Landesarbeitsgericht München Urteil, 16. Nov. 2016 - 5 Sa 222/16

published on 16/11/2016 00:00
Landesarbeitsgericht München Urteil, 16. Nov. 2016 - 5 Sa 222/16
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Previous court decisions
Arbeitsgericht München, 17 Ca 3108/15, 02/02/2016
Subsequent court decisions
Landesarbeitsgericht München, 5 Sa 222/16, 01/02/2017
Landesarbeitsgericht München, 5 Sa 222/16, 28/11/2018

Gericht

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 02.02.2016, Az.: 17 Ca 3108/15 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht Streit ob mit dem Kläger eine Vergütung mit einem Mindestabstand zum höchsten Tariflohn vereinbart war und in welcher Höhe dem Kläger dementsprechend Vergütungsansprüche für das Jahr 2014 zustehen.

Der Kläger ist seit dem 16.09.1985 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt und seit 01.11.2005 Mitglied in der IG-Metall. Die Beklagte hat eine sog. OT-Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband.

Am 01.10.1990 erfolgte ein Betriebsübergang des Bereiches DI der E. AG, dem auch der Kläger zugeordnet war, auf die F.. AG (), zum 01.01.1998 ein weiterer Betriebsübergang auf die G. und zum 01.10.1998 ein Betriebsübergang von der G auf die H. Gesellschaft für Bankensoftware mbH und & Co.K erfolgte (H.). Von der H. erfolgte im Jahr 2004 ein Betriebsübergang auf die Beklagte, die danach umfirmierte.

Mit (vom Kläger gegengezeichnetem) Schreiben vom 04.08.1993 wurde der Kläger von der F. mit Wirkung zum 01.10.1993 zum „Mitarbeiter des Führungskreises“ ernannt. Im „Ernennungsschreiben“ heißt es u.a.:

Mit Wirkung zum 01.10.1993 ernennen wir Sie zum Mitarbeiter des Führungskreises der F. AG, Vertragsgruppe A.

An die Stelle der bisher für Sie gültigen tarifvertraglichen Regelungen tritt dieser Arbeitsvertrag mit den beiliegenden unternehmenseinheitlichen Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den Führungskreis F. …

Zu diesem Zeitpunkt galt die Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15.11.1991. Diese Betriebsvereinbarung enthält u.a. folgende Regelungen:

„Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte Zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat wurden die Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte am F.-Standort Mch P incl. seiner Nebenstandorte festgelegt. Die Regelungen treten am 01.01.1992 in Kraft. Sie entsprechen im Wesentlichen den E.-MFK-Regelungen, die schon bisher für über 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort angewandt wurden.

Im außertariflichen Bereich werden die beiden Vertragsgruppen A und B gebildet, die als „Mittlerer Führungskreis“ bezeichnet werden.

Die Zuordnung zu den Vertragsgruppen erfolgt gemäß den folgenden Kriterien: Vertragsgruppe A:

Angestellte, die regelmäßig einen umfangreichen und schwierigen Tätigkeitsbereich selbständig und verantwortlich bearbeiten, wozu vielseitige Fachkenntnisse auch in angrenzenden Arbeitsbereichen und in der Regel langjährige Berufserfahrung erforderlich sind, die nennenswert über die Anforderungen der höchsten Tarifgruppe hinausgehen und die Entscheidungen in Teilbereichen des Unternehmens wesentlich beeinflussen.

Entlohnung

Das Jahreseinkommen besteht aus Die tarifliche AT-Grenze bei 40-Stunden-Woche beträgt derzeit DM 7.525,00. Bei einer allgemeinen Erhöhung werden die Stufen jeweils um den gleichen Prozentsatz angehoben.

Mit Wirkung zum 01.10.1996 erfolgte die Umbenennung des bisherigen „Führungskreises“ in „ÜT-Kreis“, ohne dass sich nach dem Willen der Arbeitsvertragsparteien an den getroffenen Regelungen zur Vergütung und Arbeitszeit etwas ändern sollte.

In dem Informationsschreiben an den Kläger vom 26.08.1996 heißt es u.a.:

Ihr Beschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter des ÜT-Kreises

Sehr geehrter Herr A.,

Im ÜT-Kreis ergeben sich die für Sie maßgeblichen Änderungen im Wesentlichen aus der Betriebsvereinbarung zum AT-Bereich der F., die mit dem 3. Nachtrag vom 27.06.1996 entsprechend modifiziert wurde.

Der bisherige Führungskreis wird mit Wirkung zum 01.10.1996 in ÜT-Kreis umbenannt.

Gemäß der modifizierten Betriebsvereinbarung zum AT-Bereich werden alle Mitarbeiter der Vertragsgruppe B der Funktionsstufe 4 und alle Mitarbeiter der Vertragsgruppe A der Funktionsstufe 5 zugeordnet.

Die Unternehmensleitung wird auch weiterhin jährlich die Einkommensbänder im Hinblick auf die allgemeine Einkommensbewegung überprüfen und ggf. neu festlegen. Werden die Einkommensbänder erhöht, erfolgt im Grundsatz bei allen Mitarbeitern des ÜT-Kreises eine Anhebung des Monatsgehalts um den entsprechenden Prozentsatz. Mitarbeiter, die von der allgemeinen Erhöhung ausgenommen werden, sollten mindestens eine Gehaltsanpassung in Höhe von 30% der allgemeinen Erhöhung erhalten, wobei die Ausnahmen bis zu 5% der Mitarbeiter des ÜT-Kreises umfassen können.

Die Vergütung im Betrieb der Beklagten lehnt sich aufgrund von Betriebsvereinbarungen am ERA-Tarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Am 19.12.2000 schloss die H. mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat eine „Betriebsvereinbarung zur Entwicklung, Förderung und Anerkennung (EFA)“ geschlossen (fortan: BV EFA = Bl. 169-170 d. A.) ab. In ihr war geregelt, dass Teile der EFA-Regelung der G. bei der Beklagten entsprechend gelten. Weiter stand in der BV EFA u.a.:

„Die Einhaltung der bayerischen Tarifabstandsklausel wird in Bezug auf das Einstiegsgehalt in die Funktionsstufe 5 für alle Mitarbeiter zugesichert.“

Am 01.01.2005 trat eine von der H. mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat abgeschlossene „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Einkommenssystematik im ÜT-Kreis“ (von den Betriebsparteien unterschrieben am 24.08.2005; im Folgenden: GBV ÜT-Kreis; Bl. 259-261 d. A.) in Kraft, die keine Regelung zum Tarifabstand enthielt. In der GBV ÜT-Kreis stand u.a.:

„Die Betriebsvereinbarung zur Entwicklung, Förderung und Anerkennung (EFA) vom 19.12.2000 inklusive der Anlage-1 vom 01.10.2000, Anlage-2 vom 01 vom 01.09.1999, Anlage-3 vom 01.10.1997 und Anlage-4 Protokollnotiz-1 vom 14.01.1998 wird einvernehmlich mit sofortiger Wirkung ohne Nachwirkung für die H. aufgehoben und durch diese Betriebsvereinbarung ersetzt.“

Der auf die Parteien des vorliegenden Verfahrens mangels Tarifbindung nicht unmittelbar anwendbare Tarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie in der Fassung vom 01.08.2008 (im Folgenden kurz MTV genannt) bestimmt für seinen persönlichen Geltungsbereich in § 1 Ziffer 3 (II) d Folgendes:

„§ 1 Geltungsbereich

„Dieser Tarifvertrag gilt

3. Persönlich

(I) Für alle Arbeitnehmer sowie für die Auszubildenden.

(III) Nicht als Arbeitnehmer i.S. dieses Vertrages gelten:

d.) sonstige Arbeitnehmer, denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes monatliches Entgelt zugesagt worden ist, das den Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 30,5 v.H. übersteigt, oder denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes Jahreseinkommen zugesagt worden ist, das den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35 v.H. übersteigt."

In den Jahren seit seiner „Ernennung“ erhielt der Kläger bis 2009 eine Vergütung, die über dem Tarifabstand nach § 1 Ziffer 3 (II) d lag. In den Jahren 2010 bis 2013 wurde der Tarifabstand nur aufgrund von Sonderzahlungen am Jahresende gewahrt. Diese beruhten auf Regelungsabreden der Beklagten mit dem Gesamtbetriebsrat über die Zahlung des Tarifabstands für das jeweilige Jahr. Für das Jahr 2014 wurde eine entsprechende Sonderzahlung von der Beklagten nicht geleistet.

Der Kläger ist der Ansicht, im stehe für das Jahr 2014 die geltend gemachte Aufstockung seines Jahreseinkommens um den klageweise geltend gemachten Betrag als Abstand zum höchsten Tarifgehalt der Entgeltgruppe 12 B des ERA-Tarifvertrages als arbeitsvertraglicher Anspruch zu. Dies ergebe sich bereits aus der Vereinbarung des Einsatzes als sog. „übertariflicher Angestellter“ (der im Rechtssinne ein außertariflicher Angestellter sei) mit entsprechender Vergütung „außer bzw. über Tarif“ zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte, selbst wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht tarifgebunden sein sollte, ihre betriebliche Entgeltstruktur in Anlehnung an die Tarifverträge der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ausrichtete.

Der Kläger hat geltend gemacht, ihm sei mit dem Angebot eines Arbeitsvertrages als „außer Tarif“ das Angebot unterbreitet worden, dass die vertragsgemäße Vergütung mindestens den maßgeblichen Tarifabstand einhält und auch künftig einhalten werde. Ein auf Änderung des Arbeitsvertrags abzielendes Angebot „außer Tarif“ im räumlichen und fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages in einem Unternehmen, in dem auch der ERA-Tarifvertag als betriebliche Entgeltstruktur Anwendung finde, könne nicht anders gewertet werden, als dass dem Arbeitnehmer eine Vergütung unter Einhaltung des Min-destabstandgebotes zugesagt werde. Die Vereinbarung, dass der Kläger in den außertariflich geführten Mitarbeiterkreis eingestellt oder überführt werde, könne nur bedeuten, dass er nun den Status als außertariflicher Angestellter habe und dass sein Gehalt auf außertariflicher Grundlage den Rahmen des höchsten Tarifsatzes der Entgeltgruppe 12 (B) um 35% übersteige gemäß der Regelung in § 1 Ziffer 3 (II) d des MTV.

Der Kläger ist der Meinung, dass durch seine vertraglich vereinbarte Position als AT-Angestellter mit entsprechendem Aufgabenbereich und entsprechender Vergütung oberhalb der höchsten Tarifgruppe verhindere, dass sein Monatsgehalt aufgrund der Entwick lung der Tarifgehälter im Laufe der Zeit von den Tarifanhebungen eingeholt oder gar überholt werde. Im Übrigen habe er aufgrund der vorbehaltlosen und wiederkehrend vorgenommenen Nachzahlungen zum Zwecke der Einhaltung des Tarifabstandes auch aus betrieblicher Übung sowie aus einer mündlichen Reglungsabrede mit dem Gesamtbetriebsrat einen Anspruch auf Einhaltung des Tarifabstands. In einem Gespräch am 17.12.2014 zwischen dem Gesamtbetriebsrat und Herrn L., dem Personalleiter der Beklagten, habe dieser nämlich erklärt, dass auch für das Jahr 2014 eine etwaige Differenz zum Tarifabstand, wie in der Vergangenheit auch, nachgezahlt werde. Hinsichtlich der Berechnung des Ausgleichsanspruchs wird auf die Darlegungen im Schriftsatz vom 09.09.2014 (S. 11 f. = Bl. 105 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 4.304,30 brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf eine Tarifabstandszahlung. Insbesondere ergebe sich ein solcher Anspruch nicht aus dem Arbeitsvertrag der Parteien. In der Ernennungsvereinbarung sei von einem garantierten Tarifabstand nicht die Rede. Auch nehme der Arbeitsvertrag nicht auf den MTV Bezug. Vielmehr heiße es in dem Ernennungsschreiben, dass der geänderte Arbeitsvertrag nun „an die Stelle der bisher …gültigen tarifvertraglichen Regelungen“ trete, woraus sich ergebe, dass u.a. § 1 MTV ausdrücklich nicht mehr gelten solle. Auch die von der Rechtsprechung für einzelne bereits entschiedene Fälle zur Wahrung des Tarifabstandsgebots geforderte beiderseitige Tarifgebundenheit liege nicht vor. Die Vergütung sei individuell und abschließend im Vertrag geregelt.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus betrieblicher Übung, denn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die im Zeitraum 2010 bis 2013 ausdrücklich gewährten Tarifabstandszahlungen seien einer Verpflichtung (Regelungsabrede) gegenüber dem Betriebsrat entsprungen, was die Entstehung einer betrieblichen Übung von vornherein ausschließe.

Eine solche Regelungsabrede sei aber 2014 mit dem Betriebsrat nicht mehr getroffen worden, insbesondere auch nicht - wie vom Kläger behauptet - durch Herrn L. Dieser habe allenfalls als reine Wissenserklärung gegenüber dem Betriebsrat geäußert, dass er nach seinem Kenntnisstand davon ausgehe, dass es auch im Jahr 2014 zum Abschluss einer solchen Regelungsabrede komme. Auch wäre Herr L. allein weder befugt noch in der Lage, eine solche Vereinbarung abzuschließen, da bei der Beklagten nach den internen Vorschriften Betriebsvereinbarungen und Regelungsabreden immer von zwei dazu befugten Personen zu unterzeichnen seien.

Auch sei die Berechnung des Klägers fehlerhaft. Der Kläger habe in seiner Berechnung das Tarifgehalt nicht gemäß ERA-Tariftabelle, sondern hochgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche zur Berechnung genutzt. Lege man die tarifliche Arbeitszeit von 35-Stunden pro Woche zugrunde, sei der Mindestabstand eingehalten, ein eventuell gegebener Anspruch des Klägers also ohnehin erfüllt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf kollektivvertraglicher Grundlage scheide aus, da keine beiderseitige Tarifgebundenheit bestehe. Unstreitig bestehe auch kein Anspruch auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung. Die vom Kläger behauptete Regelungsabsprache scheide als normative Anspruchsgrundlage aus.

Das Arbeitsgericht hat auch auf individualvertraglicher Grundlage einen Anspruch verneint. Die Ernennungsvereinbarung vom 04.08.1993, die der Sache nach eine Änderungsvereinbarung zum bis dahin bestehenden Arbeitsvertrag darstelle, enthalte keine Vereinbarung dahingehend, dass der Kläger als außertariflicher Angestellter gem. § 1 Ziffer 3 (II) d MTV zu vergüten ist und Anspruch auf eine Ausgleichszahlung hat, falls das Mindestgehalt nicht erreicht wird. Vielmehr enthalte das Schreiben lediglich eine ausdrückliche Ernennung/Umbenennung „zum Mitarbeiter des Führungskreises“ bzw. „ÜT-Kreises“ und in den „Allgemeinen Vertragsbestandteilen“ heiße es etwa in deren Ziff. 5, dass Leistungen „auf etwaige tarifvertragliche Ansprüche angerechnet“ werden, sowie in Ziff. 4, dass mit dem Entgelt „etwaige Ansprüche aus Tarifverträgen abgegolten“ seien. Zumindest der Wortlaut dieser Bestimmungen bringe damit zum Ausdruck, dass die Parteien die Geltung tarifvertraglicher Regelungen gerade nicht zwingend ausschließen wollten und stehe in eklatantem Widerspruch zu dem vom Kläger behaupteten AT-Status. Umstände, die zu einer anderen Auslegung Anlass geben, lägen nicht vor. Trotz der Orientierung der Vergütung an den Tarifverträgen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie und trotz der zum Zeitpunkt der Ernennung geltenden BV EFA sei eine Regelung zum Tarifabstand nicht in den Vertrag aufgenommen worden. Vielmehr enthalte die hier vorliegende Konstellation einer fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit zur Zeit der Änderungsvereinbarung einen wesentlichen Unterschied zu den Fallgestaltungen, in denen das Bundesarbeitsgericht in einer konstitutiven „Ernennung“ zum außertariflichen Angestellten eine arbeitsvertragliche Zusicherung bejaht hat, diesen Status durch Zahlung einer der Tarifentwicklung Rechnung tragendend entsprechenden außertariflichen Vergütung zu erhalten. Denn nur bei einer beiderseitigen Organisationszugehörigkeit liege der Wille der Parteien nahe, wegen des sonst geltenden Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) den neuen Status des Arbeitnehmers durch dessen Herausnahme aus dem tarifvertraglichen Geltungsbereich zwingend konstruktiv abzusichern. Bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit gelte hingegen das Ablösungsprinzip, so dass in der Folgezeit auch tarifvertragliche Regelungen, die dem Arbeitnehmer günstiger wären (etwa zur Arbeitszeit oder Überstunden) als Korrelat zu den mit dem Status eines AT-Angestellten verbundenen Vorteilen ohnehin nicht mehr gelten. Auf die von der Beklagtenvertreterin aufgeworfene EU-rechtliche Problematik komme es damit gar nicht mehr an.

Das Arbeitsgericht hat zudem entschieden, dass auch kein Anspruch aus betrieblicher Übung besteht. Die Beklagte habe den Tarifabstand in der Vergangenheit nur im Zusammenhang mit einer erfolgten Regelungsabrede bezahlt. Eine Schlussfolgerung dahingehend, dass sie auch ohne Regelungsabrede einen solchen Tarifabstand ausbezahlen würde, könne sich daraus nicht ergeben. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 8 - 13 des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 216 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil des Arbeitsgerichts München vom 02.02.2016, dem Kläger zugestellt am 16.02.2016, legte dieser am 14.03.2016 Berufung ein, welche er mit einem am 17.05.2016 (dem Dienstag nach Pfingsten) eingegangenen Schriftsatz begründete, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis 16.05.2016 verlängert worden war.

Der Kläger macht geltend, dass sich aus der Vereinbarung der Zugehörigkeit zum ÜT-Kreis die Vereinbarung des Mindestabstandsgebots ergebe. Das Arbeitsgericht überspanne im Rahmen der Auslegung den erwarteten Erklärungswert, wenn es an dem buchstäblichen Inhalt festhalte. Wäre die Regelung so auszulegen, wie durch das Arbeitsgericht erfolgt, stünde dies im Widerspruch zu der ausdrücklichen Regelung im Ernennungsschreiben und sei wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Die Allgemeinen Vertragsbestandteile in der Fassung 10/1996 könnten zum Zeitpunkt der Ernennung 1993 nicht Vertragsbestandteil geworden sein. Das Arbeitsgericht übersehe, dass der im Betrieb der Beklagten auch ohne Tarifbindung angewandte MTV eine Definition der außertariflichen Angestellten vornehme. Auf die Frage einer beiderseitigen Tarifbindung komme es nicht an, wenn üblicherweise ein bestimmter Tarifvertrag allgemein angewendet werde. Sei dies der Fall und werde mit einem Mitarbeiter im Arbeitsvertrag/ Änderungsvertrag ausdrücklich der Status als außertariflicher Mitarbeite vereinbart, sei dieser Tarifertrag Maßstab für die zu zahlende Vergütung. Andernfalls wäre die vertragliche Vereinbarung sinnentleert. Der Tarifabstand kompensiere vielmehr auch die fehlende Anwendung der sonstigen tariflichen Bestimmungen z.B. zu Arbeitszeit, Urlaub u.v.m.

Da im Zeitpunkt der Ernennung bzw. vor der Ernennung der Tarifvertrag jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher dynamischer Bezugnahme Anwendung gefunden habe, habe der Grundsatz des § 4 Abs. 3 TVG gleichermaßen gegolten. Nur unter dieser Voraussetzung habe er das Angebot auch angenommen. Es könne im Hinblick auf § 4 Abs. 3 TVG keinen Unterschied machen, ob eine Tarifbindung kraft beiderseitiger Organisation oder aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme vorgelegen habe. Hinzukomme, dass kraft Inbezugnahme auf die Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ der F. vom 15.11.1991 und auf die EFA-Vereinbarung der SBS G.auch diese Betriebsvereinbarungen Inhalt des Arbeitsvertrages geworden seien. Die EFA-Vereinbarung sei kraft Betriebsvereinbarung der damaligen Betriebsparteien vom 19.12.2000 übernommen worden. Aus der BV EFA ergebe sich ausdrücklich die Zusicherung der Einhaltung des Tarifabstands. Die Tatsache, dass die BV EFA durch die GBV ÜT-Kreis ersetzt worden sei, könne nichts daran ändern, dass der Inhalt der BV EFA Inhalt des Arbeitsvertrages geworden sei. Eine Ersetzung der BV EFA durch die GBV ÜT-Kreis sei auch insoweit fraglich, als Letztere keine für die Arbeitnehmer günstigere Regelung habe ändern können. Im Übrigen sei die BV EFA infolge der Betriebsübergänge nach § 613 a BGB Inhalt des Arbeitsvertrages geworden.

Auch verkenne das Arbeitsgericht die Grundsätze zur Vertragsauslegung. Umstände außerhalb der vertraglichen Vereinbarung sprächen dafür, dass die Arbeitsvertragsparteien davon ausgegangen seien, dass der Tarifabstand zu wahren sei. Dieser Vereinbarung entsprechend seien die Anpassungen jährlich in den Regelungsabsprachen fixiert worden. Die Arbeitsvertragsparteien seien bei der Ernennung selbstredend davon ausgegangen, dass mindestens der Tarifabstand gewahrt werde. Hinsichtlich der Anspruchsgrundlagen „betriebliche Übung“ und „Regelungsabrede“ verweist der Kläger auf die erstin-stanzlichen Ausführungen.

Zudem habe inzwischen das LAG Hessen in seinem Urteil vom 25.11.2016, 6 Sa 1424/15 in einem Parallelfall einen Anspruch auf die Tarifabstandszahlung für das Jahr 2014 zuerkannt. Deshalb werde hilfsweise die Zulassung der Revision beantragt.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 02.02.2016, Az. 17 Ca 3108/15, abgeändert.

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 4.304,30 brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen.

Hilfsweise:

Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Arbeitsgericht zu Recht einen Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung und auch aus einer Regelungsabrede abgelehnt hat. Herr L. habe als Personalleiter allenfalls eine reine Wissenserklärung abgegeben, dass er nach seinem Kenntnisstand davon ausgehe, dass es auch im Jahr 2014 zum Abschluss eine Regelungsabrede kommt. Es fehle auch an der erforderlichen Schriftform sowie daran, dass eine Regelungsabrede allein durch zwei dazu befugte Personen abgeschlossen werden könne.

Die Beklagte bleibt bei ihrer Ansicht, dass zudem ein Anspruch weder aus einer Tarifbindung, noch aus dem Arbeitsvertrag bestehe. Das Ernennungsschreiben sei nicht dahingehend auszulegen, dass der Tarifabstand zugesichert werden sollte. In den Vertragsbedingungen für den ÜT-Kreis seien die Vergütungsbestandteile abschließend aufgezählt. Der Tarifabstand werde nicht genannt. Es werde bestritten, dass mit dem Wort „ÜT“ automatisch auch der Begriff „AT“ gemeint sei.

Eine beiderseitige Tarifbindung habe nicht bestanden. Auf diese komme es hier entscheidend an. Auch andere Regelungen könnten die fehlende Tarifbindung nicht ersetzen. Die BV EFA sei durch die ablösende GBV ÜT-Kreis außer Kraft getreten. In dieser sei die Einhaltung des Tarifabstands nicht mehr aufgenommen worden. Hier gelte nicht das Günstigkeits-, sondern das Ablösungsprinzip. Im Übrigen sei eine Betriebsvereinbarung mit dem Regelungsinhalt „Vergütungshöhe“ nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Nur ein tarifgebundener Arbeitgeber könne sich zudem auch an die künftige Tarifentwicklung binden wollen.

Nach der ...-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (C-426/11) sei es zudem den Mitgliedsstaaten verwehrt, dynamische Bezugnahmeklauseln so auszulegen, dass nicht tarifgebundene Erwerber an Tarifentwicklungen gebunden seien, auf deren Zustandekommen sie mangels Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband keinen Einfluss ausüben können. Die vom Kläger begehrte Auslegung würde dazu führen, dass ein Erwerber zwar seine Tarifbeschäftigten nur noch statisch nach dem Tarifvertrag bezahlen, aber an die übertariflich Beschäftigten die Tariferhöhung weitergeben müsste.

Die Beklagte weist weiter darauf hin, dass der Kläger die Höhe des Tarifabstands unzutreffend berechnet habe, da er eine Tarifvergütung aufgrund einer 40-Stunden-Woche zugrunde lege. Bei Zugrundelegung einer 35-Stunden-Woche sei der Tarifabstand eingehalten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze vom 16.05.2016 (Bl. 235 ff. d. A.), 18.07.2016 (Bl. 275 ff. d. A.), 08.11.2016 (Bl. 307 ff. d. A.) und 09.11.2016 (Bl. 317 ff. d. A.) samt ihren Anlagen Bezug genommen.

Gründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. b) und c) statthafte und auch in der richtigen Form und rechtzeitig (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG) eingelegte und begründete Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Ar beitsgerichts München vom 02.02.2016 - Az.: 17 Ca 3108/15 bleibt erfolglos. Das Berufungsgericht schließt sich der sorgfältigen und ausführlichen Begründung des Arbeitsgerichts München im Ergebnis und in wesentlichen Teilen seiner Begründung an.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, die den Tarifabstand wahrt. Soweit das Arbeitsgericht zutreffend einen Anspruch des Klägers aus Tarifvertrag, aus einer Regelungsabrede, aus einer Betriebsvereinbarung und aus einer betrieblichen Übung verneint hat, ergeben sich aus der Berufungsbegründung keine neuen Aspekte, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Im Hinblick auf die Ausführungen der Parteien der Berufungsinstanz wird zusammenfassend noch einmal festgehalten, dass der Kläger sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts berufen kann, wonach eine konstitutive „Ernennung“ zum außertariflichen Angestellten bei beiderseitiger Tarifgebundenheit eine arbeitsvertragliche Zusicherung enthält, diesen Status durch Zahlung einer der Tarifentwicklung und ggf. einer tarifvertraglichen Abstandsklausel entsprechenden außertariflichen Vergütung zu erhalten (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12; BAG 03.09.2014, 5 AZR 240/13 und BAG 19.05.2009, 9 AZR 505/08).

Ein arbeitsvertraglicher Anspruch des Klägers auf Erhalt des Tarifabstandes ist insbesondere deshalb zu verneinen, weil aufgrund der fehlenden beiderseitigen Tarifgebundenheit aus den getroffenen Vereinbarungen auch durch Auslegung kein Bindungswille des Arbeitgebers hergeleitet werden kann, auf Dauer eine Vergütung zu bezahlen, die entsprechend den nicht anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die Definition eines außertariflichen Mitarbeiters erfüllt. Dies gilt auch für den Fall, dass bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen die Begriffe des übertariflichen Angestellten und des außertariflichen Angestellten synonym gebraucht worden sein sollten. Auf die hierzu ergangenen Parallelentscheidungen des LAG München vom 27.09.2016, 9 Sa 217/16 und vom 29.09.2016, 7 Sa 215/16 wird insoweit Bezug genommen.

1. Es besteht unstreitig keine Tarifbindung der Parteien. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Höhe der Vergütung des Klägers in Relation zu der höchsten tarifvertraglichen Vergütung besteht ebenfalls nicht.

2. Zu Gunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass zumindest zum Zeitpunkt seiner Berufung zum Mitarbeiter des Führungskreises der F. in der Vertragsgruppe A mit Schreiben vom 04.08.1993 und der Information über die Umbenennung des bisherigen Führungskreises in ÜT-Kreis mit Schreiben vom 26.08.1996 die Begriffe „außertariflich“ und „übertariflich“ synonym verwendet wurden. Bei seiner Ernennung galt die Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15.11.1991. Diese Betriebsvereinbarung bezeichnet die Angestellten in Vertragsgruppe A klar als außertarifliche Angestellte und beschreibt, dass „die tarifliche AT-Grenze bei 40-Stunden-Woche derzeit DM 7.525,00 beträgt, ohne allerdings einen Anspruch auf eine Vergütungserhöhung vorzusehen, die den Tarifabstand wahrt. Das Informationsschreiben an den Kläger vom 26.08.1996 nennt im Betreff „Ihr Beschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter des ÜT-Kreises“ und verweist sodann auf die Geltung der Betriebsvereinbarung zum AT-Bereich der F., die mit dem 3. Nachtrag vom 27.06.1996 entsprechend modifiziert wurde und nach der alle Mitarbeiter der Vertragsgruppe A der Funktionsstufe 5 zugeordnet wurden.

3. Unstreitig ist auch, dass die Vergütung im Betrieb der Beklagten sich aufgrund von Betriebsvereinbarungen am ERA-Tarifvertrag der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie anlehnt, dass der Kläger vor seiner Ernennung zum Mitarbeiter des Führungskreises der F. eine Vergütung entsprechend den tariflichen Regeln erhalten hat und dass der Kläger bis einschließlich 2013 immer eine Vergütung erhalten hat, die über dem Tarifabstand lag oder diesen gewahrt hat. Ab dem Jahr 2000 hatte der Kläger einen Anspruch auf den Tarifabstand nach der BV EFA. Nach Ablösung der BV EFA von der GBV ÜT-Kreis zum 01.01.2005, die keine Regelung zum Tarifabstand enthielt, wurde erst mals 2010 der Tarifabstand unterschritten und sodann in den Jahren 2010 bis 2013 aufgrund von Sonderzahlungen am Jahresende auf Grund von Regelungsabreden gewahrt,

4. Die in der BV EFA enthaltene Tarifabstandsklausel ist nicht Inhalt des Arbeitsvertrages geworden. Vielmehr enthalten die Schreiben der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten lediglich den Hinweis auf die einschlägigen Betriebsvereinbarungen i.S. von § 77 Abs. 4 BetrVG (vgl. auch LAG München 27.09.2016, 9 Sa 217/16 und LAG München 29.09.2016, 7 Sa 215/16). Hierdurch wird nicht der Inhalt der Betriebsvereinbarung zum Inhalt des Arbeitsvertrages gemacht. Vielmehr gilt für die Betriebsvereinbarungen auf kollektiver Ebene das Ablösungsprinzip, so dass die BV EFA durch die GBV ÜT-Kreis zum 01.01.2005 wirksam abgelöst worden ist.

5. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten für den Kläger aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Führungskreis bzw. seiner Stellung als übertariflicher Mitarbeiter, für den zunächst die Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ galt, eine vertragliche Verpflichtung begründen wollte, stets eine Vergütung zu bezahlen, die den Tarifabstand wahrt, ob also die Bezeichnung „außertariflich“ Bezug nimmt auf die jeweils gültige Definition des einschlägigen MTV oder in diesem Zusammenhang lediglich übertariflich bedeutet.

5.1 Für einen so weitreichenden Bindungswillen, der dazu führen würde, dass zwischen nicht tarifgebundenen Parteien die Regelungen eines Tarifvertrages hinsichtlich der außertariflichen Mitarbeiter dynamisch die Mindesthöhe der Vergütung des Klägers bestimmt, braucht es besondere Anhaltspunkte. Erst dann, wenn solche vorliegen, stellt sich die Frage, ob eine dementsprechende Auslegung mit EG-Recht (insbesondere EuGH 18.07.2013, C-426/11 (...), zitiert nach juris) vereinbar wäre. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die vom Kläger begehrte Auslegung zu dem Ergebnis führen würde, dass ein Erwerber zwar seine Tarifbe schäftigten nur noch statisch nach dem Tarifvertrag bezahlen, aber an die übertariflich Beschäftigten die Tariferhöhung weitergeben müsste.

5.2 Derartige besonderen Anhaltspunkte für die vom Kläger begehrte Auslegung seines Arbeitsvertrages liegen nicht vor. Gegen einen solchen Willen der Parteien spricht zunächst die Tatsache, dass die Vergütung für Mitarbeiter des Führungskreises und ÜT/AT-Mitarbeiter immer wieder zunächst durch Betriebsvereinbarungen geregelt wurde und dass in die BV EFA explizit die Wahrung des Tarifabstands aufgenommen wurde. Nach deren Ablösung wurden sodann jährlich neu Regelungsabreden hierzu abgeschlossen. Das LAG München hat in seinen Entscheidungen vom 29.09.2016, 7 Sa 215/16 und 27.09.2016, 9 Sa 217/16 zu Recht darauf hingewiesen, dass hieraus gefolgert werden kann, dass die Wahrung des Tarifabstands für die Mitarbeiter des ÜT-Kreises im Betrieb gerade nicht als selbstverständlich galt. Hätte es ein allgemeines Verständnis im Betrieb gegeben, dass die Mitarbeiter des AT/ÜT-Kreises einzelvertraglich Anspruch auf Zahlung des Tarifabstands haben, hätte es dieser kollektivrechtlichen Vereinbarungen gerade nicht bedurft.

5.3 Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Vertragsänderung mit dem Inhalt der Vereinbarung eines außertariflichen Status zustande gekommen ist, weil er der Vertragsänderung nur zugestimmt hat, da er das Vertragsangebot als Angebot der Vereinbarung eines AT-Vertrages verstanden hat. Bei der Auslegung von Willenserklärungen haben Motive des Erklärenden, soweit sie nicht im Wortlaut der Erklärung oder in sonstiger Weise ihren Niederschlag finden, außer Betracht zu bleiben. Kommt der Wille des Erklärenden nicht oder nicht vollständig zum Ausdruck, gehört dies zu dessen Risikobereich (vgl. BAG 17.11.2010 - 4 AZR 127/09, Rn. 21; wie hier auch LAG München 27.09.2016, 9 Sa 217/16 und LAG München 29.09.2016, 7 Sa 215/16 für bereits entschiedene Parallelfälle).

5.4 Auf die Vereinbarung eines außertariflichen Arbeitsverhältnisses, das durch Zahlung des Tarifabstands auf Dauer als außertarifliches erhalten bleiben soll, kann auch nicht daraus geschlossen werden, weil die Vereinbarung nur mit diesem Inhalt wirksam wäre. Hier kommt es entscheidend auf die fehlende Tarifbindung der Parteien an. Anders als in den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12; BAG 03.09.2014, 5 AZR 240/13 und BAG 19.05.2009, 9 AZR 505/08, jeweils zitiert nach juris) ist es vorliegend mangels Tarifbindung der Parteien für die Wirksamkeit der Vereinbarung insgesamt nicht erforderlich, dass der Tarifabstand auf Dauer eingehalten wird. Da ein Arbeitsvertrag, der einen Tarifvertrag nur einzelvertraglich in Bezug nimmt, einvernehmlich einzelvertraglich geändert werden kann, ohne dass die Einschränkungen des § 4 Abs. 3 TVG entgegenstehen, kann aus der Vereinbarung einer übertariflichen Vergütung nicht geschlossen werden, dass es sich um eine außertarifliche Vergütung unter Wahrung des Tarifabstands handelt. Dass der Tarifvertrag im Betrieb als Vergütungsordnung angewendet wird, steht dem nicht entgegen. Teil der betrieblichen Vergütungsordnung ist auch die Vergütungsstruktur im sog. ÜT-Kreis. In diese kann ein Mitarbeiter durch einvernehmliche Vertragsänderung wechseln, ohne dass sich Einschränkungen aus § 4 Abs. 3 TVG ergeben. Die betriebliche Vergütungsordnung wird dadurch nicht verlassen (s. auch LAG München 27.09.2016, 9 Sa 217/16 und LAG München 29.09.2016, 7 Sa 215/16 zu Parallelverfahren).

Zudem hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, dass nur bei einer beiderseitigen Tarifgebundenheit nach der Interessenlage der Parteien davon auszugehen, dass eine konstitutive „Ernennung“ zum außertariflichen Angestellten eine so weitgehende arbeitsvertragliche Zusicherung enthält, diesen Status durch Zahlung einer der Tarifentwicklung Rechnung tragendend entsprechenden außertariflichen Vergütung zu erhalten. Denn nur bei beiderseitiger Organisationszugehörigkeit liegt der Wille der Parteien nahe, wegen des sonst geltenden Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) den neuen Status des Arbeitnehmers durch dessen Herausnahme aus dem tarifvertraglichen Geltungsbereich zwingend konstitutiv abzusichern. Bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit gilt hingegen das Ablösungsprinzip, so dass in der Folgezeit auch tarifvertragliche Regelungen, die dem Arbeitnehmer günstiger wären (etwa zur Arbeitszeit oder Überstunden) als Korrelat zu den mit dem Status eines AT-Angestellten verbundenen Vorteilen nicht mehr gelten würden.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zuzulassen, da eine Divergenz zu dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 25.08.2016, 6 Sa 1424/15 besteht, das in einem Parallelfall, in dem ebenfalls keine Tarifbindung der Parteien vorlag, einen Anspruch des klagenden Arbeitnehmers auf die Tarifabstandszahlung für das Jahr 2014 bejaht hat.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
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published on 03/09/2014 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. September 2012 - 4 Sa 332/12 - aufgehoben.
published on 03/09/2014 00:00

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 27. November 2012 - 6 Sa 818/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte Zin
published on 17/11/2010 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Dezember 2008 - 20 Sa 638/08 - aufgehoben.
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Annotations

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)