Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Feb. 2018 - 5 Sa 324/17

ECLI: ECLI:DE:LAGRLP:2018:0208.5Sa324.17.00
published on 08/02/2018 00:00
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 08. Feb. 2018 - 5 Sa 324/17
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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5. April 2017, Az. 3 Ca 1108/16, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 7.916,67 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2016 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger wird auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte € 570.836,84 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 45.919,66 vom 01.04. bis 15.08.2017, aus € 569.457,34 vom 16.08. bis 22.08.2017 und aus € 570.836,84 seit dem 23.08.2017 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat der Kläger zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer fristloser Kündigungen und unter anderem darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Karenzentschädigung zu zahlen.

2

Die beklagte Aktiengesellschaft gehört zur H.-Gruppe, einem Baumarktkonzern. Sie ist die größte Tochtergesellschaft der H. Holding AG & Co. KGaA, der Konzernmutter. Die Beklagte betreibt 98 Bau- und Gartenmärkte in Deutschland. Über ihre Tochtergesellschaft, die H. International GmbH, werden 56 weitere Bau- und Gartenmärkte in acht europäischen Ländern (Luxemburg, Niederlande, Österreich, Rumänien, Slowakei, Schweden, Schweiz und Tschechien) betrieben.

3

Der 1960 geborene Kläger trat am 01.03.1996 in die H.-Gruppe in den Niederlanden ein. Vom 01.05.1998 bis 29.02.2008 war er Geschäftsführer der niederländischen Landesgesellschaft. Vom 01.03.2008 bis 29.02.2012 war er als Geschäftsführer der tschechischen Landesgesellschaft, der H. Baumarkt CS spol. s.r.o., in Prag tätig und für das Geschäft in Tschechien sowie in der Slowakei zuständig. Am 14.03.2012 schlossen die Parteien mit Wirkung ab dem 01.03.2012 einen Anstellungsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger die Funktion eines "Geschäftsführers International" bei der Beklagten übernahm. Der Kläger war Disziplinarvorgesetzter von sieben Landesgeschäftsführern. Seine Tätigkeit übte er unmittelbar unterhalb der Vorstandsebene aus. Er erbrachte seine Tätigkeit insbesondere in Deutschland und in den Niederlanden. Er bezog zuletzt ein monatliches Festge-halt von € 19.000,00 brutto. Als Sonderzahlung war ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttogehalts vereinbart. Zusätzlich erhielt der Kläger für das Geschäftsjahr 2014/2015 einen Bonus von € 71.542,79 brutto und für das Geschäftsjahr 2015/2016 einen Bonus von € 44.974,00 brutto.

4

Im schriftlichen Anstellungsvertrag vom 14.03.2012 ist ua. geregelt worden:

5

"§ 7 Verschwiegenheitspflicht

6

1. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über alle vertraulichen Angelegenheiten und Vorgänge, die ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, auch nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Stillschweigen zu bewahren.

7

2. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, im Rahmen des Arbeitsverhältnisses bekannt gewordene Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sowie über Angelegenheiten, die H. als vertraulich bezeichnet hat oder die offensichtlich vertraulich sind, Stillschweigen zu wahren und weder weiterzugeben noch sonst für sich zu verwerten.

8

3. Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auch auf die in diesem Vertrag getroffenen Vergütungsvereinbarungen."

9

Am 14.04.2016 kündigte der Kläger selbst das Arbeitsverhältnis mündlich.

10

Am 15.04.2016 wandte sich St. H., der Vorstandsvorsitzende der Beklagten, mit einer E-Mail (Bl. 465 d.A.) an einen Kreis von Mitarbeitern. Diese Mail hat folgenden Wortlaut:

11

"Betreff: personelle Änderungen im Bereich Operative

12

Sehr geehrte Damen und Herren,

13

hiermit möchte ich Sie darüber informieren, dass sich [der Kläger] nach über 20-jähriger Betriebszugehörigkeit auf eigenen Wunsch neuen beruflichen Herausforderungen zuwenden wird. [Der Kläger] war lange Jahre für die Regionen Niederlande und Tschechien/Slowakei als Landesgeschäftsführer verantwortlich. Im März 2012 übernahm er als Geschäftsführer International die Verantwortung für alle internationalen Regionen.

14

Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um mich für seinen langjährigen Einsatz und die geleistete Arbeit in unserem Unternehmen zu bedanken.

15

Wir wünschen ihm für seine berufliche und auch für seine persönliche Zukunft viel Glück und Erfolg. …"

16

Am 21.04.2016 kündigte der Kläger seinen Anstellungsvertrag unter Einhaltung der vereinbarten ordentlichen Kündigungsfrist zum 31.10.2016 schriftlich. Die Beklagte berief ihn mit Beschluss vom selben Tag mit sofortiger Wirkung vom Amt des Geschäftsführers der H. International GmbH ab. Außerdem stellte sie ihn unwiderruflich von seiner Arbeitsverpflichtung frei.

17

Nach Ausspruch der Eigenkündigung führten die Parteien Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Diese Verhandlungen wurden für die Beklagte von deren Personalvorstand K. geführt. Am 29.04.2016 sandte der Personalvorstand eine E-Mail (Bl. 567 d.A.) an den Kläger, die ua. folgenden Inhalt hat:

18

"Lieber …,

19

ich möchte Dich vor dem Wochenende gerne noch kurz informieren, dass ich Dir die finale Fassung unserer Vereinbarung am kommenden Montag zuleiten werde.

20

Die Abstimmungen mit St. und A. sind erfolgt.

21

Zu deinen Anmerkungen darf ich Dir folgendes sagen:

22

Selbstverständlich bekommt Du neben Deiner Prämie für das abgelaufene Geschäftsjahr auch ein anteiliges Weihnachtsgeld für 2016 …

23

Die vorgesehene Verrechnung anderweitiger Bezüge bei vorzeitiger Vertragsbeendigung kann aber nicht gestrichen werden. Das haben wir so auch nicht besprochen. Ich hatte Dir vielmehr in Aussicht gestellt, dass die Entschädigung für das Wettbewerbsverbot in einer Summe zur Auszahlung gelangen kann, wenn Du während dessen Laufzeit eine nachhaltige nicht wettbewerbliche Tätigkeit aufnimmst. Dieser Punkt ist aber in der jetzigen Fassung der Vereinbarung gegenstandlos geworden, weil wir nunmehr ohnehin eine Einmalzahlung der Entschädigung vorgesehen haben. Solltest Du also tatsächlich vor dem 31.Oktober in ein neues Dienstverhältnis eintreten wollen, müssten wir dann zu gegebener Zeit die vorzeitige Vertragsaufhebung regeln, so wie dies auch in Ziffer 1.4 niedergelegt ist.

24

Insgesamt, lieber [Kläger], glaube ich, dass wir mit dem jetzt vorliegenden Vertragsstand eine wirklich faire Lösung für Dein Ausscheiden gefunden haben. …"

25

Am 02.05.2016 übermittelte die Beklagte dem Kläger per Kurier eine durch zwei Vorstände unterzeichnete (aus ihrer Sicht finale) Fassung des Aufhebungsvertrags. Die Beklagte hielt das Angebot zuletzt bis zum 18.05.2016 aufrecht. Am 18.05.2016 ging bei der Beklagten der vom Kläger gegengezeichnete Vertrag ein, der - auszugsweise - folgende Regelungen enthält:

26

"…

27

1. Beendigung des Anstellungsverhältnisses

28

29

1.2. Der zwischen H. und [dem Kläger] bestehende Anstellungsvertrag vom 14. März 2012 wird auf Wunsch [des Klägers] im gegenseitigen Einvernehmen mit Wirkung zum 31. Oktober 2016 aufgehoben.

30

1.3. Bis zu diesem Zeitpunkt bzw. dem Zeitpunkt einer vorzeitigen Beendigung gemäß nachstehender Ziffer 1.4 erhält [der Kläger] fortlaufend seine monatliche Vergütung einschließlich aller vereinbarten Nebenleistungen und nimmt für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 auch an der gültigen Prämienregelung teil. Die Auszahlung der Prämie erfolgt mit der Gehaltsabrechnung für den Monat Mai 2016. Das anteilige 13. Monatsgehalt wird mit der Oktoberabrechnung gezahlt.

31

1.4 [Der Kläger] ist berechtigt, bereits vor dem 31. Oktober 2016 in ein aktives Dienstverhältnis zu einem neuen Arbeitgeber einzutreten. Er wird dies H. gegebenenfalls rechtzeitig schriftlich anzeigen. Die Parteien werden sich in diesem Falle schriftlich über eine vorzeitige Vertragsaufhebung sowie deren Konditionen verständigen.

32

2. Freistellung von den Dienstverpflichtungen/anderweitige Tätigkeit

33

2.1 [Der Kläger] ist mit Wirkung ab dem 21. April 2016 unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen unwiderruflich von seinen Dienstverpflichtungen freigestellt.

34

2.2 Er ist unbeschadet des Fortlaufens seines Anstellungsvertrages bis zum 31. Oktober 2016 berechtigt, eine freiberufliche Tätigkeit z.B. als Berater auszuüben sowie Mandate in Aufsichtsgremien, Beiräten oder vergleichbaren Ämtern anzunehmen. Jedwede Tätigkeit - gleich ob entgeltlich oder unentgeltlich - für Wettbewerbsunternehmen der Bau- und Gartenmarktbranche oder des entsprechenden Fach- bzw. Internethandels sowie für Unternehmen, Verbände oder sonstige Institutionen, die mit H. in einer streitigen Auseinandersetzung stehen, sind jedoch ausgeschlossen.

35

2.3  Zur Prüfung eines etwaigen Interessenkonflikts hat [der Kläger] die Aufnahme einer Nebentätigkeit schriftlich anzuzeigen und dabei den Namen des Unternehmens, für das er arbeiten möchte, sowie Art, Ort und Dauer der Tätigkeit anzugeben, damit H. prüfen kann, ob betriebliche Interessen beeinträchtigt werden.

36

2.4 Während der Freistellung erlangter anderweitiger Verdienst wird gemäß § 615 S. 2 BGB auf die vertragliche Vergütung angerechnet.

37

38

4. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

39

4.1 [Dem Kläger] ist es untersagt, für die Dauer von zwei Jahren nach Beendigung seines Geschäftsführerdienstvertrags mit H., also im Zeitraum vom 01.11.2016 bis zum 31.10.2018, in selbständiger, unselbständiger oder sonstiger Weise für ein Unternehmen der B.-Gruppe oder der O.-Gruppe (Konkurrenzunternehmen) oder einem damit konzernverbundenen Unternehmen iSd. § 15 AktG tätig zu werden. Als Konkurrenzunternehmen gelten insbesondere, aber nicht abschließend, die in Anlage 4 zu diesem Vertrag genannten Unternehmen.

40

4.2  Das Wettbewerbsverbot gilt auch zu Gunsten der mit H. verbundenen Unternehmen iSd. § 15 AktG.

41

4.3  Während der Dauer des Wettbewerbsverbots erhält [der Kläger] eine Entschädigung, die für jedes Jahr des Verbots EUR 250.000,- brutto, mithin für die gesamte Dauer des Wettbewerbsverbots EUR 500.000,- beträgt. Diese gesamte Entschädigung wird für die gesamte Dauer des Wettbewerbsverbots in einem Einmalbetrag zum 31. Juli 2016 zur Auszahlung fällig.

42

4.4  Für jede Handlung, durch die der Arbeitnehmer das Verbot schuldhaft verletzt, hat er eine Vertragsstrafe in Höhe des letzten bei H. bezogenen Bruttomonatsgehalts, also in Höhe von EUR 19.000,- zu zahlen.

43

Besteht die Verletzungshandlung in der kapitalmäßigen Beteiligung an einem Wettbewerbsunternehmen oder der Eingehung eines Dauerschuldverhältnisses (z.B. Arbeits-, Dienst-, Handelsvertreter- oder Beraterverhältnis), wird die Vertragsstrafe für jeden angefangenen Monat, in dem die kapitalmäßige Beteiligung oder das Dauerschuldverhältnis besteht, neu verwirkt (Dauerverletzung). Mehrere Verletzungshandlungen lösen jeweils gesonderte Vertragsstrafen aus, ggf. auch mehrfach innerhalb eines Monats. Erfolgen dagegen einzelne Verletzungshandlungen im Rahmen einer Dauerverletzung, sind sie von der für die Dauerverletzung verwirkten Vertragsstrafe mit umfasst.

44

4.5  Bei Verwirkung mehrerer Vertragsstrafen innerhalb eines Kalendermonats ist der gesamte Betrag der zu zahlenden Vertragsstrafen auf das Dreifache des letzten Bruttomonatsgehalts begrenzt.

45

4.6  Die Geltendmachung von Schäden, die über die verwirkte Vertragsstrafe hinausgehen, bleibt H. vorbehalten, desgleichen die Geltendmachung aller sonstigen gesetzlichen Ansprüche und Rechtsfolgen aus einer Verletzung (z.B. Unterlassungsansprüche, Wegfall des Anspruchs auf Karenzentschädigung für die Dauer des Verstoßes etc.).

46

4.7  Im Übrigen gelten die §§ 74 ff. HGB entsprechend.

47

5. Verschwiegenheit

48

Beide Parteien verpflichten sich, über den Inhalt dieses Aufhebungsvertrages Stillschweigen zu bewahren. Unbeschadet dessen gelten auch die Bestimmungen des Anstellungsvertrages fort, wonach [der Kläger] auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses verpflichtet bleibt, gegenüber Außenstehenden über alle Angelegenheiten der Gesellschaft - also insbesondere Betriebsgeheimnisse und sonstige betriebliche Interna - Stillschweigen zu bewahren.

49

6. Zeugnis

50

….

51

7. Ausgleichsklausel

52

7.1  Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis und seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt.

53

7.2  Hiervon unberührt bleiben unverzichtbare Rechte des Klägers (z.B. unverzichtbare Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung).

54

…"

55

Die Beklagte kündigte dem Kläger außerordentlich mit Schreiben vom 02.06.2016 sowie vorsorglich nochmals mit drei Schreiben vom 28.06., 25.07. und 08.08.2016. Mit vier getrennten Schreiben vom 02.06.2016, 28.06.2016, 25.07.2016 und 08.08.2016 sagte sie sich außerdem von dem im Aufhebungsvertrag begründeten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot los. Mit Schreiben vom 25.07.2016 verzichtete sie auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot.

56

Gegen sämtliche Kündigungen hat der Kläger jeweils rechtzeitig Klage erhoben (Klageantrag zu 1). Außerdem verlangt er Vergütung für die Monate Juni und Juli 2016 iHv. € 38.000,00 (Klageantrag zu 2), 10/12 des Weihnachtsgeldes 2016 iHv. € 15.833,33 (Klageantrag zu 3), die vertraglich vereinbarte Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 (Klageantrag zu 4) sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit dem Ausstellungsdatum 31.10.2016 (Klageantrag zu 5).

57

Die erste außerordentliche Kündigung vom 02.06.2016 hat folgenden Hintergrund: Am 11.05.2016, vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags, wandte sich der Kläger per E-Mail (Bl. 80 d.A.) an A. H., den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, und R. P., den Finanzvorstand der Beklagten. Der Kläger schrieb, dass er kurzfristig über folgende Themen sprechen wolle:

58

"- Konzernprämie 2014/2015

59

 - Quartal zahlen 3 Q 2014

60

 - Quartal zahlen 3 Q 2015

61

 - Steuersituation Österreich/Rumänien.

62

 - Sonstiges"

63

Am 12.05.2016 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats statt. Im Nachgang zu diesem Gespräch sandte ihm der Kläger am 13.05.2016 eine E-Mail (Bl. 81 d.A.), die ua. folgenden Wortlaut hat:

64

"Ich schlage Folgende Änderungen vor:

65

-  Die Ausgleichsklausel wird gestrichen (gründen hierfür sind gestern ausreichend motiviert)

66

-  Die Ausbezahlung genannt in 4.3 wird innerhalb 10 Arbeitstage auf mein Konto überwiesen

67

-  Die Versteuerung wird basiert auf dem Fünftel Regelung (ist auch schon mündlich zugesagt durch [den Personalvorstand])"

68

Der Personalvorstand teilte dem Kläger daraufhin noch am 13.05.2016 per E-Mail (Bl. 360 d.A.) ua. folgendes mit:

69

„… jetzt bin ich über Dein Vorgehen doch einigermaßen irritiert.

70

71

Die Ausgleichsklausel in Ziffer 7 würde ich insbesondere in Deinem Interesse nicht streichen. Sie schützt Dich, wie [der Vorsitzende des Aufsichtsrats] Dir auch schon erläutert hat, gerade vor dem gestern von Dir aufgebrachten Risiko einer haftungsweisen Inanspruchnahme der H.-Gruppe aus Deiner Geschäftsführungstätigkeit. Im übrigen bist Du über unsere D&O Versicherung haftpflichtversichert. Das Risiko, von dritter Seite in Anspruch genommen zu werden, ist damit weitestgehend gedeckt.

72

73

Über Art und Höhe der Auszahlung der Entschädigung haben wir lange und ausführlich gesprochen. Das Ergebnis unserer Verhandlungen und unser maximal mögliches Entgegenkommen steht im Vertragsangebot. Hier wird es keine Änderung mehr geben.

74

…"

75

Mit E-Mail vom 13.05.2016 (Bl. 361 d.A.) beschwerte sich der Kläger beim Personalvorstand über den Umgang mit ihm nach Ausspruch seiner Eigenkündigung (u.a. die Weigerung Flüge nach Wien und Bukarest zu buchen, damit sich der Kläger dort persönlich von den Mitarbeitern verabschieden kann) sowie darüber, dass der beauftragte Kurier den Briefumschlag mit dem Aufhebungsvertrag bei seinem Nachbarn zugestellt, der den Umschlag versehentlich geöffnet habe, und schließt seine Ausführungen wie folgt:

76

"Meine Nachfolger ist schon vorgestellt, Ich bin nicht offiziell freigestellt, Fluge werden verweigert, wer müß jetzt irritiert sein??

77

Immer wieder drohen mit: "sehen wir uns an das Vertragsangebot nicht mehr gebunden" wirkt nicht. Ich habe ein Vorschlag Unterschrieben durch 2 Vorstände und Ich nehme mir die Zeit die ich brauche um mit ein Rechtsberater der Vorschlag zu prüfen, und lass mir keine deadline stellen.

78

Und was Ich frage … Kostet nichts, die Aufhebungsklausur ist ja eigentlich in mein Vorteil, Ich brauch Sie nicht, Du kannst Sie Streichen, 2 Monaten früher auszahlen?, die Zinsen kosten euch nichts, 5er regel war schon vereinbart.

79

Ich wurde Gut nachdenken in wie weit Ihr mir noch mehr Beschädigen wollt, Ich schätze und Respektiere Dich sehr und was ich frage kostet nichts. Es wäre schon wenn Ich Letstens am Pinkst Montag eine definitive Antwort habe. Bei ein Nein kann es sehr Teuer werden für H. und Fam. …"

80

In der Zeit vom 21.05.2016 bis zum 01.06.2016 schrieb der Kläger mehrere E-Mails an A. Sch., den Chief  C. Officer (CCO) der Beklagten. In der E-Mail vom 21.05.2016 (Bl. 91 d.A.) heißt es:

81

"Ich habe eine frage an dich als  C. Offizier, in das GF Jahr 2014/2015 ist für den meisten Mitarbeitern nur ein kleines teil der Konzern Prämie ausgezahlt. Obwohl der Plan vielfach übertroffen war, was Schon komisch war ist das in November 2014 in einmal Ohne Anlass die Prämie Rückstellung aufgelöst wurde.

82

Gerne will ich auch in Name alle MA das an Dir antragen um hier als  C. beauftragte zu Untersuchen ob H. hier kein Fehler gemacht hat, und wenn nicht was waren dann den Grund um nur ein sehr kleine betrag aus zu Zahlen?

83

Wir können gerne am Montag Telefonieren"

84

In der E-Mail des Klägers vom 24.05.2016 (Bl. 92 d.A.) mit dem Betreff "Unternehmens Prämie 2014/15" an den CCO heißt es u.a.

85

"Ich habe Mir Juristische Information besorgt …

86

Gerne will ich wissen ob Sie zeitnah dies Untersuchen …

87

wenn nicht und Sie können es nicht zeitnah behandeln werde ich mich ein Schreiben an die Betriebsrat Zentrale und Markte wenden. …"

88

In einer weiteren E-Mail des Klägers (Bl. 93 d.A.) an den CCO vom 30.05.2016 heißt es:

89

"Ich habe noch ein Thema, in Österreich wo ich auch GF wahr, haben wir etwas gemacht was nicht erlaubt war, Ich wusste das nicht, kann mir in jedenfalls das nicht erinnern. Wir haben die Rumänische Gesellschaft verkauft an H. Österreich um die Verluste van Rumänien mit die Steuer von Österreich zu Verrechnen. Dies war ein Auftrag [vom Finanzvorstand]. Später hat [der Finanzvorstand] in ein mail nochmal betont das wir es nur machen (verkauf Rumänien an Österreich) wenn H. auch ein Steuer Vorteil hat. Erst kürzlich habe Ich erfahren das dies nicht erlaubt ist. Da ich in der Zukunft hiermit nicht konfrontiert werden will, Schlage ich vor das H. ([der Finanzvorstand]) bei der Steuer in Österreich eine Selbst Anzeige macht. Ich gehe davon aus das Du als CCO hier die selbe Meinung hast und sorgts das wir hier schnell aus der Gefahren zone sind.

90

Gerne eine Bestätigung von Empfang diese mail und deine Aktion in diesen Sache."

91

Eine E-Mail des Klägers vom 01.06.2016 (Bl. 96 d.A.) an den CCO schließt wie folgt:

92

"Als Letztes muss Ich feststellen, dass Ich Ungeduldich werde so wenn Ich nicht Schnell Antworten (bis ende der Woche) Bekommen muss Ich mich an andere Instanzen wenden."

93

Am 01.06.2016 schrieb der Kläger eine E-Mail (Bl. 97 d.A.) an den Personalvorstand:

94

"Ich schreibe Sie an als Vertreter von diesen Gesellschaften, wenn Sie der Falsche Ansprechpartner sind, können Sie mir das dann Umgehend melden.

95

In meine Periode bei H. war Ich in die Periode

96

2008/2012 Geschäftsführer H. BAUMARKT SK spol. s r.o.

97

2012/2016 Geschäftsführer der H. Baumarkt GmbH, Österreich.

98

2012/2016 Geschäftsführer AWV-Agentur für Werbung und Verkaufsförderung GmbH

99

Für diese Tätigkeiten habe Ich bis jetzt noch immer keine Vergütung bekommen, gerne hatte Ich von Ihnen einen Vorschlag wie wir dies abrechnen"

100

Ab dem 16.05.2016 erhielten der Vorsitzende des Aufsichtsrats und der Finanzvorstand E-Mails unter dem Benutzernamen "m. m." und der Mail-Adresse "[email protected]". Der Kläger bestreitet die Urheberschaft.

101

In der E-Mail vom 16.05.2016 (Bl. 85 d.A., mit bestrittener Urheberschaft) heißt es:

102

"Ich hätte gerne Antwort auf die folgende fragen?

103

Die Konzernprämie 2014/15 wurde für viele MA nur zu 1/5 ausbezahlt Grund [der Finanzvorstand] hatte ein erhöhte plan in seine Schublade, warum ist dies nicht kommuniziert und was waren die Grunde hierfür. Der Aufsichtsrat wurde hier nicht über informiert,

104

komisch ???

105

Durch die Auflösung der Rückstellung im 3Q 2014/15 wurde das Resultat um ca. 8.0 Mio. Euro aufgebessert, Ich kann hier nichts über lesen im Quartal Bericht von diesen Periode. Ich weiß noch sehr gut das [der Finanzvorstand] sehr böse war aber des schlechten Quartals Ergebnisse. In die Presse Berichten lese ich hier nichts von. Muss man so ein Ereignis nicht kommunizieren. War vielleicht die zurückkauf der KF Aktien oder die Umwandlung ein Grund, oder angst das die Aktien die mann zurück gekauft hat fallen wurde in preis.

106

Nach meiner Auffassung ist durch den neue plan wodurch weniger Konzern Prämie ausgeschüttet wurde den Konzernüberschuss gestiegen, wodurch die Vorstände mehr Prämie bekommen haben, stimmt das? wenn nicht gerne Erklärung!

107

schade für die MA, verstehen die das?

108

Die Gewinnwarnung 3e Q 2015 ist laut meine Meinung auch ausgelöst durch die Auflösung der Rückstellung von den Konzern Prämie in 3e Quartal 2014 stimmt das?

109

muss man so etwas nicht melden an die Börsenaufsicht.

110

Ich hatte gerne Antwort in diese Woche, wird verfolgt, durch weitere Stories.

111

Viele Grüße

M."

112

In einer E-Mail vom 17.05.2016 an den Finanzvorstand (Bl. 86 d.A.; mit bestrittener Urheberschaft) heißt es:

113

"Hallo Herr P.,

114

In Österreich hat H. unter Ihren Leute, und mit Ihren mitwissen Vermütlich die Steuerbehörde falsch informiert, da ist ein Mail wo in Sie deutlich angeben das wir die Region RO nur an Östereich verkaufen, wird Wohl die falsche Wortlaut sein, um ein Steuer Vorteil zu haben, später habe ich erfahren das dies gerade nicht darf, stimmt das, haben Sie uns da ein bisschen bei der Nase genommen ?

115

Morgen wieder eine neue Storie.

116

Grüß

M.

117

Ps ich nutze diese Mail Adresse um das meine XX Mail gesperrt ist, und meine private leidet unter hacking versuche. Ist Complaince noch ein Thema bei H.? Warum? Wenn ich keine Antworten von Ihnen bekommen muß ich mich wenden an A., und ihm natürlich auch Schreiben das er Persönlich haften muss wenn er seine Arbeit nicht macht."

118

In einer E-Mail vom 18.05.2016 (Bl. 87 d.A.; mit bestrittener Urheberschaft) an den Finanzvorstand heißt es:

119

"Hallo R.,

120

Ich habe noch eine Bitte, die Namen der Aktionäre aus der Familie T. habe ich, auch natürlich die Namen der Aufsichtsrat der Wichtige Gesellschaften, aber könntest Du mir die Mail Adressen zur Verfügung stellen,

121

Vielen Dank und Schönen Abend

M."

122

In einer weiteren E-Mail vom 18.05.2016 (Bl. 88 d.A.; mit bestrittener Urheberschaft) an den Finanzvorstand heißt es:

123

"Sorry, R.,

124

Hatte noch Kontakt mit die Aktionärs Vereine, mit nähme die für die Kleinaktionäre waren sehr interessiert, wir wollen zusammen Auf treten auf die HV, ich bin ja auch Aktionär, suche noch nach die Anleger die ein Teil des KF Packet gekauft haben ?

125

Bis dann,

126

Gruß

M."

127

In der E-Mail vom 19.05.2016 an den Finanzvorstand (Bl. 89 d.A.; mit bestrittener Urheberschaft) heißt es:

128

"Dies ist keine drohung, aber ein Versprechung, Wenn keine Antwort auf meine Fragen, geht morgen Um 6 pm ein Mail an A. Sch. und Herr Dr R.,

129

MFG

M."

130

In der E-Mail vom 22.05.2016 mit dem Betreff "Schäde" (Bl. 90 d.A.; mit bestrittener Urheberschaft) an den Finanzvorstand heißt es:

131

"Meine Fragen waren deutlich, ich will nür Antwort auf Meine Fragen, Sie können mich auch anrufen, den Sie wissen wer ich bin, ich will nur Gerechtigkeit für Ihre und meine Mitarbeiter, natürlich auch für mich selber, und ich glaube Sie haben ein bisschen gemogelt mit die Ergebnisse/Zahlen. Ich will keine Schäden auch Sie nicht, aber der Anfang ist erstmal Ehrlichkeit durch eine Antwort auf meine Fragen? Ich habe Schon Kontakt mit sehr böse Investors die sehr interessiert sind in ……….

132

Herr P. nur die Wahrheit kann Ihnen helfen,

133

Grüße und ein schöner Abend"

134

Am 20.05.2016 versandte der Kläger - unstreitig - folgende E-Mail (Bl. 99 d.A.) mit dem Betreff "Abschied" an knapp 100 Mitarbeiter:

135

"Beste Kollegen,

136

Das mein Weggang nach den Worten von St. H. "sehr überraschend" war, glaube ich nicht. Aber Ich will nicht über anderen Schreiben aber über meine gründen um H. zu Verlassen.

137

Ich habe seit Dezember einige Gespräche mit St. geführt über den Kurs von H., unser stationäres Geschäft und Verschwendung durch u.a. Optimie-rungswahnsinn. Schon länger kämpfe ich gegen die Kultur Änderung die letzten Jahren, mit Name in Unseren Stationäres Geschäft in Deutschland, wo unseren Mitarbeiter und Management Teams oft arbeiten als Verwalter und Befehls Empfänger, und wo der abstand zwischen H. und Kunde/Mitarbeiter zu groß ist. Um jetzt ein Schuldige zu suchen (werden sicher viele sein) macht kein sinn, Berater auch nit, unseren Berater sind die Kunde, Markte, Merchants, mit dem muss mann viel und oft Sprechen!!

138

Hat es am Anfang ausgesehen das St. und Ich nicht soweit auseinander sind, wurde mir später dann doch klär das Ich an ein Totes Pferd ziehen, und wer A sägt Muss auch B sägen, so blieb mir keine andere Möglichkeit als meine Kündigung bei St. ein zu reichen.

139

20 Jahre und die meiste davon waren für H. und mich Erfolgreich, mit Meine direkte Kollegen haben wir immer mit sehr viel Spaß gearbeitet, und dadurch jede Krise überlebt, und waren immer besser als der Wettbewerb. So ich hoffe Ihr schafft es (vielen können es auch selber Beeinflussen) um unseren Mitarbeiter und Manager wieder mehr Vertrauen zu schenken, selber Entscheiden zu lassen, der Unternehmer vor Ort zu stimulieren, den wir haben Top Mitarbeiter die Intelligent und Fachkompetenz haben, die selber Nachdenken können, und dadurch kann Mann viel Verschwendung Sparen und haben die Leute wieder spaß an der Arbeit und Schlagt Ihr sicher jeden Wettbewerb.

140

Als letzten will Ich mich bedanken für die zusammen Arbeit mit euch, die Zentralisten, Merchants, LGF's, Management Teams in die Regionen und BZL/ML und natürlich unseren Spezialisten auf der Flache. Eine speziellen dank an M. V., H. P., S. J. und St. H. die meine Karriere bei H. geprägt haben und wo ich sehr viel von gelernt habe.

141

Mein Nachfolger J. H. Wünsche ich sehr viel Erfolg, Spaß und Gesundheit, Du werdest Top Kollegen in den Regionen vorfinden die alle Fähigkeiten haben um mit Dir weitere erfolgen zu erzielen und H./International noch erfolgreicher zu machen.

142

Viele liebe Grüße"

143

Im Zuge des Trennungsprozesses zwischen den Parteien nutzte der Kläger bereits vor Ausspruch der fristlosen Kündigung ein Internetportal namens "JustAnswer". Es handelt sich um eine Frage- und Antwortplattform, über die (neben anderen Experten) auch Rechtsanwälte angeschrieben werden können, die dem Nutzer gegen Entgelt Auskunft zu rechtlichen Fragen erteilen. Die Betreiber von "JustAnswer" weisen dabei sowohl in ihren Allgemeinen Nutzungs- und Geschäftsbedingungen für Nutzer und Fragesteller (Nutzungsbedingungen) als auch in ihren Hinweisen zu Datenschutz und Sicherheit, die vor Vertragsschluss gelesen und bestätigt werden sollen, darauf hin, dass die Inhalte der Kommunikation zwischen dem Nutzer und dem jeweiligen Experten im Internet veröffentlicht werden.

144

Der Kläger stellte am 29.05.2016 im Internetportal "JustAnswer" eine Frage zu dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Aufhebungsvertrag (Ziff. 4) an die Experten, ohne sich, die Beklagte bzw. die H.-Gruppe und deren Konkurrenzunternehmen zuvor zu anonymisieren (vgl. Bl. 109 d.A.). Die Frage des Klägers lautete:

145

"Kann ich durch Zurückzahlung das Wettbewerbsverbot aufheben lassen?"

146

Am 01.06.2016 gab der Kläger im Internetportal "JustAnswer" ein Schreiben der von der Beklagten (damals) beauftragten Anwaltskanzlei vom 01.06.2016 nicht anonymisiert wieder, in dem er aufgefordert wurde, "im Zusammenhang mit der Aufklärung diverser arbeitsrechtswidriger Mails" am Folgetag an einer Telefonkonferenz teilzunehmen (vgl. Bl. 112 d.A.). Der Kläger stellte die Frage:

147

"Muss der CCO meine Frage nicht Vertraulich halten?"

148

Außerdem veröffentlichte der Kläger auf dieser Plattform seine "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016 im vollen Wortlaut. Im Nachhinein wurden die personen- und unternehmensbezogenen Angaben von "JustAnswer" entfernt, wobei Einträge ua. auch unter der Nennung "H." mit Stand 01.07.2016 und unter der Nennung "A." (Bl. 117, 118 d.A.) noch am 11.07.2016 über die Suchmaschine "Google" zu finden waren.

149

Von den Veröffentlichungen auf "JustAnswer" erfuhr die Beklagte erst am 20.06.2016 und schob diesen Sachverhalt zur Rechtfertigung der Kündigung vom 02.06.2016 nach.

150

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die den Kündigungen zugrunde liegende Motivation der Beklagten dürfte darin bestanden haben, sich der Zahlung der bereits zum 31.07.2016 fälligen Karenzentschädigung zu entziehen. Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass er bereits in der Vergangenheit das Angebot eines Konkurrenzunternehmens abgelehnt habe. Auch habe sie gewusst, dass er nach Vereinbarung des Aufhebungsvertrags wegen der Wettbewerbsklausel erneut das Angebot eines Konkurrenten ausgeschlagen habe bzw. habe ausschlagen müssen. Somit habe sich die Beklagte ohne erhebliches Risiko vom Wettbewerbsverbot lossagen können. Die Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass er sie zu Unrecht bei externen Stellen angeschwärzt habe. Zum Großteil lege sie E-Mails vor, die nicht von ihm stammten. Insbesondere seien die Mails unter dem Benutzernamen ""m. m." von der E-Mail-Adresse "[email protected]" nicht von ihm. Er sei nicht der einzige Mitarbeiter, der sich intensiv mit dem Thema "Prämien" befasse. Hintergrund der Abschieds-E-Mail vom 20.05.2016 sei gewesen, dass der Personalvorstand ihm zugesagt habe, er könne sich an den verschiedenen Standorten persönlich von den Mitarbeitern verabschieden. Diese Zusage sei vom Vorstandvorsitzenden ohne nähere Begründung widerrufen worden. Hierüber sei er enttäuscht und emotional berührt gewesen. Er habe die Nutzungsbedingungen des Internetportals „JustAnswer“ nicht ausreichend zur Kenntnis genommen. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass seine Fragen und die Antworten weltweit im Internet veröffentlicht und über Suchmaschinen gefunden und eingesehen werden könnten. Zeitnah vor dem Gütetermin habe er die Internetplattform gebeten, den Chatverlauf zu löschen bzw. die nicht anonymisierten Daten zu schwärzen. Soweit sich die Beklagte auf die Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen berufe, verweise er darauf, dass - entgegen einer Absprache - der Kurier mit dem Aufhebungsvertrag zu früh gekommen sei und das Dokument, weil er ihn nicht angetroffen habe, bei einem Nachbarn abgegeben habe. Dieser habe das Dokument versehentlich geöffnet, so dass im weiteren Verlauf die ganze Nachbarschaft über den Aufhebungsvertrag informiert gewesen sei.

151

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

152

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 02.06.2016, vom 28.06.2016, vom 25.07.2016 und vom 08.08.2016 nicht beendet worden ist, sondern bis zum 31.10.2016 fortbestanden hat,

153

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Vergütung in Höhe von € 38.000,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 19.000,00 seit dem 01.07.2016 sowie nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus weiteren € 19.000,00 seit dem 01.08.2016 zu zahlen,

154

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 15.833,33 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2016 zu zahlen,

155

4. die Beklagte zu verurteilen, an in € 500.000,00 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2016 zu zahlen,

156

5. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis mit Ausstellungsdatum 31.10.2016 zu erteilen, welches sich auf Führung und Leistung erstreckt und das sein weiteres berufliches Fortkommen nicht hindern wird.

157

Die Beklagte hat beantragt,

158

die Klage abzuweisen.

159

Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 05.04.2017 Bezug genommen.

160

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 05.04.2017 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die vier fristlosen Kündigungen der Beklagten seien unwirksam. Für die erste Kündigung vom 02.06.2016 fehle ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Der Kläger habe mit seinen E-Mails zum Thema "Konzernprämie" und “Steuersituation Österreich“ nicht in verwerflicher Weise mit einer Veröffentlichung oder Verbreitung von Vermutungen gedroht, um den Preis für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in die Höhe zu treiben. Eine solche Relation ergebe sich weder ausdrücklich noch konkludent aus einer der E-Mails, die unstreitig vom Kläger stammen oder aus den E-Mails, deren Urheberschaft streitig sei. Mit der "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016 an ca. 100 Mitarbeiter habe der Kläger die Grenze zu einem schweren unsachlichen Angriff auf die Unternehmensleitung der Beklagten noch nicht überschritten. Zwar habe der Kläger durch die nicht anonymisierte Mitteilung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und weiterer Korrespondenz im Internetportal "JustAnswer" objektiv in schwerwiegender Weise gegen seine Geheimhaltungspflichten verstoßen. Mangels Vorsatz liege jedoch kein wichtiger Grund für eine Kündigung vor. Es sei sicher naiv, sich bei Nutzung eines - auch kostenpflichtigen - Internetportals nicht explizit um die Nutzungsmodalitäten zu kümmern. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bewusst gewesen sei, dass seine Fragen und Antworten ohne Änderung veröffentlicht werden und etwa über Suchmaschinen gefunden werden könnten. Insbesondere habe sich der Kläger bei seiner Anfrage vom 01.06.2016 wegen der kurzen Frist bis zu seiner beabsichtigten Anhörung in einer Ausnahme- und Drucksituation befunden und sich zu unverzüglichem Tätigwerden veranlasst gesehen. Der Kläger habe nachvollziehbare Fragen gestellt. Auch unter diesem Aspekt, gebe es keine Indizien für ein absichtliches „Vorführen“ der Beklagten. Auch in einer Gesamtschau reiche das Verhalten des Klägers nicht aus, um die vier außerordentlichen Kündigungen zu begründen. Die Kommunikation und Maßnahmen der Parteien - insbesondere die Nachrichten des Klägers und die Kündigungen der Beklagten - seien Ausdruck einer Spirale von Aktionen und Gegenreaktionen. Im Hinblick auf die besondere Situation des freigestellten Klägers nach einem 20 Jahre dauernden Arbeitsverhältnis sei die Vertragsfortsetzung für die Beklagte auch bei Berücksichtigung sämtlicher dem Kläger vorgeworfenen Aktionen bis zum 31.10.2016 noch zumutbar. Da das Arbeitsverhältnis erst am 31.10.2016 ende, könne der Kläger die Bruttogrundvergütung iHv. insgesamt € 38.000,00 für die Monate Juni und Juli 2016 sowie 10/12 des Weihnachtsgeldes für das Jahr 2016 iHv. € 15.833,33 brutto beanspruchen. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf die Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 brutto aus Ziff. 4.3 des Aufhebungsvertrags. Die Beklagte habe sich nicht wirksam in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB vom Wettbewerbsverbot losgesagt. Sie habe auch nicht mit ihrem Schreiben vom 25.07.2016 gemäß § 75a HGB in rechtlich erheblicher Weise auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot verzichtet. Die Auslegung des Aufhebungsvertrags ergebe, dass die Parteien sowohl das Verzichtsrecht gemäß § 75a HGB als auch die Anrechnungsvorschrift des § 74c HGB ausgeschlossen hätten. Schließlich sei die Beklagte verpflichtet, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit dem Ausstellungsdatum 31.10.2016 zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 05.04.2017 Bezug genommen.

161

Gegen das am 04.07.2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 07.07.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.10.2017 verlängerten Frist mit einem am 04.10.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet. Mit ihrer Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr wegen der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Klägers aus dem Urteil des Arbeitsgerichts geleisteten Beträge geltend. Dabei leistete sie insgesamt € 578.753,51. Davon führte sie € 245.866,00 Lohnsteuer und € 13.522,63 Solidaritätszuschlag an das Finanzamt ab (Aufstellung im Schriftsatz vom 04.10.2017, dort Seite 45 = Bl. 1.068 d.A.).

162

Die Beklagte macht nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 04.10.2017 sowie des weiteren Schriftsatzes vom 31.01.2018, auf die ergänzend Bezug genommen wird, zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, die fristlose Kündigung vom 02.06.2016 sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts wirksam. Das Arbeitsgericht habe den Kündigungssachverhalt unzureichend ausgewertet, weil es einzelne Äußerungen des Klägers betrachtet und isoliert in verharmlosender Weise bewertet habe, ohne das Gesamtverhalten und den Kontext angemessen zu würdigen. Der Kläger habe von ihr finanzielle Leistungen erhalten wollen, für die es keine Anspruchsgrundlage gegeben habe. Er habe ihren Vertretern falsche Vorwürfe gemacht und damit gedroht - was er nachfolgend auch teilweise realisiert habe - die Anschuldigungen an immer weitere Adressatenkreise zu verbreiten. Der Kläger habe beabsichtigt, mit den Anschuldigungen bei den verantwortlichen Mitarbeitern der Unternehmensleitung ein Einlenken hinsichtlich seiner finanziellen Forderungen zu bewirken. Wenn eindeutig falsche Vorwürfe erhoben würden, um Zahlungen durchzusetzen, auf die eindeutig kein Rechtsanspruch bestehe, sei nicht nur die Schwelle zu einer Erpressung, sondern arbeitsrechtlich auch die Schwelle zu einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB überschritten. Der Kläger habe sich im Zuge seines Ausscheidens weitere finanzielle Leistungen erhofft. Er sei schon vor Ausspruch seiner schriftlichen Eigenkündigung an sie mit der Forderung nach einer Abfindung herangetreten. Sie habe dann mit dem Kläger einen Aufhebungsvertrag vereinbart, der ua. ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegen Zahlung einer Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 vorgesehen habe. Sie sei nicht bereit gewesen, von ihrem verbindlichen Angebot vom 02.05.2016 zu Gunsten des Klägers abzurücken. Der Kläger habe dieses Angebot zwar am allerletzten Tag akzeptiert, jedoch versucht, weitere finanzielle Zugeständnisse zu erlangen. Dass der Kläger völlig enthemmt gehandelt habe, sei schon bei bloßer Lektüre seiner E-Mails offensichtlich. Er habe gegen ihre Vertreter erhebliche Vorwürfe erhoben, die allesamt falsch seien und damit gedroht, diese Vorwürfe einem immer weiteren Adressatenkreis zugänglich zu machen. Das Arbeitsgericht habe die Qualität des Verhaltens des Klägers verkannt, wenn es sein Vorgehen als eine legitime Befassung zuständiger Stellen mit möglicherweise kritischen Themen darstelle. Dem Kläger sei es nicht um sachliche Aufklärung gegangen, sondern um Einschüchterung und Bedrohung. Die Bedrohungslage habe darin gegipfelt, dass der Kläger damit gedroht habe, eine C.-Affäre herbeizuführen, die für eine börsennotierte Gesellschaft massive negative Auswirkungen haben könne.

163

Auch die Ehrverletzungen des Klägers stellten einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Er habe mit seiner "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016 an ca. 100 Mitarbeiter die Grenze zu einem im groben Maße unsachlichen Angriff überschritten. Der Vorwurf der "Verschwendung" und des "Optimierungswahnsinns" sowie der Vorwurf, sie würde Mitarbeiter zu "Befehlsempfängern" degradieren, könne als offene Äußerung gegenüber dem Vorstand oder einem kleinen Kreis von Führungskräften noch als überspitzte Kritik an einer als unrichtig empfundenen Strategie zulässig sein. Eine solche Situation habe hier jedoch nicht vorgelegen. Vielmehr habe sich der Kläger bewusst an einen großen Verteilerkreis, dem Mitarbeiter verschiedener Ebenen - nicht nur Führungskräfte - angehörten, gewandt. Seine Äußerungen gipfelten darin, dass er ihren Vorstandsvorsitzenden als "totes Pferd" bezeichnet habe, an dem es keinen Sinn mehr mache zu ziehen. Es sei ihm darum gegangen, die Unternehmensführung verächtlich zu machen und ihre Position zu untergraben.

164

Im Übrigen sei dem Kläger ein Bruch der Vertraulichkeit durch Veröffentlichungen auf der Internetplattform "JustAnswer" vorzuwerfen. Das Arbeitsgericht habe die subjektive Vorwerfbarkeit des pflichtwidrigen Verhaltens des Klägers fehlerhaft heruntergespielt, wenn es ihm lediglich bescheinige, sich naiv verhalten zu haben. Der Kläger habe vielmehr (mindestens) bedingt vorsätzlich gehandelt. Einem Nutzer des Portals "JustAnswer" könne es nicht verborgen bleiben, dass sowohl die Fragen als auch die Antworten auf der Website veröffentlicht werden. Das Arbeitsgericht habe es in seiner rechtlichen Würdigung unterlassen zu erwähnen, dass der Kläger auch seine "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016 auf "JustAnswer" veröffentlicht habe, mit der Konsequenz, dass diese E-Mail weltweit von allen Interessenten durch einfache Google-Recherche einsehbar gewesen sei. Der Kläger habe die "Abschieds"-E-Mail mit ihren grob unsachlichen Angriffen, insbesondere gegen ihren Vorstandsvorsitzenden, nicht nur an einen breiten unternehmensinternen Verteiler versandt, sondern deren Inhalt auch im Internet veröffentlicht.

165

Da das Arbeitsverhältnis am 02.06.2016 geendet habe, könne der Kläger keine Vergütung für die Monate Juni und Juli 2016 und kein Weihnachtsgeld für 2016 beanspruchen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung, weil sie eine wirksame außerordentliche Kündigung ausgesprochen habe. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei daher hinfällig. Der mit der Widerklage geltend gemachte Rückzahlungsanspruch folge aus §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 717 Abs. 2 ZPO. Ihr Schaden umfasse auch die gezahlten Steuern.

166

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

167

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.04.2017, Az. 3 Ca 1108/16, abzuändern und die Klage abzuweisen,

168

2. im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, an sie € 578.753,51 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 53.833,33 seit dem 01.04.2017, aus € 577.374,01 seit dem 16.08.2017 und aus € 578.753,51 seit dem 23.08.2017 zu zahlen.

169

Der Kläger beantragt,

170

1. die Berufung zurückzuweisen,

171

2. die Widerklage abzuweisen.

172

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 12.12.2017 und seines weiteren Schriftsatzes vom 05.02.2018, auf die Bezug genommen wird. Die Berufung sei bereits unzulässig. Die Beklagte beschäftige sich zwar unter der Überschrift "Rechtsausführungen" zum Teil konkret mit dem erstinstanzlichen Urteil, allerdings unter konsequenter Zugrundelegung eines durch sie selbst erarbeiteten Sachverhalts, der weder durch das Arbeitsgericht im Tatbestand festgestellt noch durch ihn als unstreitig zugestanden worden sei. Die Beklagte zeige keine konkreten Rechtsfehler des Arbeitsgerichts auf. Er habe das Arbeitsverhältnis nicht deshalb gekündigt, weil er nicht zum Vorstandsmitglied der Beklagten berufen worden sei, sondern wegen einer aus seiner Sicht verfehlten unternehmerischen Ausrichtung sowie wegen des Umgangs der Beklagten mit ihren Mitarbeitern ("Thema: Konzernprämie"). Der Vorstandsvorsitzende der Beklagten sei nicht damit einverstanden gewesen, dass er selbst das Arbeitsverhältnis kündige. Man habe ihn inständig darum gebeten, es sich noch einmal zu überlegen und ihm diesbezüglich diverse Angebote unterbreitet. Die Beklagte habe es umgangssprachlich als "Majestätsbeleidigung" bzw. als "Hochverrat" angesehen, dass er von sich aus die vertraglichen Beziehungen beenden wollte. Dies sei für die Beklagte bzw. für ihren Vorstandsvorsitzenden dem Grunde nach undenkbar gewesen. Deshalb habe man ihm sofort die Zugangsberechtigung zu sämtlichen Räumlichkeiten im In- und Ausland entzogen. Er habe faktisch Hausverbot gehabt. Eine Freistellung dieser Art sei entgegen der Ansicht der Beklagten bei Führungskräften keineswegs "allgemein üblich". Eine Führungskraft werde im Gegenteil gedemütigt, insbesondere wenn sie sich nichts habe "zu Schulden kommen lassen". Die Darstellung der Beklagten hinsichtlich der Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag sei insgesamt grob falsch. Er habe insbesondere nicht gegenüber dem Personalvorstand in einem Gespräch am 19.04.2016 eine finanzielle Entschädigung dafür gefordert, dass er nicht zum Vorstandsmitglied berufen worden sei. Da er das Arbeitsverhältnis selbst gekündigt habe, habe er keine finanziellen Forderungen erheben können.

173

Ein Großteil der E-Mail-Nachrichten, die die Beklagte zitiere, stammten nicht von ihm. Er sei insbesondere nicht Verfasser der Nachrichten von der Adresse "[email protected]". Es existiere entweder ein "Trittbrettfahrer", der sich unter einem Pseudonym seinem Anliegen anschließe, oder es handele sich um absichtlich hergestellte "Fake-Nachrichten", um ihm zu schaden. Das Arbeitsgericht habe zwar - auch bei Unterstellung seiner Urheberschaft - hinsichtlich dieser Nachrichten richtigerweise keine ausreichende Grundlage für die ausgesprochenen fristlosen Kündigungen gesehen. Dessen ungeachtet müsse er nicht die Verantwortung für etwas übernehmen, was er nicht veranlasst habe. Die Beklagte behaupte in auffallend kurzer Form, dass die durch ihn diskutierten  C.-Verstöße nicht vorlägen. Aus seiner Sicht sei die faktische Klärung dieser Fragen zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht relevant. Er könne allerdings zum Thema Konzernprämie die falsche, d.h. die Mitarbeiter benachteiligende Abrechnungspraxis, der Beklagten beweisen. Die Beklagte wisse nur zu gut, und habe dies durch ihr gesamtes Verhalten seit Ausspruch der ersten fristlosen Kündigung auch hinreichend dokumentiert, dass seine Anliegen nicht "aus der Luft gegriffen" und/oder deshalb durch ihn thematisiert worden seien, um für sich selbst persönliche Vorteile zu generieren. Seine Anliegen fußten vielmehr auf einem Tatsachenkern. Sie seien aus seiner Sicht aus verschiedenen Motiven (zB. Selbstschutz/ Steuersituation Österreich oder Gerechtigkeitsgefühl/ Konzernprämie) zu klären. Es sei insbesondere unrichtig, dass er dem CCO nach dessen E-Mails im Mai 2016 telefonisch irgendetwas erläutert bzw. mit ihm geklärt habe. Er habe sich nachweislich per E-Mail am 21., 24., 30.05. und 01.06.2016 an den CCO mit seinen C.-Anliegen gewandt. Der CCO habe ihm lediglich am 25.05.2016 eine E-Mail mit dem Versprechen übermittelt, er werde sich um sein Anliegen kümmern. Geschehen sei diesbezüglich nichts. Stattdessen habe die Beklagte mit dem Ausspruch von fristlosen Kündigungen reagiert. Verharmlosend und falsch sei auch die Sachverhaltsdarstellung der Beklagten zum Thema "nicht erlaubte Verabschiedung". Neben dem erteilten Hausverbot, den Umständen bei Verhandlung und Abschluss des Aufhebungsvertrags (ua. Fristsetzung durch die Beklagte, Zustellung an einen Nachbarn etc. pp) und der dokumentierten Ignoranz bezüglich C., habe ihn die Beklagte hier erneut vorsätzlich gedemütigt und vorgeführt. Ihm sei es ein wichtiges Anliegen gewesen, sich von seinen langjährigen Mitarbeitern, mit denen er vertrauensvoll zusammengearbeitet habe, würdig zu verabschieden. Die entsprechende E-Mail vom 30.04.2016 an den Personalvorstand liege vor. Dem Grunde nach habe er sich bereits wegen des Hausverbots nicht mehr verabschieden können. Die Beklagte habe es zunächst schlichtweg abgelehnt, dass er sich verabschiede. Schließlich habe sie eine Verabschiedung "erlaubt", wenn er alles selbst organisiere und bezahle. Seine sog. "Abschied"-E-Mail könne insoweit nicht überraschen.

174

Es sei eine unbestreitbare Tatsache, dass er im Zeitraum zwischen seiner Eigenkündigung und dem Ausspruch der fristlosen Kündigung vom 02.06.2016 keine finanziellen Forderungen gegen die Beklagte erhoben habe. Wäre die Beklagte nicht ihrerseits an ihn mit dem Vorschlag eines Aufhebungsvertrags herangetreten, hätte es für ihn keinen Anspruch auf eine Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 brutto gegeben. Ob er Anspruch auf eine weitere Konzernprämie gehabt habe, sei für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht relevant, weil er gegen die Beklagte diesbezüglich keine bezifferte Forderung stelle. Auslöser der ersten Kündigung sei augenscheinlich seine E-Mail vom 01.06.2016 an den Personalvorstand gewesen, mit der er nicht gezahlte Vergütungen für seine weiteren Geschäftsführertätigkeiten (ua. für die H. Baumarkt GmbH Österreich, aber auch für die A.-Agentur für Werbung und Verkaufsförderung GmbH) thematisiert habe. Mit dieser Nachricht habe er zum einen keine finanzielle Forderung gegen die hiesige Beklagte gestellt, zum anderen habe er dieses Thema auch nicht in irgendeinen Zusammenhang zu den zuvor thematisierten C.-Verstößen gestellt. Sein Wunsch zur Abänderung des durch die Beklagte selbst initiierten Aufhebungsvertrags hinsichtlich der Ausschlussklausel etc. pp habe auch für einen unbefangenen Dritten nichts mit der Erhebung von unberechtigten Forderungen zu tun.

175

Darüber hinaus habe er die Beklagte auch ansonsten nicht arbeitsvertragswidrig bedroht. Es könne sich bei möglicherweise kritischen Themen schon nicht um eine Drohung handeln, wenn ein Mitarbeiter in leitender Position sich zunächst an die Vorstände wende, danach an den hierfür zuständigen C.-Beauftragten und im weiteren Verlauf möglicherweise an den Betriebsrat bzw. möglicherweise noch an dritte Stellen. Hierdurch habe er nämlich genau die Reihenfolge eingehalten, die einzuhalten sei. Vollkommen richtig habe das Arbeitsgericht auch seine E-Mail vom 13.05.2016, insbesondere die dortige Äußerung: "Bei ein Nein kann es sehr teuer werden für H." bewertet. Diese Äußerung habe die Beklagte nicht dahin verstehen dürfen, dass er sie ggf. bei dritten Stellen anschwärzen und hierdurch Straf- bzw. Bußgeldzahlungen auf sie zukommen könnten. Das Arbeitsgericht habe zutreffend auf die objektive Situation abgestellt. Objektiv habe es ihm bis zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags offen gestanden, zu einem Konkurrenzunternehmen zu wechseln und hierdurch ggf. die Gewinne der Beklagten zu schmälern. Um dies zu verhindern, habe ihm die Beklagte den Aufhebungsvertrag geradezu aufdrängen wollen.

176

Entgegen der Ansicht der Beklagten beinhalte seine "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016 keine Formalbeleidigung von beteiligten Personen. Mit der Formulierung "an einem toten Pferd gezogen" sei nicht der Vorstandsvorsitzende der Beklagten gemeint, sondern im Sinne eines Sprichworts, die aus seiner Sicht verfehlte Unternehmenspolitik der Beklagten. Die E-Mail sei nicht einmal "frech", wie das Arbeitsgericht angenommen habe. Sie sei in Anbetracht des Umstandes, dass die Beklagte ihn nach seiner Eigenkündigung umgangssprachlich sofort "kaltgestellt" und es ihm auch nicht ermöglicht habe, sich angemessen von seinen Mitarbeitern zu verabschieden, durchaus sachlich gehalten.

177

Von den fahrlässig nicht anonymisierten Anfragen und Veröffentlichungen im Internetportal "JustAnswer" habe die Beklagte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der ersten Kündigung noch keine Kenntnis gehabt, so dass es hierauf nicht ankomme. Er habe zwar objektiv durch die nicht anonymisierten Anfragen gegen seine Pflichten verstoßen. Dies reiche jedoch nicht aus, um ihm fristlos zu kündigen, weil er nicht vorsätzlich gehandelt habe. Art, Stil und Inhalt seiner Fragen an den jeweiligen Experten bei "JustAnswer" ließen nicht die Deutung zu, dass er vorsätzlich vertrauliche Informationen habe verbreiten wollen und es ihm (auch) darauf angekommen sei, dass die Beklagte einen Reputationsschaden erleidet. Hier versuche die Beklagte fast schon "gewaltsam", ihm eine subjektiv verwerfliche Einstellung zu unterstellen. Dass es überhaupt dazu gekommen sei, dass er fahrlässig die nicht anonymisierten Veröffentlichungen getätigt habe, habe mit der besonderen Druck- und Ausnahmesituation zu tun, in der er sich befunden habe. Bis zum Ausspruch der ersten fristlosen Kündigung sei er nicht davon ausgegangen, einen Rechtsanwalt persönlich zwecks Klärung der Sachverhalte aufsuchen zu müssen. Er sei bis zuletzt davon ausgegangen, dass er anwaltlichen Rat nicht beanspruchen müsse.

178

Selbst wenn man von einem wichtigen Grund ausgehen wollte, sei die Kündigung unverhältnismäßig. Es sei offensichtlich, dass man sich auf Seiten der Beklagten subjektiv über bestimmte Dinge geärgert habe, berechtigt oder nicht. Insoweit hätte es ihm keineswegs aufgrund seiner ehemaligen Spitzenposition und der damit verbundenen Vertrauens- und Pflichtenstellung klar sein müssen, dass die Beklagte plötzlich das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt. Vielmehr hätte der Beklagten klar sein müssen, dass sie durch die erste fristlose Kündigung vom 02.06.2016 in Verbindung mit einem Verhalten, das man aus Spielfilmen nach US-amerikanischem Vorbild kenne (Zustellung der Kündigung durch schwarze Limousinen etc. pp) eine Spirale wechselseitiger Zerwürfnisse in Gang setze. Der Beklagten sei es sowohl bei der ersten Kündigung als auch bei allen Folgekündigungen möglich und zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis noch einige Wochen bis zum 31.10.2016 fortzusetzen, denn es sei ohnehin klar gewesen, dass er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keine Arbeitsleistung mehr erbringen würde. Die fristlose Kündigung habe daher offensichtlich nur dazu gedient, etwaige Rachegelüste der Beklagten zu befriedigen sowie ihn mehrfach zu demütigen. Dies sei der Beklagten auch gut gelungen. Da das Arbeitsverhältnis bis zum 31.10.2016 fortbestanden habe, seien seine Zahlungsansprüche insgesamt begründet, die Widerklage unbegründet.

179

Der Kläger hat am 11.07.2017 in Österreich vor dem Landgericht Wiener Neustadt (Az. 4 Cga 91/17x) eine Klage gegen eine österreichische Tochtergesellschaft der Beklagten auf Zahlung von Vergütung iHv. € 401.881,67 eingereicht.

180

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

181

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg. Auch ihre in zweiter Instanz erhobene Widerklage ist überwiegend begründet.

I.

182

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und - entgegen der Ansicht des Klägers - auch ordnungsgemäß iSv. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO begründet worden. Die Berufungsbegründung enthält eine ausreichende Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und eine Darlegung, aus welchen Gründen die Begründung des Arbeitsgerichts für unzutreffend gehalten wird (zu diesen Anforderungen an die Berufungsbegründung vgl. etwa BAG 14.03.2017 - 9 AZR 633/15 - Rn. 11 mwN). Die Berufungsbegründung der Beklagten lässt im Einzelnen erkennen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art und aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll. Der Umfang der Berufungsbegründungsschrift (84 Seiten), den der Kläger als "Materialschlacht" empfindet, gibt keinen Anlass zu Beanstandungen.

183

Soweit sich die Berufung nicht mit dem verfolgten Anspruch auf ein Arbeitszeugnis "mit Ausstellungsdatum 31.10.2016" (Klageantrag zu 5) beschäftigt, dem das Arbeitsgericht stattgegeben hat, durfte insoweit eine Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil unterbleiben. Die Begründetheit dieses Klagebegehrens setzt denknotwendig voraus, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten aufgelöst worden ist, sondern bis zum Kündigungstermin des Klägers am 31.10.2016 fortgestanden hat. Gegen die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses als solchem wendet sich die Berufung nicht.

II.

184

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts durch die erste außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.06.2016 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Der Kläger kann deshalb keine Vergütung für die Monate Juni und Juli 2016 iHv. insgesamt € 38.000,00 brutto beanspruchen. Er hat auch keinen Anspruch auf die im Aufhebungsvertrag vom 02./18.05.2016 vereinbarte Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00. Der Kläger kann keine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2016 iHv. € 15.833,33 (10/12 von € 19.000,00), sondern lediglich iHv. € 7.916,67 brutto (5/12) beanspruchen. Außerdem steht ihm ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu, das allerdings nicht das Ausstellungsdatum 31.10.2016 tragen muss. Die zweitinstanzliche Widerklage ist teilweise begründet. Der Kläger ist verpflichtet, an die Beklagte von dem zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem erstinstanzlichen Urteil beigetriebenen Gesamtentgeltbetrag € 570.836,84 nebst Zinsen zurückzuzahlen.

185

1. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.06.2016 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts liegt ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vor.

186

a) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG 01.06.2017 - 6 AZR 720/15 - Rn. 45 mwN). Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob der Beklagten zumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum 31.10.2016, dem Beendigungstermin der Eigenkündigung des Klägers, fortzusetzen.

187

b) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts rechtfertigt das Verhalten des Klägers "an sich" eine außerordentliche Kündigung, denn er hat in schwerwiegender Weise gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen seines Arbeitgebers verstoßen.

188

aa) Der Arbeitnehmer ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, Störungen des Betriebsfriedens oder Betriebsablaufs zu vermeiden. Dies entspricht dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung des Betriebsfriedens und der Einhaltung der betrieblichen Ordnung als Voraussetzung einer funktionierenden Arbeitsorganisation. Deshalb muss der Arbeitgeber beispielsweise unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, nicht hinnehmen (vgl. BAG 01.06.2017 - 6 AZR 720/15 - Rn. 49 mwN). Auch grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten, können einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers darstellen und eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen (vgl. BAG 10.12.2009 - 2 AZR 534/08 - Rn. 17 mwN). Ein bewusst illoyales Verhalten gegenüber Vorgesetzten kann abhängig von den Umständen des Falls einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (vgl. BAG 01.06.2017 - 6 AZR 720/15 - Rn. 49; BAG 13.04.2000 - 2 AZR 259/99 - zu II 4 der Gründe).

189

bb) So liegt der Fall hier.

190

(1) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts enthält die "Abschieds"-E-Mail des Klägers vom 20.05.2016, die er an einen Verteilerkreis von ca. 100 Arbeitnehmer der Beklagten bzw. der H.-Gruppe (nicht nur an Landesgeschäftsführer oder sonstige Führungskräfte der ersten und zweiten Leitungsebene, sondern auch an Mitarbeiter ohne Führungsposition) übermittelt hat, grob unsachliche Angriffe, die geeignet sind, die Unternehmensleitung der Beklagten betriebsöffentlich herabzusetzen und als unfähig darzustellen. Die "Abschieds"-E-Mail des Klägers war nicht nur "frech", "keinesfalls unterwürfig", unangemessen und unprofessionell, wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat, sie war vielmehr auf Häme und Abrechnung gerichtet und stellt ein grob illoyales Verhalten dar. Es stand die Diffamierung der Person des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten im Vordergrund, die diesen - jenseits polemischer und überspitzter Kritik - in erster Linie herabsetzen sollte. Der Kläger kann sich damit nicht erfolgreich auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Dieses Grundrecht wird nicht schrankenlos gewährleistet, sondern ist insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden (vgl. BAG 17.02.2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22 mwN). Auch unterhalb der Schwelle eines strafbaren Verhaltens muss ein Arbeitnehmer angemessen auf Persönlichkeitsrechte seines Vorgesetzten Rücksicht nehmen. Dass der Kläger die "Abschieds"-E-Mail aus einem spontanen Erregungszustand heraus verfasst und abgeschickt hätte, behauptet er selbst nicht.

191

Wie die Berufung zutreffend ausführt, mag der Vorwurf der "Verschwendung durch u.a. Optimierungswahnsinn" sowie der Vorwurf, die Mitarbeiter würden als "Befehls Empfänger" behandelt, gegenüber dem Vorstand oder einem kleinen Kreis von Führungskräften noch als überspitzte Kritik zulässig sein. Eine solche Situation lag hier jedoch nicht vor, vielmehr wandte sich der Kläger an einen Kreis von ca. 100 Mitarbeitern. Außerdem erklärte der Kläger seine Eigenkündigung damit, dass er mit dem eingeschlagenen Unternehmenskurs nicht einverstanden gewesen sei. Er habe zunächst gemeint, dass er mit dem Vorstandsvorsitzenden nicht so weit auseinander liege, später sei ihm klar geworden, dass er "an ein totes Pferd" ziehe. Die Kammer folgt der Berufung auch darin, dass es bei einer solchen "Abschieds"-E-Mail nicht darum geht, Kritik - wenn auch in deutlichen Worten - zur Verbesserung einer aktuellen Unternehmenssituation zu äußern, sondern darum, den Vorstandsvorsitzenden verächtlich zu machen und seine Position zu untergraben. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kläger den Vorstandsvorsitzenden als "totes Pferd" beleidigen oder - wie er behauptet, im Sinne eines Sprichworts - dessen verfehlte Unternehmenspolitik kritisieren wollte. Es handelt sich so oder so um einen im groben Maße unsachlichen Angriff. Ein derartiges Vorgehen schadet dem Unternehmen, zumal bei einem großen Verteilerkreis immer die Gefahr besteht, dass Informationen nach außen dringen und den Ruf schädigen. Das Verhalten des Klägers war somit nicht nur unangemessen, sondern grob pflichtwidrig. Dass seine E-Mail daneben auch nicht zu beanstandende Textpassagen enthielt, ändert hieran nichts.

192

(2) Auch die nicht anonymisierten Veröffentlichungen, die der Kläger auf der Internetplattform "JustAnswer" veranlasst hat, geben an sich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung ab. Der Kläger hat seine Verschwiegenheitspflichten in schwerwiegender Weise verletzt. Obwohl er sich in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrags ausdrücklich verpflichtet hatte, über den Inhalt dieses Vertrags Stillschweigen zu bewahren, veranlasste er - bereits elf Tage später - die Veröffentlichung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots im vollen Wortlaut im Internet. Am 29.05.2016 stellte er den Experten von "JustAnswer" die Frage, ob er das Wettbewerbsverbot durch Zurückzahlung (der Karenzentschädigung) aufheben lassen könne. Dabei anonymisierte er weder seinen Namen, die Firma der Beklagten oder die H.-Gruppe oder die Konkurrenzunternehmen (O. und B.). Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot war folglich öffentlich zugänglich und damit für einen unbegrenzten Kreis von Personen im Internet einsehbar. Nicht nur dadurch, dass jedermann sehen konnte, dass sich die Beklagte die Bereitschaft des Klägers, nicht zu den Mitbewerbern O. oder B. zu wechseln, eine halbe Million Euro kosten lässt, hat der Kläger seine Pflichten verletzt. Eine mangelnde Vertragstreue und Loyalität des Klägers kommt auch dadurch deutlich zum Ausdruck, dass er schon elf Tage nach Vertragsunterzeichnung durch die Frage "Kann ich durch Zurückzahlung das Wettbewerbsverbot aufheben lassen?", öffentlichkeitswirksam versucht hat, sich seiner Pflichten aus dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu entziehen. Darüber hinaus veranlasste der Kläger die Veröffentlichung seiner "Abschieds"-E-Mail vom 20.05.2016.

193

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts kann sich der Kläger nicht mit dem Argument entlasten, er habe nicht vorsätzlich gehandelt, weil er sich "nicht explizit" um die Nutzungsmodalitäten der Internetplattform "JustAnswer" gekümmert habe. Der Kläger ist nicht "naiv", wie das Arbeitsgericht meint, sondern ein erfahrener Geschäftsmann, der zwanzig Jahre in Führungspositionen tätig war. Die Pflichtverletzung hat der Kläger schuldhaft begangen, denn er handelte mindestens grob fahrlässig iSd. § 276 Abs. 2 BGB. Die Veröffentlichung war auch nicht durch eine "Ausnahme- und Drucksituation" gerechtfertigt oder entschuldbar, wie das Arbeitsgericht meint. Eine Anonymisierung wäre dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen. Es war von ihm auch zu erwarten, dass er sich mit den Nutzungs- und Geschäftsbedingungen der Internetplattform vertraut macht. Dort wird deutlich darauf hingewiesen, dass die Fragen und die Antworten der Experten auf der Website veröffentlicht werden und weltweit auch außerhalb der Website im Internet - auch über Suchmaschinen - gefunden und eingesehen werden können. Dass dies dem Kläger nicht aufgefallen sein könnte, nimmt ihm die Berufungskammer nicht ab.

194

(3) Schließlich haben auch die E-Mails, die der Kläger seit dem 13.05.2016 an den Personalvorstand und den Chief- C.-Officer (CCO) der Beklagten verschickt hat, nötigenden Charakter und runden den Gesamteindruck ab, dass sich der Kläger im Anschluss an seine Eigenkündigung grob illoyal verhalten hat. Auf die Frage, ob der Kläger Urheber der E-Mails ist, die unter dem Namen "M. M." und der E-Mail-Anschrift: "[email protected]" abgeschickt worden sind, woran aus Sicht der Berufungskammer kein vernünftiger Zweifel besteht, kommt es nicht an.

195

In der E-Mail vom 13.05.2015 an den Personalvorstand, die unstreitig vom Kläger stammt, führt er abschließend aus: "Bei ein Nein kann es sehr Teuer werden für H. und Fam". Dieser Satz ist nicht "offen gehalten und vage", wie das Arbeitsgericht ausführt, sondern hat eindeutig nötigenden Charakter. Er war auch eindeutig so gemeint. Aus dem Kontext der E-Mail geht deutlich hervor, dass der Kläger die Streichung der Ausgleichsklausel, einen früheren Auszahlungszeitpunkt der Karenzentschädigung und die Anwendung der sog. Fünftelregelung für die Besteuerung von Abfindungen ("die Aufhebungsklausur ist ja eigentlich in mein Vorteil, Ich brauch Sie nicht, Du kannst Sie Streichen, 2 Monaten früher auszahlen?, die Zinsen kosten euch nichts, 5er regel war schon vereinbart") erreichen wollte. Ein derartiges Änderungsverlangen ist - isoliert betrachtet - gegenüber dem Verhandlungspartner nicht verwerflich, auch wenn die geforderte Steuerermäßigung rechtlich nicht zulässig ist. Es kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger sein Änderungsverlangen mit der eindeutigen Drohung verknüpft hat "bei ein Nein kann es sehr Teuer werden". Die Auslegung, mit dieser Äußerung sei gemeint, dass der Kläger zur Konkurrenz wechseln könne und hierdurch der Gewinn der Beklagten geschmälert werde, ist fernliegend.

196

Am 01.06.2016 drohte der Kläger dem CCO in einer E-Mail, die unstreitig von ihm stammt, sich an "andere Instanzen" zu wenden. Ein Arbeitnehmer, der in einer derartigen Form gegen seinen Arbeitgeber agiert und die Konfrontation sucht, zerstört regelmäßig das Vertrauensverhältnis nachhaltig und begründet ernsthafte Zweifel an seiner persönlichen Integrität und Loyalität. Schließlich sind auch die von dem Kläger behaupteten altruistischen Motive nicht geeignet, sein Verhalten in einem günstigeren Licht erscheinen zu lassen.

197

c) Bei der abschließenden Interessenabwägung überwiegt - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dessen Fortsetzung war ihr bis zum 31.10.2016 nicht zuzumuten.

198

(aa) Entgegen der Ansicht des Klägers war der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.10.2016 nicht schon deshalb zumutbar, weil sie ihn seit dem 21.04.2016 im Anschluss an seine schriftliche Eigenkündigung unwiderruflich von seiner Arbeitsverpflichtung freigestellt hat. Zudem ist die Freistellung auch in Ziff. 2.1. des Aufhebungsvertrags vom 02./18.05.2016 vereinbart worden. Ein Aufhebungsvertrag steht regelmäßig unter der aufschiebenden Bedingung, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vereinbarten Auflösungszeitpunkt fortgesetzt wird. Löst später eine außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis vor dem vorgesehenen Auflösungszeitpunkt auf, wird der Aufhebungsvertrag gegenstandslos. Dies gilt erst Recht für eine in dem Aufhebungsvertrag vereinbarte unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers. Die unwiderrufliche Freistellung ist allerdings bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen (vgl. BAG 05.04.2001 - 2 AZR 217/00 - Rn. 19 ff).

199

(bb) Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falls - Bedeutung gewinnen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (vgl. BAG 20.11.2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 21 mwN).

200

(cc) Unter Anwendung dieser Grundsätze war der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.10.2016 nicht zuzumuten. Zugunsten des Klägers ist die zwanzigjährige Dauer des Anstellungsverhältnisses, dessen beanstandungsfreier Verlauf, sein Lebensalter und die Unterhaltspflichten sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass er bereits seit 21.04.2016 unwiderruflich von seinen Dienstpflichten freigestellt war. Andererseits war das Vertrauen der Beklagten in die Integrität und Loyalität des Klägers vollständig und unwiederbringlich zerstört. Der Kläger hat durch sein bewusst illoyales Verhalten selbst einer weiteren vertrauensvollen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses die Grundlage entzogen. Eine Abmahnung kam unter den gegebenen Umständen als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung nicht in Betracht (vgl. BAG 20.11.2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 22 mwN). Der Kläger konnte nicht ernsthaft mit einer Billigung seines Verhaltens durch die Beklagte rechnen. Er hätte nach objektiven Maßstäben erkennen müssen, dass sein Verhalten für die Beklagte nicht hinnehmbar war. Im Übrigen hat sich der Kläger, worauf die Berufung zutreffend hinweist, auf einen "Konfrontationskurs" begeben, von dem er durch eine Abmahnung nicht mehr abzubringen gewesen wäre.

201

Schließlich befand sich der Kläger - entgegen seiner Ansicht - in keiner Konfliktsituation, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte. Er kann insbesondere nicht als Milderungsgrund für sich in Anspruch nehmen, dass die Beklagte eine "Spirale wechselseitiger Zerwürfnisse" in Gang gesetzt hätte, worauf das Arbeitsgericht maßgeblich abgestellt hat. Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis zunächst mündlich am 14.04. zum 31.10.2016 selbst gekündigt. Dass Arbeitgeber auf Eigenkündigungen, insbesondere von Arbeitnehmern, die - wie der Kläger - eine Spitzenposition eingenommen haben, mit sofortigen (bezahlten) Freistellungen reagieren, gehört zum Standardrepertoire jeder Personalabteilung und kann dem Kläger nicht verborgen geblieben sein. Den freiwilligen Weggang des Klägers kommunizierte die Beklagte intern ebenfalls mit standardmäßigen Formulierungen in einer E-Mail vom 15.04.2016, die sie an einen Kreis von Mitarbeitern richtete. Als Grund für das Ausscheiden des Klägers wurden "neue berufliche Herausforderungen" genannt, die E-Mail schloss mit einer Dankesformel nebst guten Wünschen für die Zukunft. Eine "demütigende" Behandlung des Klägers ist nicht ansatzweise erkennbar. Auch die Frustration des Klägers darüber, dass sich die Beklagte am 10.05.2016 geweigert hat, ihm Flüge nach Wien und Bukarest zu buchen, damit er sich auf ihre Kosten bei einem Abendessen oder einer ähnlichen Veranstaltung von den dortigen Mitarbeitern persönlich verabschieden kann, rechtfertigt sein anschließendes Verhalten nicht. Es ist der Berufungskammer nicht nachvollziehbar, weshalb das Vorgehen der Beklagten im Anschluss an die Eigenkündigung des Klägers als "entwürdigend" empfunden werden könnte. Die Beklagte hat dem Kläger als Entschädigung für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, das sie mit ihm vereinbaren wollte, am 02.05.2016 eine Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 angeboten, die sie ihm als Einmalbetrag bereits zum 31.07.2016 auszahlen wollte. Sie hat die Annahmefrist bis zum 18.05.2016 verlängert und dem geschäftserfahrenen Kläger damit ausreichend Zeit gelassen, den Vertragsschluss zu überdenken und sich ggf. mit einem Rechtsanwalt oder Steuerberater zu beraten. Selbst wenn die Beklagte dem Kläger den Aufhebungsvertrag wegen des angestrebten Wettbewerbsverbots "geradezu aufdrängen" wollte, wie der Kläger behauptet, befand er sich in einer komfortablen Verhandlungsposition. Er hätte den Aufhebungsvertrag durch ein schlichtes "Nein" ablehnen, und ab 01.11.2016 zur Konkurrenz wechseln können. Eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes stand ihm, wie der Kläger wiederholt selbst betont, nicht zu. Auch aus dem Umstand, dass sich die Beklagte geweigert hat, die Änderungswünsche des Klägers hinsichtlich des Vertragsinhalts umzusetzen (im Einzelnen: Streichung der Ausgleichsklausel in Ziff. 7.1; Auszahlung des Einmalbetrags zwei Monate früher am 31.05.2016, Versteuerung der Karenzentschädigung wie eine Abfindung nach der sog. Fünftelregelung), kann nicht gefolgert werden, die Beklagte habe einen aktiven Beitrag zur Konflikteskalation geleistet, den der Kläger als Milderungsgrund für sein Verhalten berücksichtigt wissen will. Schließlich kann sich der Kläger nicht damit entschuldigen, dass der von der Beklagten beauftragte Kurier den Brief mit dem Vertragsangebot am 02.05.2016 in den Briefkasten seines Nachbarn eingeworfen hat, den der Nachbar nicht nur aus Versehen geöffnet, sondern auch gelesen und anschließend in der Nachbarschaft verbreitet haben soll. Selbst wenn sich die Beklagte das Fehlverhalten des Kuriers noch zurechnen lassen müsste, trifft sie jedenfalls am Verhalten des Nachbarn keine Schuld. Etwaige "Rachegelüste" der Beklagten, die ihr der Kläger unterstellt, vermag die Berufungskammer nicht zu erkennen. Die Beklagte oder einer ihrer Repräsentanten (§ 278 BGB) haben die Ebene der Sachlichkeit im Anschluss an die Eigenkündigung des Klägers nicht verlassen. Im Rahmen der Interessenabwägung erhebliche, ihn entlastende besondere Umstände hat der Kläger folglich nicht vorgetragen. Von der Beklagten konnte nach alledem nicht verlangt werden, das Arbeitsverhältnis mit ihm bis zum 31.10.2016 fortzusetzen.

202

d) Die Beklagte konnte die Kündigungsgründe im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen auf der Internetplattform "JustAnswer" - entgegen der Ansicht des Klägers - nachschieben. Von diesen Veröffentlichungen, die ab 29.05.2016 erfolgt sind, hat die Beklagte erst nach Ausspruch der ersten Kündigung vom 02.06.2016 am 20.06.2016 erfahren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, können Kündigungsgründe, die dem Kündigenden bei Ausspruch der Kündigung noch nicht bekannt waren, uneingeschränkt nachgeschoben werden, wenn sie - wie hier - bereits vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind (vgl. BAG 06.09.2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 21). Ist bereits eine fristlose Kündigung ausgesprochen, muss der Gekündigte damit rechnen, dass bei Ausspruch der Kündigung bereits entstandene, aber bis dahin noch nicht entdeckte Kündigungsgründe nachgeschoben werden.

203

e) Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Nach dieser Vorschrift kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.

204

Selbst bei isolierter Betrachtung der Einzelakte, die zur ersten Kündigung geführt haben, fanden die Pflichtverletzungen innerhalb der Zwei-Wochen-Frist vor ihrem Zugang am 02.06.2016 statt. Der Kläger hat die "Abschieds"-E-Mail am 20.05.2016 an ca. 100 Mitarbeiter verbreitet. Die - nicht anonymisierten - Veröffentlichungen im Internetportal "JustAnswer", die die Beklagte als Kündigungsgrund nachgeschoben hat, erfolgten ab 29.05.2016. Auch die inkriminierten E-Mails versandte der Kläger noch im Zwei-Wochen-Zeitraum. Hinzu kommt, dass sich die Pflichtverletzungen des Klägers zu einem Gesamtverhalten zusammenfassen lassen. In diesem Fall beginnt die Ausschlussfrist erst mit Kenntnis des letzten Vorfalls, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die in ihrer Gesamtheit zum Anlass für eine Kündigung genommen werden (vgl. BAG 01.06.2017 - 6 AZR 720/15 - Rn. 64 mwN).

205

f) Weitere Unwirksamkeitsgründe sind nicht zu prüfen. Der Kläger beruft sich zweitinstanzlich ausdrücklich nicht darauf, dass die Beklagte gem. § 102 Abs. 1 BetrVG verpflichtet gewesen sei, den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung vom 02.06.2016 anzuhören (vgl. Seite 15 des Schriftsatzes vom 12.12.2017, Bl. 1.177 d.A.). Es kann deshalb dahinstehen, ob der Kläger - wie die Beklagte meint und wofür alles spricht - in seiner Position als "Geschäftsführer International" als leitender Angestellter iSd. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG zu qualifizieren war.

206

g) Weil das Arbeitsverhältnis durch die erste fristlose Kündigung der Beklagten vom 02.06.2016 mit deren Zugang sein Ende gefunden hat, kommt es auf die Wirksamkeit der vorsorglich erklärten fristlosen Kündigungen vom 28.06., 25.07. und 08.08.2016 nicht an.

207

2.  Der Klageantrag zu 2) ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Vergütung für die Monate Juni und Juli 2016 iHv. insgesamt € 38.000,00 brutto, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien (wie oben unter Ziff. 1 ausgeführt) durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.06.2016 mit ihrem Zugang sein Ende gefunden hat.

208

3.  Der Klageantrag zu 3) ist zum Teil begründet. Der Kläger kann von der Beklagten für das Jahr 2016 eine anteilige Jahressonderzahlung beanspruchen. Der Anteil beträgt allerdings nicht 10/12, sondern 5/12 von € 19.000,00 brutto, mithin € 7.916,67 brutto.

209

Die Parteien haben in § 2 Ziff. 2 des schriftlichen Anstellungsvertrags vom 14.03.2012 vereinbart, dass "als Sonderzahlung ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts zum betriebsüblichen Auszahlungszeitpunkt gewährt" wird. Der Wortlaut nimmt zwar auf Weihnachten Bezug; Voraussetzung der Sonderzahlung ist nach der gem. §§ 133, 157 BGB gebotenen Auslegung der Vertragsabrede aber nicht, dass das Arbeitsverhältnis zu Weihnachten noch besteht. Bei der Sonderzahlung handelt es sich vielmehr um einen Vergütungsbestandteil, der im Synallagma zur erbrachten Arbeitsleistung steht. Der Kläger kann deshalb für jeden Kalendermonat, den das Arbeitsverhältnis im Jahr 2016 bestanden hat, ein Zwölftel der Sonderzahlung beanspruchen. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien (wie oben unter Ziff. 1 ausgeführt) am 02.06.2016 sein Ende gefunden hat, stehen dem Kläger lediglich 5/12 von € 19.000,00 zu.

210

Der Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 01.11.2016 folgt aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Ausweislich Ziff. 1.3 des Aufhebungsvertrags vom 02./18.05.2016 war die Sonderzahlung, die dort als "anteilige[s] 13. Monatsgehalt" bezeichnet worden ist, mit der Oktoberabrechnung 2016 fällig.

211

4.  Der Klageantrag zu 4) ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten keine Karenzentschädigung iHv. € 500.000,00 beanspruchen.

212

Die Beklagte ist in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB von der in Ziff. 4.3. des Aufhebungsvertrags vom 02./18.05.2016 eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung der Karenzentschädigung befreit worden. Nach § 75 Abs. 1 HGB können sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer bei vertragswidrigem Verhalten der anderen Arbeitsvertragspartei die Unwirksamkeit der nachvertraglichen Wettbewerbsvereinbarung durch einseitige schriftliche Erklärung vor Ablauf eines Monats nach der Kündigung herbeiführen. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis (wie oben unter Ziff. 1 ausgeführt) wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers aus wichtigem Grund am 02.06.2016 wirksam gekündigt und sich durch die gesonderte schriftliche Erklärung vom 02.06.2016 von dem vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot wirksam losgesagt (vgl. BAG 07.07.2015 - 10 AZR 260/14 - Rn. 14 mwN; 19.05.1998 - 9 AZR 327/96 - Rn. 16 mwN; Baumbach/Hopt/Roth 37. Aufl. HGB § 75 Rn. 2 mwN). Die Beklagte wurde dadurch von ihrer Pflicht zur Zahlung der Karenzentschädigung frei, musste dafür aber ihren Unterlassungsanspruch opfern. Hierauf hat sie den Kläger in ihrem Schreiben vom 02.06.2016 ausdrücklich hingewiesen, indem sie ausgeführt hat, dass das mit Aufhebungsvertrag vom 02./18.05.2016 vereinbarte Wettbewerbsverbot und die mit ihm im Zusammenhang stehenden Regelungen 4.1 bis 4.7 ab sofort ihre Gültigkeit verlieren.

213

5.  Der Klageantrag zu 5) ist teilweise begründet. Der Kläger kann von der Beklagten gem. § 109 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GewO ein qualifiziertes Arbeitszeugnis beanspruchen. Darüber herrscht kein Streit. Das Zeugnis muss allerdings nicht wie vom Kläger beantragt "das Ausstellungsdatum 31.10.2016" enthalten, weil das Arbeitsverhältnis bereits mit Zugang der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 02.06.2016 geendet hat. Den weiteren Antragsteilen - "wohlwollendes" Zeugnis, das "sein weiteres berufliches Fortkommen nicht hindern wird" - war mangels Bestimmtheit nicht stattzugeben. Es bleibt Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis im Einzelnen abzufassen, wobei die Formulierung in seinem pflichtgemäßen Ermessen steht (vgl. BAG 14.02.2017 - 9 AZB 49/16 - Rn. 11 mwN).

214

6. Die Widerklage ist teilweise begründet. Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger aus § 62 Abs. 2 ArbGG iVm. § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO einen Anspruch auf Rückzahlung von € 570.836,84 nebst Zinsen. Die weitergehende Widerklage war abzuweisen. Dies ist bei der Tenorierung versehentlich unterblieben.

215

Die Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO soll gewährleisten, dass derjenige, der aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils in Anspruch genommen wird, seine Leistung zur Abwehr der Vollstreckung nach Aufhebung des Titels sogleich zurückerhält. Dies ist auf den allgemeinen Rechtsgedanken zurückzuführen, dass der Gläubiger aus einem noch nicht endgültigen Titel auf eigene Gefahr vollstreckt. Nach einer Aufhebung oder Änderung des nur vorläufigen Titels, der den Gläubiger zur vorzeitigen Vollstreckung berechtigt, soll der daraus folgende Schaden des Schuldners aufgrund einer schuldunabhängigen Risikohaftung des Gläubigers ausgeglichen werden.

216

Von der Widerklageforderung in einer Gesamthöhe von € 578.753,51 war die Sonderzahlung für 2016 iHv. € 7.916,67 brutto abzusetzen, die die Beklagte dem Kläger (wie oben unter Ziff. 3 ausgeführt) schuldet. Bei teilweiser Abänderung ist nur der Schaden zu ersetzen, der durch die Vollstreckung des aufgehobenen Teils entstanden ist (vgl. MüKoZPO/Götz ZPO 5. Aufl. § 717 Rn. 18).

217

Die Beklagte zahlte an den empfangsberechtigten Prozessbevollmächtigten des Klägers nach ihrer unbestrittenen Zahlungsaufstellung (Bl. 1068 d.A.) und den vorgelegten Belegen am 31.07.2017 einen Betrag von € 32.097,50 netto, am 15.08.2017 einen Betrag von € 285.887,90 netto und am 22.08.2017 einen weiteren Betrag von € 1.379,48 netto, auch auf Zinsen und Kosten. Außerdem führte sie an das Finanzamt Lohnsteuer iHv. € 245.866,00 und Solidaritätszuschlag iHv. € 13.522,63 ab. Der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO umfasst bei einem zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten Entgeltbetrag, wenn der Arbeitgeber - wie hier - zur Zahlung des Bruttobetrags verurteilt worden ist, die vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer gezahlte Lohnsteuer, den Solidaritätszuschlag und ggf. die Kirchensteuer (vgl. BAG 18.09.2012 - 9 AZR 1/11 - Rn. 42). Im Rahmen des § 717 Abs. 2 ZPO ist nicht maßgeblich, ob und ggf. was der Kläger erlangte, sondern der bei der Beklagten eingetretene Schaden. Dies ist der insgesamt gezahlte Betrag. Der gestaffelte Zinsanspruch folgt aus § 717 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.

218

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits gem. §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen. Der Anteil des Unterliegens der Beklagten ist gemessen am geforderten Gesamtbetrag verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten veranlasst.

219

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 16. Juli 2015 - 9 Sa 15/15 - aufgehoben.
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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 2013 - 7 Sa 1878/12 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 - 11 Sa 58/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
published on 18/09/2012 00:00

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 2. Dezember 2010 - 22 Sa 59/10 - wird zurückgewiesen.
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Annotations

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Verbundene Unternehmen sind rechtlich selbständige Unternehmen, die im Verhältnis zueinander in Mehrheitsbesitz stehende Unternehmen und mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16), abhängige und herrschende Unternehmen (§ 17), Konzernunternehmen (§ 18), wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19) oder Vertragsteile eines Unternehmensvertrags (§§ 291, 292) sind.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Löst der Gehilfe das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 71wegen vertragswidrigen Verhaltens des Prinzipals auf, so wird das Wettbewerbverbot unwirksam, wenn der Gehilfe vor Ablauf eines Monats nach der Kündigung schriftlich erklärt, daß er sich an die Vereinbarung nicht gebunden erachte.

(2) In gleicher Weise wird das Wettbewerbsverbot unwirksam, wenn der Prinzipal das Dienstverhältnis kündigt, es sei denn, daß für die Kündigung ein erheblicher Anlaß in der Person des Gehilfen vorliegt oder daß sich der Prinzipal bei der Kündigung bereit erklärt, während der Dauer der Beschränkung dem Gehilfen die vollen zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu gewähren. Im letzteren Falle finden die Vorschriften des § 74b entsprechende Anwendung.

(3) Löst der Prinzipal das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 72wegen vertragswidrigen Verhaltens des Gehilfen auf, so hat der Gehilfe keinen Anspruch auf die Entschädigung.

Der Prinzipal kann vor der Beendigung des Dienstverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbverbot mit der Wirkung verzichten, daß er mit dem Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigung frei wird.

(1) Der Handlungsgehilfe muß sich auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweite Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt, soweit die Entschädigung unter Hinzurechnung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als ein Zehntel übersteigen würde. Ist der Gehilfe durch das Wettbewerbsverbot gezwungen worden, seinen Wohnsitz zu verlegen, so tritt an die Stelle des Betrags von einem Zehntel der Betrag von einem Viertel. Für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe kann der Gehilfe eine Entschädigung nicht verlangen.

(2) Der Gehilfe ist verpflichtet, dem Prinzipal auf Erfordern über die Höhe seines Erwerbes Auskunft zu erteilen.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten, die in der Hauptsache für den Betrieb arbeiten. Als Arbeitnehmer gelten ferner Beamte (Beamtinnen und Beamte), Soldaten (Soldatinnen und Soldaten) sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind.

(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
2.
die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
3.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
4.
Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
5.
der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1.
zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
2.
Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder
3.
regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.
Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1.
aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder
2.
einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder
3.
ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,
4.
falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Löst der Gehilfe das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 71wegen vertragswidrigen Verhaltens des Prinzipals auf, so wird das Wettbewerbverbot unwirksam, wenn der Gehilfe vor Ablauf eines Monats nach der Kündigung schriftlich erklärt, daß er sich an die Vereinbarung nicht gebunden erachte.

(2) In gleicher Weise wird das Wettbewerbsverbot unwirksam, wenn der Prinzipal das Dienstverhältnis kündigt, es sei denn, daß für die Kündigung ein erheblicher Anlaß in der Person des Gehilfen vorliegt oder daß sich der Prinzipal bei der Kündigung bereit erklärt, während der Dauer der Beschränkung dem Gehilfen die vollen zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu gewähren. Im letzteren Falle finden die Vorschriften des § 74b entsprechende Anwendung.

(3) Löst der Prinzipal das Dienstverhältnis gemäß den Vorschriften der§§ 70 und 72wegen vertragswidrigen Verhaltens des Gehilfen auf, so hat der Gehilfe keinen Anspruch auf die Entschädigung.

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.

(1) Urteile der Arbeitsgerichte, gegen die Einspruch oder Berufung zulässig ist, sind vorläufig vollstreckbar. Macht der Beklagte glaubhaft, daß die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde, so hat das Arbeitsgericht auf seinen Antrag die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen. In den Fällen des § 707 Abs. 1 und des § 719 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung kann die Zwangsvollstreckung nur unter derselben Voraussetzung eingestellt werden. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach Satz 3 erfolgt ohne Sicherheitsleistung. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.

(2) Im übrigen finden auf die Zwangsvollstreckung einschließlich des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Vorschriften des Achten Buchs der Zivilprozeßordnung Anwendung. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann in dringenden Fällen, auch dann, wenn der Antrag zurückzuweisen ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen. Eine in das Schutzschriftenregister nach § 945a Absatz 1 der Zivilprozessordnung eingestellte Schutzschrift gilt auch als bei allen Arbeitsgerichten der Länder eingereicht.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.