Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Sept. 2018 - 5 TaBV 53/18

published on 19/09/2018 00:00
Landesarbeitsgericht München Beschluss, 19. Sept. 2018 - 5 TaBV 53/18
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats und Beteiligen zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München von 12.07.2018 (fälschlicherweise datiert auf den 13.07.2018) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Regelung über den Abschluss von Nachversicherungen gemäß § 2 Ziffer 1 des Gruppenvertrages mit der... Lebensversicherung abgelehnt. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Rahmen einer etwa zu treffenden Entscheidung des Arbeitgebers über die Aufstockung einer Rückdeckungsversicherung zur Sicherung von Ansprüchen aus betrieblicher Altersversorgung hier in Gestalt einer Direktversicherung besteht nicht. Aus diesem Grunde ist auch der in der Beschwerdeinstanz gestellte Hilfsantrag zurückzuweisen.

1. Richtigerweise scheidet ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG von vornherein aus, da eine Rückdeckungsversicherung, die der Arbeitgeber zur Finanzierung von Versorgungszusagen abschließt keine Sozialeinrichtung in diesem Sinne ist (BAG 12.06.1975, 3 ABR 137/73, zitiert nach juris).

2. Auch ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG scheidet offensichtlich aus.

2.1 Durch diese Norm wird dem Betriebsrat ein umfassendes Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung des Arbeitsentgeltes eingeräumt. Die Mitbestimmung dient insoweit nicht der Lohnpolitik, sondern der Lohnfindung unter dem Gesichtspunkt der Lohngerechtigkeit. Zweck der Mitbestimmung ist eine Beteiligung an den Entscheidungen, von denen bei der Erbringung der Entgeltleistung die Verteilungsgerechtigkeit abhängt. Dabei bezieht sich der Lohnbegriff auf das Arbeitsentgelt. Erfasst werden deshalb nur vermögenswerte Arbeitgeberleistungen mit Entgeltcharakter (Richardi-Richardi § 87 BetrVG Rn. 750 a ff., m.w.N.).

2.2 Diese Grundsätze gelten auch bei Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die regelmäßig Entgeltcharakter haben. Der Mitbestimmung unterliegen in diesem Rahmen alle Entscheidungen über die Verteilung von Versorgungsleistungen einschließlich der Gestaltung des „Leistungsplanes“ (BAG 12.06.1975, 3 ABR 137/73, zitiert nach juris). Eine Rückdeckungsversicherung ist aber kein Teil der Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung und auch kein mittelbarer Durchführungsweg. Vielmehr handelt es sich bei einer Rückdeckungsversicherung lediglich um ein Finanzierungsinstrument des Arbeitgebers (BAG 19.05.2016, 3 AZR 766/14). Entgegen der vom Arbeitgeber gewählten Bezeichnung handelt es sich daher bei dem von ihm durchgeführten Abschluss einer Lebensversicherung als Rückdeckungsversicherung zur zusätzlichen Sicherung von Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung nicht um eine an die Arbeitnehmer gewährte Leistung, sondern nur um einen Weg der Finanzierung.

2.3 Eine Rückdeckungsversicherung führt auch nicht zu einer Selbstbindung des Arbeitgebers, der über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag frei verfügen und diese insbesondere auch beleihen kann. Das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung erwähnt deshalb folgerichtig die Rückdeckungsversicherungen gar nicht als Form der betrieblichen Altersversorgung. Wie der Arbeitgeber seine betrieblichen Versorgungsleistungen finanzieren will, gehört in den Bereich seiner unternehmerischen Entscheidungen und berührt die Interessen der durch eine Rückgeldzusage begünstigten Arbeitnehmer nicht unmittelbar (BAG 12.06.1975, a.a.O., Rn 13).

2.4 Rückdeckungskonzeptionen sind daher generell nicht mitbestimmungspflichtig, da sie ausschließlich die finanztechnische Seite, also die Frage der Erfüllung der Versorgungsverpflichtungen und der Bereitstellung hinreichender Vermögensmittel betrifft (Röszler, Doetsch, Jäger, Auslagerung von Pensionsverpflichtungen im Rahmen einer Bilanzierung gemäß SFAS bzw. IAS, Betriebsberater 1999, 2498). Bei Rückdeckungsversicherungen sichert der Arbeitgeber seine Risiken aus dem Leistungsversprechen ab. Diese Mittelanlagen bestimmen aber nicht das Ausmaß des Leistungsversprechens. Folglich kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, ob, wieviel und wie er Mittel zur Absicherung der Altersversorgung auslagert. (Boecken/Düwell/Diller/Hanau-Schwarze § 87 BetrVG Rn. 144 Ziffer 8.1.2).

Da es an einem Entgeltcharakter der Rückdeckungsversicherung fehlt, scheidet schon von daher nicht nur nach einhelliger Meinung in der Literatur, sondern auch der Rechtsprechung ein Mitbestimmungsrecht offensichtlich aus.

Auch eine Entscheidung des Arbeitgebers über eine eventuelle Nachversicherung im Sinne einer Erhöhung der Rückdeckungsversicherung ist folglich mitbestimmungsfrei. Da ein Mitbestimmungsrecht nicht besteht, kommt es auch auf die Frage, ob und inwieweit der Arbeitgeber möglicherweise aufgrund vertraglicher Bindungen, die er im Verhältnis zu seinen Arbeitnehmern eingegangen ist, in seiner Ermessensentscheidung beschränkt ist, nicht an.

III.

Gemäß § 2 Abs. 2 GKG werden im Beschlussverfahren keine Kosten erhoben. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt (§ 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;2. Beginn und Ende der täglichen A
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 19/05/2016 00:00

Tenor Auf die Revision des Beklagten zu 1. wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Oktober 2014 - 1 Sa 176/14 - teilweise aufgehoben, soweit es der Anschlussberufung d
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Gegen die das Verfahren beendenden Beschlüsse der Arbeitsgerichte findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt.

(2) Für das Beschwerdeverfahren gelten die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 88 bis 91 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(3) In erster Instanz zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen bleibt ausgeschlossen. Neues Vorbringen, das im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 83 Abs. 1a gesetzten Frist nicht vorgebracht wurde, kann zurückgewiesen werden, wenn seine Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Beschlussverfahrens verzögern würde und der Beteiligte die Verzögerung nicht genügend entschuldigt. Soweit neues Vorbringen nach Satz 2 zulässig ist, muss es der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung, der Beschwerdegegner in der Beschwerdebeantwortung vortragen. Wird es später vorgebracht, kann es zurückgewiesen werden, wenn die Möglichkeit es vorzutragen vor der Beschwerdebegründung oder der Beschwerdebeantwortung entstanden ist und das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und auf dem Verschulden des Beteiligten beruht.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung; § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) In den Fällen des § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Betriebsverfassungsgesetzes entscheidet der Vorsitzende allein. Wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle können die Anträge nur zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Für das Verfahren gelten die §§ 80 bis 84 entsprechend. Die Einlassungs- und Ladungsfristen betragen 48 Stunden. Ein Richter darf nur dann zum Vorsitzenden der Einigungsstelle bestellt werden, wenn aufgrund der Geschäftsverteilung ausgeschlossen ist, dass er mit der Überprüfung, der Auslegung oder der Anwendung des Spruchs der Einigungsstelle befasst wird. Der Beschluss des Vorsitzenden soll den Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags zugestellt werden; er ist den Beteiligten spätestens innerhalb von vier Wochen nach diesem Zeitpunkt zuzustellen.

(2) Gegen die Entscheidungen des Vorsitzenden findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht statt. Die Beschwerde ist innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen und zu begründen. Für das Verfahren gelten § 87 Abs. 2 und 3 und die §§ 88 bis 90 Abs. 1 und 2 sowie § 91 Abs. 1 und 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Kammer des Landesarbeitsgericht der Vorsitzende tritt. Gegen dessen Entscheidungen findet kein Rechtsmittel statt.