Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 09. Apr. 2013 - 6 Sa 529/12


Gericht
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az.: 8 Ca 4420/11 - vom 25.09.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
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Der 1974 geborene, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit 01. Juli 1999 bei der beklagten Stadt kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 02. Mai 1999 als Angestellter für Aufgaben der Überwachung des ruhenden Verkehrs als Hilfspolizeibeamter und zur Durchführung allgemeiner ordnungs- und verwaltungsbehördlicher Maßnahmen angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der BAT bzw. seit dem 1. Oktober 2005 der TVöD in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung Anwendung (im Folgenden: TVöD-VKA). Der Kläger bezieht als Vollzeitbeschäftigter zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 2.850,00 Euro.
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Am 09. November 2011 hielt sich der Kläger nach den Beobachtungen eines von der Beklagten eingeschalteten Detektivs während seiner Dienstzeit von 11.14 Uhr bis 11.55 Uhr in der Pizzeria „A“ in K auf, aß eine Pizza, trank zwei Kaffee und suchte die Toilette auf. In seinem handschriftlich verfassten Arbeitszeiterfassungsdokument trug der Kläger für diesen Tag den Zeitraum von 9.00 Uhr bis 13.15 Uhr als Außendiensttätigkeit ein unter gleichzeitiger Angabe seiner Pause von 13.15 Uhr bis 14.00 Uhr. Der Kläger wurde von der Beklagten zu diesem Vorfall am 22. November 2011 angehört und gab keine Erklärung ab.
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Der von der Beklagten mit Schreiben vom 24. November 2011 unter Beifügung eines Entwurf des Kündigungsschreibens beteiligte Personalrat teilte mit Schreiben vom 25. November 2011 mit, da eine Abwägung der Beklagten, ob das mildere Mittel der Abmahnung ausreichend sei, nicht ersichtlich sei, werde gebeten, diese Abwägung - falls nicht geschehen - vor Kündigungsausspruch nachzuholen.
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Die Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am gleichen Tag zugegangenem Schreiben vom 25. November 2011 unter Berufung auf einen Arbeitszeitbetrug wegen des Geschehens vom 09. November 2011 außerordentlich fristlos. Das Kündigungsschreiben war vom Stadtverwaltungsrat W unter Angabe seiner Funktion als stellvertretender Leiter des Haupt- und Personalamtes mit dem Zusatz „im Auftrag“ unterzeichnet. Eine Kündigungsvollmacht lag dem Kündigungsschreiben nicht bei. Das bei der Beklagten für den inneren Dienstgebrauch vorgesehene Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters der Beklagten Nr. 12 vom 05. Juni 2008 beinhaltete eine Information über die Übertragung der stellvertretenden Leitung des Haupt- und Personalamtes an den Zeugen W und der hiermit für Kündigungen von Beschäftigten bis einschließlich Entgeltgruppe 8 verbundenen Kündigungs- vollmacht. Die näheren Umstände der Bekanntmachung des Mitteilungsblattes in der Behörde des Klägers, insbesondere gegenüber dem Kläger, sind zwischen den Parteien streitig. Der Kläger wies die Kündigung über seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 30. November 2011 wegen fehlender Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurück und bestritt zugleich die Bevollmächtigung des Zeugen W zum Kündigungsausspruch.
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Der Kläger hat am 12. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben.
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Er hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kündigung sei bereits aus formellen Gründen unwirksam, da - ungeachtet der bestrittenen Bevollmächtigung des unterzeichnenden stellvertretenden Leiters des Haupt- und Personalamtes - keine Originalkündigungsvollmacht vorgelegt worden sei. Er habe von dessen Vollmacht keine Kenntnis gehabt und sei auch nicht über die Vollmacht in Kenntnis gesetzt worden, insbesondere könne sich die Beklagte insoweit nicht auf das Mitteilungsblatt des des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 05. Juni 2008 berufen, da er von diesem Mitteilungsblatt, dessen Auslage in seiner Dienststelle mit Nichtwissen bestritten werde, keine Kenntnis genommen habe und die Beklagte nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass offenbar ca. 25 Mitteilungsblätter pro Jahr ausgelegt würden, auch nicht von einer Kenntnisnahme habe ausgehen können. Einen Arbeitszeitbetrug habe er jedenfalls nicht begangen, da ihm keine nachhaltige rechtswidrige und schuldhafte Arbeitsverweigerung, allenfalls eine Arbeitsbummelei vorgeworfen werden könne. Ein schwerwiegender Vertrauensbruch liege zudem nicht vor, weil erst nach seiner Kündigung die Mitarbeiter angewiesen worden seien, keine privaten Erledigungen während des Dienstes mehr zu verrichten, während vorher kommuniziert worden sei, der Beklagten bekannte gelegentliche kurze Pausen dem Bürger nicht zu erkennen zu geben. Die Kündigung sei zudem angesichts des allenfalls entstandenen Schadens in Höhe eines Bruttostundenlohns à 10,00 Euro und des bis dato beanstandungsfreien Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig und eine Abmahnung ausreichend gewesen. Im Übrigen werde die Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Abs. 2 BGB ebenso wie die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates gerügt.
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Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 25. November 2011 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 12
Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kündigung sei nicht formell unwirksam. Da der Leiter des Haupt- und Personalamtes offensichtlich zum Kündigungsausspruch berechtigt sei, gelte dies auch für seinen Stellvertreter. Im Übrigen sei im Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters vom 05. Juni 2008 sowohl die Übertragung der Funktion, als auch die Bevollmächtigung bekannt gegeben worden. Die Mitteilungsblätter lägen drei bis vier Monate in der Leseecke im auch vom Kläger regelmäßig aufgesuchten Geschäftszimmer seiner Dienststelle aus und die Hilfspolizeibeamten seien gehalten, hiervon Kenntnis zu nehmen. Zudem erfolge regelmäßig ein Hinweis des zuständigen Sachbearbeiters M auf wichtige Informationen. Die fristlose Kündigung sei berechtigt, weil der Kläger durch die vorsätzliche falsche Eintragung von 41 Minuten als Arbeitszeit für seinen privaten Pizzeria-Aufenthalt einen Arbeitszeitbetrug begangen habe, der besonders schwer wiege, weil sie dem Kläger das Erfassen seiner Arbeitszeit in eigener Zuständigkeit und Verantwortung im Rahmen eines Vertrauensvorschusses überlassen habe. Da die Arbeitsleistung des deswegen ermahnten Klägers seit geraumer Zeit ohne rationelle Begründung mit 61 % weit unterhalb der Durchschnittsleistung aller anderen Hilfspolizisten gelegen habe, sei ihr der Verdacht gekommen, dass er während der Arbeitszeit anderen Verrichtungen, insbesondere einer Nebentätigkeit, nachgehe und sie habe eine Detektei mit einer dreitägigen Überwachung des Klägers betraut, von deren Bericht das Ordnungsamt am 15. November 2011 Kenntnis erlangt habe. Der Personalrat sei aus im Einzelnen geschilderten Gründen ordnungsgemäß angehört worden.
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Das Arbeitsgericht Koblenz hat der Klage mit Urteil vom 25. September 2012 (Bl. 152 - 162 d. A.), auf dessen Tatbestand zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes ergänzend Bezug genommen wird, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen sei und der Kläger die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückgewiesen habe. Das Zurückweisungsrecht sei nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen gewesen, da die Beklagte den Kläger nicht ausreichend über das Kündigungsrecht des stellvertretenden Leiters des Haupt- und Personalamtes in Kenntnis gesetzt habe. Hierzu sei ein Handeln der Beklagten erforderlich gewesen, um dem Kläger aufzuzeigen, auf welche Weise er den Namen des aktuellen stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters erfahren könne. Allein die Auslage des Mitteilungsblattes vom 05. Juni 2008 habe hierzu nicht genügt, da nicht vorgetragen worden sei, wer die Mitarbeiter wann dazu angehalten haben soll, von dem entsprechenden Mitteilungsblatt Kenntnis zu nehmen. Ein konkreter Hinweis des Herrn M sei ebenfalls nicht vorgetragen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 156 ff. d. A. Bezug genommen.
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Die Beklagte hat gegen das ihr am 30. Oktober 2012 zugestellte Urteil mit am 26. November 2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis 30. Januar 2013 aufgrund Beschlusses vom 17. Dezember 2012 mit Schriftsatz vom 21. Januar 2013, bei Gericht eingegangen am 25. Januar 2013, begründet.
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Die Beklagte macht mit ihrer Berufungsbegründung (Bl. 181 ff. d. A.) und den weiteren Schriftsätzen vom 20. Februar 2013 (Bl. 240 ff. d. A.) 22. März 2013 (Bl. 261 ff. d. A.) und 04. April 2013 (Bl. 271 d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen geltend, die Kündigung sei nicht bereits formell unwirksam. Das Arbeitsgericht überspanne die üblichen Anforderungen der Rechtsprechung im Rahmen von § 174 Satz 2 BGB. Jedem Arbeitnehmer - auch dem seit Juli 1999 beschäftigten Kläger - der Beklagten sei bekannt, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter durch das Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters über wichtige Vorgänge wie Übertragung von entsprechenden Vollmachten und Funktionen, Stellenausschreibungen und - wie konkret beim Mitteilungsblatt Nr. 12 aus 2008 - über die Erhöhung der Arbeitszeit informiere. Ob der Kläger aus Desinteresse tatsächlich vom Mitteilungsblatt keine Kenntnis genommen habe, sei irrelevant. Das Mitteilungsblatt, welches zum damaligen Zeitpunkt das einzige Informationsmedium des Oberbürgermeisters gewesen sei, unterscheide sich vom sog. „schwarzen Brett“ und sei ein geeignetes Mittel zur Inkenntnissetzung. Es sei 2008 vom Haupt- und Personalamt in entsprechend vervielfältigter Anzahl herausgegeben worden und allen Ämtern und Eigenbetrieben der Beklagten zugesandt worden. Um die Kenntnisnahme des Einzelnen sicherzustellen, werde ein sog. Umlaufzettel an dem jeweiligen Mitteilungsblatt befestigt, auf welchem jeder Beschäftigte mittels handschriftlicher Paraphe seine Kenntnisnahme zum Ausdruck bringen solle. Nachfragen beim für den Kläger zuständigen Ordnungsamt hätten ergeben, dass die Mitteilungsblätter aus den vergangenen Jahren dort bereits vernichtet worden seien, während sie beispielsweise im Rechtsamt archiviert würden. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren rüge, dass die Kündigung vom Zeugen W nur „im Auftrag“ unterzeichnet sei, resultiere dies allein aus der aus der Dienst- und Geschäftsordnung der Beklagten ersichtlichen abgestuften Zeichnungsbefugnis und lasse keine Rückschlüsse auf den fehlenden Vertretungswillen zu.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25. September 2012, Aktenzeichen 8 Ca 4420/11 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 04. März 2013 (Bl. 243 ff. d. A) und der Schriftsätze vom 13. März 2013 (Bl. 255 d. A.) und 02. April 2013 (Bl. 268 d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, und trägt im Wesentlichen vor,
der stellvertretende Leiter des Haupt- und Personalamtes sei nicht in eine Stellung berufen, mit der das Kündigungsrecht üblicherweise einhergehe. Dadurch, dass er die Kündigung „im Auftrag“ unterzeichnet habe, werde indiziert, dass er nicht selbst für die Beklagte habe handeln wollen, sondern nur als Erklärungsbote aufgetreten sei. Die unsubstantiierten Behauptungen der Beklagten, die Vollmachterteilung sei allen Mitarbeitern im Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters der Beklagten bekannt gegeben worden, jedem Arbeitnehmer sei die Informationsfunktion des Mitteilungsblattes für wichtige Vorgänge bekannt gewesen, und die vervielfältigten Mitteilungsblätter seien mit Umlaufzettel im Geschäftszimmer des Ordnungsamtes ausgelegt worden, werde ebenso bestritten wie deren unsubstantiierter Vortrag, die Mitarbeiter seien zur Kenntnisnahme gehalten und vom Sachbearbeiter M auf wichtige Informationen hingewiesen worden. Er sei gerade nicht dazu aufgefordert worden, das Mitteilungsblatt zur Kenntnis zu nehmen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 09. April 2013 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A
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Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen stattgegeben.
I.
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Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 30. Oktober 2012 mit am 26. November 2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und nach Fristverlängerung aufgrund Beschlusses vom 17. Dezember 2012 bis 30. Januar 2013 mit Schriftsatz vom 21. Januar 2013, bei Gericht eingegangen am 25. Januar 2013, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).
II.
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Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 25. November 2011 nicht aufgelöst worden ist. Die Kündigung ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, da ihr keine Vollmachtskurkunde beigefügt war und der Kläger die Kündigung deshalb unverzüglich zurückgewiesen hat. Da die Beklagte den Kläger über das Kündigungsrecht des stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters W nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt hat, war das Zurückweisungsrecht auch nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
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1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(BAG 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 - Rn. 20; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33; jeweils zitiert nach juris). § 174 BGB findet auch im öffentlichen Dienst Anwendung(BAG 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO, Rn. 34).
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2. Die Voraussetzungen des § 174 Satz 1 BGB liegen vor. Der Kläger hat die Kündigung der Beklagten wegen fehlender Vollmachtsvorlage unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.
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2.1. Für die Frage, ob eine Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muss daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung des Rates eines Rechtskundigen darüber einzuräumen, ob er das einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Bevollmächtigung zurückweisen soll. Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Bevollmächtigung zurückweisen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (st. Rspr., vgl. BAG 08. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 32; zitiert nach juris). Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB(vgl. BAG 08. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - aaO Rn. 33 mwN; KR/Friedrich 9. Aufl. § 13 KSchG Rn. 344).
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2.2. Da das Kündigungsschreiben ohne Kündigungsvollmacht des stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters W dem Kläger am Freitag, den 25. November 2011 zuging, hatte er die Möglichkeit, ab Montag, dem 28. November 2011 bei seinem Prozessbevollmächtigten Rechtsrat einzuholen. Die Zeit bis zur Zurückweisung der Kündigung durch das Schreiben vom 30. November 2011 erweist sich vor diesem Hintergrund als angemessene Überlegungsfrist iSd § 174 S. 1 BGB. Ein schuldhaftes Zögern des Klägers ist nicht erkennbar.
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3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen.
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Der Kläger war nicht im Sinne der Vorschrift von der Beklagten über die Bevollmächtigung des stellvertretendenden Haupt- und Personalamtsleiters W in Kenntnis gesetzt.
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3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(BAG seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - Rn. 17; zitiert nach juris). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - Rn. 31; zitiert nach juris). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - Rn. 19; jeweils zitiert nach juris). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 25, zitiert nach juris; vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).
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Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen (BAG BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 26; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - Rn. 16 jeweils zitiert nach juris). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 -; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - jeweils aaO).
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Der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. BAG 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38; jeweils zitiert nach juris). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 30; zitiert nach juris).
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3.2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ausdrücklich klargestellt hat, ihm sei weder die Funktion, noch die Kündigungsberechtigung des stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters W bekannt gewesen, nicht vor Ausspruch der Kündigung iSd. § 174 Satz 2 BGB über die Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt.
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a) Es erscheint zweifelhaft, ob - wie die Beklagte meint - die Übertragung der Funktion des stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters der Übertragung der Funktion des Haupt- und Personalamtsleiters gleichzustellen ist, welcher wie ein Personalleiter eine üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbundene Stellung inne hat. Die von der Rechtsprechung zu § 174 Satz 2 BGB aufgestellten Grundsätze können grundsätzlich nicht auf im Rahmen einer Vertretungsregelung zur Vertretung des Personalabteilungsleiters berufene, untergeordnete Arbeitnehmer ausgedehnt werden; etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn für die Betriebsbelegschaft zweifelsfrei feststeht, dass ein bestimmter Arbeitnehmer bzw. der Inhaber einer bestimmten Stelle unterhalb des Personalabteilungsleiters in dessen Vertretung zur Abgabe von Kündigungserklärungen bevollmächtigt ist (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - Rn. 31). Die Beklagte hat vorliegend nicht behauptet, dass für ihre Mitarbeiter zweifelsfrei feststand, dass der Zeuge W als Vertreter des kündigungsberechtigten Haupt- und Personalamtsleiters kündigungsberechtigt war. Dass hiervon nicht ausgegangen werden kann, ergibt sich schon daraus, dass der Zeuge W nicht im Ordnungsamt der Beklagten tätig, seine Funktion bereits dem Kläger nicht bekannt war und er zudem auch nicht für sämtliche Kündigungen, sondern nur eingeschränkt für Kündigungen von Beschäftigten bis einschließlich der Entgeltgruppe 8 TVöD bevollmächtigt ist.
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b) Selbst wenn man die Funktion des stellvertretenden Haupt- und Personalamtsleiters mit der eines Personalleiters vergleichen wollte, hätte die Beklagte den Kläger vorliegend jedenfalls nicht in Kenntnis gesetzt, dass der Zeuge W diese Funktion innehat.
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(1) Die Beklagte kann sich nicht bereits darauf berufen, dem Mitteilungsblattes Nr. 12 des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 05. Juni 2008, in dem eine Information über die Funktionsübertragung - und Bevollmächtigung - enthalten ist, komme bereits unabhängig von der Bekanntgabe gegenüber den Mitarbeitern die Qualität einer öffentlichen Bekanntmachung zu. Zwar genügt im öffentlichen Dienst etwa die öffentlich bekannt gemachte Befugnis zur Vertretung auf Grund eines Erlasses des zuständigen Ministers (BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - Rn. 16). Das Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters der Beklagten wird jedoch - anders als ein Erlass oder eine Satzung - nicht öffentlich bekannt gemacht, sondern dient ausdrücklich nur dem inneren Dienstgebrauch.
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(2) Die Beklagte hat vorliegend nicht dargelegt, dass sie dem Kläger einen zumutbaren Weg aufzeigt hat, wie er vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren konnte, welcher Person die Kündigungsbefugnis zukommt. Die Beklagte hat schon nicht behauptet, den Kläger konkret - sei es bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder auch später - darauf hingewiesen zu haben, dass er sich über die Organisationsstruktur der Beklagten oder bestehende Kündigungsvollmachten im Mitteilungsblatt des Oberbürgermeisters der Beklagten informieren kann. Die bloße Auslage der Mitteilungsblätter des Oberbürgermeisters der Beklagten, einschließlich des Mitteilungsblattes Nr. 12 vom 05. Juni 2008, sei es auch unter Beifügung eines Umlaufzettels, für drei bis vier Monate im Geschäftszimmer der Dienststelle des Klägers genügte hierzu ebenso wenig, wie die vom Kläger in Abrede gestellte pauschale Behauptung, die im Ordnungsamt beschäftigten Hilfspolizeibeamten seien „gehalten“ gewesen, von den Mitteilungsblättern Kenntnis zu nehmen. Soweit die Beklagte behauptet hat, der Zeuge M habe die Mitarbeiter regelmäßig ausdrücklich auf wichtige Informationen angesprochen, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ausdrücklich klar gestellt, auch insoweit einen konkreten Hinweis an den Kläger nicht darlegen zu können. Unabhängig vom fehlenden Hinweis an den Kläger auf die Möglichkeit zur Information scheitert ein Inkenntnissetzen iSd § 174 Satz 2 BGB aber auch daran, dass der Kläger sich aus den Mitteilungsblättern nicht unschwer informieren konnte. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Auffassung des Klägers zutrifft, dass bereits die Anzahl der jährlich ausgelegten Mitteilungsblätter und die Vielzahl der in den Mitteilungsblättern bekanntgegebenen Tatsachen die Menge an Informationen so unübersichtlich macht, dass eine Kenntnisnahme ohne Aufwand nicht möglich ist. Dafür spricht, dass das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB einen gleichwertigen Ersatz für die Vorlage der Vollmachtsurkunde bieten muss und dem Erklärungsempfänger umfangreiche Nachforschungen gerade nicht auferlegt werden sollen. Selbst wenn die Beklagte den Kläger angehalten hätte, sich in den Mitteilungsblättern ihres Oberbürgermeisters über bestehende Kündigungsvollmachten oder diesbezügliche Funktionszuordnungen zu informieren, war der Kläger jedenfalls deshalb nicht zur jederzeitigen Information in der Lage, weil in seiner Dienststelle ältere Mitteilungsblätter, auch das Mitteilungsblatt Nr. 12 vom 05. Juni 2008, nach den Angaben der Beklagten vernichtet wurden. Der Zugang zur Information war damit nicht im Sinne des § 174 Satz 2 BGB gewährleistet.
B
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Nach alledem war die Berufung mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
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Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.