Gemeinschaftliches Kirchliches Arbeitsgericht erster Instanz in Bayern Urteil, 25. Jan. 2017 - 1 MV 15/16

published on 25/01/2017 00:00
Gemeinschaftliches Kirchliches Arbeitsgericht erster Instanz in Bayern Urteil, 25. Jan. 2017 - 1 MV 15/16
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Tenor

I. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau A. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird ersetzt.

II. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau B. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird ersetzt.

III. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau C. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird ersetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die gerichtliche Ersetzung der von der beklagten Mitarbeitervertretung (MAV) verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen A., B. und C.

Die Klägerin betreibt zum einen das Tagungs- und Bildungshaus D. und weiter das Jugendgästehaus E. In der erstgenannten Einrichtung sollten zum 05.09.2016 Frau A. und Frau C. als Haushaltshilfen eingestellt und in die Entgeltgruppe (EG) 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 eingruppiert werden. In gleicher Weise sollte Frau B. im Jugendhaus Jugendgästehaus E. zum 16.08. 2016 eingestellt und eingruppiert werden.

Mit Schreiben vom 25.07. bzw. 01.08.2016 beantragte die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zu diesen Personalmaßnahmen. Im Folgenden stimmte die Beklagte den beantragten Einstellungen zu, verweigerte hingegen die Zustimmung zu den beabsichtigten Eingruppierungen mit der Begründung, es werde damit gegen das Arbeitsvertragsrecht der bay. (Erz-) Diözesen (im Folgenden: ABD) verstoßen. Die betroffenen Mitarbeiterinnen würden keinesfalls nur einfachste Tätigkeiten verrichten und müssten deshalb anstelle EG 1 in die EG 2 eingruppiert werden (vgl. Anlage K4). Auch eine danach stattgefundene Einigungsverhandlung blieb erfolglos. Die Beklagte hielt an ihrer Zustimmungsverweigerung fest (vgl. Schreiben v. 13.09.2016, Anlage K6).

Im Folgenden hat die Klägerin das Verfahren vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht mit dem Ziel der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung der Beklagten zu den Eingruppierungen anhängig gemacht und hier ausgeführt, die Mitarbeiterinnen A., B. und C. würden als Haushaltshilfen in den Einrichtungen Tagungs- und Bildungshaus D. und Jugendgästehaus E. nur einfachste Tätigkeiten erledigen. Dazu habe in den Jahren 2013/2014 eine Organisationsuntersuchung durch ein Fachinstitut stattgefunden, in der die Einordnung der Aufgaben der Haushaltshilfen als „einfachste Tätigkeiten" ausdrücklich bestätigt worden seien. Deren Gesamttätigkeit in beiden Einrichtungen würde sich ungefähr zu je einem Drittel auf Reinigungsarbeiten (Zimmer/ Tagungsräume), Service/Speisesaal und Mithilfe in der Küche aufgliedern lassen. Bei den Reinigungsarbeiten genüge eine angemessen kurze Einweisung, keinesfalls sei eine einwöchige Schulung erforderlich. Es würden keine eigenen Entscheidungen oder aufwändigere Qualitätsstandards abverlangt. Es sei richtig, dass in den Einrichtungen verschiedene Bodenbeläge existierten.

Aber die dafür erforderlichen Reinigungsmittel seien eindeutig gekennzeichnet (beschriftet). Zwar gebe es im Tagungs- und Bildungshaus D. kunsthistorisch besondere Räume mit einem vereinzelt höheren Reinigungsaufwand. Dafür seien aber in dieser Einrichtung 13 Reinigungskräfte schwerpunktmäßig tätig. Die hier streitigen Mitarbeiterinnen würden deshalb nur für die Bodenreinigung eingesetzt.

Bei der Tätigkeit im Service ginge es im Wesentlichen um das Bereitstellen und Auftragen der Speisen sowie das Abräumen des gebrauchten Geschirrs. Diese Tätigkeit der Serviererin entspräche dem tariflichen Richtbeispiel. Das Kassieren von Getränken falle im Jugendgästehaus E. nicht an, weil dort fast nur Jugendgruppen untergebracht seien, bei denen die Getränke über die Pauschale abgegolten seien. Im Tagungs- und Bildungshaus D. kann es zu Einzelbestellungen von Getränken seitens der Gäste kommen. Dann sei nicht auszuschließen, dass die Haushaltshilfen in wenigen Fällen Getränke kassierten.

In der Küche würden einfache Hilfsarbeiten bei der Speisenbereitung erledigt, wie Gemüse- und Salatputzen oder ähnliches. Dabei würden auch einfache Küchengeräte bedient. Auch bei den Spülu. Küchenreinigungsaufgaben finde ein einfacher Maschineneinsatz statt. Die verwendete Profispülmaschine müsse nur nach simplen Regeln befüllt und dann die Einschalttaste bedient werden. Insgesamt würden die einfachsten Funktionen das Tätigkeitsbild der Haushaltshilfen eindeutig dominieren.

Soweit sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erstmals darauf berufen habe, dass die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen nach ABD, Teil A 2.3, S (Wirtschaftspersonal in Anstalten u. Heimen) zu erfolgen habe, sei dies schon deshalb unbehelflich, weil von der Beklagten nicht mit der Zustimmungsverweigerung vorgetragen. Im Übrigen gehe die EG 1, Teil A. 3., Anlage 4 den Regelungen über das Wirtschaftspersonal in Anstalten u. Heimen als Spezialregelung vor.

Die Klägerin hat deshalb beantragt,

I. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau A. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird durch die Entscheidung des Gerichts ersetzt.

II. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau B. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird durch die Entscheidung des Gerichts ersetzt.

III. Die Zustimmung der Beklagten zur Eingruppierung von Frau C. in die Entgeltgruppe 1, Stufe 2, ABD, Teil A 3., Anlage 4 wird durch die Entscheidung des Gerichts ersetzt.

Die Beklagte hat hingegen beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klage sei unbegründet, weil sie zu Recht bei der von der Klägerin begehrten Eingruppierung der Mitarbeiterinnen A., B. und C. einen Rechtsverstoß nach der kirchlichen Ordnung (ABD) reklamiert habe.

Die Vorgenannten leisteten als Haushaltshilfen in den Einrichtungen Tagungs- und Bildungshaus D. und Jugendgästehaus E. keinesfalls nur einfachste Tätigkeiten im Sinne der EG 1. Ihre Tätigkeit müsste tariflich als einheitlicher Arbeitsvorgang gewertet werden und könne wegen der erforderlichen Einarbeitung, der Maschinenbedienung und den Sorgfaltsvorgaben nicht der von der Klägerin herangezogenen EG 1 zugeordnet werden. Dies gelte auch, wenn der von der Klägerin behaupteten Gliederung in die Einheiten Zimmerservice/Reinigung, Service/Speisesaal und Küche gefolgt würde. Allerdings sei in diesem Zusammenhang zu bestreiten, dass diese Einheiten jeweils einen Zeitanteil von ca. einem Drittel ausmachen würden. Genauere Angaben könne aber auch die Beklagte nicht machen.

Die Tätigkeiten im Service/Speisesaal seien schon deshalb nicht einfach, weil jedenfalls im Ta-gungs- und Bildungshaus D. von einem Teil der Gäste auch individuell bestellte Getränke abzukassieren seien. In der Küche gehe es nicht nur um die Mitarbeit bei der Speisenzubereitung, sondern es müssten dort unterschiedliche Maschinen, z.B. eine gewerbliche Spülmaschine, eine Waschmaschine und Haushaltsschneidemaschine bedient werden. Auch der Bereich „Reinigung/Zimmerservice“ sei anspruchsvoller als eine einfachste Tätigkeit. So müssten für unterschiedliche Böden in den Einrichtungen unterschiedliche Reinigungsmittel mit einer Einteilung von speziellen Reinigungslappen (nach einem Farbsystem) genutzt werden. Daraus ergäben sich besondere Qualitätsanforderungen, die von den Haushaltshilfen zu bewältigen seien. Deshalb sei davon auszugehen, dass es für jeden der drei Bereiche einer Einarbeitungszeit von je einer Woche bedürfe. Insgesamt sei die tarifliche Bewertung nach EG 1 unrichtig. Die Haushaltshilfen seien nach EG 2 einzugruppieren.

Schließlich könne sich die Beklagte - wie geschehen - auch noch in der mündlichen Verhandlung auf die eigentlich richtige Eingruppierung der streitigen Mitarbeiterinnen in die Vergütungsordnung ABD, Teil A.2.3, S (Wirtschaftspersonal in Anstalten u. Heimen) berufen. Sie habe nämlich mit der Zustimmungsverweigerung vom 05.08.2016 generell den Verstoß gegen das ABD gerügt. Deshalb sei die nachträgliche Einwendung bezüglich der Vergütungsordnung ABD, Teil A 2.3. S nicht verspätet.

Zum weiteren Vorbringen der beteiligten Parteien wird auf die Niederschrift aus der mündlichen Verhandlung sowie auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich deren Anlagen verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Der Rechtsweg und die sachliche Zuständigkeit des Kirchlichen Arbeitsgerichts sind gegeben, da eine Streitigkeit aus dem Mitarbeitervertretungsrecht vorliegt (§ 2 Abs. 2 KAGO in Verbindung mit § 33 Abs. 4 MAVO).

Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-) Diözesen ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KAGO auch örtlich zuständig, weil die beklagte MAV ihren Sitz in dessen Gerichtsbezirk hat.

Auch im Übrigen begegnen der Zulässigkeit der Klage keine Bedenken. Die Klägerin hat das vorgeschaltete Einigungsverfahren (§ 33 Abs. 3, S.1 MAVO) unstreitig durchgeführt.

II.

Die Klage ist auch sachlich begründet.

Die von der Klägerin begehrte Eingruppierung der Mitarbeiterinnen A., B. und C. in die EG 1, Stufe 2, ABD, Teil A. 3., Anlage 4 widerspricht nicht der kircheneigenen Ordnung in Gestalt des ABD. Das Kirchliche Arbeitsgericht hatte deshalb die fehlende Zustimmung der Beklagten zur vorgenannten Eingruppierung zu ersetzen (§§ 33 Abs. 4, 35 Abs. 2 Nr.1 MAVO, ABD Teil A.3.).

1. Bei der Eingruppierung handelt es sich um eine personelle Einzelmaßnahme des Dienstgebers, bei der das Mitbestimmungsrecht der MAV nach § 35 Abs. 1 MAVO eröffnet ist. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 25.07./ 01.08.2016 entsprechende Zustimmungsanträge unter Mitteilung der vorgesehenen Eingruppierung an die Beklagte gerichtet (§ 33 Abs. 2, S.1 MAVO). Die Beklagte hat mit Schreiben vom 05.08. 2016 die Zustimmung zur Eingruppierung verweigert und sich dabei auf Verstöße gegen das ABD (kircheneigene Ordnung) berufen und dies weiter begründet. Auch nach der Einigungsverhandlung hat die Beklagte -fristgerecht - an der Zustimmungsverweigerung festgehalten. Es liegt als eine formell ordnungsgemäße Zustimmungsverweigerung der Beklagten vor (§§ 33 Abs. 2 u.3, 35 Abs. 2 Nr.1 MAVO). All dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

2. Die Eingruppierung des/der Mitarbeiters/in in das Regelwerk einer für das Dienst-/ Arbeitsverhältnis normativ oder individualrechtlich geltenden Vergütungsordnung ist keine rechtsgestaltend in das Ermessen des Dienstgebers gestellte Entscheidung. Es gilt vielmehr die sog. Tarifautomatik, d.h. der Mitarbeiter ist in der Vergütungs- oder Entgeltgruppe eingruppiert, die der ihm übertragenen und von ihm ausgeübten Tätigkeit entspricht (vgl. ABD, Teil A, 2.13 Lohngruppenverzeichnis § 2 in Verbindung mit A. 3., Abschnitt IV § 17). Danach nimmt also der Dienstgeber bei der Eingruppierung eine Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe vor, die nach seiner Bewertung des Sachverhalts und der rechtlichen Einordnung der Tätigkeit des Mitarbeiters entspricht. Eingruppierung ist Rechtsanwendung, nicht Rechtsgestaltung. Entsprechend kommt der zu beteiligenden MAV „nur“ ein Mitbeurteilungsrecht zu, sie kann hingegen den Inhalt des Arbeitsvertrages nicht mitgestalten (st. Rspr. vgl. BAG v. 27.10.2010, 7 ABR 96/09; Thiel/Fuhrmann/ Jüngst [T/F/J], MAVO, 7. Auflage, § 35 Rdnr. 6; Freiburger Kommentar [FK]Sroka, § 35 MAVO Rdnr.9/10).

3. Für die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen A., B. und C. sind folgende Vorschriften des ABD maßgeblich:

A, 3., Anlage 4: EG 1 Beschäftigte mit einfachsten Tätigkeiten, zum Beispiel Essensu. Getränkeausgeber/innen Garderobenpersonal Spülen u. Gemüseputzen u. sonstige Tätigkeiten im Hausu. Küchenbereich Reiniger/innen im Außenbereich wie Höfe, Wege, Grünanlagen, Parks Wärter/innen von Bedürfnisanstalten Servierer/innen Hausarbeiter/innen Hausgehilfe/innen Bote/Botin (ohne Aufsichtsfunktion)

Hinweis: Diese Zuordnung gilt unabhängig von bisherigen Zuordnungen zu Vergütungs/Lohngruppen

EG 2 Verweis/Überleitung auf (frühere) Vergütungsgruppe IX b, X bzw. (frühere) Lohngruppe 1

4. a) Die Eingruppierung des Mitarbeiters einschließlich seiner Zuordnung zu einer Entgeltoder Vergütungsordnung hat grundsätzlich tätigkeitsbezogen zu geschehen. Die Entgeltoder Vergütungsgruppen werden regelmäßig durch Tätigkeitsmerkmale beschrieben. Die gesamte Tätigkeit des einzugruppierenden Mitarbeiters kann sich auch in abgrenzbare und selbständig zu bewertende Teiltätigkeiten untergliedern. Der aus dem Angestelltenbereich (früherer BAT) geläufige Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ist für den hier maßgeblichen gewerblichen Bereich (Lohngruppenverzeichnis) nicht anwendbar. Es gelten nämlich für die Lohngruppen die bisherigen Regeln fort (ABD, A.3, Abschnitt IV, § 17 Abs. 1). Die allgemeinen Bewertungsregelungen sind jedoch auch hier nach dem Rechtsgedanken nutzbar zu machen (vgl. BAG v. 28.01. 2009, 4 ABR 92/07, NZA 2009, 1042). Für die Eingruppierung ist es deshalb letztlich von zentraler Bedeutung, dass für zumindest die Hälfte der Aufgaben Tätigkeiten festgestellt werden, die die Tarifmerkmale der begehrten/geforderten Entgeltgruppe (früher: Lohngruppe) erfüllen (ABD, Teil A, 2.13, § 2 Abs. 1). Benennt die Entgeltgruppe sog. Richtbeispiele, haben die Tarifparteien damit in typisierender Weise eindeutig festgelegt, dass der tarifliche Oberbegriff (hier: einfachste Tätigkeit) bei der als Beispiel bezeichneten Tätigkeit erfüllt ist (BAG v. 20.06.2012, 4 AZR 438/10, NZA-RR 2013, 200). Andererseits bedeutet eine beispielhafte Aufzählung keine abschließende Definition der jeweiligen Tätigkeiten. Vielmehr ist für nicht als Richtbeispiel genannte Tätigkeiten auf den Oberbegriff zurückzugreifen (BAG v. 28.01.2009, a.a.O.).

b) Nach dem gesamten Vorbringen der Parteien geht das Kirchliche Arbeitsgericht bei der hier zu bewertenden Tätigkeit „Haushaltshilfe“ davon aus, dass sich hier nach den tatsächlichen Inhalten und der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise eine Gliederung in die abgrenzbaren Teiltätigkeiten „Küche“, „Service/Speisesaal“ und „Reinigung/Putzen“ ergibt. Eine solche Struktur lässt sich insbesondere ungekünstelt aus der von der Beklagten vorgelegten Stellen-/Aufgabenbeschreibung „Haushaltshilfe“ (vgl. Anlage B1) entnehmen. Weiter hat die Beklagte selbst in der Klageerwiderung vom 10.11. 2016 auf die Dreiteilung der strittigen Aufgaben rekurriert. Eine pauschalisierende Gesamttätigkeit kann die Kammer hingegen nicht erkennen. Sie würde die unterscheidbaren Arbeitsinhalte und Arbeitsergebnisse vernachlässigen.

Aufgrund der intensiven Erörterung mit den Parteivertretern in der mündlichen Verhandlung legt die Kammer für die weitere Bewertung auch zugrunde, dass die drei genannten Teileinheiten jeweils einen Zeitanteil von ca. einem Drittel ausmachen. Die Klägerin hat sich dazu auf die Erkenntnisse und Feststellungen von Frau F. bezogen. Diese ist - wie von der Klägerin richtig gestellt - die Hauswirtschafterin und stellvertretende Hauswirtschaftsleiterin der Einrichtung Tagungs- und Bildungshaus D., also eine unmittelbar sachkundige Person. Die Beklagte hat diese zeitliche Aufteilung zwar (formal) bestritten, konnte aber ein konkretes anderes Zeitmaß auch nicht vortragen. Warum der Beklagten als Organ der Mitarbeitervertretung dazu eine geeignete Darlegung nicht möglich sein soll, ist nicht erkennbar geworden ist. Insbesondere hat die Beklagte aber auch nicht behauptet, eine der Teiltätigkeiten würde die Hälfte oder mehr der Gesamttätigkeit ausmachen; nur solches hätte eine Entscheidungsrelanz entfalten können. Die Kammer sah deshalb keine Möglichkeit, dem Einwand der Beklagten weiter nachzugehen, sondern macht sich - dem Rechtsgedanken nach - die Wertungen aus § 138 Abs. 4 ZPO zu Eigen. Weiter sind für die Kammer keine Erkenntnisse hervorgetreten, dass die Klägerin (als Körperschaft des öffentlichen Rechts) mit ihrem Vorbringen gegen die prozessuale Wahrheitspflicht verstoßen will (§ 138 Abs. 1 ZPO).

c) Für die konkrete Zuordnung der Entgeltgruppe ist zunächst festzuhalten, dass sich die von der Klägerin benannte Funktion „Haushaltshilfe“ nicht unmittelbar unter der Reihung der Richtbeispiele für die EG 1 befindet. Wie oben bereits ausgeführt, hindert dies jedoch nicht, die strittigen Aufgaben unter den Oberbegriff der Entgeltgruppe zu subsumieren. Allerdings ist hier bereits festzuhalten, dass „Haushaltshilfe“ den in der Norm aufgeführten Richtbeispielen „Hausgehilfin“ und „Hausarbeiterin“ jedenfalls vom allgemeinen Sprachgebrauch her schon sehr nahe kommt.

Für den Oberbegriff der Norm (einfachste Tätigkeit) als unbestimmter Rechtsbegriff sind folgende Kriterien - von denen auch die Kammer ausgeht - herausgearbeitet worden. Es muss sich um eine Anlerntätigkeit handeln, für die nur eine kurze Einweisung oder Anlernphase (höchstens zwei Arbeitstage) erforderlich ist; weiter müssen im Wesentlichen gleichförmige Arbeiten ohne eigenen Entscheidungs- oder Verantwortungsbereich zu erledigen sein (BAG v. 28.01. 2009, a.a.O.; BAG v. 20.05.2009, 4 AZR 315/08; BAG v. 01.07.2009, 4 ABR 16/08). Zu beachten ist allerdings, dass allein das Tätigwerden in mehreren unterschiedlichen Teilaufgaben die Tätigkeit insgesamt nicht schon deshalb über das Niveau der einfachsten Tätigkeiten hinaushebt; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Teilaufgaben für sich als „einfachst“ zu qualifizieren sind (BAG v. 20.05. 2009, 4 ABR 99/08, NZA-RR 2009, 672).

d) In der weiteren Subsumtion des hiesigen Sachverhalts ist die Kammer zu folgender Bewertung der gegenständlichen Teilaufgaben gelangt:

Im Küchenbereich erschöpft sich die Tätigkeit der Haushaltshilfen in der Mithilfe bei der Speisenvoru. zubereitung, teilweise unter Verwendung einfacher Küchengeräte oder Maschinen. Hinzukommt die Spültätigkeit, ebenfalls unter Einsatz einer Spülmaschine für den gewerblichen Gebrauch. Diese Aufgaben entsprechen fast wortgenau dem normativen Richtbeispiel „Spülen u. Gemüseputzen u. sonstige Tätigkeiten im Hausu. Küchenbereich“. Wegen der den tariflichen Normgebern zukommenden typisierenden und generalisierenden Bewertungskompetenz bei der Festlegung von Richtbeispielen muss es dabei verbleiben. Unabhängig davon sind aber auch keine Erkenntnisse dahingehend hervorgetreten, dass die hier zu bewertende Küchentätigkeit anspruchsvollerer Natur wäre. Dies gilt gerade auch für die Arbeit mit der Spülmaschine, bei der das grob vorgereinigte Geschirr nur eingeschichtet werden muss und dann der Startknopf zu bedienen ist. Der Spülvorgang selbst läuft automatisch ab. Deshalb gelangt diese Funktion über eine gleichförmige Tätigkeit ohne besondere (eigene) Verantwortung nicht hinaus.

In der Teilaufgabe „Service/Speisesaal“ sind im Wesentlichen die Speisen bereitzustellen, sie aufzutragen, das benutzte Geschirr abzutragen, Getränke bereitzustellen oder aufzutragen oder auch Speisen für Büfetts anzurichten und/oder auszuteilen. Auch hier ist zwanglos auf die normierten Richtbeispiele „Serviererin“ und „Essens-u. Getränkeausgeberin“ zu verweisen. Mit diesen Richtbeispielen sind die Aufgaben der Haushaltshilfen im Bereich „Service/Speisesaal“ hinreichend erfasst. Sie übersteigen die einfachsten Tätigkeiten also nicht. Allerdings hat die Beklagte hier geltend gemacht, dass im Service der Einrichtung Tagungs- und Bildungshaus D. (nicht hingegen Jugendgästehaus E.: also nicht für Frau B.) auch - jedenfalls teilweise - ausgegebene Getränke zu kassieren seien. Dies hat die Klägerin für Einzelbestellungen bei alkoholischen Getränken konzediert, aber geltend gemacht, dies komme nur im geringeren Umfang vor. Das Abkassieren unterschiedlicher Getränkepreise und das Herausgeben von Wechselgeld würde auch nach Einschätzung der Kammer des Kirchlichen Arbeitsgerichts die „einfachste Tätigkeit“ übersteigen. Jedoch können solche Einzelaufgaben die Bewertung der Teil- oder Gesamttätigkeit nur beeinflussen, wenn sie in einem rechtserheblichen Ausmaß in der Aufgabe anfallen, also ohne diese höhere Qualifikation die Arbeitsaufgabe insgesamt nicht bewältigt werden kann (BAG v. 21.03.2012, 4 AZR 266/10 m. w. N.). Von diesen Kriterien geht die Kammer für das Getränkeinkasso weder nach dem zeitlichen Umfang noch nach der inhaltlichen Ausrichtung aus.

Die Teiltätigkeit „Reinigung/Putzen“ ist hier unstreitig ausschließlich im Innenbereich zu erledigen. Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Reinigung der Küche, der Gästezimmer, Vortrags-, Veranstaltungsu. Aufenthaltsräume sowie auf die Bodenreinigung. Richtig ist, dass dabei bis zu 4 unterschiedliche Bodenarten gereinigt werden müssen. Weiter ist richtig, dass die Innenreinigung keinem tariflichen Richtbeispiel zugeordnet werden kann. Dies schließt jedoch die Zuordnung zur EG 1 nicht aus. Vielmehr ist zu prüfen, ob die konkrete Reinigungsaufgabe unter den Oberbegriff „einfachste Tätigkeit“ eingeordnet werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um sehr alltägliche Putzu. Reinigungsaufgaben handelt, die keine besonderen Sorgfaltsanforderungen beinhalten und die nur einer kurzen Einweisungs- und Anlernphase bedürfen. Auch darf es nicht zur Anwendung von spezialisierten Reinigungsmitteln oder -geräten kommen. Solche spezialisierten Reinigungsaufgaben sind bei besonderen Hygieneanforderungen, wie in Kliniken oder stationären Pflegeeinrichtungen, anzunehmen. Die (bloße) Beachtung eines Reinigungsplans oder die vorgegebene Anwendung unterschiedlicher Reinigungsmittel genügt den höheren Anforderungen hingegen nicht (BAG v. 20.05.2009, 4 AZR 315/08; KAG Stuttgart-Rottenburg v. 18.12.2015, AS 08/15). Dies bedeutet für die hier zu bewertenden Reinigungsu. Putzarbeiten, dass sie nach gründlicher Abwägung der Kammer über einfachste Tätigkeiten nicht hinausragen. Dies gilt von vorneherein für die Reinigung der Gästezimmer, Aufenthaltsu. Vortragsräume. Für die Pflege der unstreitig unterschiedlichen Bodenflächen gilt nichts anderes. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass für die verschiedenen Bodenbeläge genau vorgegebene und entsprechend gekennzeichnete Reinigungsmittel zu verwenden seien. Auch wenn für die unterschiedlichen Böden jeweils eigene Reinigungslappen zu verwenden sind, bleibt es bei einem durchaus überschaubaren Arbeitsablauf, der nach kurzer Einweisung ohne besondere (fachliche) Anforderungen zu bewältigen ist. Dafür eine einwöchige Einarbeitungszeit anzusetzen, erscheint der Kammer unrealistisch.

Soweit die Beklagte für die Einrichtung Tagungs- und Bildungshaus D. auf dort vorhandene, kunsthistorisch bedeutsame Säle verwiesen hat, vermag dies den Arbeitsinhalt der „Haushaltshilfen“ nicht über das Niveau der einfachsten Tätigkeiten hinausheben. Es kann dahinstehen, ob die Wandverkleidungen und/oder Gemälde einen erkennbar qualifizierteren Reinigungsaufwand erfordern. Die Klägerin hat nämlich dazu - von der Beklagten unbestritten - geltend gemacht, dass sie im Tagungs- und Bildungshaus D. 13 ausschließliche Reinigungskräfte beschäftige, die für die Reinigungsaufgaben in kunsthistorischen Räumen vorrangig herangezogen werden und deshalb die streitigen Haushaltshilfen dort praktisch nicht eingesetzt werden. Dass solche anspruchsvolleren Reinigungsarbeiten im Jugendgästehaus E. im nennenswerten Umfang anfallen, ist nicht vorgetragen worden. Danach überschreitet auch im Bereich „Reinigung/Putzen“ die Arbeitsaufgabe der „Haushaltshilfen“ nicht die einfachsten Tätigkeiten.

5. Ergänzend will die Kammer des Kirchlichen Arbeitsgerichts anfügen, dass die klägerseits beabsichtigte Eingruppierung in EG 1 auch dann nicht unrichtig ist, wenn im Gegensatz zur hiesigen Auffassung von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit der Haushaltshilfen auszugehen wäre. Wie oben ausführlich dargestellt, übersteigt die einfachsten Tätigkeiten nur das Getränkeinkasso, das wiederum nur im Tagungs- und Bildungshaus D. - im eingeschränkten Umfang - zu leisten ist. Aber auch für die so verbleibenden Mitarbeiterinnen A. und C. ergibt sich dann keine höhere Einordnung. Denn ausgehend von der dann herzuziehenden Gesamttätigkeit erlangt die Inkassoaufgabe einen noch geringeren zeitlichen und inhaltlichen Stellenwert als bei Bewertung nach getrennten Teiltätigkeiten. Es wird also dann das erforderliche rechtserhebliche Ausmaß [vgl. oben II. 4 d) ] erst recht nicht erreicht.

6. Mit der in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachten Zustimmungsverweigerung, die klägerseitige Eingruppierung verstoße gegen ABD, Teil A, 2.3, S (Wirtschaftspersonal in Anstalten u. Heimen) kann die Beklagte nicht durchdringen. Zum einen ist sie aus Rechtsgründen gehalten, die Gründe für die Zustimmungsverweigerung im betrieblichen Mitbestimmungsverfahren, also spätestens in der Einigungsverhandlung vorzutragen. Ein Nachschieben (weiterer Verweigerungsgründe) während des Verfahrens vor dem Kirchlichen Arbeitsgericht ist ihr hingegen verwehrt (FK/Sroka § 33 MAVO Rdnr.48; EK/Schmitz, § 33 MAVO Rdnr.37). Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es auch nicht nur um eine Verdeutlichung der bisherigen Zustimmungsverweigerung, sondern sachlich und rechtlich um einen neuen/anderen Verweigerungsgrund.

Darüber hinaus geht für ab 01.10.2005 neu eingestellte Beschäftigte die Anlage 4 (hier: EG 1) als speziellere Regelung den allgemeinen Eingruppierungsvorschriften für das Wirtschaftspersonal in Heimen u. Anstalten vor (ABD Teil A, 3. Abschnitt IV, § 17 Abs. 2).

Nach alledem steht der von der Klägerin beabsichtigten Eingruppierung der Mitarbeiterinnen A., B. und C. in die EG 1 die kircheneigene Ordnung in Gestalt des ABD nicht entgegen. Deshalb war die von der Beklagten verweigerte Zustimmung durch die Kammer des Kirchlichen Arbeitsgerichts zu ersetzen (§§ 33, 35 MAVO). Der Klage war stattzugeben.

III.

Über die Erstattungspflicht für die außergerichtlichen Kosten der Beklagten in diesem Verfahrens ist bereits mit Beschluss vom 25.10.2016 entschieden worden (§ 12 Abs. 2 KAGO).

Gerichtgebühren werden vor den kirchlichen Arbeitsgerichten nicht erhoben (§ 12 Abs. 1, S.1 KAGO).

IV.

Die Zulassung der Revision kam nicht in Frage, da die (kirchen-)gesetzlichen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 KAGO nicht vorlagen. Es war der vorgefundene Einzelfall zu entscheiden. Eine Divergenz ist nicht zu erkennen.

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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit
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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit
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published on 20/06/2012 00:00

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. April 2010 - 3 Sa 203/09 - aufgehoben.
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Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 20. Januar 2010 - 3 Sa 61/09 - insoweit aufgehoben, als es unter Zurückweisung der Beru
published on 27/10/2010 00:00

Tenor Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. April 2009 - 11 TaBV 91/08 - wird zurückgewiesen.
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Annotations

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.