Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Aug. 2017 - 6 Sa 196/15

ECLI: ECLI:DE:LAGST:2017:0814.6SA196.15.00
published on 14/08/2017 00:00
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 14. Aug. 2017 - 6 Sa 196/15
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23.04.2015 – 4 Ca 1221/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Frage, welches Tarifwerk auf ihr Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommt.

2

Die Klägerin, welche nicht Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, begründete mit Arbeitsvertrag vom 28.07.1978 mit Wirkung vom 01.09.1979 ein Arbeitsverhältnis als Krankenschwester mit dem Kreiskrankenhaus H (Anlage K1, Blatt 6 f Akte). Unter dem Datum 01.04.1991 vereinbarte die Klägerin mit dem Kreiskrankenhaus H folgendes (Anl. K2, Bl. 8 der Akte):

3

"Für das bereits bestehende Arbeitsverhältnis gilt der Bundes-Angestellten-Tarif (BAT) Ost in der jeweilig gültigen Fassung ab 01.04.1991.“

4

Unter dem Datum 01.07.1991/10.07.1991 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag ab (Blatt 270, 271 der Akte), der in den für den Rechtsstreit wesentlichen Passagen folgenden Wortlaut hat:

5

"…

§ 3

6

Für das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der für den Angestellten jeweils geltenden Tarifverträge in der z. Zeit geltenden Fassung und den dieses ergänzenden rechtlichen Bestimmungen Anwendung. Weiterhin sind die Bestimmungen des Einigungsvertrages und seiner Anlagen vom 31.08.1990 i.V.m. Art. 1 des Einigungsvertragsgesetzes vom 23.09.1990 anzuwenden.

7

§ 5

8

Die Angestellte ist gemäß § 22 BAT-O in Vergütungsgruppe KR IV eingruppiert.

9

§ 7

10

Änderungen und Ergänzungen dieses Arbeitsvertrages einschließlich der Nebenabreden sind gem. § 4 BAT-O nur wirksam, wenn Sie schriftlich vereinbart werden.

11

…"

12

Die Klägerin ist seitdem in dem zunächst von dem O bzw. dem diesen nachfolgenden Landkreis B als Eigenbetrieb geführten Kreiskrankenhaus in H, K, tätig.

13

Das Klinikum ging im Wege des Betriebsüberganges im Jahr 2007 an die S-Klinikum GmbH über.

14

Zunächst kamen auf die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der S-Klinikum GmbH die Bestimmungen des TVöD zur Anwendung. Mit Schreiben vom 20.08.2010 (Anl. K3, Bl. 9 der Akte) teilte das S-Klinikum GmbH der Klägerin mit, dass ihr Beschäftigungsverhältnis rückwirkend ab dem 01.01.2010 in den Konzern-Manteltarifvertrag (M-TV M/W/I Sana) übergeleitet werde und rückwirkend ab dem 01.07.2010 der Konzern-Entgelt-Tarifvertrag sowie damit verbundene haustariflichen Sonderregelungen wirksam würden. Mit weiterem Schreiben vom Oktober 2010 (Anl. K4, Bl. 10 der Akte) teilte die S-Klinikum GmbH der Klägerin nochmals mit, dass das Beschäftigungsverhältnis rückwirkend zum 01.01.2010 in die Tarifverträge des S-Konzerns übergeleitet werde, und führte in dem Schreiben nachfolgende Tarifverträge auf:

15

- Konzern-Mantel-Tarifvertrag (M-TV M/W/I S)
- Konzern-Entgelt-Tarifvertrag (E-TV M/W/I S)
- Konzern-Überleitung-Tarifvertrag (Ü-TV M/W/I S)
- Konzern-Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung (TV-EUmw M/W/I S)
- Konzern-Tarifvertrag für Auszubildende (A-TV M/W/I S) bei Auszubildenden
- Konzern-Tarifvertrag zu Beruf, Familie und Gesundheitsförderung (BFG-TV M/W/I S)

16

Mit Schreiben vom 28.10.2010 (Anlage K5, Bl. 11 f der Akte) informierte die S-Klinikum GmbH die Klägerin ein drittes Mal über die Überleitung des Beschäftigungsverhältnisses in die S TVe. Seitdem richtete sich das Arbeitsverhältnis nach diesen Tarifverträgen.

17

Aufgrund eines Asset Deals fand mit Wirkung zum 01.11.2013 ein weiterer Betriebsübergang statt, diesmal auf die Beklagte, welche damals unter "A Krankenhausgesellschaft B mbH" firmierte.

18

Die Beklagte betrieb bereits vor der Übernahme des „Ohreklinikums“ in H, K, eine medizinische Einrichtung, nämlich ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie. Sie hatte am 28.03.2006 mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Haustarifvertrag abgeschlossen, dessen Rubrum wie folgt lautet:

19

"Haustarifvertrag
(mit weitergeltenden Regelungen aus dem BAT-O)

zwischen dem
A Fachkrankenhaus H, K, H
vertreten durch die
Trägerschaft A Kliniken GmbH, K, H, diese vertreten durch die Geschäftsführerin, Frau M M
                               - einerseits -

und der

Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di,
vertreten durch die Landesbezirksleitung Sachsen-Anhalt,
N, M
                               - andererseits -

20

Weiter heißt es in diesem Tarifvertrag (im Folgenden A Haus-TV):

21

§ 1 Allgemeiner Geltungsbereich

(1) Dieser Tarifvertrag gilt für alle Beschäftigte des A Fachkrankenhauses Haldensleben in H, die Mitglieder der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind.

(2) Ausgenommen sind leitende Mitarbeiter/-innen im Sinne des § 5 (3) BetrVG und Beschäftigte, die im Sinne des § 8 SGB IV – unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV – geringfügig beschäftigt oder als Studierende nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V versicherungsfrei sind oder die nebenberuflich tätig sind.

 § 1 a Anwendung von Tarifverträgen

(1) Für die in § 1 (1) genannten Beschäftigten gelten die für die Angestellten der Länder zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages Ost (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und diese ändernden und ergänzenden Vorschriften einschließlich der Vergütungsregelung in der jeweils geltenden Fassung (für den Bereich Bund/Land) samt der z. Zt. (Stand Juni 2005) geltenden Sonderregelungen, Anlagen, Anhänge und sonstigen tariflichen Regelungen, die für den Bereich des öffentlichen Dienstes abgeschlossen werden, soweit in diesem Tarifwerk nicht Abweichendes bestimmt wird.

…"

22

Mit Schreiben vom 07.11.2013 (Anlage K6, Bl. 13 ff. der Akte) informierte die Beklagte gemäß § 613a Abs. 5 BGB die Klägerin über den Betriebsübergang. Auf den Seiten 4 und 5 dieses Schreibens führte die Beklagte aus, dass bei den tarifgebundenen Arbeitsverhältnissen und den Arbeitsverhältnissen mit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel auf das jeweils anwendbare Tarifrecht "die bisherigen tariflichen Regelungen von S … durch den Tarifvertrag von A abgelöst" würden. Mit Schreiben vom 04.12.2013 (Anl. K7, Bl. 24 der Akte) widersprach die Klägerin der Anwendung des A Haus-TV und verlangte auch für die Zeit nach dem 01.11.2013 die Anwendung der S-Tarifverträge.

23

Die Klägerin hat vorgetragen,

24

sie sei der Rechtsansicht, dass sich die arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien weiter nach den für den S-Konzern geltenden Tarifverträgen (S-TVe) bestimmen würden. Sie hat hierzu ausgeführt, da sie nicht Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft sei und lediglich im Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag verwiesen werde, würde vorliegend ausschließlich die Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB Anwendung finden. Eine Transformation nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB scheide ebenso aus wie eine Ablösung von Tarifverträgen nach der Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB. Da die vertragliche Bezugnahme auf tarifliche Regelungen nicht an eine Form gebunden sei, könne sie sich auch aus betrieblicher Übung oder konkludentem Verhalten der Arbeitsvertragsparteien ergeben. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin seien seit dem Jahr 2010 die tariflichen Regelung angewandt worden, deren dynamische die Klägerin mit vorliegender Klage festgestellt wissen möchte.

25

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

26

festzustellen, dass der Mantel-Konzern-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (M-TV MHFH/W/I S),

27

der Entgelt-Konzern-Tarifvertrag für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (E-TV MHFH/W/I S),

28

der Überleitungs-Konzern-Tarifvertrag (Ü-TV S) für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur,

29

der Konzern-Tarifvertrag zur Entgeltumwandlung für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (TV-Eumw M/W/I S),

30

die Niederschrift zu den Konzerntarif-Verhandlungen zwischen der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der S Kliniken AG,

31

der Konzern-Tarifvertrag zu Beruf, Familie und Gesundheitsförderung für die Funktionsbereiche Medizinische Heil-, Fach- und Hilfsberufe, Wirtschaft und Infrastruktur (BFG-TV M/W/I S)

32

Inhalt des zwischen der Klägern und der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses ist.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat vorgetragen,

36

der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig, da ihm das notwendige Feststellungsinteresse fehle und er gegenüber einer Leistungsklage stets subsidiär sei. Der A Haus-TV finde zumindest aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel Anwendung. Die Parteien hätten eine sogenannte Tarifwechselklausel vereinbart.

37

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.04.2015 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, das Tarifwerk des S Konzerns würde Kraft individualrechtlicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung finden. In diese individualrechtlichen Verpflichtungen sei die Beklagte durch die Übernahme des Betriebes eingetreten. Eine Ablösung der vor dem Betriebsübergang für das Arbeitsverhältnis maßgebenden Tarifnormen nach § 613 a Abs. 1 Satz 3 BGB sei ausgeschlossen, da die Klägerin kein Gewerkschaftsmitglied sei. Die Anwendung des A Haus-TV ergebe sich auch nicht mit Blick auf die Bezugnahmeklausel in der Vereinbarung vom 01.04.1991. Es handle sich nicht um eine sogenannte Tarifwechselklausel, im Übrigen seien die Arbeitsvertragsparteien schon vor dem Betriebsübergang von der arbeitsvertraglichen Vereinbarung abgewichen.

38

Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 145 bis 152 der Akte verwiesen.

39

Die Beklagte hat gegen die ihr am 11.06.2015 zugestellte Entscheidung am 15.06.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung auf den 11.09.2015 - am 09.09.2015 begründet.

40

Die Beklagte trägt vor,

41

entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Magdeburg sei der Feststellungsantrag unzulässig und jedenfalls unbegründet. Das Arbeitsgericht befasste sich mit keinem Wort mit der Ablösungswirkung gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB, der nicht nur für einschlägig gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter gelte, sondern auch Außenseiter erfasse. Außerdem finde der A Haus-TV wegen der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel Anwendung, es handele sich entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts um eine sogenannte Tarifwechselklausel.

42

Die Beklagte beantragt,

43

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23. April 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

44

Die Klägerin beantragt,

45

die Berufung zurückzuweisen.

46

Die Klägerin trägt vor,

47

die nationale Regelung des § 613a BGB diene der Umsetzung der Richtlinie 77/187 EWG und der in Art. 3 gleichlautenden RL 2001/23. Die Beklagte habe aufgrund einer vertraglich vereinbarten Verweisungsklausel tarifvertragliche Regelungen mit übernommen. Hierbei würde eine privatautonom vereinbarte Verweisungsklausel nicht die normative Wirkung von Kollektivregelungen begründen. Die Klägerin habe daher ein Anspruch auf ungeschmälerte Fortzahlung des vor dem Betriebsinhaberwechsel geschuldeten Arbeitsentgelts.

48

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

49

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1.

50

Die Feststellungsklage ist als sog. Elementenfeststellungsklage zulässig (BAG 26.08.2015 – 4 AZR 719/13, Orientierungssatz Ziff. 1). Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die im Feststellungsantrag aufgeführten Tarifverträge auf ihr Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Die entsprechende Feststellung ist geeignet, eine Vielzahl von Einzelfragen zu klären, die sich an deren Anwendbarkeit knüpfen.

2.

51

Die Feststellungsklage ist auch begründet. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien finden die vor dem Betriebsinhaberwechsel im November 2013 geltenden S-TVe gemäß § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB weiter Anwendung.

a)

52

Der von der Klägerin mit der Feststellungsklage verfolgte Anspruch auf die Anwendung der S TVe ergibt sich nicht aus der Vereinbarung vom 01.04.1991 (Anl. K2, Bl. 8 der Akte). Die dortige Vereinbarung

53

"Für das bereits bestehende Arbeitsverhältnis gilt der Bundes-Angestellten-Tarif (BAT) Ost in der jeweilig gültigen Fassung ab 01.04.1991.“

54

stellt eine Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts dar und bezweckt die Gleichstellung der nicht tarifgebunden mit tarifgebundenen Arbeitnehmern. Nach dieser Rechtsprechung waren bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers Verweisungsklauseln wie diejenige in dem Arbeitsvertrag vom 01.04.1991 in aller Regel als so genannte Gleichstellungsabreden auszulegen. Dies beruhte auf der Vorstellung, dass mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklauseln lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden soll, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrages zu kommen und damit - bei deren genereller Verwendung - zu dessen Geltung für alle Beschäftigten (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 18). Diese Auslegungsregel hält der 4. Senat nicht mehr aufrecht. Er wendet sie aus Gründen des Vertrauensschutzes aber weiterhin auf die Verweisungsklauseln in Arbeitsverträgen an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 01.01.2002 abgeschlossen worden sind. Da die im Arbeitsvertrag enthaltene Verweisung auf den BAT-O in der jeweils geltenden Fassung im Jahr 1991 vereinbart worden ist, kommt bei dessen Auslegung weiterhin die frühere Senatsrechtsprechung zum Tragen. Danach ist die Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages eine Gleichstellungsabrede. Sie verweist auf die fachlich einschlägigen Tarifverträge, an die der damalige Arbeitgeber, der Landkreis H, tarifgebunden war. Auf diese Weise sind deren Regelungen mit der sich aus dem Charakter als Gleichstellungsabrede ergebenden Maßgabe Inhalt des Arbeitsvertrages der Klägerin geworden (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 19).

55

Bei dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag handelt sich um einen Formularvertrag, dessen Inhalt als allgemeine Geschäftsbedingung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen ist, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgten Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 21). Danach enthält der Arbeitsvertrag eine zeitdynamische Bezugnahme auf die jeweiligen Regelungen des BAT-O, die aber nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet ist (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 22).

56

Diese Gleichstellungsabrede ist anders formuliert als die Gleichstellungsabrede in der von der Beklagten zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.10.2002 zur Tarifwechselklausel (4 AZR 467/01, dort Rn. 8). In der von der Beklagten angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Tarifwechselklausel hatten die dortigen Arbeitsvertragsparteien "die Bedingungen des jeweils gültigen Tarifvertrages" vereinbart, woraus das Bundesarbeitsgericht letztendlich schloss, dass im Falle des Tarifwechsels des Arbeitgebers der Arbeitnehmer an den neuen Tarifvertrag gebunden ist. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihrem Arbeitgeber jedoch nicht "die Bedingungen des jeweils gültigen Tarifvertrages" vereinbart, sondern eindeutig und abschließend den BAT (Ost). Es liegt daher keine Tarifwechselklausel vor.

57

Auch dem unter dem Datum 01.07.1991/10.07.1991 abgeschlossene Arbeitsvertrag ist keine Tarifwechselklausel zu entnehmen. In § 3 ist die folgende Formulierung enthalten:

58

"Für das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der für den Angestellten jeweils geltenden Tarifverträge in der z. Zeit geltenden Fassung und den dieses ergänzenden rechtlichen Bestimmungen Anwendung."

59

Diese außergewöhnliche und grammatikalisch etwas verunglückte Klausel stellt nicht wie üblich auf die jeweils "im Betrieb geltenden Tarifverträge", sondern auf die "für den Angestellten jeweils geltenden Tarifverträge" ab. Nach dem reinen Wortlaut könnte ein Wechsel der Gewerkschaftszugehörigkeit seitens der Klägerin dazu führen, dass der Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden würde, den diese Gewerkschaft abgeschlossen hat. Diese Wortauslegung würde den Sinn der Gleichstellungsabrede, nämlich die Gleichbehandlung aller Beschäftigten, seien sie Gewerkschaftsmitglied oder nicht, ins Gegenteil verkehren und war so von den Parteien nicht gewollt, sie verstößt gegen die erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 06.07.2011 – 4 AZR 706/09, Rn. 21).

60

Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt zu dem Ergebnis, dass eine sogenannte Gleichstellungsabrede im Sinne der früheren Rechtsprechung des Vierten Senats des Bundesarbeitsgerichts gewollt war, dies folgt aus den weiteren vertraglichen Regelungen und unter Berücksichtigung der unter dem 01.04.1991 abgeschlossenen Vereinbarung.

61

Anders als in dem von dem Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 21.11.2012 zu beurteilenden Fall (4 AZR 85/11, Rn. 3, 30), bei dem im Vertrag weder auf einen konkreten Tarifvertrag oder auf Tarifverträge eines bestimmten Arbeitgebers verwiesen wurde, noch eine bestimmte Branche, Fläche oder Region genannt war, ist hier aus den §§ 5 und 7 des Vertrages vom 01.07.1991/10.07.1991 und aus der vorher am 01.04.1991 abgeschlossen Regelung ein klarer Bezug auf den BAT-O zu erkennen. In § 5 des Arbeitsvertrages vom 01.07.1991/10.07.1991 haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin gemäß § 22 BAT-O "in Vergütungsgruppe Kr. IV eingruppiert" ist. In § 7 des Arbeitsvertrages haben die Parteien auf die Regelung des § 4 BAT-O Bezug genommen. Nach der Vereinbarung vom 01.04.1991 (Anl. K2, Bl. 8 der Akte) gilt "für das bereits bestehende Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestellten-Tarif (BAT) Ost in der jeweilig gültigen Fassung ab 01.04.1991". Zwar ist in der Regel davon auszugehen, dass Arbeitsvertragsparteien durch Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages damit die vorherige Vereinbarung ablösen wollen, da im hier zu entscheidenden Fall jedoch kein Anlass zu der Auffassung besteht, dass die damaligen Arbeitsvertragsparteien die im Vertrag vom 01.04.1991 vereinbarte zeitdynamische Gleichstellungsabrede hinsichtlich des BAT-O mit Vertrag vom 01.07.1991/10.07.1991 abändern wollten - hiergegen sprechen die Regelungen der §§ 5 und 7 des Arbeitsvertrages vom 01.07.1991/10.07.1991 - ist die Vereinbarung vom 01.04.1991 zur ergänzenden Vertragsauslegung heranzuziehen. Es ist davon auszugehen, dass die damaligen Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag vom 01.07.1991/10.07.1991 in § 3 die Bezugnahmeklausel deshalb nur rudimentär geregelt haben, weil beide Seiten davon ausgingen, dass eine zeitdynamische Gleichstellungsabrede hinsichtlich des BAT-O bereits Gegenstand der weitergeltenden Vereinbarung vom 01.04.1991 war und diese Frage daher nicht erneut regelungsbedürftig war, sondern sich der Vertrag vom 01.07.1991/10.07.1991 insbesondere der Eingruppierung der Klägerin annehmen wollte. Die Verträge vom 01.04.1991 und vom 01.07.1991/10.07.1991 müssen daher zusammen betrachtet werden: Im ersten Vertrag ist eine zeitdynamische Gleichstellungsabrede vereinbart, im zweiten Vertrag insbesondere die Eingruppierung geregelt. In diesem Gesamtzusammenhang kann daher der Arbeitsvertrag vom 01.07.1991/10.07.1991 i.V.m. der Vereinbarung vom 01.04.1991 nur als Gleichstellungsabrede verstanden werden, die die fehlende Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers hinsichtlich des in Bezug genommen Tarifvertrages, an den der alte Arbeitgeber gebunden war, ersetzen sollte. Die Gleichstellungsabrede soll auch zeitdynamisch gelten, dies ergibt sich einerseits aus der eindeutigen Formulierung in der Vereinbarung vom 01.04.1991, andererseits auch aus der unglücklich gewählten Formulierung im Arbeitsvertrag vom 01.07.1991/10.07.1991, wonach die "jeweils geltenden Tarifverträge in der z. Zeit geltenden Fassung … Anwendung" finden sollten. Auch wenn der Wortlaut "z Zeit" eine bloße statische Verweisung möglich erscheinen lässt, ergibt sich die Zeitdynamik deutlich aus den weiteren Worten "jeweils geltenden Tarifverträge".

62

Weder die Anwendung der S TVe noch des A Haus-TV kann mit den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen aus dem Jahre 1991 begründet werden, da es sich bei beiden Tarifwerken nicht um den BAT-O in der jeweiligen Fassung handelt.

b)

63

Der von der Klägerin mit der Feststellungsklage verfolgte Anspruch auf die Anwendung der S TVe ergibt sich vielmehr durch eine betriebliche Übung, die die Vereinbarungen aus dem Jahr 1991 abgelöst hat.

64

Dies folgt aus der Auslegung des beiderseitigen Verhaltens der Klägerin und der S O-Klinikum GmbH gemäß §§ 133, 157 BGB. Eine ausdrückliche Vereinbarung hinsichtlich der Anwendung der S TVe haben die Parteien im Arbeitsvertrag nicht getroffen. Gleichwohl leitete die Rechtsvorgängerin der Beklagten das zwischen ihr und der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 01.01.2010 in die S TVe über und teilte dies mit Schreiben vom 20.08.2010 und mit weiteren Schreiben vom Oktober 2010 und vom 28.10.2010 der Klägerin schriftlich mit. Es entsprach dem objektiv erkennbaren Willen der S O-Klinikum GmbH, unabhängig von ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarungen auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin die S TVe zur Anwendung zu bringen. Sie wollte erkennbar sämtliche Arbeitnehmer in ihrem Betrieb allgemein nach den für sie geltenden tariflichen Vorschriften einheitlich behandeln. Wendet ein Arbeitgeber, ohne hierzu aus anderen rechtlichen Gründen verpflichtet zu sein, über Jahre hinweg regelmäßig und ohne Vorbehalt der Freiwilligkeit die im Übrigen in seinem Betrieb geltenden tariflichen Vorschriften im gleichen Maße auf nicht tarifgebundene Arbeitnehmer an, so erwächst diesen ein Anspruch auf künftige Anwendung der Tarifnormen aus betrieblicher Übung. Aus dem Verhalten der Beklagten ist ein Rechtsbindungswille zu ermitteln, über die schriftliche Vereinbarung hinaus der Klägerin gegenüber die S TVe zur Anwendung zu bringen. Dieses konkludente Angebot der Beklagten hat die Klägerin gemäß § 151 BGB angenommen (BAG 14.11.2001 - 10 AZR 698/00, Rn. 63).

c)

65

Aus der im Wege der betrieblichen Übung begründeten Gleichstellungsabrede hinsichtlich der Anwendung der S TVe folgt nicht, dass ab dem Zeitpunkt des Betriebsüberganges im November 2013 nunmehr der A Haus-TV zur Anwendung kommt.

66

Zwar ergibt sich im vorliegenden Fall, dass der Arbeitgeber zur Gleichstellung der Außenseiter mit Gewerkschaftsmitgliedern einheitlich tarifliche Vorschriften anwendet, weiterhin, dass mit den Außenseitern im Zweifel keine statische Inbezugnahme der Tarifverträge in einer bestimmten Fassung beabsichtigt ist, sondern eine Verweisung auf den entsprechenden Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung. Die Gleichstellung umfasst daher auch eine Tarifänderung (BAG 14.11.2001 - 10 AZR 698/00, Rn. 64). Die Gleichstellung kann jedoch nicht als Tarifwechselklausel ausgelegt werden, es handelt sich bei dem A Haus-TV nicht um "einen entsprechenden Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung" (S TVe), sondern um einen anderen Tarifvertrag.

d)

67

Eine im Wege der betrieblichen Übung vereinbarte Gleichstellungsabrede hinsichtlich der Anwendung des A Haus-TV ist auch nicht später begründet worden, etwa weil die Beklagte an die Klägerin Leistungen nach dem A Haus-TV oder diesen ergänzenden Tarifverträgen erbracht hat. Es fehlt hierzu an einer konkludenten Annahme eines entsprechenden Vertragsangebotes durch die Klägerin. Vielmehr hat die Klägerin bereits zuvor mit Schreiben vom 04.12.2013 (Anl. K7, Bl. 24 der Akte) ausdrücklich der Anwendung des A Haus-TV widersprochen. Die bloße Hinnahme einer Vergütungszahlung kann daher unter Berücksichtigung des Schreibens der Klägerin vom 11.12.2013 und des durch die Klägerin hier geführten Rechtsstreits über die Frage der Anwendung der S TVe nicht als konkludentes Einverständnis gewertet werden, zukünftig den A Haus-TV zur Anwendung zu bringen.

e)

68

Letztlich sind die S TVe auch nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB von dem A Haus-TV abgelöst worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt die Ablösung eines vor dem Betriebsübergang normativ geltenden Tarifvertrages durch einen anderen Tarifvertrag nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB die kongruente Tarifgebundenheit des neuen Inhabers und des Arbeitnehmers voraus (so BAG 09.04.2008 - 4 AZR 164/07, Rn. 19). Die Vorschrift ist nicht dazu bestimmt, auf beim Veräußerer vertraglich begründete Rechte und Pflichten Einfluss zu nehmen (BAG 17.11.2010 - 4 AZR 391/09, Rn. 23). Vorliegend fehlt es zumindest an der normativen Tarifbindung der Klägerin (§ 3 Abs. 1 TVG).

69

Es war daher nach dem Feststellungsantrag der Klägerin zu entscheiden.

B.

70

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Kosten der von der Beklagten ohne Erfolg eingelegten Berufung fallen dieser zur Last.

C.

71

Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen die Revision für die Beklagte zuzulassen.


Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
4 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 26/08/2015 00:00

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 7. März 2013 - 3 Sa 258/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
published on 21/11/2012 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 21. Dezember 2010 - 6 Sa 90/10 - aufgehoben.
published on 06/07/2011 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.
published on 17/11/2010 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. April 2009 - 15 Sa 1458/08 - insoweit aufgehoben, als das Landesarbeitsgericht auf
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Versicherungsfrei sind

1.
Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
1a.
nicht-deutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
2.
Beamte, Richter, Soldaten auf Zeit sowie Berufssoldaten der Bundeswehr und sonstige Beschäftigte des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde, von öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen oder Verbänden öffentlich-rechtlicher Körperschaften oder deren Spitzenverbänden, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge haben,
3.
Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
4.
Geistliche der als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannten Religionsgesellschaften, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
5.
Lehrer, die an privaten genehmigten Ersatzschulen hauptamtlich beschäftigt sind, wenn sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe haben,
6.
die in den Nummern 2, 4 und 5 genannten Personen, wenn ihnen ein Anspruch auf Ruhegehalt oder ähnliche Bezüge zuerkannt ist und sie Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen haben,
7.
satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen, wenn sie sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen und nicht mehr als freien Unterhalt oder ein geringes Entgelt beziehen, das nur zur Beschaffung der unmittelbaren Lebensbedürfnisse an Wohnung, Verpflegung, Kleidung und dergleichen ausreicht,
8.
Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften bei Krankheit geschützt sind.

(2) Nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 versicherungspflichtige Hinterbliebene der in Absatz 1 Nr. 2 und 4 bis 6 genannten Personen sind versicherungsfrei, wenn sie ihren Rentenanspruch nur aus der Versicherung dieser Personen ableiten und nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen bei Krankheit Anspruch auf Beihilfe haben.

(3) Die nach Absatz 1 oder anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme von Absatz 2 und § 7 versicherungsfreien oder von der Versicherungspflicht befreiten Personen bleiben auch dann versicherungsfrei, wenn sie eine der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 bis 13 genannten Voraussetzungen erfüllen. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Personen, solange sie während ihrer Beschäftigung versicherungsfrei sind.

(3a) Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Der Voraussetzung nach Satz 2 stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person gleich. Satz 1 gilt nicht für Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 versicherungspflichtig sind.

(4) Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten, endet die Versicherungspflicht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn das Entgelt die vom Beginn des nächsten Kalenderjahres an geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht übersteigt. Rückwirkende Erhöhungen des Entgelts werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem der Anspruch auf das erhöhte Entgelt entstanden ist.

(5) (weggefallen)

(6) Die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach Absatz 1 Nr. 1 beträgt im Jahr 2003 45 900 Euro. Sie ändert sich zum 1. Januar eines jeden Jahres in dem Verhältnis, in dem die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches) im vergangenen Kalenderjahr zu den entsprechenden Bruttolöhnen und -gehältern im vorvergangenen Kalenderjahr stehen. Die veränderten Beträge werden nur für das Kalenderjahr, für das die Jahresarbeitsentgeltgrenze bestimmt wird, auf das nächsthöhere Vielfache von 450 aufgerundet. Die Bundesregierung setzt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Rechtsverordnung nach § 160 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch fest.

(7) Abweichend von Absatz 6 Satz 1 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze für Arbeiter und Angestellte, die am 31. Dezember 2002 wegen Überschreitens der an diesem Tag geltenden Jahresarbeitsentgeltgrenze versicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, im Jahr 2003 41 400 Euro. Absatz 6 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(8) (weggefallen)

(9) (weggefallen)

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Im ersten Rechtszug sind die Arbeitsgerichte zuständig, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet die Berufung an die Landesarbeitsgerichte nach Maßgabe des § 64 Abs. 1 statt.

(3) Gegen die Urteile der Landesarbeitsgerichte findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 72 Abs. 1 statt.

(4) Gegen die Beschlüsse der Arbeitsgerichte und ihrer Vorsitzenden im Beschlußverfahren findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 87 statt.

(5) Gegen die Beschlüsse der Landesarbeitsgerichte im Beschlußverfahren findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht nach Maßgabe des § 92 statt.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.