Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. März 2014 - 7 Sa 179/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen – Az. 8 Ca 660/12 – vom 10. Januar 2013 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 5. April 2012 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 897,96 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über EZB aus 3.107,04 € netto vom 1. Juni 2012 bis 5. August 2012 sowie aus einem Betrag von 897,96 € netto seit dem 6. August 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus 5.500,00 € brutto für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 15. Juli 2012 sowie aus 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto für die Zeit ab dem 16. Juli 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. August 2012 zu zahlen.
f) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. September 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Oktober 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. November 2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.500,00 € brutto abzüglich 1.739,10 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten erster Instanz bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/6, die Beklagte 5/6 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten vom 5. April 2012, Vergütungsansprüche und die Weiterbeschäftigung des Klägers sowie einen Auflösungsantrag der Beklagten.
- 2
Die Beklagte ist eine in Z-Stadt ansässige private Fluggesellschaft, die derzeit mit einer Flotte von vier Flugzeugen Geschäfts- und Privatflüge in Europa, Afrika, Asien und Nordamerika anbietet. Die Beklagte beschäftigte im April 2012 regelmäßig circa 12 Arbeitnehmer. Im Betrieb der Beklagten besteht kein Betriebsrat.
- 3
Der 1949 geborene, verheirate Kläger ist auf Grund des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 23. März 2009 (Anlage K 1, Bl. 10 ff. d. A.) bei der Beklagten als Flugkapitän beschäftigt. Nach § 1 Ziff. 1 und 2 des Arbeitsvertrages kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit den gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Gemäß § 1 Ziff. 4 endet das Arbeitsverhältnis auch ohne Kündigung spätestens mit Vollendung des 65. Lebensjahres. § 2 Ziff. 2 Abs. 2 bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis automatisch endet, falls der Arbeitnehmer, aus welchem Grund auch immer, seine Lizenz verliert oder ihm seine Typenberechtigungen, die für den Flugbetrieb des Arbeitgebers notwendig sind, oder seine IFR-Berechtigung entzogen werden. Das jährlich zwölf Mal gezahlte Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug durchschnittlich 5.500,00 €. Weiterhin wurde er auf der Grundlage der Vereinbarung vom 23. März 2009 (Anlage K 2, Bl. 16 d. A.) als Fachbereichsleiter „Technik“ (Postholder Technik und Safety) bei der Beklagten tätig und dem Luftfahrtbundesamt entsprechend gemeldet. Die Flugberechtigung des Klägers bezieht sich auf die im Flugbetrieb der Beklagten bewegten Flugzeugtypen Cessna Citation 525-A sowie Cessna Citation 525. Der Kläger hat 7.800 Flugstunden, davon 3.300 auf diesem Flugmuster. Vor dem 23. März 2012 kam es zu keinen Zwischenfällen.
- 4
Am 23. März 2012 begab sich der Kläger zusammen mit seinem Kollegen, dem Zeugen D. nach Y-Stadt, um das dort in der Flugzeugwerft gewartete Flugzeug Typ Cessna Citation 525 mit dem Kennzeichen ... abzuholen. Eine Cessna Citation 525 kann 6 Passagiere befördern. Die Cessna war dort einer zweiwöchigen Inspektion unterzogen worden und war am 23. März 2012 abholbereit gewartet. Im Zusammenhang mit der Abholung sollte der Kläger den jährlich vorgeschriebenen „Nachweis der fliegerischen Übung“ (kurz: Checkflug) absolvieren. Hierbei sollte der Kläger als Flight-Captain das Flugzeug steuern und der als sog. Check-Captain akkreditierte Kollege D. sollte diesen Checkflug überwachen und abnehmen. Im Rahmen des Checkfluges sollten standardmäßig als Notfallmanöver ein Triebwerksausfall sowie der Ausfall verschiedener Flugsysteme simuliert werden. Im Rahmen des Checkfluges wurde durch den Kläger und seinen Kollegen D. nach simuliertem Triebwerksausfall festgestellt, dass die Gashebel ungleich schwer funktionierten. Nach Angabe des Klägers war der rechte Gaszug („RH-Power Lever“) schwergängig. Aufgrund dieser vom den Piloten empfundenen technischen Störung entschlossen sich die Piloten zum Abbruch des Checkflugs und zur Landung unter Beibehaltung des Checkflug-Modus als sog. „0 Flap-Landung“. Bei einer so genannten „0 Flap-Landung“ werden die Landeklappen nicht ausgefahren. Weder der Kläger noch sein Kollege D. bemerkten, dass das Fahrwerk des Flugzeugs nicht ausgefahren worden war. Dies bemerkte der im Tower befindliche Fluglotse buchstäblich in letzter Sekunde und gab den Piloten das Durchstartkommando („go around“). Das Flugzeug berührte jedoch bereits mit dem Flugzeugrumpf die Landebahn. Bei einem erneuten Landeanflug mit ausgefahrenem Fahrwerk konnte das Flugzeug sicher gelandet werden. Der Kläger teilte sodann dem Luftfahrt-Bundesamt die „Meldung eines Unfalls oder einer schweren Störung beim Betrieb eines Luftfahrzeuges“ mit (Anlage B 1, Bl. 93 d. A.).
- 5
Mit Schreiben vom 5. April 2012 (Anlage K 3, Bl. 17 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien „ordentlich mit Ablauf des 30.05.2012“ (gemeint: 31. Mai 2012, vgl. Bl. 338 d. A.) und „bekräftigte“ „nochmals“, dass der Kläger bis zum Ablauf seiner Kündigungsfrist von jedweder weiteren Pilotentätigkeit freigestellt sei. Ab Mai 2012 zahlte die Beklagte an den Kläger zunächst keinen Lohn mehr. Am 8. August 2012 rechnete die Beklagte sodann das Entgelt für Mai 2012 (Anlage K 10, Bl. 161 d. A.) ab und zahlte dieses bis auf einen Nettoabzug in Höhe von 897,96 € an den Kläger aus. Mit Bescheid vom 11. Juli 2012 (Anlage K 11, Bl. 334 f. d. A.) bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger rückwirkend ab dem 31. Mai 2012 Leistungen in Höhe von 1.739,10 € monatlich.
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Gegen die Kündigung der Beklagten vom 5. April 2012, ihm zugegangen am 10. April 2012 wendet sich der Kläger mit seiner am 16. April 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage.
- 7
Zwischenzeitlich hat die Beklagte gegenüber dem Kläger eine weitere Kündigung zum 30. November 2012 ausgesprochen. Insoweit ist eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Ludwigshafen anhängig. In diesem Rechtsstreit streiten die Parteien unter anderem über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.
- 8
Der Kläger hat vorgetragen,
er sei bereits seit dem 1. August 2005 von der Beklagten beschäftigt worden. Am 27. Oktober 2008 sei er fristlos gekündigt worden. Man habe sich sodann auf eine Abfindungslösung geeinigt. Am 23. März 2009 sei er sodann in gleicher Funktion wieder eingestellt worden.
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Verhaltensbedingte Kündigungsgründe seien nicht gegeben. Die verhaltensbedingte Kündigung scheitere schon daran, dass ihr unstreitig keine Abmahnung vorausgegangen sei.
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Die Freistellung durch die Beklagte habe für ihn deutliche Nachteile. Insbesondere sei seine Pilotenlizenz gefährdet.
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Da die Kündigung unwirksam sei, habe er Anspruch auf Zahlung von Vergütung für die Monate Mai bis November 2012 abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld nebst Zinsen.
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Im Kammertermin vom 10. Januar 2013 (Bl. 337 ff. d. A.) vor dem Arbeitsgericht schlossen die Parteien einen Teilvergleich betreffend die Erteilung eines Zwischen- bzw. Endzeugnisses durch die Beklagte.
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Der Kläger hat - soweit Gegenstand des im Berufungsverfahren streitgegenständlichen Teilurteils - erstinstanzlich zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 5. April 2012, dem Kläger zugegangen am 10. April 2012, nicht aufgelöst worden ist,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände, insbesondere weitere Kündigungen, aufgelöst worden ist;
die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugkapitän weiter zu beschäftigen;
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 897,96 € netto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB aus einem Betrag in Höhe von 3.107,04 € netto vom 1. Juni 2012 bis 5. August 2012 sowie aus einem Betrag von 897,96 € netto seit dem 6. August 2012 zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Juli 2012, abzüglich 1.739,10 am 16. Juli 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld, zu zahlen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.046,20 brutto als Urlaubsabgeltung zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. August 2012, abzüglich 1.739,10 € am 31. Juli 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld, zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. September 2012 abzüglich 1.739,10 am 31. August 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Oktober 2012, abzüglich 1.739,10 am 30. September 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld, zu zahlen;
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. November 2012, abzüglich 1.739,10 € am 31. Oktober 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld, zu zahlen;
die Beklaget zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Dezember 2012 abzüglich 1.739,10 € am 30. November 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld, zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat vorgetragen,
der „Beinahe-Unfall“ sei auf eine Reihe schwerwiegender Verstöße der Piloten, insbesondere des für den Checkflug als Flight-Captain verantwortlichen Klägers zurückzuführen:
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Der Kläger und sein Kollege hätten eine Landung ohne ausgefahrene Landeklappen durchführen wollen, die Anfluggeschwindigkeit falsch berechnet, dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass die automatische Fahrwerkswarnung aufgrund zu hoher Landeanflugsgeschwindigkeit nicht funktionieren habe können, seien zu schnell angeflogen oder hätten die Fahrwerkswarnung ignoriert, hätten das Fahrwerk nicht ausgefahren, die Checkliste zur Kontrolle des ausgefahrenen Fahrwerks nicht verlesen, den manuellen Fahrwerksabsenkhebel nicht beachtet und die durch Leuchtdioden im Cockpit unübersehbare Fahrwerksstellungsanzeige nicht beachtet.
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Spätestens zum Zeitpunkt der Entscheidung des Abbruchs des Checkflugs hätten der Kläger und sein Kollege die Entscheidung treffen müssen, sämtliche weiteren Flugsysteme aus dem Trainingsmodus herauszunehmen, um bei der Landung mit keinen weiteren – künstlich herbeigeführten - Problemen konfrontiert zu werden. Dies habe insbesondere die allein aus Trainingsgründen vorgesehene Landung als so genannte „0 Flap-Landung“ betroffen.
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Der Kläger und sein Kollege hätten zur Durchführung der im Rahmen des Checkfluges vorgesehenen 0 Flap-Landung weder bei der Vorbereitung des Manövers am Boden noch während des Checkfluges die Ermittlung der Lande- und Anfluggeschwindigkeit vorgenommen. Hätten die Piloten die „0 Flap-Landung“ ordnungsgemäß vorbereitet, hätten sie zwangsläufig wissen müssen, dass das akustische Warnsystem beim Landeanflug im „0 Flap-Modus“ nicht eingreifen könne. Habe das Hauptaugenmerk der Piloten ausweislich des Meldebogens LBA im kurzen Endteil auf der Reduzierung der Geschwindigkeit gelegen, hätten die die Piloten in den regulär vorgesehenen Landeanflug mit ausgefahrenen Landeklappen übergehen müssen, weil dies die einfachste und effektivste Methode darstelle, die Geschwindigkeit eines Flugzeuges im Landeanflug relativ schnell zu reduzieren. Die korrekte Anfluggeschwindigkeit des Flugzeugs bei nicht ausgefahrenen Landeklappen habe bei 119 Knoten liegen müssen. Eine Neuberechnung der Anfluggeschwindigkeit und der erforderlichen Landestrecke sei nicht erforderlich gewesen.
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Das Prüfprogramm im Rahmen des Checkfluges schreibe gerade keinen Anflug mit nicht ausgefahrenen Landeklappen („flapless landing“) vor, sondern lediglich einen Anflug mit simuliertem Triebwerksausfall. Sollten der Kläger und sein Kollege tatsächlich vorsätzlich ohne ausgefahrene Landeklappen geflogen sein, hätten sie bereits dadurch über die Erfordernisse des Prüfbuchs hinaus das Flugzeug und sich selbst unnötiger Weise in Gefahr gebracht.
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Mit Erhalt der Landefreigabe durch den Tower hätte der Kläger als fliegender Pilot laut und deutlich mit den Worten „Final Check List“ diese vom Check-Captain D. anfordern müssen. Dieser hätte dann die Checkliste laut vorlesen, der Kläger habe sie überprüfen und das Überprüfungsergebnis laut und deutlich dem Check-Captain mitteilen müssen. Dieser habe sich sodann über die Richtigkeit der erhaltenen Antwort dergestalt versichern müssen, dass er den jeweiligen Punkt in der Final Check List mit dem Wort „checked“ als erledigt abgehakt hätte. Die Final Check List enthalte dabei ausdrücklich den abzuarbeitenden Punkt. „Landing gear … down“. Dabei hätten der Kläger bezüglich der Fahrwerk-Stellung neben dem nach unten zeigenden Fahrwerkshebel auch die aufleuchtenden drei grünen Lampen („Fahrwerk ausgefahren und verriegelt“) überprüfen und der Check-Captain dies abhaken müssen.
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Diese Versäumnisse des Klägers stellten ein mindestens als grob fahrlässig einzustufendes Fehlverhalten dar.
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Ausweislich des „Aircraft-Log“ (dort S. 1058) habe das Flugzeug bei Übergabe an die am 7. März 2012 keine Defekte aufgewiesen. Nach Abschluss der Wartung sei das Flugzeug am 22. März 2012 mängelfrei aus der Wartung freigegeben worden. Nach der Abschlusslandung am 23. März 2012 sei das Flugzeug in die Werft der verbracht und dort einer umfänglichen Nachuntersuchung unterzogen worden. Es sei sowohl der Schubhebel also auch die Fahrwerkswarnung voll funktionsfähig gewesen, ein Defekt habe nicht vorgelegen (Befund- und Arbeitsbericht vom 26. März 2012, Anlage B 10, Bl. 262 f. d. A.). Nach erfolgter vollständiger Reparatur sei das Flugzeug am 26. April 2012 wieder durch die freigegeben worden ohne dass Arbeiten am rechten Schubhebel oder zur Instandsetzung der angeblich defekten Fahrwerkswarnung durchgeführt worden seien. Anschließend sei das Flugzeug ohne jedwede Beanstandungen von Y-Stadt nach Z-Stadt überführt worden. Der Zeuge C. habe auf dem Flugfeld nach der Landung keinesfalls ohne umfangreiche Demontagearbeiten am Fluggerät feststellen können, dass eine Befestigungsschelle am rechten Gaszug zu fest angezogen gewesen sei.
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Zur Zeit des Zwischenfalls sei das Flugaufkommen äußerst gering gewesen. Aus diesem Grund sei ausgeschlossen, dass die Funkfrequenzen aufgrund angeblicher Überlastung blockiert gewesen seien.
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„Checkflüge“ müssten grundsätzlich auf dem jeweils betreffenden Flugzeug durchgeführt werden und könnten ersatzweise durch entsprechende Flugsimulator-Tests ersetzt werden, wenn dem entsprechenden Luftfahrtunternehmen eine diesbezüglich erteilte Sondergenehmigung vorliege. Solange diese – wie bei ihr – nicht vorliege, sei sie gesetzlich verpflichtet, die Befähigkeitsüberprüfungen auf dem jeweils eingesetzten Flugzeug als so genannten Checkflug durchzuführen. Sie habe allein im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. September 2012 einen Gesamtbetrag in Höhe von € 229.536,99 für Schulungsmaßnahmen ihrer Belegschaft aufgewandt. Hiervon bestehe der Großteil aus Flugsimulatorschulungen (Sachkonten-Auszug „Schulungen, Seminare“, Anlage B 12, Bl. 277 d. A.).
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Vom Ausspruch einer fristlosen Kündigung gegenüber dem Kläger habe man abgesehen, da er die Position „Postholder-Technik und Safety“ bekleidet habe und die Neubesetzung dieser – für den Flugbetrieb der Beklagten notwendigen – Formalposition einige Zeit in Anspruch genommen habe. Diese Formalposition beinhalte insbesondere die Sicherung der Routinekontrollen und die pünktliche Überwachung der Werfttermine der zuletzt 4 Flugzeuge. Die hierfür anfallende Arbeit sei vom Zeitaufwand her sehr überschaubar und daher nicht als gesonderter Arbeitsplatz ausgewiesen. Aufgrund der geringen Betriebsgröße werde diese Position stets von einem hauptamtlich tätigen Piloten mit übernommen wie auch die sonstigen, gegenüber dem LBA nachzuweisenden Formalpositionen.
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Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stünden dem Kläger weitere Vergütungsansprüche nicht zu.
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Ihr schutzwürdiges Interesse, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag nicht weiterzubeschäftigen, überwiege das Beschäftigungsinteresse des Klägers.
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Der Kläger hat erwidert,
der Zwischenfall sei durch drei aufeinanderfolgende Unregelmäßigkeiten ausgelöst worden. Für keine dieser kumulierten Ursachen seien er und sein Kollege verantwortlich:
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Der rechte „Power Lever“ (Schubhebel) der Cessna Citation 525 sei defekt gewesen. Geplant gewesen seien zwei Platzrunden in Y-Stadt mit anschließendem Weiterflug, die erste Platzrunde in „clean configuration“ (Flapless landing). Der Tower sei informiert gewesen. Nach der Simulation des Triebwerksausfalls habe der Zeuge D. festgestellt, dass der rechte Power Lever schwer zu bewegen war. Der Zeuge D. habe den Power Lever mehrfach hin und her bewegt.
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Die Piloten seien bei der Beklagten angewiesen, nicht jeden Defekt in das Logbuch einzutragen. Das Eintragen solcher Defekte würde andernfalls dazu führen, dass die Werft diese Eintragungen abarbeiten und gesondert freigeben müsse. Diese Praxis sei durch das Luftfahrtbundesamt immer wieder beanstandet worden. Vor der Auslieferung des Fluggeräts sei festgestellt worden, dass die rechte Kraftstoffregeleinheit undicht sei. Beim Austausch dieser Einheit werde die Verbindung zum Gaszug gelöst. Dieser müsse später wieder angeschlossen werden.
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Direkt nach der Landung des Flugzeugs habe der Werftleiter, Herr C. die Verkleidung des Triebwerkes abnehmen lassen, um die Kraftstoffregeleinheit zu kontrollieren. Dabei habe er festgestellt, dass die Befestigungsschelle für den Bowdenzug des Power Lever viel zu fest angezogen gewesen sei. Er, der Kläger, und sein Kollege seien während dieser Inspektion zugegen gewesen. Am 26. März 2013 sei dieser Mangel behoben gewesen.
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Die Landung ohne Widerstandserhöhung von ausgefahrenen Flaps werde von den Piloten beim Start besprochen und festgelegt. Von vornherein werde eine andere Anflugsgeschwindigkeit festgelegt und die erforderliche Landestrecke berechnet sowie beides vorher im Flight Log vermerkt. Eine Veränderung der besprochenen und festgelegten Lande-Procedures hätte eine Risikoerhöhung in der stressbeladenen Situation bedeutet. Sämtliche Berechnungen, die vorher schon besprochen und festgelegt worden seien, hätten neu vorgenommen werden müssen, so die der vorher auf 138 Knoten festgelegten Anfluggeschwindigkeit und der Länge der erforderlichen Landestrecke. Mit einem funktionierenden Power Lever hätten er und sein Kollege den Zwischenfall verhindern können. Dann hätte die Maschine beim Durchstarten nicht für Sekundenbruchteile den Boden berührt.
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Der Tower sei überlastet und hierdurch die Funkverbindung gestört gewesen. Im Landeanflug habe der Tower mitgeteilt, dass es sehr viel Verkehr gäbe. Ein Schulungsflug habe sich vor dem Kläger ebenfalls im Landeanflug befunden. Das Trimmen des Fluggerätes sei immer schwieriger geworden, weil sich die Gängigkeit des Power Lever nicht vorhersehbar zunehmend verschlechtert habe. In der Stresssituation habe er dann vergessen, das Fahrwerk auszufahren. Die ganze Problematik habe sich innerhalb von etwa zwei Minuten abgespielt. Zwei Towerlotsen hätten beide beobachten können, dass das Fahrwerk nicht ausgefahren gewesen sei. Sie hätten versucht, ihn und seinen Kollegen zu warnen, seien aber wegen der blockierten Frequenzen nicht durchgedrungen. Bei einer nur zwei Sekunden früheren Warnung hätte der Vorfall vermieden werden können.
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Die Beklagte verzichte aus Kostengründen und vermutlich aufgrund finanzieller Probleme auf die im Diensthandbuch vorgeschriebenen Simulatorflüge und führe die für den Simulator vorgesehenen Checks im Flugzeug durch. Am Anfang des Arbeitsverhältnisses habe man ihm allerdings zugesagt, dass er jährlich einmal einen Auffrischungslehrgang im Simulator erhalte. An diese Zusage habe die Beklagte sich aber nicht gehalten. Für vier Piloten der Citation Jet Flotte sei einmalig 2007 eine Simulatorschulung durchgeführt worden. Danach seien nur noch Simulatorschulungen auf den neu angeschafften Flugzeugen zum Erwerb der Typenberechtigung durchgeführt worden. Auf diesen Flugzeugen sei er aber nicht eingesetzt worden.
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Das Programm während eines Checkfluges werde allein vom Prüfer festgelegt. Die Simulation eines Triebwerkausfalls sei, wie auch der Ausfall der Landeklappen, gemäß Hersteller ein so genanntes abnormales Verfahren, das im Rahmen eines Checkfluges zu den simulierten Punkten zähle.
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Es handele sich außerdem schon deshalb um keinen schwerwiegenden Pflichtverstoß, weil das Luftfahrtbundesamt weder gegenüber dem Kläger noch gegenüber seinem Kollegen eine Sanktion verhängt habe. Auch die Kasko-Versicherung schätze sein Verhalten offensichtlich nicht als grob fahrlässig ein.
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Da er zu 50 % seiner Arbeitsleistung mit seiner Tätigkeit als Fachbereichsleiter Technik ausgelastet gewesen sei, wäre es der Beklagten auch möglich gewesen, eine Änderungskündigung auszusprechen.
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Das Arbeitsgericht hat durch Teil-Urteil vom 10. Januar 2013 (Bl. 355 ff. d. A.) die Beklagte zur Zahlung von 897,96 € netto zuzüglich Zinsen sowie zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.046,20 € brutto an den Kläger verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt: Der allgemeine Feststellungsantrag sei unzulässig. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 5. April 2012 wirksam zum 31. Mai 2012 beendet worden. Der Kläger habe Anspruch auf die restliche Arbeitsvergütung für den Monat Mai 2012 sowie auf Urlaubsabgeltung. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen gewesen.
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Der allgemeine Feststellungsantrag sei unzulässig. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 5. April 2012 wirksam zum 31. Mai 2012 beendet worden. Die Schlechtleistung des Klägers am 23. März 2012, das Ausfahren des Fahrwerks zu vergessen, rechtfertige den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung. Der Kläger trage als Pilot eine hohe Verantwortung für das ihm anvertraute teure Fluggerät. Es sei seine Aufgabe, das Flugzeug in der Luft sicher zu führen und es vor allem auch wieder sicher zu landen. Dieser Verpflichtung sei er am 23. März 2012 nicht nachgekommen. Da das Fahrwerk nicht ausgefahren worden sei, habe der Flugzeugrumpf bei der Landung die Landebahn berührt. Hierdurch sei ein Schaden im mittleren fünfstelligen Bereich eingetreten. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Flugzeug tatsächlich mit einem defekten rechten Schubhebel aus der Wartung gekommen sei. Selbst wenn ein Defekt vorhanden gewesen sein sollte, so reduziere sich hierdurch das aufgetretene Fehlverhalten des Klägers nicht maßgeblich. Dem Kläger sei vorzuwerfen, dass er auch die Final-Checklist nicht bis zum letzten Punkt durchgearbeitet habe. Andernfalls hätte der Fehler nicht eintreten können. Es führe nicht zu einer Entschuldigung seines Fehlverhaltens, dass auch andere Sicherheitsvorkehrungen nicht funktioniert hätten. Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, den Checkflug im Flugzeug und nicht im Rahmen eines Simulatortrainings durchzuführen. Dass das Luftfahrtbundesamt wegen dieses Vorfalls gegen den Kläger und seinen Kollegen keine Sanktion verhängt habe und dass die Kaskoversicherung für den Schaden eingetreten sei, führe hier nicht dazu, von einem minderschweren Fehlverhalten des Klägers ausgehen zu können. Es reiche hier auch nicht aus, auf das mildere Mittel der Abmahnung zurückzugreifen. Der Kläger habe hier nicht abgemahnt werden müssen. Es sei für ihn offensichtlich gewesen, dass die Beklagte eine Landung ohne ausgefahrenes Fahrwerk nicht hinnehmen würde. Das Risiko, dass nochmals eine wesentliche Maßnahme bei einer Landung vergessen werde mit dem entsprechend hohen Risiko sowohl für das Fluggerät als auch für die Passagiere und Besatzungsmitglieder sei der Beklagten nicht zuzumuten. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen (Bl. 361 ff. d. A.) Bezug genommen.
- 43
Das genannte Teil-Urteil ist dem Kläger am 20. März 2013 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 19. April 2013 beim Landesarbeitsgericht einge-gangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 14. Mai 2013 bis zum 20. Juni 2013 verlängerten Be-rufungsbegründungsschrift mit am 20. Juni 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
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Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 18. November 2013 und 11. März 2014, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 403 ff., 476 ff. und 556 ff. d. A.) zusammengefasst geltend,
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bei dem ihm vorgeworfenen Fehlverhalten handele es sich um eine versehentliche Pflichtwidrigkeit. Er hätte vor Ausspruch einer Kündigung abgemahnt werden müssen. Die Zukunftsprognose sei ausgesprochen positiv, da er nie wieder, auch nicht in einer Ausnahmesituation vergessen werde, den letzten Checkpunkt abzuarbeiten.
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Außer dem Arbeitslosengeld in Höhe von monatlich 1.739,10 € habe er in dem den eingeklagten Vergütungsansprüchen zugrunde liegenden Zeitraum keinen Zwischenverdienst erzielt. Er sei auch nicht als Freelancer tätig gewesen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 10. Januar 2013 zu Az. 8 Ca 660/12 abzuändern,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 5. April 2012 nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugkapitän weiter zu beschäftigen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Juli 2012 abzüglich am 16. Juli 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von 1.739,10 € netto zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. August 2012 abzüglich am 31. Juli 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von 1.739,10 € zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an den ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. September 2012 abzüglich am 31. August 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von netto 1.739,10 € zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Oktober 2012 abzüglich am 30. September 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von netto 1.739,10 € zu zahlen,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. November 2012 abzüglich am 31. Oktober 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von netto 1.739,10 € zu zahlen,
die Beklagte wird verurteilt, an den ihn 5.500,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über EZB seit dem 1. Dezember 2012 abzüglich am 30. November 2012 erhaltenem Arbeitslosengeld von netto 1.739,10 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
hilfsweise das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, höchstens jedoch 4.125,00 € beträgt, aufzulösen.
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Der Kläger beantragt,
- 52
den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 29. Juli 2013 sowie der Schriftsätze vom 21. November 2013, 26. November 2013 und 27. Februar 2014, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 446 ff., 489 ff., 522 f. und 553 ff. d. A.) als rechtlich zutreffend.
- 54
Bereits eine fahrlässig begangene Fehlleistung könne geeignet sein, sogar einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu bilden. Maßgeblich sei vorliegend, dass es sich bei dem Führen von Flugzeugen - ungeachtet der Passagierkapazität - um ein besonders gefahrgeneigtes Arbeitsumfeld handele, in welchem der Arbeitgeber in besonderem Maß die Einhaltung der Mindestsorgfaltsanforderungen verlangen könne. Die schwerwiegende Fehlleistung des Klägers hätte zu einem besonders schweren Schaden am Fluggerät selbst sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit schwersten Verletzungen bis zum Tod der Flugzeugbesatzung sowie möglicher unbeteiligter Dritter führen können. Sie, die Beklagte, habe ihrerseits alles getan, die Möglichkeiten für eine Fehlleistung und die daraus resultierenden Folgen einzuschränken. Selbst wenn man – zugunsten des Klägers – unterstellen würde, dass der Schubhebel schwergängig gewesen sei, so stelle dies eine Erschwernissituation dar, deren Beherrschung von dem Kläger als erfahrenem Pilot abverlangt werden könne. Eine – subjektiv empfundene – Schwergängigkeit des Power Lever habe bereits vor dem Abheben des Flugzeugs in gleichem Maße wie in der Luft bemerkt werden müssen. Dem Kläger und seinem Kollegen sei es somit vor Antritt des Fluges möglich und zumutbar gewesen, den Übungsflug erst gar nicht anzutreten. Technisch ausgeschlossen sei, dass sich die – subjektiv empfundene – Schwergängigkeit während des Fluges aufgrund von Luftwiderstand- bzw. Temperaturänderungen merklich verschlimmert habe.
- 55
Der Kläger sei in seiner Postholder-Funktion als Sicherheitsbeauftragter für die Frage der Befähigungsüberprüfung und Schulung von Piloten zuständig gewesen und habe sie zu keinem Zeitpunkt während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses auf angebliche Missstände hingewiesen.
- 56
Auch eine Änderungskündigung sei als milderes Mittel nicht in Betracht ge-kommen. Ausweislich des Arbeitsvertrags sei der Kläger als Pilot eingestellt und beschäftigt. Die ihm übertragene Formalposition als Fachbereichsleiter Technik sei keine Position, für die sie einen eigenen Arbeitsplatz vorhalte. Diese werde grundsätzlich von den bei ihr beschäftigten Piloten im Rahmen ihrer Pilotentätigkeit miterledigt. Der Kläger habe für diese lediglich wenige Stunden im Monat aufzuwenden gehabt.
- 57
Sie bestreitet hinsichtlich der Zahlungsanträge mit Nichtwissen, dass der Kläger lediglich Arbeitslosengeldzahlungen in Höhe von lediglich 1.739,10 € netto erhalten habe. Ihr sei nicht bekannt, welche sonstigen Leistungen der Kläger entweder durch die Agentur für Arbeit X-Stadt oder aber durch etwaig erzielten Zwischenverdienst erhalten habe.
- 58
Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags könne ihr nicht zugemutet werden, den Kläger bei derart gravierenden Fehlleistungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Pilot weiter zu beschäftigen.
- 59
Die Beklagte trägt zur Begründung des hilfsweise gestellten Auflösungsantrags vor, in Anbetracht der der Kündigung zugrunde liegenden Vorwürfe sei das Beschäftigungsverhältnis aus Sicht der Beklagten derart zerrüttet, dass mit einer vertrauensvollen weiteren Zusammenarbeit nicht gerechnet werden könne. Aufgrund der schwerwiegenden Verfehlungen des Klägers sei insbesondere ihr Vertrauen in eine ordnungsgemäße und die Sicherheit der Flugpassagiere ausreichend berücksichtigende Aufgabenerledigung durch den Kläger zutiefst erschüttert, so dass das Beschäftigungsverhältnis aufzulösen sei. Auch habe der Kläger fortwährend vorgetragen, sie stelle fehlerhafte und defekte Fluggeräte zur Verfügung. Bei der Bemessung der Höhe der Abfindung sei maximal ein Faktor von 0,25/Jahr angemessen.
- 60
Der Kläger erwidert,
der Auflösungsantrag der Beklagten müsse bereits deshalb scheitern, da er nach dem hier streitgegenständlichen Vorfall von der Beklagten noch als technischer Flugbetriebsleiter eingesetzt worden sei.
- 61
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen vom 26. November 2013, 26. Februar 2014 und 12. März 2014 (Bl. 497 ff., 537 ff., 564 ff. d. A.) Bezug genommen.
- 62
Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 26. November 2013 darüber Beweis erhoben, ob am 23. März 2012 ein Defekt im Bereich des rechten Schubhebels der Cessna Citation525 vorlag und ob bei der anschließenden Reparatur Arbeiten am rechten Schubhebel durchgeführt wurden, durch Vernehmung der Zeugen C. und D.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der Sitzungen vom 26. Februar 2014 und 12. März 2014 (Bl. 537 ff. und 564 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
- 63
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
- 64
Der in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellte Auflösungsantrag der Beklagten gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 KSchG ist im Rahmen einer Anschlussberufung aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelung bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz möglich und damit vorliegend zulässig.
B.
- 65
In der Sache hatte die Berufung des Klägers weitgehend Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die ordentliche Kündigung vom 5. April 2012 aufgelöst worden. Daher ist die Beklagte zur Zahlung von Vergütung für die Monate Juni bis einschließlich November 2012 abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld nebst Zinsen zu verurteilen. Aufgrund der zwischenzeitlich ausgesprochenen weiteren Kündigung durch die Beklagte hatte der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers keinen Erfolg. Hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs war das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Der Auflösungsantrag der Beklagten war zurückzuweisen.
I.
- 66
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nach Auffassung der Kammer nicht durch die ordentliche Kündigung vom 5. April 2012 aufgelöst worden.
- 67
Eine ordentliche verhaltensbedingte Arbeitgeberkündigung ist grundsätzlich nur dann sozial gerechtfertigt, wenn ein (in der Regel schuldhaftes) Fehlverhalten des Arbeitnehmers gegeben ist, der Arbeitnehmer also seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, dieses Fehlverhalten auch betriebliche Auswirkungen hat, (in der Regel zumindest) eine einschlägige vorherige Abmahnung gegeben ist, danach ein weiteres einschlägiges schuldhaftes Fehlverhalten mit betrieblichen Auswirkungen vorliegt und eine umfassende Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung der betrieblichen Auswirkungen des Fehlverhaltens oder der Schlechtleistung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips das Überwiegen des Interesses des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ergibt.
- 68
1. Schlecht- oder Minderleistungen von Arbeitnehmern, die - nach Qualität, Quantität oder Arbeitstempo - außerhalb der nach dem Arbeitsvertrag hinzunehmenden Toleranzgrenze liegen, können, soweit es sich nicht um einmalige, jedem einmal passierende Vorfälle handelt, eine Verletzung des Arbeitsvertrags darstellen, die je nach den Umständen - aber nur nach vorheriger Abmahnung - zu einer Kündigung des Arbeitsvertrags berechtigen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig einen größeren Schaden verursacht (LAG Düsseldorf, Urteil vom 25. Juli 2003 - 14 Sa 657/03 - BeckRS 2003, 41748).
- 69
Eine solche Schlechtleistung des Klägers liegt darin, dass er als Flight-Captain das Fahrwerk nicht ausgefahren hat. Außerdem hat er zusammen mit dem Kollegen D. vor der Landung nicht die Final Check List abgearbeitet und aufgrund dieses Versäumnisses nicht bemerkt, dass das Fahrwerk nicht ausgefahren war. Zwischen den Parteien streitig ist weiter, ob der Kläger und sein Kollege D. ihre Pflichten auch dadurch verletzt haben, dass sie die Anfluggeschwindigkeit für den Checkflug falsch berechnet haben. Weiter streitig ist, ob der Kläger als Flight-Captain und der Zeuge D. als Check-Captain auch nach dem Auftreten der vorgetragenen Schwergängigkeit des Power Lever die Landung noch als 0 Flap-Landung hätten durchführen dürfen.
- 70
2. Das Fehlverhalten des Klägers hat sich auch betrieblich ausgewirkt. Es kam zu einer Gefährdung des Klägers selbst sowie seines Kollegen, der Gefahr und der Verwirklichung eines erheblichen Schadens an dem Flugzeug.
- 71
3. Vor Ausspruch der verhaltensbedingten Kündigung wurde von der Beklagten gegenüber dem Kläger keine Abmahnung ausgesprochen. Ein weiteres einschlägiges Fehlverhalten nach Ausspruch einer Abmahnung liegt nicht vor. Es handelte sich um eine einmalige fahrlässige Pflichtverletzung durch den Kläger. Nach Ansicht der Kammer kann letztlich dahin stehen, ob im vorliegenden Fall der Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich war, weil die Tätigkeit des Klägers besonders verantwortungsvoll und sein Fehlverhalten besonders schwerwiegend war. Jedenfalls ergibt sich aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung ein Überwiegen des Interesses des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber demjenigen der Beklagten an seiner Beendigung.
- 72
Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das so genannte Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für die Vertragspflichtverletzung, sondern sie dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt die Kündigung wegen einer Vertragsverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose (BAG, Urteil vom 19. April 2007 - 2 AZR 180/06- AP BGB § 174 Nr. 20, Rz. 47 m. w. N.; vom 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - NZA 2006, 917, 921, Rz. 54). Die Abmahnung ist zugleich aber auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren.
- 73
Einer Abmahnung bedarf es bei einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes generell nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten ist oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren einmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen und nach objektiven Maßstäben auch unzumutbar ist (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - BeckRS 2011, 78172, Rz. 35; vom 24. März 2011 - 2 AZR 282/10 - NZA 2011, 1029, Rz. 15, jeweils m. w. N.). Stets ist konkret zu prüfen, ob nicht objektiv die Prognose berechtigt ist, der Arbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten.
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Bei besonders verantwortungsvollen Tätigkeiten (zum Beispiel als Pilot, Arzt) soll allein das Risiko des Eintritts eines hohen Schadens schon bei fahrlässigen Pflichtverletzungen eine (fristlose) Kündigung rechtfertigen können, wenn dadurch das notwendige Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien unheilbar zerstört wurde, wenn das Versehen geeignet war, einen besonders schweren Schaden herbeizuführen und der Arbeitgeber das Seine getan hat, die Möglichkeiten für ein solches Versehen und seine Folgen einzuschränken (BAG, Urteil vom 14. Oktober 1965 - 2 AZR 466/64, zitiert nach juris, Rz .16; LAG Düsseldorf, Urteil vom 25. November 2009 - 12 Sa 879/09, zitiert nach juris, Rz. 22; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 18. November 2009 - 8 TaBV 29/09 - zitiert nach juris, Rz. 24; Urteil vom 29. September 2010 - 8 Sa 229/10 - zitiert nach juris, Rz. 39). Insbesondere die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Kunden des Arbeitgebers oder Dritter können zur (außerordentlichen) Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Verursacher berechtigen (ErfKomm/Müller-Glöge, 14. Aufl. 2014, § 626 BGB Rn. 128 m. w. N.). Das Führen einer Cessna mit 6 Passagiersitzen ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, die mit einer Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Besatzung und der Passagiere verbunden ist. Selbst ein einziger, auf Unachtsamkeit beruhender Fehler kann gravierende Folgen haben. Ebenfalls kann ein erheblicher Sachschaden unter anderem am Fluggerät entstehen. Ähnlich ist aber auch das Steuern eines Reisebusses oder eines Sattelzuges im Straßenverkehr mit erheblichen Gefahren verbunden.
- 75
Zwar ist die Beklagte der Ansicht, der Kläger habe durch sein Fehlverhalten seine grundsätzliche Ungeeignetheit als Pilot nachgewiesen. Entscheidend ist jedoch nicht der (subjektive) Standpunkt des Arbeitgebers, sondern es ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Danach ist zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen können. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Luftfahrtbundesamt aus Anlass des Vorfalls vom 23. März 2012 keine Sanktionen gegenüber dem Kläger verhängt hat. In der Luftfahrt ist die Lizenz für Berufspiloten mit den entsprechenden Musterberechtigungen, geregelt in der JAR-FCL 1 vom 17. November 2008, das Äquivalent zum Führerschein. So haben die Parteien auch in § 2 Ziff. 2 Abs. 2 des Arbeitsvertrages vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen automatisch endet, falls der Kläger seine Lizenz verliert oder ihm seine Typenberechtigungen, die für den Flugbetrieb der Beklagten notwendig sind, oder seine IFR-Berechtigung entzogen werden. Der Kläger verfügt auch nach dem Vorfall vom 23. März 2012 noch über die entsprechende Lizenz. Er ist daher unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabs weiterhin als Pilot geeignet.
- 76
Der Vorfall vom 23. März 2012 ereignete sich darüber hinaus in einer sehr ungewöhnlichen Situation, in der mehrere Gefahrenmomente zusammenkamen. Der Kläger und der Zeuge D. führten zum einen so genannten Checkflug durch. Im Rahmen dieses Checkflugs werden besonders gefährliche, den Piloten sowie den Copiloten besonders beanspruchende Flugmanöver durchgeführt. So wurde im vorliegenden Fall ein Triebwerksausfall simuliert. Die Durchführung eines solchen Checkflugs birgt stets besondere Gefahren. Die risikofreie Option, - nach Erteilung einer entsprechenden Sondergenehmigung - statt des Checkflugs eine Übung am Simulator durchführen zu lassen, wurde von der Beklagten nicht wahrgenommen.
- 77
Zusätzlich kam die Cessna Citation 525 direkt aus der Werkstatt. Während des Checkflugs waren - nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme - die beiden Power Lever ungleich schwergängig. Der Zeuge D. hat im Rahmen seiner Vernehmung ausgesagt, nach dem Abheben sei deutlich geworden, dass der rechte Power Lever schwergängig gewesen sei. Der Kläger habe bemerkt, dass der Power Lever zu schwer gegangen sei. Er habe gesagt, dass das nicht gut repariert sei und ihn gebeten zu prüfen. Er habe selbst gefühlt. Es sei eine sehr große Differenz gewesen. Er habe als Flieger nicht feststellen können, wieviel Newton Unterschied das gewesen seien. Der Unterschied zwischen den beiden Power Levern sei deutlich gewesen. Das sei nicht mehr normal gewesen. Zwar hat der Zeuge D. ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Schließlich wird der Kläger in der noch in der ersten Instanz anhängigen Widerklage als Gesamtschuldner neben dem Zeugen D. auf Schadensersatz wegen des Vorfalls in Anspruch genommen. Außerdem wendet der Zeuge D. sich im Parallelverfahren gegen eine ihm gegenüber ausgesprochene Kündigung der Beklagten wegen desselben Vorfalls. Tatsächlich haben der Zeuge D. und der Kläger aber unstreitig bereits in der Luft vor dem Landeanflug entschieden, den Checkflug vorzeitig abzubrechen. Ebenfalls hat der Zeuge C. bestätigt, dass der Kläger ihm gegenüber unmittelbar nach der Landung angegeben habe, neben einer defekten Fahrwerkswarnung habe der Gaszug gehakt oder gehangen. In-folge dieser Aussage wurde das Flugzeug im Hinblick auf diesen Punkt überprüft. Der Zeuge C. hat weiter bestätigt, dass die an den beiden Gashebeln gemessenen Kräfte unterschiedlich waren. Man habe definitiv am rechten Gashebel etwas mehr Kraft benötigt. Zwischen dem linken und dem rechten Gashebel seien etwa 5 Newton Unterschied gewesen. Auch wenn - wie der Zeuge C. ausgesagt hat - die Werte der Power Lever jeweils im Rahmen des Limits des Wartungshandbuchs gelegen haben sollten, wiesen diese eine spürbare Differenz auf. Der Zeuge C. hatte keine Veranlassung, den Sachverhalt zugunsten des Klägers darzustellen. Im Gegenteil war die, für die der Zeuge C. als Werftleiter tätig war, verantwortlich für den ordnungsgemäßen Zustand der Cessna nach Durchführung der Wartung. Letztlich war die Schwergängigkeit des rechten Power Lever jedoch nicht so schwerwiegend, dass sie eine ordnungsgemäße Landung unmöglich gemacht hätte. So konnte die Cessna nach dem Durchstarten in der Folgerunde sicher gelandet werden. Den Piloten ist daher nicht vorzuwerfen, dass sie den Flug angetreten haben, obwohl sie - nach der streitigen Ansicht der Beklagten bereits vor dem Start hätten erkennen können, dass der rechte Power Lever schwergängig ist.
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Die zwischen den Parteien streitige Störung der Funkfrequenzen und die dadurch verspätete Warnung der Piloten war nicht ursächlich für das Fehlverhalten, nämlich das Nichtausfahren des Fahrwerks beim Landeanflug und das Nichtabarbeiten der Checkliste bis zum Ende. Durch eine frühere Warnung hätte allenfalls der Eintritt des Schadens vermieden werden können.
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Soweit die Beklagte befürchtet, wegen der psychischen Ausnahmesituation des „Beinahe-Unfalls“ auch für die Piloten, sei nicht absehbar, wie der Kläger in einer möglicherweise zukünftig auftretenden, echten Notsituation reagiere, hat der Kläger durch das schnelle Durchstarten der Maschine auf den „go around“-Befehl des Towers und die an eine weitere Flugplatzrunde anschließende sichere und ereignislose Landung gezeigt, dass er auch nach dem Vorfall in der Lage war, routiniert zu handeln.
- 80
Schließlich konnte es zu dem Vorfall nur kommen, weil auch der erfahrene Kollege des Klägers, der Zeuge D., entgegen seinen Pflichten als Check-Captain nicht bemerkt hatte, dass der Kläger das Fahrwerk nicht ausgefahren hat. Auch hat der Zeuge D. nicht gemeinsam mit dem Kläger die Checkliste bis zum Ende abgearbeitet. Soweit die Beklagte zur Begründung der Kündigung darauf abstellt, dass die Landung nach dem Auftreten von – subjektiv empfundener – Schwergängigkeit des Power Lever, nicht mehr „flapless“ hätte durchgeführt werden dürfen, ist zu berücksichtigen, dass das Programm während des Checkfluges nicht vom Flight Captain, also dem Kläger, sondern vom Check Captain festgelegt wird. Soweit die Beklagte dem Kläger und dem Zeugen D. vorwirft, die Landeanfluggeschwindigkeit nicht oder nicht korrekt berechnet zu haben, handelt es sich um einen streitigen Verstoß, bei dem eine vorherige Abmahnung vor Ausspruch einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung nicht entbehrlich ist. Anders als bei einer Landung ohne ausgefahrenes Fahrwerk musste für den Kläger nicht ohne Weiteres erkennbar sein, dass für die Beklagte welches genaue Fehlverhalten nicht tolerierbar war.
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Fraglich ist daher bereits, ob durch das einmalige, fahrlässige Fehlverhalten des Klägers in dieser ungewöhnlichen Situation das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien unheilbar zerstört werden konnte.
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4. Jedenfalls überwiegt aber nach Ansicht der Kammer das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber demjenigen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
- 83
Selbst wenn an sich ein geeigneter Grund zur Rechtfertigung einer Kündigung vorliegt, kann eine hierauf gestützte Kündigung das Arbeitsverhältnis gleichwohl nur dann beenden, wenn sich bei einer umfassenden Interessenabwägung ergibt, dass das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers im Verhältnis zum Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt.
- 84
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sie die Verantwortung für die Sicherheit zukünftiger Flüge des Klägers, für die Sicherheit der Passagiere und des Co-Piloten trägt. Im Falle eines Flugzeugabsturzes steht ihr Ruf als Fluggesellschaft in der Öffentlichkeit und somit auch wegen ihres Haftungsrisikos ihre wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Kläger im Rahmen des Checkfluges gerade seine fliegerische Eignung nachweisen sollte. Es war daher zu erwarten, dass der Kläger in besonderem Maße konzentriert fliegen würde und die vorgeschriebenen Checklisten abarbeiten würde. Als Postholder Technik und Safety bekleidet der Kläger außerdem eine herausgehobene Position. Ihm wird besonderes Vertrauen entgegengebracht. Von ihm war daher auch unter diesem Gesichtspunkt höchste Aufmerksamkeit im Hinblick auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zu erwarten. Die Kammer hat auch berücksichtigt, dass der Kläger im Zuge des Verfahrens Ursachen für den Vorfall vom 23. März 2012 (auch) bei der Beklagten und bei Dritten (insbesondere bei der Firma ) sowie dem Umstand, dass der Flugraum überlastet und die Funkverbindung gestört gewesen sein soll, gesucht hat. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers hält sich jedoch im Rahmen der berechtigten Wahrnehmung seiner Interessen im Kündigungsschutzprozess und der Abwehr der gegen ihn gerichteten Schadensersatzansprüche der Beklagten.
- 85
Zugunsten des Klägers ist hingegen sein Lebensalter zu berücksichtigen. Er ist geboren 1949 und erreicht damit 2014 die Altersgrenze des § 1 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages (Vollendung des 65. Lebens-jahres) sowie nach JAR-FCL 1.060 Buchst. (b). Ebenfalls ist das Arbeitsverhältnis bislang völlig störungsfrei seit seiner Wiedereinstellung am 23. März 2009 verlaufen ist. Zuvor war er bereits vom 1. August 2005 bis ins Jahr 2008 bei der Beklagten beschäftigt. Er verfügt über 7.800 Flugstunden, davon 3.300 auf dem Flugmuster. Die bisherige Zufriedenheit der Beklagten mit der Tätigkeit des Klägers zeigt sich gerade daran, dass sie den Kläger auch als Postholder Technik und Safety eingesetzt hat. Diese Position hat der Kläger auch noch über den 23. März 2012 hinaus innegehabt. Bei dem Vorfall vom 23. März 2012 handelte es sich um ein einmaliges Fehlverhalten, bei dem - insbesondere in Anbetracht der damit verbundenen Selbstgefährdung - davon auszugehen ist, dass der Kläger es in Zukunft vermeiden will.
- 86
Daher überwiegt das Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber demjenigen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten aufgelöst worden.
II.
- 87
Der Auflösungsantrag der Beklagten hatte keinen Erfolg. Denn vorliegend sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung nicht gegeben.
- 88
Stellt das Gericht in einem Kündigungsrechtsstreit fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst worden ist, hat es nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht mehr erwarten lassen.
- 89
Nach der Grundkonzeption des KSchG führt eine sozialwidrige Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das KSchG ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Bezogen auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers wird dieser Grundsatz durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Da hiernach eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur ausnahmsweise in Betracht kommt, sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen. Eine Auflösung kommt vor allem dann in Betracht, wenn während eines Kündigungsschutzprozesses zusätzliche Spannungen zwischen den Parteien auftreten, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sinnlos erscheinen lassen (BAG, Urteil vom 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - NZA 2006, 917, 922). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Aus Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhalten zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG, Urteil vom 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - NZA 2006, 917, 923 m. w. N.). Dabei ist für die Überprüfung des Auflösungsantrags nur das Tatsachenmaterial zu berücksichtigen, sind die Gründe einer Überprüfung zu unterziehen, auf die der Arbeitnehmer den Auflösungsantrag ausdrücklich gestützt hat (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. Januar 2005 - 7 Sa 525/04 - zitiert nach juris, Rz. 66).
- 90
Die Beklagte hat vorliegend keine solchen Gründe im Sinn des § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG behauptet, die einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit zwischen den Parteien entgegenstehen. Soweit sie pauschal anführt, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien sei unwiederbringlich zerstört, genügt dieser pauschale Vortrag nicht, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG zu rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05 - NZA 2006, 917, 923 m. w. N.). Auch die bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt nicht. In den Fällen, in denen der Arbeitgeber sich auf solche Gründe beruft, mit denen er zuvor - erfolglos - die ausgesprochene Kündigung begründet hat, muss er zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass der Kündigungssachverhalt, obwohl er die Kündigung nicht rechtfertigt, gleichwohl so beschaffen ist, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht zu erwarten ist (BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 22. Oktober 2004 - 1 BvR 1944/01 - NZA 2005, 41). Solche zusätzlichen Tatsachen hat die Beklagte vorliegend nicht vorgetragen. Soweit die Beklagte sich zur Begründung des Auflösungsantrages darauf gestützt hat, der Kläger habe mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie fehlerhafte und defekte Fluggeräte zur Verfügung stelle, nahm der Kläger anknüpfend an die Schwergängigkeit des rechten Power Levers im Rahmen der vorliegenden prozessualen Auseinandersetzung seine berechtigten Interessen wahr. Schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durfte der Kläger in den Grenzen der Wahrheitspflicht alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BAG, Urteil vom 24. März 2011 – 2 AZR 674/09 – AP Nr. 67 zu § 9 KSchG 1969 Rz. 22). Er hat nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufgestellt, deren Unhaltbarkeit ohne weiteres auf der Hand liegt. Vielmehr waren die Power Lever auch nach den von der am darauffolgenden Montag durchgeführten Messungen unterschiedlich schwergängig.
- 91
Nach alledem war der Auflösungsantrag zurückzuweisen.
III .
- 92
Nach dem Ausspruch einer weiteren - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Kündigung kann der Kläger nicht mehr seine Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verlangen.
- 93
Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27. Februar 1985 - GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat der gekündigte Arbeitnehmer auch außerhalb der Regelungen der §§ 102 Abs. 5, 79 Abs. 2 BPersVG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung begründe die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsprozesses ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Dieses überwiege in der Regel das Beschäftigungsinteresse des Arbeitnehmers bis zu dem Zeitpunkt, in dem im Kündigungsprozess ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil bestehe, könne die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen.
- 94
Hat aber ein Arbeitsgericht festgestellt, dass eine bestimmte Kündigung unwirksam ist und hat es deshalb den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung verurteilt, führt eine weitere Arbeitgeberkündigung jedenfalls dann zu einer zusätzlichen Unsicherheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, wenn diese auf einen neuen Lebenssachverhalt gestützt wird, der es möglich erscheinen lässt, dass die erneute Kündigung eine andere rechtliche Beurteilung erfährt. Diese zusätzliche Unsicherheit lässt das schutzwürdige Interesse des Arbeitgebers wieder überwiegen (DLW/Dörner, 11. Aufl. 2014, Kap. 4 Rn. 3523). Eine solche zusätzliche Unsicherheit ist im vorliegenden Rechtsstreit infolge der weiteren Arbeitgeberkündigung vom 30. November 2012 gegeben.
IV.
- 95
1. Die weitergehende Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate Juni 2012 bis einschließlich November 2012 abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld ist ebenfalls begründet.
- 96
Infolge der Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung(en) hat der Kläger gegen die Beklagte gemäß § 615 S. 1 BGB Anspruch auf Zahlung seiner vertragsgemäßen Vergütung in Höhe von 5.500,00 € brutto. Hiervon ist das vom Kläger gemäß Bewilligungsbescheid vom 11. Juli 2012 bezogene Arbeitslosengeld in Abzug zu bringen, da die Arbeitsentgeltansprüche des Klägers insoweit gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf den Sozialleistungsträger übergegangen sind.
- 97
2. Der Vergütungsanspruch des Klägers ist gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 614 BGB mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Hinsichtlich des Zinsanspruchs waren die Arbeitslosengeldzahlungen zu berücksichtigen.
V.
- 98
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den hilfsweise gestellten Urlaubsabgeltungsanspruch war von Amts wegen aufzuheben. Da die Entscheidung insoweit unter der auflösenden Bedingung stand, dass dem Hauptantrag nicht stattgegeben wird, fehlt es ihr nunmehr an einer verfahrensrechtlichen Grundlage (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99 - NJW 2001, 1127, 1130 m. w. N.; MünchKomm-Rimmelspacher, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 528 ZPO, Rn. 43; Musielak/Ball, ZPO, 10. Aufl 2013, § 518, Rn. 6).
C.
- 99
Die Entscheidung hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten war dem Schlussurteil vorzubehalten. Die Kammer konnte jedoch bereits abschließend über die Kosten des Berufungsverfahrens entscheiden. Der weitere Verlauf des Rechtsstreits kann keine Auswirkungen auf die Kosten für das Berufungsverfahren haben. Die Entscheidung über die zweitinstanzlichen Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.
- 100
Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.
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Annotations
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.
(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
(1) Die Personalvertretungen sind in angemessenen Zeitabständen neu zu wählen.
(2) Die Personalvertretungen können wegen grober Vernachlässigung ihrer gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung ihrer gesetzlichen Pflichten durch gerichtliche Entscheidung aufgelöst werden. Das gleiche gilt für den Ausschluß einzelner Mitglieder.
(1) Der Personalrat wirkt bei der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber mit. § 77 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Der Personalrat kann gegen die Kündigung Einwendungen erheben, wenn nach seiner Ansicht
- 1.
bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden sind, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 8 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt.
(2) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Satz 4 nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muß der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Arbeitsgericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Personalrates offensichtlich unbegründet war.
(3) Vor fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen ist der Personalrat anzuhören. Der Dienststellenleiter hat die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Hat der Personalrat Bedenken, so hat er sie unter Angabe der Gründe dem Dienststellenleiter unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen schriftlich mitzuteilen.
(4) Eine Kündigung ist unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Soweit der Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfüllt und deshalb ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, geht der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über.
(2) Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann.
(3) An Stelle der Ansprüche des Arbeitnehmers auf Sachbezüge tritt im Fall des Absatzes 1 der Anspruch auf Geld; die Höhe bestimmt sich nach den nach § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Vierten Buches festgelegten Werten der Sachbezüge.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.