Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2016 - 7 Sa 226/15

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2016:0511.7SA226.15.0A
published on 11/05/2016 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 11. Mai 2016 - 7 Sa 226/15
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Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14. April 2015, Az 12 Ca 2410/14, wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Entlohnung der Klägerin nach dem aus ihrer Sicht jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrag für die chemische Industrie einschließlich der entsprechenden Eingruppierung nach der Entgeltgruppe E 09K sowie hilfsweise über die zutreffende Eingruppierung nach dem Bundesentgelttarifvertrag mit den Modifikationen durch einen firmenbezogenen Verbands- und Überleitungstarifvertrag.

2

Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Verarbeitung und Entwicklung hochwertiger flexibler Packstoffe tätig und führender Erzeuger von Verpackungen für Lebensmittel und Hersteller von Folien. Sie beschäftigt am Standort C-Stadt circa 250 Mitarbeiter. Im dortigen Betrieb existiert ein Betriebsrat.

3

Die Klägerin war zunächst ab dem 2. Juli 1984 im Rahmen eines Aushilfsarbeitsverhältnisses vom 29. Juni 1984 und ist nunmehr aufgrund des Anstellungsvertrags vom 20. November 1984 seit dem 1. Januar 1985 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt.

4

Sie ist seit dem 1. Januar 1985 Gewerkschaftsmitglied.

5

Der am 20. November 1984 mit der Firma Z. GmbH geschlossene Anstellungsvertrag (Bl. 9 ff. d. A.) "als Verkaufssachbearbeiterin Verkauf II" enthält unter anderem folgende Regelungen:

6

"§ 1 Fräulein A.
wird mit Wirkung vom 01.01.1985
als Verkaufssachbearbeiterin Verkauf II
in unseren Geschäftsbereich Verpflegungsservice und Gartenbau C-Stadt
in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Die Zeit des Aushilfsarbeitsverhältnisses, das am 02.07.1984 begonnen hat, wird auf die Dienstzeit voll angerechnet.

7

Aufgrund des vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnisses entfällt eine Probezeit. (…)

8

§ 4 Unter Zugrundelegung des derzeit geltenden Manteltarifvertrages der Chem. Industrie Rhld.Pf. wird Fräulein A.

9

in die Tarifgruppe K2 Altersklasse

eingestuft.

        

nach voll. 25. Lj.

10

Das vereinbarte Bruttogehalt setzt sich wie folgt zusammen:

11

Tarifgehalt K 2

DM 2.647,--

ab 01.07.1985           

Freiwillige übertarifliche Sonderzulage K 3

DM -,-

        

Gesamtgehalt

DM 2.647,--

DM 3.079,--

12

Das Tarifgehalt ist Grundlage aller tariflichen Ansprüche.

13

Die übertarifliche Sonderzulage ist eine freiwillige Leistung des Unternehmens, für die der übliche Rechtsvorbehalt der Widerrufbarkeit Gültigkeit hat.

14

Eventuell zukünftige Erhöhungen des Tarifgehaltes durch Aufrücken in eine höhere Altersklasse der Tarifgruppe werden ohne besondere Mitteilung auf die Sonderzulage angerechnet. (…)

15

§ 9 Der Jahresurlaub ist derzeit durch das gültige Tarifabkommen geregelt und beträgt (…)

16

§ 10 Die zur Ergänzung der Tarifbestimmungen eingeführte Arbeitsordnung ist Teil dieses Vertrages und wird mit seine Unterzeichnung gleichfalls anerkannt."

17

Mit Schreiben vom Juli 1989 (Bl. 17 d. A.) teilte die damalige Arbeitgeberin Y. GmbH der Klägerin mit:

18

"Entsprechend dem Tarifabschluss der Chemischen Industrie erfolgt am 1. Juli 1989 eine Erhöhung des Tarifentgelts. Die Laufzeit beträgt 12 Monate.

19

Damit erhöht sich Ihr Gehalt ab 1. Juli 1989 wie folgt:

20

Tarifgruppe E 09 K

        

Tarifanspruch

3.753,00 DM

Tarifentgelt

3.753,00 DM

21

Das Tarifgehalt einschl. der Entgeltgarantie ist Grundlage aller tariflichen Ansprüche.

22

Mit freundlichen Grüßen
Y. GmbH
gez. X."

23

Die Z. GmbH erwarb durch Beschluss des Vorstandes des Landesverbandes Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. rückwirkend zum 1. November 1977 die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e.V. (damals Landesverband Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V.). Mit Vertrag vom 23. August 1994 wurde die Z. GmbH auf die Y. GmbH verschmolzen. Letztere war durch Beschluss vom 14. Juni 1988 in den Landesverband Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V. aufgenommen worden. Sodann wurde der Betrieb der Y. GmbH mit Vertrag vom 27. August 2001 auf die C. Y. GmbH & Co. KG ausgegliedert, die ihr Geschäft per Anwachsung an die C. W. GmbH & Co. KG, als Zweigniederlassung C. C-Stadt übertragen hat. Die neue Firmierung der Zweigniederlassung C. C-Stadt der C. W. GmbH & Co. KG wurde auf der Vorstandssitzung des Landesverbandes Chemische Industrie Rheinland-Pfalz zur Kenntnis genommen und damit die Fortführung der Mitgliedschaft unter neuem Namen gebilligt.

24

Der zuletzt erfolgte Betriebsübergang vollzog sich mit Wirkung zum 1. August 2012. Hierbei ging der Betrieb der C. C-Stadt, Zweigniederlassung der C. W. GmbH & Co. KG auf die Beklagte über. Zugleich wurde die C. C-Stadt, Zweigniederlassung, als Zweigniederlassung der C. W. GmbH & Co. KG aus dem Handelsregister gelöscht. Aus diesem Grund kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 31. August 2012 die Mitgliedschaft der C. C-Stadt, Zweigniederlassung und teilte dem Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. zugleich mit, dass es über ihre Verbandszugehörigkeit noch keine Entscheidung gebe.

25

Im Jahr 2013 führte die Beklagte Verhandlungen mit der IG BCE zu den künftigen tariflichen Regelungen. Die IG BCE informierte die Mitarbeiter der Beklagten durch öffentliche Aushänge der Tarifkommission der IG BCE vom 2. Juli 2013 und vom 21. August 2013 über die geplanten Einschnitte im Bereich der Personalkosten durch eine Tarifvertragslösung. Mit gemeinsamem Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 im Betrieb der Beklagten wurden konkrete Eckpunkte (Eingruppierungsrichtlinien, Entgeltabsenkung, Überleitungsvereinbarung) als Verhandlungsergebnis vorgestellt. Dort heißt es unter anderem: „Diese Anpassung soll insbesondere über eine Anrechnung der zukünftigen Tariferhöhungen geschehen.“ Weitere Informationen erfolgten beispielsweise durch eine Tarifinfo vom 6. März 2014.

26

Am 5. Februar 2014 einigten sich die Tarifparteien des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e.V. und der IG BCE auf eine Erhöhung der Entgelte um 3,7 %. Die Tariflohnerhöhung für den Tarifbezirk Rheinland-Pfalz sollte rückwirkend zum 1. Februar 2014 erfolgen. Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeit-geberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 einen "firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag vom 24. Juni 1992 i.d.F. vom 16. April 2008 (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte, der bis zum 31. Dezember 2018 Geltung haben soll. Dieser sieht unter anderem vor, dass für die Beschäftigen der Beklagten ein um 9 % abgesenkter Tarifvertrag zur Anwendung kommt (vgl. § 4 Abs. 1). Zudem soll sich die Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014 zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten ergeben (§ 3). Wegen des Inhalts des FVTV im Übrigen wird auf Bl. 89 ff. d. A. Bezug genommen.

27

An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen "Überleitungstarifvertrag" (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Wegen des Inhalts des Ü-TV wird auf Bl. 92 ff. d. A. Bezug genommen.

28

Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten sodann am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine "Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur" (im Folgenden: BV) ab. Wegen des Inhalts dieser BV wird auf Bl. 102 ff. d. A. Bezug genommen.

29

Mit Schreiben vom 10. April 2014 teilte der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. der Beklagten mit, dass diese entsprechend ihrem Antrag auf Mitgliedschaft vom 11. März 2014 rückwirkend zum 1. Januar 2014 neu im Kreise ihrer Mitgliedsunternehmen aufgenommen sei.

30

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 23. Mai 2014 "Überführung in den C.-Tarifvertrag" (Bl. 13 ff. d. A.) die Arbeitnehmer, darunter die Klägerin, über die Geltung des neuen firmenbezogenen Tarifvertrages. Dem Schreiben war eine vorformulierte Vertragsergänzung zur Geltung des neuen firmenbezogenen Verbandstarifvertrages beigefügt. Des Weiteren teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie sie für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2014 in die Entgeltgruppe E 08 eingruppiere.

31

Die Klägerin erzielte bislang ein Tarifentgelt in Höhe von 3.710,00 € brutto, zumindest seit dem 1. Juli 1989 entsprechend E 09K. Die seit dem 1. Februar 2014 geltende Tariflohnerhöhung von 3,7 % zahlte die Beklagte bislang nicht aus. Im Zuge des Änderungsangebotes der Beklagten würde das Regel-Tarifentgelt - ohne Berücksichtigung der Besitzstandszulage - 3.180,00 € betragen. Der firmenbezogene Tarifvertrag würde zu einer Reduzierung des Tarifentgelts um 9 % führen.

32

Der Tätigkeit als „Sachbearbeiterin Customer Service“ liegt eine Funktionsbeschreibung der Beklagten vom 5. Mai 2014 (Bl. 19 d. A.) zugrunde, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

33

Die Klägerin hat mit außergerichtlichem Schreiben vom 6. Juni 2014 (Bl. 20 f. d. A.) die Vergütung nach der bisherigen Entgeltgruppe verlangt und ferner Entgeltdifferenzen aufgrund der an sie nicht weitergegebenen Tariflohnerhöhung mit Wirkung zum 1. Februar 2014 geltend gemacht. Ihre Ansprüche verfolgte sie mit ihrer am 24. Juni 2014 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage weiter.

34

Sie war der Ansicht,
ihre Entgeltansprüche richteten sich nach den allgemeinen Tarifverträgen der chemischen Industrie und nicht nach dem FVTV und dem Ü-TV. Dies ergebe sich aus der Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Mit der Formulierung „Unter Zugrundelegung des derzeit geltenden Manteltarifvertrages der Chemischen Industrie Rheinland-Pfalz“ verweise der Arbeitsvertrag auf einen bestimmten Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung, so dass eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel vorliege. Auch ohne konkrete Nennung des BETV bzw. des MTV sei der Arbeitsvertrag dahingehend auszulegen, dass die Parteien gerade auf diese Bezug nehmen wollten. Etwas anderes könne auch nicht aus der Umschreibung "derzeit geltenden Manteltarifvertrages" folgen. Die Formulierung "geltenden" vollziehe sich vorliegend allein in zeitlicher Hinsicht. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB streite für sie. Die Unklarheit vollziehe sich bei der Frage, wie weit eine Bezugnahmeklausel reichen solle. Der durch die Bezugnahmeklausel zum Gegenstand des Arbeitsvertrages und im Gesamtvergleich günstigere (Verbands-) Tarifvertrag verdränge den betreffenden Firmentarifvertrag. Dies gelte selbst dann, wenn der Arbeitnehmer an den Haustarifvertrag als Gewerkschaftsmitglied gebunden sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht etwa aus der Tariföffnungsklausel des § 10 BETV bzw. dem dritten Absatz der Fußnote 1 zur Vorbemerkung des MTV.

35

Der MTV habe keine Regelungen zu abweichenden Entgeltsätzen festlegen können.

36

Im Übrigen hätten die Mitarbeiter der Beklagten nicht mit einer rückwirkenden Regelung des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages rechnen müssen.

37

Auch ihre Umgruppierung von der Entgeltgruppe E 09K in die Entgeltgruppe E 08 sei rechtswidrig. Im Arbeitsvertrag bestehe eine bestimmte – für sie vorteilhafte - Vergütungsabrede, die über der von der Beklagten gewählten Eingruppierung liege. Nach dem Arbeitsvertrag habe sie ab dem 1. Juli 1985 Entgelt nach der damaligen Entgeltgruppe K 3 erhalten sollen. Diese entspreche der heutigen Entgeltgruppe E 09. Eine neuerliche Vergütungszusage liege in dem Schreiben der Beklagten vom Juli 1989. Dieses Schreiben grenze sich deutlich von einer formularmäßigen Verweisung auf eine bestimmte Vergütungsgruppe ab, so dass insgesamt nicht mehr von einer deklaratorischen Erklärung gesprochen werden könne. Ob dieser Vergütungszusage ein Anknüpfungspunkt zugrunde gelegen habe, spiele für die Bewertung überhaupt keine Rolle. Es liege allein im privatautonomen Spielraum der Parteien betreffende vertragliche Gestaltungen zu verabreden. Hierfür bedürfe es keinerlei Motive.

38

Die Eingruppierung habe außerdem allein anhand der Regelungen des BETV zu erfolgen. Von der darin enthaltenen Öffnungsklausel seien lediglich „ergänzende“ Regelungen durch Betriebsvereinbarung, nicht hingegen „ersetzende“ Bestimmungen zum Entgelttarifvertrag erfasst. Letzteres sei vorliegend der Fall, da allein durch die Anlage 2 der BV in Verbindung mit den jeweiligen Tätigkeitsbeschreibungen eine verbindliche Zuordnung zu den Entgeltgruppen stattfinde. Dies widerspreche auch dem Grundsatz der Tarifautomatik. Bestritten werde, dass der Betriebsrat an der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und der Überleitung auf die neue Entgeltstruktur ordnungsgemäß mitgewirkt habe. Sie hat weiter bestritten, dass durch § 7 der Betriebsvereinbarung eine nach § 99 Abs. 1 BetrVG notwendige Zustimmung als erteilt gelte.

39

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

40

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag, zu vergüten,

41

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie

42

137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2014,

43

weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2014,

44

weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2014 sowie

45

weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014 zu zahlen.

46

Die Beklagte hat beantragt,

47

die Klage abzuweisen.

48

Sie war der Ansicht, die Klägerin habe keinen Anspruch, zu unveränderten Bedingungen nach der Entgeltgruppe E 09 des BETV auch über den 1. Juni 2014 hinaus beschäftigt zu werden. Zudem habe die Klägerin keinen Anspruch auf die geltend gemachten Entgeltdifferenzen auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

49

Für das Arbeitsverhältnis der Klägerin seien die Regelungen des FVTV und des entsprechenden Ü-TV jeweils in der Fassung vom 12. Mai 2014 sowie die Regelungen der BV in der Fassung vom 30. Juni 2014 maßgeblich.

50

Aufgrund der unmittelbaren Wirkung des FVTV und des Ü-TV komme es nicht auf die Verweisung im Arbeitsvertrag bzw. auf die Bezugnahmeklausel an. Die Geltung des FVTV ergebe sich aber jedenfalls aus der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel. Diese Klausel erfasse auch firmenbezogene Verbandstarifverträge. Sie stelle nach ihrem Wortlaut und ihrem Zweck unter Berücksichtigung der Stichtagsregelung des Bundesarbeitsgerichtes eine Gleichstellungsabrede dar. Die Verweisung könne sich auf mehrere Tarifverträge beziehen, die sich im Geltungsbereich deckten, aber unterschiedliche Regelungen aufwiesen. Dieser Fall sei durch die Kollisionsauflösungsregel zu lösen mit der Folge, dass die Bundestarifverträge und Bezirksentgelttarifverträge gemäß § 2 FVTV nur insoweit Anwendung finden würden, wie in den Bestimmungen des FVTV nicht abgewichen werde. Die verwendete Verweisungsklausel beziehe sich auf den jeweils gültigen Tarifvertrag der chemischen Industrie. Damit habe nicht ausschließlich ein bestimmter konkreter Tarifvertrag den Inhalt des Arbeitsverhältnisses gestalten sollen, sondern die jeweils auf den Tarifverträgen der chemischen Industrie basierenden Tarifverträge, die für sie Geltung hätten. Dass dazu auch ein vom Arbeitgeber zur vorübergehenden Anpassung von Flächentarifverträgen abgeschlossener firmenbezogener Verbandstarifvertrag als spezielle Form des Verbandstarifvertrags gehöre, komme als entsprechendes Regelungsziel einer so allgemein gefassten Verweisungsklausel wie im Arbeitsvertrag der Klägerin dadurch hinreichend zum Ausdruck, dass auf den "derzeit geltenden" Tarifvertrag Bezug genommen werde. Die gesamte arbeitsvertragliche Klausel (§ 4 des Arbeitsvertrages) diene dazu einen konkreten Gesamtgehalt zu bilden. Es würden die Einzelbestandteile aufgeführt und die damals aktuelle Eingruppierung zugrunde gelegt. Ein konkretes Gesamtergebnis sei nur zu ermitteln gewesen, wenn auch der "derzeit geltende" Manteltarifvertrag der chemischen Industrie angewandt werde. Dabei sei es unschädlich, dass der Zusatz "Rheinland-Pfalz" verwendet worden sei. Darin sei nur ein weiteres Argument für die Herbeiführung eines konkreten Gesamtgehaltes zu sehen. Da es einen eigenen MTV für Rheinland-Pfalz nicht gebe, sei darin der Wille der Parteien zu sehen, dass der Bundesmanteltarifvertrag in seiner konkreten Ausgestaltung (Entgelttarife etc.) für den Standort C-Stadt bzw. Rheinland-Pfalz zur Anwendung kommen solle. Mit der Konkretisierung des Bundestarifvertrages auf den Standort sei erst recht der FVTV gemeint. Es sei den Vertragsparteien erkennbar darauf angekommen, dass die für den Betrieb einschlägigen kollektivrechtlichen Rechts-normen für die im Arbeitsvertrag ausdrücklich genannte Branche insgesamt im Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung finden. Dafür spreche auch das Verhalten der Parteien nach dem Vertragsschluss. Das Arbeitsverhältnis sei durchgängig nach den kollektivrechtlichen Regeln der chemischen Industrie behandelt worden.

51

Auch aus dem Günstigkeitsprinzip ergebe sich nichts anderes. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB komme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung.

52

Der MTV Chemie könne Regelungen zu abweichenden Entgeltsätzen festlegen.

53

Die Absenkung des Tarifentgelts um 9 % erfasse gemäß § 4 Absatz 3 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV jedenfalls auch die Tarifsteigerung von 3,7 % der Bundestarifvertragsparteien zum 1. Februar 2014. Insbesondere bestehe für ihre Mitarbeiter kein Vertrauensschutz.

54

Die Umgruppierung der Klägerin sei ebenfalls rechtswirksam erfolgt. Die Tarifvertragsparteien der chemischen Industrie hätten dafür Sorge zu tragen, dass in den jeweiligen Mitgliedsunternehmen die Eingruppierung der Arbeitnehmer unter das Entgeltschema des BETV korrekt verlaufe. Bei fehlerhaften Eingruppierungen seien entsprechende Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Solche Korrekturen seien bei ihr vorzunehmen gewesen. Darüber seien sich die Betriebsparteien einig gewesen, wie sich auch aus der Präambel der BV ergebe. Die Korrekturmaßnahmen seien auf Grundlage der BV erfolgt. § 2 BETV sehe hierfür eine ausdrückliche Öffnungsklausel vor. In der BV, die auch in § 3 FVTV ihren Ursprung finde, seien zunächst gemäß § 1 Stellenbeschreibungen der zurzeit abgeforderten Tätigkeiten definiert bzw. beschrieben. Dies sei in der Anlage 1 zur BV niedergelegt worden, um eine Transparenz und Vergleichbarkeit der Funktionen sicherzustellen. Dies sei ergänzend zum BETV geschehen, dessen Entgeltgruppen in § 7 BETV unverändert geblieben seien. Diese abstrakten Stellenbeschreibungen (Tätigkeiten) seien zwischen den Betriebsparteien einvernehmlich auf die im BETV definierten Entgeltgruppen zugeordnet worden. Insgesamt handele es sich um einen gängigen Vorgang und eine übliche Regelung der Betriebsparteien, die auch von IG BCE und Arbeitgeberverband beratend begleitet worden sei, so dass mangels offensichtlicher Unrichtigkeit der Regelungen ein besonders hohes Maß an den Vortrag der Gegenseite zu stellen sei. Die BV gelte ab dem 12. Mai 2014. Dieser Rückwirkung stehe auch kein Vertrauensschutz der Arbeitnehmer entgegen.

55

Der Betriebsrat habe als Gremium an der BV mitgewirkt und entsprechend sein Mitbestimmungsrecht ausgeübt.

56

Bezüglich der Eingruppierung gelte die abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Nachdem sie bereits unter Beweisangebot dargelegt habe, weshalb es sich bei den bisherigen Eingruppierungen um fehlerhafte gehandelt habe, sei es Aufgabe der Klägerseite dem entgegenzutreten.

57

Im vorliegenden Fall entspreche die neu erfolgte Eingruppierung (Umgruppierung) aber auch der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit der Klägerin. Diese übe gemäß Anlage 2 der BV eine Tätigkeit aus, die der Entgeltgruppe E 08 des § 7 BETV vollumfänglich entspreche. Die Entgeltgruppe E 08 stelle eine weitere Aufbaugruppe zu E 06 und E 07 dar. Sie bilde nach der tariflichen Systematik die höchste Entgeltgruppe für den gewerblichen Bereich. Die Eingruppierung hänge von der Verrichtung regelmäßig schwieriger Spezialtätigkeiten ab, die Fertigkeiten und Kenntnisse erfordere, die durch eine zusätzliche planmäßige betriebliche Spezialausbildung erworben werde. Die Tätigkeit müsse selbstständig ausgeübt werden. Die Aufgaben eines Sachbearbeiters Costumer Service seien von den Betriebsparteien unter anderem aufgrund der abgeschlossenen kaufmännischen Ausbildung, der zweijährigen Berufserfahrung und der fortgeschrittenen BPCS-Kenntnisse als regelmäßig schwierige Spezialtätigkeit eingestuft, die einer planmäßigen Berufsausbildung entspreche. Insoweit hätten die Betriebsparteien eine betriebliche Regelungsabsprache getroffen. Die Klägerin übe insoweit ihre Tätigkeiten auch weitgehend selbstständig aus. Darüber hinaus leiste sie keinerlei Tätigkeiten, die eine höhere Eingruppierung rechtfertigten. Laut Stellenbeschreibung entspreche die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit als Sachbearbeiterin Customer Service genau dem Anforderungsprofil der E 08. Nach dem für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 09 maßgeblichen Oberbegriff müsse der Arbeitnehmer nach Anweisung höherwertige kaufmännische oder technische Tätigkeiten verrichten, für die eine funktionsbezogene Aus- oder Weiterbildung oder zusätzliche Fachkenntnisse erforderlich seien, die in der Regel eine mehrjährige Berufserfahrung in E 08 voraussetze. „Höherwertige Tätigkeiten“ müssten über die in E 08 geforderten „schwierigen Spezialtätigkeiten“ hinausgehen. Als Regelbeispiele seien dieser Gruppe zugeordnet die kaufmännische Sachbearbeitung komplexer Vorgänge sowie die kaufmännische Sachbearbeitung, die wesentlich durch die Verwendung einer Fremdsprache geprägt seien. Nach § 3 Nr. 4 S. 1 BETV sei bei mehreren ständig wiederkehrenden Tätigkeiten in die Entgeltgruppe einzugruppieren, deren Anforderungen den Charakter des Arbeitsbereichs im Wesentlichen bestimmten (Geprägetheorie). Ob die Tätigkeit den Charakter des Arbeitsbereichs „im Wesentlichen bestimme“, werde nur bei einem quantitativen (zeitlichen) Überwiegen einer bestimmten Tätigkeit feststellbar sein.

58

Die Klägerin könne keine abgeschlossene funktionsbezogene zusätzliche Aus- oder Weiterbildung vorweisen. Ebenso wenig lägen bei ihr zusätzliche Fachkenntnisse vor, die für diese höherwertige Tätigkeit erforderlich seien und eine mehrjährige Berufserfahrung in E 08 voraussetzten. Auch liege keine qualifizierte Sachbearbeitung vor, die einen Vergleich mit dem Richtbeispiel der Assistenztätigkeit nach E 09 zulassen würde. Insbesondere fehle es bei der Tätigkeit der Klägerin an der wesentlichen Verwendung einer Fremdsprache.

59

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem behaupteten individualrechtlichen Anspruch. Die behauptete Zusage betreffe lediglich die im Anstellungsvertrag konkret vereinbarte Tätigkeit als Verkaufssachbearbeiterin Verkauf II. Ebenso wie die Veränderung ihrer Aufgaben und Tätigkeiten könne sich die dementsprechende tarifliche Eingruppierung verändern. Dies sei im Vertrag dadurch angelegt, dass die Tätigkeit Ausgangslage der Eingruppierung gewesen sei. Die Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin von der K 3 in die E 09 überführt worden sei.

60

Das Schreiben vom Juli 1989 bestätige lediglich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt eine Tätigkeit ausgeführt habe, die nach Ansicht der Betriebsparteien eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 09 nach sich gezogen habe. Das Schreiben habe nicht den Charakter einer konstitutiven Eingruppierungs- oder Gehaltszusage, sondern vielmehr den einer reinen Information an die Mitarbeiter. Dies zeige sich nicht zuletzt an der fehlenden Unterschrift.

61

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage durch Urteil vom 14. April 2015 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst – ausgeführt, die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin könne nicht die Feststellung verlangen, nach der E 09K des Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie Vergütung zu erhalten. Sie habe bereits keinen Anspruch auf die tarifvertragliche Vergütung einschließlich der Entgelterhöhung von 3,7 %, da ein derartiger Vergütungsanspruch durch die Tarifabsenkung gemäß § 4 Abs. 1 des FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV in Höhe von 9 % rückwirkend zum 1. Februar 2014 gekürzt worden sei. Insoweit fänden die Bundestarifverträge und die Bezirksentgelttarifverträge gerade keine uneingeschränkte Anwendung, sondern kämen gemäß § 2 FVTV nur insoweit zur Anwendung wie in den Bestimmungen des FVTV hiervon nicht abgewichen werde. Da der mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte Anspruch bereits aus diesem Grund unschlüssig sei, komme es auf die weitere Frage der richtigen Eingruppierung nicht mehr an. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fänden die Regelungen des FVTV und des Ü-TV kraft normativer Wirkung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend Anwendung. Ob die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel den FVTV sowie den Ü-TV erfasse, könne mithin offen bleiben. Die in § 4 Abs. 1 FVTV vorgesehene Absenkung des Tariflohns um 9 % habe bei der ab dem 1. Februar 2014 vereinbarten Tarifsteigerung um 3,7 % bereits berücksichtigt werden können, § 2 Abs. 3 Ü-TV. Denn diese tarifvertraglichen Regelungen gälten gemäß den Bestimmungen in § 6 FVTV und § 3 Ü-TV rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 und damit rückwirkend auf den Zeitraum vor der Tariflohnerhöhung im Februar 2014. Die rückwirkende Anwendung der Tariflohnkürzung um 3,7 % auf die entsprechende Tariflohnerhöhung ab dem 1. Februar 2014 sei als Fall der echten Rückwirkung zulässig. Für die Mitarbeiter der Beklagten bestehe kein Vertrauensschutz. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 323 ff. d. A.) Bezug genommen.

62

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 7. Mai 2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 19. Mai 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Mit Schriftsatz vom 28. September 2015, der am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, hat sie ihre Klage um den Hilfsantrag zu 3. erweitert.

63

Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe der genannten Schriftsätze sowie des Schriftsatzes vom 18. Januar 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 338 ff., 470 ff., 563 ff. d. A.), unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, zusammengefasst geltend, der FVTV und der hierzu geschlossene Ü-TV seien nicht wirksam zustande gekommen.

64

Sie ist weiter der Ansicht, der FVTV und Ü-TV seien nicht auf das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten anwendbar. Es sei erstinstanzlich offen geblieben, ob die einstellende GmbH tarifgebunden gewesen sei. Die Beklagte selbst sei zunächst nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes geworden. Bei inkongruenter Tarifbindung im Zeitpunkt des Betriebsübergangs würden die bei dem Betriebsveräußerer geltenden Tarifnormen jedoch nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Es liege eine kleine dynamische Bezugnahmeklausel auf den BETV vor. Der Verbandstarifvertrag verdränge den FVTV.

65

Der anzunehmende Vertrauensschutz stehe der Zulässigkeit einer Rückwirkung der hier in Rede stehenden tarifvertraglichen Regelungen entgegen.

66

Mit dem FVTV hätten die Tarifvertragsparteien keine eigenständige Zuordnung einzelner Stellen zu den Entgeltgruppen des BETV vorgenommen. Dies insbesondere nicht durch die Bezugnahme auf eine Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12. Mai 2014. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung vom 12. Mai 2014 existiere unstreitig nicht. Sie bestreitet, dass den Tarifvertragsparteien am 12. Mai 2014 überhaupt ein Entwurf einer Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie vorgelegen habe. Unabhängig hiervon sei davon auszugehen, dass ein möglicher Entwurf jedenfalls im Zeitraum von mehr als eineinhalb Monaten bis zum 30. Juni 2014 noch in erheblichen Punkten verändert worden sei. Auch die BV (§ 2 Abs. 3) spreche dafür, dass die Tarifvertragsparteien des FVTV jedenfalls keine eigenständige Zuordnung von Stellen zu dem Entgeltgruppenverzeichnis des BETV vorgenommen hätten.

67

§ 3 FVTV könne allenfalls Öffnungsklausel zugunsten einer BV sein. Aus dem Wortlaut des § 3 FVTV lasse sich jedoch in keiner Weise herleiten, dass die Beklagte und der Betriebsrat zukünftig berechtigt sein sollten, eine eigenständige Zuweisung einzelner Tätigkeiten und Stellen auf die im BETV definierten Entgeltgruppen vorzunehmen.

68

Selbst für den Fall, dass vorliegend eine Anwendbarkeit des bisherigen Tarifwerkes abgelehnt werde, habe sie jedenfalls Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09 des BETV aufgrund einer bestehenden Vergütungsabrede, die über der von der Beklagten gewählten Eingruppierung liege. Mit Arbeitsvertrag vom 20. November 1984 sei sie in die damalige Entgeltgruppe K 2 eingruppiert worden. Diese Entgeltgruppe habe der heutigen Entgeltgruppe E 08 nach BETV entsprochen. Gleichzeitig sei im Arbeitsvertrag vereinbart worden, dass sie ab dem 1. Juli 1985 hätte höhergruppiert werden sollen, nämlich in die Entgeltgruppe K 3. Diese entspreche der heutigen Entgeltgruppe E 09 BETV. Die Arbeitsvertragsparteien hätten eine im Vergleich zur Tarifautomatik eigenständige Regelung getroffen. Im Schreiben vom Juli 1989 sei eine neuerliche Vergütungszusage enthalten.

69

Ihre Tätigkeit erfülle auch in tatsächlicher Hinsicht die Anforderungen der Entgeltgruppe E 09. Sie plane seit mehr als 20 Jahren nach Absprache mit den Kunden selbstständig die Monatsmengen für das jeweils folgende Jahr pro Artikel und pro Kunde, obwohl die Budgeterstellung offiziell zum Aufgabengebiet des Außendienstes gehöre. Darüber hinaus erstelle bzw. ändere sie in Abstimmung mit den Kunden den monatlichen Forecast für ihre Kunden. Auch im Rahmen der Preisgestaltung sei sie selbstständig und eigenverantwortlich tätig. Auch obliege ihr im Hinblick auf vereinzelte Kunden die ausschließliche Kundenbetreuung. Schließlich trage sie auch einen wesentlichen Teil zu den regelmäßig stattfindenden Strategieberatungen bei, das heißt sie berate den Segmentleader und kalkuliere die entsprechenden Preise, da sie am längsten in der Vertriebsabteilung tätig sei. Daher sei in jedem Fall das Richtbeispiel „kaufmännische Sachbearbeitung komplexer Vorgänge“, welches der Entgeltgruppe E 09 zuzurechnen sei, als erfüllt anzusehen.

70

Die Klägerin beantragt zuletzt,

71

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14. April 2015 - Az. 12 Ca 2410/14 - abzuändern und

72

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag zu vergüten,

73

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie

74

137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2014,

75

weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2014,

76

weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2014,

77

sowie weitere 137,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014

78

zu zahlen,

79

hilfsweise

80

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des Bundesentgelttarifvertrags für die Chemische Industrie West in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag mit den sich aus dem Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag für die C. vom 12. Mai 2014 in Verbindung mit dem Überleitungstarifvertrag zwischen der C. und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie vom 12. Mai 2014 ergebenden Modifikationen zu vergüten.

81

Die Beklagte beantragt,

82

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14. April 2015 - Az. 12 Ca 2410/14 - zurückzuweisen.

83

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 3. Juli 2015 und der Schriftsätze vom 9. Oktober 2015, vom 3. November 2015 und vom 11. Dezember 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 387 ff., 477 ff., 515 ff., 543 ff. d. A.), unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags als rechtlich zutreffend.

84

Der FVTV bzw. der Ü-TV seien kraft normativer Wirkung anwendbar. Eine Gleichstellungsabrede spiele bei Anwendung kraft normativer Wirkung keine Rolle. Außerdem ergebe die Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel im vorliegenden Fall, dass die Parteien für den Streitzeitraum den FVTV vereinbart hätten.

85

Der im Berufungsverfahren gestellte Hilfsantrag sei unzulässig. Es handele sich um einen neuen, bisher vom Arbeitsgericht nicht entschiedenen Antrag. Die Zulassung des neuen klägerischen Hilfsantrags würde eine rechtswidrige Verkürzung des arbeitsgerichtlichen Rechtswegs darstellen.

86

Es handele sich auch nicht um den Fall einer korrigierenden Rückgruppierung. § 3 FVTV verweise auf die BV. Damit handele es sich um eine eigenständige Öffnung zur Regelung der Arbeitsentgelte gemäß § 77 Abs. 3 S. 2 BetrVG. Diese erlaube den Betriebsparteien jenseits des beschränkten Wirkbereichs des § 2 BETV eine eigenständige und den unternehmensspezifischen Erfordernissen angepasste Entgeltstruktur für ihren Betrieb zu schaffen. Davon hätten die Betriebsparteien durch die BV Gebrauch gemacht.

87

§ 3 FVTV weise ausdrücklich auf die "Betriebsvereinbarung Eingruppierung" hin. Dort werde zwar formuliert, dass sich die Zuweisung der Tätigkeiten zu Entgeltgruppen aus der Betriebsvereinbarung "vom 12.05.2014" ergebe, jedoch könne damit nur die endgültig am 30. Juni 2014 unterschriebene BV gemeint sein. In § 9 BV werde ausdrücklich der Bezug zum "12.05.2014" sowohl hinsichtlich seiner Geltung als hinsichtlich seines Bezugs zum FVTV hergestellt. Beide Vereinbarungen (FVTV und BV) hätten nach der eigentlichen Verhandlung der Tarifkommission noch einen erheblichen Unterschriftenlauf durch die Betriebsparteien und die Tarifvertragsparteien für ihre Wirksamkeit hinter sich bringen müssen. Damit hätten zwar beide Vertragstexte bereits am 12. Mai 2014 festgestanden, der Zeitpunkt der Letztunterschrift unter der BV nach Abstimmung im Betriebsratsgremium sei jedoch noch offen gewesen. Inhaltlich habe sich an beiden Werken jedoch nichts geändert. Dies zeige sich nicht zuletzt auch daran, dass es keine weitere, anderslautende BV gebe. Auch bei der Umsetzung der Regelungen sei die BV gemäß den Vorgaben des FVTV angewandt und von keiner der Seiten moniert worden.

88

Bei den Regelungen des FVTV, des Ü-TV und der BV handele es sich um eine zwischen den Tarifvertragsparteien gefundene Gesamtlösung für die Beklagte, um deren Wettbewerbssituation zu verbessern. Das Auseinanderfallen der Regelungen in drei einzelne Vereinbarungen sei dem Umstand geschuldet, dass zwar an allen Teilen gleichzeitig, aber mit anderen Schwerpunkten gearbeitet worden sei. Die Tarifvertrags- und Betriebsparteien hätten in ständigem Austausch miteinander gestanden. Insbesondere die Bereiche Eingruppierung und Entgeltabsenkung seien vor diesem Hintergrund nicht trennbar, da die Höhe der Entgeltabsenkung von den finanziellen Auswirkungen der Überleitung in andere Entgeltgruppen abhänge. Eine Bezugnahme der Tarifvertragsparteien auf die Regelungen der BV habe daher denklogisch nur eine durch die Tarifvertragsparteien selbst vorgenommene Einordnung darstellen können und zwar unabhängig davon, ob diese an 12. Mai 2014 in Form des Entwurfs oder der endgültigen Fassung vorgelegen habe. Dafür spreche bereits der Wortlaut "ergibt" des § 3 FVTV. Damit stellten die Tarifvertragsparteien klar, dass das dort gefundene Ergebnis von ihnen mitgetragen werde und wesentlicher Bestandteil der Gesamtlösung sei. Der Wortlaut "jetzt und zukünftig" zeige, dass die Betriebsparteien auf Dauer an die von den Tarifvertragsparteien in Bezug genommene BV gebunden sein sollten. Damit sei den Betriebsparteien keine freie Handhabung in der Umgestaltung der Entgeltstruktur gegeben worden. Ein Abweichen sei demnach nur in Abstimmung mit den Tarifvertragsparteien möglich. Gleichzeitig sei der zeitliche Verzug beim Abschluss der BV durch Unterschriftsleistung der Betriebsparteien erst zum 30. Juni 2014 irrelevant. Auch der Umstand, dass die Beklagte absprachegemäß bereits im Mai 2014 in die Umsetzung der vereinbarten Gesamtlösung gegangen sei, zeige, dass es auf den Abschluss der BV nicht angekommen sei. Dass die BV Bestandteil der von den Tarifvertragsparteien selbst gefundenen Gesamtlösung sei, zeige sich auch in Betitelung des Deckblatts von Anlage 1 der BV ("Firmenbezogener Verbandstarifvertrag", "Anlage 1 Funktionsbeschreibungen"). Auch die Formulierung des § 2 Ü-TV beweise, dass die Tarifvertragsparteien die Zuordnung aus der BV als eigene verstanden wissen wollten. § 3 BV verweise wiederum ausdrücklich auf Zuordnung zu den Entgeltgruppen des BETV. Ferner orientiere sich die BV komplett am FVTV.

89

Es könne dahinstehen, ob es sich stattdessen bei § 3 FVTV um eine Öffnungsklausel handelt und ob sich die BV an diese halte, da diese Alternative zum gleichen Ergebnis führe.

90

Die zwischen den Betriebsparteien gefundenen Stellenbeschreibungen seien gemäß § 3 BV den Entgeltgruppen des BETV in der Anlage 2 der BV zugewiesen. Diese Zuweisung habe für sie gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG unmittelbar und zwingend gegolten. Eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht zur Eingruppierung ergebe sich aus § 4 Abs. 1 BV. Vor diesem Hintergrund habe sie sich an die Vor-gaben aus der BV und dem FVTV halten müssen. Ohne die Möglichkeit einer kollektivrechtlichen Korrektur eines Entgeltsystems würde man einen Arbeitgeber auf unbefristete Zeit an ein solches System binden. Im vorliegenden Fall beruhe die geänderte Tarifanwendung auf einem Findungsprozess der Tarifvertrags- und der Betriebsparteien, der in den Regelungen des FVTV und der BV Niederschlag gefunden habe. Die Lossagung sei damit nicht einseitig, sondern wenn überhaupt, dann kollektiv erfolgt. Dabei sei die Klägerin über ihre Stellung als Arbeitnehmerin vom Betriebsrat und in ihrer Stellung als Gewerkschaftsmitglied von der IG BCE ausreichend vertreten gewesen. Es liege auch kein Fall des Verstoßes gegen § 242 BGB vor, da sie sich gerade nicht auf die Fehlerhaftigkeit der bisherigen tariflichen Bewertung berufe, sondern gemeinsam mit dem Betriebsrat eine unternehmensspezifische Eingruppierung anhand der Stellenbeschreibungen vorgenommen habe, die aufgrund des Neuzuschnitts zahlreicher Stellenprofile mit dem alten System kaum mehr etwas gemeinsam habe. Eine Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast von der Klägerin auf sie könne sich daher nicht ergeben.

91

Schließlich habe sich die Tätigkeit der Klägerin geändert. Die zuvor bestehende Betriebsstruktur habe andere Ansprüche an die Mitarbeiter gestellt. Die Voraussetzungen der Entgeltgruppe E 09 lägen nicht vor.

92

Eine andere Bewertung sei auch nicht aufgrund der von der Klägerin behaupteten Vergütungszusage zu treffen. Bei den Angaben zur Eingruppierung in einem Arbeitsvertrag oder in einem Formularbogen handele es sich um eine so genannte Wissenserklärung. Die Klägerin habe erfahren sollen, welche Entgeltgruppe ihr nach der Eingruppierung durch den Arbeitgeber zustehen solle. Bereits formell genügten diese Regelungen regelmäßig nicht den Anforderungen einer schriftlichen Zusage durch die Beklagte.

93

Wie die Klägerin selbst vortrage, gehe sie davon aus, dass die Angaben zur Eingruppierung den Eingruppierungsmerkmalen des BETV entsprächen. Damit berufe sie sich gerade nicht auf eine übertarifliche, sondern auf eine dem Tarif entsprechende Vergütung. Letztlich könne sie auch nicht den Nachweis führen, dass ihr unabhängig von jeglichen Tarifvertrags- und Eingruppierungsänderungen immer mindestens die genannte Eingruppierung gewährt werden sollte. Es fehle auch an einem greifbaren Anlass oder Umstand, der erkennbar machen würde, weshalb die Klägerin eine solche Zusage erhalten haben wolle. Eine typische Formulierung, die bei einer übertariflichen Zusage üblich sei, sei nicht gewählt worden. Im Gegenteil seien übertarifliche Zulagen gesondert ausgewiesen worden, so dass ersichtlich sei, dass die Parteien die entsprechende Option bei der Mitteilung der Eingruppierungsstufe gerade nicht genutzt hätten.

94

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzungen vom 14. Oktober 2015 und vom 11. Mai 2016 (Bl. 509 ff., 572 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

95

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

96

In der Sache hatte die Berufung der Klägerin insgesamt keinen Erfolg. Sie war daher zurückzuweisen.

I.

97

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO für Klageantrag zu 1. gegeben. Die Anwendbarkeit eines im Klageantrag hinreichend bestimmten (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) Tarifwerks auf ein Arbeitsverhältnis kann durch eine so genannte Elementenfeststellungsklage geklärt werden (BAG, Urteil vom 6. Juli 2011 - 4 AZR 706/09 - NZA 2012, 100, 101, Rz. 15; vom 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - NZA 2009, 151, 152, Rz. 11 m. w. N.).

98

Die mit dem Schriftsatz vom 28. September 2015 im Berufungsverfahren erfolgte Klageerweiterung ist zulässig, § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 533 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist eine Klageänderung im Berufungsverfahren nur dann zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht diese für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat. Zwar hat die Beklagte nicht in die Klageänderung eingewilligt, die – hilfsweise – Klageerweiterung ist jedoch nach Auffassung der Kammer sachdienlich. Dabei ist die Sachdienlichkeit einer zweitinstanzlichen Klageänderung objektiv unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu beurteilen. Entscheidend ist, ob eine Zulassung des geänderten Streitstoffs im Rahmen des anhängigen Rechtsstreits die Streitfragen ausräumt und einem weiteren Prozess vorbeugt. Die Sachdienlichkeit kann nicht allein deshalb verneint werden, weil den Parteien ansonsten eine Tatsacheninstanz genommen wird (ErfK/Koch, 16. Aufl. 2016, § 67 ArbGG Rn. 7). Im vorliegenden Rechtsstreit streiten die Parteien über die Auswirkungen des Abschlusses des FVTV, des Ü-TV und der BV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien. Nach Auffassung der Beklagten wirken sich diese Normen zum einen in Form der Absenkung des Tarifgehalts, konkret durch die Anrechnung einer Tariflohnerhöhung, zum anderen in der Form einer niedrigeren Eingruppierung der Klägerin aus. Der Klageantrag zu 1. erfordert nur dann eine Entscheidung über die zutreffende Vergütungsgruppe, wenn der FVTV und der Ü-TV auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finden. Kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass die jeweilige Fassung des BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz in der jeweils geltenden Fassung wegen des Vorrangs der Regelungen des FVTV und des Ü-TV nicht modifikationslos anzuwenden ist, kann durch die bisherige Antragstellung die Frage der korrekten Eingruppierung der Klägerin nicht geklärt werden. Ein weiterer Prozess würde insoweit erforderlich, die – hilfsweise – Klageerweiterung ist daher sachdienlich.

99

Der Klageerweiterung kann auch auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung ohnedies zugrunde zu legen hat. Zwar hat das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Verhandlung und Entscheidung nach dem Wortlaut dieser Vorschrift (nur) die vom Erstgericht festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen. Diese Formulierung ist jedoch zu eng. § 529 Abs. 1 ZPO grenzt die in erster Instanz vorgetragenen von den neuen, erst im Berufungsverfahren eingeführten Tatsachen ab. Aus diesem Zusammenhang folgt, dass der gesamte Sach- und Streitstand in den Begriff der „festgestellten Tat-sachen“ einzubeziehen ist. Das gilt auch für solches Vorbringen, das vom Gericht erster Instanz für unerheblich gehalten worden ist und (daher) im Tatbestand keine ausdrückliche Erwähnung gefunden hat (BGH, Urteil vom 22. April 2010 – IX 160/09 – NJW-RR 2010, 1286, 1287 Rz. 10 m. w. N.). Denn wenn das Berufungsgericht neue Tatsachen – wenn auch in den Grenzen der §§ 530, 531 ZPO – zu berücksichtigen hat, muss es erst recht „alte“ Tatsachen zugrunde legen, unabhängig davon, ob diese vom Erstgericht als wahr festgestellt wurden (BeckOK ZPO/Wulf, ZPO, Stand: 1. März 2016, § 529 Rn. 3). Der Sachvortrag für den in der Berufungsinstanz zusätzlich gestellten Hilfsantrag zu 3. wurde im Wesentlichen schon in erster Instanz zum Klageantrag zu 1. gehalten.

II.

100

Die Klage ist jedoch insgesamt unbegründet. Die Beklagte ist weder kollektivrechtlich noch individualvertraglich verpflichtet, an die Klägerin über den 1. Juni 2014 hinaus Vergütung nach der Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag zu zahlen (Antrag zu 1.). Auch für die Zeit vom 1. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Zahlung der Vergütungserhöhung in Höhe von 3,7 % durch die Beklagte, so dass auch der Antrag zu 2. unbegründet ist. Auch die zweitinstanzlich erfolgte Klageerweiterung um den Hilfsantrag zu 3. betreffend die Eingruppierung der Klägerin nach der Entgeltgruppe E 09K des BETV in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag mit den sich aus dem FVTV in Verbindung mit dem Ü-TV ergebenden Modifikationen hat keinen Erfolg. Die Berufung war daher insgesamt zurückzuweisen.

101

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Vergütung über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E 09K des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des BETV für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag besteht weder kollektivrechtlich noch aufgrund einer für die Klägerin günstigeren einzelvertraglichen Abrede.

102

a) Die Klägerin hat keinen entsprechenden Anspruch aus dem BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz in der jeweils geltenden Fassung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG. Die jeweils aktuelle Fassung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da die Bestimmungen des FVTV für die Zeit ab dem 1. Juni 2014 den Regelungen des BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz in der jeweils geltenden Fassung vorgehen. Der FVTV sieht gemäß § 4 Abs. 1 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Ü-TV eine Tarifabsenkung in Höhe von 9 % rückwirkend zum 1. Februar 2014 vor.

103

(1) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Vorschriften der Tarifverträge für die chemische Industrie kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung. Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 1985 Gewerkschaftsmitglied. Die Beklagte ist seit dem 1. Januar 2014 Mitglied des Arbeitgeberverbandes Chemie Rheinland-Pfalz.

104

(2) Der BETV in Verbindung mit dem jeweils geltenden Bezirkstarifvertrag für Rheinland-Pfalz findet kollektivrechtlich jedoch nur insoweit Anwendung auf das Arbeitsverhältnis als der FVTV für das Arbeitsverhältnis der Parteien keine vorgehenden Regelungen enthält.

105

(3) Der FVTV und der Ü-TV sind in räumlicher Hinsicht auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Diese beiden Tarifverträge gelten persönlich für alle an den Stand-orten C-Stadt und Lager V-Stadt tariflich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (§ 1 FVTV, § 1 Ü-TV) und damit für die am Standort C-Stadt tariflich beschäftigte Klägerin.

106

(4) Der FVTV ist wirksam zustande gekommen. Er ist schriftlich (§ 1 Abs. 2 TVG) zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden (§ 2 Abs. 1 TVG) abgeschlossen worden. Die jeweiligen Bundesverbände konnten sich beim Vertragsabschluss durch ihre Landesverbände vertreten lassen.

107

Dem Abschluss abweichender firmenbezogener Verbandstarifverträge standen auch nicht die von der Klägerin genannten verbandstariflichen Regelungen entgegen (BAG, Beschluss vom 14. Dezember 2015 - 4 AZR 888, 910, 911/15 - n. v., vorgehend: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Juni 2015 - 7 Sa 34, 33, 31/15, juris; Beschluss vom 22. Dezember 2015 – 4 AZN 886, 887, 928/15 – n. v., vorgehend: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Juni 2015 – 7 Sa 32, 35, 38/15, juris).

108

(5) Die Bestimmungen des FVTV gehen im Rahmen ihres Geltungsbereichs den Regelungen des BETV und des für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrags vor. Dies ergibt sich aus dem Willen der Tarifvertragsparteien, der in den von ihnen abgeschlossenen Bestimmungen zum Ausdruck kommt. Im vorliegenden Fall wurden die Tarifverträge von denselben Tarifvertragsparteien abgeschlossen. Diese legen fest, in welchem Verhältnis die von ihnen abgeschlossenen Tarifverträge stehen.

109

Insoweit ist unschädlich, dass neben den Bundesverbänden auch die regionalen Verbände den FVTV mitunterzeichnet haben.

110

Auch kommt es nicht darauf an, ob die Bundesverbände oder die regionalen Verbände die den Tarifvertragsabschlüssen vorangehenden Verhandlungen geführt oder maßgeblich beeinflusst haben. Entscheidend ist allein, ob Tarifverträge letztlich durch die Bundesverbände wirksam abgeschlossen wurden.

111

Zudem stellt der FVTV den spezielleren Tarifvertrag dar und verdrängt auch aus diesem Grund den BETV. Firmenbezogene Verbandstarifverträge stellen gegenüber Flächentarifverträgen stets die speziellere Regelung dar. Dieselbe Rechts-folge ergibt sich aus dem Ablösungsprinzip, das im Verhältnis von zwei zeitlich aufeinanderfolgenden Normen desselben Normgebers gilt. Danach können die Tarifvertragsparteien grundsätzlich jederzeit einen von ihnen früher selbst vereinbarten Tarifvertrag abändern, einschränken oder aufheben (BAG, Urteil vom 20. Januar 2009 - 9 AZR 146/08 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Chemie Nr. 18, Urteil vom 6. Juni 2007 - 4 AZR 382/06 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 18, jeweils m. w. N.).

112

Für die Anwendbarkeit des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG ist im Verhältnis des FVTV zum BETV kein Raum. Das Günstigkeitsprinzip stellt eine Kollisionsregelung für das Verhältnis von schwächeren zu stärkeren Rechtsnormen dar. Es ist nicht anzuwenden, wenn mehrere tarifvertragliche und damit gleichrangige Regelungen zusammentreffen (BAG, Urteil vom 24. Januar 2001 – 4 AZR 655/99 – NZA 2001, 788, 790).

113

b) Die Klägerin hat auch keinen gegenüber der kollektivrechtlichen Regelung günstigeren arbeitsvertraglichen Anspruch auf Vergütung nach dem jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrag für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag (§ 4 Abs. 3 TVG). Ein solcher Anspruch der Klägerin ergibt sich insbesondere nicht aus einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in Verbindung mit § 613a Abs. 1 S. 1 BGB. Infolge des (letzten) Betriebsübergangs ist die Beklagte gemäß § 613a Abs. 1 S. 1 BGB in die arbeitsvertraglich begründeten Rechte und Pflichten der Vorarbeitgeberin eingetreten.

114

Der Bezugnahmeklausel kommt rechtsbegründende Wirkung zu, auch wenn die in Bezug genommenen Tarifnormen ohnehin nach §§ 4 Abs. 1, 3 Abs. 1 TVG zwingend und unmittelbar gelten. Die Wirkung einer Bezugnahmeklausel wird nicht dadurch berührt, dass der in Bezug genommene Tarifvertrag noch aus einem weiteren rechtlichen Grund für das Arbeitsverhältnis der Parteien maßgebend ist (Urteil vom 29. August 2007 - 4 AZR 767/06 - NZA 2008, 364, 365, Rz. 13; vom 17. Januar 2006 – 9 AZR 41/05 – NZA 2006, 923 Rz. 31; vom 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - NZA 2003, 1207, 1209).

115

In dem am 20. November 1984 abgeschlossenen Arbeitsvertrag haben die damaligen Arbeitsvertragsparteien eine Bezugnahmeregelung vorgesehen. Bei dieser handelt es sich um eine so genannte Gleichstellungsabrede im Sinn der früheren Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Z. GmbH, war im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages, nämlich seit dem 1. November 1977 Mitglied im Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. (damals Landesverband Chemische Industrie Rheinland-Pfalz e. V.). Sie wollte in ihrem Betrieb in C-Stadt das für die chemische Industrie geltende Tarifwerk anwenden und die dort stattfindende tarifliche Entwicklung in dem Arbeitsverhältnis der Klägerin nachvollziehen. Zwar enthält der Anstellungsvertrag keine ausdrücklich ausformulierte Verweisungsklausel. Aus einer Zusammenschau der getroffenen Vereinbarungen ergibt sich jedoch, dass das für die Z. GmbH geltende Tarifwerk der chemischen Industrie Anwendung finden sollte. So heißt es in § 4 des Anstellungsvertrages, dass die Klägerin „unter Zugrundelegung des derzeit geltenden Manteltarifvertrages der Chem. Industrie Rhld. Pf.“ „in die Tarifgruppe K 2“ eingestuft wird. Hinsichtlich des vereinbarten Bruttogehalts wird zwischen Tarifgehalt und freiwilliger, übertariflicher Sonderzulage unterschieden. Hinsichtlich des Jahresurlaubs wird in § 9 ausgeführt, dass dieses „derzeit durch das gültige Tarifabkommen geregelt“ ist. Schließlich enthält § 10 des Anstellungsvertrags eine Bezugnahme auf „die zur Ergänzung der Tarifbestimmungen“ eingeführte Arbeitsordnung. Aus den Formulierungen „derzeit geltenden“ und „durch das gültige“ kommt zum Ausdruck, dass die tariflichen Regelungen zeitdynamisch in Bezug genommen werden sollten. Die Arbeitsvertragsparteien gingen somit davon aus, dass für das Arbeitsverhältnis die tariflichen Regelungen der chemischen Industrie Rheinland-Pfalz in ihrer jeweiligen Fassung gelten sollten.

116

Infolge des Betriebsübergangs auf die Beklagte sind die aus dem in Bezug genommenen Tarifwerk herrührenden individualvertraglichen Rechte und Pflichten nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten als Erwerberin geworden und zwar mit dem tariflichen Regelungsbestand vom 31. Juli 2012. Die Bezugnahme erstreckt sich damit nicht mehr auf die nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere auch nicht auf die Tarifeinigung vom 5. Februar 2014.

117

Aber auch dann, wenn man annehmen würde, dass mit dem Eintritt der Beklagten in den Arbeitgeberverband Chemie aufgrund der im Arbeitsvertrag vereinbarten Gleichstellungsabrede wieder die tariflichen Regelungen Anwendung finden würden, hätte die Klägerin keinen Anspruch auf die Vergütungserhöhungen. In diesem Fall wäre - wie oben dargelegt - der FVTV auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Tarifliche Regelungen der chemischen Industrie Rheinland-Pfalz sind auch firmenbezogene Verbandstarifverträge. Der Wortlaut der Bezugnahmeklausel lässt nicht darauf schließen, dass etwa nur räumlich für ein ganzes Tarifgebiet geltende Tarifverträge in Bezug genommen werden sollten. Wegen des unterschiedlichen räumlichen Geltungsbereichs der Tarifverträge (beispielsweise für das Bundesgebiet geltender BETV und für den Bezirk geltender Entgelttarifvertrag) führte eine solche Auslegung auch zu keinem praktikablen Ergebnis. Sie widerspräche dem Gleichstellungswillen der Arbeitsvertragsparteien. Hätten firmenbezogene Verbandstarifverträge von der Bezugnahmeklausel ausgenommen werden sollen, hätte es eines deutlichen Hinweises bedurft. Das Auslegungsergebnis wird durch die von den Parteien bzw. der Rechtsvorgängerin der Beklagten praktizierte Durchführung des Arbeitsvertrags bestätigt.

118

Die Bezugnahmeklausel ist keine überraschende Klausel und deshalb Vertragsbestandteil geworden (§ 305c Abs. 1 BGB). Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge nicht überraschend ist (BAG, Urteil vom 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - NZA 2009, 154, 156, Rz. 20). Das gilt auch soweit durch die Bezugnahme Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung in Bezug genommen werden.

119

Für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ist angesichts des Auslegungsergebnisses kein Raum. Auf die Unklarheitenregelung kann nur zurückgegriffen werden, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG, Urteil vom 17. Januar 2006 – 9 AZR 41/05 – NZA 2006, 923, 926 Rz. 37). Das ist hier nicht der Fall.

120

Es kann daher letztlich dahinstehen, ob die zwischen den Parteien vereinbarte Bezugnahmeklausel so auszulegen ist und ausgelegt werden kann, dass mit einem erneuten Verbandseintritt des Arbeitgebers die ursprüngliche Dynamik wiederauflebt bzw. die Klausel wieder "ein Bezugnahmeobjekt" findet und "die schuldrechtliche Tarifgeltung" "aktualisiert" wird (Löwisch/Rieble, TVG, 3. Aufl. 2012, § 3 Rn. 656).

121

2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf die Zahlung von Vergütungsdifferenzen für die Monate Februar bis Mai 2014. Auch in diesem Zeitraum gehen jedenfalls die Bestimmungen des FVTV den Regelungen des BETV und des für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrags vor. Die Klägerin hat die geltend gemachten Differenzen auf der Grundlage der zuletzt an sie gezahlten Vergütung errechnet. Für die Entscheidung über den Klageantrag zu 2. kam es daher nicht darauf an, ob die Klägerin nach Entgeltgruppe E 09K zu entlohnen ist.

122

Die in § 4 Abs. 1 FVTV vorgesehene Absenkung des Tariflohns um 9 % konnte bereits bei der ab dem 1. Februar 2014 vereinbarten Tarifsteigerung um 3,7 % berücksichtigt werden. § 6 FVTV sieht seine rückwirkende Geltung ausdrücklich vor. Die Vereinbarung, dass die Tarifverträge rückwirkend die Tariflohnerhöhung zum 1. Februar 2014 erfassen, ist nicht unwirksam.

123

Aus dem Ablösungsprinzip, nach dem die jüngere Tarifregelung der älteren vorgeht, ergibt sich, dass eine Tarifnorm stets unter dem Vorbehalt steht, durch eine nachfolgende tarifliche Regelung verschlechtert oder ganz gestrichen zu werden (BAG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 4 AZR 382/06 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 20; vom 23. März 2005 – 4 AZR 203/04 – NZA 2005, 1003, 1006). Ein Vertrauensschutz besteht insoweit grundsätzlich nicht. Dies gilt in gleicher Weise bei der Änderung eines Tarifvertrags durch einen anderen – spezielleren – Tarifvertrag. Soweit die Änderungen der Tarifnorm Sachverhalte berühren, die in der Vergangenheit liegen, haben die Tarifvertragsparteien allerdings die Grenzen für eine Rückwirkung einzuhalten, die auch vom Gesetzgeber zu beachten sind. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen ist durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt (BAG, Urteil vom 6. Juni 2007 – 4 AZR 382/06 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 39, Rz. 20; vom 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634). Die den Tarifvertragsparteien in Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumte Normsetzungsbefugnis umfasst die rückwirkende Inkraftsetzung von verschlechternden Bedingungen nur insoweit, als sie nicht den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzen, wie ihn das BVerfG für die Rückwirkung von Gesetzen aus Art. 20 GG ableitet. Dabei ist das Vertrauen in den Bestand des tariflichen Anspruchs unabhängig davon schutzwürdig, ob der Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt oder ob dessen Anwendung vertraglich vereinbart ist. Für die Beantwortung der Frage, ob ein Tarifvertrag rückwirkend in einen tariflichen Anspruch eingreifen kann, ist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung und nicht auf den gegebenenfalls später liegenden Zeitpunkt der Fälligkeit abzustellen. Bereits von diesem Zeitpunkt an hat der Arbeitnehmer nicht nur eine Anwartschaft, sondern einen Rechtsanspruch erworben, auf dessen Bestand er grundsätzlich vertrauen kann.

124

Die Grundlage für schützenswertes Vertrauen besteht nicht mehr, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen. Dabei hat der Wegfall des Vertrauensschutzes nicht zur Voraussetzung, dass der einzelne Tarifunterworfene positive Kenntnis von den maßgeblichen Umständen hat. Entscheidend und ausreichend ist vielmehr die Kenntnis der betroffenen Kreise (BAG, Urteil vom 11. Oktober 2006 - 4 AZR 486/05 - NZA 2007, 634, 636 Rz. 27; vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – NZA 1995, 844, 849 f.). In der Regel müssen Arbeitnehmer nicht damit rechnen, dass in bereits entstandene Ansprüche eingegriffen wird, auch wenn sie noch nicht erfüllt oder noch nicht fällig sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn bereits vor der Entstehung des Anspruchs hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Tarifvertragsparteien diesen Anspruch zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern werden. Dann ist das Vertrauen der Arbeitnehmer in die Fortgeltung der Tarifnorm nicht mehr schutzwürdig. Auch dann, wenn die Tarifnorm nicht oder nicht wirksam gekündigt worden ist, kann das schutzwürdige Vertrauen in ihren Fortbestand beseitigt werden. Eine gemeinsame Erklärung der Tarifvertragsparteien, eine ungekündigte tarifliche Regelung werde zu einem bestimmten Zeitpunkt einen näher beschriebenen anderen Inhalt erhalten, ist ein Beispiel dafür, dass das Vertrauen der Normunterworfenen in den Fortbestand dieser Regelung über den bekanntgegebenen Zeitpunkt ihrer Änderung hinaus nicht mehr schutzwürdig ist (BAG, Urteil vom 23. November 1994 – 4 AZR 879/93 – NZA 1995, 844, 849 f.). Es können aber auch andere Umstände eine rückwirkende Änderung ungekündigter kollektiver Normen ankündigen und damit das schutzwürdige Vertrauen in den unveränderten Bestand der Tarifregelung beseitigen (BAG, Urteil vom 17. Mai 2000 - 4 AZR 216/99 - NZA 2000, 1297, 1299 m. w. N.).

125

Wegen der vorangehenden, eingehenden Information der Mitarbeiter der Beklagten können sich diese wie auch die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie mussten mit einer rückwirkenden Regelung rechnen.

126

Bereits durch die Tarifinfo vom 2. Juli 2013 der Tarifkommission der IG BCE wurden die Beschäftigten darüber informiert, dass eine erste Verhandlungsrunde zu den zukünftigen tariflichen Regelungen der Beklagten stattfand, in der die Notwendigkeit diskutiert wurde, mit Blick auf die Wettbewerbssituation die Kostenbasis der Beklagten mittel- bis langfristig anzupassen. Beide Seiten der Verhandlungsrunde hätten dabei für den Bereich der Personalkosten eine verbandsbezogene Haustariflösung als sinnvollste Variante angesehen.

127

Insbesondere aber durch den gemeinsamen Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 wurden konkrete Eckpunkte (Eingruppierungsrichtlinien, Entgeltabsenkung, Überleitungsvereinbarung) als Verhandlungsergebnis vorgestellt. So hieß es in diesem Aushang ausdrücklich: „Diese Anpassung soll insbesondere über eine Anrechnung der zukünftigen Tariflohnerhöhungen geschehen.“ Diese Hinweise sind hinreichend konkret. Es ist weder erforderlich, dass über eine bereits getroffene Entscheidung zu den beabsichtigten Eingriffen informiert wird, noch, dass konkrete Angaben über das Ausmaß der beabsichtigten Eingriffe gemacht werden. Anderenfalls würden die Gestaltungsmöglichkeiten der Tarifvertragsparteien unangemessen eingeschränkt.

128

Die Hinweise mussten nicht an die Klägerin persönlich gerichtet sein. Sie stammten von der Beklagten und der Tarifkommission selbst, also aus einer verlässlichen Quelle. Die Tarifinfo ist von dem General Manager C. T. U. sowie dem Vorsitzenden der IG BCE Tarifkommission C. S. R. veröffentlicht worden, deren Namen unter der Tarifinfo angegeben sind. Die Beschäftigten mussten die Informationen so verstehen, dass Tarifverhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag mit den genannten Regelungsgegenständen geführt werden. Dies ergibt sich insbesondere aus dem ersten Absatz dieser Tarifinfo, wonach sich die IG BCE Tarifkommission C. "heute in konstruktiven Gesprächen mit den Arbeitgebern auf folgende Eckpunkte geeinigt" hat.

129

3. Die Klage ist auch im Hinblick auf den im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrag unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09K des BETV in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag mit den sich aus dem FVTV in Verbindung mit dem Ü-TV ergebenden Modifikationen. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus den kollektivrechtlichen Regelungen noch aus einer für die Klägerin günstigeren individualvertraglichen Vereinbarung.

130

a) Die Klägerin ist nicht zutreffend nach Entgeltgruppe E 09K des BETV in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag mit den sich aus dem FVTV in Verbindung mit dem Ü-TV ergebenden Modifikationen eingruppiert. Nach den allgemeinen Entgeltbestimmungen des § 3 Ziff. 2 S. 1 BETV werden die Arbeitnehmer entsprechend der von ihnen ausgeübten Tätigkeit in die Entgeltgruppen eingruppiert. Hierfür ist nicht die berufliche Bezeichnung, sondern allein die Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgeblich. Die Eingruppierung richtet sich demnach nach der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit. Diese Tätigkeiten sind in Stellenbeschreibungen (§ 3 FVTV in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BV in Verbindung mit Anlage 1) definiert worden. Diese definierten Tätigkeiten (Stellen) sind sodann von den Betriebsparteien in der BV den im zwischen dem Bundesarbeitgeberverband Chemie e. V. (BAVC) und der IG BCE vereinbarten Bundesentgelttarifvertrag definierten Entgeltgruppen zugeordnet worden.

131

Nach dieser Zuordnung übt die Klägerin eine der Entgeltgruppe E 08 zugeordnete Tätigkeit als „Sachbearbeiterin Customer Service“ aus, die in der Funktionsbeschreibung vom 5. Mai 2014 (Bl. 19 d. A.) beschrieben wird.

132

Diese Zuordnung ist für die Eingruppierung der Klägerin maßgeblich. Die BV und der ihr zugrunde liegende FVTV sind wirksam – mit Rückwirkung auf den 1. Juni 2014 - zustande gekommen.

133

(1) Wie oben unter B. II. 1. a (4) dargelegt, ist der FVTV wirksam zustande gekommen. Auch die auf § 3 FVTV beruhende BV ist wirksam zustande gekommen. Durch § 3 FVTV nehmen die Tarifvertragsparteien Bezug auf "Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 zwischen dem Betriebsrat und der C." und bestimmen, dass sich die für die Beklagte jetzt und zukünftig geltende Zuweisung der Tätigkeiten auf die im BETV definierten Entgeltgruppen aus dieser Betriebsvereinbarung ergibt.

134

Durch § 3 FVTV haben die Tarifvertragsparteien zwar nicht selbst eine Zuordnung der einzelnen Stellen auf die Vergütungsgruppen des BETV vorgenommen. Diese Vorschrift enthält nach Auffassung der Kammer jedoch eine Öffnungsklausel für die Betriebsparteien, eine „für die C., Standort C-Stadt und das Lager in V-Stadt jetzt und zukünftig geltende Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag (BETV) definierten Entgeltgruppen“ durch eine „Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 zwischen dem Betriebsrat und der C., Standort C-Stadt“ vorzunehmen.

135

Die Parteien des FVTV konnten die Betriebsparteien ermächtigen, eine Zuordnung der einzelnen Stellen auf die Vergütungsgruppen des BETV vorzunehmen. Die Tarifvertragsparteien sind grundsätzlich frei und autonom in ihrer Entscheidung, in welchem Umfang sie ihre Tarifverträge öffnen. Sie können die Öffnung auf bestimmte Tarifnormen beschränken und an bestimmte sachliche Voraussetzungen knüpfen. Die Öffnung ist im vorliegenden Fall von den Tarifvertragsparteien des FVTV in § 3 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

136

Unter "Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Über-leitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 zwischen dem Betriebsrat und der C." ist die am 30. Juni 2014 unterzeichnete BV zu verstehen. Zwar wurde die BV nicht am 12. Mai 2014, sondern erst am 30. Juni 2014, jedoch rückwirkend zum 12. Mai 2014 und mit Wirkung ab dem 12. Mai 2014 abgeschlossen. Eine Auslegung der tariflichen Regelungen ergibt, dass die Tarifvertragsparteien die Betriebsparteien gerade zu der - seinerzeit in Verhandlung befindlichen - Beschreibung und Zuordnung der Stellen, die zum 12. Mai 2014 in Kraft treten sollte, ermächtigen wollten.

137

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Aus-legung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften, § 133 BGB. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Urteil vom 18. Februar 2014 - 3 AZR 808/11 - AP Nr. 36 zu § 1 BetrAVG Berechnung; vom 18. November 2004 - 8 AZR 540/03 - AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel).

138

Der Wortlaut des § 3 FVTV"vom 12.05.2014" ist nicht eindeutig. Er umfasst sowohl eine am 12. Mai 2014 abgeschlossene Betriebsvereinbarung als auch eine solche mit Wirkung vom 12. Mai 2014. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages und der praktischen Tarifübung ergibt sich im vorliegenden Fall, dass die tariflichen Regelungen für eine Betriebsvereinbarung mit Wirkung vom 12. Mai 2014 geöffnet wurden.

139

Wie an verschiedenen Stellen des FVTV, des Ü-TV und der BV deutlich wird, handelt es sich um ein "Gesamtpaket" mit dem Ziel der "Sicherung der Beschäftigung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit" der Beklagten. FVTV, Ü-TV und BV wurden parallel verhandelt. Dies wird beispielsweise in der Tarifinfo vom 20. Januar 2014 deutlich, in der sowohl von der Erarbeitung einer umfassenden Eingruppierungsrichtlinie als auch von einer Anpassung der zurzeit auf Basis der Entgelte der chemischen Industrie ausgezahlten Löhne und Gehälter auf ein in der Kunststoffindustrie übliches Maß die Rede ist. Auch die Tarifinfo vom 6. März 2014 spricht davon, dass die für die Herstellung einer wettbewerbsfähigen Basis für die Zukunft des Werkes notwendigen Einsparungen im personellen Bereich über drei Wege realisiert werden sollen, unter anderem durch erforderliche Korrekturen von Eingruppierungen, wobei Vertreter von Betriebsrat und Arbeitgeberseite als Grundlage hierfür Anforderungsprofile für die einzelnen Funktionen und deren Einordnung in das Entgeltgitter erarbeitet hätten. Nach Einigung über einige wenige noch unklare Fälle könne hier in naher Zukunft den entscheidenden Gremien (Management, Betriebsrat und Vertrauensleute) ein Konzept zum Beschluss vorgelegt werden. Als zweiter Weg wird eine Anpassung der Entgelttabelle der chemischen Industrie nach unten genannt. Die nächste "Aufgabe der Verhandlungspartner" sollte schließlich "darin bestehen, die Überführung der aktuellen Entgeltsituation so zu gestalten, dass auf der einen Seite die Vertretbarkeit der Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet ist und andererseits auch das Vertrauen des Konzerns in die Zukunft des (…) Standortes sichergestellt wird".

140

Dass es sich bei der am 30. Juni 2014 unterzeichneten BV um die "BV vom 12. Mai 2014" handelt, wird dadurch bestätigt, dass die Regelungen des FVTV, der Ü-TV und der BV als Gesamtpaket im Betrieb beginnend bereits im Mai 2016 umgesetzt wurden. So informierte die Beklagte die Klägerin bereits mit Schreiben vom 23. Mai 2014 über die Geltung des neuen firmenbezogenen Tarifvertrags und teilte dieser mit, dass sie sie für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2014 in die Entgeltgruppe E 08 eingruppiere.

141

Die BV hält sich - soweit im vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung - auch im Rahmen der Öffnungsklausel. Ihre Laufzeit orientiert sich gemäß ihrem § 9 Abs. 1 an der Laufzeit des FVTV. Ihrer Wirksamkeit steht auch nicht entgegen, dass nach § 2 Abs. 3 BV in Zukunft hinzukommende, jetzt noch nicht erfasste Tätigkeiten nach erfolgter Beratung zwischen den Betriebsparteien im Rahmen einer Protokollnotiz den Stellenbeschreibungen und der Zuweisung auf die Entgeltgruppen des BETV hinzugefügt werden sollen. § 8 BV enthält außerdem eine so genannte salvatorische Klausel, nach der die Unwirksamkeit einzelner Regelungen dieser BV nicht die Regelungen in Gänze betreffen soll.

142

(2) Die BV hält auch der allgemeinen gerichtlichen Billigkeitskontrolle entsprechend § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG stand.

143

Betriebsvereinbarungen unterliegen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BAG, Urteil vom 1. Dezember 1992 – 1 AZR 234/92 – NZA 1993, 613, 615 m. w. N.). Der Maßstab für die gerichtliche Prüfung ist dabei der Bindung der Betriebspartner an die Zielbestimmungen des BetrVG zu entnehmen, wie sie insbesondere in § 75 BetrVG umschrieben sind. Es geht darum, ob die von den Betriebspartnern vereinbarte Regelung der Billigkeit entspricht oder ob einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen in unbilliger Weise benachteiligt sind. Eine solche unbillige Benachteiligung Einzelner oder von Gruppen ist vorliegend nicht ersichtlich. Ebenfalls haben die Betriebsparteien in § 5 BV eine stufenweise Anpassung bei Entgeltveränderungen vorgesehen, eine nicht tarifdynamisierte Besitzstandszulage gebildet und dadurch die negativen finanziellen Folgen abgemildert. Schließlich haben sie in § 6 der BV eine Härtefallregelung getroffen. Danach wird zur Klärung von Härtefällen eine paritätische Kommission (Clearingstelle) eingesetzt, die jeder von unvertretbaren individuellen Härten betroffene Mitarbeiter anrufen kann und die sodann mehrheitlich über die anzupassende individuelle Regelung entscheidet. Sollte es zu keiner Einigung kommen, ist die Anrufung der Einigungsstelle vorgesehen.

144

(3) Die Betriebsparteien konnten die Betriebsvereinbarung auch rückwirkend auf den Zeitpunkt des Abschlusses des FVTV (12. Mai 2014) abschließen. Schutzwürdige Interessen der Arbeitnehmer und der Beklagten standen dem nicht entgegen. Bereits mit gemeinsamem Aushang der Geschäftsleitung der Beklagten und der Tarifkommission der IG BCE C. vom 20. Januar 2014 im Betrieb der Beklagten wurde auch über die Eckpunkte des Verhandlungsergebnisses informiert, nämlich die Erarbeitung einer „umfassende(n) Eingruppierungsrichtlinie (…), die alle im Werk existierenden Aufgaben und Tätigkeiten den im entsprechenden Bundestarifvertrag der chemischen Industrie relevanten Entgeltgruppen zuordnet.“ Weiter hieß es in dieser Tarifinfo: „Sich daraus ergebende notwendige individuelle Entgeltveränderungen sollen nicht kurzfristig im Rahmen von arbeitgeberseitigen Änderungskündigungen umgesetzt werden sondern werden in einer Überleitungsvereinbarung auf einer möglichst langen Zeitschiene definiert und abgearbeitet um die individuellen Belastungen ertragbar zu machen.“ Spätestens zum Zeitpunkt dieser Tarifinfo mussten die Mitarbeiter mit für sie ungünstigen Umgruppierungen rechnen. Schließlich ergibt sich auch aus dem am 12. Mai 2014 abgeschlossenen FVTV und dem Ü-TV, dass es negative Umgruppierungen zu diesem Zeitpunkt geben würde. Die Arbeitnehmer konnten daher nicht darauf vertrauen, dass keine rückwirkenden Regelungen durch die Betriebsparteien geschaffen würden. Ihr Vertrauen in den unveränderten Fortbestand der bisherigen Eingruppierung war daher nicht mehr schutzwürdig.

145

(4) Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass die von der Beklagten vorgenommene Eingruppierung aus anderen Gründen unwirksam oder unzutreffend ist. Der Klägerin obliegt insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Vorliegend handelt es sich nicht um den Fall einer korrigierenden Rückgruppierung, sondern die Neuzuordnung der Tätigkeit der Klägerin durch die BV. Verlangt die Klägerin hiervon abweichend die Eingruppierung in eine höhere Vergütungsgruppe, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Entgeltgruppe.

146

Die Beklagte ist als Arbeitgeberin gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, die Betriebsvereinbarung durchzuführen. Sie ist weiter verpflichtet, die Klägerin in die in § 3 FVTV in Verbindung mit der BV enthaltene betriebliche Vergütungsordnung einzugruppieren. Besteht im Betrieb eine geltende Vergütungsordnung, ist der Arbeitgeber verpflichtet, diese umzusetzen. Eine Vergütungsordnung im Sinn vom § 99 Abs. 1 BetrVG ist ein kollektives mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Dabei ist unerheblich, woraus sich die Geltung der Vergütungsordnung ergibt. Sie kann in einem Tarifvertrag enthalten sein, auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen im Betrieb allgemein zur Anwendung kommen oder vom Arbeitgeber einseitig geschaffen sein. Falls der Arbeitgeber die gebotene Ein- oder Umgruppierung eines Arbeitnehmers unterlässt, kann der Betriebsrat in entsprechender Anwendung von § 101 BetrVG zur Sicherung seines Mitbeurteilungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Ein- oder Umgruppierungsentscheidung vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 4. Mai 2011 – 7 ABR 10/10 – NZA 2011, 1239 Rz. 19 f.). Die Beklagte genügte daher jedenfalls einer ihr etwaig obliegenden Darlegungslast bereits durch den Hinweis auf die BV, aus der sich die konkrete Eingruppierung der Klägerin ergibt. Nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast wäre es sodann Sache der Klägerin darzulegen, aus welchem Grund sie unter Zugrundelegung der BV in eine höhere Entgeltgruppe einzugruppieren ist. Die Klägerin hat aber weder vorgetragen, dass die Beklagte aus der BV eine falsche Vergütungsgruppe entnommen hat noch dass ihre Tätigkeit nicht der Stellenbeschreibung "Sachbearbeiter Customer Service" entspricht. So hat die Klägerin vorgetragen, der Tätigkeit als Sachbearbeiter Customer Service liege die Funktionsbeschreibung der Beklagten vom 5. Mai 2014 zugrunde. Im Einzelnen hat sie vorgetragen, sie plane nach Absprache mit den Kunden selbstständig die Monatsmengen für das jeweils folgende Jahr pro Artikel und pro Kunde, erstelle bzw. ändere in Abstimmung mit den Kunden den monatlichen Forecast für ihre Kunden und sei auch im Rahmen der Preisgestaltung selbstständig und eigenverantwortlich tätig. Für vereinzelte Kunden obliege ihr die ausschließliche Kundenbetreuung. Schließlich trage sie auch einen wesentlichen Teil zu den regelmäßig stattfindenden Strategieberatungen bei, das heißt sie berate den Segmentleader und kalkuliere die entsprechenden Preise. Diese Tätigkeiten finden sich auch in der Funktionsbeschreibung "Sachbearbeiter Customer Service (m/w)", deren Aufgaben wie folgt beschrieben werden: "- Erstellung von Angeboten und Nachverfolgung, - Auftragsabwicklung inkl. Abstimmung Zahlungseingänge mit Fibu, - Kundenberatung, - Stammdatenpflege (Kunden, Preise, Konditionen, Sondervereinbarungen, etc.), - Reklamationsbearbeitung, - Gut- und Lastschriften erstellen, - Unterstützung des Außendienstes sowie der Key Account Manager und Business Manager, - Forecast Erstellung und Datenpflege, - Kapazitätsabstimmung mit Produktionsplanung".

147

b) Ein Anspruch der Klägerin auf Weiterzahlung der bisherigen (höheren) Vergütung nach Entgeltgruppe E 09K ergibt sich auch nicht aus einer fehlenden oder mangelhaften Beteiligung des Betriebsrats.

148

Dabei kann dahinstehen, ob der Betriebsrat bei der Umgruppierung der Klägerin ordnungsgemäß gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligt worden ist.

149

Die fehlende Beteiligung des Betriebsrats bei der Umgruppierung aufgrund einer Änderung der Vergütungsordnung ohne Änderung der Tätigkeit führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, weiterhin die höhere bisherige Vergütung zu zahlen (BAG, Urteil vom 14. Januar 2004 – 4 AZR 10/03 – BeckRS 2004, 41318). Bei einer Ein- und Umgruppierung ohne gleichzeitige Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit handelt es sich nicht um eine konstitutive Maßnahme des Arbeitgebers, sondern um einen Akt der Rechtsanwendung. Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist dabei kein Mitgestaltungsrecht, sondern lediglich ein Mitbeurteilungsrecht. Die Beteiligung des Betriebsrats soll sicherstellen, dass diese Rechtsanwendung möglichst zutreffend erfolgt. Sie dient der einheitlichen und gleichmäßigen Anwendung der betrieblichen Vergütungsordnung und damit der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sowie der Transparenz der betrieblichen Vergütungspraxis (BAG, Beschluss vom 6. August 2002 – 1 ABR 49/01 – NZA 2003, 386, 389 m. w. N.). Verletzt der Arbeitgeber dieses Mitbestimmungsrecht, folgt hieraus allein kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine höhere Vergütung.

150

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe E 09K aufgrund einer für sie günstigeren einzelvertraglichen Vereinbarung. Haben die Arbeitsvertragsparteien eine eigenständige Entgeltregelung über die maßgebende Entgeltgruppe getroffen, ist nach Auffassung der Kammer diese Entgeltgruppe insoweit vorrangig (vgl. BAG, Urteil vom 21. August 2013 – 4 AZR 656/11 – NZA 2014, 561, 564 Rz. 31).

151

Eine solche Vereinbarung ist jedoch insbesondere weder im Arbeitsvertrag enthalten noch im Schreiben der Beklagten vom Juli 1989 zu sehen.

152

(1) Der mit der Z. GmbH abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 20. November 1984 enthält keine konstitutive Eingruppierungszusage. Vielmehr ist die Entgeltgruppe nach Auffassung der Kammer im Anstellungsvertrag lediglich „deklaratorisch“ in Form einer so genannten Wissenserklärung des Arbeitgebers angegeben.

153

Die Bezeichnung der Vergütungsgruppe in einem Arbeitsvertrag oder in einer Eingruppierungsmittelung kann grundsätzlich nicht als so genannte konstitutive Entgeltvereinbarung ausgelegt werden, wenn sich nach dem Arbeitsvertragsinhalt mit hinreichender Deutlichkeit ergibt, allein die tarifliche oder andere in Bezug genommene Eingruppierungsbestimmungen und nicht die angegebene Entgelt-gruppe sollten für die Ermittlung der zutreffenden Entgelthöhe maßgebend sein (vgl. für den Bereich des öffentlichen Dienstes BAG, Urteil vom 21. August 2013 – 4 AZR 656/11 – NZA 2014, 561 Rz. 14 m. w. N.). Allgemeine Geschäftsbedingungen wie die hier im Streit stehende Bestimmung des Anstellungsvertrags sind grundsätzlich nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Dabei haben die Motive des Erklärenden, soweit sie nicht in dem Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger, für die Gegenseite hinreichend deutlich erkennbaren Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Es besteht keine Verpflichtung des Erklärungsempfängers, den Inhalt oder den Hintergrund des ihm formularmäßig gemachten Antrags durch Nachfragen aufzuklären. Kommt der Wille des Erklärenden nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (BAG, Urteil vom 21. August 2013 – 4 AZR 656/11 – NZA 2014, 561 Rz.20 m. w. N.).

154

Zwar enthält § 4 des Anstellungsvertrags die Formulierung, dass die Klägerin in die „Tarifgruppe K 2“ „ eingestuft wird und dass sich das Tarifgehalt ab dem 1. Juni 1985 nach „K 3“ berechnet. Hierdurch sollte jedoch nach Auffassung der Kammer keine – von der Tarifautomatik unabhängige – Vergütung der Klägerin nach K 3 vereinbart werden. Das ergibt sich aus der Eingangsformulierung „unter Zugrundelegung des derzeit geltenden Manteltarifvertrages“. Mit „K 2“ bzw. „K 3“ sollte demnach lediglich die sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bzw. ab dem 1. Juli 1985 nach Auffassung der Arbeitsvertragsparteien unter Zugrundlegung der tariflichen Bestimmungen zutreffende Tarifgruppe angegeben werden. Auch in § 4 Abs. 2, 3 und 4 des Anstellungsvertrags ist vom Tarifgehalt die Rede. Dies entspricht insbesondere auch dem erkennbaren Interesse der Arbeitsvertragsparteien, die eine so genannte Gleichstellungsabrede vereinbart hatten. Danach sollte die Klägerin gerade so gestellt werden als wäre sie tarifgebunden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Arbeitsvertragsparteien im Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 30. Juni 1985 zunächst das Tarifgehalt nach "K 2" angegeben und hinzugefügt haben: "ab 01.07.1985 K 3". Allein aufgrund dieser Angabe konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, dass sie ab dem 1. Juli 1985 unabhängig von der zutreffenden tariflichen Eingruppierung und einer etwaigen Änderung ihrer Tätigkeit Anspruch auf eine Vergütung nach Tarifgruppe "K 3" hat. Diesem Zusatz kann - ohne Hinzutreten weiterer Umstände - lediglich entnommen werden, dass die Arbeitsvertragsparteien im November 1984 prognostisch davon ausgegangen sind, dass die Klägerin nach insgesamt einjähriger Tätigkeit bei der Beklagten und sechsmonatiger Tätigkeit als Verkaufssachbearbeiterin Verkauf II im Geschäftsbereich Verpflegungsservice und Gartenbau C-Stadt die Eingruppierungsmerkmale der Tarifgruppe K 3 erfüllen würde. Hätten die Parteien für die Zeit ab dem 1. Juli 1985 eine übertarifliche Vergütung vereinbaren wollen, hätte die Vereinbarung einer - im verwendeten Formular vorgesehenen - "freiwilligen, übertariflichen Sonderzulage" nahegelegen.

155

Der Angabe lag außerdem die Tätigkeit der Klägerin als „Verkaufssachbearbeiterin Verkauf II“ zugrunde. Infolge der Tarifautomatik konnte sich die zutreffende Eingruppierung mit der in der Vergangenheit erfolgten Veränderung der Tätigkeit ebenfalls ändern.

156

(2) Auch das Schreiben der Y. GmbH vom Juli 1989 enthält keine Eingruppierungszusage. Auch wenn in diesem Schreiben die „Tarifgruppe E 09 K“ erwähnt ist, dient diese nur als Anknüpfungspunkt für die sich anschließende Berechnung des nach dem Tarifabschluss zu zahlenden Tarifentgelts. Das Schreiben enthält lediglich die Mitteilung über den Tarifabschluss der chemischen Industrie und die am 1. Juli 1989 erfolgende Erhöhung des Tarifentgelts sowie die daraus resultierende Erhöhung des Entgelts der Klägerin. Wie sich bereits an der fehlenden Originalunterschrift unter diesem Schreiben („gez. X.“) zeigt, sollte ein Anspruch der Klägerin durch dieses Schreiben nicht begründet werden. Das ergibt sich auch daraus, dass durch die Formulierung „damit“ die Entgelterhöhung an den Tarifabschluss geknüpft wird.

157

Die Berufung war daher insgesamt unbegründet.

III.

158

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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published on 18/02/2014 00:00

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. August 2011 - 3 Sa 60/11 - aufgehoben.
published on 21/08/2013 00:00

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 3. März 2011 - 8 Sa 105/10 - wird zurückgewiesen.
published on 06/07/2011 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 6. August 2009 - 7 Sa 1674/08 - aufgehoben.
published on 04/05/2011 00:00

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 - 11 TaBV 3/09 - insoweit aufgehoben, als auf di
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Annotations

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Tarifvertragsparteien sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern.

(2) Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern (Spitzenorganisationen) können im Namen der ihnen angeschlossenen Verbände Tarifverträge abschließen, wenn sie eine entsprechende Vollmacht haben.

(3) Spitzenorganisationen können selbst Parteien eines Tarifvertrags sein, wenn der Abschluß von Tarifverträgen zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben gehört.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 haften sowohl die Spitzenorganisationen wie die ihnen angeschlossenen Verbände für die Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen der Tarifvertragsparteien.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Werden einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt (betriebliche Altersversorgung), gelten die Vorschriften dieses Gesetzes. Die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung kann unmittelbar über den Arbeitgeber oder über einen der in § 1b Abs. 2 bis 4 genannten Versorgungsträger erfolgen. Der Arbeitgeber steht für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann ein, wenn die Durchführung nicht unmittelbar über ihn erfolgt.

(2) Betriebliche Altersversorgung liegt auch vor, wenn

1.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, bestimmte Beiträge in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln (beitragsorientierte Leistungszusage),
2.
der Arbeitgeber sich verpflichtet, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zu zahlen und für Leistungen zur Altersversorgung das planmäßig zuzurechnende Versorgungskapital auf der Grundlage der gezahlten Beiträge (Beiträge und die daraus erzielten Erträge), mindestens die Summe der zugesagten Beiträge, soweit sie nicht rechnungsmäßig für einen biometrischen Risikoausgleich verbraucht wurden, hierfür zur Verfügung zu stellen (Beitragszusage mit Mindestleistung),
2a.
der Arbeitgeber durch Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung verpflichtet wird, Beiträge zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung nach § 22 zu zahlen; die Pflichten des Arbeitgebers nach Absatz 1 Satz 3, § 1a Absatz 4 Satz 2, den §§ 1b bis 6 und 16 sowie die Insolvenzsicherungspflicht nach dem Vierten Abschnitt bestehen nicht (reine Beitragszusage),
3.
künftige Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden (Entgeltumwandlung) oder
4.
der Arbeitnehmer Beiträge aus seinem Arbeitsentgelt zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung leistet und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus diesen Beiträgen umfasst; die Regelungen für Entgeltumwandlung sind hierbei entsprechend anzuwenden, soweit die zugesagten Leistungen aus diesen Beiträgen im Wege der Kapitaldeckung finanziert werden.

(1) Der Tarifvertrag regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien und enthält Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluß und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen können.

(2) Tarifverträge bedürfen der Schriftform.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Führt der Arbeitgeber eine personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 ohne Zustimmung des Betriebsrats durch oder hält er eine vorläufige personelle Maßnahme entgegen § 100 Abs. 2 Satz 3 oder Abs. 3 aufrecht, so kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, die personelle Maßnahme aufzuheben. Hebt der Arbeitgeber entgegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung die personelle Maßnahme nicht auf, so ist auf Antrag des Betriebsrats vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass der Arbeitgeber zur Aufhebung der Maßnahme durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 250 Euro.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.