Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2012 - 9 Sa 676/11

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2012:0511.9SA676.11.0A
published on 11/05/2012 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2012 - 9 Sa 676/11
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Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.11.2011, Az.: 12 Ca 2808/10 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die am … 1987 geborene und als alleinerziehende Mutter einem minderjährigen Kind zum Unterhalt verpflichtete Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 01.04.1987 als Justizbeschäftigte angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Die Klägerin erzielte bei einer Arbeitszeit von 75 % der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollzeitbeschäftigten ein durchschnittliches Bruttomonatseinkommen von 1.985,00 EUR. Die Klägerin ist beim Amtsgericht X eingesetzt. Für die Beschäftigten des Amtsgerichts gilt eine gleitende Arbeitszeit nach Maßgabe einer entsprechenden Dienstvereinbarung vom 04.07.2007 (Bl. 48 ff. d. A.). Diese Dienstvereinbarung sieht u. a. Folgendes vor:

2

„6. Anrechnung der Arbeitszeit

3

Eine Unterschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit ist für Vollzeitkräfte nur bis zu 12 Stunden für Beamtinnen und Beamte und 11 Stunden und 42 Minuten für Tarifbeschäftigte im Monat zulässig....

4

7. Zeiterfassung

5

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit Ausnahme der unter 2. genannten, sind verpflichtet, ihre Anwesenheitszeit zu erfassen, und zwar auch dann, wenn in der Mittagszeit die Justizkantine aufgesucht wird und das Justizgebäude während der Mittagspause nicht verlassen wird. Die Zeiterfassung kann entweder durch Betätigung der Zeiterfassungsgeräte im Eingangsbereich der Dienstgebäude mittels Magnetkarte oder mittels des AS-400-Anwenderprofils ZEAUSAG - erfolgen (vgl. hierzu gesonderte Bedienungsanleitung).

6

Jedes Verlassen des Dienstgebäudes aus nichtdienstlichen Gründen und die Rückkehr sind zu erfassen.

7

f) Jede Abweichung von den Zeiterfassungsnormen ist der Geschäftsleitung mittels Korrekturbeleg (Zeiterfassung) anzuzeigen. …

8

9. Die vorstehenden Regelungen gelten für Teilzeitkräfte - soweit keine anderen Regelungen getroffen wurden - entsprechend dem Umfang ihrer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit. …

9

14. Das Vortäuschen einer in Wirklichkeit nicht geleisteten Arbeitszeit sowie Manipulation (z.B. Bedienung der Zeiterfassungsuhr durch Dritte) können strafrechtliche oder dienstordnungsrechtliche Maßnahmen zur Folge haben. …“

10

Am 29.11.2010 nahm die Klägerin ausweislich der Zeiterfassung ihre Arbeit um 9.15 Uhr auf. Während der Mittagspause des Direktors des Amtsgerichts im Zeitraum 12.25 Uhr bis 12.55 Uhr legte die Klägerin entsprechend einer Anweisung des Direktors das von ihr an diesem Tag erledigte Schreibwerk auf dessen Schreibtisch. Um 12.36 Uhr wurde der Computer der Klägerin herunter gefahren. Zwischen 12.30 Uhr und 13.00 Uhr begab sich die Klägerin bekleidet mit einem Mantel oder einer Jacke zum nördlichen Treppenhaus des 2. Stockwerks und ging abwärts ins Erdgeschoss. Bis jedenfalls 13.50 Uhr kehrte die Klägerin nicht mehr in ihr Dienstzimmer zurück. Wann die Klägerin das Dienstgebäude verlassen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin bediente bei Verlassen des Gebäudes das Zeiterfassungsgerät nicht und reichte stattdessen am Folgetag einen unterschriebenen Korrekturbeleg ein, auf welchem sie handschriftlich eintrug:

11

"Geht 14:00."

12

Am 06. und 07.12.2010 wurde die Klägerin zu der geleisteten Arbeitszeit am 29.11.2010 angehört. Mit Schreiben vom 07.12.2010 (Bl. 75 ff. d. A.) hörte das beklagte Land den beim Amtsgericht bestehenden Personalrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen Kündigung der Klägerin an. Mit Schreiben vom 07.12.2010 teilte der Personalrat mit, dass der beabsichtigten Maßnahme nichts entgegenstehe. Das beklagte Land kündigte daraufhin das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist wegen der nach Ansicht des beklagten Landes unrichtigen Angabe bezüglich der Beendigung der Arbeit am 29.11.2010. Hiergegen richtet sich die am 22.12.2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Kündigungsschutzklage.

13

Vor den streitgegenständlichen Vorfällen am 29.11.2010 wurde der Klägerin mit Schreiben vom 06.05.2009 (Bl. 59 f. d. A.) eine Abmahnung erteilt, da die Klägerin innerhalb einer gesetzten Frist und entgegen einer entsprechenden Weisung ihr sich außerhalb der Grenzen der genannten Dienstvereinbarung im Minus befindliches Arbeitszeitkonto nicht auf maximal 9 Minusstunden zurückführte. Eine weitere Abmahnung erfolgte unter dem 22.10.2010 (Bl. 70 d. A.) wegen einer unzulässigen Nutzung des Internets zu privaten Zwecken.

14

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts wie des streitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.11.2011, Az: 12 Ca 2808/10 (Bl. 175 ff. d. A.).

15

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht nach Vernehmung der Zeuginnen M. und F. die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt:

16

Unter dem Gesichtspunkt des Arbeitszeitbetruges liege ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund vor. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin am 29.11.2010 bereits vor 13.00 Uhr das Dienstgebäude verlassen habe. Zwar hätten die vernommenen Zeuginnen nicht gesehen, wie die Klägerin vor 13.00 Uhr das Dienstgebäude verlassen habe. Eine Vielzahl von Indizien im Zusammenwirken mit anderen im Rahmen der Beweisaufnahme als bewiesen geltenden Tatsachen begründeten aber den zwingenden Schluss auf das vorzeitige Verlassen des Dienstgebäudes. Die Klägerin habe diesen Arbeitszeitbetrug angesichts der erheblichen Abweichung zwischen dem angegebenen Arbeitszeitende und dem tatsächlichen Verlassen des Dienstgebäudes auch vorsätzlich begangen. Auch die Interessenabwägung falle zu Lasten der Klägerin aus. Die Kündigung sei nicht unverhältnismäßig. Eine Abmahnung als milderes Mittel scheide angesichts der Schwere der Pflichtwidrigkeit aus. Zugunsten der Klägerin sei zwar ihre lange Betriebszugehörigkeit und ihre Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind zu berücksichtigen. Allerdings sei das Arbeitsverhältnis gerade im Bereich der Arbeitszeit im weitesten Sinne bislang nicht ungestört verlaufen, was durch die Abmahnung vom 06.05.2009 und 22.10.2010 belegt werde. Für das Beendigungsinteresse des beklagten Landes spreche, dass ein erheblicher Vertrauensverstoß vorliege und das beklagte Land gerade im Bereich der Arbeitszeiterfassung auf die korrekten Angaben der Angestellten angewiesen sei.

17

Auch der Personalrat sei ordnungsgemäß angehört worden.

18

Das Urteil ist der Klägerin am 30.11.2011 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 06.12.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 24.01.2012 bis zum 29.02.2012 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 28.02.2012, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.

19

Nach Maßgabe des genanten Schriftsatzes, auf den wegen der Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 229 ff. d. A.), macht die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:

20

Es fehle bereits an einem wichtigen Grund für den Ausspruch der fristlosen Kündigung. Der Beklagten sei es erstinstanzlich nicht gelungen, den behaupteten Arbeitszeitbetrug nachzuweisen. Insbesondere sei der Nachweis nicht erbracht, dass die Klägerin das Dienstgebäude vor dem im Korrekturbeleg genannten Zeitpunkt verlassen habe. Hierfür reichten die von der Beklagten vorgetragenen Indizien nicht aus. Aus der Aussage der Zeugin M. ergebe sich lediglich, dass die Klägerin zum besagten Zeitpunkt das nördliche Treppenhaus benutzt habe und hierbei eine Jacke bzw. einen Mantel getragen habe. Dies sei aber nicht ungewöhnlich, um in den Innenhof zum Rauchen zu gehen. Die vernommenen Zeuginnen hätten auch ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens. Dieses ergebe sich daraus, dass sie weiterhin in direkter Nähe zum Direktor des Amtsgerichts arbeiten müssten. Die Zeuginnen hätten unter dem Druck gestanden, ihre ursprünglichen Aussagen so anzupassen, dass eine Kündigung möglich blieb und sie sich nicht in Widerspruch zu ihren ursprünglichen Aussagen gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts setzen. Die Klägerin habe keine Tasche bei sich geführt, als sie das Treppenhaus benutzt habe. Auch sei das Arbeitsgericht unzutreffend von einer vorsätzlichen Tat ausgegangen.

21

Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interessenabwägung sei nicht sachgerecht. Das Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Direktor des Amtsgerichts sei problematisch. Die fristlose Kündigung sei nur deshalb ausgesprochen worden, weil die Klägerin ordentlich nicht kündbar sei. Wenn - wie die Beklagte behaupte - es nach der Kündigung in der Geschäftsstelle viel besser liefe und es nicht auffalle, dass die Klägerin nicht mehr da sei, spreche dies für eine betriebliche Fehlorganisation bzw. Überbesetzung der Stellen. Eine betriebsbedingte Kündigung habe die Beklagte nicht aussprechen können, weshalb hier die angebliche "Chance" genutzt worden sei, der Klägerin fristlos zu kündigen. Die Kündigung treffe die Klägerin als alleinerziehende Mutter äußerst hart. Das Arbeitsgericht hätte verstärkt berücksichtigen müssen, dass hinsichtlich der Gründe der fristlosen Kündigung nur Indizien vorlägen. Die Tatsche der Erkrankung der Klägerin hätte mehr berücksichtigt werden müssen. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass die im Rahmen der vorhandenen Minusstunden ausgesprochene Abmahnung vom 06.05.2009 Wirkung entfaltet habe. Deshalb wäre vorliegend wegen des angeblichen Arbeitszeitbetrugs eine Abmahnung als milderes Mittel geboten gewesen.

22

Auch die Anhörung des Personalrats sei nicht ordnungsgemäß. Dies ergebe sich zum einen daraus, dass eine Anhörung nach der falschen Bezeichnung der entsprechenden Norm des Personalvertretungsgesetzes erfolgt sei. Soweit in der schriftlichen Personalratsanhörung ausgeführt werde, die Klägerin sei bereits mehrfach wegen arbeitszeitmäßiger Verstöße abgemahnt worden, sei die korrekte inhaltliche Wiedergabe der Abmahnungen nicht ersichtlich.

23

Die Klägerin beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 16.11.2011, Az.: 12 Ca 2808/11, abzuändern und festzustellen, dass das seit dem 01.04.1987 bestehende Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung des beklagten Landes vom 09.12.2010 nicht aufgelöst worden ist.

25

Für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

26

Das beklagte Land tritt der Berufung nach Maßgabe des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 30.04.2012, auf den Bezug genommen wird (Bl. 257 ff. d. A.), entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil als rechtlich und in seinen tatsächlichen Feststellungen zutreffend.

Entscheidungsgründe

I.

27

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und - auch inhaltlich ausreichend - begründet.

II.

28

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Kündigungsschutzklage der Klägerin abgewiesen. Die Berufungskammer folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit fest, § 69 Abs. 2 ArbGG. Das Vorbringen im Berufungsverfahren veranlasst folgende Ausführungen:

29

1. Die Kündigung ist nicht bereits nach § 83 Abs. 4, Abs. 3 LPersVG rechtsunwirksam.

30

a) Soweit die Klägerin beanstandet, dass in dem Anschreiben an den Personalrat vom 07.12.2010 ein Hinweis auf § 82 Abs. 3, statt auf § 83 Abs. 3 LPersVG enthalten ist, berührt dies die Ordnungsgemäßheit der Anhörung des Personalrats nicht. In diesem Anschreiben heißt es ausdrücklich, dass dem Personalrat Gelegenheit zur Äußerung gegeben und für die schriftliche Mitteilung von Bedenken auf eine Frist von 4 Werktagen verwiesen wird. Diese Hinweise sind inhaltlich ungeachtet der falschen Zitierung der einschlägigen Norm zutreffend und entsprechen der in § 83 Abs. 3 LPersVG enthaltenen Regelung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Nennung des unzutreffenden Paragraphen des Landespersonalvertretungsgesetzes von irgendeinem Einfluss auf die inhaltliche Willensbildung des Personalrats gewesen sein könnte. Auch die genannte Frist ist inhaltlich zutreffend, so dass der Personalrat auch nicht in zeitlicher Hinsicht zu einer schnelleren als der gesetzlich vorgesehenen Stellungnahme veranlasst worden sein könnte.

31

b) Soweit die Klägerin ferner rügt, in der schriftlichen Anhörung des Personalrats werde von mehrfachen Abmahnungen wegen arbeitszeitmäßiger Verstöße gesprochen, ohne die Abmahnungen inhaltlich wiederzugeben, ist darauf hinzuweisen, dass auf Seite 3 der schriftlichen Personalratsanhörung erläutert wird, weswegen und wann die Abmahnungen erfolgten. Wenn es in dem sodann unmittelbar folgenden letzten Absatz auf Seite 3 des genannten Anhörungsschreibens heißt, dass Abmahnungen wegen arbeitszeitmäßiger Verstöße mehrfach erfolgt seien, wird hiermit erkennbar auf die im vorigen Absatz genannten und inhaltlich näher ausgeführten Abmahnungen Bezug genommen. Durch diese Formulierung wird daher nicht der Eindruck erweckt, über die unmittelbar zuvor bereits genannten Abmahnungen hinaus lägen noch weitere Abmahnungen wegen arbeitszeitmäßiger Verstöße vor.

32

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 34 Abs. 2 TV-L, § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, der das beklagte Land zur außerordentlichen, fristlosen Kündigung berechtigte.

33

a) Vorsätzliche Manipulationen im Rahmen der Zeiterfassung sind an sich geeignet einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen (BAG 24.11.2005 - 2 AZR 39/05 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 12; 21.04.2005 - 2 AZR 255/04 - EzA § 91 SGB IX Nr. 1; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz 20.10.2011 - 11 Sa 321/11 -, juris; 08.11.2007 - 4 Sa 996/06 -, juris), da hierdurch das Vertrauen des Arbeitgebers in die Integrität des Arbeitnehmers schwerwiegend erschüttert wird.

34

b) Das Arbeitsgericht ist auch in berufungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu der Feststellung gelangt, dass die Klägerin am 29.11.2010 entgegen ihrer Eintragung auf dem nachgereichten Korrekturbeleg das Dienstgebäude bereits gegen 13.00 Uhr verlassen hat.

35

Gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 529 Abs.1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebeten.

36

Aus dieser durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 (BGBl. I S. 1887) eingeführten Bestimmung ist zwar nicht herzuleiten, dass die Prüfungskompetenz des Berufungsgerichts hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung auf Verfahrensfehler und damit auf den Umfang beschränkt wäre, in dem eine zweitinstanzliche Tatsachenfeststellung der Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt. Dennoch kommt eine grundsätzliche Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung zum Ausdruck; eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nach der Formulierung der Bestimmung nur als Ausnahme ("soweit nicht …..") vorgesehen. Dies entspricht der Absicht des Gesetzgebers (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks, 14/4722, S. 100). Aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks, 14/4722, S. 61) ergibt sich, dass sich die zur Entlastung des Berufungsgerichts vorgesehene - grundsätzliche - Bindung an die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung auf solche Tatsachen beziehen, aber auch beschränkt bleiben soll, welche die erste Instanz bereits "vollständig und überzeugend" getroffen hat.

37

Die Anforderungen an die Voraussetzungen einer erneuten Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht dürfen im Interesse einer zutreffenden Tatsachenfeststellung und einer materiell gerechten Entscheidung nicht überspannt werden (vgl. BT-Drucks. 14/6036, S. 118, 124); "vernünftige" Zweifel sollen genügen, um das Berufungsgericht zu neuen Tatsachenfeststellungen zu verpflichten (aaO S. 124). Für die Bindung des Berufungsgerichts an die Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Gerichts genügt es - im Gegensatz zur revisionsrechtlichen Regelung - somit nicht, dass die erstinstanzliche Tatsachenfeststellung keine Verfahrensfehler aufweist; auch verfahrensfehlerfrei getroffene Tatsachenfeststellungen sind für das Berufungsgericht dann nicht bindend, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Feststellungen unvollständig oder unrichtig sind. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die erstinstanzlich getroffene Feststellungen entfallen lässt, können sich weiter aus Verfahrensfehlern ergeben, etwa wenn die Beweiswürdigung nicht den Anforderungen genügt, etwa weil sie unvollständig oder in sich widersprüchlich ist oder gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (BGH 12.03.2004 - V ZR 257/03 -). Auch Verfahrensfehler dadurch, dass Tatsachenvortrag der Parteien übergangen wird oder nicht vorgetragene Tatsachen verwertet wurden, können Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.

38

In Anwendung dieser Grundsätze bestehen vorliegend keine konkreten Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründet.

39

Soweit die Klägerin beanstandet, die vernommenen Zeuginnen könnten die zu beweisende Tatsache des vorzeitigen Verlassens des Dienstgebäudes nicht bekunden, ist dies zutreffend. Das Arbeitsgericht hat allerdings hierauf auch nicht abgestellt, sondern im Rahmen seiner Beweiswürdigung diese Zeugenaussagen neben einer Reihe weiterer Indizien gewürdigt. Entsprechend den allgemeinen Beweisregeln kann eine Tatsache auch im Wege des Indizienbeweises bewiesen werden, also eines Beweises über (Hilfs-)Tatsachen, aus denen auf das Vorliegen der zu beweisenden rechtserheblichen Tatsache zu schließen ist (vgl. BAG 19.02.1997, 5 AZR 747/93 - EzA § 5 EFZG Nr. 3). Ausgehend hiervon hat das Arbeitsgericht seine Tatsachenfeststellung vollständig und überzeugend getroffen. In der Tat liegt eine Vielzahl von Indiztatsachen vor. Die Klägerin hat unstreitig um 12.36 Uhr ihren PC herunter gefahren. Dieses Abschalten des zur Arbeitsausführung notwendigen Geräts deutet angesichts der bei einem erneuten Hochfahren erforderlichen Zeit darauf hin, dass die Klägerin nicht beabsichtigte, noch weitere Arbeiten durchzuführen. Ebenso spricht für die Tatsache, dass die Klägerin ihre Arbeit endgültig beenden wollte die Vorlage des Schreibwerks an den Direktor des Amtsgerichts durch Ablage derselben auf dessen Schreibtisch während dessen Mittagspause. Nach der diesbezüglichen schriftlichen Weisung des Direktors des Amtsgerichts vom 23.11.2010 (Bl. 73 d. A.) hatte die Vorlage des erledigten Schreibwerks vollständig und vor Verlassen des Arbeitsplatzes zu erfolgen. Auch die Aussage der Zeugin F., der zufolge die Klägerin bis zumindest ca. 13.50 Uhr nicht mehr im gemeinsamen Dienstzimmer war und sich die Tasche, die die Klägerin morgens noch bei sich hatte, nicht mehr im Bereich des Arbeitsplatzes der Klägerin war, spricht dafür, dass die Klägerin, nachdem sie unstreitig zumindest mit einem Mantel oder Jacke bekleidet im nördlichen Treppenhaus gesehen wurde, das Gerichtsgebäude verlassen hat. Jedenfalls im Hinblick auf die Zeugin F. ist im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin ein Eigeninteresse nicht erkennbar. Ausweislich des Vermerks des Direktors des Amtsgerichts vom 06.12.2010 hat die Zeugin F. nicht von sich aus das Gespräch mit dem Direktor des Amtsgerichts gesucht, sondern wurde erst befragt, nachdem die Zeugin M. den Direktor des Amtsgerichts über ihre Beobachtung im Treppenhaus unterrichtet hatte. Im Übrigen bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Zeuginnen im Falle einer zugunsten der Klägerin ausfallenden Aussage mit Nachteilen durch den Direktor des Amtsgerichts hätten rechnen müssen. Weiter indiziell spricht für die vom Arbeitsgericht festgestellte Tatsache, dass die Klägerin ihrerseits weder bei der Anhörung durch den Direktor des Amtsgerichts noch im vorliegenden Verfahren eine plausible und nachvollziehbare Erklärung dafür hat geben können, welchen Arbeiten sie zwischen 12.50 Uhr und 13.50 Uhr nachgegangen sein will.

40

Ebenso wenig zu beanstanden ist, dass das Arbeitsgericht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin den am nachfolgenden Tag herein gereichten Korrekturbeleg nicht aus Nachlässigkeit, sondern vorsätzlich falsch ausgefüllt hat. Auch nach Auffassung der Berufungskammer ergibt sich die innere Tatsache des Vorsatzes aus der erheblichen Abweichung zwischen dem angegebenen Arbeitszeitende und dem tatsächlichen Verlassen des Dienstgebäudes.

41

3. Die im Rahmen der Prüfung des wichtigen Grundes vorzunehmende Interessenabwägung führt vorliegend zu einem Überwiegen des Interesses des beklagten Landes an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand unter Bewertung des Einzelfalles und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes abzuwägen. Die hierbei zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragsverletzung, etwa im Hinblick auf das Maß durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. etwa BAG 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32).

42

Auf die Möglichkeit einer (weiteren) Abmahnung muss sich das beklagte Land im vorliegenden Fall nicht verweisen lassen. Die Klägerin wurde am 06.05.2009 und 22.10.2010 bereits jeweils berechtigt im arbeitsrechtlichen Sinne abgemahnt. Die Berechtigung der Abmahnungen hat die Klägerin nicht bestritten. Die Abmahnungen betreffen auch den gleichen Pflichtenkreis. Die Abmahnung vom 06.05.2009 beinhaltet den Vorwurf des Verstoßes gegen die Dienstvereinbarung zur gleitenden Arbeitszeit. Die Abmahnung vom 22.10.2010 hinsichtlich der nicht berechtigten Internetnutzung während der Arbeitszeit erfährt ihre sachliche Rechtfertigung dadurch, dass während einer solchen Internetnutzung der Arbeitnehmer die ihm obliegende Arbeit nicht erbringt. Zu berücksichtigen ist auch, dass bereits die genannte Dienstvereinbarung in Ziffer 14 ausdrücklich auf strafrechtliche oder dienstordnungsrechtliche Maßnahmen bei Vortäuschung einer in Wirklichkeit nicht geleisteten Arbeitszeit sowie Manipulationen hinweist. Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (BAG 13.12.2007- 2 AZR 818/06 - EzA § 4 nF KSchG Nr. 82). Hinzu kommt, dass es sich bei einer derartigen Arbeitszeitmanipulation um eine so schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist. Eine Abmahnung als milderes Mittel um Vertragsstörungen zukünftig zu beseitigen, scheidet damit vorliegend aus.

43

Ebenfalls als milderes Mittel scheidet die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung aus. Diese ist im Falle der Klägerin nach § 34 Abs. 2 TV-L ausgeschlossen. Dieser tarifliche Ausschluss der ordentlichen Kündigung wirkt sich im vorliegenden Fall jedenfalls nicht zugunsten der Klägerin aus. Hinsichtlich der Auswirkungen eines bestehenden tariflichen Schutzes gegen ordentliche Kündigungen ist bei verhaltensbedingten Gründen zu unterscheiden: Pflichtverletzungen können so gravierend sein, dass sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Zeit schlechthin unzumutbar machen. In diesen Fällen kann auch ein tarifvertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung zu keiner anderen Interessenabwägung führen. Bei Pflichtverletzungen mit Wiederholungsgefahr, die im konkreten Fall bei ordentlicher Kündbarkeit nur eine fristgerechte Kündigung sozial rechtfertigen würden, kann bei Ausschluss dieser Kündigungsmöglichkeit gerade wegen der langen Vertragsbindung eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein (vgl. etwa KR-Kündigungsschutzgesetz/Fischermeier, 9. Auflage, § 626 BGB, Rz. 301 b, m. w. N.). Im vorliegenden Fall liegt eine Pflichtverletzung vor, die so gravierend ist, dass sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf Zeit schlechthin unzumutbar machen. Zugunsten der Klägerin sind im Rahmen dieser Abwägung zwar deren lange Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren sowie die bestehende Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Kind zu berücksichtigen. Andererseits ist das Arbeitsverhältnis aber nicht ungestört verlaufen. Neben den genannten Abmahnungen hat die Beklagte mit ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 05.04.2011 unter Vorlage entsprechender Akten- und Gesprächsvermerke dargelegt, dass mit der Klägerin bereits früher verschiedene Personalgespräche wegen Pflichtverletzungen geführt werden mussten. Die Klägerin ihrerseits ist dieser Sachdarstellung nicht entgegen getreten. Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung rügt, das Arbeitsgericht habe eine bestehende Erkrankung nicht ausreichend berücksichtigt, lässt sich diesem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen, um welche Art von Erkrankung mit welchen Folgen es sich handeln soll und inwieweit die behauptete Pflichtverletzung mit dieser Erkrankung in Zusammenhang stehen soll.

44

Auch unter Berücksichtigung der zugunsten der Klägerin sprechenden Gesichtspunkte überwiegt vorliegend das Interesse des beklagten Landes an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wie ausgeführt, ist davon auszugehen, dass die Klägerin den Korrekturbeleg vorsätzlich falsch ausgefüllt hat, so dass ihr ein erhebliches Verschulden zur Last zu legen ist. Ihr Verhalten stellt einen erheblichen Vertrauensverstoß dar. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass gerade im Bereich der durch die Angestellten selbst zu betätigenden Zeiterfassung das beklagte Land auf die korrekten Angaben der Angestellten angewiesen ist. Eine ständige Kontrolle der Anwesenheitszeiten ist nicht möglich. Bei einer derartigen Arbeitszeitgestaltung ist der Arbeitgeber vielmehr auf die Redlichkeit der Arbeitnehmer angewiesen. Wird diese fehlende Kontrollmöglichkeit durch eine vorsätzliche Arbeitszeitmanipulation genutzt, ist das für eine weitere Zusammenarbeit notwendige Vertrauen unwiederbringlich zerstört.

45

4. Das beklagte Land hat schließlich auch die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat.

III.

46

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
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Annotations

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Eingliederungshilfe erhält, wer die erforderliche Leistung nicht von anderen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil dieser Teil entsprechende Leistungen vorsieht; dies gilt insbesondere bei einer gesetzlichen Verpflichtung der Träger anderer Sozialleistungen oder anderer Stellen, in ihrem Verantwortungsbereich die Verwirklichung der Rechte für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten oder zu fördern.

(3) Das Verhältnis der Leistungen der Pflegeversicherung und der Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmt sich nach § 13 Absatz 3 des Elften Buches.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.