Landesarbeitsgericht Hamm Urteil, 28. Jan. 2016 - 18 Sa 1140/15
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.07.2015 – 4 Ca 1961/14 – werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung aufgelöst wurde, die die Beklagte auf Gründe im Verhalten der Klägerin stützt.
3Die Klägerin, geboren 1954, war seit dem 01.04.2011 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Mitarbeiterin im Bereich Jugendhilfe beschäftigt. Die Jugendhilfe der Beklagten betreut mit etwa 20 Beschäftigten zwei Eltern-Kind-Wohngruppen. Vorgesetzte der Klägerin war Frau L als Wohngruppenleiterin. Vorgesetzte von Frau L ist die Pädagogische Leiterin Frau T. Geschäftsleiterin der Beklagten ist Frau C. Die Klägerin war zuletzt für die Betreuung der Kinder von Müttern und Vätern zuständig, die der Beklagten anvertraut waren. Dabei stand ihr ein gewisser Handlungsspielraum in Bezug auf die Koordination ihrer Arbeit im Team oder im Hinblick auf die Arbeit mit einem Kind zu. Die Arbeitszeiten der Klägerin richten sich nach Dienstplänen, die monatlich im Voraus erstellt und von Frau T freigegeben werden. Es ist üblich, dass die Mitarbeiter, um spätere Änderungen oder Korrekturen zu vermeiden, vor Erstellung der Dienstpläne in einer Liste angeben, an welchen Tagen sie sich Nachtdienste wünschen und an welchen Tagen sie sich „frei“ wünschen.
4Die Beklagte sah sich veranlasst, gegenüber der Klägerin mehrere Abmahnungen auszusprechen.
5Am 30.08.2012 erhielt die Klägerin eine Abmahnung (Ablichtung Bl. 49 f. der Akten), in der ihr vorgeworfen wurde, sie habe anlässlich der Vorstellung eines Kindes bei der Notfallsprechstunde dem behandelnden Arzt die Schweigepflichtentbindung der Mutter und die Krankenversichertenkarte des Kindes nicht vorgelegt und habe im Hinblick auf diesen Vorfall bei anschließenden Teamsitzungen keine ausreichenden Informationen erteilt. Die Klägerin nahm unter dem 06.10.2012 schriftlich zur Abmahnung Stellung (Ablichtung Bl. 68 f. der Akten).
6Mit Schreiben vom 24.06.2014 (Ablichtung Bl. 51 f. der Akten) erteilte die Beklagte der Klägerin erneut eine Abmahnung; der Klägerin wurde vorgeworfen, die Teilnahme an einem Gespräch verweigert zu haben. Diese Abmahnung hatte folgenden Hintergrund: Aus Sicht der Beklagten bestanden im Frühjahr 2014 Probleme bei der Koordination der Tätigkeiten der Klägerin. Die Beklagte forderte deshalb die Klägerin auf, ein Lösungskonzept zu erarbeiten. Hierüber fand am 16.05.2014 ein Gespräch zwischen der Klägerin und Vertretern der Beklagten statt, an dem auch ein Betriebsratsmitglied teilnahm. In der Folge bat die Klägerin um ein weiteres Gespräch. Mit Schreiben vom 03.06.2014 lud Frau T die Klägerin zu einem gemeinsamen Gespräch mit Frau L und dem Betriebsrat auf den 16.06.2014 um 13.00 Uhr ein. Es stellte sich heraus, dass die Betriebsratsvorsitzende L1 zu diesem Termin verhindert war. Deshalb baten sowohl der Betriebsrat als auch die Klägerin um Verlegung des Termins, obwohl ein anderes Betriebsratsmitglied die Klägerin hätte begleiten können. Mit E-Mail vom 13.06.2015 erklärte die Pädagogische Leiterin T, dass der Termin bestehen bleibe, jedoch zeitlich auf 15.00 Uhr verlegt werde. An dem Gespräch sollte – wie die Klägerin erst unmittelbar zuvor erfuhr – auch die Geschäftsleiterin Frau C teilnehmen. Im Ergebnis nahm die Klägerin den Gesprächstermin nicht wahr. Im Abmahnungsschreiben rügte die Beklagte u.a. das Folgende:
7„Aus unserer Sicht haben Sie um ein Gespräch gebeten. Zu diesem Gespräch wurden Sie unmissverständlich während Ihrer geplanten Arbeitszeit durch die Geschäftsleitung gebeten. Damit war dieser Termin eine vom Arbeitsrecht gedeckte Anweisung zur Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit. Gern haben wir, obwohl der Betriebsrat bei solchen Maßnahmen keine vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckten Mitwirkungsrechte hat, das Beisein eines BR-Mitglieds akzeptiert. Ihre Verweigerung den ordnungsgemäß geplanten Termin nicht wahrzunehmen hat den betrieblichen Ablauf erheblich gestört und Kapazitäten unnötig gebunden. Ihre Verweigerung eine in den betrieblichen Ablauf passende Planung ihres Einsatzes vorzunehmen und sich an diesem Plan zu halten, stört den betrieblichen Ablauf ebenso in erheblichem Maße.“
8Mit Schreiben vom 03.09.2014 mahnte die Beklagte die Klägerin abermals ab und warf ihr vor, während ihrer Arbeitszeit am 18.08.2014 auf Briefpapier der Beklagten ein Schreiben verfasst zu haben, mit dem die Klägerin begehrte, die Abmahnung vom 30.08.2012 aus ihrer Personalakte zu entfernen.
9Vom 05.09.2014 bis zum 19.09.2014 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Zuvor hatte die Klägerin bereits ihre Wünsche hinsichtlich des Dienstplanes für den Monat Oktober 2014 angemeldet. Sie verfasste in diesem Zusammenhang am 15.09.2014 eine E-Mail an Frau L (Ablichtung Bl. 66 der Akten). Abweichend von ihren angegebenen Wünschen wurde die Klägerin allerdings für den 30.10. und den 31.10.2014 zu Nachtdiensten eingeteilt, die um 20.00 Uhr abends beginnen. Frau L ließ die Klägerin am 17.09.2014 per E-Mail wissen, sie werde Ende Monats Oktobers für den Einsatz in Nachtdiensten benötigt. Der Klägerin war aufgrund privater Termine daran gelegen, an diesen Tagen keine Nachtdienste leisten zu müssen. Am 21.09.2014 teilte sie Frau L per E-Mail mit, sie sei unzufrieden hinsichtlich ihres dienstplanmäßig vorgesehenen Arbeitseinsatzes für den Monat Oktober 2014 und sei insbesondere nicht in der Lage, den Nachtdienst am 31.10.2014 zu leisten. Vor dem Hintergrund, dass Frau T als Pädagogische Leiterin im Vorfeld mitgeteilt hatte, sie wünsche für den Monat Oktober 2014 nicht, dass Dienste getauscht werden, verfasste Frau L am 23.09.2014 eine E-Mail an Frau T und unterrichtete sie darüber, dass die Klägerin zur Übernahme des Nachtdienstes am 30./31.10.2014 nicht bereit sei. Am gleichen Tage antwortete Frau T per E-Mail (Ablichtung Bl. 67 der Akten) und teilte mit, aus ihrer Sicht sei es zwingend erforderlich, ein Gespräch am 26.09.2014 um 8.30 Uhr zu führen. Zu diesem Gespräch wurde die Klägerin, die vom Inhalt der beiden am 23.09.2014 verfassten E-Mails „cc“ Kenntnis erhielt, eingeladen. Die Klägerin war am 25.09.2014 zum Spätdienst eingeteilt und arbeitete bis 20.00 Uhr. Am 26.09.2014 war sie zum Nachtdienst eingeteilt, der um 20.00 Uhr beginnt.
10Am 25.09.2014 verfasste die Klägerin um 16.37 Uhr eine E-Mail (Ablichtung Bl. 53 der Akten), die an Frau T, Frau L und den Betriebsrat gerichtet war. Mit der E-Mail sagte die Klägerin den Gesprächstermin ab, der am Folgetag um 8.30 Uhr stattfinden sollte. Zur Begründung führte sie aus, sie habe sich mit dem Betriebsrat in Verbindung gesetzt, dem es zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht möglich sei, am Gespräch teilzunehmen. Bei der E-Mail-Adresse von Frau T unterlief der Klägerin ein Tippfehler. Aufgrund dessen erreichte die E-Mail vom 26.09.2014 Frau T an diesem Tage nicht. Frau T erfuhr erst am 26.09.2014 um 8.37 Uhr davon, dass die Klägerin zum vorgesehenen Gesprächstermin zu erscheinen nicht gewillt war.
11Mit Schreiben vom 29.09.2014 (Ablichtung Bl. 54 der Akten) teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich verhaltensbedingt zu kündigen, da die Klägerin, nachdem sie bereits wegen eines gleichartigen Vergehens abgemahnt worden sei, wiederum einen dienstlich anberaumten Termin abgesagt habe. Mit Schreiben vom 29.09.2014 (Ablichtung Bl. 5 der Akten), das der Klägerin am gleichen Tage übergeben wurde, sprach die Beklagte eine außerordentliche Kündigung zum 30.09.2014 und hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2014 aus. Gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung hat die Klägerin sich mit ihrer Klage gewandt, die am 08.10.2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangen ist.
12Die Klägerin hat die der Kündigung für unwirksam gehalten und – zusammengefasst – Folgendes vorgetragen: Sie habe keine Pflichtverletzung begangen, als sie das Gespräch vom 26.09.2014 absagte. Der Gesprächstermin habe nicht in ihrer regulären Dienstzeit gelegen, da sie am 26.09.2014 erst für den Nachtdienst eingeteilt gewesen sei. Sie hätte zu dem Dienstgespräch eigens von ihrem Wohnort in Hagen nach Hemer und wieder zurück fahren müssen. Ihre Absage sei auch sachlich begründet gewesen. Die Klägerin habe sich in einem Rechtsirrtum befunden. Sie sei davon ausgegangen, dass dem Betriebsrat ein Teilnahmerecht an dem Gespräch vom 26.09.2014 zustehe. Sie habe sich zuvor am 25.09.2014 bei einem Betriebsratsmitglied (Frau L2) erkundigt, ob sie auch ohne Unterstützung durch den Betriebsrat den Gesprächstermin am Folgetag wahrnehmen müsse. Frau L2 habe sie darüber informiert, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, ohne Beteiligung des Betriebsrats an dem Gespräch teilzunehmen. Die Teilnahme des Betriebsrats an Personalgesprächen sei bei der Beklagten betriebsüblich gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Formulierung der Abmahnung vom 24.06.2014, in der die Beklagte ausführe, die Anwesenheit eines Betriebsratsmitglieds „gern akzeptiert“ zu haben. Die Kündigung sei unverhältnismäßig. Durch die E-Mail vom 25.09.2014 sei jedenfalls ihre Vorgesetzte Frau L über die Absage des Gesprächs vom Folgetag informiert worden. Die Klägerin habe in dieser E-Mail auch Lösungsansätze für die Problematik ihrer dienstplanmäßigen Einteilung mitgeteilt. Das Gespräch sei nicht erforderlich gewesen, um zu einer einvernehmlichen Regelung der Dienste zu gelangen; eine Einteilung der Klägerin sei auch ohne das vorgesehene Gespräch durch die Ausübung des Direktionsrechts möglich gewesen. – Zu den Abmahnungen hat die Klägerin im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Soweit in der Abmahnung vom 30.08.2012 gerügt worden sei, die Klägerin habe die Krankenversichertenkarte bei der behandelnden Ärztin nicht vorgelegt, beruhe dies nicht auf einen Fehler der Klägerin; die Karte sei nicht zeitnah zu der Ärztin gelangt, weil Mitarbeiter in der nachfolgenden Schicht einem Boten die Adresse unrichtig mitgeteilt hätten. Die Abmahnung vom 24.06.2014 hat die Klägerin für nicht einschlägig gehalten, da der Gesprächstermin vom 16.06.2014 nur auf Wunsch der Klägerin und in deren Arbeitszeit anberaumt worden sei. Die Klägerin habe sich bei der Absage des Termins vom 16.06.2014 in einem Rechtsirrtum befunden, da Frau M als Mitglied des Betriebsrats eine Pflicht der Klägerin zur Teilnahme an diesem Gespräch verneint habe. Dadurch, dass die Klägerin das Gespräch nicht wahrgenommen habe, sei es nicht zu einer Betriebsablaufstörung gekommen. Die Abmahnung sei auch inhaltlich falsch, da der Termin nicht um 13.00 Uhr, sondern um 15.00 Uhr habe stattfinden sollen. Im Hinblick auf die Abmahnung vom 03.09.2014 hat die Klägerin vorgebracht, sie habe das Schreiben vom 18.08.2014 in einer Pause während des Nachtdienstes, allerdings mit Betriebs- bzw. Arbeitsmitteln des Arbeitgebers verfasst. – Die Klägerin hat zudem die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats in Abrede gestellt. Sie hat bestritten, dass das Schreiben am 29.09.2014 dem Betriebsrat übergeben wurde und dem Betriebsrat mitgeteilt worden sei, die Anhörung erfolge auch zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung. Die Klägerin hat überdies bestritten, dass der Betriebsrat sich im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung am 29.09.2014 mit der Kündigung befasst und dazu eine abschließende Stellungnahme abgegeben habe. Die Angaben im Schreiben der Beklagten vom 29.09.2014 seien unzureichend; die dort vorgesehene Abkürzung der Stellungnahmefrist sei unzulässig. Das Anhörungsverfahren habe eine bloße Förmelei dargestellt, da die Beklagte die Kündigung bereits endgültig beschlossen habe.
13Die Klägerin hat beantragt,
14- 15
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.09.2014 beendet worden ist oder wird;
- 16
2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. und/oder zu 2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiterin der Jugendhilfe weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin sei für die Beklagte schlicht unzumutbar. Die Klägerin sei nicht bereit, Arbeitsanweisungen zu befolgen und sich an betriebliche „Spielregeln“ zu halten. Spätestens in Kenntnis des eindeutigen Wortlauts der Abmahnung vom 24.06.2014 habe die Klägerin erkennen können und müssen, dass die Beklagte die Absage anberaumter Personalgespräche vor dem Hintergrund, dass ein Betriebsratsmitglied nicht daran teilnehmen könne, nicht dulden werde. Auf das Fehlen eines vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckten Mitwirkungsrechts sei ausdrücklich hingewiesen worden. – Die Kündigung scheitere nicht an der Betriebsratsanhörung. Dazu hat die Beklagte behauptet, Frau C, die Geschäftsleiterin und Prokuristin, habe der Betriebsratsvorsitzenden Frau L1 am 29.09.2014 gegen 11.00 Uhr das Anhörungsschreiben persönlich übergeben. Bei der Übergabe habe Frau C mitgeteilt, dass es sich hierbei um eine Anhörung gleichzeitig zu einer hilfsweisen fristgerechten Kündigung handele. Zu diesem Zeitpunkt hätten dem Betriebsrat bereits sämtliche Abmahnungen vorgelegen. Die Geschäftsleiterin habe mündlich ergänzt, welchen konkreten Termin die Klägerin abgesagt habe, wann die Absage erfolgt sei und wann der Termin anberaumt worden war. Um 13.00 Uhr habe sodann eine außerordentliche Betriebsratssitzung stattgefunden. Gegen 13.30 Uhr habe die Betriebsratsvorsitzende L1 gegenüber der Prokuristin C mündlich erklärt, dass der Betriebsrat der außerordentlichen und ordentlichen Kündigung zustimme und dies eine abschließende Stellungnahme darstelle.
20Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie sich gegen die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung richtete, abgewiesen, nachdem es über den Ablauf und Inhalt der von der Beklagten behaupteten Betriebsratsanhörung durch Vernehmung der Betriebsratsvorsitzenden Frau L1 als Zeugin Beweis erhoben hatte. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Klägerin gegen eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht verstoßen, indem sie sich wiederholt der Weisung der Beklagten widersetzte, an einem dienstlichen Gespräch teilzunehmen. Ein Anspruch der Klägerin auf Begleitung durch ein Betriebsratsmitglied sei nicht gegeben. Bei der Anberaumung des Gesprächs am 26.09.2014 habe es sich um eine berechtigte Weisung der Beklagten gehandelt. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, sie sei insoweit einem Rechtsirrtum erlegen. Nach Erhalt der einschlägigen Abmahnung vom 24.06.2014 habe die Klägerin Anlass gehabt, juristischen Rat einzuholen. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Dies ergebe sich aus den glaubhaften Bekundungen der glaubwürdigen Zeugin L1. Die außerordentliche Kündigung sei unwirksam, weil der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar gewesen sei. Für den Zeitraum der einmonatigen Kündigungsfrist sei der Beklagten zuzumuten, auf persönliche Gespräche mit der Klägerin zu verzichten und die Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Pflichten einseitig im Wege des Direktionsrechts vorzunehmen. Im Übrigen wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
21Gegen das arbeitsgerichtliche Urteil haben beide Parteien rechtzeitig Berufung eingelegt.
22Die Klägerin hält die Kündigung vom 29.09.2014 nach wie vor sowohl als ordentliche als auch als außerordentliche Kündigung für unwirksam. Die Klägerin habe die Absage des Gesprächstermins vom 26.09.2014 sachlich damit begründet, dass kein Betriebsratsmitglied an dem Gespräch um 8.30 Uhr teilnehmen könne. Die Klägerin habe ihre Absage auf eine falsche Rechtsauskunft des Betriebsrats, dem allerdings die zutreffende Rechtslage seinerzeit nicht bekannt gewesen sei, gestützt. Der Betriebsrat sei als erster Ansprechpartner der Arbeitnehmer anzusehen, wenn es um Rechte und Pflichten im laufenden Arbeitsverhältnis gehe. Es sei überzogen, von den Arbeitnehmern zu verlangen, sich zusätzlich noch externen Rechtsrat einzuholen, zumal es nahezu ausgeschlossen erscheine, dass die Klägerin eine verlässliche juristische Rechtsauskunft bezüglich des Teilnahmerechts eines Betriebsratsmitglieds am Gespräch vom 26.09.2014 erhalten hätte. Die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Personalgesprächen sei bei der Beklagten ungeachtet der objektiven Rechtslage offenbar durchaus betriebsüblich gewesen. Die Klägerin habe sich einem von der Beklagten gewünschten Gespräch nicht prinzipiell verweigert, sie habe vielmehr nur einen einzelnen Termin abgesagt. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, da über das vorliegende gerichtliche Verfahren geklärt sei, dass der Klägerin kein Anspruch auf Begleitung durch ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen zusteht. Rein generalpräventive Zwecke dürfe eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht verfolgen. Die Beklagte habe die Klägerin „ins offene Messer laufen lassen“, da sie die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass ein Teilnahmerecht des Betriebsrats nicht bestehe und dass der Klägerin im Fall des Fernbleibens von dem Gespräch die Kündigung drohe. Die Vorgesetzte der Klägerin, Frau L, habe deren E-Mail vom 25.09.2014 erhalten und sei zu einem solchen Hinweis verpflichtet gewesen. Durch die Abmahnung vom 24.06.2014 sei die Klägerin nicht hinreichend unterrichtet worden. Die Abmahnung enthalte lediglich den Hinweis darauf, dass der Klägerin kein Anspruch auf Teilnahme eines bestimmten Betriebsratsmitglieds an einem Personalgespräch zustehe. Die Klägerin bestreitet weiterhin, dass der Betriebsrat irgendwann differenziert und substantiiert über den Kündigungssachverhalt informiert wurde; die Klägerin greift auch die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts im Hinblick auf das Vorliegen einer abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats vor Ausspruch der Kündigung an.
23Die Klägerin beantragt,
24das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 08.07.2015, Az.: 4 Ca 1981/14, abzuändern und
251. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.09.2014 beendet worden ist;
262. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1.: die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündi-gungsverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Mitarbeiterin in der Jugendhilfe weiter zu beschäftigen.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Beide Parteien beantragen jeweils, die Berufung der anderen Partei zurückzuweisen.
30Die Beklagte hält die Kündigung als fristlose Kündigung für wirksam. Es liege ein wichtiger Grund für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vor. Die Klägerin habe die Arbeit hartnäckig verweigert. Das Arbeitsgericht habe den generalpräventiven Aspekt der streitgegenständlichen Kündigung außer Acht gelassen: Wenn die Beklagte das Fehlverhalten der Klägerin nicht mit der fristlosen Kündigung geahndet hätte, seien Auswirkungen auf das Verhalten anderer Arbeitnehmer wahrscheinlich gewesen. Unbeachtlich sei die kurze Kündigungsfrist, denn es könne im Ergebnis nicht richtig sein, dass die fristlose Kündigung im Falle einer längeren Kündigungsfrist gerechtfertigt gewesen wäre.
31Im Übrigen wird ergänzend auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht Bezug genommen.
32Entscheidungsgründe
33I
34Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
35Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde aufgrund der Kündigung vom 29.09.2014 mit Ablauf des 31.10.2014 beendet. Die Kündigung ist als ordentliche Kündigung rechtswirksam. Dies hat das Arbeitsgericht mit ausführlicher und zutreffender Begründung zu Recht entschieden.
361. Die Kündigung vom 29.09.2014 ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.
37Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt. Sie ist durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt.
38a) Die Klägerin verletzte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, indem sie den Gesprächstermin vom 26.09.2014 nicht wahrnahm, der von ihrer Vorgesetzten Frau T, der Pädagogischen Leiterin, anberaumt wurde.
39aa) Die Klägerin war verpflichtet, an dem Gespräch teilzunehmen.
40(1) Die E-Mail, die Frau T am 23.09.2014 an Frau L und an die Klägerin richtete, enthält insoweit eine Weisung. Zwar formuliert Frau T in dieser E-Mail, sie „bitte“ am 26.09.2014 um 8.30 Uhr um ein Gespräch. Die höfliche Formulierung steht jedoch einer bindenden Anordnung nicht entgegen. Dass es der Klägerin nicht freigestellt war, an diesem Gespräch teilzunehmen, ergibt sich daraus, dass Frau T als Pädagogische Leiterin ihr gegenüber weisungsbefugt war und dass es in der E-Mail eingangs heißt, es sei „zwingend erforderlich, einen Gesprächstermin anzusetzen“. Die Klägerin selbst trägt auch nicht vor, die E-Mail nicht als arbeitgeberseitige Weisung verstanden zu haben.
41(2) Die an die Klägerin gerichtete Weisung, am Gespräch teilzunehmen, war wirksam, wie das Arbeitsgericht richtig ausgeführt hat (I 2 e der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils).
42(a) Der Arbeitgeber kann nach § 106 Satz 1 GewO Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistung näher bestimmen. Dies ist durch die E-Mail der Pädagogischen Leiterin Frau T vom 23.09.2014 geschehen. Die E-Mail enthält Anordnungen im Hinblick auf den Inhalt der Arbeitsleistung (Teilnahme an einem Gespräch), den Ort der Arbeitsleistung (im Büro von Frau T) und die Zeit der Arbeitsleistung (am 26.09.2014 um 8.30 Uhr).
43(b) Die Weisung verstößt nicht gegen den Arbeitsvertrag, der am 30.03.2011 abgeschlossen wurde. Der Arbeitsvertrag enthält keine näheren Vorgaben im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsleistung.
44(c) Die Weisung verstößt auch nicht gegen gesetzliche Vorgaben, insbesondere nicht gegen § 5 Abs. 1 ArbZG.
45Nach dieser Vorschrift müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Die 11-stündige Ruhezeit hätte die Klägerin auch bei der Teilnahme an dem Gespräch realisieren können. Die Klägerin hatte am 25.09.2014 bis 20.00 Uhr gearbeitet. Bis zum Zeitpunkt des anberaumten Gesprächs am Folgetag um 8.30 Uhr stand der Klägerin eine Ruhezeit von 12,5 Stunden zu. Die Klägerin war am 26.09.2014 zum Nachtdienst eingeteilt, der um 20.00 Uhr beginnt. Die Klägerin hätte bis um 9.00 Uhr an dem vorgesehenen Gespräch mit Frau T und Frau L teilnehmen können, ohne dass die gesetzlich vorgesehene 11-stündige Ruhezeit unterschritten worden wäre. Die Hin- und Rückfahrt der Klägerin zum Gespräch ist nicht als Arbeitszeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 ArbZG anzusehen. Während der Hin- und Rückfahrt erbringt die Klägerin keine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Beginn der Arbeit wäre erst um 8.30 Uhr mit Wahrnehmung des anberaumten Gesprächstermins gewesen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Gespräch länger als eine halbe Stunde hätte dauern sollen. Die E-Mail vom 23.09.2014, die Frau T an die Klägerin richtete, enthält keinen Hinweis auf eine längere Gesprächsdauer.
46(d) Die Weisung verstößt schließlich nicht gegen die Grenzen des billigen Ermessens.
47Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 20.03.2013 – 10 AZR 8/12 m.w.N.). Im Streitfall bestehen insoweit keine Bedenken.
48Die Beklagte besaß ein berechtigtes Interesse an der Durchführung des Gesprächs, da zwischen der Klägerin und Frau L, ihrer direkten Vorgesetzten, Diskrepanzen im Hinblick auf den Arbeitseinsatz der Klägerin im Monat Oktober bestanden. Zwar trifft es zu, dass die Beklagte die Arbeitszeiten der Klägerin in diesem Monat auch durch einseitige Weisung ohne vorhergehendes Gespräch hätte festlegen können. Die Beklagte hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, in Erfahrung zu bringen, aus welchen Gründen die Klägerin mit der vorgesehenen Dienstplangestaltung für den Monat Oktober 2014 nicht einverstanden war, sowie daran, die Angelegenheit im Rahmen eines persönlichen Gesprächs nach Möglichkeit konsensual zu regeln. Entgegenstehende Interessen der Klägerin sind demgegenüber nachrangig. Die Entfernung zwischen dem Wohnort der Klägerin und den Betriebsräumlichkeiten beträgt nur 31 Kilometer; die Klägerin hätte eine Fahrzeit von 40 Minuten zurücklegen müssen, um an dem vorgesehenen Gespräch teilzunehmen. Das ist zumutbar. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin wichtige private kollidierende Termine wahrzunehmen gehabt hätte (wie etwa einen Arztbesuch) oder dass sie aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht in der Lage gewesen sei, die Fahrtstrecke mit dem PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen.
49Die Interessen der Klägerin werden auch sonst nicht unangemessen durch die Anordnung, an dem Gespräch teilzunehmen, beeinträchtigt. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu diesem Punkt sind überzeugend. Insbesondere gibt der vorgesehene Gesprächsinhalt keinen Anlass zu Beanstandungen. Das arbeitgeberseitige Weisungsrecht beinhaltet die Berechtigung, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an Gesprächen zu verpflichten, in denen der Arbeitgeber Weisungen vorbereiten, erteilen oder ihre Nichterfüllung beanstanden will (BAG, Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 606/08). Da das Weisungsrecht sich nicht auf die Bestandteile des Austauschverhältnisses erstreckt, also auf die Höhe des Entgelts und dem Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung, ist eine Weisung unwirksam, die auf Teilnahme an einem Gespräch gerichtet ist, das ausschließlich Verhandlungen zur Vertragsänderung zum Gegenstand hat (BAG, Urteil vom 23.06.2009; LAG Hamm, Urteil vom 05.03.2015 – 8 Sa 1461/14 hinsichtlich der Teilnahme an einer Besprechung zwecks externer Vermittlung des Arbeitnehmers). In der Besprechung vom 26.09.2014 sollte es nicht um die Änderung vertraglicher Abreden gehen, sondern nur um den dienstplanmäßigen Einsatz der Klägerin im Monat Oktober; das Gespräch diente also der Vorbereitung einer arbeitgeberseitigen Weisung (der endgültigen Festlegung dienstplanmäßiger Arbeitszeiten der Klägerin).
50bb) Die Klägerin handelte rechtswidrig, als sie sich weigerte, den Gesprächstermin vom 26.09.2014 wahrzunehmen.
51Der Klägerin stand kein Anspruch darauf zu, dass ein Betriebsratsmitglied oder eine andere Vertrauensperson an dem Gespräch teilnimmt. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im arbeitsgerichtlichen Urteil (I 2 d der Entscheidungsgründe) Bezug genommen. Insbesondere hat das Arbeitsgericht richtig ausgeführt, dass der vorliegende Fall anders gelagert ist, als der Sachverhalt, über den das LAG Mecklenburg-Vorpommern mit dem Urteil vom 14.09.2011 – 3 Sa 43/11 zu entscheiden hatte. Ob die Auffassung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich eines Anspruchs auf Hinzuziehung einer Vertrauensperson bei bestimmten (wahrscheinlichen) Gesprächsinhalten zutreffend ist, kann daher offen bleiben.
52Das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, dass ein Arbeitnehmer nicht unabhängig von dem beabsichtigten Gesprächsgegenstand berechtigt ist, ein Betriebsratsmitglied zu Besprechungen mit dem Arbeitgeber hinzuziehen (BAG, Beschluss vom 20.04.2010 – 1 ABR 85/08, Beschluss vom 16.11.2004 – 1 ABR 53/03). Das ergibt sich im Umkehrschluss aus den Vorschriften der §§ 81 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 2 Satz 2, 83 Abs. 1 Satz 2 und 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Diese gesetzlichen Bestimmungen wären überflüssig, wenn bereits ein solcher allgemeiner Anspruch auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds bestünde.
53Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend entschieden, dass keine Umstände vorliegen, die eine „betriebsübliche“ und damit möglicherweise rechtsanspruchsbegründende Hinzuziehung von Betriebsratsmitgliedern zu Personalgesprächen erkennen ließen. Solche Umstände sind dem Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen. Die Klägerin hat in der Berufungsbegründung insoweit nur vorgetragen, die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Personalgesprächen sei „offenbar durchaus betriebsüblich“ gewesen. Diesem Vorbringen fehlt jede Substanz. Daraus, dass die Beklagte hinsichtlich eines früheren Gesprächs mit der Klägerin in der Abmahnung vom 24.06.2014 formuliert, sie habe „gern (…) das Beisein eines BR-Mitglieds akzeptiert“, lässt sich nichts zugunsten der Klägerin ableiten. Denn in der Abmahnung stellt die Beklagte (im gleichen Satz) klar, der Betriebsrat habe „bei solchen Maßnahmen keine vom Betriebsverfassungsgesetz gedeckten Mitwirkungsrechte“.
54cc) Mit der Weigerung, an dem Gespräch teilzunehmen, handelte die Klägerin auch schuldhaft.
55Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe sich in einem Rechtsirrtum befunden. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (I 2 f der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils) Bezug genommen. Nur ein unverschuldeter Rechtsirrtum kann bei objektiv vorliegender Pflichtverletzung einer verhaltensbedingten Kündigung entgegen stehen (vgl. BAG, Urteil vom 13.03.1997 – 2 AZR 506/96, Urteil vom 14.02.1978 – 1 AZR 76/76, Urteil vom 12.04.1973 – 2 AZR 291/72). Insoweit sind strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst das Argument des unverschuldeten Rechtsirrtums zur „Wunderwaffe“ bei Arbeitsverweigerung würde (zutreffend Kliemt/Vollstädt, NZA 2003, 357 ff.).
56Im Streitfall befand sich die Klägerin nicht in einem unverschuldeten Rechtsirrtum. Sie durfte auf die Auskünfte nicht vertrauen, die ihr von Betriebsratsmitgliedern hinsichtlich einer Verpflichtung zur Teilnahme an arbeitgeberseitig anberaumten Besprechungen erteilt wurden.
57Zwar mag es sein, dass der Betriebsrat, wie die Klägerin in der Berufung vorbringt, als „erster Ansprechpartner“ fungiert, wenn es um Streitigkeiten und Probleme im laufenden Arbeitsverhältnis geht. Die „erste“ Auskunft, die der Betriebsrat erteilt, ist jedoch, wie jedem Arbeitnehmer klar sein muss, grundsätzlich kein Freibrief für die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Bei Betriebsratsmitgliedern handelt es sich regelmäßig nicht um Personen mit juristischer Ausbildung (im Streitfall liegen keine Anhaltspunkte für die Abweichung von diesem Regelfall vor). Der Betriebsrat ist zur Erteilung von Rechtsauskünften nicht zuständig (Friedrich, in: KR, 11. Aufl. 2016, § 5 KSchG Rdnr. 33 m.w.N.). Erst nach sorgfältiger Erkundigung und Prüfung (Griebeling/Rachor, in: KR, § 1 KSchG Rdnr. 400a) darf der Arbeitnehmer eine von ihm vertretene Rechtsansicht zur Grundlage seines Handelns machen. Selbst das Vertrauen auf eine gewerkschaftliche Auskunft vermag einen Rechtsirrtum nicht zu entschuldigen (BAG, Urteil vom 12.04.1973 – 2 AZR 291/72).
58Der Streitfall gibt keinen Anlass, einen allgemeinen Rechtssatz zu der Frage aufzustellen, inwieweit eine (falsche) Rechtsauskunft des Betriebsrats, auf die der Arbeitnehmer sich verlässt, einer verhaltensbedingten Kündigung entgegenstehen kann. Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe sich in einem Dilemma befunden, da ihr zwei gegenteilige Auskünfte vorlagen, nämlich eine des Betriebsrates und eine der Beklagten, die die Klägerin mit der Abmahnung vom 24.06.2014 ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass dem Betriebsrat bei Personalgesprächen kein Mitwirkungsrecht zusteht. Gerade das hätte die Klägerin aber veranlassen müssen, weitere Erkundigungen über die Rechtslage einzuholen. Dass derartige Erkundigungen von vornherein fruchtlos geblieben wären, wie die Klägerin mit der Berufung geltend macht, ist reine Spekulation. Schon weil es im Arbeitsleben ganz unüblich ist, Gespräche mit Vorgesetzten nur in Anwesenheit des Betriebsrats zu führen, hätte jeder halbwegs Rechtskundige der Klägerin eine (auch eingedenk des Kündigungsrisikos) zur Vorsicht mahnende Auskunft erteilt.
59b) Die Pflichtverletzung, die die Klägerin beging, ist hinreichend erheblich, um die ordentliche Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG zu bedingen.
60aa) Die ordentliche Kündigung war erforderlich. Der Beklagten standen keine milderen Mittel zu Gebote, um auf das Fehlverhalten der Klägerin zu reagieren.
61(1) Die Erteilung einer abermaligen Abmahnung war nicht notwendig, nachdem die Klägerin mit dem Schreiben vom 24.06.2014 bereits einschlägig abgemahnt worden war.
62Das Berufungsgericht nimmt Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im erstinstanzlichen Urteil (I 2 g (1) der Entscheidungsgründe). Das Arbeitsgericht hat zu Recht keine formalen Bedenken gegen die Abmahnung vom 24.06.2014 gesehen. Das Abmahnungsschreiben schildert das beanstandete Verhalten detailliert und verständlich. Das Schreiben erfüllt auch die notwendige Warnfunktion, da der Klägerin im Wiederholungsfalle eine Kündigung in Aussicht gestellt wird.
63Mit dem Arbeitsgericht geht auch das Berufungsgericht davon aus, dass die Abmahnung vom 24.06.2014 einschlägig ist. Die Abmahnung bezieht sich darauf, dass die Klägerin einseitig ein Gespräch absagte, in dem es um ihre Einsatzzeiten ging, und die Absage des Termins damit begründete, dass ein Betriebsratsmitglied, das als Gesprächsteilnehmer vorgesehen war, verhindert gewesen ist. Zwar wurde der Gesprächstermin vom 16.06.2014 – anders als der Termin vom 26.09.2014 – auf Wunsch der Klägerin anberaumt. Jedoch lag auch im Hinblick auf den Termin vom 16.06.2014 eine Einladung der zuständigen Vorgesetzten und damit eine für die Klägerin verbindliche Weisung vor. Nach Erhalt der Abmahnung vom 24.06.2014 musste der Klägerin klar sein, dass die Beklagte es nicht duldet, wenn die Klägerin verbindlich anberaumte Gesprächstermine mit der Begründung nicht wahrnimmt, der Betriebsrat nehme am vorgesehenen Gespräch nicht teil. Entgegen der Auffassung der Klägerin in der Berufung wurde sie mit der Abmahnung vom 24.06.2014 nicht lediglich darauf hingewiesen, dass kein Anspruch auf Teilnahme eines bestimmten Betriebsratsmitglieds besteht. Vielmehr führt die Beklagte in der Abmahnung aus, dass dem Betriebsrat im Hinblick auf arbeitgeberseitig anberaumte Gespräche kein Mitwirkungsrecht zusteht und dass die Beklagte lediglich entgegenkommenderweise die Anwesenheit eines Betriebsratsmitgliedes akzeptiert habe.
64Aus diesem Grund geht auch der Vorwurf der Klägerin fehl, die Beklagte habe sie „ins offene Messer“ laufen lassen. Nach der Abmahnung vom 24.06.2014 war ein weiterer Hinweis auf die Verpflichtung, an Dienstgesprächen auch ohne Begleitung des Betriebsrats teilzunehmen, entbehrlich.
65(2) Die Versetzung der Klägerin auf einen anderen Arbeitsplatz muss ebenfalls als milderes Mittel ausscheiden.
66Die Klägerin ist der verbindlichen Weisung der Beklagten, an einem dienstlichen Gespräch teilzunehmen, nicht gefolgt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin eine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz hätte zugewiesen werden können, bei der es mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen wäre, dass es zu einem gleichgelagerten Fehlverhalten kommt, etwa weil die Notwendigkeit, die Teilnahme an dienstlichen Gesprächen anzuweisen, nicht besteht.
67bb) Das Fehlverhalten der Klägerin reicht aus, um eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.
68Vor dem Hintergrund der nachhaltigen Weigerung der Klägerin, die übliche betriebliche Kommunikation zu pflegen, erscheint ihr Fehlverhalten unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und des gesamten Vorbringens der Klägerin als so schwer wiegend, dass ihr Weiterbeschäftigungsinteresse hinter das Beendigungsinteresse der Beklagten zurückstehen muss.
69Zugunsten der Klägerin ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sie aufgrund ihres Lebensalters große Schwierigkeiten haben wird, einen neuen Arbeitsplatz mit adäquatem Einkommen zu finden. Zugunsten der Klägerin hat das Berufungsgericht auch bedacht, dass sie den Gesprächstermin vom 26.09.2014 nicht ankündigungslos versäumte, sondern mit der E-Mail vom 25.09.2014 jedenfalls ihre direkte Vorgesetzte darüber informierte, sie werde zum vorgesehenen Gesprächstermin nicht erscheinen; die Klägerin wollte auch Frau T über ihre Absage informieren, was nur an einem versehentlichen Tippfehler bei der E-Mail-Adresse scheiterte. Für das Weiterbeschäftigungsinteresse der Klägerin spricht auch, dass sie sich nicht von vornherein einer Lösung der Probleme verschloss, die Gegenstand des Gesprächs vom 26.09.2014 sein sollten. Die Klägerin teilte entsprechende Lösungsansätze in der E-Mail vom 25.09.2014 mit. Andererseits konnten die Ausführungen der Klägerin in der E-Mail vom 25.09.2014 das am Folgetag vorgesehene Gespräch nicht ersetzen. Denn die Klägerin teilt in der E-Mail vom 25.09.2014 nicht mit, aus welchem Grund sie verhindert war, den Nachtdienst am 30./31.10.2014 zu versehen.
70Auch die Betriebszugehörigkeit der Klägerin und der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses sind im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin aufgrund ihrer etwa 3½-jährigen Betriebszugehörigkeit bis zum Ausspruch der Kündigung weder ein gesteigertes Bestandsschutzinteresse unter dem Gesichtspunkt einer langjährigen Beschäftigung und dementsprechenden Spezialisierung noch einen besonderen Vertrauensvorrat aufgrund beanstandungsfrei erbrachter Tätigkeit erworben hat, der es rechtfertigen könnte, der Beklagten anzusinnen, ein Fehlverhalten der Klägerin hinzunehmen und eine (weitere) Abmahnung auszusprechen.
71Das Arbeitsverhältnis verlief bislang nicht störungsfrei. Die Beklagte sprach gegenüber der Klägerin mehrere Abmahnungen aus, denen jeweils ein arbeitsvertragliches Fehlverhalten der Klägerin zugrunde lag.
72Dies gilt zunächst für die Abmahnung vom 30.08.2012. Die Klägerin hat zwar schriftsätzlich unter Bezugnahme auf ihre Gegendarstellung vom 06.10.2012 in Abrede gestellt, dass ein Fehlverhalten hinsichtlich der Krankenversicherungskarte gegeben war. Im Hinblick auf die Vorlage der Schweigepflichtentbindung und die anschließende defizitäre Informationsweitergabe hat sie jedoch keinen konkreten Gegenvortrag zu den Vorwürfen gehalten, die Gegenstand der Abmahnung waren.
73Auch mit der Abmahnung vom 24.06.2014 rügte die Beklagte zu Recht ein Fehlverhalten der Klägerin, die sich einer verbindlichen Weisung im Hinblick auf die Anberaumung eines Gesprächs entzogen hatte. Soweit die Klägerin erstinstanzlich gegen die Berechtigung der Abmahnung eingewandt hat, ihr Fehlverhalten habe keine Betriebsablaufstörung zur Folge gehabt, so verkennt sie, dass der Schwerpunkt des Vorwurfes darin liegt, dass die Klägerin eine arbeitgeberseitige Weisung missachtete, und nicht darin, dass die Klägerin es darauf anlegte, Betriebsabläufe zu stören. Im Übrigen ist die Absage von anberaumten Gesprächen stets geeignet, die Planungen des Gesprächsteilnehmers zu beeinträchtigen und damit Ungelegenheiten zu verursachen. Soweit die Klägerin rügt, im Abmahnungsschreiben sei der Termin des Gesprächs vom 16.06.2014 unrichtig wiedergegeben, mag dies zu berücksichtigen sein, falls streitgegenständlich ein Anspruch der Klägerin auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte gewesen wäre. Für die Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung, ob ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund vorliegt, ist dieser Umstand jedoch unmaßgeblich. Anhand des Inhalts der Abmahnung konnte die Klägerin ohne Weiteres erkennen, welches Fehlverhalten die Beklagte beanstandet und welche Verhaltensweisen sie zukünftig erwartet. Die Falschangabe hinsichtlich der Uhrzeit führte weder zu Unklarheiten hinsichtlich des abgemahnten Sachverhalts noch hinsichtlich der Pflichtverletzung, die der Klägerin vorgeworfen wurde.
74Schließlich erfasst auch die Abmahnung vom 03.09.2014 ein vertragswidriges Verhalten der Klägerin. Die Klägerin hat zwar in Abrede gestellt, das Schreiben vom 18.08.2014, das auf Entfernung der Abmahnung vom 30.08.2012 aus ihrer Personalakte gerichtet war, während ihrer Arbeitszeit im Nachtdienst angefertigt zu haben. Sie hat jedoch nicht in Abrede gestellt, dass das Schreiben mit Arbeitsmitteln des Arbeitgebers verfasst wurde, die ihr dienstlich und nicht zum Zwecke der Verfolgung (vermeintlicher) arbeitsvertraglicher Rechte zur Verfügung gestellt wurden.
75Zugunsten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber darauf vertrauen können muss, dass Arbeitnehmer zulässige Weisungen befolgen. Anders lässt sich ein Betrieb nicht führen. Der Klägerin ist vorzuwerfen, das Weisungsrecht der Beklagten nachhaltig missachtet zu haben. Sie hat es mit einer rechtlich unhaltbaren Begründung abgelehnt, ein für sie möglicherweise unangenehmes Gespräch zu führen, obgleich sie mit der Abmahnung vom 24.06.2014 auf die Pflichtwidrigkeit dieses Verhaltens und auf mögliche arbeitsvertragliche Konsequenzen hingewiesen wurde. Aus Sicht der Beklagten war daher davon auszugehen, dass die Klägerin im Falle der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus ein ähnliches Fehlverhalten erneut an den Tag legen würde.
76Wenn die Klägerin einwendet, im Hinblick auf das ihr vorgeworfene Fehlverhalten bestehe keine Wiederholungsgefahr, da durch das vorliegende Verfahren geklärt sei, dass der Klägerin kein Anspruch auf Begleitung durch ein Betriebsratsmitglied zu Personalgesprächen zustehe, so muss sie sich entgegenhalten lassen, dass es auf eine Prognose bei Zugang der Kündigung ankommt. Bei Zugang der Kündigung war aber angesichts der erfolglosen Abmahnung vom 24.06.2014 davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Fehlverhalten wiederholen werde. Eine Berücksichtigung der Ereignisse nach dem Zugang der Kündigung gereicht der Klägerin auch nicht zum Vorteil. Das Arbeitsgericht hat das Verhalten der Klägerin im Kündigungsschutzprozess erster Instanz als Indiz für eine Wiederholungsgefahr gewertet (I 2 g (2) der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils). Das Berufungsgericht tritt dem bei. Nach Zugang der Kündigung eingetretene Umstände können für die gerichtliche Beurteilung des Kündigungsgrundes insoweit von Bedeutung sein, wie sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen; dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde; dies gilt auch im Hinblick auf prozessuales Vorbringen (BAG, Urteil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, m.w.N.). Die Umstände, die das Arbeitsgericht als Indiz für eine Wiederholungsgefahr gewertet hat, stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang zum Kündigungsgrund. Die Klägerin maßt sich an, eigenmächtig darüber zu entscheiden, wann ein dienstliches Gespräch mit der Vorgesetzten angebracht ist und wann nicht. Nur so ist erklärlich, warum die Klägerin erstinstanzlich hat vortragen lassen, ein Gespräch zur einvernehmlichen Regelung der Dienste sei nicht erforderlich, weil die Beklagte Weisungen im Wege des Direktionsrechts erteilen könne. Wenn die Klägerin größten Wert darauf legt, dass bei Gesprächen mit Vorgesetzten ein Betriebsratsmitglied zugegen ist, so musste dies bei der Beklagten den Eindruck erwecken, die Klägerin sehe dienstlich veranlasste Kommunikation stets als Auseinandersetzung an, für die es gilt, sich eines Beistandes zu versichern. Sachlich nachvollziehbare Gründe für den Wunsch nach Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds hat die Klägerin nicht vorgebracht. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass Personalgespräche in der Vergangenheit durch eine unfaire oder unsachliche Gesprächsführung gekennzeichnet waren.
772. Die Kündigung ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
78Die Beklagte hat den Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß angehört. Dies hat das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts überzeugend dargelegt. Insoweit wird auf das erstinstanzliche Urteil (II 1 der Entscheidungsgründe) Bezug genommen.
79Wenn die Klägerin in der Berufungsbegründung weiterhin bestreitet, dass eine differenzierte und substantiierte Information des Betriebsrats über den Kündigungsgrund stattfand, ist darauf hinzuweisen, dass in der Zusammenschau des Anhörungsschreibens vom 29.09.2014 und den Bekundungen der Zeugin L1 davon auszugehen ist, dass die erforderlichen Informationen dem Betriebsrat erteilt worden sind. Der Zeugenaussage von Frau L1 lässt sich entnehmen, dass die Geschäftsleitung telefonisch mitgeteilt hatte, es gehe (auch) um eine fristgemäße Kündigung der Klägerin. Die Zeugin hat zudem erklärt, der Betriebsrat habe bereits eine „Kladde“ über die Klägerin geführt und die Abmahnungen schon vorher gekannt. Die Zeugin hat überdies bekundet, dass Betriebsrat und Beklagte sich bereits im Vorfeld ausreichend und intensiv austauschten. Es kommt hinzu, dass die Klägerin ihre E-Mail vom 25.09.2014 bereits „cc“ an Frau L1 als Betriebsratsvorsitzende weitergeleitet hatte. Vor diesem Hintergrund tritt das Berufungsgericht der Wertung des Arbeitsgerichts bei, eine (nochmalige) Information über Umstände, die dem Betriebsrat bereits bekannt waren, stelle eine überflüssige Förmelei dar und sei von § 102 Abs. 2 BetrVG nicht gefordert.
80Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung weiterhin rügt, vor Ausspruch der Kündigung habe eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrates nicht vorgelegen, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass die Zeugin L1 auch bestätigt hat, dass der Betriebsrat zur Kündigung abschließend Stellung nahm. Nach den Bekundungen der Zeugin hat sie das Anhörungsschreiben vom 29.09.2014 gemeinsam mit Frau M als stellvertretende Vorsitzende unterzeichnet und um 13.45 Uhr an Frau T mit den Worten übergeben: „Das ist jetzt unsere endgültige Stellungnahme“. Die Bekundungen der Zeugin entsprechen dem Anhörungsschreiben, dass die Beklagte in Ablichtung als Anlage 4 mit dem Schriftsatz vom 16.12.2014 zu den Gerichtsakten gereicht hat (Bl. 54 der Akten). Dieses Schreiben trägt zwei Unterschriften, die die Namen von Frau L1 und Frau M wiedergeben. Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, der Klägerin sei das Kündigungsschreiben „zeitlich danach“, also nach der abschließenden Stellungnahme durch den Betriebsrat, übergeben worden. Dass es sich so verhält, muss gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zwischen den Parteien unstreitig gelten. Die Klägerin hat das Vorbringen der Beklagten nicht konkret in Abrede gestellt. Sie hat insbesondere nicht vorgetragen, dass ihr das Kündigungsschreiben schon vor 13.45 Uhr überreicht worden sei.
81Zu Recht hat das Arbeitsgericht die detaillierten, in sich schlüssigen Bekundungen der Zeugin als glaubhaft und die Zeugin selbst als glaubwürdig angesehen. Es sind keine Gründe dafür ersichtlich, warum die Zeugin zum Nachteil der Klägerin Unwahres hätte bekunden und damit das Risiko einer Strafverfolgung hätte eingehen wollen.
82Der Einwand der Klägerin, das Anhörungsverfahren habe eine bloße Förmelei dargestellt, da die Beklagte die Kündigung bereits endgültig beschlossen habe, steht der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats nicht entgegen. Ob der Arbeitgeber schon vor der Anhörung des Betriebsrats seinen Kündigungswillen abschließend gebildet hatte, ist auf eine im Übrigen ordnungsgemäße Anhörung ohne Einfluss (BAG, Urteil vom 28.09.1978 – 2 AZR 2/77). Der abschließend gebildete Kündigungswille führt nicht zur Unwirksamkeit der Anhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG, solange die Kündigung noch nicht den Machtbereich des Arbeitgebers verlassen hat. Bis dahin ist es nämlich nicht auszuschließen, dass es dem Betriebsrat gelingt, den Kündigungswillen des Arbeitgebers zu beeinflussen, selbst wenn dieser zuvor erklärt hat, er wolle auf alle Fälle kündigen. Der Zweck der Anhörung wird nur dann nicht erreicht, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat erst beteiligt, nachdem die Kündigungsabsicht verwirklicht, d.h. die Kündigung ausgesprochen ist. So verhält es sich indes im Streitfall nicht.
833. Sonstige Gründe für die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die maßgebliche Kündigungsfrist (§ 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB) eingehalten worden.
84II
85Die zulässige Berufung der Beklagten hat ebenfalls keinen Erfolg.
86Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB, der den Ausspruch einer fristlosen Kündigung hätte rechtfertigen können, nicht vorliegt. Zwar kommt die Weigerung, arbeitgeberseitigen Weisungen Folge zu leisten, durchaus als wichtiger Kündigungsgrund „an sich“ in Betracht (LAG Hamm, Urteil vom 26.09.2014 – 18 Sa 186/14). Die erforderliche Interessenabwägung ergibt aber, wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, dass der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten ist. Die Beklagte will das Verhalten der Klägerin als hartnäckige Arbeitsverweigerung bewerten. Dabei verkennt sie, dass die Klägerin nach der Abmahnung vom 24.06.2014 nur einmal ein weiteres gleich gelagertes Fehlverhalten zeigte. Ob im Rahmen der Interessenabwägung, wie die Beklagte meint, der Aspekt der Generalprävention Berücksichtigung finden kann, mag offen bleiben. Das Fehlverhalten der Klägerin zog keine Auswirkungen nach sich, die betriebsöffentlich wurden. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass andere Arbeitnehmer sich an der Klägerin „ein schlechtes Beispiel nehmen“, liegen nicht vor. Entscheidend ist jedoch, dass das Fehlverhalten der Klägerin nur einen Randbereich ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen betrifft, nämlich die innerbetriebliche Kommunikation. Die Arbeitsleistung der Klägerin gab im Kernbereich – mit Ausnahme des mit der Abmahnung vom 30.08.2012 gerügten Fehlverhaltens – keinen Anlass zu Beanstandungen. Es war nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr sinnvoll hätte eingesetzt werden können. Insbesondere liegen keine Umstände vor, die darauf hindeuten könnten, die Klägerin würde der dienstplanmäßig vorgesehenen Einteilung zu den jeweiligen Diensten nicht nachkommen, nachdem der Dienstplan verbindlich festgesetzt wird.
87III
88Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Variante ZPO. Die Kosten waren verhältnismäßig zu teilen, da beide Parteien teils obsiegten, teils unterlagen. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erstrebte, sie jedoch nur im Hinblick auf die ausgesprochene fristlose Kündigung, nicht aber im Hinblick auf ordentliche Kündigung Erfolg hatte, ist es gerechtfertigt, ihr den größeren Teil der Kosten aufzuerlegen.
89Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
(2) Die Dauer der Ruhezeit des Absatzes 1 kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.
(3) Abweichend von Absatz 1 können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.
(4) (weggefallen)
(1) Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. Im Bergbau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.
(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten.
(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.
(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfaßt.
(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die
(1) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über dessen Aufgabe und Verantwortung sowie über die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs zu unterrichten. Er hat den Arbeitnehmer vor Beginn der Beschäftigung über die Unfall- und Gesundheitsgefahren, denen dieser bei der Beschäftigung ausgesetzt ist, sowie über die Maßnahmen und Einrichtungen zur Abwendung dieser Gefahren und die nach § 10 Abs. 2 des Arbeitsschutzgesetzes getroffenen Maßnahmen zu belehren.
(2) Über Veränderungen in seinem Arbeitsbereich ist der Arbeitnehmer rechtzeitig zu unterrichten. Absatz 1 gilt entsprechend.
(3) In Betrieben, in denen kein Betriebsrat besteht, hat der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zu allen Maßnahmen zu hören, die Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer haben können.
(4) Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die aufgrund einer Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze vorgesehenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung sowie auf Inhalt und Art seiner Tätigkeit zu unterrichten. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können. Der Arbeitnehmer kann bei der Erörterung ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
- 1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
- 1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
- 1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, - 2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats, - 7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- 1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird; - 2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.