Landesarbeitsgericht München Urteil, 13. Aug. 2015 - 3 Sa 303/15

published on 13/08/2015 00:00
Landesarbeitsgericht München Urteil, 13. Aug. 2015 - 3 Sa 303/15
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Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 14.01.2015 - 10 Ca 1545/14 -wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden Jubiläumszahlung.

Der Kläger ist bei der Beklagten, die einen Druckereibetrieb mit den Bereichen Druck und Buchbinderei betreibt, im Bereich Druck als Arbeiter beschäftigt. Die Beklagte gehört dem Verband Druck und Medien Bayern e.V. an.

Die Beklagte wandte ursprünglich die Tarifverträge Druck in den Bereichen Druck und Buchbinderei an. Im Jahr 2008 entschied sie sich, hinsichtlich des organisatorisch eigenständigen Bereichs Buchbinderei zu den kostengünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff zu wechseln und leitete die Arbeitnehmer des Bereichs Buchbinderei aufgrund eines Haustarifvertrages auf diese Tarifverträge über. Die hierdurch eingetretenen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und Einbußen beim Arbeitsentgelt wurden durch eine Überleitungszulage in unbekannter Höhe kompensiert. Darüber hinaus verzichteten die Arbeitnehmer des Bereichs Buchbinderei ab 01.07.2011 auf ein Essensgeld in Höhe von 210,00 € jährlich sowie auf bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. Mit den nach dem Tarifwechsel in dem Bereich Buchbinderei eintretenden Arbeitnehmern vereinbarte die Beklagte arbeitsvertraglich die Anwendung der Tarifverträge Papier, Pappe und Kunststoffe und bot ihnen ab Juli 2011 weder das Essensgeld noch die bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. an.

Am 29.04.2011 wechselte die Beklagte in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung und unterbreitete allen Mitarbeitern außerhalb des Bereichs Buchbinderei am 24.05.2011 den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag, durch die sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden auf 38,75 Stunden ohne Lohnausgleich erhöhte, die Jahresleistung und das Urlaubsgeld abgesenkt wurden und der Anspruch auf sog. Freischichten, das Essensgeld und bezahlte Freizeit am 24. und 31.12. entfielen. Vor dem Hintergrund von Meinungsverschiedenheiten über die Rechtswirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung und der deshalb geführten gerichtlichen Verfahren kam es am 13.01.2013 zum Angebot einer Änderungsvereinbarung zur Ergänzungsvereinbarung aus Mai 2011 (sog. Ergänzungsvereinbarung II.), die neben einer Gehaltserhöhung um 5,3% die Bestätigung enthielt, dass die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung vom Mai 2011 unabhängig von dem hierfür als erforderlich vereinbarten Quorum gelten würden.

Der Kläger nahm weder das Angebot zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung I. noch der Ergänzungsvereinbarung II. an, so dass sich seine Arbeitsbedingungen weiterhin nach den statisch nachwirkenden günstigeren Tarifverträgen Druck richten. Mit Arbeitnehmern, die ab Ende Mai 2011 in einem Bereich außerhalb der Buchbinderei neu eigestellt wurden, vereinbarte die Beklagte Arbeitsbedingungen entsprechend den Konditionen der Ergänzungsvereinbarungen.

Im August 2013 erhielt die Mitarbeitergruppe, die die Ergänzungsvereinbarungen abgeschlossen hat bzw. nach deren Bedingungen arbeitet, einen Vorschuss auf die in Ziff. 2 der Ergänzungsvereinbarung vom 24.05.2011 vorgesehene zusätzliche Sonderzahlung. Die daraufhin eingesetzte Einigungsstelle nahm durch Spruch eine Neuverteilung des für die Sonderzahlung zur Verfügung gestellten Budgets vor. Durch Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 29.01.2015 - 7 BV 58/14 - wurde festgestellt, dass dieser Spruch unwirksam sei. Beim Landesarbeitsgericht München ist hierüber eine Beschwerde zum Geschäftszeichen 11 TaBV 41/15 rechtshängig.

Mit Aushang vom 17.09.2013 unterrichtete die Beklagte die Arbeitnehmer über die Absicht, anlässlich des 250. Firmenjubiläums am 21.09.2013 eine Sonderzahlung zu leisten. Es heißt dort auszugsweise:

„250 Jahre C. H. B.

Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,

C. H.B. feiert das 250. Jahr seines Bestehens! In vielen Reden und Ansprachen rund um dieses Jubiläum wird deutlich: Auch Sie sind Teil dieser besonderen und außergewöhnlichen Geschichte.

Unsere Gesellschafter, Herr Dr. H.D. B. und Herr Dr. W.B., möchten dies unterstreichen und mit einer Jubiläumsprämie für Sie anerkennen.

Sie alle sollen etwas bekommen; keiner soll leer ausgehen. Die Geschäftsleitung wird dem Betriebsrat dazu heute einen Vorschlag vorlegen, der eine Grundprämie für alle vorsieht sowie zusätzliche Prämienbestandteile zum Beispiel für Elternteile mit unterhaltspflichtigen Kindern und diejenigen unter Ihnen, die in den vergangenen Jahren auf Lohn- und Gehaltsbestandteile verzichtet haben.

..."

Unter Abänderung des Entwurfs, für dessen Inhalt im Einzelnen auf Anlage B7 (= Bl. 78 d. A.) Bezug genommen wird, schlossen die Betriebspartner am 20.09.2013 eine „Betriebsvereinbarung zur Auszahlung einer Prämie anlässlich des 250. Firmenjubiläums im September 2013“ ab, in der u.a. bestimmt ist:

„2. Verteilung der Jubiläumszahlung Für die nachfolgend genannten Gruppen wird jeweils eine Sonderzahlung gewährt, die sowohl steuer- als auch sozialversicherungspflichtig mit der Abrechnung für den Monat Oktober 2013 ausbezahlt wird.

1. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 35 Std.-Woche), die der Tarifbindung der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie unterliegen aufgrund der geleisteten Verzichte: 1.500 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

2. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 38,75 Std.-Woche), die zu den Konditionen der Ergänzungsverträge tätig sind (entweder mit gültigem Ergänzungsvertrag oder seit Juni 2011 zu diesen Konditionen ins Unternehmen eingetreten) aufgrund der geleisteten Verzichte: 1.500 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

3. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Vollzeitbasis 35 Std.-Woche), die entsprechend den nachwirkenden Bedingungen des Tarifvertrages Druck tätig sind und auf keine Entgeltbestandteile verzichtet haben: 800 € Teilzeitbeschäftigte erhalten die Prämie im Verhältnis des Anteils ihrer Arbeitszeit zur Vollzeit.

4. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erhalten je bis zum 31.08.2013 geborenen, unterhaltspflichtigem bzw. in Ausbildung befindlichem Kind, für das Kindergeld bezogen wird einen Betrag in Höhe von 500,- € (Kinder-Bonus). Der Kinder-Bonus muss beantragt werden und wird auch an Mitarbeiter in Elternzeit gezahlt.

..."

Der Kläger, der zum Auszahlungszeitpunkt entsprechend den nachwirkenden Bedingungen des Tarifvertrages Druck tätig war, erhielt 800,00 € ausbezahlt. Nach erfolgloser au ßergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom 09.01.2014 begehrt er mit seiner am 12.06.2014 beim Arbeitsgericht Augsburg eingegangenen Klage Zahlung weiterer 700,00 € brutto.

Dieser Anspruch folge aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, weil der Kläger schlechter behandelt werde als die Mitarbeiter, die die Ergänzungsvereinbarung abgeschlossen hätten bzw. nach deren Bedingungen arbeiteten. Die Betriebsvereinbarung rechtfertige nicht die Ungleichbehandlung, da sie formell und materiell unwirksam sei. Die Beklagte habe den Betriebsrat erheblich unter Druck gesetzt, weil die Befürchtung bestanden habe, überhaupt nichts zu bekommen, wenn der Betriebsrat dem Vorschlag der Beklagten nicht zustimme. Im Übrigen seien zwei Betriebsratsmitglieder zur Sitzung am 20.09.2013, als der Beschluss zur Betriebsvereinbarung getroffen wurde, nicht ordnungsgemäß geladen und anwesend gewesen. Ihre materielle Unwirksamkeit begründe sich aus dem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nach dem Zweck der Jubiläumszahlung, der in der generellen Belohnung aller Arbeitnehmer anlässlich des Firmenjubiläums bestehe, hätte nicht zwischen den Arbeitnehmern differenziert werden dürfen. Der behauptete Ausgleich von Nachteilen sei nicht angestrebt worden, weil die höhere Zulage auch für die vor 2008 eingestellten Buchbinder vorgesehen worden sei und eine pauschale Zahlung unabhängig von den Verdienstunterschieden der Arbeitnehmer zu keinem gerechten Ausgleich führen könne. Auch werde nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung weder eine Grundprämie noch ein „Zusatz für geleistete Verzichte“ gezahlt. Es seien von vornherein zwei Arbeitnehmergruppen gebildet worden. Darüber hinaus rechtfertige sich der Anspruch aus § 612 a BGB. Der Kläger habe in zulässiger Weise sein Recht ausgeübt, über seine bisherigen Arbeitsbedingungen nicht verfügen zu wollen, weshalb ihm die höhere Jubiläumszahlung vorenthalten worden sei.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit den Regelungen der Betriebsvereinbarung begründet, die formell und materiell wirksam seien. Insbesondere verstoße die Betriebsvereinbarung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die dort geregelte Jubiläumszulage bestehe aus drei Komponenten. Zum einen würden alle auf Vollzeitbasis tätigen Arbeitnehmer eine Grundprämie von 800,00 € brutto erhalten. Die Arbeitnehmer, die nicht entsprechend den nachwirkenden Bedingungen der Tarifverträge Druck tätig seien, sondern den ungünstigeren Tarifverträgen Papier, Pappe und Kunststoff unterfielen oder die zu den Konditionen der Ergänzungsvereinbarungen tätig seien, erhielten einen zusätzlichen Beitrag als Ausgleich für die „geleisteten Verzichte“ in Höhe von weiteren 700,00 € brutto, d.h. zusammen mit der Grundprämie einen Betrag von 1.500,00 € brutto. Die dritte Komponente sei der Kinderbonus. Die zusätzliche Gewährung von 700,00 € an Mitarbeiter, die schlechtere Arbeitsbedingungen hätten, stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach eine Sonderzahlung ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Gruppe von Arbeitnehmern vorenthalten werden dürfe, wenn sie dem Ausgleich von Nachteilen derjenigen Arbeitnehmer diene, die mit dem Arbeitgeber ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart hätten. Im Übrigen wäre der geltend gemachte Anspruch des Klägers bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung nicht gegeben. Es würde an einer Rechtsgrundlage fehlen. Die Umdeutung einer nichtigen Betriebsvereinbarung in ein individualrechtlich wirksames Rechtsgeschäft sei regelmäßig nicht möglich. Nur in Ausnahmefällen, nämlich wenn der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung in Kenntnis ihrer Unwirksamkeit anwende, könne von einem hypothetischen Willen des Arbeitgebers, die streitige Leistung erbringen zu wollen, ausgegangen werden. Aus diesem Grund könne auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz den geltend gemachten Anspruch nicht rechtfertigen, weil er bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug nicht zur Anwendung käme. Ein Anspruch aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes könne sich erst dann ergeben, wenn der Arbeitgeber in Kenntnis der Unwirksamkeit oder des tatsächlichen Inhalts der Betriebsvereinbarung Leistungen erbringe. Darüber hinaus habe die Beklagte das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB nicht verletzt. Der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung sei keine Benachteiligung i.S.v. § 612 a BGB. Auch sei der tragende Grund für die Ungleichbehandlung nicht die zulässige Ablehnung der Änderungsvereinbarung, sondern das bestehende ungleiche Lohnniveau gewesen.

Das Arbeitsgericht Augsburg hat durch Endurteil vom 14.01.2015 - 10 Ca 1545/14 - die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch ergebe sich weder aus der Betriebsvereinbarung noch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus einem Verstoß gegen § 612 a BGB. Aus der Betriebsvereinbarung ergebe sich zweifelsfrei, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Jubiläumszulage habe. Ein Anspruch auf Zahlung der Jubiläumszulage aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz setze voraus, dass die Betriebsvereinbarung unwirksam sei. Die Betriebsvereinbarung sei jedoch formell und materiell wirksam. Insbesondere verstoße die Betriebsvereinbarung nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Jubiläumszulage lasse sich in einen Sockel- und einen Erhöhungsbetrag aufsplitten. Hinsichtlich des Sockelbetrags, der für alle Mitarbeiter gleich sei, liege keine Ungleichbehandlung vor. Hinsichtlich des Erhöhungsbetrages sei zwar eine Ungleichbehandlung anzunehmen. Diese sei aber sachlich gerechtfertigt, da der Erhöhungsbetrag allein wegen des Verzichts auf die günstigeren Arbeitsbedingungen gezahlt werde. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung, wonach diejenigen, an die 1.500,00 € Jubiläumszulage gezahlt würde, diese allein aufgrund des geleisteten Verzichtes erhielten. Darüber hinaus ließe sich aus der Betriebsvereinbarung kein weiterer Zweck, der mit der Jubiläumszulage verfolgt werde, entnehmen. Das Betriebsjubiläum bei der Beklagten sei nur Anlass für die Zahlung, nicht aber deren Zweck oder Voraussetzung gewesen. Ein Verstoß gegen das Maßregelverbot nach § 612 a BGB liege nicht vor. Zwar habe der Kläger die Vertragsänderung abgelehnt und dadurch einen Nachteil erlitten, weil er im Gegensatz zu den verzichtenden Arbeitnehmern nur den Sockelbetrag der Jubiläumszahlung erhalte. Tragender Grund für seine Benachteiligung sei nach dem Zweck der Leistung jedoch ausschließlich der Ausgleich von Nachteilen, die andere Arbeitnehmer mit ihrem Verzicht erlitten hätten, gewesen.

Gegen dieses, seiner Prozessbevollmächtigten am 17.03.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.04.2015 Berufung eingelegt und am 22.05.2015 begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum diesem Tage verlängert worden war.

Die Betriebsvereinbarung sei formell und materiell unwirksam mit der Folge, dass der darin enthaltene Verteilungsmodus nicht zur Anwendung kommen könne. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts stelle sich die Differenzierung der Betriebsvereinbarung in die Gruppe derjenigen, die einen Wechsel der Tarifbindung bzw. eine arbeitsvertragliche Änderung und einen damit einhergehenden Gehaltsverzicht akzeptierten, und in die Gruppe derjenigen, die eine Änderung nicht akzeptiert hätten und weiterhin entsprechend den statisch nachwirkenden Tarifverträgen Druck tätig seien, als Verstoß gegen den Gleich-behandlungsgrundsatz und gegen § 612 a BGB dar. Die Betriebsvereinbarung lege die Zweckbestimmung der Sonderzahlung als „anlässlich des 250. Firmenjubiläums“ fest und lasse keinen Rückschluss auf den Zweck, unterschiedliche Vergütungen ausgleichen zu wollen, zu. Das 250. Firmenjubiläum könne nicht durch Einsparungen gefördert oder er reicht werden. Selbst wenn eine zulässige Differenzierung vorläge, sei sie nur solange gerechtfertigt und zulässig, als dies nicht zu einer tatsächlichen Überkompensation und damit zu einer Besserstellung der Arbeitnehmergruppe führe, die auf Leistungen ursprünglich verzichtet habe. Tatsächlich sei eine solche Besserstellung, die exemplarisch dargestellt werde, mittlerweile gegeben. Auch könne sich die Beklagte nicht auf den bloßen „Normenvollzug“ und darauf berufen, sie könne ja nur das Beschlossene umsetzen. Der Kläger könne vielmehr verlangen so behandelt zu werden, wie die Arbeitnehmer, die die ungekürzte Prämie erhielten.

Der Kläger beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 14.01.2015, Az. 10 Ca 1545/14 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 700,- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz käme im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung, weil die Beklagte lediglich Leistungen aufgrund der mit normativer Wirkung (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) geltenden Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 erbracht habe. Aus Sicht der Beklagten bestanden und bestehen an der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung auch keinerlei Zweifel. Jedenfalls wären die Voraussetzungen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die vorgenommene Differenzierung der Jubiläumszahlung in 800,00 € bzw. 1.500,00 € sei gerechtfertigt. Mit dem Arbeitsgericht sei davon auszugehen, dass das Firmenjubiläum bei der Beklagten lediglich Anlass für die Zahlung, nicht aber deren Zweck oder Voraussetzung gewesen sei. Ein weiterer Zweck ließe sich der Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 nicht entnehmen. Die Behauptung einer angeblichen Überkompensation scheitere schon deshalb, weil sich der Gesamtvergleich nicht konkret auf den Kläger beziehe. Der geltend gemachte Anspruch begründe sich nicht aus dem Maßregelungsverbot des § 612 a BGB, weil der Vollzug einer kollektivrechtlichen Regelung keine Benachteiligung im Sinne dieser Rechtsnorm sei. Schließlich könnten sich aus einer unwirksamen Betriebsvereinbarung keinerlei Ansprüche ableiten, was insbesondere für eine aus formellen Gründen unwirksame Betriebsvereinbarung gelte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 22.05.2015 (Bl. 170 - 180 d. A.), den Schriftsatz der Beklagten vom 07.08.2015 (Bl. 212 -279 d. A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.08.2015 (Bl. 280 - 283 d. A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 3 lit. b) ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 3 und 5, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO.

II.

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht Augsburg hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der geltend gemachte Anspruch sich aus keiner Rechtsgrundlage ergibt.

1. Die Zahlung weiterer 700,00 € brutto begründet sich nicht aus der Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013.

Der Kläger erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen für die Zahlung von 1.500,00 € brutto nach Ziff. 2.1. und 2.2. der Betriebsvereinbarung. Soweit der Kläger die formelle und materielle Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung behauptet, fehlt es an einer An spruchsgrundlage (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2005 - 1 AZR 76/04 - NZA 2005, 892: „Die BV begründet keinen Anspruch des Kl. Sie ist unwirksam.“; vgl. auch Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 77, Rn. 31 m.w.N.).

2. Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebietet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, der Teilen seiner Arbeitnehmer freiwillig nach einem bestimmten erkennbaren generalisierenden Prinzip Leistungen gewährt, Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in gleicher oder vergleichbarer Lage befinden, gleich zu behandeln. Untersagt ist ihm danach sowohl eine willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Dabei gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Fragen der Vergütung nur eingeschränkt; insoweit hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit für individuell ausgehandelte Gehälter Vorrang. Erfolgt die Vergütung jedoch nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip, indem er bestimmte Voraussetzungen oder bestimmte Zwecke festlegt, greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch im Bereich der Entgeltzahlung. Voraussetzung für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist, dass der Arbeitgeber durch ein eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk oder eine eigene Ordnung geschaffen hat. Danach knüpft die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Gleichbehandlung seiner Arbeitnehmer nicht unmittelbar an die Leistung selbst an, sondern vielmehr an das von ihm zu Grunde gelegte, selbstbestimmte generalisierende Prinzip. Es handelt sich dabei um eine privatautonome Verteilungsentscheidung, die ihren Ausdruck in einer vom Arbeitgeber freiwillig gesetzten Anspruchsgrundlage für die jeweilige Leistung findet. Der Leistung selbst geht jeweils die „Schaffung eines eigenen Regelwerks … durch eigenes gestaltendes Verhalten“ voraus, in der das generalisierende Prinzip festgelegt wird. Bei der Bestimmung der für den Leistungsanspruch maßgebenden Kriterien und der Konkretisierung des „generalisierenden Prinzips“ ist der Arbeitgeber allerdings an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Bei bloßem - auch vermeintlichem - Normenvollzug gilt dieser dagegen nicht. Es fehlt insoweit an einer eigenen Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, wenn er subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen bildet, sondern sich - wenn auch irrtümlicherweise - verpflichtet sieht, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung nur vollziehen zu müssen. Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weiter gewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewusst zusätzliche freiwillige Leistungen aufgrund einer eigenen Entscheidung, die ihrerseits dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz genügen muss (st.Rspr., vgl. BAG, Urteil vom 21.05.2014 - 4 AZR 50/13 - NZA 2015, 115, Rn. 19 und 20 m.w.N.; vgl. auch BAG, Urteil vom 26.04.2005 - 1 AZR 76/04 - NZA 2005, 892, unter der Gründe; Urteil vom 06.07.2011 - 4 AZR 569/09 - NZA 2011, 1426, Rn. 23; Urteil vom 21.09.2011 - 5 AZR 520/10 - NZA 2012, 31, Rn. 21; LAG Nürnberg, Urteil vom 14.01.2014 - 6 Sa 398/13 - BeckRS 2014, 71699, Rn. 32 m.w.N.; Fitting, a.a.O., § 75, Rn. 38 und 39 m.w.N.).

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze, denen sich die erkennende Kammer anschließt, ist der geltend gemachte Anspruch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu begründen.

Die Beklagte hat die Auszahlung der Jubiläumszahlungen im Oktober 2013 nicht aufgrund eines eigenen Regelwerkes oder einer eigenen Ordnung vorgenommen, sondern in Vollzug der Betriebsvereinbarung zur Auszahlung einer Prämie anlässlich des 250. Firmenjubiläums im September 2013 vom 20.09.2013. Damit fehlt es an einer freiwilligen Zahlung ohne rechtliche Verpflichtung, weil eine Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend gilt und damit unabhängig vom Willen und der Kenntnis der Vertragspartner das Arbeitsverhältnis gestaltet (vgl. Fitting, a.a.O., § 77, Rn. 125 m.w.N.). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht die Betriebsvereinbarung als rechtliche Verpflichtung zur Zahlung ausdrücklich anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2005, a.a.O., unter II.2. der Gründe; vgl. auch Urteil vom 03.09.2014 - 5 AZR 6/13 - NZA 2015, 222, Rn. 21: „Die Beklagte hat freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich oder aufgrund der BV Entgelt - rechtlich verpflichtet zu sein …“).

Für diese Auffassung scheinen gute Gründe zu sprechen, weil sich der Arbeitgeber anderenfalls in einem unlösbaren Dilemma befände: Einerseits wäre der Arbeitgeber verpflichtet, die Betriebsvereinbarung zu erfüllen und könnte ggf. gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG durch den Betriebsrat über ein gerichtliches Verfahren zu deren Einhaltung angehalten werden. Andererseits wäre er gezwungen, andere Leistungen in Abweichung von der Betriebsvereinbarung auf der Grundlage des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu gewähren (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 14.01.2014 - 6 Sa 398/13 - a.a.O., Rn. 32 am Ende). Bedenken gegen diese Auffassung ergeben sich vor dem Hintergrund, dass die Rechtsgrundlage für eine ergänzende Zahlung nicht die Betriebsvereinbarung, sondern die Betriebsvereinbarung im Verbindung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz wäre (so ausdrücklich LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2008 - 5 Sa 494/08 - BeckRS 2009, 63103), mit der Folge, dass eine zusätzliche Leistungsgewährung nicht gegen die Betriebsvereinbarung verstieße. Im Übrigen haben beide Betriebspartner und mithin der Betriebsrat gemäß § 75 Abs. 1 BetrVG den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten, so dass vertreten werden könnte, der Umstand, dass die Regelung nicht einseitig von der Beklagten vorgenommen worden sein, habe keine Auswirkungen bzgl. des Gleichbehandlungsgrundsatzes (so LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2008, a.a.O., unter Bezugnahme auf BAG, Urteil vom 19.04.1983 - 1 AZR 498/81 - AP GG Art. 3 Nr. 124). Im Hinblick auf die aufgeführte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die erst jüngeren Datums ist, hat die Kammer von einer abweichenden Entscheidung jedoch abgesehen.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch lässt sich im Anschluss an die aufgeführte Rechtsprechung auch nicht unter dem Gesichtspunkt rechtfertigen, der Beklagten sei im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen, dass die Betriebsvereinbarung vom 20.09.2013 etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes oder aus anderen Gründen unwirksam gewesen wäre. Für diese Annahme hat der Kläger nichts vorgebracht. Dagegen sprechen im Übrigen die erstinstanzliche Entscheidung und die weiteren Entscheidungen in Parallelfällen, die die Beklagte als Anlagen B9 - B11 zur Gerichtsakte gereicht hat und die allesamt zu Gunsten der Beklagten entschieden worden sind.

Deshalb konnte die Kammer es dahingestellt lassen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliegt.

3. Schließlich ist der geltend gemachte Anspruch nicht nach § 612 a BGB begründet.

Nach § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Es kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Der Kläger begehrt Ersatz eines Vermögensschadens, der ihm wegen benachteiligender Vorenthaltung eines Teils der Jubiläumszahlung zustehen soll. Diese Rechtsfolge ergibt sich nicht unmittelbar aus § 612 a BGB, sondern erst in Verbindung mit § 280 Abs. 1 oder § 823 Abs. 2 BGB (vgl. ErfK/Preis, 15. Aufl. 2015, § 612 a BGB, Rn. 23; APS/Linck, 4. Aufl. 2012, BGB, § 612 a, Rn. 25; Müller-Glöge in MünchKom BGB, 6. Aufl. 2012, § 612 a, Rn. 23; vgl. auch BAG, Urteil vom 21.09.2011 - 7 AZR 150/10 - NZA 2012, 317, Rn. 36). Im beiden Fällen wird ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten vorausgesetzt, § 276 BGB, das wegen der ihre Rechtsauffassung stützenden erstinstanzlichen Urteile des Arbeitsgerichts Augsburg nicht zu bejahen ist.

4. Besondere Umstände, die die Annahme rechtfertigen, die Beklagte habe sich unabhängig von der möglichen Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung auf jeden Fall verpflichten wollen, ihren Arbeitnehmern die darin vorgesehenen Leistungen zu gewähren (vgl. Fitting, a.a.O., Rn. 105 m.w.N. aus der Rechtsprechung) sind seitens des Klägers nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

III.

Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

IV.

Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG zuzulassen, wobei für letztere Fallgruppe auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.12.2008 - 8 Sa 494/08 - BeckRS 2009, 63103 verwiesen wird.

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published on 14/01/2015 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Der Streitwert wird auf 700,00 € festgesetzt. Tatbestand Die Parteien streiten um eine anteilige Jubiläu
published on 14/01/2014 00:00

Tenor Datum: 14.01.2014 3 Ca 990/12 (Arbeitsgericht Bamberg - Kammer Coburg -) Rechtsvorschriften: Leitsatz: I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg, Kammer Coburg, vom 19.06.2013
published on 03/09/2014 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Oktober 2012 - 15 Sa 139/11 - in seinen Ziffern I.9. und II. aufgehoben.
published on 21/05/2014 00:00

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2012 - 17 Sa 285/12 - wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.