Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 22. Jan. 2016 - 6 Sa 1054/15
Gericht
Tenor
I.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 03.09.2015 - AZ: 2 Ca 306/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II.Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Vergütung von Fahrzeiten zu auswärtigen Arbeitsstellen in der Zeit von März bis Dezember 2014.
3Der Kläger ist seit dem 01.09.1999 bei der Beklagten als Elektriker zu einem monatlichen Bruttoentgelt von ca. 2.370,00 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen Anwendung. Der Kläger wird gemäß der Entgeltgruppe 5 des einschlägigen Entgeltrahmenabkommens vergütet, was in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum einem Stundenlohn von 14,64 € entsprach.
4Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen vom 05.11.2013 (im Folgenden: MTV) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
5"§2 Arbeitszeit
61.1 Die tarifliche Regelarbeitszeit beträgt wöchentlich 36 Stunden. Sie kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt werden.
7…..
813. An- und Auskleiden, Waschen sowie Pausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes gelten nicht als Arbeitszeit. Sofern der Gesundheitsschutz besondere Pausen erfordert, gelten diese als Arbeitszeit.
9..."
10§ 13 MTV sieht vor, dass - mit Ausnahme von Zuschlägen - sämtliche Ansprüche binnen einer Frist von drei Monaten schriftlich geltend zu machen sind.
11Im Entgeltrahmenabkommen der elektrotechnischen Handwerke in Nordrhein-Westfalen (im Folgenden "ERA" genannt) vom 29.05.2013 heißt es, sofern hier von Interesse:
12"…
13§5 Aufwandsentschädigung (Auslösungen)
141.Für alle Arbeiten außerhalb der Werkstatt (Betriebssitz) mit einer Entfernung von dieser bis zu 12 km in der Luftlinie wird nur das übliche Fahrgeld zur Benutzung des billigsten zur Verfügung stehenden öffentlichen Verkehrsmittels für Hin- und Rückweg vergütet. Falls der Weg des Arbeitnehmers von seinem Wohnsitz zur Außenarbeitsstelle kürzer ist, werden nur diese Fahrtkosten ersetzt. Für die Zone 1 gilt in Orten, in denen die Erreichung der Arbeitsstätte so behindert ist, dass der kürzeste zumutbare Anmarschweg die Luftlinienentfernung um mehr als 20% überschreitet, der tatsächlich kürzeste Anmarschweg.
152.Beträgt die Entfernung von der Werkstatt bis zur Außenarbeitsstelle mehr als 12 km in der Luftlinie, erhalten gewerbliche Arbeitnehmer bei wechselnden Einsatzstellen das Fahrgeld und Tagesaufwandsentschädigungen ab 01.08.2009 nach folgender Staffel bezahlt:
16in der Zone 1 12-18 km 0,00 €
17in der Zone 2 19-25 km 0,00 €
18in der Zone 3 26-35 km 13,00 €
19in der Zone 4 36-45 km 20,00 €
20in der Zone 5 ab 46 km 25,00 €
21Ist in Zone 1 der Weg von der Wohnung zur Montagestelle kürzer als der Weg von der Wohnung zum Betriebssitz, entfällt die Aufwandsentschädigung.
223.Bei der Auswärtsmontage mit Übernachtung wird anstelle der Aufwandsentschädigung ein Übernachtungsgeld/Tagegeld von 37,74 € pro Tag gewährt. ...
234.Der Anspruch auf Aufwandsentschädigung setzt die Einhaltung der vollen Arbeitszeit an der Montagestelle voraus. Wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zur Abholung von Materialien oder aus anderen Gründen zum Betrieb bestellt, gilt diese Zeit als an der Montagestelle verbrachte Arbeitszeit. Zur Berücksichtigung besonderer Verhältnisse (z.B. Gestellung von Unterkunft oder Verpflegung durch den Arbeitgeber, Transport mit Unternehmerfahrzeug usw.) kann eine abweichende vorherige Vereinbarung getroffen werden.
245.…
25Protokollnotiz zu § 5 Ziffer 3
26Fällt die Reisezeit auf Anordnung des Arbeitgebers auf einen freien Tag (einschließlich Vorabend eines Sonnabends, Sonntags oder Feiertags), so ist die Reisezeit wie reguläre Arbeitszeit einschließlich der Zuschläge gemäß § 4 "Manteltarifvertrag für Arbeitnehmer der Elektrohandwerke im Lande NRW (gültig ab 01. August 2009)" zu bezahlen.
27…"
28Der Kläger tritt morgens seinen Dienst im Betrieb der Beklagten an. Zunächst belädt er seinen Hubsteiger und hat dann meist eine kurze Einsatzbesprechung mit seinem Vorgesetzten, ehe er mit dem Hubsteiger zur ersten Baustelle fährt.
29Während die Vor- und Nacharbeiten nach Tariflohn vergütet werden, bezahlt die Beklagte ihren Arbeitnehmern - so auch dem Kläger - für deren Fahrten zwischen der Betriebsstätte der Beklagten und ihrem ersten Einsatzort am Morgen sowie für die Fahrt vom letzten Einsatzort zurück zum Betriebshof lediglich eine so genannte "Aufwandsentschädigung" i.H.v. 7,75 € pro Stunde. Hierfür ist es unerheblich, ob der betreffende Mitarbeiter das Fahrzeug selbst führt oder als Beifahrer gefahren wird. Für die Fahrten zwischen den einzelnen Baustellen im Laufe des Tages zahlt die Beklagte das reguläre Tarifentgelt.
30Der Kläger hat im Zeitraum von März 2014 bis Dezember 2014 Fahrerleistungen im Umfang von 101,03 Stunden erbracht, welche die Beklagte lediglich mit der genannten Aufwandsentschädigung i.H.v. 7,75 € vergütet hat. Außergerichtlich hat der Kläger für diese Stunden die Differenz zum tariflichen Stundenlohn jeweils innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht.
31Mit seiner der Beklagten am 18.02.2015 zugestellten Klage hat er seine diesbezüglichen vermeintlichen Differenzlohnansprüche in Höhe von 696,10 € brutto weiterverfolgt.
32Der Kläger hat die Ansicht vertreten, bei der Fahrtätigkeit zur ersten Baustelle und von der letzten Baustelle zum Betrieb handle es sich um die von ihm vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Er erfülle mit seiner Fahrleistung ausschließlich Tätigkeiten, die im Interesse der Beklagten lägen, denn er bringe den Hubsteiger, den er bei seiner täglichen Arbeit notwendigerweise benutzen müsse, zur jeweiligen Baustelle. Aus diesem Grund habe er einen Anspruch auf die Differenz zwischen dem tariflichen Stundenlohn von 14,64 € und dem als Aufwandsentschädigung gezahlten Betrag von 7,75 € brutto/Stunde. Der Anspruch sei weder durch § 5 ERA ausgeschlossen noch sei mit ihm eine anderweitige Vereinbarung hinsichtlich der Vergütung von Fahrtzeiten getroffen worden. § 5 ERA regele allein den Anspruch auf Aufwandsentschädigungen, nicht die Bezahlung von Arbeitsleistungen.
33Der Kläger hat beantragt,
34die Beklagte zu verurteilen, 696,10 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2015 an ihn zu zahlen.
35Die Beklagte hat beantragt,
36die Klage abzuweisen.
37Sie hat die Auffassung vertreten, dass Wegezeiten vom Betriebssitz zur Außenarbeitsstelle für alle Arbeitnehmer abweichend zu dem tariflichen Stundenlohn ausschließlich gemäß § 5 ERA bezahlt werden müssten. Zur Begründung ihrer Ansicht hat sich die Beklagte auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.2012 (- 5 AZR 355/12 -) betreffend einer Regelung von auswärtigen Arbeiten im Lohntarifvertrag für das Metallbauerhandwerk, Feinwerkmechanikerhandwerk, Metall- und Glockengießerhandwerk Nordrhein-Westfalen v. 22.01.2010 gestützt. Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts lasse sich entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien berechtigt seien, für Fahrten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle eine vom normalen Tariflohn abweichende Vergütungsvereinbarung zu treffen. Weiter gehe aus dieser Entscheidung hervor, dass eine tarifvertraglich vereinbarte "Auslösung" nicht nur einen erhöhten Aufwand abdecke, sondern Entgeltcharakter haben könne. Wenn dem dortigen Arbeitnehmer, der ebenfalls als Fahrer zu Baustellen gefahren sei, nicht der normale Tariflohn für die Fahrten zugestanden habe, könne für die deckungsgleiche Regelung im hier zu beurteilenden Tarifvertrag nichts anderes gelten.
38Gemäß § 5 Nr. 4 ERA könne eine von den § 5 Nr. 1-3 ERA abweichende vorherige Vereinbarung getroffen werden. Die Beklagte hat vorgetragen, dies sei hier geschehen, indem als pauschalierte Aufwandsentschädigung 7,75 €/Stunde Fahrtzeit bezahlt werde.
39Das Arbeitsgericht Wesel hat der Klage mit Urteil vom 03.09.2015 vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger erbringe mit den Fahrten Arbeitsleistungen, für welche die tarifliche Vergütung geschuldet sei. § 5 ERA finde auf diese Fahrleistungen keine Anwendung. Eine Regelung zur Vergütung von Wegezeiten für Arbeitnehmer, die dabei eine Fahrleistung erbrächten, finde sich dort nicht. Diese Norm enthalte lediglich Regelungen zur Erstattung des Mehraufwandes für auswärtige Tätigkeiten.
40Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 07.10.2015 zugestellt worden ist, hat sie bereits am 05.10.2015 Berufung eingelegt und diese mit einem am 03.11.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz begründet.
41Die Beklagte führt aus: Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Wesel finde § 5 ERA auch auf die vorliegende Fallkonstellation Anwendung. Der Regelung unter § 5 Nr. 1 S. 1 ERA, wo auf die Entfernung zwischen Werkstatt und Baustelle abgestellt werde, lasse sich entnehmen, dass die Norm anwendbar sei, wenn Arbeitnehmer vom Betriebssitz zur Arbeitsstelle führen. Auch unterscheide die Norm in keiner Weise zwischen dem Fahrer und dem Beifahrer eines Fahrzeuges. Dementsprechend irre das Arbeitsgericht Wesel, wenn es davon ausgehe, dass § 5 ERA nur die Fälle regeln wolle, in denen der Arbeitnehmer von seinem Wohnsitz zur Außenarbeitsstelle fahre und nur dort seine Arbeitsleistung erbringe. Weiter verkenne das Arbeitsgericht Wesel, dass auch die Arbeitnehmer, die Entfernungen von weniger als 26 km zur Baustelle zurücklegten, nach dem Tarifvertrag eine Vergütung erhielten. Zwar müsse diesen keine Aufwandsentschädigung gemäß § 5 Nr. 2 ERA gezahlt werden, es bestehe aber ein Fahrgeldanspruch, und zwar auch dann, wenn ihnen kein diesbezüglicher Aufwand entstanden sei. Eine solche aufwandsunabhängige Zahlung habe Entgeltcharakter, wie dem von ihr zitierten Urteil des BAG vom 12.12.2012 zu entnehmen sei. Die Regelungen in § 5 ERA und dem vom BAG beurteilten Tarifvertrag unterschieden sich lediglich in Bezug auf die Aufteilung der Zonen.
42Die Auffassung des Arbeitsgerichts Wesel vermöge nicht zu erklären, wie ein Arbeitnehmer die volle betriebliche Arbeitszeit auf der Montagestelle verbringen solle, wenn bereits die Fahrtzeit tarifliche Arbeitszeit sei. Auch die Protokollnotiz zu § 5 Ziff. 3 ERA, nach der Reisezeiten, die auf Anordnung des Arbeitgebers an einem freien Tag erbracht würden, ausnahmsweise wie reguläre Arbeitszeit zu vergüten seien, würde keinen Sinn machen, wenn alle Wegzeiten als tarifliche Arbeitszeit mit dem regulären Tariflohn zu bezahlen wären.
43Soweit sie 7,75 € pro Fahrtstunde zahle, handle es sich um eine abweichende Vereinbarung im Sinne des § 5 Nr. 4 ERA. Der Kläger erhalte - unstreitig - eine solche Vergütung für Wegzeiten seit seinem Eintritt in das Unternehmen. Insofern sei von einer stillschweigenden Vereinbarung auszugehen.
44Dass es sich bei Fahrtzeiten nach Europäischem Recht um Arbeitszeit handle, sage nichts darüber aus, wie diese Zeit zu vergüten sei. Insoweit treffe § 5 ERA eine gesonderte Vergütungsbestimmung.
45Die Beklagte beantragt,
46das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 03.09.2015 - AZ: 2 Ca 306/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
47Der Kläger beantragt,
48die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
49Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Sach- und Rechtsvorbringens. Er trägt vor, der Vereinbarung eines Stundenlohnes von 7,75 € für Fahrtzeiten habe er niemals zugestimmt.
50Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvorbringens wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, die Sitzungsprotokolle sowie sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
51E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
52A.
53Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
54I. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs.1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 64 Abs.1, 2 lit. b) ArbGG.
55II. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat richtig entschieden.
561. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 611 ff. BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag sowie § 3 ERA einen restlichen Entgeltanspruch für die Monate März bis Dezember 2014 in Höhe von 696,10 € brutto.
57a) § 611 BGB knüpft die Pflicht des Arbeitgebers zur Vergütung an die Leistung der versprochenen Dienste an (vgl. BAG v. 12.12.2012 - 5 AZR 355/12 - Rn. 17, AP Nr. 41 zu § 611 BGB Arbeitszeit; BAG v. 20.04.2011 - 5 AZR 200/10 - Rn. 20, AP Nr. 51 zu § 307 BGB). Dazu zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber im Synallagma verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise von deren Erbringung unmittelbar zusammenhängt (BAG v. 12.12.2012 Rn. 17 aaO; BAG v. 19.09.2012 - 5 AZR 678/11 - Rn. 28, AP Nr. 39 zu § 611 BGB Arbeitszeit). Dementsprechend gehören zu den gemäß § 611 BGB "versprochenen Diensten" eines Elektrikers auch das vom Arbeitgeber angeordnete Fahren vom Betrieb zu einer auswärtigen Arbeitsstelle (vgl. für Elektromechaniker: BAG v. 12.12.2012 Rn. 17 aaO). Derartige Fahrten sind eine primär fremdnützige, den betrieblichen Belangen des Arbeitgebers dienende Tätigkeit und damit "Arbeit" (BAG v. 12.12.2012 Rn. 17 aaO; BAG v. 20.04.2011 Rn. 21 aaO; BAG v. 22.04.2009 - 5 AZR 292/08 - Rn. 15, AP Nr. 11 zu § 611 BGB Wegezeit). Durch das Anordnen der Fahrten macht der Arbeitgeber diese zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung (BAG v. 12.12.2012 Rn. 17 aaO).
58Mit der Einordnung der Fahrzeiten als Teil der im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB "versprochenen Dienste" ist aber noch nicht geklärt, wie sie zu vergüten sind. Durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Fahrzeiten vom Betrieb zur auswärtigen Arbeitsstelle getroffen werden (BAG v. 12.12.2012 Rn.18 aaO; BAG v. 20.04.2011 Rn. 32 aaO).
59b)Im Streitfall hat der Kläger auf Anweisung der Beklagten den für seine Tätigkeiten benötigten Hubwagen zu Baustellen hin- und zum Betriebssitz zurückgefahren. Hierfür steht ihm die tarifvertragliche Stundenvergütung in Höhe von 14,64 € brutto zu, da eine diesen "normalen" Stundenlohn verdrängende besondere Regelung nicht besteht.
60aa) § 5 ERA enthält keine Regelung über eine Vergütung derartiger Fahrtätigkeiten. Dies ergibt die erforderliche Auslegung der Tarifnorm.
61aaa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die erkennende Kammer folgt, den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG v. 18.02.2014 - 3 AZR 808/11, juris, BAG v. 26.03.2013 - 3 AZR 68/11, juris; BAG v. 16.11.2011 - 10 AZR 549/10, juris; BAG v. 11.11.2010 - 8 AZR 892/09; BAG v. 24.09.2008 - 10 AZR 669/07, NZA 2009, 45).
62bbb) Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich, dass § 5 ERA keine Regelung der Vergütung von Fahrtätigkeiten beinhaltet, die im Auftrag des Arbeitgebers erbracht werden.
63Schon der Wortlaut spricht gegen ein solches Verständnis (ebenso LAG Düsseldorf v. 23.01.2014 - AZ: 5 Sa 1203/13 - n.v.). Es werden ausschließlich Fahrgelder und Aufwandsentschädigungen geregelt, nicht hingegen Lohnansprüche. Fahrgeld und Aufwandsentschädigung sind nach allgemeinem Wortverständnis keine Gegenleistungen für erbrachte Dienste, sondern Ersatzansprüche für tatsächliche oder - bei einer Pauschalierung - vermeintliche Auslagen bzw. Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses entstehen.
64Auch der Gesamtzusammenhang spricht gegen die von der Beklagten vertretene Auslegung. Das Entgelt für die geschuldeten Tätigkeiten (Stunden- oder Monatslohn) wird in § 3 ERA geregelt. § 4 ERA regelt bestimmte Zulagen. Erst in § 5 ERA finden sich dann sowohl gemäß der Überschrift als auch inhaltlich Ansprüche auf Aufwandsentschädigungen. Hätten die Tarifvertragsparteien für bestimmte Tätigkeiten wie Fahrleistungen eine von § 3 ERA abweichende Vergütung vereinbaren wollen, so hätte es nahegelegen, diese im Zusammenhang mit dem Tariflohn in § 3 ERA zu regeln, nicht bei den Aufwendungen in § 5 ERA. Hinzu kommt, dass die Aufwandsentschädigungen in der Überschrift per Klammerdefinition als "Auslösungen" bezeichnet werden. Auch insoweit fehlt ein Hinweis darauf, dass es sich zugleich um Lohnansprüche im Sinne des § 3 handeln solle.
65Weiter spricht der Sinn und Zweck des § 5 ERA dagegen, dass hierdurch Lohnansprüche gemäß § 3 ERA ausgeschlossen werden sollten. § 5 ERA will erkennbar die Folgen regeln, die sich daraus ergeben, dass Arbeitnehmer infolge der Aufgabenwahrnehmung auf auswärtigen Baustellen Aufwendungen in finanzieller und/oder zeitlicher Hinsicht haben. Die Erbringung von Arbeitsleistungen auf dem Weg zur Baustelle haben die Tarifvertragsparteien bei Schaffung dieser Tarifnorm hingegen nicht regeln wollen. Das wird an mehreren Stellen deutlich. So soll gemäß § 5 Nr. 1 S. 2 ERA für die dort geregelte Fahrgelderstattung auf den Weg vom Wohnsitz zur Außenarbeitsstelle abgestellt werden, wenn dieser kürzer ist. Dies macht nur Sinn, wenn die Tarifvertragsparteien davon ausgingen, dass es Arbeitnehmern grundsätzlich freigestellt ist, ob sie von zu Hause oder vom Betriebssitz zur Außenarbeitsstelle fahren. Zudem sind die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen, dass der Transport mit einem Unternehmerfahrzeug nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist, für welche die in § 5 Abs. 1 - 3 ERA getroffenen Bestimmungen nicht passen. Dies wird an § 5 Abs. 4 S. 3 ERA deutlich, wonach zur Berücksichtigung "besonderer Verhältnisse" - wozu ausdrücklich der Transport mit Unternehmerfahrzeugen gehört - eine abweichende Vereinbarung getroffen werden kann.
66Gegen den Willen einer Vergütung von Arbeitsleistungen spricht auch, dass erst ab dem 26. Kilometer Entfernung eine pauschale Aufwandsentschädigung gezahlt werden soll. Es gibt überhaupt keinen Grund, bestimmte Arbeitsleistungen - wie z.B. den Transport eines Hubwagens - bis zu einer Entfernung von einschließlich 25 km überhaupt nicht zu vergüten. Geht man hingegen davon aus, dass die Tarifvertragsparteien mit der Aufwandsentschädigung in § 5 Nr. 2 ERA die Arbeitnehmer lediglich für bestimmte Belastungen - insbesondere zeitlicher Art - entschädigen wollten, die durch die Anreise zu auswärtigen Baustellen entstehen, so macht die Begrenzung Sinn. Die Tarifvertragsparteien unterstellen in nachvollziehbarer Weise, dass Arbeitnehmer durch eine Anreise bis zu 25 km noch nicht in einer Weise zusätzlich belastet werden, dass eine Entschädigung angemessen wäre.
67Keineswegs kommt einer etwaigen Fahrgelderstattung ein Vergütungscharakter zu. Fahrgeld wird - jedenfalls ab einer Entfernung von 12 km - nur in der tatsächlich angefallenen Höhe erstattet. Eine Pauschalierung findet sich - wenn überhaupt - allenfalls in § 5 Nr. 1 S. 1 ERA betreffend Entfernungen bis zu (gemeint ist wohl: unter) 12 km. Zumindest ab Zone 1 gilt: Fallen keine Kosten an - etwa bei Nutzung eines vom Arbeitgeber einschließlich des Benzins gestellten Fahrzeugs -, so ist auch kein Fahrgeld zu zahlen.
68Dem Verständnis, dass § 5 ERA nicht die Vergütung von Fahrleistungen regelt, steht die Protokollnotiz zu § 5 Ziffer 3 ERA nicht entgegen. Soweit dort geregelt ist, dass Reisezeit, die auf Anordnung des Arbeitgebers auf einen freien Tag fällt, wie reguläre Arbeitszeit zu vergüten ist, so lässt dies zwar den Schluss zu, dass eine entsprechende Bezahlung nicht für bloße Reisezeiten an Arbeitstagen geschuldet wird. Ein weitergehender Schluss dahingehend, dass auch dann, wenn auf der Reise Arbeitsleistungen erbracht werden, keine Vergütung in Höhe des Tariflohns des § 3 ERA zu leisten wäre, ist hingegen ausgeschlossen. Diesbezüglich enthält die Protokollnotiz keinerlei Aussagen.
69Auch § 5 Ziffer 4 S. 1 ERA stützt die von der Beklagten vertretene Auffassung nicht. Soweit danach die Erbringung der Aufwandsentschädigung daran gekoppelt wird, dass die volle Arbeitszeit an der Montagestelle verbracht wird, falls nicht einer der Ausnahmefälle des § 5 Ziffer 4 S.2 ERA vorliegt, so kann daraus lediglich geschlossen werden, dass bloße Reisezeiten nicht zu der tariflichen Arbeitszeit zählen und dementsprechend nicht nach dem Tariflohn zu vergüten sind. Hingegen kann aus § 5 ERA nicht gefolgert werden, dass Arbeitsleistungen außerhalb des Montageortes nicht zur tariflichen Arbeitszeit gehören. Wäre dies zutreffend, so würde dies auch für die Vor- und Nacharbeiten am Betriebssitz gelten. Soweit geht selbst die Beklagte nicht, die - richtigerweise - diese Arbeiten mit dem Tariflohn vergütet. Warum § 5 Ziffer 4 S. 1 ERA dann die Vergütung von anderen außerhalb des Montageortes zu erbringenden Arbeitsleistungen - konkret dem angeordneten Transport des Hubwagens - ausschließen soll, ist nicht nachvollziehbar.
70Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12.12.2012 - AZ: 5 AZR 355/12 -, auf welches sich die Beklagte zur Stützung ihrer Auffassung beruft, ist nicht einschlägig. Die dort streitgegenständliche Tarifnorm unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von § 5 ERA. Dies wird schon an der Überschrift deutlich: Während Ziffer VII. des Lohntarifvertrages für das Metallbauerhandwerk, Feinmechanikerhandwerk, Metall- und Glockengießerhandwerk NRW v. 22.01.2010 (kurz LTV) generell "Auswärtige Arbeiten (Montagearbeiten)" regelt, engt § 5 ERA den Regelungsbereich auf "Aufwandsentschädigungen (Auslösungen)" ein. Anders als in § 5 ERA sind die am LTV beteiligten Tarifvertragsparteien auch nicht davon ausgegangen, dass der Transport mit einem Unternehmer-Fahrzeug die Ausnahme, eine anderweitige Anreise hingegen die Regel ist. Die Möglichkeit einer besonderen Vereinbarung wird nämlich in VII. 5. LTV ausschließlich für die Fälle vorgesehen, in denen der Arbeitgeber auf der auswärtigen Arbeitsstelle Unterkunft und Verpflegung kostenfrei zur Verfügung stellt. Vor allem aber gewährt Ziffer VII. 2. LTV, abgesehen von Montagestellen bis zu 4 km, die wegen Geringfügigkeit nicht von Relevanz sind, für jegliche Fahrzeiten einen Zahlungsanspruch, was für die Qualifizierung als Entgelt spricht. Darüber hinaus bemisst sich die zu erbringende Zahlung anders als in § 5 ERA nicht nach einem bestimmten Euro-Betrag, sondern nach dem tariflichen Ecklohn, was ebenfalls ein Indiz für den Vergütungscharakter darstellt (vgl. BAG v. 12.12.2012 - AZ. 5 AZR 355/12 - Rn. 20, AP Nr. 41 zu § 611 BGB Arbeitszeit).
71bb) Die bei der Beklagten bestehende Regelung über die Zahlung von 7,75 € brutto/Stunde für Fahrzeiten verdrängt den Anspruch auf den tariflichen Stundenlohn nicht.
72Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger dieser Regelung - gegebenenfalls stillschweigend - zugestimmt hat. Infolge der gemäß § 4 Abs. 1 TVG zwingenden Wirkung der Normen des ERA, könnte eine abweichende Vereinbarung nur gemäß § 4 Abs. 3 TVG Wirkung entfalten. Da die Vereinbarung eines Stundenlohns von 7,75 € brutto für den Arbeitnehmer nicht günstiger ist als die Zahlung des tariflichen Entgelts von 14,64 € brutto/Stunde, müsste eine Öffnungsklausel bestehen. Dies ist nicht der Fall. § 5 Ziff. 4 S. 3 ERA ist nicht einschlägig, da hiernach lediglich von § 5 ERA abweichende Regelungen zugelassen werden. Da § 5 ERA aber - wie aufgezeigt - keine Bestimmungen über die Erbringung von Arbeitsleistungen auf dem Wege zu auswärtigen Baustellen enthält, ist insoweit auch keine einzelvertragliche Vereinbarung möglich.
73c) Danach steht dem Kläger für 101,03 Stunden, die er unstreitig für Fahrten zu auswärtigen Baustellen bzw. Rückfahrten zum Betriebssitz aufgewendet hat, eine Vergütung in Höhe von 14,64 € pro Stunde zu. Von dem sich heraus- ergebenden Betrag in Höhe von 1.479,08 € hat die Beklagte 782,98 € (101,03 x 7,75 €) vergütet. Es verbleibt die ausgeurteilte Differenz in Höhe von 696,10 €.
74d) Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß § 13 des Manteltarifvertrages für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der elektrotechnischen Handwerke in NRW verfallen, da sie sämtlich frist- und formgerecht geltend gemacht wurden.
752. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.
76B.
77I. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten für die erfolglos eingelegte Berufung zu tragen.
78II. Die Kammer hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen, weil sie den der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
79RECHTSMITTELBELEHRUNG
80Gegen dieses Urteil kann von der Beklagten
81R E V I S I O N
82eingelegt werden.
83Für den Kläger ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
84Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
85Bundesarbeitsgericht
86Hugo-Preuß-Platz 1
8799084 Erfurt
88Fax: 0361-2636 2000
89eingelegt werden.
90Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
91Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
921.Rechtsanwälte,
932.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
943.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
95In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
96Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
97Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
98* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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Annotations
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.