Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 07. Feb. 2014 - 4 Sa 811/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2013 – 14 Ca 593/13 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.544,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2012 zu zahlen.
Die erstinstanzlichen Kosten werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten, nachdem sie erstinstanzlich auch um einen weiteren Streitgegenstand gestritten haben, zweitinstanzlich nurmehr darum, ob die Beklagte berechtigt war, Zwischenverdienst in einer Freistellungsphase des Klägers von April bis September 2012 auf die Entgeltansprüche des Klägers anzurechnen. Der Zwischenverdienst des Klägers ist mit 24.544,57 € brutto unstreitig.
3Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
4Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses ihm am 24.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.10.2013 Berufung eingelegt und diese am 20.11.2013 begründet.
5Der Kläger setzt sich im Wesentlichen mit Rechtsausführungen mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 167 ff. d. A.) Bezug genommen.
6Der Kläger argumentiert insbesondere dahin, dass eine vereinbarte Freistellung und nicht eine einseitige Freistellung vorgelegen habe. Er weist dazu zum Tatsächlichen darauf hin, dass er schon erstinstanzlich vorgetragen habe, Ende Februar/Anfang März 2012 habe ein Gespräch mit der Personalleiterin sowie der Assistentin der Personalleiterin in Anwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden stattgefunden. In diesem Gespräch habe er, der Kläger, den Wunsch geäußert, zum 31.03.2012 freigestellt zu werden. In dem Gespräch habe die Personalleiterin, Frau P , geäußert, dann wäre aber Voraussetzung, dass der Kläger bis zum 31.03.2012 seine Arbeiten durchführe und die dann noch bestehenden Restarbeiten von den verbliebenen zwei Mitarbeitern, Herrn F (Betriebsratsvorsitzender) und Herrn S , übernommen würden. Dies sei von Herrn F in dem Gespräch bejaht worden.
7Die Beklagte hat diesen Vortrag weder erst- noch zweitinstanzlich bestritten.
8Der Kläger führt weiter aus, er fühle sich im Übrigen auch als Betriebsratsmitglied benachteiligt, weil in einem Parallelfall, der erstinstanzlich ebenfalls vorgetragen worden sei, bei dem es sich aber nicht um ein Betriebsratsmitglied gehandelt habe (der Kläger war zum Zeitpunkt seines Ausscheidens unstreitig Betriebsratsmitglied), von der Beklagten anders entschieden worden sei. Auch dort sei die Freistellung auf Wunsch des Mitarbeiters zum 31.03.2012 erfolgt. Zwischenverdienst sei nicht angerechnet worden, obwohl auch dieser Mitarbeiter, Herr S , ebenfalls in ein anderes Arbeitsverhältnis ab dem 01.04.2012 eingetreten sei.
9Der Kläger beantragt,
10das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2013,14 Ca 593/13, wird aufgehoben, soweit die Klage des Klägers über den Betrag von 27.566,94 € nebst Zinsen hinaus abgewiesen worden ist;
11die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 24.544,57 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2012 zu zahlen.
12Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
13Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen mit Rechtsausführungen. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 192 ff. d. A.) Bezug genommen.
14Auf den Vortrag des Klägers hinsichtlich Herrn S ging die Beklagte in der Berufungserwiderung nicht ein. In der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, erklärte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten, die Personalabteilung habe erst nachträglich erfahren, dass Herr S Zwischenverdienst gehabt habe. Die Sache sei aber schon abgewickelt worden und man habe deshalb den Betrag von Herrn S nicht zurückfordern wollen.
15Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
17Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hatte in der Sache Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2013 war insoweit, als der Kläger es mit der Berufung angegriffen hat (die Berufung richtet sich nicht gegen die Abweisung des Klageantrages soweit er sich auf die Gewährung des Completion-Bonus für die Zeit von April bis September 2012 in Höhe von 27.566,94 € bezog), abzuändern.
18Die Beklagte war nicht berechtigt, auf das dem Kläger für die Zeit seiner Freistellung (01.04. bis 30.09.2012) zustehende Entgelt den Zwischenverdienst in unstreitiger Höhe von 24.544,57 € brutto anzurechnen.
19A. I. Es ist zunächst im Wesentlichen richtig, dass – wovon beide Parteien und auch das Arbeitsgericht ausgehen – das Bundesarbeitsgericht bei der Frage, ob Zwischenverdienst anzurechnen ist, danach unterscheidet, ob eine vertraglich vereinbarte Freistellung vorliegt oder ob eine einseitige Nichtannahme der Arbeitskraft vorliegt. Wesentlich zum Verständnis ist indes die dogmatische Grundlegung dieser Rechtsprechung, die vom 9. Senat des Bundesarbeitsgericht begründet wurde, in einer Serie von Entscheidungen dieses Senates angewandt worden ist und auch vom 10. Senat in der von beiden Parteien und dem Arbeitsgericht zitierten Entscheidung vom 17.10.2012 (10 AZR 809/11) übernommen worden ist.
20Die Ausgangsentscheidung dieser Rechtsprechung datiert vom 09.11.1999 (9 AZR 922/98). Diese Entscheidung enthält am ausgeprägtesten die dogmatischen Feinheiten der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
21Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Es klagte die Arbeitgeberin gegen einen Arbeitnehmer auf Rückzahlung von Arbeitsentgelt wegen Zwischenverdienstes in der Zeit der Freistellung. Die Klägerin hatte das Arbeitsverhältnis im Februar 1996 zum 31.08.1996 gekündigt. Mit der von dem beklagten Arbeitnehmer vorgeschlagenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.1996 bei sofortiger Freistellung ohne Anrechnung eines gegebenenfalls erzielten Zwischenverdienstes hatte sie sich zunächst nicht einverstanden erklärt, weil sie die Arbeitskraft noch benötigte. In dem von dem beklagten Arbeitnehmer angestrengten Kündigungsschutzverfahren einigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.1996. Regelungen über die Freistellung wurden auch in dem Vergleich nicht getroffen.
22Am 14.05.1996 schrieb die Arbeitgeberin dem beklagten Arbeitnehmer:
23„…wie uns Herr S . mitteilte, sind nunmehr alle Aktivitäten bezüglich Umzug des Innendienstes nach H abgeschlossen, so dass Sie mit Wirkung zum 22.Mai 1996 bis zu Ihrem Ausscheiden am 31.August (richtig: 30. September) 1996 unter Fortzahlung ihrer Bezüge und Anrechnung des Ihnen zustehenden Tarifurlaubs von der Arbeitsleistung freigestellt werden.“
24Zum 01.07.1996 nahm der beklagte Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber auf. Der Rechtsstreit drehte sich darum, ob der dort erzielte Zwischenverdienst anzurechnen sei.
25Das Bundesarbeitsgericht schloss in dieser Entscheidung eine Anwendung des § 615 Satz 2 BGB aus. Es führte aus: Annahmeverzug (wie § 615 BGB ihn voraussetzt) setze voraus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber noch eine Arbeitsleistung schulde. Fehle es hieran, könne der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung nicht in Verzug geraten. Ein einseitiger Verzicht des Arbeitgebers auf die vom Arbeitnehmer nach § 611 BGB geschuldete Arbeitsleistung sei im Gesetz allerdings nicht vorgesehen. Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers erlösche nur durch den Abschluss eines Erlassvertrages (§ 397 BGB) oder durch den Abschluss eines Änderungsvertrages (§ 305 BGB).
26Diese dogmatische Grundlegung findet sich z. B. auch in den Entscheidungen des BAG vom 23.01.2001 (9 AZR 26/00), vom 17.03.2002 (9 AZR 16/01) und vom 17.10.2012 (10 AZR 809/11); wohl auch in der Entscheidung des 5. Senats vom 29.09.2004 (5 AZR 99/04) – anders, allerdings für den speziellen Fall der Arbeitsunfähigkeit und Entgeltfortzahlung, wohl die Entscheidung vom 23.01.2008 (5 AZR 393/07), die vom 10. Senat in der Entscheidung vom 17.10.2012 aber ebenfalls „im Grundsatz“ für die vorliegend geschilderte dogmatische Grundlegung zitiert wird.
27In der Ursprungsentscheidung vom 09.11.1999 (a. a. O.) stellte das Bundesarbeitsgericht eine konsensuale Aufhebung der Arbeitspflicht sodann wie folgt fest:
28„Das ergibt sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 14.05.1996, das als Vertragsangebot an den Beklagten zu verstehen ist. Mit den dort angebotenen Bedingungen hat sich der Beklagte erkennbar einverstanden erklärt, indem er zu dem dort bestimmten Termin, nämlich den 22.05.1996, der Arbeit ferngeblieben ist. Eines Zugangs dieser Annahmeerklärung bedurfte es nicht (§ 151 BGB).“
29Weiter heißt es in dieser Entscheidung:
30„Für diese Auslegung sind Inhalt und Wortlaut des Schreibens maßgeblich. Dieses beschränkt sich nicht auf die Erklärung, der Beklagte werde für die restliche Dauer des Arbeitsverhältnisses freigestellt. Vielmehr hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, diese Freistellung erfolge „unter Fortzahlung der Bezüge“. Einen Vorbehalt anderweitiger Verdienst werde angerechnet, enthält das Schreiben demgegenüber nicht…“
31II. Im vorliegenden Fall enthält das Schreiben der Beklagten vom 06.03.2012 folgenden Passus:
32„Da Ihre Tätigkeit bereits spätestens ab Ende 2012 ersatzlos wegfällt, stellen wir Sie hiermit ab 01.04.2012 bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses von Ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.“
331. Schon der Wortlaut spricht auch in diesem Falle dafür, dass nicht lediglich einseitig die weitere Arbeit des Klägers nicht angenommen werden soll, sondern dass mit dem Schreiben Rechtswirkungen im Bezug auf die Verpflichtung zur Arbeit selbst erzeugt werden sollen, die indes einseitig nicht erzeugt werden können.
342. Die Interpretation, dass hier eine einvernehmliche Aufhebung der Arbeitspflicht angetragen wird, wird durch folgende Begleitumstände bestärkt:
35a) Beiderseits bekannter Hintergrund der Freistellung ist der Interessenausgleich vom 19.09.2011 (Bl. 14 bis 16 d. A.). In der Verhandlung dieses Interessenausgleichs hat der Kläger als Betriebsratsmitglied unstreitig in Person teilgenommen. In Ziffer 3. des Interessenausgleichs heißt es wie folgt:
36„Die P GmbH wird aufgrund des schon vorzeitig wegfallenden Bedarfs verschiedene und von P auszusuchende Mitarbeiter gegebenenfalls bereits vor dem 31.12.2011 von ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge unwiderruflich freistellen. Die Auswahl dieser Mitarbeiter sowie der Zeitpunkt der Freistellung obliegen der P GmbH.“
37Zwar ist hier eine Freistellung „bereits vor dem 31.12.2011“ geregelt, falls kein Bedarf mehr an der Beschäftigung besteht. Tatsächlich hat die Beklagte den Kläger, dessen Kündigungsfrist weit in das Jahr 2012 hineinreichte, noch bis zum 31.03.2012 für Restarbeiten in Anspruch genommen und ihn erst dann freigestellt. Dieser Fall ist jedoch dem in Ziffer 3 Abs. 1 des Interessenausgleichs geregelten so ähnlich, dass der Kläger auch ohne ausdrückliche Erklärung die Freistellung dahingehend verstehen musste, dass auch er von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung „unter Fortzahlung der Bezüge“ – wie es in Ziffer 3. Abs. 1 des Interessenausgleiches heißt – freigestellt werde. Der „unwiderruflichen“ Freistellung, wie sie in Ziffer 3. Abs. 1 vorgesehen ist, entspricht in dem Schreiben der Beklagten an den Kläger die Freistellung „bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses“.
38Der Kläger durfte und musste das Schreiben daher vor diesem Hintergrund dahingehend verstehen, dass die Arbeitspflicht für die gesamte noch absehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der Bezüge aufgehoben werden sollte.
39b) Dass damit nicht ein einseitiges Handeln, sondern eine einvernehmliche Regelung getroffen werden sollte, wird weiter durch folgenden Begleitumstand bestärkt: Der Kläger hat schon erstinstanzlich und nochmals in der Berufungsinstanz im Tatsächlichen unwidersprochen folgenden Sachverhalt vorgetragen: Es habe Ende Februar/Anfang März 2012 (also kurz vor dem Schreiben der Beklagten vom 06.03.2012) ein Gespräch mit der Personalleiterin sowie der Assistentin der Personalleiterin in Anwesenheit des Betriebsratsvorsitzenden F gegeben, indem der Kläger den Wunsch geäußert habe, zum 31.03.2012 freigestellt zu werden. In diesem Gespräch habe die Personalleiterin Frau P geäußert, Voraussetzung sei, dass der Kläger noch bis zum 31.03.2012 seine Arbeiten durchführe und die dann noch bestehenden Restarbeiten von den verbliebenen Mitarbeitern, Herrn F (dem Betriebsratsvorsitzenden) und Herrn S übernommen würden. Dieses sei von Herrn F in dem Gespräch bejaht worden.
40Angesichts dieses unstreitigen Geschehens konnte und musste der Kläger davon ausgehen, dass die Beklagte mit dem Schreiben vom 06.03.2012 gerade diesem seinem Wunsch nachkommen wollte und eine einvernehmliche Aufhebung der Verpflichtung zur Arbeit für den Kläger herbeiführen wollte.
413. Dabei kann dahinstehen, ob das Gespräch, welches so wie der Kläger es schildert, unstreitig stattgefunden hat, bereits als ein entsprechendes Vertragsangebot des Klägers aufzufassen ist. Jedenfalls nach seinem zweitinstanzlichen unbestrittenen Vorbringen ist in dem Gespräch auch über den Zeitpunkt der Freistellung gesprochen worden, so dass Einiges dafür spricht, dass es sich um ein entsprechendes Vertragsangebot handelte, welches auch mit einem einfachen „Ja“ angenommen werden konnte.
424. Anderenfalls ist das Schreiben vom 06.03.2012 als Vertragsangebot anzusehen. Dieses gilt auch dann, wenn man in den Daten 31.03.2012 und 01.04.2012 einen relevanten Unterschied in den Willenserklärungen erkennen wollte. Auch dann ist das Schreiben vom 06.03.2012 als neues Angebot anzusehen (§ 147 BGB).
43Dieses wurde – genau wie im Fall des Bundesarbeitsgerichts vom 09.11.1999 – vom Kläger durch Fernbleiben von der Arbeit ab dem 01.04.2012 gemäß § 151 BGB angenommen.
445. Damit bestand einvernehmlich ab dem 01.04.2012 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Arbeitspflicht des Klägers mehr. Deshalb scheiden nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Annahmeverzug und die Anwendung des § 615 Satz 2 BGB aus.
456. Es ist auch nichts dafür erkennbar, dass die Beklagte sich die Anrechnung des Zwischenverdienstes vorbehalten hätte. Weder der Interessenausgleich gibt einen Hinweis darauf, noch die insoweit unstreitige Schilderung des Ende Februar/Anfang März 2012 stattgefundenen Gesprächs. Auch das Schreiben vom 06.03. gibt keinen Anhaltspunkt dafür.
46B. Selbst wenn man jedoch im Rahmen der Auslegung zu dem Ergebnis käme, dass die Beklagte berechtigt gewesen wäre, den Zwischenverdienst anzurechnen, dann war ihr diese Anrechnung wegen des Benachteiligungsverbotes gemäß § 78 Satz 2 BetrVG versagt.
47Auf eine solche Benachteiligung hat der Kläger sich in der Berufungsbegründung berufen.
48I. Voraussetzung für eine Benachteiligung im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG ist eine Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht aus sachlichen oder in der Person des Betroffenen liegenden Gründen, sondern um ihrer Tätigkeit innerhalb der Betriebsverfassung willen erfolgt. Eine besondere Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Ausreichend ist, dass das Betriebsratsmitglied bei einem Vergleich objektiv schlechter gestellt ist, als ein Nichtmitglied (vgl. statt vieler: Fitting, 26. Auflage, § 78 BetrVG Rn. 17 m. w. N. zu Rechtsprechung und Literatur).
49Die Beweislast trägt grundsätzlich derjenige, der die unzulässige Benachteiligung behauptet, jedoch können die Regeln des Beweises des ersten Anscheines zur Anwendung kommen. Danach wird oft eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass zwischen der Amtstätigkeit und der Benachteiligung ein Ursachenzusammenhang besteht (Fitting a. a. O. Rn. 21 m. N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur).
50II. Der Kläger hat sich auf die Handhabung der Beklagten im Fall seines ehemaligen Kollegen Schmickler berufen.
51Es ist unstreitig, dass der Kläger im Vergleich mit dem Arbeitnehmer S , der sich objektiv in einer nach dem insoweit unbestrittenen Vorbringen des Klägers vergleichbaren Situationen befand, aber – jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt – nicht Betriebsratsmitglied war, objektiv dadurch schlechter gestellt wurde, dass bei dem Kläger der Zwischenverdienst angerechnet wurde, bei Herrn S nicht.
52Die Beklagte hat sich auf diesen schon in ähnlicher Form erstinstanzlich gehaltenen Vortrag des Klägers weder erst- noch zweitinstanzlich schriftsätzlich eingelassen. In der mündlichen Verhandlung erklärte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten, die Personalabteilung habe erst nachträglich erfahren, dass Herr S Zwischenverdienst gehabt habe. Die Sache sei aber schon abgewickelt worden und man habe deshalb den Betrag von Herrn S nicht zurückfordern wollen.
53Selbst die Richtigkeit dieses verspäteten Vortrages unterstellt, bleibt es zunächst bei der objektiven Ungleichbehandlung: Bei dem Kläger hat die Beklagte den ihr bekannt gewordenen Zwischenverdienst angerechnet, bei Herrn S nicht.
54Auch die oben ausgeführte Indizwirkung, dass dieses wegen der Betriebsratstätigkeit des Klägers geschehen sei, ist durch die Erklärung in der mündlichen Verhandlung nicht entkräftet: Allein die Tatsache, dass die Sache „schon abgewickelt“ war, d. h. dass das Entgelt für die Zeit der Freistellung Herrn S schon gezahlt war, kann angesichts der Tatsache, dass es sich – wie der Fall des Klägers zeigt – bei dem Zwischenverdienst um erhebliche Geldbeträge, in jedem Fall um mehrere Tausend Euro handelt, nicht nachvollziehbar erscheinen lassen, warum im Falle Herrn S auf die Verrechnung und entsprechende Rückforderung verzichtet wird, im Falle des Klägers auf die Verrechnung aber nicht verzichtet wird. Der dafür erforderlich Arbeitsaufwand ist angesichts mehrerer Tausend Euro als unbedeutend einzuschätzen. Es verbleibt damit die nicht ausgeräumte Indizwirkung, dass wesentliche Mitursache für die Anrechnung beim Kläger dessen Betriebsratstätigkeit war.
55Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 und 92 ArbGG.
56Rechtsmittelbelehrung
57Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
58Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
moreResultsText
Annotations
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
(1) Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag.
(2) Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
Die Mitglieder des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Wirtschaftsausschusses, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 genannten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, einer tariflichen Schlichtungsstelle (§ 76 Abs. 8) und einer betrieblichen Beschwerdestelle (§ 86) sowie Auskunftspersonen (§ 80 Absatz 2 Satz 4) dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Sie dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung.
(1) Über die Beschwerde entscheidet das Landesarbeitsgericht durch Beschluß. Eine Zurückverweisung ist nicht zulässig. § 84 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Der Beschluß nebst Gründen ist von den Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben und den Beteiligten zuzustellen. § 69 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.
(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.
(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:
- 1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit, - 2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder - 3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.
(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.
(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.
(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.
(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.