Landesarbeitsgericht Hamburg Urteil, 12. Dez. 2016 - 8 Sa 43/15
Gericht
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30.06.2015 (9 Ca 600/14) abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 784,-- brutto nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2014.
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Die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.07.1999 im Rahmen eines Arbeitsvertrages als Datenerfasserin tätig. Die Beklagte zahlt ihr Arbeitsvergütung in Höhe von € 1.568,70 brutto monatlich. In § 3 des Arbeitsvertrages (Anlage K 1, Bl. 6f d. A.) heißt es unter der Überschrift „Entgelt“ unter anderem:
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„Zusätzlich zum Grundgehalt wird nach Ablauf der Probezeit – als freiwillige Leistung eine Weihnachtsgratifikation gezahlt, deren Höhe jeweils jährlich durch den Arbeitgeber bekanntgegeben wird und deren Höhe derzeit ein halbes Monatsgehalt nicht übersteigt. Sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 01. April eines Jahres begonnen hat, soll auf die vorstehende Gratifikation im Juni dieses Jahres ein Vorschuß in Höhe von bis zu einem halben Monatsgehalt gezahlt werden. Sofern zwischen Beginn des Arbeitsverhältnisses und dem 30. November eines Jahres weniger als 11 Monate liegen, beträgt die Gratifikation 1/12 für jeden Monat des Arbeitsverhältnisses.
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Endet das Arbeitsverhältnis bis zum 31.03. des Folgejahres, ist das Unternehmen berechtigt, die geleistete Gratifikation von der letzten Gehaltszahlung … einzubehalten …“
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Der Klägerin wurde bis einschließlich 2013 jedes Jahr ein volles Bruttomonatsgehalt hälftig mit der Abrechnung im Mai und hälftig mit der Abrechnung im November ausgezahlt. Im Mai 2014 erhielt die Klägerin einen Betrag von € 784,00 brutto, welcher in der Gehaltsabrechnung (Anl. K 3, Bl. 14 d.A.) als „Abschl. J-Gratifikation“ bezeichnet wurde. Mit Schreiben von Oktober 2014 (Anl. K 2, Bl. 12 d.A.) informierte die Beklagte u.a. die Klägerin darüber, dass aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Lage die Zahlung des zweiten Teils der Jahresgratifikation mit der Novemberabrechnung 2014 nicht erfolgen könne.
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Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass ihr für 2014 ein volles Gehalt als Weihnachtsgratifikation zustehe, sodass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihr im November 2014 die zweite Hälfte des Gehalts zu zahlen. Der Freiwilligkeitsvorbehalt des Arbeitsvertrages sei intransparent. Die Beklagte müsse die für sie ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen. Durch die Abrechnung eines halben Monatsgehalts als Abschlag im Mai habe die Beklagte bekannt gegeben, dass die Gratifikation im Jahr 2014 insgesamt ein volles Monatsgehalt betragen werde. An diese Erklärung sei die Beklagte gebunden. Der Anspruch bestehe auch unter dem Gesichtspunkt einer betrieblichen Übung.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie € 784,- brutto zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat vorgetragen, der Freiwilligkeitsvorbehalt sei zwar nicht wirksam. Demzufolge sei sie verpflichtet, eine Weihnachtsgratifikation zu zahlen. § 3 enthalte jedoch – rechtlich wirksam – ein Leistungsbestimmungsrecht. Dieses müsse nach billigem Ermessen ausgeübt werden. Genau das habe sie getan. Sie habe entschieden, für das Jahr 2014 die Weihnachtsgratifikation auf 50 % eines vollen Monatsgehalts festzusetzen. Ihr Geschäftsergebnis sei seit Jahren rückläufig, 2014 habe erstmals ein Abrutschen in die Verlustzone gedroht.
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Das Arbeitsgericht Hamburg hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 55 – 58 d.A.) wird Bezug genommen.
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Gegen das am 30.06.2015 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 22.07.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31.07.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 22.10.2015 am 16.10.2015 begründet.
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Die Klägerin vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen: § 3 des Arbeitsvertrags sei so auszulegen, dass eine Weihnachtsgratifikation mindestens in Höhe eines vollen Monatsgehaltes von der Beklagten zu zahlen sei. Indem die Beklagte im Mai 2014 einen Abschlag gezahlt habe, habe sie eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine weitere Zahlung folgen werde.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30.05.2015 (9 Ca 600/14) die Beklagte zu verurteilen, an sie € 784,- brutto zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die Bestimmung der Anspruchshöhe ihr vorbehalten sei. Dieses Leistungsbestimmungsrecht habe sie durch die Zahlung im Mai 2014 eindeutig nicht ausgeübt. Es habe sich explizit um eine Abschlagzahlung gehandelt, so dass erkennbar gewesen sei, dass die Bestimmung der endgültigen Höhe der Leistung für 2014 noch erfolgen werde. Die Beklagte habe die endgültige Höhe der Leistung immer erst am Ende des Jahres ausgeübt. Die Höhe der Leistungsbestimmung in den Vorjahren binde sich nicht.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien, ihrer Beweisantritte und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der Anspruch der Klägerin auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts für 2014 folgt aus § 3 I des Anstellungsvertrags i.V.m. § 315 BGB.
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Die Kammer folgt nach eigener Prüfung der Rechtsprechung der Kammer 5 des Landesarbeitsgerichts Hamburg im Urteil vom 03.02.2016 (5 Sa 43/15). Danach gilt Folgendes:
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Die Beklagte hat durch die Zahlung eines Abschlags im Mai 2014 – wie in den Vorjahren – zum Ausdruck gebracht, dass die Höhe der Weihnachtsgratifikation auch im Jahre 2014 ein Gehalt betragen werde. Sie hat damit ihr Recht zur Leistungsbestimmung i.S.v. § 315 II BGB ausgeübt. Dies ergibt sich aus der Auslegung des § 3 des Vertrages der Parteien sowie des darauf beruhenden Verhaltens der Beklagten. Im Einzelnen:
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1. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Zwecke gelten (BAG v. 17.04. 2013 – 10 AZR 281/12 – juris).
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Bei Anwendung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich für das Verständnis von § 3 des Vertrages der Parteien insgesamt Folgendes:
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a. Nach der Rechtsprechung des BAG kann ein Freiwilligkeitsvorbehalt zweierlei bedeuten: Einerseits kann er das Entstehen eines Rechtsanspruchs auf eine künftige Sonderzahlung wirksam verhindern (BAG v. 08.12.2010 – 10 AZR 671/09). Der Arbeitgeber kann – außer bei laufendem Arbeitsentgelt (vgl. BAG v. 25.04.2007 – 5 AZR 627/06) – einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Der Begriff „freiwillig" im Zusammenhang mit einer Sonderzahlung bringt andererseits regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen (BAG v. 13.05.2015 – 10 AZR 266/14 – juris).
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b. Sodann ist geregelt, dass die Beklagte jährlich zu einem nicht mitgeteilten Zeitpunkt die Höhe der Weihnachtsgratifikation bekannt gibt und damit – unausgesprochen – auch über deren Höhe entscheidet, wobei es nur hinsichtlich der Maximalhöhe eine Regelung gibt, nämlich – im Falle der Klägerin anders als in den meisten Parallelfällen – (bis auf weiteres) mindestens ein halbes Gehalt. Ob damit auch eine vollständige Streichung der Gratifikation vereinbar wäre, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung.
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c. § 3 steht unter der Überschrift Entgelt. Aus § 3 III des Vertrages ergibt sich eine weitere Voraussetzung für den Anspruch, eine Stichtagsregelung. Allerdings ist der Anspruch auf die Weihnachtsgratifikation nicht nur ans Bestehen des Arbeitsverhältnisses im ersten Quartal des Folgejahres geknüpft, es findet sich in § 3 II des Vertrages die Option einer zeitanteiligen Kürzung, für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht im ganzen Jahr besteht. Daraus ergibt sich, dass die Gratifikation auch Entgelt für geleistete Arbeit im Bezugszeitraum sein soll. Die Weihnachtsgratifikation weist damit einen Mischcharakter zwischen Arbeitsentgelt und Treueprämie auf (vgl. BAG v. 18.01.2012 – 10 AZR 667/10 – juris).
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2. Ob § 3 des Arbeitsvertrages mit diesem durch Auslegung ermittelten Inhalt – insbesondere der Kombination der verschiedenen Bestandteile (vgl. BAG v. 14.09.2011 – 10 AZR 526/10 – juris) – einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält, kann offen bleiben, denn auch bei unterstellter Wirksamkeit der Klausel ist der Anspruch der Klägerin begründet. Die Beklagte könnte sich nämlich als Verwenderin nicht auf eine etwaige Unwirksamkeit der Klausel berufen. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen (BAG v. 27.10.2005 – 8 AZR 3/05 – juris). Soweit der Beklagten ein Leistungsbestimmungsrecht eingeräumt ist, hat sie dieses also für das Jahr 2014 gemäß § 315 II BGB ausgeübt und sich zur Zahlung eines ungekürzten Gehaltes verpflichtet.
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a. Insoweit ist von folgenden Rechtsgrundsätzen auszugehen: Die Leistungsbestimmung gemäß § 315 II BGB erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung. Als Willenserklärung ist sie so auszulegen, wie der Erklärungsempfänger sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von seinem Empfängerhorizont aus verstehen musste. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Inhalts der Erklärung, sondern auch hinsichtlich der Frage, ob eine Erklärung überhaupt als Willenserklärung und somit als Leistungsbestimmung zu werten ist (LAG Hessen v. 20.09.2010 – 7 Sa 2082/09 – juris). Die Wirksamkeit der Gestaltungserklärung setzt nach § 315 keine Begründung der Leistungsbestimmung voraus. Aus sich heraus nachvollziehbar muss die Erklärung des Berechtigten zwar sein – aber nur insofern, als sie nach gebotener Auslegung das Bestimmtheitsdefizit des bestimmungsoffenen Rechtsgeschäfts auffüllen muss. Das aber heißt: Die Willenserklärung muss allein die zu bestimmende Leistung (oder andere Vertragsinhalte) angeben – nicht aber die „Billigkeitsgrundlagen“, also die Entscheidungsmotive des Leistungsbestimmers.
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Eine Teilleistungsbestimmung ist nur zulässig, wenn das ausbedungen ist (BAG v. 26.09.2012 – 10 AZR 370/11 – juris; Staudinger/ Rieble (2015) BGB § 315, Tz. 299).
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b. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze bedeutet dies – dem LAG Hamburg in der Sache 7 Sa 42/15 folgend -, dass die Beklagte im Jahr 2014 gegenüber der Klägerin durch die Gehaltsabrechnung im Mai 2014 – und entsprechende Zahlung – bekannt gegeben hat, dass sie wiederum eine Gratifikation wie in den vergangenen Jahren zahlen wird, nämlich in Höhe eines ganzen Gehalts, indem – wie seit Anfang der Neunzigerjahre, also seit über 20 Jahren – im Mai ein halbes Gehalt als (hälftige) Gratifikation abgerechnet und gezahlt wurde, ohne dass ein Vorbehalt dahingehend erklärt worden war, dass eine Leistungsbestimmung für das Jahr 2014 noch nicht erfolgt sei und man sich vorbehalte, hierüber endgültig erst Ende des Jahres zu entscheiden. Aus diesem Verhalten der Beklagten konnte die Klägerin – als Empfängerin der konkludenten Erklärung – schließen, dass sich die Beklagte wie in den vergangenen Jahren verhalten und am Jahresende die zweite Hälfte der Gratifikation entsprechend der Höhe der ersten Hälfte der Gratifikation aus Mai 2014 zahlen werde und von ihrem Leistungsbestimmungsrecht für das Jahr 2014 vor der Zahlung im Mai 2014 bereits Gebrauch gemacht hat.
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Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass sie die Leistungsbestimmung nicht bereits vor der Zahlung der ersten Hälfte der Gratifikation vornehmen muss, sondern sich dies bis zur Zahlung im November vorbehalten kann. Allerdings muss dies dann entsprechend gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert und verdeutlicht werden. Dem steht auch die Regelung in § 3 S. 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen, wonach im Juni des Jahres ein Vorschuss gezahlt werden soll, sofern das Arbeitsverhältnis vor dem 1. April des Jahres begonnen hat. Denn zum einen hat die Beklagte nicht im Juni, sondern im Mai die Abrechnung und Zahlung vorgenommen. Und zum anderen ist in der Gehaltsabrechnung die Zahlung nicht als Vorschuss betitelt worden, sondern als Abschlag („Abschl.“). Ein Abschlag ist aber nicht mit einem Vorschuss gleich zu setzen, sondern bedeutet in der Regel eine Zahlung auf bereits verdienten, aber noch nicht abgerechneten Arbeitslohn. Zwar ist im Mai die Gratifikation nicht nur gezahlt, sondern auch abgerechnet worden, was gegen einen Abschlag und für einen Vorschuss sprechen könnte. Dennoch hat die Beklagte die Zahlung als Abschlag betitelt, woraus der Arbeitnehmer schließen kann, dass es sich um einen Abschlag auf die gesamte ihm zustehende Leistung handelt, so dass die weitere Zahlung und Abrechnung – hier die Zahlung eines weiteren halben Gehalts als Gratifikation im November 2014 – noch folgen werde.
- 34
Gerade weil die Beklagte die Höhe der jährlichen Gratifikation stets nur konkludent bekannt gegeben hat und sich im Jahr 2014 ebenso verhalten hat wie in den Vorjahren, durfte die Klägerin aus der vorbehaltlosen Zahlung im Mai 2014 i.V.m. der Bezeichnung als „Abschlag Jahresgratifikation“ darauf vertrauen, dass dies die Bekanntgabe der Höhe der Leistung für 2014 ist mit der Folge, dass ihr ein weiteres halbes Gehalt im November 2014 zustand. Etwas anderes hätte die Beklagte gegenüber der Klägerin deutlich machen müssen.
II.
III.
IV.
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Annotations
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.
(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.