Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 31. Juli 2014 - 15 Sa 1123/13
Gericht
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2011 - 6 Ca 7591/10 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung.
3Die Beklagte unterhält in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Schulen, darunter eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule in E.. Die von der Beklagten in E. unterhaltenen Schulen werden von ihr allein finanziert.
4Die Klägerin ist seit 1985 bei der Beklagten beschäftigt. Ihr Einsatz erfolgte zuletzt an der Ergänzungsschule in E.. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug 2.980,51 Euro.
5Im Arbeitsvertrag vom 31. Oktober 1985 heißt es:
6"...
7§ IV
8Die Einstellung erfolgt nach dem Deutschen BAT und Ihre Vergütung wird wie folgt sein: ...
9..."
10Mit Schreiben vom 9. November 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot der Klägerin die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:
11" … zur Überwindung der Wirtschaftskrise und zur Anwendung des unterstützenden Mechanismus der griechischen Wirtschaft von den Mitgliedstaaten der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds beschloss der griechische Staat die Kürzung der Gehälter aller Beschäftigten / von ihm Besoldeten (G 3833/2010 und G 3845/2010). Für Arbeitsverträge wie Ihren wurde eine Kürzung des monatlichen Bruttoeinkommens von 7 % und 3 % vorgenommen, d. h. 250,87 Euro monatlich, sowie die Abschaffung der Jahressonderzahlung. Die Minderung von 7 % erfolgte ab dem 01.01.2010 und die Minderung von 3 % erfolgte ab dem 01.06.2010. Aus den o. g. Gründen und der Anweisung der Direktion für das Auslandswesen interkultureller Bildung Prot.-Nr. 821/2930E/130071/Z 1 vom 15.10.2010 kündigen wir den bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund sofort und ohne jegliche Frist. Gleichzeitig bitten wir Ihnen einen neuen Arbeitsvertrag mit den folgenden Bedingungen: |
1. | Minderung des monatlichen Bruttoeinkommens um 250,87 Euro, | |
2. | Abschaffung der besonderen Jahressonderzahlung. |
Zusätzlich setzen wir Sie in Kenntnis, dass zukünftig keine automatischen Lohnerhöhungen gemäß TV-L bezahlt werden, sondern nach Entscheidung Ihres Arbeitgebers, nämlich entsprechend der Einsparungspolitik des griechischen Staates. Alle anderen Bedingungen bleiben unverändert. Aus den o. g. Gründen werden Sie gebeten, nach Erhalt der vorliegenden Änderungskündigung innerhalb von drei Wochen zu erklären, ob Sie diese Änderungen akzeptieren. …" |
Wegen des Inhaltes der im Kündigungsschreiben in Bezug genommenen Gesetze Nr. 3833/10 und Nr. 3845/10 wird auf die von der Beklagten vorgelegten Übersetzungen Bezug genommen ( Bl. 199 ff. d.A.; Bl.273 ff. d.A.).
17Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sie sich gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen gewandt. Sie hat gemeint, die Änderungskündigung sei bereits deshalb unwirksam, weil das Änderungsangebot nicht hinreichend bestimmt sei. Sie sei zudem unverhältnismäßig, weil die Beklagte ihre wirtschaftliche Lage und ihre Sanierungsplanung nicht nachvollziehbar dargelegt habe.
18Die Klägerin hat beantragt,
19festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 9. November 2010 rechtsunwirksam ist.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat geltend gemacht, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nach § 20 Abs. 2 GVG nicht gegeben. Ein angestellter Lehrer unterstehe den Weisungen ihres Konsuls in Düsseldorf und übe sowohl nach deutschem als auch nach ihrem - griechischen - Recht hoheitliche Aufgaben aus. Die Änderung der Arbeitsbedingungen sei im Übrigen gerechtfertigt. Sie sei Ende Februar/Anfang März 2010 finanziell nicht in der Lage gewesen, die Gehälter und Renten ihrer etwa eine Million Beschäftigten aufzubringen. Um weitere zwingend erforderliche Kredite zu erhalten und damit eine Insolvenz zu vermeiden, in deren Folge sie aus der europäischen Währungsunion würde austreten müssen, habe sie Verhandlungen mit den Geberländern aufgenommen. Danach habe sie nur die Möglichkeit gehabt, entweder ca. 250.000 Bedienstete zu entlassen oder die Gehälter und Renten ausnahmslos aller Bediensteten durch Parlamentsgesetz radikal zu kürzen. Sie habe sich für letztere Möglichkeit entschieden und nach den Vorgaben der Geberländer die Gesetze 3833/2010 "Schutz der nationalen Wirtschaft - Notstandsmaßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise" (Kürzung jeder Art regulärer Bezüge um 7 % mit Wirkung ab 1. Januar 2010) und 3845/2010 "Maßnahmen zur Anwendung des Unterstützungsmechanismus der griechischen Wirtschaft von den EU-Mitgliedsländern der Eurozone und vom Internationalen Währungsfonds" (Kürzung um weitere 3 % sowie Kürzung bzw. Streichung von Weihnachtsgeld, Ostergeld und Urlaubsgeld mit Wirkung ab 1. Juni 2010) erlassen.
23Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Auf die zugelassene Revision hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 25.04.2013 - 2 AZR 46/12 - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.11.2011 - 15 Sa 1027/11- aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten der Revision zurückverwiesen. Es hat die Zulässigkeit der Klage bejaht und ausgeführt, das Landesarbeitsgericht habe bei Prüfung der materiellen Rechtslage davon auszugehen, dass sich die Wirksamkeit der Änderungskündigung nach deutschem Recht richte, da die Parteien konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart hätten. Es habe weiter der Frage nachzugehen, welche Rechtsqualität die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 hätten und ob diese die Beklagte angesichts ihrer drohenden Insolvenz und der Auflagen der Geberländer völkerrechtlich berechtigten, unmittelbar korrigierend auch in Arbeitsverhältnisse einzugreifen, die außerhalb des Staatsgebietes vollzogen würden. Insoweit sei unter Umständen ein völker- und staatsrechtliches Gutachten einzuholen. Sollte danach die Änderungskündigung nicht "überflüssig" sein, sei davon auszugehen, dass das Änderungsangebot ausreichend bestimmt sei. Das Landesarbeitsgericht habe gegebenenfalls zudem den Fragen nachzugehen, ob - unter Berücksichtigung einer dem ausländischen Parlament zuzugestehenden Einschätzungsprärogative - ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die Erklärung einer fristlosen Kündigung gegeben sei, ob die Beklagte eine Auslauffrist hätte einhalten müssen und ob sie die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt habe. Gegebenenfalls habe es bei Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung und die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zu prüfen.
24Wegen der Einzelheiten des Urteils des Bundesarbeitsgerichts wird auf Blatt 176 ff. der Akte Bezug genommen.
25Die Beklagte führt nunmehr ergänzend aus:
26Die beschlossenen Kürzungen der Gehälter und Löhne hätten wegen der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten nicht vorübergehender Natur sein sollen und können. Sinn und Zweck der beschlossenen Gesetze sei die Neustrukturierung der Besoldung der Staatsbediensteten der Beklagten gewesen. Grund hierfür sei gewesen, dass nach allgemeiner unstreitiger Feststellung die Probleme der Wirtschaft der Beklagten auf eine nicht effiziente öffentliche Verwaltung, welche unverhältnismäßig hohe Kosten produzierte, zurückzuführen waren. Die Geberländer der Eurozone und der Internationale Währungsfond hätten daher ausdrücklich darauf bestanden und hätten die zu leistende Wirtschaftshilfe von der Verabschiedung konkreter Kürzungen der Löhne der Bediensteten der öffentlichen Hand abhängig gemacht. Die von den Geberländern geleistete finanzielle Hilfe sei der Beklagten in Raten gewährt worden. Dies, weil sichergestellt werden sollte, dass die Beklagte die per Gesetz beschlossenen Kürzungen auch durchsetzen würde. Zu den Kürzungen sei auch die Einführung einer den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten angepasste einheitliche Besoldungsordnung gefordert und vereinbart worden. Die Kürzungen von 7 % und 3 % seien zunächst als Haushaltspolitik für das Jahr 2010 aufgenommen worden, weil noch nicht festgestanden hätte, ob diese Kürzungen ausreichen würden, oder ob es zu weiteren umfangreichen Kürzungen der Ausgaben, d.h. der Löhne der Bediensteten der Beklagten kommen würde. Den Kürzungen und Entlassungen sollte ein einheitliches Besoldungssystem folgen. Dieses konnte nicht kurzfristig festgelegt werden, weil nicht bekannt gewesen sei, wie viele Bedienstete zu welchen Konditionen von der Beklagten beschäftigt gewesen seien. Als Ende des Jahres 2010 festgestanden hätte, dass ein einheitliches Besoldungssystem nicht verabschiedet werden könnte, sei mit einer Regelung Art.3 des Gesetzes 3899/11 beschlossen worden, dass die Kürzungen, welche für das Haushaltsjahr 2010 beschlossen worden seien, auch für das Haushaltjahr 2011 gelten sollten. Die erklärte Änderungskündigung sei somit wirksam. Der Beklagten sei gar nichts anderes übrig geblieben, als die Löhne/Gehälter ihrer Bediensteten, so wie von den Geberländern gefordert, mit sofortiger Wirkung zu kürzen, andernfalls die Geberländer die versprochenen Kredite nicht ausgezahlt hätten.
27Durch das Gesetz 4024/2011 sei die Vergütung von Lehrern neu festgesetzt worden.
28Die Beklagte beantragt,
29das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Berufung der Beklagten vom 08.08.2011 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.06.2011, Az. 6 Ca 7591/10, zurückzuweisen.
32Die Klägerin verweist darauf, dass zwischenzeitlich durch das LAG Hamm und München entschieden worden sei, dass die griechischen Gesetze keine unmittelbare Wirkung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien hätten. Das Gesetz Nr. 3833 sei (insgesamt) auf das Jahr 2010 befristet gewesen und erst nach Ausspruch der Änderungskündigung durch das Gesetz Nr. 3899 auf das Kalenderjahr 2011 ausgedehnt worden. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, eine unbefristete Änderungskündigung auszusprechen. Es bestehe keine Berechtigung, das Entgelt der Mitarbeiter dauerhaft abzusenken.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
35Die Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
36I.
37Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weshalb die Klage abzuweisen war.
381.Mit dem Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25.04.2013 geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass die Parteien im Streitfall konkludent die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben und die auf diese Weise getroffene Rechtswahl im Ergebnis der Regelung des hier noch anwendbaren Art.30 Abs.2 Nr.1 EGBGB entspricht (vgl. dazu Ziff. II. 1. c) der Entscheidungsgründe).
39Art.30 Abs.2 2. Halbsatz EBGBG steht dem nicht entgegen.
40Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 7.7.2014 die Ansicht vertreten hat, dass die Änderung der Vertragsbedingungen bereits unabhängig von der ausgesprochenen Änderungskündigung eingetreten sei aufgrund der hier einschlägigen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 und insoweit u.a. darauf verweist, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse nur die griechische Staatsangehörigkeit besessen habe und ihr Universitätsabschluss sie nur zum Unterricht an griechischen Schulen berechtige, soll damit wohl die Ausnahmeklausel des Art.30 Abs.2 2. Halbsatz EGBGB angesprochen sein. Im Ergebnis kann dieser Verweis der Beklagten jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst dann nämlich, wenn hier wegen der engeren Verbindung des Arbeitsverhältnisses zum griechischen Staat - wovon bislang noch keine der Parteien ausgegangen war - nach der vorhergenannten Bestimmung griechisches Recht anzuwenden sein sollte, wäre nach Art.30 Abs.1 EGBGB die Anwendung deutschen Kündigungsschutzrechts nämlich nicht ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Art.30 Abs.2 EGBGB mangels Rechtswahl anzuwenden wäre. Ob dem Arbeitnehmer durch das gewählte Recht der Schutz der zwingenden arbeitsrechtlichen Bestimmung des nach Abs.2 maßgeblichen Rechts entzogen wird, ist durch Vergleich der beiden Rechtsordnungen zu ermitteln; dabei ist jeweils auf die Ergebnisse abzustellen, zu denen diese Rechte in dem betreffenden Teilbereich, z.B. Kündigungsschutz, im Einzelfall gelangen. Soweit das gewählte Recht mit seinen zwingenden Vorschriften den Arbeitnehmer im Ergebnis genauso oder besser schützt als das bei Fehlen einer Rechtswahl berufene Recht, hat es bei der Anwendung jener Vorschriften sein Bewenden (Palandt-Heldrich, BGB 62. Aufl. Art.30 EGBB Rdnr.4 m.w.N.).
41Im vorliegenden Fall ist die Klägerin bei Anwendung des gewählten, also deutschen Rechts besser geschützt als bei einer ausschließlichen Maßgeblichkeit der im Streitfall einschlägigen griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 und deren unmittelbaren Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien im Hinblick auf die hier streitgegenständlichen Änderungen der Arbeitsvertragsbedingungen. Oder anders ausgedrückt: Hätte man auf griechisches Recht und damit im hier gegebenen Streitfall auf die insoweit maßgeblichen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 abzustellen und diese mit unmittelbarer Wirkung auch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwenden, würde den davon betroffenen Arbeitnehmern derjenige Schutz entzogen, der ihnen das deutsche Recht im Streitfall bietet, nämlich der (Änderungs)Kündigungsschutz, welcher vorliegend auch nicht aufgrund sonstiger (internationaler) Normen verdrängt wird (dazu im Folgenden unter 2. a). Damit hat es hier bei der Anwendung deutschen Kündigungsschutzrechtes - wie so schon vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 25.04.2013 als maßgeblich zugrunde gelegt - zu verbleiben.
422.Die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die hier streitgegenständliche Änderungskündigung ist wirksam erfolgt.
43a)Der Änderungsschutzantrag ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil eine Änderung der Vertragsbedingungen bereits unabhängig von der ausgesprochenen Änderungskündigung eingetreten war. Letzteres ist hier zu verneinen.
44aa)Mit dem Landesarbeitsgericht Nürnberg (Urteil vom 25.09.2013 - 2 Sa 172/12 -) und dem Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 03.04.2014 - 17 Sa 1387/13 - Rz. 127 ff.) geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 den Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht geändert haben und ihnen keine unmittelbare Wirkung in Bezug auf den Arbeitsvertrag der Parteien zukommt. Da auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der von ihnen getroffenen Rechtswahl (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB) deutsches Recht Anwendung findet , welches auch durch die Ausnahmeklausel des Art.30 Abs.2 2. Halbsatz EGBGB i.V.m. Art.30 Abs.1 EGBGB - wie vorstehend dargelegt- nicht "verdrängt" wird, sind Eingriffsnormen einer nicht maßgebenden Rechtsordnung eines dritten Staates - wie hier die griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 - regelmäßig unbeachtlich (vgl. dazu Prof. Dr. Siehr unter B I. 3. des Gutachtens). Irgendwelche Vorschriften, aus denen sich vorliegend eine unmittelbare Anwendbarkeit der griechischen Gesetze 3833/2010 und 3845/2010 ergeben könnte, bestehen nicht. Solches lässt sich insbesondere auch nicht dem Art. 9 Abs. 3 ROM-I-VO - wäre er überhaupt auf den hier streitgegenständlichen Sachverhalt anwendbar - und auch den Bestimmungen der Art. 27 ff. EGBGB nicht entnehmen.
45Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 7.7.2014 den hier streitgegenständlichen Gesetzen angesichts ihrer Entstehungsgeschichte quasi den Charakter eines internationalen Abkommens bzw. Vertrages hat beilegen wollen - was auch immer für den Streitfall dann daraus zu folgern wäre - kann ihr nicht gefolgt werden. Dass es sich insoweit nicht um einen internationalen Vertrag handelt, hat - wie von der Beklagten selbst erwähnt - der Oberste Verwaltungsgerichtshof Griechenlands mit Urteil vom 21.06.2011 bereits entschieden. Eine davon abweichende Beurteilung steht der Kammer nicht zu. Der deutsche Richter hat ausländisches Recht so anzuwenden, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet (BGH vom 23.06.2003 - II ZR 305/01; Zöller-Geimer ZPO 29.Aufl. § 293 Rdnr. 24). Ohne Relevanz ist auch die Zwecksetzung der hier streitgegenständlichen griechischen Gesetze, wie u.a. etwa die Erfüllung bzw. Umsetzung vormals aufgrund internationaler Abkommen eingegangener Verpflichtungen bzw. diesbezüglich zu erreichender Ziele. Eine solche Zwecksetzung nimmt den hier streitgegenständlichen Normen nicht die rechtliche Qualität eines (Parlaments-)Gesetzes - und zwar das eines ausländischen Staates (vom Blickwinkel des vorliegenden Rechtstreits aus betrachtet). Diese Rechtsqualität ist dann auch zu Grunde zu legen, soweit es um die zuvor aufgeworfene, hier im Ergebnis zu verneinende Frage geht, ob eine derartige Rechtsnorm eines ausländischen Staates bei grundsätzlicher Geltung inländischen Rechts, wie hier deutschen Rechts, unmittelbare Geltung beanspruchen bzw. unmittelbare Wirkung entfalten kann.
46Allerdings erlauben das europäische und das deutsche IPR es, drittstaatlichen (hier: griechischen) Eingriffsnormen indirekt über das deutsche Vertragsstatut Wirkung zu verleihen, sofern das deutsche Zivilrecht durch Normen mit offenen Tatbeständen (z. B. Unmöglichkeit, Sittenwidrigkeit, Treu und Glauben, Wegfall der Geschäftsgrundlage etc.) genügend Spielraum für eine solche Berücksichtigung lässt (vgl. dazu Prof. Dr. Siehr unter B III. 4. und IV. 8. des Gutachtens; LAG Hamm, a.a.O. Rz. 130).
47bb)Irgendeine Regelung im deutschen Recht, die dazu führen könnte, dass die hier streitgegenständlichen Änderungen "per se", d.h. auch ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung Geltung beanspruchen könnten, ist nicht ersichtlich (vgl. dazu auch LAG Hamm, a.a.O., Rz.137 - 139). Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus den Regeln über die Störung bzw. den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Nach deutschem Recht ist das Kündigungsrecht bei Arbeitsverträgen gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB lex specialis (BAG vom 20.06.2013 - 2 AZR 396/12 - Rz. 14; BAG vom 08.10.2009 - 2 AZR 235/08 - Rz. 32 m.w.N.). Das bedeutet indes nicht, dass Tatbestände, die für eine Störung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage herangezogen werden könnten, in kündigungsrechtlicher Hinsicht außer Betracht bleiben müssten. Derartige Sachverhalte sind im Rahmen der §§ 2, 1 KSchG oder § 626 BGB zu würdigen (BAG vom 08.10.2009, a.a.O.).
48cc)Die Änderungskündigung war auch nicht bereits deshalb überflüssig, weil ohnedies ein Anspruch klägerseits auf Lohn in der zuletzt gezahlten Höhe bzw. kein Anspruch auf die bislang gezahlte tarifliche Sonderzahlung und auch kein Anspruch auf die Teilnahme an den Gehaltserhöhungen gemäß TV-L bestand. Die diesbezüglichen Ansprüche ergeben sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag und der dort geregelten Inbezugnahme des BAT. Streitig ist insofern zwischen den Parteien die Reichweite der im Arbeitsvertrag erfolgten Bezugnahme auf den BAT. Die im Arbeitsvertrag der Parteien enthaltene Verweisung auf den BAT ist als dynamische Verweisung auszulegen. Einer ausdrücklichen diesbezüglichen Formulierung im Arbeitsvertrag bedarf es dafür nicht. Die Bezugnahme auf einen bestimmten Tarifvertrag ist auch ohne eine ausdrückliche Regelung als dynamische Bezugnahme zu verstehen (vgl. BAG vom 13.02.2013 - 5 AZR 2/12 -; BAG vom 05.04.2006 - 4 AZR 390/05 - Rz. 43; BAG vom 14.03.2007 - 5 AZR 630/06 - Rz. 29; BAG vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 -). Nimmt eine arbeitsvertragliche Vergütungsregelung, wie vorliegend, auf die Vergütung des Bundesangestelltentarifvertrages Bezug, ist infolge der Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L eine Regelungslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung und Anwendung der dem Bundesangestelltentarifvertrag nachfolgenden Tarifwerke zu schließen ist (BAG vom 18.05.2011 - 5 AZR 213/09 -). An der nunmehr bestehenden Geltung des TV-L kann danach vorliegend ebenso wenig ein Zweifel bestehen, wie an der Dynamisierung der danach bestehenden Entgeltansprüche entsprechend der jeweiligen Tarifabschlüsse.
49b)Mit dem Bundesarbeitsgericht geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass das Änderungsangebot im Streitfall nur zukunftsbezogen und hinreichend bestimmt ist, soweit es um die einleitenden Erläuterungen im Änderungskündigungsschreiben und den dort genannten Kürzungsbetrag geht. Auch bezüglich der Abschaffung der Jahressonderzahlung bestehen im Hinblick auf die Bestimmtheit des diesbezüglichen Angebots keine Bedenken. Insoweit kann auf die Entscheidungsgründe des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 25.04.2013 (Rz. 32 ff.) Bezug genommen werden.
50Zweifelhaft könnte nach Auffassung der Kammer allein die Bestimmtheit des die künftigen automatischen Lohnerhöhungen gemäß TV-L betreffenden Passus sein - dies im Hinblick auf die Frage, ob dieser Passus überhaupt noch Teil des Änderungsangebotes ist. Dagegen könnte sprechen, dass bezüglich dieses Passus keine Durchnummerierung erfolgte, d.h. keine Ziffer 3 vor diesen Passus gesetzt wurde; sowie, dass er mit den Worten "Zusätzlich setzen wir Sie in Kenntnis" beginnt. Demgegenüber spricht für die Annahme, dass auch dieser Passus Teil des Änderungsangebotes sein sollte, dass es sich bei der in diesem Passus angekündigten Einstellung automatischer Lohnerhöhungszahlungen unbestreitbar um eine Änderung handelt, da dem Kläger auch über den 01.11.2006 hinaus bislang Gehaltserhöhungen entsprechend den Lohnerhöhungen nach dem TV-L gewährt wurden und dies künftig nicht mehr der Fall sein soll. Zu beachten ist des Weiteren, dass sich (erst!) diesem Passus der Satz anschließt "Die übrigen Bedingungen bleiben unverändert", was im Umkehrschluss nur bedeuten kann, dass die vorstehend genannten Punkte eine Änderung erfahren sollen, d. h. die geänderten Bedingungen des neuen Arbeitsvertrages darstellen. Schließlich wird im anschließenden Satz gebeten, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung zu erklären, "ob sie mit den Änderungen einverstanden sind" bzw. "ob sie die Änderung akzeptieren". Warum davon nicht auch die Änderung bezüglich einer dynamischen Wirkung in Bezug genommener Tarifverträge, d.h. die Abschaffung einer Tarifautomatik erfasst sein sollte, erschließt sich nicht - dies umso weniger, als gerade eine arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Gehaltsanpassung/-erhöhung in Anbindung an die tarifliche Lohn- und Gehaltsentwicklung im deutschen öffentlichen Dienst der gesetzgeberischen Intension zur Kosteneinsparung durch Gehaltskürzungen zuwider läuft. Soweit das Landesarbeitsgericht Hamm in seinem Urteil vom 03.04.2014 (14 Sa 1387/11- Rz. 149) die Ansicht vertreten hat, der hier streitgegenständliche Passus enthalte nur eine Klarstellung der beklagtenseits auch im Prozess vertretenen Auffassung, "dass die Bezugnahme auf den TV-L keine Dynamik enthält und deshalb kein Automatismus zur Gehaltserhöhung besteht.", folgt die erkennende Kammer dem nicht. Zwar hat die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren die Auffassung vertreten, dass der Klägerin nach dem 01.11.2006 nur versehentlich Lohnerhöhungen nach dem TV-L gewährt worden seien und ein diesbezüglicher Anspruch ihrerseits nicht bestehe. Indes wollte sie mit der Erwähnung des künftig entfallenen Automatismus bei Lohnerhöhungen als Teil derjenigen Bedingungen, die nicht unverändert bleiben sollten, im Hinblick auf das auch diesbezüglich den Arbeitnehmern im Rahmen der Änderungskündigung abverlangte Einverständnis hier erkennbar doch zumindest sicherstellen, dass sie an eine Verpflichtung zu automatischer Lohnerhöhung, so sie im Einzelfall denn bestehen sollte, künftig jedenfalls nicht mehr gebunden ist. Das diesbezügliche Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmer wurde insofern vorsorglich eingeholt.
51Nach alledem hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass der hier streitgegenständliche Passus als Angebot zur Abschaffung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tarifautomatik bzw. zum Entfallen einer bislang gegebenen dynamischen Wirkung der Bezugnahmeklausel auszulegen ist. Auf dieser Linie scheint auch das BAG zu liegen, wenn es im Urteil vom 25.04.2013 ausführt, "soweit die Beklagte im Rahmen des Änderungsangebotes ergänzend mitteilt, dass zukünftig Gehaltserhöhungen nicht automatisch gemäß dem Tarifvertrag (TV-L), sondern nach Entscheidung des Arbeitgebers erfolgen sollen, ist das Angebot ebenfalls hinreichend bestimmt." Hätte das Bundesarbeitsgericht die Ansicht vertreten wollen, dass der hier streitgegenständliche Passus zu den Tariflohnerhöhungen nicht Teil des Änderungsangebotes sei, hätte es im letzten Teil des Satzes formulieren müssen "macht dies das Angebot nicht unbestimmt." Sodann hätte eine Begründung dafür folgen müssen, warum der hier streitgegenständliche Passus zur Tariflohnerhöhung unzweifelhaft nicht als Teil des gesamten Änderungsangebotes angesehen werden kann. Statt einer solchen Begründung verweist das BAG demgegenüber darauf, dass hinreichend deutlich werde, dass der neue Arbeitsvertrag (Unterstreichung durch die Kammer) nach der Vorstellung der Beklagten keinen Automatismus zu Gehaltserhöhungen (mehr) enthält. Lediglich der Hinweis auf mögliche künftige Gehaltserhöhungen aufgrund einzelner Entscheidungen beklagtenseits sollte nach Auffassung des BAG (nach dem Verständnis der erkennenden Kammer) nur mitteilenden Charakter haben.
523.Nach Auffassung der Kammer rechtfertigt der vorliegende Sachverhalt den Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB.
53a)Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine außerordentliche Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung selbst bei tarifvertraglichem Ausschluss der Kündbarkeit - wie er im Falle der Klägerin anzunehmen ist - nicht von vornherein und grundsätzlich ausgeschlossen. Allerdings sind die Anforderungen, die an die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung gestellt werden, sehr hoch. Als zulässig wird sie nur in extremen Ausnahmefällen angesehen, so z. B. wenn der Ausspruch einer außerordentlichen Änderungskündigung zur Abwendung einer konkret insolvenzbedrohten Lage und einer insoweit drohenden Betriebsschließung unvermeidbar war. Entsprechend hoch sind auch die Anforderungen, die an den Sachvortrag des Arbeitgebers gestellt werden, wenn er sich auf betriebsbedingte Gründe zum Ausspruch einer Änderungskündigung stützen will (vgl. z. B. BAG vom 01.03.2007 - 2 AZR 580/05 - m.w.N.).
54b)Diese Anforderungen lassen sich auf den streitgegenständlichen Sachverhalt aufgrund seiner (so noch nie dagewesenen) Besonderheiten nicht vollständig übertragen. Vorliegend geht es nicht um die finanziellen Probleme eines Wirtschaftsunternehmens oder um Umorganisationen bzw. Schließungen von Teilbereichen im öffentlichen Dienst, sondern um einen ganzen Staat, der von der Insolvenz bedroht ist, sowie darum, dass sich die Beklagte zur Verhinderung des Staatsbankrottes an die Auflagen der Darlehensgeber bzw. Gläubigerländer halten und diese (durch Parlamentsgesetz) umsetzen musste. Dabei ging es insbesondere auch um die sofortige Umsetzung der Einsparmaßnahmen, wovon grundsätzlich alle Zahlungen und alle Bediensteten des Staates betroffen waren. Diesbezüglich hat bereits das LAG Hamm in seinem Urteil vom 03.04.2014 (17 Sa 1387/13) zutreffend auf Folgendes hingewiesen:
55"Aus der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11.04.2010 (Anhang II zu dem Gesetz 3845/2010) folgt, dass sie bereits am 23.03.2010 mit ihr die Bedingungen für eine Finanzhilfe vereinbart haben, um ihr im Bedarfsfall zu ermöglichen, zur Sicherung der Finanzstabilität im Euro-Währungsgebiet in diesem zu verbleiben. In der Erklärung wurde vereinbart, dass eine Kommission am 12.04.2010 zusammen mit dem IWF und den griechischen Behörden die Arbeit an einem gemeinsamen Programm aufnehmen sollte, das u.a. Beiträge der Beklagten und Auflagen an sie beinhalten sollte.
56Dass erhebliche Anstrengungen der Beklagten zur Meisterung der finanzpolitischen und strukturellen Herausforderungen Teil des Stabilitätsprogramms waren, folgt aus der Erklärung, die Eurogruppe begrüße die entschlossenen Anstrengungen der griechischen Behörden und der europäischen Partner zur Krisenbewältigung und stelle fest, dass die Haushaltsführung der ersten Monate des Jahres 2010, die bereits ergriffenen Maßnahmen Früchte trügen.
57Das Memorandum vom 03.05.2010 zur Verständigung auf konkrete wirtschaftspolitische Voraussetzungen (Anhang IV des Gesetzes 3845/2010) zeigt den europäischen Druck auf die Beklagte, quantitative Leistungskriterien einzuhalten. Die griechischen Behörden haben sich verpflichtet, mit dem Memorandum nicht in Einklang stehende Maßnahmen mit der europäischen Kommission, der EZB und dem IWF zu beraten und alle erforderlichen Informationen zur Überwachung der Fortschritte bei der Umsetzung des Programms und zur wirtschaftlichen und finanziellen Situation zur Verfügung zu stellen. Anschließend sind in 1) i) die Maßnahmen beschrieben, die durch die erste Überprüfung veranlasst wurden und bis zum Ende des zweiten Quartals 2010 abgeschlossen sein mussten. Dazu gehörte auch die Senkung der Lohnkosten im öffentlichen Sektor."
58Weiter erwähnt das LAG Hamm in seinem Urteil vom 03.04.2014 zutreffend:
59"Der Oberste Verwaltungsgerichtshof Griechenlands hat das Moratorium (Gesetz 3845/2010) einer Überprüfung unterzogen und mit Urteil vom 21.06.2011 entschieden, dass es weder die griechische Verfassung noch das europäische Menschenrechtsabkommen noch andere internationale Abkommen verletzt. Er hat das Gesetz auch im Hinblick auf Artikel 17 der griechischen Verfassung (Schutz des Eigentums) unter dem Gesichtspunkt der Lohnkürzung und im Hinblick auf Artikel 25 (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) geprüft und darauf hingewiesen, dass das Gesetz 3845/2010 Teil des allgemeinen Programms zur volkswirtschaftlichen Konsolidierung und Durchsetzung struktureller Reformen ist und dass es durch ernsthafte Gründe volkswirtschaftlichen Interesses gerechtfertigt ist, die Gründe auch gemeinsamen Interessen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union entsprechen (Quelle: Griechenland-Blog unter Bezugnahme auf in.gr.). …"
60c)Bei der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur Rechtfertigung der hier streitgegenständlichen Änderungskündigung ist somit nicht nur die zuvor erwähnte, insbesondere auch durch die Anhänge zum Gesetz Nr. 3845/2010 dokumentierte Ausgangssituation zu berücksichtigen, sondern auch die einem ausländischen Parlament zuzugestehende Einschätzungsprärogative, wie so bereits das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 25.04.2013 betont hat. Die Einsparungsmaßnahmen, so wie sie vom griechischen Parlament in den hier streitgegenständlichen Gesetzen beschlossen wurden, sind deshalb grundsätzlich hinzunehmen. Bei den darauf fußenden Änderungskündigungen lässt sich mithin nicht mit alternativen Maßnahmen argumentieren, die man anstelle der vorgenommenen Entgeltkürzungen hätte treffen können. Auch kann nicht darauf verwiesen werden, dass man den Kreis der von Einsparungsmaßnahmen betroffenen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes anders hätte bestimmen und so insbesondere z. B. die im Ausland im Angestelltenverhältnis beschäftigten Mitarbeiter hätte ausnehmen können (vgl. insoweit auch BAG vom 26.06.2008 - 2 AZR 139/07 -).
61Dabei geht die erkennende Kammer nicht davon aus, dass die Geberländer und/oder der griechische Gesetzgeber zur Realisierung des Gesetzeszweckes und der Kosteneinsparungen alles bis in alle Einzelheiten selbst vorgegeben hätten. Soweit die vorgesehenen Änderungen nicht unmittelbar durch die hier streitgegenständlichen Gesetze Wirksamkeit erlangt haben, wie im Streitfall zugrunde zu legen ist, sondern entsprechender Umsetzungsmaßnahmen, wie vorliegend, bedurften, war die Beklagte in ihrer Funktion als Arbeitgeber (des öffentlichen Dienstes) dazu aufgerufen, die entsprechenden Entscheidungen und erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wobei sie in dieser Funktion dem Inhalt und der Zwecksetzung der hier streitgegenständlichen Gesetze zwar Rechnung tragen, bei "ausfüllungsbedürftigen" Tatbeständen insoweit jedoch selbst noch die entsprechenden Entscheidungen jeweils treffen musste. Soweit insoweit nicht jede Einzelfrage, die sich im Rahmen der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben ergeben konnte, bis ins Detail vom Gesetzgeber selbst geregelt worden war, bedeutet dies deshalb nicht - und schon gar nicht zwangsläufig -, dass die im Einzelfall getroffenen Entscheidungen bzw. die Vornahme arbeitsvertraglicher Maßnahmen deswegen gesetzeswidrig bzw. unrechtmäßig wären, wie es so nach der klägerischen Argumentation teilweise anklingt.
62Bei der hier in Rede stehenden Belastung aller in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehenden Bediensteten im Hinblick auf die beschlossenen Einsparungen war es so z. B. zutreffend, dass die Beklagte als öffentlicher Arbeitgeber die (von ihr allein finanzierten) Klägerin als eine im Ausland beschäftigte Angestellte - mangels sachlicher Rechtfertigung einer Besserstellung und ansonsten auch im Einklang mit der gesetzlichen Zwecksetzung und der bestehenden Einsparungsnotwendigkeiten - von den gesetzlich angeordneten Gehaltskürzungen nicht ausgenommen hat, obwohl die im Ausland beschäftigten Angestellten im Gesetz insoweit keine ausdrückliche Erwähnung gefunden haben.
63d)Bei Ausspruch der hier streitgegenständlichen Änderungskündigung hat sich die Beklagte (in ihrer Funktion als Arbeitgeber) im Hinblick auf die vorgeschlagenen Änderungen in dem gesetzlich vorgegebenen Rahmen gehalten, d. h. diese gehen über die gesetzlichen Vorgaben nicht hinaus.
64aa)Nach Art. 1 § 4 des Gesetzes 3833/2010 wird das Gehalt von Bediensteten mit privatrechtlichen Verträgen, die wie die Klägerin keine Zulagen, Vergütungen und Honorare im Sinne des Art. 1 § 2 Abs. 1 erhalten, um 7 % gekürzt. Nach Art. 3 § 3 Satz 2 des Gesetzes 3845/2010 beträgt der weitere Kürzungsbetrag 3 %. Soweit der von der Beklagten nominell angebotene Kürzungsbetrag geringer ist als der sich aus den gesetzlichen Vorgaben tatsächlich errechnende Kürzungsbetrag, ist dies unter kündigungsschutzrechtlichen Gesichtspunkten unschädlich.
65bb)Auch das Angebot der Streichung der Jahressonderzahlung ist nach der griechischen Gesetzeslage gerechtfertigt. Gemäß Art. 3 § 6 Satz 2 des Gesetzes 3845/2010 erhalten Beschäftigte, die unter Berücksichtigung aller ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen innerhalb eines Kalenderjahres mehr als 3.000,00 € monatlich verdienen, keine Weihnachts-, Oster- und Urlaubszuwendung, bei darunter liegender Vergütung nur bis zur Grenze dieser 3.000,00 €. Für die Zahlung einer Weihnachts-, Oster- oder Urlaubszulage ist danach jeweils eine kalenderjahresbezogene Feststellung des monatlichen Verdienstes im Einzelfall erforderlich. Dieser Vorgabe würde es - dem Grunde und der Höhe nach - zuwiderlaufen, wenn eine Verpflichtung zur Zahlung von Jahressonderzahlungen, wie vorliegend, in einer bestimmten Höhe bestünde. Dabei ist die von der Beklagten als Arbeitgeberin getroffene, die gesetzlichen Vorgaben insoweit ausfüllende Entscheidung, die Beibehaltung der Gewährung tariflicher Sonderzahlungen als einen der vorgenannten gesetzlichen Regelungen zuwiderlaufenden Tatbestand zu sehen, nicht zu beanstanden, sind diese nach der Zwecksetzung den vom griechischen Gesetz erfassten Zuwendungen doch vergleichbar (so auch LAG Hamm, Urteil vom 03.04.2014 - 17 Sa 1387/13 -Rz186).
66cc)Schließlich bewegt sich auch die auf Abschaffung automatischer Tariflohnerhöhungen gerichtete Änderung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der der Beklagten von den Geberländern abverlangten Einsparungspolitik. Insoweit wäre es bereits widersinnig, Ausgabeneinsparungen durch Gehaltskürzungen vornehmen zu wollen, wenn dieses Einsparungspotenzial alsbald wieder von automatischen Lohnerhöhungen - zumal auf dem Niveau deutscher Tarifanpassungen im öffentlichen Dienst - aufgezehrt werden würde. Die Abschaffung automatischer Gehaltserhöhungen, deren Höhe sich zudem dem Willen und dem Einfluss der Beklagten entzieht, ist als flankierende Maßnahme zu Entgeltabsenkungen zwecks Einsparung entsprechender Kosten geradezu geboten. Entsprechend wurde dann auch im Gesetz Nr. 3833/2010 Art. 3 § 5 normiert, dass Bestimmungen des Gesetzes oder Bestimmungen, Bedingungen oder Klauseln von Tarifverträgen, Schiedssprüchen, Ministerialbeschlüssen oder Verwaltungsakten jeder Art und Bedingungen individueller Arbeitsverträge oder Vereinbarungen, die im Widerspruch zu den Bestimmungen dieser Bestimmungen oder der vorhergehenden Artikel stehen, aufgehoben werden - wobei zu den vorhergehenden Artikeln eben auch jene gehören, die eine Gehaltskürzung vorsehen, wie der hier interessierende Art. 1 § 4 mit der dort angeordneten Bezügekürzung um 7 %.
67Vorliegend geht es jedoch nicht nur um die effektive Umsetzung des Kürzungsgebotes aus Art. 1 des Gesetzes Nr. 3833/2010, vielmehr geht es auch darum, dass der Gesetzgeber nunmehr ausschließlich selbst über die Höhe der Bezüge der Beschäftigten im öffentlichen Dienst entscheiden wollte bzw. nach den Vorgaben der Geberländer auch entscheiden musste, was sich insbesondere mit einer automatischen Bezügeerhöhung aufgrund entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarungen nicht verträgt. Artikel 3 § 5 des Gesetzes Nr. 3833/2010 gibt damit der Republik Griechenland als Vertragspartei eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses quasi die Anweisung zur Aufhebung derartiger arbeitsvertraglicher Regelungen (so im Hinblick auf die Gehaltskürzung nach Art. 1 § 2 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 3833/2010 LAG München vom 23.01.2014 - 3 Sa 676/12 - Rz. 98). Die Beklagte in ihrer Funktion als Arbeitgeber war mithin gehalten, im Falle der Notwendigkeit einer Änderungskündigung als Umsetzungsakt gegenüber den mit privatrechtlichem Arbeitsverhältnis Beschäftigten eine etwaig bestehende Vereinbarung über einen Tariferhöhungsautomatismus abzuschaffen - dies hier mit dem zutreffenden Hinweis darauf, dass über Gehaltserhöhungen nunmehr der griechische Staat unter Beachtung der Einsparungspolitik entscheiden wird.
68d)Mit dem Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 03.04.2014 - 17 Sa 1387/13 - Rz. 197 ff) geht auch die erkennende Kammer davon aus, dass die Beklagte das verschlechternde Angebot nicht hätte befristen müssen. Soweit klägerseits darauf verwiesen wurde, dass nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. so z. B. BAG vom 01.03.2007 - 2 AZR 580/05 - Rz. 40) bei einem vorübergehenden finanziellen Engpass keine Berechtigung besteht, das Entgelt der Mitarbeiter dauerhaft abzusenken, kann vom Vorliegen eines derartigen Falles hier nicht die Rede sein. Dabei kommt es nach Auffassung der Kammer vorliegend weniger darauf an, ob bei Ausspruch der Kündigung ein Ende der Wirtschaftskrise absehbar war. Im Streitfall geht es nicht um einen kurz- oder mittelfristigen Liquiditätsengpass, der vorübergehend - während der Dauer seines Bestehens- eine (Weiter-)Zahlung der Personalkosten in bisheriger Höhe nicht erlaubt, sondern um einen (hochgradig) sanierungsbedürftigen (Staats-)Haus-halt, dem liquide Mittel nur um den Preis nachhaltiger Konsolidierungsbemühungen zur Verfügung gestellt werden. So hatte die Beklagte bereits von Anbeginn an darauf hingewiesen, dass bei den Verhandlungen mit den Gläubigern und den in Betracht kommenden Darlehensgebern sich unstreitig ergeben habe, dass die miserable wirtschaftliche Situation der Beklagten u. a. auch auf die große Anzahl der Bediensteten im öffentlichen Sektor und deren überhöhter Löhne zurückzuführen gewesen sei. Im Rahmen der Vereinbarungen - Moratorium - mit den Geldgeberländern habe die Beklagte zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden gehabt: Entweder die sofortige Entlassung von 250.000 Bediensteten oder die radikale Kürzung der Löhne/Gehälter. Auf diesen Vortrag waren die Parteien ausdrücklich noch einmal durch gerichtliches Schreiben vom 27.01.2014 hingewiesen worden. Mit Schriftsatz vom 10.04.2014 hat die Beklagte sodann nochmals darauf hingewiesen, dass Sinn und Zweck der verabschiedeten Gesetze die Neustrukturierung der Besoldung der Staatsbediensteten der Beklagten gewesen sei, aufgrund der unstreitigen Tatsache, dass die Probleme der Wirtschaft der Beklagten auf eine nicht effiziente öffentliche Verwaltung, welche unverhältnismäßig hohe Kosten produziert habe, zurückzuführen gewesen sei. Die Geberländer der Eurozone und der Internationale Währungsfond hätten deshalb die zu leistende Wirtschaftshilfe von der Verabschiedung konkreter Kürzungen der Löhne der Bediensteten der öffentlichen Hand abhängig gemacht. Zu den Kürzungen sei auch die Einführung einer den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beklagten angepassten einheitlichen Besoldungsordnung gefordert und vereinbart worden. Klägerseits ist diesem Vortrag nicht widersprochen worden.
69Die hier in Rede stehende Sanierungs- und Konsolidierungsnotwendigkeit der Beklagten insbesondere auch bei den Ausgaben für Löhne und Gehälter bedeutet, dass eine Rückkehr zu den früheren Verhältnissen bzw. ein Rückfall in dieselben gerade vermieden werden sollte. Als vorläufig könnte die hier in Rede stehende Entgeltabsenkung deshalb allenfalls insofern bezeichnet werden, als mit den Gesetzen aus 2010 in einem ersten Schritt die dringlichsten Einsparungsmaßnahmen angeordnet werden sollten im Sinne einer dauerhaften "Mindesteinsparungsquote" mit der damals noch offenen Option, in den Folgejahren weitergehende Einsparungen und Kürzungen vorzunehmen. Auf diesen Umstand hat die Beklagte im Übrigen zuletzt auch nochmals mit Schriftsatz vom 7.7.2014 hingewiesen.
70Aus diesem Grund, aber auch von Gesetzes wegen, war die Beklagte in ihrer Funktion als Arbeitgeber nicht gehalten, die in einem ersten Schritt notwendigerweise zur Erreichung der gesetzlich vorgesehenen Mindesteinsparungen vorzunehmenden Vertragsänderungen auf das Haushaltsjahr 2010 zu beschränken. Die in den Gesetzen aus 2010 enthaltenen Regelungen sind nur insoweit als befristet anzusehen, als dies dort auch ausdrücklich bestimmt ist. Bei diesen Gesetzen geht es nämlich nicht nur darum, die Ausgaben für ein bestimmtes Haushaltsjahr - hier das Haushaltsjahr 2010 - festzuschreiben. Bereits die Überschrift zu Kapitel A des Gesetzes 3833/2010 verweist auf ein doppeltes Regelungsziel, nämlich "Maßnahmen zur Minderung der Haushaltsdefizite" einerseits und "Einkommenspolitik für das Jahr 2010" andererseits. Der Regelungsgegenstand "Einkommenspolitik des Jahres 2010" findet sich unter der nämlichen Überschrift dann in Art. 3 des Gesetzes 3833/2010. Die dort getroffenen Regelungen zur Frage der Bezügeerhöhungen sind in der Tat bis zum 31.12.2010 befristet worden, und bedurften von daher auch einer Verlängerungsregelung, wollte man die dort getroffenen Bestimmungen auch im Jahr 2011 beibehalten. Letzteres ist mit dem am 17.12.2010 verabschiedeten Gesetz Nr. 3899 geschehen, mit dem in Art. 3 des Gesetzes 3833/2010 ein § 6 hinzugefügt wurde, der die Regelungen der vorangegangenen Paragraphen für die Einkommenspolitik des Jahres 2010 auch für die Haushaltspolitik für das Jahr 2011 für anwendbar erklärt.
71e)Nach Auffassung der Kammer ist hier mithin im Ergebnis zugrunde zu legen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen, wie sie vorliegend in Rede stehen, für die Beklagte unabweisbar und notwendig war und dies als wichtiger Grund den Ausspruch der hier streitgegenständlichen fristlosen Änderungskündigung rechtfertigte - und dies nach Auffassung der Kammer auch ohne Einhaltung einer Kündigungs- bzw. Auslauffrist.
72aa)Zwar soll eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen gegenüber einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer grundsätzlich nicht möglich sein, da sie voraussetzt, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist, und dies bei betriebsbedingten Kündigungen regelmäßig nicht der Fall sei (vgl. so z. B. BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rz. 13 m.w.N.). Nach Auffassung der Kammer ist vorliegend jedoch der (ganz seltene) Ausnahmefall gegeben, bei dem die Berechtigung zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB aus betriebsbedingten Gründen auch gegenüber einem an sich noch ordentlich kündbaren Arbeitnehmer zu bejahen ist. Wie dringlich dem Gesetzgeber nicht nur eine alsbaldige, sondern eine sofortige Umsetzung der mit dem Gesetz vom 11.03.2010 beschlossenen Einsparungsmaßnahmen war, zeigt Art. 1 § 9 dieses Gesetzes: Danach reichten dem Gesetzgeber nicht einmal die Einsparungen, die ab Inkrafttreten dieses Gesetzes mit sofortiger Wirkung zu erzielen waren, es sollten nach dieser Bestimmung auch die Beträge, die sich aus der in diesem Artikel vorgesehenen Herabsetzung ergeben werden und dem Zeitrahmen vom 01.01.2010 bis zur Umsetzung dieses Gesetzes entsprechen, in den Folgemonaten nach einer näher festgelegten Staffel einbehalten werden. Abgesehen davon, dass einem ausländischen Parlament, wie hier dem griechischen, eine Einschätzungsprärogative auch insoweit zuzugestehen ist, als es um den Zeitpunkt geht, zu dem von ihm beschlossene Maßnahmen umgesetzt werden sollen, hat die Beklagte zuletzt auch noch einmal mit Schriftsatz vom 10.04.2014 - insoweit klägerseits unwidersprochen geblieben - darauf hingewiesen, dass sie zum damaligen Zeitpunkt zahlungsunfähig war und selbst die gekürzten Löhne und Gehälter nur hätte zahlen können, wenn die Kredit gebenden Länder finanzielle Mittel zur Verfügung stellen würden. Ein Zuwarten mit der Umsetzung der beschlossenen Einsparungsmaßnahmen zwecks Einhaltung von Kündigungsfristen kann von daher vorliegend nicht mehr als zumutbar angesehen werden. Wäre im vorliegenden Fall eine Kündigungs- bzw. Auslauffrist einzuhalten, ergäbe sich im Übrigen gegenüber denjenigen Angestellten und Beamten, bei denen die gesetzlich vorgesehenen Einsparungen unmittelbar, automatisch und nicht nur mit sofortiger Wirkung, sondern sogar rückwirkend ab 01.01.2010 vorgenommen wurden, eine erhebliche Ungleichbehandlung und ein entsprechender Wertungswiderspruch, von dem Umstand einmal abgesehen, dass im Falle der Klägerpartei bei Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist bzw. Auslauffrist ein "Sanierungsbeitrag" in Form der Gehaltskürzung und der Streichung der Jahressonderzahlung für das Haushaltsjahr 2010 selbst bei einer zeitnah zur Verkündung der hier in Rede stehenden Gesetze ausgesprochenen Änderungskündigung nicht oder jedenfalls nicht mehr in nennenswertem Umfang hätte erreicht werden können.
73Der hier bejahten Möglichkeit, ausnahmsweise eine fristlose (Änderungs-)Kün-digung nach § 626 BGB auch auf betriebsbedingte Gründe stützen zu können, lässt sich nach Auffassung der Kammer mit dem Argument, dass grundsätzlich einmal geschlossene Verträge einzuhalten sind und das Geldmangel den Schuldner nicht entlastet ("Geld hat man zu haben") nicht begegnen. Dieses Argument macht bei Dauerschuldverhältnissen, die über Jahre oder gar Jahrzehnte laufen und bei deren Abschluss die künftige konjunkturelle bzw. wirtschaftliche Entwicklung noch gar nicht absehbar ist, nicht unbedingt einen Sinn, kann einem Arbeitgeber doch nicht vorgeworfen werden, dass er - z. B. in Zeiten von Hochkonjunktur und blühender Wirtschaftslage seines Unternehmens - den Arbeitnehmer zu entsprechend günstigen Konditionen einstellt und beschäftigt und dieselben dann einer später veränderten, schlechteren Wirtschaftslage anzupassen versucht. Gerade die unveränderte Beibehaltung an sich so nicht mehr tragbarer bzw. finanzierbarer Konditionen kann zum Ruin eines Unternehmens bzw. - wie hier - sogar eines ganzen Staates führen. Genaugenommen stellt sich bei Dauerschuldverhältnissen und so insbesondere auch bei Arbeitsverhältnissen nur die Frage der (angemessenen) Risikoverteilung, wobei gerade im Insolvenzfall die Faktizität des nicht mehr vorhandenen Geldes zeigt, dass Zahlungen der insoweit einzuhaltenden Kündigungsfrist nur in dem Umfang zu erwarten sind, wie noch Mittel im Insolvenzverfahren zur Verteilung zur Verfügung stehen, und die notwendigen Mittel zur Begleichung von Lohnforderungen im Übrigen vielfach auch nicht durch den Arbeitgeber, sondern durch den Staat aufgebracht werden, wie z. B. die Zahlung des Insolvenzausfallgeldes zeigt.
74bb)Auch die Interessenabwägung kann hier nicht zu Gunsten des Interesses der Klägerin an der Beibehaltung ihrer bisherigen ungekürzten Bezüge während der Dauer einer Kündigungs- bzw. Auslauffrist den Ausschlag geben angesichts der damaligen prikären finanziellen Situation der Beklagten, welche die Bezahlung eines jeden Bediensteten des öffentlichen Dienstes - und dies nicht nur teilweise, sondern gänzlich - in Frage stellte, und erst die sofortige Reduzierung der Einkünfte bei allen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes es möglich machte, dass überhaupt, wenn auch nur in reduziertem Umfang die Bezahlung von Löhnen und Gehältern möglich wurde, weshalb es hier nach Auffassung der Kammer keine unzumutbare Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin bedeuten kann, wenn sie ihrerseits in nämlichem Umfang den ihr abverlangten Sanierungsbeitrag zu leisten hat.
75Die Einhaltung einer Kündigungs- bzw. Auslauffrist kann von der Beklagten auch nicht deshalb verlangt werden, weil sie selbst bis zum Ausspruch der Änderungskündigung erhebliche Zeit seit Verabschiedung der hier streitgegenständlichen Gesetze hat verstreichen lassen. Diese Tatsache ist nämlich nicht dem Umstand geschuldet, dass die Beklagte die Klägerin ganz oder zumindest zeitweise von den gesetzlich beschlossenen Einsparungsmaßnahmen verschonen bzw. diesbezüglich in ihrem Falle noch zuwarten wollte. Durch Gehaltskürzungen und Lohneinbehalte hat sie derartige Einsparungsmaßnahmen - und dies zeitnah - tatsächlich auch vorgenommen, wozu sie sich auch ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung berechtigt glaubte. Das (alsbaldige) "Ob" der Umsetzung der Einsparungsmaßnahmen auch im Falle der Klägerin stand somit nie in Frage, sondern nur das "Wie", welches angesichts der besonderen rechtlichen Probleme des vorliegenden Falles im Übrigen auch nicht so ganz einfach zu beantworten war bzw. auch jetzt noch nicht abschließend geklärt ist.
76cc)Die Nichteinhaltung der zweiwöchigen Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB steht der Wirksamkeit der vorliegenden Kündigung nicht entgegen. Bei den hier streitgegenständlichen Einsparungsnotwendigkeiten und den diesbezüglich gesetzlich vorgegebenen Einsparungsmaßnahmen sowie im Hinblick auf die Unzumutbarkeit für die Beklagte, die Klägerpartei - und sei es auch nur für den Zeitraum der Kündigungsfrist - zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen, handelt es sich um einen "Dauertatbestand", bei dem die Frist stets von Neuem beginnt (vgl. dazu BAG vom 20.6.2013 - 2 AZR 379/12 Rdr.32; BAG vom 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - Rdnr. 28 m.w.N.).
77Der Berufung der Beklagten konnte nach alledem der Erfolg nicht versagt bleiben.
78II.
79Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs.6 ArbGG, 91 ZPO, die Entscheidung über die Zulassung der Revision aus § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG.
80RECHTSMITTELBELEHRUNG
81Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
82R E V I S I O N
83eingelegt werden.
84Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
85Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
86Bundesarbeitsgericht
87Hugo-Preuß-Platz 1
8899084 Erfurt
89Fax: 0361-2636 2000
90eingelegt werden.
91Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
92Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
931.Rechtsanwälte,
942.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
953.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
96In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
97Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
98Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
99* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
100Dr. StoltenbergHoffmannKrause
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(1) Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf Repräsentanten anderer Staaten und deren Begleitung, die sich auf amtliche Einladung der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten.
(2) Im übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.