Landgericht Aachen Urteil, 26. Juli 2016 - 10 O 507/15
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin macht gegen den Beklagten, einen ihrer Kommanditisten, Ansprüche auf Rückzahlung aus einem behaupteten Darlehensvertrag geltend.
3Die Klägerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragene (Publikums-)Kommanditgesellschaft, an der über 200 Kommanditisten beteiligt sind. Gegenstand des klägerischen Unternehmens ist der Bau und Betrieb des Containerschiffes MS „Santa Federica“. Der Beklagte ist mit einer Einlage von 40.000,00 Euro (ursprünglich 80.000,00 DM) am Kapital der Klägerin als Kommanditist beteiligt.
4Das Investitionskonzept sah vor, dass durch den Erwerb des Containerschiffes zunächst erhebliche Verluste bei der Klägerin entstehen sollten, die dann von den einzelnen Gesellschaftern steuermindernd geltend gemacht werden konnten. Weiter war vorgesehen, dass die Gesellschafter ungeachtet der entstehenden Buchverluste nicht benötigte Liquidität der Gesellschaft anteilig ausbezahlt bekommen sollten. Eine Auszahlung der nicht benötigten Liquidität an die Gesellschaft erfolgte in den Jahren 1999 – 2001 sowie in den Jahren 2004 – 2008, jeweils aufgrund eines entsprechenden Gesellschafterbeschluss. Der Beklagte erhielt insgesamt 24.908,39 Euro.
5Dabei setzen sich die Auszahlungen wie folgt zusammen:
6
Jahr/ Auszahlungsdatum |
Prozent |
Kapital |
Auszahlung DM |
Auszahlung € |
(15.12.)1999 |
4 % |
80.000,00 DM |
3.200,00 DM |
= 1.6366,13 € |
(15.12.)2000 |
4 % |
80.000,00 DM |
3.200,00 DM |
= 1.6366,13 € |
(12.12.)2001 |
4 % |
80.000,00 DM |
3.200,00 DM |
= 1.6366,13 € |
(12.07.)2004 |
3 % |
40.000,00 € |
1.200,00 € |
|
(30.11.)2004 |
8 % |
40.000,00 € |
3.200,00 € |
|
(06.12.)2005 |
11 % |
40.000,00 € |
4.400,00 € |
|
(04.12.)2006 |
14 % |
40.000,00 € |
5.600,00 € |
|
(29.11.)2007 |
8 % |
40.000,00 € |
3.200,00 € |
|
(18.12.)2008 |
6 % |
40.000,00 € |
2.400,00 € |
|
24.908,39 € |
Weitere 884,00 Euro, die der Beklagte im Jahr 2001 erhalten hat, sind nicht Gegenstand der Klage.
8Der zum Zeitpunkt aller Auszahlungen maßgebliche Gesellschaftsvertrag vom 06.10.1997 enthält u.a. die folgenden Regelungen:
9„[…] § 12 – Gewinn- und Verlustverteilung, Ausschüttungen
101. Am Gewinn und Verlust der Gesellschaft sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Festeinlagen (Kommanditkapital) beteiligt.
11[…]
123. Für die Verteilung des Liquidationserlöses gelten die §§ 19 und 20 dieses Vertrages.
134. Liquiditätsausschüttung an die Gesellschafter – auch im Wege einer Darlehensgewährung – dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn keine Kapitaldienstleistungsrückstände hinsichtlich der langfristigen Investitionsfinanzierung bestehen und der Ausgleich der laufenden Betriebskosten sowie der Kapitaldienstraten auf die Schiffshypothekendarlehen für das laufende Geschäftsjahr gesichert sind und bankseitig diesen Zahlungen zugestimmt worden ist.
14Über die Verwendung von Liquiditätsüberschüssen entscheidet auf Vorschlag der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beirat, sofern nicht die Gesellschafterversammlung entsprechende Beschlüsse faßt. Liquiditätsausschüttungen erfolgen im Verhältnis der Festeinlagen der Gesellschafter untereinander. Solange Verlustsonderkonten bestehen, stellen Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter dar.
15[…]
16§ 14 – Gesellschafterversammlung
17[…]
187. Die Gesellschafterversammlung hat, soweit ihr nicht durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag oder Gesellschafterbeschluß sonstige Gegenstände zur Beschlußfassung überwiesen sind, zu beschließen über:
19[…]
20d) Verwendung des Jahresergebnisses und Liquiditätsausschüttungen;
21[…]
229. Vorbehaltlich der folgenden Bestimmungen faßt die Gesellschaft ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen gelten als nicht abgegeben.
23[…]
24§ 15 – Jahresabschluß, Konten der Gesellschaft
25[…]
262. Für jeden Gesellschafter werden neben einem festen Kapitalkonto (I) ein weiteres Kapitalkonto (II) sowie ein Ergebnissonderkonto geführt.
27a) Auf dem Kapitalkonto (I) werden die Kommanditeinlagen gebucht. Das Kapitalkonto ist fest und unveränderlich. Es ist maßgebend für das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung (siehe § 14 Abs. 13), die Ergebnisverteilung sowie den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben.
28b) Auf dem Kapitalkonto (II) wird das Agio gebucht.
29c) Auf dem Ergebnissonderkonto werden die Verluste gebucht, auch soweit diese das feste Kapitalkonto (I) übersteigen. Gewinne werden ebenfalls auf dem Ergebnissonderkonto gutgebracht. Ein Saldo auf dem Ergebnissonderkonto begründet keine Nachschußverpflichtung der Kommanditisten.
30d) Liquiditätsausschüttungen sind auf gesonderten unverzinslichen Darlehenskonten der Gesellschaft zu erfassen.
31[…]“
32Wegen der weiteren Einzelheiten des vorgenannten Gesellschaftsvertrages wird ergänzend auf die Anlage K 1 zur Klageschrift (Bl. 17ff d.A.) Bezug genommen.
33Zum Zeitpunkt sämtlicher Auszahlungen an die Gesellschafter waren die auf den Ergebnissonderkonten der Gesellschaft verbuchten Verluste durch Gewinne nicht ausgeglichen. Hinsichtlich der Entwicklung des Ergebnissonderkontos seit 1996 wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift (Bl. 29 d.A.) ergänzend Bezug genommen.
34Den von der Klägerin aufgestellten Jahresabschluss stellten die Gesellschafter jährlich fest und beschlossen zugleich die Auszahlung von Liquidität. In den jeweiligen Jahresabschlüssen sind die Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschafter als Darlehensforderungen der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter aufgeführt.
352011 benötigte die Klägerin aufgrund einer Krise in der Schiffsbranche neues Kapital. Hierzu beschlossen die Gesellschafter am 17.01.2011 ein Finanzierungskonzept, das unter anderem die Ausgabe von Vorzugskapital in Höhe von 2.162.500,00 Euro vorsah, welches in zwei Tranchen in den Jahren 2011 und 2012 vollständig eingezahlt wurde. Ende 2013 wurde erneut zusätzliches Kapital benötigt. Mit Schreiben vom 01.11.2013 zeigte die Klägerin den Gesellschaftern die Folgen einer sofortigen Veräußerung des Containerschiffes einerseits und des Fortbetriebs des Containerschiffes andererseits auf. Mit Schreiben vom gleichen Datum (vgl. Anlage K 7, Bl. 71ff. d.A.) kündigte die Klägerin das behauptete Darlehen gegenüber dem Beklagten im Umfang von 22 %, mithin in Höhe von 5.479,85 Euro, mit Wirkung zum 26.02.2014.
36Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.03.2014 (Anlage K 8, Bl. 76f. d.A.) forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos unter Fristsetzung bis zum 27.03.2014 zur Zahlung der jetzigen Klageforderung sowie der entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf.
37Die Klägerin ist der Ansicht, die geleisteten Liquiditätsausschüttungen seien dem Beklagten lediglich als Darlehen gewährt worden. Insoweit sei im Gesellschaftsvertrag eindeutig geregelt, dass nicht durch Gewinne gedeckte Ausschüttungen als Darlehen zu qualifizieren und als solches auf Verlustsonderkonten zu buchen seien. Zum Zeitpunkt sämtlicher Auszahlungen sei das Ergebnissonderkonto als Verlustsonderkonto geführt worden, da konzeptgemäß bereits im Jahr 1997 erhebliche, für die Gesellschafter steuerlich nutzbare Anfangsverluste von über 20.000,00 Euro entstanden waren, die zum Zeitpunkt der Auszahlungen noch nicht durch Gewinne ausgeglichen gewesen seien. Der Beklagte sei daher im gekündigten Umfang zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet.
38Anders als in der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12.03.2013 zugrunde liegenden Konstellation sei dem hier maßgeblichen Gesellschaftsvertrag eindeutig zu entnehmen, dass die gewinnunabhängige Ausschüttung unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge. Denn eine andere Bedeutung könne man dem Begriff des Darlehens nicht beimessen. Zudem ergebe sich aus den Jahresabschlüssen der Gesellschaft eindeutig, dass es sich um ein unverzinsliches Darlehen gehandelt habe. Auch würden die Ausschüttungen auf separaten Konten ausgewiesen.
39Mit der am 24.12.2015 zugestellten Klage hat die Klägerin ursprünglich angekündigt zu beantragen,
401. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 5.479,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz p.a. seit dem 27.02.2014 zu bezahlen;
412. den Beklagten zu verurteilen, sie von Honorarforderungen des Rechtsanwalts X in Höhe von 338,60 Euro freizustellen.
42Das Gericht hat mit Verfügung vom 24.03.2016 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14.06.2016 bestimmt. Trotz ordnungsgemäßer Ladung mit Empfangsbekenntnis vom 30.03.2016 (Bl. 149 d.A.) erschien für den Beklagten zum anberaumten Termin niemand.
43Die Klägerin beantragt nunmehr den Erlass eines Versäumnisurteils nach Maßgabe der angekündigten Klageanträge.
44Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2016 (Bl. 176 d.A.) Bezug genommen.
45E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
46I.
47Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Mangels schlüssigen Vorbringens war die Klage trotz Säumnis des Beklagten im Termin vom 14.06.2016 durch unechtes Versäumnisurteil abzuweisen, § 331 Abs. 2 2. HS ZPO.
481. Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückzahlung der begehrten 5.479,85 Euro. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB.
49a) Bei einer Publikums-KG entsteht ein Rückzahlungsanspruch im Innenverhältnis, d.h. der Gesellschaft gegenüber dem Kommanditisten, nicht schon dann, wenn an den Kommanditisten – wie vorliegend – nach § 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrag nicht gedeckte Gewinnausschüttungen erfolgt sind und es später zu Verlusten der Gesellschaft kommt, § 169 HGB.
50Nach § 169 Abs. 1 S. 2 HGB hat der Kommanditist nur einen Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns. Nach der Rechtsprechung ist jedoch allgemein anerkannt, dass über die Regelung des § 169 Abs. 1 HGB hinaus Ausschüttungen an die Kommanditisten auch geleistet werden können, wenn die Gesellschaft keine Gewinne generiert, allerdings die entsprechenden Ausschüttungen nur dann als Darlehen gewährt und zurückgefordert werden können, wenn dies im entsprechenden Gesellschaftsvertrag ausdrücklich geregelt worden ist (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 01.07.2014, II ZR 72/12, juris Rn 11ff; Urteil vom 12.03.2013, II ZR 73/11, NJW 2013, 2278, 2279). Insoweit gibt es bei einer Kommanditgesellschaft keinen im Innenverhältnis wirkenden Kapitalerhaltungsgrundsatz. Die Gesellschafter können ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis untereinander und zur Gesellschaft weitgehend frei gestalten. Das schließt die Entscheidung darüber ein, ob und wie erbrachte Einlagen zurückzugewähren sind. (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 01.07.2014, aaO, Rn 15 m.w.N.).
51b) Entgegen der Ansicht der Klägerin lässt sich vorliegend dem Gesellschaftsvertrag ein Vorbehalt der Rückforderung der auf der Grundlage von § 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages an den Beklagten als Kommanditisten gezahlten Beträge nicht entnehmen lässt.
52Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterliegen die Regelungen in Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dementsprechend müssen sich für den einer Publikumspersonengesellschaft beitretenden Gesellschafter die mit dem Beitritt verbundenen, nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsvertrag klar ergeben (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 01.07.2014, aaO, Rn 17). Zweifel bei der Auslegung wirken entsprechend § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin als Verwenderin.
53Gemessen an diesen Grundsätzen und bei der gebotenen objektiven Auslegung nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck aus der Sicht eines verständigen Publikumspersonengesellschafters enthält der Gesellschaftsvertrag indes keine hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Liquiditätsausschüttungen gemäß §§ 14 Ziffer 7 lit. d), 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages unter dem Vorbehalt einer Rückforderung erfolgten und dem jeweiligen Kommanditisten als Darlehen zur Verfügung gestellt wurden.
54aa) Zunächst regelt vorliegend § 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages schon nicht mit der gebotenen Klarheit, dass und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen aus Liquiditätsüberschüssen vorgenommene Ausschüttungen den Kommanditisten nur als Darlehen gewährt werden.
55Aus Sicht eines Publikumspersonengesellschafters ist § 12 Ziffer 4 nicht eindeutig. Denn Absatz 1 Satz 1 „Liquiditätsausschüttungen an die Gesellschaften – auch im Wege einer Darlehensgewährung – […]“ kann auch so verstanden werden, dass nicht in jedem Fall bei Liquiditätsausschüttungen zugleich eine Darlehensgewährung erfolgt. Vielmehr sind vom Wortlaut her auch Auszahlungen denkbar, denen gerade kein Darlehen zugrunde liegt. Auch soweit in Absatz 3 Satz 3 die Rede davon ist, dass „Liquiditätsausschüttungen Darlehen an die Gesellschafter“ darstellen, „solange Verlustsonderkonten bestehen“, vermag ein Anleger aufgrund dieser Einschränkung nicht zu erkennen, ob es sich bei der zugeflossenen Ausschüttung tatsächlich im Einzelfall um ein Darlehen handelte mit der Folge einer Verpflichtung zur Rückgewähr.
56Zwar ist der Klägerin durchaus zuzugestehen, dass die Verwendung des Wortes „Darlehen“ auch für den juristisch nicht vorgebildeten Anleger grundsätzlich dahingehend verstanden wird, dass ein Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, der später zurückgezahlt werden muss. Jedoch ist den weiteren verwendeten Begriffen wie „Ausschüttung“, „Auszahlung“ und „Entnahme“ grundsätzlich – wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 12.03.2013 umfassend dargelegt hat (vgl. aaO, Rn 17) – kein Anhaltspunkt für die eine Gewährung der Ausschüttung als Darlehen zu entnehmen.
57Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrages zu den Konten der Gesellschaft. § 12 Ziffer 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages verweist auf ein sog. Verlustsonderkonto. Dieses Konto wird in § 15 Ziffer 2 lit. c) des Gesellschaftsvertrages aber gerade nicht definiert, vielmehr ist dort von einem „Ergebnissonderkonto“ die Rede. Mit Blick auf die vorgelegte Kontenübersicht für den Zeitraum 1996 - 2014 erscheint naheliegend, dass ein negatives Ergebnissonderkonto nur geführt wird, um geleistete Ausschüttungen wieder zurückfordern zu können, obgleich die Gesellschaft im Ergebnis über eine positive Bilanz verfügt.
58Weiterhin erweist sich die Regelung in Ziffer 2 lit. d) des Gesellschaftsvertrages, die eine Erfassung aller Liquiditätsausschüttungen auf unverzinslichen Darlehenskonten vorsieht, als überraschend. Denn diese Regelung widerspricht § 12 Ziffer 4 Abs. 1 S. 1 des Gesellschaftsvertrages, wonach dem Anleger suggeriert wird, dass nicht jede Liquiditätsausschüttung zugleich eine Darlehensgewährung darstellt. Unklar bleibt indes, ob auch Forderungen zugunsten der jeweiligen Anleger auf diesem Konto erfasst und ob etwaige wechselseitigen Ansprüche verrechnet werden.
59bb) Gleichermaßen fehlt es – eine Einordnung der Ausschüttungen als Darlehen unterstellt – an einer Regelung der Voraussetzungen, unter denen dieses „Darlehen“ zurückzuzahlen ist.
60Insbesondere enthält der Gesellschaftsvertrag hierzu keine Regelung. Eine Regelung der Rückzahlungsvoraussetzungen hätte jedoch umso mehr nahe gelegen, als dass das Recht der Personenhandelsgesellschaften gerade keinen gesetzlichen Anspruch auf die Rückzahlung von (vertraglich ermöglichten) Ausschüttungen vorsieht, auf den mangels vertraglicher Regelungen zurückgegriffen werden könnte. Ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen des bürgerlich-rechtlichen Darlehensrechts würde dem im Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck kommenden Willen der Gesellschafter nicht gerecht. Insoweit erweist es sich als nicht in sich schlüssig, wenn die Gesellschafter die Möglichkeit hätten, nach § 14 Ziffer 7 lit. d) des Gesellschaftsvertrages zu ihren Gunsten Auszahlungen aus Liquiditätsüberschüssen zu beschließen, ihnen diese Zahlungen aber binnen einer Frist von drei Monaten wieder entzogen werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.2016, II ZR 348/14, NJW-RR 2016, 550, 555f. m.w.N.; Urteil vom 12.03.2013, aaO, Rn 23).
61Soweit das Oberlandesgericht Hamm in zwei Entscheidungen vom 04.02.20015 (8 U 89/14, juris Rn 64) und vom 09.02.2015 (8 U 103/14, juris Rn 74) einen zur Rückforderung der Ausschüttungen berechtigenden besonderen Grund angenommen hat, soweit das Rückzahlungsverlangen ausdrücklich an die „Liquiditätslage der Gesellschaft“ geknüpft ist, ist dies nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, zumal im Verfahren 8 U 103/14 in § 4 Ziffer 9 Abs. 3 des dortigen Gesellschaftsvertrages – anders als hier – ausdrücklich geregelt war, dass eine Rückzahlung der Darlehensforderung aufschiebend bedingt von der Liquiditätslage der Gesellschaft abhängt. Im Sinne einer transparenten Regelung ist es jedoch nicht ausreichend, nachträglich, d.h. erst im Rahmen der Kündigung, und erstmalig eine Kündigung und Rückforderung der Ausschüttungen mit Liquiditätsengpässen zu begründen.
62Des Weiteren spricht gegen eine Rückforderung ohne normierte Voraussetzungen, dass auch nach Auffassung der Klägerin für die Ausschüttung der Zahlungen ein Beschluss der Gesellschafter erforderlich ist, indes aber die Komplementärin der Klägerin nach Belieben die Ausschüttungen zurückfordern könnte. Eine solche Regelung erweist sich als überraschend und führt damit insgesamt zur Unwirksamkeit der Regelungen.
63cc) Letztlich führt vorliegend auch, die Tatsache, dass die vorgelegte Bilanz (vgl. Anlage K 4, Bl. 39ff. d.A.) die durch die Auszahlung an die Kommanditisten behauptet entstandenen Darlehensansprüche auf der Aktivseite der Bilanz als Vermögenswert vermerkt und die Jahresabschlüsse den ausdrücklichen Hinweis enthalten, dass die erfolgten Auszahlungen als Darlehen zu qualifizieren seien, nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Art und Weise der Erfassung von Zahlungen in der Bilanz hat allenfalls Indizwirkung, sagt aber nichts darüber aus, ob die Verbuchung auch in der Form wie geschehen zu Recht erfolgte. Gleichsam führt die Genehmigung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung nach § 14 Ziffer 7. lit. b) des Gesellschaftsvertrages nicht zu einem Anerkenntnis des erstmals im November 2013 geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruches. Insbesondere ist die Bilanzposition „Darlehenskonten der Kommanditisten“ (vgl. Bl. 51 d.A.) zu unbestimmt, als dass insoweit von einem rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen des Beklagten als Gesellschafter ausgegangen werden könnte.
64Im Übrigen kann nachträglich die Rechtsnatur einer erfolgten Auszahlung nicht einseitig verändert werden, zumal die Klägerin auch bei der Ausschüttung seinerzeit nicht auf die Rückforderbarkeit oder aber die Einordnung als Darlehen hingewiesen hat.
652. Die Ansprüche auf Zinsen und auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgen in ihrem Schicksal dem Hauptantrag. Mangels Bestehens eines Zahlungsanspruches scheiden auch die Nebenansprüche aus.
66II.
67Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.
68III.
69Der Streitwert wird auf 5.479,85 Euro festgesetzt.
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Annotations
(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.
(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.
(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.
(1) § 122 findet auf den Kommanditisten keine Anwendung. Dieser hat nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden Gewinns; er kann auch die Auszahlung des Gewinns nicht fordern, solange sein Kapitalanteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde.
(2) Der Kommanditist ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.