Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Beschluss, 25. Jan. 2013 - 1 Ta 169/12
Gericht
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 12.12.2012 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Halle vom 13.11.2012 in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 17.12.2012 – 9 Ca 1333/12 – abgeändert. Der Gegenstandswert beträgt 5.666,00 Euro.
Das Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
- 1
Die Beschwerdeführerin begehrt einen geringeren Gegenstandswert, nämlich i. H. v. 2 Bruttomonatsgehältern (= 5.666,-- €).
- 2
Gegenstand der Klage vom 03. Mai 2012 sind die Rücknahme dreier Abmahnungen vom 23.01.2012 und deren Entfernung aus der Personalakte sowie die Rücknahme einer weiteren Abmahnung vom 01.03.2012 sowie deren Entfernung aus der Personalakte.
- 3
Die Abmahnungen betreffen unterschiedliche Sachverhalte.
- 4
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert für die vier Abmahnungen mit 4 Bruttomonatsgehältern á 2.833,00 Euro, mithin auf 11.332,00 Euro ausweislich des streitgegenständlichen Beschlusses vom 13.11.2012 festgesetzt.
- 6
Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2012 – bei dem Arbeitsgericht Halle am 13.12.2012 eingegangen – Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass bei der Berechnung des Streitwertes nicht von 4 Monatsgehältern auszugehen sei, sondern die Annahme von 2 Bruttomonatsgehältern sachgerecht sei.
- 7
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde ausweislich des weiteren Beschlusses vom 17.12.2012 nicht abgeholfen.
- 8
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
- 9
Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Gegenstandswert beträgt 5.666,00 Euro, mithin 2 Bruttomonatsgehälter.
1.
- 10
Die Beschwerde ist statthaft und zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Da der streitgegenständliche Beschluss nicht förmlich zugestellt wurde, obgleich durch ihn eine Frist in Gang gesetzt wird, ist er zwar mit seinem Zugang existent geworden, jedoch wurde der Lauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist nicht in Gang gesetzt, vgl. Vollkommer in: Zöller, ZPO, 28. Aufl. Rz. 26. Die am 13. 12. 2012 eingegangene Beschwerde gegen den am 13. 11. 2012 formlos abgesandten Beschluss ist daher als rechtzeitig anzusehen. Die Klägerin ist beschwerdeberechtigt gemäß § 33 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 RVG. Der Beschwerdewert wird von mindestens 200,00 Euro ist erreicht.
2.
- 11
Der Gegenstandswert beträgt vorliegend 2 Bruttomonatsgehälter, mithin 5.666,00 Euro.
- 12
Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist der Antrag auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte unter Beachtung von § 3 ZPO in der Regel mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten. Folgen mehrere Abmahnungen relativ kurzfristig aufeinander, ist die erste Abmahnung regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst und jede weitere Abmahnung mit 1/3 Bruttomonatsverdienst zu bewerten, vergleiche auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.04.2007 – 1 Ca 67/07, und Beschluss vom 06.07.2010 – 1 Ca 135/10 und vom 15.10.2012 – 1 Ta 201/12, juris. Von dieser Rechtsprechung, der an sich die erkennende Kammer anschließt, ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn zwischen den Abmahnungen ein enger zeitlicher, wirtschaftlicher und tatsächlicher Zusammenhang besteht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn sie auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt gestützt werden.
- 13
Vorliegend ist diese Ausnahme nicht anzunehmen. Zwar sind drei der vier Abmahnungen am selben Tage ausgesprochen worden. Allerdings beziehen sich diese Abmahnungen auf völlig unterschiedliche Sachverhalte. Damit liegt trotz zeitlicher Nähe kein einheitlicher Lebenssachverhalt (tatsächlicher Zusammenhang) mehr vor, der es rechtfertigt, das wirtschaftliche Interesse an der Entfernung der zweiten und dritten Abmahnung auf Null zu reduzieren. Auch die vierte Abmahnung betrifft einen völlig anderen Sachverhalt. Allerdings dürfte im Hinblick auf den Rechtsgedanken des § 42 Abs. 3 GKG eine Deckelung des Streitwertes bei der Klage auf Entfernung mehrerer Abmahnungen auf insgesamt drei Bruttomonatsvergütungen vorzunehmen seien, da die Überprüfung von Abmahnungen insgesamt nicht einen höheren Gegenstandswert haben kann als ein Kündigungsschutzverfahren.
- 14
Die erste Abmahnung vom 23.01.2012 ist vorliegend mit einem Bruttomonatsgehalt von 2.833,00 Euro zu bewerten.
- 15
Die zweite und dritte Abmahnung ist mit jeweils 1/3-Bruttomonatsgehalt anzusetzen. Gleiches trifft auf die vierte Abmahnung zu.
III.
- 16
Das Beschwerdeverfahren ergeht gerichtsgebührenfrei, da die Beschwerdeführerin mit ihrer Vorstellung vom Streitwert voll durchdringt.
IV.
- 17
Diese Entscheidung ergeht durch Beschluss durch den Vorsitzenden und ohne mündliche Verhandlung.
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Annotations
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.
(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.
(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.