericht Werl am 21.06.2016 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem Ansprüche des Schuldners gegen die Sparkasse N (Drittschuldnerin) gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen wurden.
7Hiergegen wandte sich der Schuldner mit Erinnerung vom 24.06.2016, die er auf eine infolge der Löschung fehlende Rechts- und Parteifähigkeit der Gläubigerin stützte.
8Nach Anhörung der Gläubigerin hob das Amtsgericht Werl durch den angefochtenen Beschluss vom 07.07.2016 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21.06.2016 im Hinblick auf ein Erlöschen der Gläubigerin zum 24.02.2016 auf.
9Gegen diese Entscheidung wendet sich die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 21.07.2016, die sie darauf stützt, dass sie aufgrund des ihr zustehenden titulierten Anspruchs gegen den Schuldner jedenfalls weiter als rechts- und prozessfähig anzusehen sei.
10Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde durch Beschluss vom 10.08.2016 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
11II.
12Die nach §§ 567 Abs. 1, 793 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
13Der Gläubigerin fehlt es trotz ihrer Löschung im vorliegenden Verfahren nicht an der erforderlichen Rechts- und Parteifähigkeit. Zwar hat die Löschung einer Gesellschaft im Allgemeinen zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit und damit auch ihre Parteifähigkeit im Sinne des § 50 ZPO verliert, da die Gesellschaft mit ihrer Löschung materiell-rechtlich nicht mehr existent ist. Bestehen jedoch Anhaltspunkte dafür, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz Löschung rechts- und parteifähig (vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2012, III ZR 116/11). Das gilt auch dann, wenn es sich bei der erloschenen Gesellschaft um eine ausländische Gesellschaft handelte, die noch über Vermögen im Inland verfügt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden könnte; in dem Fall besteht die Gesellschaft bis zu ihrer endgültigen Beendigung nach Abschluss der Abwicklung fort (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 11.04.2014, I-12 U 142/13 m. w. N.).
14Die Gläubigerin ist zwar nach dem unstreitigen Vorbringen beider Beteiligten nach dem Recht ihres Gründungsstaates erloschen. Ihr stand jedoch bereits vor dem Erlöschen aus dem o. g. Kostenfestsetzungsbeschluss ein im Inland titulierter Zahlungsanspruch gegen den Schuldner zu. Wegen dieses Vermögenswertes bleibt die Gläubigerin trotz Löschung rechts- und damit parteifähig. Dem steht nicht entgegen, dass die Gläubigerin selbst sich in dem vor dem Landgericht Hamburg anhängigen Vollstreckungsabwehrklageverfahren - möglicherweise aus prozesstaktischen Erwägungen - auf den Standpunkt gestellt hat, ihre Rechtsfähigkeit sei mit der Löschung entfallen, denn diese Prozessvoraussetzung ist von Amts wegen allein aufgrund der materiellen Rechtslage zu prüfen.
15Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21.06.2016 ist somit zu Recht erlassen worden. Für die von dem Schuldner beantragte einstweilige Anordnung in entsprechender Anwendung von § 711 ZPO ist demnach kein Raum.
16Die Rechtsbeschwerde war mangels Vorliegen der hierfür nach § 574 Abs. 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen nicht zuzulassen.

moreResultsText

Annotations
(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.
(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.
(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.