Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 21. Juli 2016 - 11 K 423/15 F
Tenor
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der B GmbH & Co. KG () für 2010 an den Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des C sen. bekannt gegeben werden durfte.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des C sen. (Insolvenzschuldner). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des C sen. wurde am .2003 eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der zwischenzeitlich verstorbene Rechtsanwalt D bestellt. Das Amt übernahm der Kläger am .2009.
4Die B GmbH & Co. KG () ist am .2001 gegründet worden. An ihr sind die Kinder, C jun. und E, sowie die Ehefrau des Insolvenzschuldners, F, als Kommanditisten beteiligt. Als Komplementärin der B fungierte die G Verwaltungs GmbH. Über das Vermögen der B ist im Jahre 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
5In den Jahren 2008 bis 2011 fand bei der B eine Betriebsprüfung des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung () für die Jahre 2001-2006 statt. Am ….2008 erfolgte eine Durchsuchung der Geschäftsräume der ()Gruppe durch die Steuerfahndung. Im Rahmen der Durchsuchung beschlagnahmte die Steuerfahndung Treuhandverträge und notariell beurkundete Abtretungsangebote. Ausweislich der Treuhandverträge vom …..2001 (Notariat (), Urkundenrolle Nr. …./2001) halten die Kommanditisten ihre Geschäftsanteile an der B treuhänderisch für den Insolvenzschuldner (Treugeber). Ebenfalls am …..2001 gaben die Kommanditisten notariell beurkundete Abtretungsangebote gegenüber dem Insolvenzschuldner ab, in denen sie ihren Kommanditanteil an der B zur Abtretung an den Insolvenzschuldner oder einen von ihm zu benennenden Dritten anboten (Notariat (), Urkundenrolle Nr. …./2001).
6Die Treuhandverträge und Rückabtretungsangebote waren D nicht bekannt und wurden dem Kläger – zwischen den Beteiligten unstreitig - erst Mitte März 2010 bekannt.
7Nach Ansicht der Betriebsprüfung sind die Treuhandvereinbarungen steuerlich zu beachten. Darin sei die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht zu Gunsten des Treugebers so eingeschränkt, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als bloße „leere Hülle“ erscheine. Die Treuhänder würden ausschließlich für Rechnung des Treugebers handeln. Mangels entgegenstehender Erkenntnisse hätten sich Zweifel an der tatsächlichen Durchführung dieser Vereinbarungen nicht ergeben. Der Treugeber beherrsche danach das Treuhandverhältnis nicht nur nach den mit den Treuhändern getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichen Vollzug. Verfahrensrechtlich sei der Gewinn der B auf die Gesellschafter einschließlich der Treuhandkommanditisten aufzuteilen (Feststellungsbescheid der 1. Stufe) und in einer weiteren Feststellung (2. Stufe) dem Treugeber zuzurechnen.
8Die Betriebsprüfung stellte außerdem fest, dass es sich bei der bisher als Einzelunternehmen geführten Firma H, die u.a. den Produktionsstandort Z-Stadt an die B vermietete, ab Juli 2001 um Sonderbetriebsvermögen des Treugebers B sen. bei der B handele (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG; s. Betriebsprüfungsbericht vom 10.10.2011 Tz. 2.23).
9Die Feststellungen der Betriebsprüfung sind im Einzelnen dem Betriebsprüfungsbericht zu entnehmen (s. Beiakte zum Verfahren 11 K 482/15).
10Nach Abschluss der Betriebs- und Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte für die Jahre 2001-2006 aufgrund der Prüfung und für die Jahre 2007-2010 aufgrund von Schätzungen nach § 162 der Abgabenordnung (AO) Feststellungsbescheide. Den Feststellungsbescheid für 2010 vom 12.01.2012 gab der Beklagte im Rahmen einer Einzelbekanntgabe dem Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen des C sen. als Gesellschafter/Gemeinschafter der B bekannt. Verfahrensrechtlich handelte es sich um einen kombinierten Feststellungsbescheid, der die Feststellungen der 1. und 2. Stufe in einem Bescheid verbunden hat. Der Bescheid erging gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Inhaltlich rechnete der Beklagte die geschätzten laufenden Einkünfte i.H.v. 109.000 € und die geschätzten Sonderbetriebsausgaben i.H.v. 10.000 € in vollem Umfang dem Insolvenzschuldner zu.
11Der Kläger legte am 24.01.2012 Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 2010 ein.
12Am 21.10.2014 erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide für 2010, die er dem Kläger bekannt gab. Verfahrensrechtlich führte der Beklagte aus Gründen der Rechtsklarheit nunmehr das zweistufige Feststellungsverfahren durch den Erlass getrennter Feststellungsbescheide durch. Auf der ersten Stufe stellte der Beklagte unter der Steuernummer 1 den Gewinn der B auf 100.000 € fest, davon entfallen auf laufende Einkünfte 99.000 €, die der Beklagte auf die Kommanditisten entsprechend ihrem Anteil verteilte. Die 1.000 € rechnete er der Komplementärin zu. Der Feststellungsbescheid der ersten Stufe benennt außerdem den Insolvenzschuldner als Beteiligten mit einem Gewinnanteil (Gesamthandsbereich und Sonderbetriebsvermögen) von 0 €. Zur Begründung führte der Beklagte im Schreiben vom 21.10.2014 – auch im Hinblick auf die Vorjahre - aus, der Insolvenzschuldner sei grundsätzlich nicht Feststellungsbeteiligter der ersten Feststellungsstufe. Da bei ihm jedoch Sondervergütungen/Sonderbetriebsvermögen (Sonderbetriebseinnahmen aus der Verpachtung von Wirtschaftsgütern der H an die B) vorhanden seien, seien diese nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Hs. des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausnahmsweise bereits auf der ersten Feststellungstufe zu berücksichtigen.
13Der Feststellungsbescheid auf der zweiten Stufe unter der Steuernummer 2 ist für die Treuhandgemeinschaft B ergangen. In dem Feststellungsbescheid hat der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 99.000 € festgestellt, davon entfallen 109.000 € auf laufende Einkünfte, 0 € auf Sonderbetriebseinnahmen und 10.000 € auf Sonderbetriebsausgaben. Die aufgezählten Besteuerungsgrundlagen rechnete der Beklagte dem Insolvenzschuldner zu.
14Der Kläger legte erneut am 24.11.2014 Einspruch ein. Die Einsprüche vom 24.01.2012 und 24.11.2014 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidungen vom 13.01.2015 als unbegründet zurück.
15Der Kläger hat am 11.02.2015 Klage erhoben.
16Im Klageverfahren war zunächst streitig, ob im Feststellungsverfahren bereits bindend entschieden wird, dass die auf die zugerechneten Gewinnanteile entfallende Einkommensteuer eine Masseverbindlichkeit ist. Der Kläger bestreitet das Vorliegen einer Masseverbindlichkeit. Die auf den Gewinnanteil entfallende Einkommensteuerschuld sei dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zuzurechnen, mit der Folge, dass der Feststellungsbescheid 2010 nicht an ihn, sondern an den Insolvenzschuldner bekannt zu geben sei. Mit Urteil vom 16.07.2015 (III R 32/13) entschied der BFH, dass erst im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu prüfen und zu entscheiden sei, ob eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Einkommensteuerschuld aus Gewinnanteilen als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren sei oder das insolvenzfreie Vermögen betreffe. Die Prüfung erfolge nicht im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren.
17Zur Begründung trägt der Kläger nunmehr vor, der Feststellungsbescheid 2010 habe nicht an ihn bekannt gegeben werden dürfen, weil die treuhänderische Beteiligung an der B nicht zur Insolvenzmasse gehöre. Mit der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Treugebers ende das Treuhandverhältnis gemäß §§ 115 ff. InsO. Es entstehe ein Herausgabeanspruch des Treugutes gegen die Treuhänder, der Teil der Insolvenzmasse werde. Da er, der Kläger, auch nachdem er im Jahr 2010 Kenntnis von der treuhänderischen Beteiligung erlangt habe, nicht die Herausgabe des Treugutes von den Treuhändern verlangt habe, sei hierin ein Verzicht auf die Inbesitznahme des Vermögensgegenstandes zu sehen. Die zivilrechtliche Übertragung des Treugutes sei unterblieben. Die Masse sei so vor etwaigen Inanspruchnahmen geschützt worden. Damit habe die Beteiligung an der B ab 2010 nicht mehr zum Insolvenzbeschlag gehört und sei vollumfänglich der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners unterstellt. Da gemäß § 34 Abs. 3 AO die Verwaltung des Insolvenzverwalters diesen Bereich nicht erfasse, sei der gesonderte und einheitliche Feststellungsbescheid 2010 dem Insolvenzschuldner selbst bekanntzugeben.
18Der Kläger beantragt,
19den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen des an der B beteiligten Insolvenzschuldners, C sen., vom …..2012 geändert durch Bescheide vom …..2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …..2015 ersatzlos aufzuheben,
20die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
21hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22Der Beklagte beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung trägt der Beklagte vor, nach § 80 Abs. 1 InsO gehe das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 Abs. 1 InsO) zu verwalten, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Insolvenzverwalter über. Der Insolvenzverwalter habe als Vermögensverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reiche. Als Vermögensverwalter sei der Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger und richtiger Bekanntgabe- und Inhaltsadressat von Steuerbescheiden, mit denen die Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten geltend mache. Einkünfte, die ein Schuldner aus selbstständiger Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erziele, seien in vollem Umfang zur Insolvenzmasse zu zählen. Die auf sie entfallende Einkommensteuer stelle eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO dar. Allerdings sei der Insolvenzverwalter befugt einen Massegegenstand freizugeben. Die Freigabe setze eine Willenserklärung des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner voraus, aus welcher sich unmissverständlich dessen Willen zu einem dauernden Verzicht auf die Massezugehörigkeit ergebe. Eine solche Freigabe liege im Streitfall weder vor, noch werde sie vom Kläger behauptet. Die Beteiligung an der B gehöre damit eindeutig zur Masse.
25Im Klageverfahren richtete sich der Kläger zunächst auch gegen die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Jahre 2003 bis 2009. Die Klage betreffend die Jahre 2003 bis 2009 nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 01.04.2016 zurück. Der Rechtsstreit wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2003 bis 2009 wurde daraufhin zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt und unter dem neuen Az. 11 K 1083/16 F eingestellt.
26Das Gericht hat die Steuerakten zum Verfahren hinzugezogen.
27Entscheidungsgründe:
28Die Klage ist unbegründet.
29Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Be-steuerungsgrundlagen für 2010 vom ...2012, geändert durch die Feststellungsbescheide vom ...2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom ….2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). Die Feststellungsbescheide sind dem Kläger als Insolvenzverwalter bekannt zu geben, da sie die Einkünfte aus einer treuhänderisch gehaltenen Beteiligung des Insolvenzschuldners und damit die Insolvenzmasse (§§ 35, 80, 115 InsO) betreffen.
30Die Feststellungsbescheide hat der Beklagte zu Recht dem Kläger als Insolvenzverwalter bekannt gegeben.
31Feststellungsbescheide, die die Insolvenzmasse betreffen, sind zwingend dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben (AEAO zu § 251 Tz. 4.3.2). Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gem. § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Insolvenzschuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 InsO) zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO auch die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. Als Vermögensverwalter ist der Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO) (vgl. BFH-Urt. v. 10.02.2015 IX R 23/14, BFH/NV 2015, 1018) und richtiger Inhaltsadressat von Feststellungsbescheiden, die Einkünfte aus zur Insolvenzmasse gehörendem Vermögen betreffen. Der Insolvenzverwalter vertritt im Feststellungsverfahren bezüglich der Insolvenzmasse die Interessen des Insolvenzschuldners.
32Die sich aus der treuhänderischen Beteiligung an der B ergebenden Ansprüche auf Abtretung der Geschäftsanteile an den Insolvenzschuldner und Herausgabe des Erlangten gegen die Treuhänder gehören gem. § 35 InsO zur Insolvenzmasse.
33Nach § 35 InsO in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.04.2007 (BGBl. I 2007, 509) erfasst die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nur Gegenstände, die nicht gepfändet werden können, gehören gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht zur Insolvenzmasse.
34Die treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen an der B hat der Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2001 erworben. Sie sind somit Teil des Vermögens, das ihm zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehörte. Die Treuhandverhältnisse sind zwar durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. §§ 115, 116 InsO erloschen (vgl. Jacoby in Jaeger, Kommentar zum Insolvenzrecht, 1. Auflage, 2014 § 115, Rn. 102 m.w.N.). Das Recht auf Annahme des von den Treuhändern notariell beurkundeten Abtretungsangebotes und der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten standen dem Insolvenzverwalter aber zu und gehörten als geldwerte und pfändbare Rechte/Ansprüche zur Insolvenzmasse.
35Die Zugehörigkeit dieser Rechte/Ansprüche zur Insolvenzmasse hat der Kläger nicht durch eine ausdrückliche Freigabeerklärung beendet. Unter Freigabeerklärung ist die Erklärung des Insolvenzverwalters zu verstehen, dass das Vermögen aus einer Tätigkeit des Schuldners nicht zur Insolvenzmasse gehört. Die Freigabe ist in der heutigen Gesetzesfassung des § 35 Abs. 2 InsO geregelt. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anwendbar, da sie erst durch das Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.04.2007 in die Insolvenzordnung aufgenommen wurde. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Insolvenzschuldners ist vor dem …..2007 eröffnet worden, so dass die Insolvenzordnung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13.04.2007 anzuwenden ist (Art. 103c Abs. 1 S. 1 EGInsO). Allerdings hat die Rechtsprechung für die frühere Gesetzeslage das Institut der Freigabe begründet (vgl. BGH Urt. v. 01.02.2007 IX ZR 178/05, DB 2007, 1189; BFH Urt. v. 15.12.2009 VII R 18/09, BStBl. II 2010, 758). Danach konnte die Freigabe durch eine an den Schuldner zu richtende, einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Insolvenzverwalters erfolgen (vgl. BGH Urt. v. 07.12.2006 IX ZR 161/04, NZI 2007, 173 und v. 01.02.2007 IX ZR 178/05, DB 2007, 1189). Aus der Freigabeerklärung musste sich unmissverständlich der Wille zu einem dauernden Verzicht auf die Massezugehörigkeit ergeben (vgl. BFH Urt. v. 15.12.2009 VII R 18/09, BStBl. II 2010, 758). Erst durch die wirksame Abgabe der Freigabeerklärung schied der betreffende Gegenstand aus der Insolvenzmasse aus und wurde der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners unterstellt (vgl. BGH Urt. v. 01.02.2007 IX ZR 178/05, DB 2007, 1189). Eine ausdrückliche Freigabeerklärung hat der Kläger – auch nach seinem eigenen Vortrag – eindeutig nicht abgegeben. Der Kläger hat erst Mitte März 2010 von der treuhänderischen Beteiligung Kenntnis erlangt. Auf Nachfrage der Berichterstatterin im Verfahren 11 K 613/13 E teilte der Kläger mit, seine Aktivitäten im Hinblick auf die treuhänderisch gehaltene Beteiligung an der B hätten sich im Jahr 2010 auf die Schaffung von Transparenz bezüglich Vermögensstruktur und Ertragslage beschränkt. Der Rechtsbeistand des Insolvenzschuldners habe im Jahr 2010 auf die erheblich angespannte Liquiditätslage der B (Steuerschulden in Millionenhöhe) und die ggfl. unvermeidliche Beantragung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B verwiesen. Das Insolvenzverfahren sei in 2011 eröffnet worden. Im Sinne einer Massesicherung habe er sodann bezüglich der Herausgabe der Beteiligung keine Maßnahmen vorgenommen. Eine Freigabe ist nach diesem Vortrag nicht im Streitjahr 2010 erfolgt. Die fehlende Geltendmachung der Rechte und Ansprüche gegenüber den Treuhändern bringt nicht unmissverständlich und gegenüber dem Insolvenzschuldner zum Ausdruck, dass die Rechte/Ansprüche auf Dauer nicht zur Insolvenzmasse gehören.
36Die bis März 2010 fehlende Kenntnis der Insolvenzverwalter von der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung führt ebenfalls nicht dazu, dass die Rechte und Ansprüche nicht zur Insolvenzmasse gehören. Die fehlende Kenntnis kann lediglich Auswirkung haben auf die nach § 55 InsO zu prüfende Frage, ob die auf die Beteiligungseinkünfte entfallenden Einkommensteuern Masseverbindlichkeiten sind. Die Frage, ob eine Masseverbindlichkeit vorliegt, ist nicht im gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren, sondern auf Ebene der Einkommensteuerfestsetzung zu klären (vgl. BFH vom 16.07.2015 III R 32/13, BStBl. II 2016, 251). Für die Bekanntgabe der Feststellungsbescheide an den Insolvenzverwalter ist allein entscheidend, dass die treuhänderisch gehaltene Beteiligung zur Insolvenzmasse gehört.
37Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Auf Grund der Kostentragung durch den Kläger ist eine Entscheidung nach § 139 Abs. 3 FGO entbehrlich.
38Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO).
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Finanzgericht Düsseldorf Urteil, 21. Juli 2016 - 11 K 423/15 F zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1)1Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind
- 1.
Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen.2Dazu gehören auch Einkünfte aus gewerblicher Bodenbewirtschaftung, z. B. aus Bergbauunternehmen und aus Betrieben zur Gewinnung von Torf, Steinen und Erden, soweit sie nicht land- oder forstwirtschaftliche Nebenbetriebe sind; - 2.
die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.2Der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter steht dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind; - 3.
die Gewinnanteile der persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, soweit sie nicht auf Anteile am Grundkapital entfallen, und die Vergütungen, die der persönlich haftende Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.
(1a)1In den Fällen des § 4 Absatz 1 Satz 5 ist der Gewinn aus einer späteren Veräußerung der Anteile ungeachtet der Bestimmungen eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in der gleichen Art und Weise zu besteuern, wie die Veräußerung dieser Anteile an der Europäischen Gesellschaft oder Europäischen Genossenschaft zu besteuern gewesen wäre, wenn keine Sitzverlegung stattgefunden hätte.2Dies gilt auch, wenn später die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Europäische Gesellschaft oder Europäische Genossenschaft aufgelöst wird oder wenn ihr Kapital herabgesetzt und zurückgezahlt wird oder wenn Beträge aus dem steuerlichen Einlagenkonto im Sinne des § 27 des Körperschaftsteuergesetzes ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden.
(2)1Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.2Eine durch die Betätigung verursachte Minderung der Steuern vom Einkommen ist kein Gewinn im Sinne des Satzes 1.3Ein Gewerbebetrieb liegt, wenn seine Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind, auch dann vor, wenn die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck ist.
(3) Als Gewerbebetrieb gilt in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit
- 1.
einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 bezieht.2Dies gilt unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird oder ob die gewerblichen Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 positiv oder negativ sind; - 2.
einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).2Ist eine gewerblich geprägte Personengesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, so steht für die Beurteilung, ob die Tätigkeit dieser Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt, die gewerblich geprägte Personengesellschaft einer Kapitalgesellschaft gleich.
(4)1Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung dürfen weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.2Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung erzielt hat oder erzielt; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Verluste aus Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt.4Satz 3 gilt nicht für die Geschäfte, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen im Sinne des Gesetzes über das Kreditwesen oder bei Wertpapierinstituten im Sinne des Wertpapierinstitutsgesetzes gehören oder die der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen.5Satz 4 gilt nicht, wenn es sich um Geschäfte handelt, die der Absicherung von Aktiengeschäften dienen, bei denen der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nummer 40 Satz 1 Buchstabe a und b in Verbindung mit § 3c Absatz 2 teilweise steuerfrei ist, oder die nach § 8b Absatz 2 des Körperschaftsteuergesetzes bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben.6Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte als Mitunternehmer anzusehen ist, dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d abgezogen werden.7Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d die Gewinne, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft, Unterbeteiligung oder sonstigen Innengesellschaft bezieht; § 10d Absatz 4 gilt entsprechend.8Die Sätze 6 und 7 gelten nicht, soweit der Verlust auf eine natürliche Person als unmittelbar oder mittelbar beteiligter Mitunternehmer entfällt.
(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
- 1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder - 2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.
(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.
(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.
(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.
(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.
(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.
(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.
(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 28. Juni 2012 11 K 1069/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
-
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Treuhänder über das Vermögen der Schuldnerin und Beigeladenen (Beigeladene). Das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beigeladenen wurde am 27. März 2001 eröffnet.
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Die Beigeladene war seit dem 1. Juli 2001 als Zahnärztin bei der Ärztegemeinschaft ... (Ärztegemeinschaft) tätig. Bezüglich dieser Tätigkeit existiert eine Vereinbarung vom 1. Juli 2001, die neben der Beigeladenen und einem Vertreter der Ärztegemeinschaft auch der Kläger unterschrieb. Hiernach stellte die Ärztegemeinschaft der Beigeladenen die erforderlichen Betriebsmittel und die Infrastruktur entgeltlich zur Verfügung. Dafür trat die Beigeladene die ihr gegenüber Patienten und der kassenärztlichen Vereinigung zustehenden Forderungen an die Ärztegemeinschaft ab. Nach der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 wurden die abgerechneten Honorarforderungen bis auf Widerruf durch den Kläger direkt an die Beigeladene ausgezahlt. Der Kläger sollte die jeweiligen Abrechnungen der Ärztegemeinschaft in Kopie erhalten. Nach einem von der Beigeladenen ohne Mitwirkung des Klägers abgeschlossenen Praxisgemeinschaftsvertrag standen ihr pauschal 25 % der von ihr abrechenbaren Honorare zu, während 75 % beim Seniorpartner der Ärztegemeinschaft verblieben. Die Differenz zwischen den Ausgaben und dem Anteil des Seniorpartners in Höhe von 75 % der Arzthonorare verblieb dem Seniorpartner als Gewinn.
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Für das Streitjahr 2004 führte der Kläger den pfändbaren Teil der Einkünfte der Masse in der Weise zu, dass er die vertraglich gestattete direkte Auszahlung der Honorarforderungen an die Beigeladene Ende des Jahres 2004 widerrief und den pfändbaren Anteil dieser Honorare mit Ansprüchen der Beigeladenen des Jahres 2005 verrechnete. Ab dem Streitjahr 2005 vereinnahmte der Kläger die Entgelte aus der von der Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit in voller Höhe. Anschließend zahlte er den selbst errechneten pfändungsfreien Anteil dieser Einkünfte an die Beigeladene aus.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger als Treuhänder über das Vermögen der Beigeladenen mit Bescheiden vom 13. Februar 2007 die Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2005 sowie mit Bescheid vom 2. Februar 2007 Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2007 fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 2. März 2009).
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Während des hiergegen gerichteten --vor dem Finanzgericht (FG) geführten-- Klageverfahrens setzte das FA mit Bescheid vom 9. August 2010 die Einkommensteuer für 2007 fest. Im Klageverfahren ergingen wiederholt geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, zuletzt die Änderungsbescheide vom 19. Oktober 2010 aufgrund geänderter Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei der Ärztegemeinschaft. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger das Ziel, die Einkommensteuerbescheide für 2004, 2005 und 2007, alle vom 19. Oktober 2010, aufzuheben, hilfsweise die Einkommensteuer für die Streitjahre zwischen den insolvenzfreien Einkünften und den auf die Insolvenzmasse entfallenden Einkünften aufzuteilen. Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1686 veröffentlichten Gründen ab.
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Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht eine Verletzung materiellen Rechts geltend. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:
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Das Entstehen von Masseverbindlichkeiten bestimme sich ausschließlich nach § 55 der Insolvenzordnung in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung (InsO). § 35 InsO definiere hingegen den Begriff der Insolvenzmasse und lege fest, dass sämtliche Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zur Insolvenzmasse als Neuerwerb gehörten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führe die bloße Duldung der freiberuflichen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter nicht zu einer Masseverbindlichkeit. Zudem verlange der BFH für einen Neuerwerb nach § 35 InsO, dass die Masse tatsächlich vermehrt worden sei. Außerdem seien Einkommensteuerschulden, die aus zur Masse gehörenden Einnahmen stammten, nicht automatisch als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren. Schließlich dürften Insolvenzschuldner mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nicht anders behandelt werden als solche mit Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Für nichtselbständig Tätige sei anerkannt, dass die aus dieser Tätigkeit resultierenden Einkommensteuerschulden keine Masseverbindlichkeiten seien. Ebenso sei die Beurteilung des FG unzutreffend, wonach er, der Kläger, von der Freigabemöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Er habe seine Zustimmung zu der Beteiligung der Beigeladenen an der Ärztegemeinschaft nicht erteilt. Er habe auch keine Kenntnis von einem entsprechenden Vertrag gehabt. Er habe lediglich der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 zugestimmt. Die Insolvenzmasse könne nicht allein durch das Verhalten des Insolvenzschuldners verpflichtet werden. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Freigabe zwar noch nicht gesetzlich normiert, aber möglich gewesen. Das FG habe daher rechtsfehlerhaft eine Freigabe mit der Begründung abgelehnt, er, der Kläger, habe aufgrund der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 auf den Zahlungszufluss der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit der Beigeladenen Einfluss nehmen können.
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Jedenfalls sei die Insolvenzmasse nicht verpflichtet, Erträge zu versteuern, die sie nicht erhalten habe. Im Streitfall sei der Masse nur ein Teil der pfändbaren Anteile der von der Beigeladenen vereinnahmten Beträge zugeflossen. Daher seien die der Beigeladenen zugeflossenen Einkünfte bei der Beigeladenen zu besteuern und könnten allenfalls die der Masse zugeflossenen Beträge beim Kläger besteuert werden.
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Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2004, 2005 und 2007 aufzuheben,
hilfsweise die Einkommensteuern für 2004, 2005 und 2007 in der Form aufzuteilen, dass gegenüber dem Kläger jeweils nur die Einkommensteuern festgesetzt werden, die sich bei Ansatz der der Masse zugeflossenen und nach Abzug des pfändungsfreien Anteils dort verbliebenen Einkünfte ergeben.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Nach § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren muss vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängen. Diese Abhängigkeit ist gegeben, wenn die andere Entscheidung für das auszusetzende Verfahren vorgreiflich ist. Danach muss ein Klageverfahren gegen einen Einkommensteuerbescheid regelmäßig dann ausgesetzt werden, wenn in ihm Einwendungen erhoben werden, über die in einem gesonderten Grundlagenbescheid zu entscheiden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 1993 I B 173/92, BFH/NV 1993, 745, unter II.). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Grundlagenbescheid bereits ergangen und angefochten ist oder ob ein solcher erst noch ergehen muss (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 131/94, BFH/NV 1996, 592, unter II.1.; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 74 FGO Rz 55). An der Vorgreiflichkeit fehlt es jedoch, wenn die Vorfrage im anhängigen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 III B 145/05, BFH/NV 2006, 1103, unter II.2.).
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a) Der Kläger hat vor dem FG vorgetragen, es sei äußerst fraglich, ob die Beigeladene nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt Mitunternehmerin der Ärztegemeinschaft geworden sei. Über diese Frage ist zwar im Feststellungsverfahren zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 592, unter II.1.). Im Übrigen machte der Kläger aber allein geltend, dass die Einkommensteuerschulden für die Streitjahre nicht als Masseverbindlichkeiten gegenüber ihm als Treuhänder, sondern gegenüber der Beigeladenen als Insolvenzschuldnerin hätten festgesetzt werden müssen, hilfsweise, dass die Insolvenzmasse allenfalls insoweit mit Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten hätte belastet werden dürfen, als die Einkommensteuerschulden tatsächlich auf von der Masse vereinnahmte und dort verbliebene Einkünfte zurückzuführen seien. Für die Beantwortung dieser Frage ist aber nicht entscheidungserheblich, ob die Beigeladene ihre freiberuflichen Einkünfte als Einzel- oder Mitunternehmerin erzielt hat (dazu unter 3. bis 5.). Denn die Höhe der von der Beigeladenen aus selbständiger Arbeit erzielten Einkünfte war vor dem FG --unabhängig von der Art ihrer Erzielung-- nicht streitig.
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b) Über die Frage, ob die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Einkommensteuerforderungen aus evtl. Gewinnanteilen an der Ärztegemeinschaft als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren oder dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zuzuordnen sind, ist nicht im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren, sondern im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu entscheiden (FG Niedersachsen, Urteil vom 28. Oktober 2008 13 K 457/07, EFG 2009, 486, unter I.2.b; nachgehend BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429; Söhn in HHSp, § 180 AO Rz 164a; Roth, Insolvenzsteuerrecht, Rz 4.212; so wohl auch Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 64; a.A. aber Söhn in HHSp, § 179 AO Rz 192; Benne, Betriebs-Berater --BB-- 2001, 1977, 1987).
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Der Senat sieht hierfür als maßgeblich an, dass gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) gesondert und einheitlich die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Die Zuordnung der Einkommensteuerschuld zu den unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Forderungskategorien betrifft aber weder "Einkünfte" noch "mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen", sondern die Auswirkungen der unterschiedlichen Vermögensmassen eines Insolvenzverfahrens auf die Einkommensteuerfestsetzung. Diese Zuordnungsfrage ist dem (privaten) Vermögensbereich zuzuordnen. Danach wäre es mit dem Gesetzeswortlaut nicht mehr vereinbar, wollte man diesen zusätzlichen insolvenzrechtlichen Regelungsgehalt zum Gegenstand des Gewinnfeststellungsverfahrens machen.
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2. Entgegen der Auffassung des FA betreffen die Einwendungen des Klägers nicht das Erhebungsverfahren.
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Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche, die als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 InsO zu qualifizieren sind, sind gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Im vereinfachten Insolvenzverfahren werden die Aufgaben des Insolvenzverwalters durch den Treuhänder (vgl. § 313 Abs. 1 InsO in der bis 30. Juni 2014 geltenden Fassung) wahrgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 2011 II R 49/09, BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944, Rz 11). Sonstige nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche sind insolvenzfrei und gegen den Schuldner festzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, unter II.1., m.w.N.; in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird. Er ist Teil des Festsetzungsverfahrens (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35). Danach wird über die insolvenzrechtliche Zuordnung eines Steueranspruchs im Festsetzungsverfahren, nicht im Erhebungsverfahren durch einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO entschieden (gleicher Ansicht Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 218 Rz 13; Benne, BB 2001, 1977, 1985).
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3. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Einkommensteuerschulden für 2004, 2005 und 2007, die im Streitfall ausschließlich auf der selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen beruhen, Masseverbindlichkeiten sind und durch Steuerbescheid gegenüber dem Kläger festzusetzen sind. Im Streitfall sind diese Einkommensteuerschulden jedenfalls gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO begründet worden, und zwar unabhängig davon, ob die Beigeladene ihre Tätigkeit als Einzelunternehmerin oder als Mitunternehmerin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausgeübt hat.
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Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO solche Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss die Verbindlichkeit insoweit auf eine --wie auch immer geartete-- Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13, unter II.1.b aa; Braun/Bäuerle, Insolvenzordnung, 3. Aufl., § 55 Rz 15). Nach § 35 InsO in der im Streitjahr noch geltenden Fassung (= § 35 Abs. 1 InsO n.F.) ist Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.
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4. Geht man von einer Einzelunternehmerstellung der Beigeladenen aus, sind die Einkommensteuerschulden "in anderer Weise durch die Verwaltung ... der Insolvenzmasse begründet" worden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO).
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a) Der Senat hat mit Urteil vom 16. April 2015 III R 21/11 (BFHE 250, 7, Rz 16) entschieden, dass Einkommensteuerschulden, die auf einer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführten einzelunternehmerischen Tätigkeit des Schuldners beruhen, auch unter Geltung des im Streitfall anwendbaren § 35 InsO, der noch keine Erklärungspflicht des Insolvenzverwalters oder Treuhänders zur selbständigen Tätigkeit des Schuldners normierte, unter bestimmten Voraussetzungen Masseverbindlichkeiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Insolvenzverwalter oder Treuhänder diese selbständige Tätigkeit im Interesse der Masse erlaubt, die Betriebseinnahmen zur Masse zieht, soweit sie dem Schuldner nicht auf dessen Antrag nach § 850i der Zivilprozessordnung --ZPO-- (ggf. i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO) vom Gericht belassen werden, und die Fortführung der Tätigkeit ermöglicht, indem er zur Masse gehörende Mittel einsetzt, um durch die selbständige Tätigkeit entstehende Forderungen Dritter zu begleichen. In einem derartigen Handeln ist eine massebezogene Verwaltungsmaßnahme nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO zu sehen, die über eine bloße --keine Masseverbindlichkeit begründende-- Duldung (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 250, 7, Rz 18) der selbständigen Tätigkeit hinausgeht.
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b) Diese Grundsätze greifen gleichermaßen ein, wenn es sich nicht um eine als Einzelunternehmer fortgeführte gewerbliche, sondern um eine von einem Einzelunternehmer neu aufgenommene freiberufliche Tätigkeit handelt. So fällt nicht nur ein Gewerbebetrieb, sondern im Grundsatz auch eine freiberufliche Praxis in die Insolvenzmasse (vgl. Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 14. Aufl., § 35 InsO Rz 276, m.w.N.; Schmidt/ Lüdtke in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl., § 35 InsO Rz 102, m.w.N.). Zudem macht es keinen Unterschied, ob die selbständige Tätigkeit im Insolvenzverfahren fortgeführt oder während des Insolvenzverfahrens durch eine natürliche Person neu aufgenommen wird. In beiden Fällen gehört der Neuerwerb nach § 35 InsO zur Insolvenzmasse, auf den sich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters (Treuhänders) erstreckt (vgl. § 80 Abs. 1 InsO).
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c) Im Streitfall sind diese Voraussetzungen gegeben.
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aa) Vorweg hat das FG zutreffend ausgeführt, dass der Kläger in der von ihm unterschriebenen Vereinbarung vom 1. Juli 2001, die das FG in Bezug genommen und damit zum Inhalt seiner tatsächlichen Feststellungen gemacht hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 37), keine Freigabe erklärt hat.
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Die Auslegung von Verträgen gehört in der Regel zu den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den BFH grundsätzlich nach § 118 Abs. 2 FGO binden (vgl. Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 195). Hat das FG eine Auslegung der betreffenden Verträge und Willenserklärungen unterlassen, so kann sie das Revisionsgericht selbst vornehmen, wenn das FG die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.1.a, m.w.N.).
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(1) Selbst wenn das Insolvenzrecht die Freigabe einer Sachgesamtheit unter exakter Bezeichnung der freigegebenen Gegenstände erlauben sollte (vgl. dazu Pape, Wertpapier-Mitteilungen --WM-- 2013, 1145, 1146), hat das FG die genannte Vereinbarung vom 1. Juli 2001 für den Senat bindend dahingehend ausgelegt, dass eine derartige Freigabe nicht erfolgt ist. Im Streitfall fehlte es an einer entsprechend eindeutigen Willenserklärung.
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(2) In der vom Kläger unterschriebenen Vereinbarung vom 1. Juli 2001 kann auch keine Erklärung gesehen werden, wonach der Kläger die selbständige Tätigkeit der Schuldnerin als solche freigeben wollte. Dies gilt unabhängig davon, ob eine solche Freigabe vor Geltung des § 35 Abs. 2 InsO n.F. insolvenzrechtlich überhaupt möglich war (vgl. dazu Pape, WM 2013, 1145). Eine derartige Freigabeerklärung müsste jedenfalls darauf gerichtet sein, die selbständige Tätigkeit vollständig aus der Insolvenzmasse zu lösen (vgl. Pape, WM 2013, 1145, 1148). Hieran fehlt es. In der vom Kläger unterzeichneten Vereinbarung kommt nicht zum Ausdruck, dass er das Vermögen und die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit freigeben wollte. Vielmehr hat das FG für den Senat bindend festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), dass kein Verzicht auf die Massezugehörigkeit der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit vorlag, sondern die pfändungsfreien Beträge weiterhin von der Masse vereinnahmt werden sollten.
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(3) Mangels entsprechender Freigabeerklärung ist es daher auch nicht möglich, für den Fall, dass vor Geltung des § 35 Abs. 2 InsO n.F. eine Freigabe einer selbständigen Tätigkeit insolvenzrechtlich nicht möglich gewesen sein sollte, in dem Vorgehen des Klägers eine bloße Duldung der selbständigen Tätigkeit i.S. des BFH-Urteils in BFH/NV 2013, 411, Rz 26 zu sehen.
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bb) Der Kläger hat die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Interesse der Insolvenzmasse erlaubt.
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Nach Auffassung des Senats lässt sich der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 entnehmen, dass erst die aktive Zustimmung des Klägers zu dieser Vereinbarung es der Beigeladenen ermöglichte, ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen der Ärztegemeinschaft aufzunehmen. So heißt es in der Präambel dieser Vereinbarung, dass sie "der Sicherstellung der Kooperation" zwischen der Beigeladenen und der Ärztegemeinschaft dient und der in diesem Zusammenhang bestehenden Zahlungspflicht der Beigeladenen gegenüber der Ärztegemeinschaft. Hieraus folgt, dass der Beigeladenen die selbständige Tätigkeit im Rahmen der Ärztegemeinschaft ohne Zustimmung des Klägers nicht möglich gewesen wäre.
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cc) Zudem hat der Kläger nach den für den Senat bindenden --nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen-- Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) für die Streitjahre den pfändbaren Betrag der Einkünfte zur Masse gezogen.
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Bei einem selbständig tätigen Schuldner gehören Einkünfte, die er nach der Insolvenzeröffnung erzielt, ohne Abzug beruflich bedingter Ausgaben in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, WM 2003, 980, unter V.2.b). Der Schuldner konnte jedoch --auch bereits für vor dem 1. Dezember 2001 eröffnete Insolvenzverfahren (BGH-Beschluss in WM 2003, 980, unter V.2.b)-- beantragen, dass ihm das Insolvenzgericht von den erzielten Einkünften gemäß § 850i ZPO einen pfändungsfreien Anteil belässt. Nach diesem Schema wurde im Streitfall verfahren. Dass für das Jahr 2004 ggf. nicht alle pfändungsfreien Einkünfte zur Masse gelangt sind, sieht der Senat als unerheblich an. Entscheidend ist, dass die Einkünfte nach Abzug eines pfändungsfreien Anteils von der Masse vereinnahmt werden sollten. Ebenso sieht es der Senat als unerheblich an, dass der Beigeladenen der pfändungsfreie Anteil der Einkünfte nicht vom Insolvenzgericht, sondern vom Kläger selbst belassen wurde.
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dd) Schließlich ermöglichte der Kläger im Ergebnis die Aufnahme der Tätigkeit, indem er zur Masse gehörende Mittel einsetzte, um die durch die selbständige Tätigkeit entstehenden Forderungen Dritter zu begleichen.
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Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom 1. Juli 2001, wonach die Ärztegemeinschaft der Beigeladenen die erforderlichen Betriebsmittel und die Infrastruktur zur Ausübung ihrer freiberuflichen Tätigkeit entgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Indem der Kläger dieser Vorgehensweise durch die Unterzeichnung genannter Vereinbarung zustimmte, ermöglichte er der Beigeladenen die Aufnahme dieser Tätigkeit und den Einsatz massezugehöriger Mittel zur Begleichung von Betriebsausgaben.
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5. Die Einkommensteuerschulden sind auch dann durch ein massebezogenes Verwaltungshandeln i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO entstanden, wenn man mit dem FA von einer Mitunternehmerstellung der Beigeladenen ausgeht.
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a) Der BFH hat bereits entschieden, dass Einkommensteuerschulden, die aus einem zur Masse gehörenden Gesellschaftsanteil an einer GbR resultieren, Masseverbindlichkeiten sind (BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 36 ff.). Diese Entscheidung betraf einen Fall, in dem der insolvente Gesellschafter seine gesellschaftsrechtliche Stellung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens innehatte.
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Sollte es das Zivilrecht gestatten, dass sich eine insolvente Person (hier die Beigeladene) während des Insolvenzverfahrens --auch ohne Freigabe des Gesellschaftsanteils durch den Insolvenzverwalter-- an einer GbR als Gesellschafter beteiligt, wäre auch der neu entstandene Gesellschaftsanteil massezugehörig. Unter der Geltung des § 1 der Konkursordnung wurde es für möglich erachtet, dass ein ausgeschiedener insolventer Gesellschafter während des Konkursverfahrens als neues Mitglied der bisherigen Gesellschaft aufgenommen wird, weil zur Konkursmasse nur das bisher erworbene Vermögen gehörte (vgl. Jäger/ Weber, Konkursordnung, 8. Aufl., § 212 Rz 6, m.w.N.; Staudinger/Habermaier, BGB, § 728 Rz 25). Ob dies auch unter der Geltung des § 35 InsO weiterhin möglich ist, wonach der Neuerwerb in die Insolvenzmasse fällt, erscheint fraglich (vgl. Staudinger/ Habermaier, a.a.O., § 728 Rz 25). Aber selbst wenn sich eine insolvente Person während des Insolvenzverfahrens als Gesellschafter an einer GbR beteiligen kann, kann dies wegen § 35 InsO im Grundsatz nicht dazu führen, dass der hierdurch begründete Gesellschaftsanteil insolvenzfrei ist. Vielmehr wäre auch der neu entstandene Gesellschaftsanteil massezugehörig und grundsätzlich von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters erfasst (§ 80 Abs. 1 InsO). So sind Gesellschaftsanteile keine unpfändbaren Gegenstände nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO, die nicht zur Insolvenzmasse gehören; sie unterliegen gemäß § 859 Abs. 1 ZPO der Einzelzwangsvollstreckung (vgl. auch Schmidt/Lüdtke in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, a.a.O., § 35 InsO Rz 142).
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b) Im Übrigen liegt weder eine Freigabe der mitunternehmerischen Tätigkeit bzw. des Gesellschaftsanteils der Beigeladenen noch lediglich eine Duldung dieser Tätigkeit vor.
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Zur Freigabe gelten die unter II.4.c aa gemachten Ausführungen entsprechend. Eine bloße Duldung der mitunternehmerischen Tätigkeit ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Interesse der Insolvenzmasse erlaubt und deshalb an der Entstehung eines massezugehörigen Gesellschaftsanteils mitgewirkt hat.
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6. Ebenso hat das FG die Einkommensteuerschulden der Streitjahre zu Recht insgesamt als Masseverbindlichkeit qualifiziert. Die vom Kläger hilfsweise begehrte Aufteilung dieser Schulden kommt aus den im Senatsurteil vom 16. April 2015 III R 21/11, unter II.4. genannten Gründen nicht in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 und § 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladene hat weder Sachanträge gestellt noch anderweitig das Verfahren gefördert (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2010 III B 33/10, BFH/NV 2011, 433, Rz 14).
(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.
(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:
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die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören; - 2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß; - 3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.
(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.
(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.
(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
(1) Steuerpflichtiger ist, wer eine Steuer schuldet, für eine Steuer haftet, eine Steuer für Rechnung eines Dritten einzubehalten und abzuführen hat, wer eine Steuererklärung abzugeben, Sicherheit zu leisten, Bücher und Aufzeichnungen zu führen oder andere ihm durch die Steuergesetze auferlegte Verpflichtungen zu erfüllen hat.
(2) Steuerpflichtiger ist nicht, wer in einer fremden Steuersache Auskunft zu erteilen, Urkunden vorzulegen, ein Sachverständigengutachten zu erstatten oder das Betreten von Grundstücken, Geschäfts- und Betriebsräumen zu gestatten hat.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 29. November 2013 4 K 3607/10 E aufgehoben.
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Der Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 9. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2010 wird mit der Maßgabe geändert, dass die Entrichtungspflicht des Klägers als Insolvenzverwalter auf den Betrag von 186 € herabgesetzt wird.
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Die gegen den Beigeladenen festgesetzte Einkommensteuer bleibt der Höhe nach unverändert.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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A. Im Revisionsverfahren ist nur noch streitig, ob der Insolvenzverwalter die Einkommensteuer des Insolvenzschuldners vorab aus der Masse entrichten muss, soweit sie aus der Vermietung von unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücken herrührt.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Beigeladenen.
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Im Vermögen des Beigeladenen befanden sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens drei Grundstücke und ein Erbbaurecht, die unter Zwangsverwaltung standen. Der Grundbesitz war vermietet. Im Streitjahr (2008) betrug der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermietung der vier Objekte 23.614 €.
- 4
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte u.a. die aus diesen Einkünften resultierende Einkommensteuer gegen den Kläger fest und wies den dagegen gerichteten Einspruch als unbegründet zurück.
- 5
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Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben, soweit die festgesetzte Einkommensteuer den Betrag von 4.910 € übersteigt. Im hier noch streitigen Punkt hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe u.a. die anteilig auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entfallende Einkommensteuer (4.724 €) als Masseverbindlichkeit zu entrichten.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 9. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. September 2010 dahin abzuändern, dass die ihn treffende Entrichtungspflicht auf den Betrag von 186 € herabgesetzt wird.
- 7
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
- 8
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Der Beigeladene hat sich am Revisionsverfahren nicht aktiv beteiligt.
Entscheidungsgründe
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B. I. Die Revision ist zulässig. Dem Kläger wird wegen Versäumung der Frist zur Revisionseinlegung und -begründung antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt, weil er ohne Verschulden verhindert war, die gesetzlichen Fristen einzuhalten (§ 56 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Kläger hat die versäumten Rechtshandlungen innerhalb der Antragsfrist nachgeholt, nachdem der Senat ihm als Partei kraft Amtes für die Revision Prozesskostenhilfe bewilligt hat.
- 10
-
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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Nicht der Insolvenzverwalter, sondern der Zwangsverwalter hat die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der Verwaltung des der Zwangsverwaltung unterfallenden Vermögens herrührt; er hat insbesondere die Einkommensteuer zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt. Das gilt auch, wenn während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird, solange die Zwangsverwaltung nicht aufgehoben ist. Das FA hat deshalb den Kläger als Insolvenzverwalter insoweit zu Unrecht in Anspruch genommen. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden.
- 12
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1. Der Zwangsverwalter hat die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt.
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a) Durch den Beschluss über die Anordnung der Zwangsverwaltung wird dem Vollstreckungsschuldner die Befugnis zur Verwaltung und Benutzung des Grundstücks entzogen (§ 148 Abs. 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung --ZVG--). Der Beschluss gilt zugunsten des Gläubigers als Beschlagnahme des Grundstücks (§ 146 Abs. 1, § 20 Abs. 1 ZVG). Das Recht, das Grundstück zu verwalten und zu benutzen, geht auf den Zwangsverwalter über. Er ist gemäß § 152 ZVG verpflichtet, das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Die Anordnung der Zwangsverwaltung lässt das Eigentum des Vollstreckungsschuldners an dem Grundstück unberührt; ihm verbleibt auch die dingliche Verfügungsbefugnis über das Grundstück. Die Beschlagnahme führt aber dazu, dass der unter Zwangsverwaltung stehende Grundbesitz von dem übrigen Vermögen des Schuldners getrennt wird und ein Sondervermögen bildet, welches den die Zwangsverwaltung betreibenden Vollstreckungsgläubigern zur Sicherung ihres Befriedigungsrechtes zur Verfügung steht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 2009 V R 67/07, BFHE 225, 172, BStBl II 2009, 1029).
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b) Als Vermögensverwalter i.S. von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) hat der Zwangsverwalter nicht nur die im ZVG geregelten Pflichten, sondern daneben auch die steuerlichen Pflichten des Vollstreckungsschuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. § 34 Abs. 3 AO enthält insofern eine außerhalb des ZVG stehende Verpflichtungsgrundlage. Als Vermögensverwalter tritt der Zwangsverwalter als weiterer Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO) neben den Steuerschuldner.
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aa) Steuersubjekt und damit Schuldner der Einkommensteuer bleibt der Vollstreckungsschuldner. Ihm sind insbesondere die steuerpflichtigen Einkünfte aus der Verwaltung des beschlagnahmten Vermögens persönlich zuzurechnen, obwohl er infolge der Beschlagnahme den Besitz an dem vermieteten Grundstück und die Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis darüber verloren hat. Gleichwohl erfüllt er den objektiven Tatbestand der Vermietung und Verpachtung auch während der Zwangsverwaltung, denn die Handlungen, die der Zwangsverwalter im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben (§ 150, § 152 Abs. 1 ZVG) vornimmt, werden dem Vollstreckungsschuldner auch mit steuerlicher Wirkung als eigene zugerechnet (vgl. Senatsurteile vom 16. April 2002 IX R 53/98, BFH/NV 2002, 1152; vom 11. März 2003 IX R 65-67/01, BFH/NV 2003, 778; ferner schon Reichsgericht, Urteil vom 22. Mai 1889 Rep. I 106/89 RGZ 24, 302; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 9. Dezember 2011 V ZR 131/11, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2012, 1293).
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bb) Daneben hat der Zwangsverwalter als Vermögensverwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners als eigene zu erfüllen (§ 34 Abs. 3 i.V.m. § 33 AO), soweit seine Aufgaben und Befugnisse reichen. Für Inhalt und Umfang der steuerlichen Pflichten, die der Zwangsverwalter demgemäß zu erfüllen hat, verweist § 34 Abs. 3 letzter Halbsatz AO vorrangig auf die Vorschriften des ZVG ("soweit die Verwaltung reicht"); inhaltlich ergeben sich die steuerlichen Pflichten aus den Steuergesetzen. Die Verweisung auf die Aufgaben und Befugnisse nach dem ZVG hat für die Anwendung des § 34 Abs. 3 AO vor allem zweierlei Bedeutung.
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(1) Gegenständlich ist der Aufgabenkreis des Zwangsverwalters begrenzt durch den Umfang der vollstreckungsrechtlichen Beschlagnahme. Nur Sachverhalte, die mit dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Vermögen in Zusammenhang stehen, lösen die Rechtsfolgen des § 34 Abs. 3 AO aus.
- 18
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(2) Zeitlich sind die Rechte und Pflichten des Zwangsverwalters begrenzt durch die Dauer des Verfahrens. Sie enden grundsätzlich mit dessen Aufhebung (§ 161 ZVG; vgl. BGH-Urteil vom 25. Mai 2005 VIII ZR 301/03, Monatsschrift für Deutsches Recht 2005, 1306).
- 19
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cc) Hat der Zwangsverwalter als Vermögensverwalter Steuern des Vollstreckungsschuldners gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO zu entrichten, so richtet sich der Anspruch des Fiskus nur gegen das liquide Verwaltungsvermögen (Nutzungen des Grundstücks; vgl. § 155 Abs. 1 ZVG). Zur Verfügung über das der Verwaltung unterliegende Grundstück ist der Zwangsverwalter nicht befugt. Mit seinem Privatvermögen haftet er allenfalls gemäß § 69 AO bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihn treffenden Entrichtungspflicht.
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c) Als Vermögensverwalter hat der Zwangsverwalter gemäß § 34 Abs. 3 AO die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der ordnungsgemäßen Verwaltung des beschlagnahmten Grundvermögens herrührt.
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aa) Voraussetzung dafür ist, dass der Zwangsverwalter im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben und Befugnisse handelt und dass die Einkommensteuer einen hinreichenden Bezug zu dem der Zwangsverwaltung unterliegenden Vermögen aufweist (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 2011 II R 49/09, BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944; ferner Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2009 8 C 9/09, NJW 2010, 2152 beide zu § 55 der Insolvenzordnung --InsO--). Beides ist hier der Fall.
- 22
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(1) Die Anordnung der Zwangsverwaltung lässt bestehende Miet- oder Pachtverhältnisse unberührt (§ 152 Abs. 2 ZVG). Setzt der Zwangsverwalter die bei Anordnung der Zwangsverwaltung bestehenden Mietverhältnisse fort, handelt er demzufolge im Rahmen der ihm nach dem ZVG übertragenen Aufgaben und Befugnisse.
- 23
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(2) Erzielt der Zwangsverwalter aus der Vermietung oder Verpachtung der seiner Verwaltung unterliegenden Grundstücke gemäß § 21 des Einkommensteuergesetzes steuerpflichtige Einnahmenüberschüsse, ist die darauf entfallende Einkommensteuer des Schuldners unmittelbar durch die Verwaltung verursacht und veranlasst, denn der Verwalter übt die den Besteuerungstatbestand erfüllende Tätigkeit (entgeltliche Überlassung des Grundstücks zur Nutzung) im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung selbst aus. Durch seine verwaltende Tätigkeit entsteht die Steuer; nur er kann die steuerpflichtige Tätigkeit beenden und die Entstehung des Steueranspruchs verhindern.
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bb) Aus dem ZVG ergibt sich nichts anderes. Nach § 155 Abs. 1 ZVG hat der Zwangsverwalter aus den Nutzungen des Grundstücks vorweg die Ausgaben der Verwaltung und die Kosten des Verfahrens zu bestreiten. Nach § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG sind die laufenden Beträge der öffentlichen Lasten vom Verwalter ohne weiteres Verfahren zu berichtigen. Aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt sich kein Argument gegen die Verpflichtung des Verwalters, die Einkommensteuer des Schuldners anteilig zu entrichten. Insbesondere § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG regelt weder positiv noch negativ, welche Steuern der Zwangsverwalter zu entrichten hat. Dies ergibt sich aus § 34 Abs. 3 AO i.V.m. den Steuergesetzen. Die Bedeutung von § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG liegt vor allem darin, dass er die steuerliche Entrichtungspflicht des Verwalters im Interesse der Gläubiger ihrem Umfang nach auf die laufenden Beträge beschränkt. Dem ist genügt, wenn der Verwalter die Einkommensteuer des Schuldners anteilig nur für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entrichten muss, die während seiner Verwaltungszeit aus der Verwaltung des beschlagnahmten Grundbesitzes entstanden sind.
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cc) Der gegenteiligen Auffassung des BFH (Urteil vom 22. August 1958 VI 157/57, Der Betrieb --DB-- 1958, 1203) folgt der Senat nicht.
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(1) Der BFH hat dort entschieden, der Zwangsverwalter hafte nicht für die auf einen Überschuss aus der Zwangsverwaltung entfallende Einkommensteuer des Grundstückseigentümers. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, die dinglichen Rechte der Gläubiger erstreckten sich auf die Bruttomieten (§ 1123 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--); die Gläubiger müssten sich nur einen Abschlag von den Bruttomieten für die Verwaltungs- und Verfahrenskosten gefallen lassen. Persönliche Schulden des Eigentümers seien ihnen gegenüber, anders als im Konkurs, nicht bevorrechtigt. Die Einkommensteuer des Grundeigentümers gehöre deshalb nicht zu den Ausgaben der Verwaltung (zustimmend z.B. Paulick in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, Lfg. 72, November 1972, § 104 RAO Rz 3).
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(2) Das Rangargument ist überholt und verfängt auch nicht. Das frühere Fiskusprivileg (vgl. § 61 Nr. 2 der Konkursordnung --KO--), auf welches der BFH im Jahr 1958 seine Begründung gestützt hat, ist mit der Einführung der Insolvenzordnung aufgehoben worden. Seitdem gilt im Insolvenzverfahren der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger. Das Fehlen einer Vorrangregelung im ZVG kann deshalb nicht gegen die Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters hinsichtlich der durch seine Verwaltungstätigkeit verursachten Einkommensteuer eingewandt werden. Im Übrigen ergibt sich die Vorrangigkeit von Steueransprüchen im Zwangsverwaltungsverfahren aus § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG i.V.m. § 34 Abs. 3 und Abs. 1 AO und den Steuergesetzen.
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(3) Auch aus § 1123 BGB lässt sich nicht herleiten, dass die Einkommensteuer, soweit sie aus der Tätigkeit des Verwalters herrührt, nicht aus den vom Verwalter erzielten Nutzungen des Grundstücks zu entrichten ist. Zwar erstreckt sich die Hypothek nach § 1123 BGB auf die Miet- oder Pachtforderungen und nicht nur auf die Vermietungsüberschüsse. Dieses Recht kann in der Zwangsverwaltung aber nur nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften durchgesetzt werden. Es wird insofern vor allem durch die Vorschriften des ZVG beschränkt, die vorsehen, welche Abzüge der Zwangsverwalter vor Auszahlung des Überschusses an die betreibenden Gläubiger vornehmen muss (vgl. § 155 Abs. 1 ZVG; § 156 Abs. 1 Satz 1 ZVG). Wie bereits dargelegt, ergibt sich aus diesen Vorschriften weder, dass die Einkommensteuer des Schuldners abgezogen werden muss noch dass dies nicht geschehen darf. Ergänzend müssen insofern § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO und die Steuergesetze herangezogen werden. Soweit sich daraus steuerliche Entrichtungspflichten des Verwalters ergeben, begrenzen auch diese den Anspruch der Gläubiger i.S. von § 1123 BGB.
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(4) Im steuerlichen Schrifttum wird, soweit ersichtlich einhellig die Auffassung vertreten, der Zwangsverwalter habe die Einkommensteuer des Schuldners nicht zu entrichten (Boeker in HHSp, § 34 AO Rz 84; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 34 AO Rz 26; Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 3. Aufl., § 34 D.; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 34 Rz 35; Schwarz in Schwarz, AO, § 34 Rz 17). Zur Begründung wird jedoch lediglich auf das BFH-Urteil von 1958 (in DB 1958, 1203) Bezug genommen.
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(5) Auch das zivilprozessuale Schrifttum geht davon aus, dass der Zwangsverwalter die Einkommensteuer des Schuldners nicht entrichten müsse (vgl. Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 20. Aufl. § 152 Rz 15.1 und 15.6; Böttcher/Keller, ZVG, 5. Aufl. § 152 Rz 65; Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 5. Aufl., § 155 Rz 9; Steiner/Eickmann/ Hagemann/Storz/Teufel, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl. § 152 ZVG Rz 22; Drasdo, NJW 2014, 1855, 1860; vgl. auch Ackermann/Reck, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2012, 1969; Kahlert, Deutsches Steuerrecht 2013, 97). Zur Begründung wird insoweit ergänzend auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts --OLG-- Zweibrücken Bezug genommen (Beschluss vom 14. Februar 1967 3 W 5/67, Der Deutsche Rechtspfleger 1967, 418). Streitig war dort, ob das Landgericht (LG) dem Zwangsverwalter zu Recht aufgegeben hatte, für den Vollstreckungsschuldner Bilanzen aufzustellen. Das hat das OLG verneint und die Entscheidung des LG aufgehoben. Den Zwangsverwalter treffe (gemäß § 104 der Reichsabgabenordnung --RAO--) eine Verantwortlichkeit nur für die Steuern und Abgaben, die aus der Verwaltungsmasse zu entrichten seien. Für Einkommen-, Vermögen- und Körperschaftsteuern, für die der Schuldner allein verantwortlich bleibe, hafte der Zwangsverwalter nicht. Diese Ausführungen enthalten indes keine Begründung, sondern setzen dasjenige voraus, was sie zu begründen vorgeben, ob nämlich der Zwangsverwalter die Einkommensteuer aus der Verwaltungsmasse zu entrichten habe.
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dd) Die Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters für die anteilig auf seine Tätigkeit entfallende Einkommensteuer des Schuldners liegt auf einer Linie mit der neueren Rechtsprechung des BFH zur Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters bezüglich der Umsatzsteuer und der Kfz-Steuer im Zusammenhang mit seiner Verwaltungstätigkeit.
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(1) Für die Umsatzsteuer ist höchstrichterlich geklärt, dass der Zwangsverwalter als Steuerpflichtiger gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO neben dem Steuerschuldner zur Entrichtung der Umsatzsteuer verpflichtet ist, soweit seine Verwaltung reicht. Insoweit sind Umsatzsteuerbescheide an ihn zu richten; führt der Schuldner außerhalb des Unternehmensbereichs, auf den sich die Beschlagnahme erstreckt, Umsätze aus, ist die hieraus entstandene Umsatzsteuer allein durch einen an den Schuldner gerichteten Umsatzsteuerbescheid geltend zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 2001 V R 44/00, BFHE 196, 372, BStBl II 2002, 171; Beschluss vom 28. Juni 2011 XI B 18/11, BFH/NV 2011, 1931).
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(2) Die Kfz-Steuer ist im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit vom Insolvenzverwalter zu entrichten, wenn das Fahrzeug Teil der Insolvenzmasse ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944; vom 8. September 2011 II R 54/10, BFHE 235, 1, BStBl II 2012, 149 zur Freigabe). Es muss nach der Rechtsprechung des II. Senats außerdem der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters unterliegen. Fehlt es daran, weil bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zwangsverwaltung über ein Grundstück angeordnet ist und weil das Fahrzeug als Zubehör des Grundstücks vorrangig der Zwangsverwaltung und insoweit der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnis des Zwangsverwalters unterfällt, hat der Zwangsverwalter und nicht der Insolvenzverwalter als Vermögensverwalter die Kfz-Steuer zu entrichten (BFH-Urteil vom 1. August 2012 II R 28/11, BFHE 238, 319, BStBl II 2013, 131). Diese Erwägungen sind auf die Nutzung des Grundstücks entsprechend übertragbar.
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ee) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des FA nicht daraus, dass die Einkommensteuer eine Subjektsteuer ist.
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Für Insolvenzverwalter ist allgemein anerkannt, dass sie als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO und den Steuergesetzen auch die Einkommensteuer des Insolvenzschuldners zu entrichten haben, soweit es sich um eine Masseverbindlichkeit handelt. Die zunächst einheitlich ermittelte Einkommensteuer wird in einem zweiten Schritt aufgeteilt. Soweit sie Masseverbindlichkeit ist (§ 55 InsO), ist sie gegen den Insolvenzverwalter als Entrichtungsschuldner durch Steuerbescheid festzusetzen. Soweit sie Insolvenzforderung ist, darf sie vom FA nicht festgesetzt, sondern muss zur Tabelle angemeldet werden. Soweit sie auf die Nutzung des insolvenzfreien Vermögens des Schuldners entfällt, ist sie durch Steuerbescheid gegen den Insolvenzschuldner festzusetzen. Entsprechendes muss auch für den Zwangsverwalter gelten.
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(1) Zwar unterliegt seiner Verwaltung nur ein bestimmter Teil des Schuldnervermögens, während im Insolvenzverfahren grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners dem Insolvenzbeschlag unterfällt (§ 80 Abs. 1 i.V.m. § 35 InsO). Darin liegt jedoch nur ein gradueller und kein prinzipieller Unterschied, denn auch im Insolvenzverfahren gibt es insolvenzfreies Vermögen (z.B. nicht pfändbares oder vom Insolvenzverwalter freigegebenes Vermögen), aus dessen Nutzung sich während des Insolvenzverfahrens eine nur vom Steuerschuldner persönlich zu tragende Einkommensteuer ergeben kann (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 2012 VIII R 47/09, BFH/NV 2013, 411 zur Duldung der freiberuflichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners durch den Insolvenzverwalter).
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(2) Ohne Bedeutung ist ferner der Umstand, dass die Aufgabe des Zwangsverwalters in der Verwertung der Nutzungsmöglichkeit liegt, wohingegen der Insolvenzverwalter grundsätzlich die Substanz des Vermögens zu werten hat. Aus beiden Tätigkeiten können sich Einkommensteueransprüche gegen den Schuldner ergeben, die dann vom jeweils zuständigen Verwalter zu entrichten sind.
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2. An der Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters ändert sich nichts, wenn (wie im Streitfall) während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.
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a) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (§ 35 InsO) zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Dieser hat als Vermögensverwalter gemäß § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AO auch die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht. Als Vermögensverwalter ist der Insolvenzverwalter Steuerpflichtiger (§ 33 Abs. 1 AO) und richtiger Inhaltsadressat von Steuerbescheiden, mit denen eine Finanzbehörde bestehende Masseverbindlichkeiten geltend macht (BFH-Urteile in BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944; in BFHE 235, 1, BStBl II 2012, 149; in BFHE 238, 319, BStBl II 2013, 131).
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b) Treffen die Zwangsverwaltung und die Insolvenzverwaltung für einen Schuldner zeitlich zusammen, ergibt sich aus § 34 Abs. 3 letzter Halbsatz AO, dass beide Verwalter die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen haben, soweit ihre Verwaltung jeweils reicht. In der InsO ist eindeutig geregelt, dass eine früher angeordnete Zwangsverwaltung grundsätzlich Vorrang vor der Insolvenzverwaltung hat.
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aa) Dies ergibt sich zunächst aus § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO. Danach bleiben die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung von dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den Insolvenzverwalter unberührt. § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO ist die Grundlage dafür, dass eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angeordnete Zwangsverwaltung neben diesem wirksam bleibt (Windel in Jaeger, InsO, § 80 Rz 289). Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht danach zwar die an das Eigentum geknüpfte Verfügungsbefugnis des Schuldners an den der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücken auf den Insolvenzverwalter über. Die Befugnis, das Grundstück zu verwalten und zu benutzen und insbesondere der Besitz an dem Grundstück verbleiben aber bei dem Zwangsverwalter.
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-
bb) Auch aus § 153b Abs. 1 ZVG ergibt sich, dass die Insolvenzeröffnung als solche keinen Einfluss auf die fortbestehende Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über bereits wirksam beschlagnahmte Sachen hat. Gemäß § 153b Abs. 1 ZVG wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag des Insolvenzverwalters die einstweilige vollständige oder teilweise Einstellung der Zwangsverwaltung angeordnet, wenn der Insolvenzverwalter glaubhaft macht, dass durch die Fortsetzung der Zwangsverwaltung eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Insolvenzmasse wesentlich erschwert wird. Damit ist der Vorrang der Verwaltungsrechte des Insolvenzverwalters vor denen des Zwangsverwalters nur unter der Voraussetzung gesetzlich vorgesehen, dass dies die Verwertungsmöglichkeiten des Schuldnervermögens verbessert. Mit der einstweiligen Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens nach § 153b ZVG geht die Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über die beschlagnahmten Sachen in dem Umfang, den die Einstellung hat, auf den Insolvenzverwalter über (Mönning/ Zimmermann, Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht 2008, 134, 139; Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 20. Aufl., § 153b Rz 4.3 und Rz 7; ders., ZVG-Handbuch, 9. Aufl. 2010, Rz 670c). Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die fortbestehende Verwaltungs- und Nutzungsbefugnis des Zwangsverwalters über die beschlagnahmten Sachen nicht berührt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 238, 319, BStBl II 2013, 131).
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c) Aus § 55 InsO ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift regelt, welche Forderungen im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter als Masseverbindlichkeit vorab aus der Masse zu bedienen sind. Sie setzt dabei voraus, dass die Forderung, um die es geht, in die Insolvenz fällt. Daran fehlt es aber, wenn sie in einem vorrangigen Zwangsverwaltungsverfahren vom dortigen Zwangsverwalter zu bedienen ist. Das übersieht auch die Gegenansicht, wonach die Einkommensteuer aus der Nutzung eines mit einem Absonderungsrecht belasteten Gegenstands stets zu einer Insolvenzforderung (§ 38 InsO) führen soll (Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl. S. 160 ff.; Schüppen/Ruh in Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 3, 3. Aufl. Insolvenzsteuerrecht, B. Besonderes Insolvenzsteuerrecht, Rz 59, 61).
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d) Die Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters für die anteilige Einkommensteuer des Schuldners ordnet die Steuerlast derjenigen Vermögensmasse zu, aus deren Zwangsverwertung sie entstanden ist. Dies dient der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger und vermeidet Verzerrungen, die ansonsten entstehen, wenn die Insolvenzmasse mit Steuern belastet wird, die im Zusammenhang mit Einnahmen stehen, welche nicht der Insolvenzmasse, sondern dem Zwangsverwalter zuzurechnen sind. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die absonderungsberechtigten Gläubiger aus der Zwangsverwaltung die Bruttomieten vereinnahmen und die anderen Insolvenzgläubiger die darauf entfallende Einkommensteuer tragen sollten.
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3. Eine Vorlage an den Großen Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 FGO ist nicht geboten. Der Senat weicht von dem BFH-Urteil (in DB 1958, 1203) nicht ab. Das Urteil ist zur RAO und zur KO und damit zu einer nicht mehr geltenden Rechtslage ergangen.
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4. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Feststellungen des FG ausreichen, um der Klage im Rahmen des Revisionsbegehrens stattzugeben. Der Senat teilt die Einkommensteuer des Streitjahres entsprechend dem Vorgehen des FG auf, das von keinem Beteiligten in Frage gestellt worden ist. Das FA hat den Kläger danach nur in Höhe der auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen entfallenden Einkommensteuer von 186 € zu Recht auf die Entrichtung der Steuer aus der Insolvenzmasse in Anspruch genommen. Die Klage hat danach in Höhe von weiteren 4.724 € mit der Maßgabe Erfolg, dass die Entrichtungspflicht des Klägers als Insolvenzverwalter in dieser Höhe herabgesetzt wird, nicht jedoch die gegen den Beigeladenen festgesetzte Einkommensteuer.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Das FA ist letztlich in vollem Umfang unterlegen und hat deshalb die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.
(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch
- 1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt; - 2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.
(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.
(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.
(1) Ein vom Schuldner erteilter Auftrag, der sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen bezieht, erlischt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
(2) Der Beauftragte hat, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann. Der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend. Mit seinen Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Massegläubiger.
(3) Solange der Beauftragte die Eröffnung des Verfahrens ohne Verschulden nicht kennt, gilt der Auftrag zu seinen Gunsten als fortbestehend. Mit den Ersatzansprüchen aus dieser Fortsetzung ist der Beauftragte Insolvenzgläubiger.
Hat sich jemand durch einen Dienst- oder Werkvertrag mit dem Schuldner verpflichtet, ein Geschäft für diesen zu besorgen, so gilt § 115 entsprechend. Dabei gelten die Vorschriften für die Ersatzansprüche aus der Fortsetzung der Geschäftsbesorgung auch für die Vergütungsansprüche. Satz 1 findet keine Anwendung auf Zahlungsaufträge sowie auf Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen und Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren; diese bestehen mit Wirkung für die Masse fort.
(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).
(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.
(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.
(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.
(1) Auf Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I S. 509) am 1. Juli 2007 eröffnet worden sind, sind mit Ausnahme der §§ 8 und 9 der Insolvenzordnung und der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet die bis dahin geltenden gesetzlichen Vorschriften weiter anzuwenden. In solchen Insolvenzverfahren erfolgen alle durch das Gericht vorzunehmenden öffentlichen Bekanntmachungen unbeschadet von Absatz 2 nur nach Maßgabe des § 9 der Insolvenzordnung. § 188 Satz 3 der Insolvenzordnung ist auch auf Insolvenzverfahren anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) am 18. Dezember 2007 eröffnet worden sind.
(2) Die öffentliche Bekanntmachung kann bis zum 31. Dezember 2008 zusätzlich zu der elektronischen Bekanntmachung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung in einem am Wohnort oder Sitz des Schuldners periodisch erscheinenden Blatt erfolgen; die Veröffentlichung kann auszugsweise geschehen. Für den Eintritt der Wirkungen der Bekanntmachung ist ausschließlich die Bekanntmachung im Internet nach § 9 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung maßgebend.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 30. März 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten beider Rechtsmittelzüge.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin. Die Klägerin verlangt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB Freigabe eines (Teil-)Betrages von 30.000 Euro, der im Verlauf eines früheren, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits zwischen ihr und der M. GmbH (fortan: Fa. M. ) hinterlegt worden ist.
- 2
- Die Fa. M. hatte mit Vertrag vom 1. Juni 1994 von der Klägerin ein im Beitrittsgebiet belegenes Grundstück gekauft. Zahlstelle für den Kaufpreis war die Kreissparkasse B. , die Grundpfandrechte ablösen und den Restbetrag an die Klägerin auskehren sollte. Mit Schreiben vom 24. Januar 1996 erklärte die Kreissparkasse B. , sie nehme "den von den vertragsschließenden Parteien des notariellen Kaufvertrages … beurkundeten Treuhandauftrag" an. Die Fa. M. zahlte den Kaufpreis nicht. Sie klagte auf Wandelung des Kaufvertrages. Die Klägerin erhob Widerklage auf Zahlung des Kaufpreises. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage wurde die Fa. M. zur Zahlung von 3.811.271,74 DM an die Klägerin verurteilt. Nachdem diese Sicherheit durch eine Prozessbürgschaft der Kreissparkasse W. geleistet hatte, betrieb sie die Zwangsvollstreckung gegen die Fa. M. . Es gelang ihr, etwa 3.000.000 DM zur Zahlung an die Kreissparkasse B. beizutreiben; den Restbetrag von etwa 800.000 DM zahlte die Fa. M. schließlich zur Abwendung der weiteren Zwangsvollstreckung an die Kreissparkasse B. . Diese leitete das Geld an die Kreissparkasse W. weiter, ohne die Grundpfandrechte abzulösen. Auf eine Klage der Fa. M. wurde die Kreissparkasse B. deshalb durch Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 verurteilt, den gesamten Betrag von 3.811.271,74 DM zugunsten der Klägerin und der Fa. M. zu hinterlegen. Zwischenzeitlich, am 11. Januar/17. Februar 1998, hatte die Klägerin den Kaufpreisanspruch an die Kreissparkasse W. abgetreten.
- 3
- Die Berufung der Fa. M. gegen die Abweisung der Klage auf Wandelung des Kaufvertrages und gegen ihre Verurteilung zur Zahlung des Kaufpreises hatte Erfolg. Die jetzige Klägerin wurde zur Zustimmung zur Wandelung sowie gemäß § 717 Abs. 2 ZPO zu Schadensersatz in Höhe von 3.811.271,74 DM Zug um Zug gegen Freigabe des hinterlegten Betrages verurteilt ; die Kaufpreisklage wurde abgewiesen. Nachdem die Klägerin Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt hatte, wurde am 7. Februar 2001 das Insol- venzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Gläubigerversammlung beschloss , den Rechtsstreit nicht aufzunehmen. Daraufhin versuchte die Klägerin selbst, den Rechtsstreit fortzusetzen. Mit Beschluss vom 12. Februar 2004 stellte der Bundesgerichtshof jedoch fest, dass der Rechtsstreit nach wie vor unterbrochen sei, weil ein Aktivprozess gemäß § 85 Abs. 2 InsO nicht vorliege (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769, 770).
- 4
- In der Zwischenzeit hatte die Fa. M. die Kreissparkasse W. aus der von der Klägerin beigebrachten Prozessbürgschaft in Anspruch genommen. Im Gegenzug hatte sie am 21. September 2001 sämtliche ihr zustehenden Ansprüche auf Auszahlung und Freigabe des beim Amtsgericht Stuttgart hinterlegten Betrages von 3.964.781,30 DM nebst Zinsen an die Kreissparkasse W. abgetreten und die Auszahlung und Freigabe des hinterlegten Betrages an diese bewilligt.
- 5
- Klägerin Die verlangt nunmehr aus abgetretenem Recht der Kreissparkasse W. Zustimmung zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt; das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der von der Kreissparkasse B. hinterlegte Geldbetrag stehe der Kreissparkasse W. weder aus eigenem noch aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Klägerin oder der Fa. M. zu. Es komme darauf an, wer im Verhältnis zur Kreissparkasse B. - der hinterlegenden Schuldnerin - Gläubiger gewesen sei. Die Kreissparkasse B. habe nicht den Kaufpreis hinterlegt, sondern denjenigen Betrag, den sie wegen Verletzung des Treuhandauftrages als Schadensersatz habe erstatten müssen. Ihren Schadensersatzanspruch gegen die Kreissparkasse B. habe die Klägerin nicht an die Kreissparkasse W. abgetreten. Aus abgetretenem oder übergegangenem Recht der Fa. M. stehe der Kreissparkasse W. der hinterlegte Geldbetrag ebenfalls nicht zu; denn die Fa. M. habe die Bürgschaft nur Zug um Zug gegen Freigabe der Hinterlegungssumme in Anspruch nehmen dürfen. Ob die Fa. M. einen Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages und Rückzahlung des Kaufpreises habe, sei derzeit offen. Im Vorprozess der Fa. M. gegen die Klägerin sei nur der Schadensersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO ausgeurteilt worden.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 9
- Grundlage 1. des Anspruchs der Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin klagt, gegen den Beklagten auf Zustimmung zur Auszahlung der 30.000 Euro ist § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB. Bei einem Streit über die Auszahlung von hinterlegten Geldbeträgen steht dem wirklichen Rechtsinhaber gegen die übrigen Prätendenten ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu; denn diese haben durch das vom Schuldner gewählte Vorgehen auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung von Hinterlegungsbeteiligten erlangt (BGHZ 35, 165, 170; 109, 240, 244; BGH, Urt. v. 15. Oktober 1999 - V ZR 141/98, NJW 2000, 291, 294). Für die Frage der Freigabepflicht ist die Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner und nicht das Innenverhältnis zwischen den Prätendenten maßgebend (BGH, Urt. v. 13. November 1996 - VIII ZR 210/95, WM 1997, 513, 514; Urt. v. 15. Oktober 1999, aaO). Der Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB setzt auch nicht voraus, dass der klagende Prätendent bei der Hinterlegung als Berechtigter benannt worden ist (BGH, Urt. v. 26. April 1994 - XI ZR 97/93, NJW-RR 1994, 847). Maßgeblich ist allein, ob dem klagenden Prätendenten die Forderung gegen den Schuldner zustand oder zusteht.
- 10
- 2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kaufpreisanspruch der Klägerin berechtigt ist oder ob die Fa. M. die Wandelung des Kaufvertrages und damit die Rückzahlung des Kaufpreises beanspruchen kann. Da die Kreissparkasse W. sämtliche Ansprüche im Wege der Abtretung erworben hat und die Klägerin aus dem Recht der Kreissparkasse W. vorgeht, ist der geltend gemachte Anspruch in jedem Fall begründet.
- 11
- a) Steht der Klägerin der Kaufpreisanspruch zu, so ist die Kreissparkasse W. durch die Abtretung dieses Anspruchs der Klägerin am 11. Januar /17. Februar 1998 entsprechend § 401 BGB auch Inhaberin des Anspruchs aus § 667 BGB gegen die im Vertrag bestimmte Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , geworden.
- 12
- aa) Die Abtretung des Kaufpreisanspruchs an die Kreissparkasse W. war wirksam. Insbesondere war der Anspruch nicht zuvor infolge der teils im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkten, teils zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlungen an die Kreissparkasse B. durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 87, 157, 162; BGH, Urt. v. 17. Februar 1994 - IX ZR 158/93, NJW 1994, 1403, 1404; v. 20. November 1997 - IX ZR 152/96, NJW 1998, 746, 747) haben Zahlungen auf ein Notaranderkonto in der Regel - wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben - keine Erfüllungswirkung. Gleiches gilt für Zahlungen an ein Kreditinstitut, das als Treuhänder beider Vertragsparteien eingeschaltet wird.
- 13
- bb) Nach § 401 Abs. 1 BGB gehen auch die unselbständigen Nebenrechte der abgetretenen Forderung auf den Abtretungsempfänger über. Dabei ist die Aufzählung in § 401 Abs. 1 BGB nicht abschließend. Die analoge Anwendung der Vorschrift auf nicht ausdrücklich genannte Nebenrechte wurde im Gesetzgebungsverfahren als selbstverständlich vorausgesetzt (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1971 - IV ZR 71/70, NJW 1972, 437, 439). Nach Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst sie auch andere unselbständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind (BGHZ 46, 14, 15; 138, 179, 184). Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass der Anspruch des Verkäufers gegen den Notar auf Auszahlung eines bei ihm vom Käufer hinterlegten Kaufpreises als ein unselbständiges Nebenrecht zur Kaufpreisforderung anzusehen ist, das nicht ohne diese gepfändet (BGHZ 105, 60, 64) oder abgetreten werden kann (BGHZ 138, 179, 184 mit zust. Anm. Henckel, WuB VI G § 9 GesO 1.99).
- 14
- Im vorliegenden Fall hatten die Parteien des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht einen Notar, sondern die Kreissparkasse B. als Treuhänder beauftragt, den Kaufpreis entgegen zu nehmen und entsprechend den Bestimmungen des Kaufvertrages vor Auskehrung an die Klägerin - die Verkäuferin - vorrangig zur Ablösung von Grundpfandrechten zu verwenden. Die Gründe, die zur Anwendung des § 401 BGB geführt haben, gelten jedoch auch in diesem Fall. Die Einschaltung der Treuhänderin diente hier ebenfalls dazu sicherzustellen , dass die Ansprüche der Vertragsparteien Zug um Zug erfüllt wurden. Die gesonderte Abtretung des einen oder des anderen Anspruchs - des Anspruchs gegen die Käuferin auf Zahlung des Kaufpreises oder des Anspruchs gegen die Treuhänderin auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten - wäre mit diesem Ziel unvereinbar gewesen. Ob der Vertrag über die Forderungsabtretung , der ausdrücklich "alle Nebenansprüche" einschloss, den Anspruch aus § 667 BGB erfasste, was die Vorinstanzen nicht geprüft haben, kann im Hinblick auf die Vorschrift des § 401 BGB offen bleiben.
- 15
- Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Kreissparkasse B. - wie sich auch aus dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Dezember 1999 ergibt - die Hinterlegung zur Erfüllung des gegen sie gerichteten Anspruchs aus § 667 BGB vorgenommen. Ihr war die zweckwidrige Verwendung der ihr zur Ablösung von Grundpfandrechten zur Verfügung gestellten Beträge vorgeworfen worden. Bei zweckwidriger Verwendung folgt der - verschuldensunabhängige - Herausgabeanspruch des Beauftragten nach wie vor aus § 667 BGB (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1990 - III ZR 336/89, NJW-RR 1991, 575; v. 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 48).
- 16
- cc) Der Anspruch der Klägerin gegen die Kreissparkasse B. aus § 667 BGB auf Herausgabe des aus der Ausführung des Auftrags Erlangten war - aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Ablösung der Grundpfandrechte - bereits mit der Annahme des Treuhandauftrages durch die Kreissparkasse B. gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 24. Januar 1996 entstanden. Dass der Kaufpreis erst nach der Abtretung vom 11. Januar/17. Februar 1999, nämlich am 28. Mai und am 26. Oktober 1999 an die Kreissparkasse B. gelangt war, ist für die Anwendung des § 401 BGB also ohne Bedeutung.
- 18
- (1) Auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person kann der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden Vermögensgegenstand freigeben (BGHZ 163, 32, 34; BGH, Urt. v. 26. Januar 2006 - IX ZR 282/03, ZInsO 2006, 260, 261; v. 2. Februar 2006 - IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583, 584; Henckel, Festschrift für Gerhart Kreft S. 291, 300 ff). Die Ablehnung, einen Rechtsstreit für die Masse aufzunehmen (§ 85 Abs. 2 InsO), ist notwendig mit der Freigabe des im Streit befindlichen Massegegenstandes verbunden; denn der Schuldner erhält die gesetzliche Prozessführungsbefugnis nur zurück, wenn der Streitgegenstand wieder zum massefreien Vermögen gehört (BGHZ 163, 32, 36). Die Ablehnung nach § 85 Abs. 2 InsO ist gegenüber dem Schuldner oder der Gegenpartei zu erklären. Sie ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann deshalb auch durch schlüssiges Verhalten wirksam erfolgen (BGH, Urt. v. 24. Juli 2003 - IX ZR 333/00, WM 2003, 1948, 1949). Lehnt der Insolvenzverwalter es ab, einen Passivprozess aufzunehmen, findet § 85 Abs. 2 InsO dagegen keine Anwendung (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004 - V ZR 288/03, ZIP 2004, 769 f; v. 14. April 2005 - IX ZR 221/04, ZIP 2005, 952, 953). Der Rechtsstreit bleibt - von den Ausnahmefällen des § 86 Abs. 1 InsO abgesehen , in denen auch der Gegner den Rechtsstreit fortsetzen kann - gemäß § 240 Abs. 1 ZPO unterbrochen. Die Erklärung, einen Passivprozess nicht aufnehmen zu wollen, kann in der Regel schon deshalb keine "Freigabe" des streitbefangenen Gegenstandes bedeuten, weil es um die Abwehr eines gegen die Masse gerichteten Anspruchs geht, die Masse also nicht Inhaberin des Anspruchs , sondern Anspruchsgegnerin ist.
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- (2) Die Erklärung des Beklagten, den beim Bundesgerichtshof anhängigen Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 nicht aufnehmen zu wollen, hatte im Hinblick auf den gegen die Masse geltend gemachten Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO nicht die Wirkung des § 85 Abs. 2 InsO (BGH, Beschl. v. 12. Februar 2004, aaO). Sie enthielt deshalb nicht notwendig die Freigabe des Kaufpreisanspruchs. Auf der anderen Seite ist es jedoch nicht ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit diesem Vorgang abgegebenen Erklärungen des Beklagten als Freigabe des Kaufpreisanspruchs zu verstehen.
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- Freigabe Die eines zur Masse gehörenden Vermögensgegenstandes bedeutet deren Überführung in das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners (Häsemeyer, Insolvenzrecht 3. Aufl. Rn. 13.14; vgl. auch BGHZ 163, 32, 35; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 6 Rn. 19, 21). Sie erfolgt durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Schuldner (RGZ 94, 55, 56; Häsemeyer, aaO Rn. 13.15) und muss den Willen dauernden Verzichts auf die Massezugehörigkeit bekunden (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 22). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Beklagte hat nicht nur im Rechtsstreit um die Wandelung des Kaufvertrages mitgeteilt, der Prozess werde nicht aufgenom- men. In der ersten Instanz des vorliegenden Prozesses hat er die von ihm abgegebenen Erklärungen dahingehend erläutert, er habe entsprechend dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 11. April 2001 den etwaigen Kaufpreisanspruch der Schuldnerin freigegeben, weil dieser abgetreten gewesen sei und die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe. Aufgrund des Beschlusses der Gläubigerversammlung, das Revisionsverfahren nicht aufzunehmen, könne die Klägerin (die Schuldnerin) den streitgegenständlichen Kaufpreisanspruch auf eigenes Kostenrisiko weiter verfolgen. Im Falle des Obsiegens der Schuldnerin müsse die Fa. M. den Kaufpreis an diese oder an die Kreissparkasse W. als die Abtretungsempfängerin zahlen. Spätestens mit diesen auch gegenüber der Schuldnerin abgegebenen Erklärungen ist der Kaufpreisanspruch aus der Masse freigegeben worden. Der Beklagte hat hier mit großer Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, dass der fragliche Anspruch nicht mehr der Masse, sondern der Schuldnerin zustehen soll. Seine Ausführungen in der Berufungsinstanz, die Ablehnung der Aufnahme des Prozesses um die Wandelung des Kaufvertrages sei rechtlich bedeutungslos gewesen, änderten daran nichts; denn eine einmal erklärte Freigabe kann nicht einseitig widerrufen werden (RGZ 60, 107, 109; Jaeger/Henckel, aaO Rn. 28).
- 21
- (3) Mit dem Kaufpreisanspruch hat der Beklagte zugleich den unselbständigen Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen die Treuhänderin, die Kreissparkasse B. , freigegeben. Dies folgt ebenfalls aus einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB. Die Freigabe eines Anspruchs aus der Insolvenzmasse stellt zwar keine Abtretung dar (Jaeger/Henckel, aaO Rn. 21). Der Insolvenzschuldner ist schon vor der Freigabe Inhaber der fraglichen Forderung ; die Freigabe bewirkt lediglich deren Übergang in sein insolvenzfreies Vermögen. Die Überlegungen, die zu einer entsprechenden Anwendung des § 401 BGB auf den Hilfsanspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder führ- ten, treffen jedoch auch hier zu. Der Treuhandauftrag wurde zur sicheren Durchführung des Kaufvertrages erteilt, nicht dazu, den Wert des Kaufpreisanspruchs von diesem zu lösen und eigenständig zu verkörpern. Gehört der Kaufpreisanspruch also nicht mehr zur Masse, muss gleiches auch für den Anspruch aus § 667 BGB gegen den Treuhänder gelten.
- 22
- Der (4) Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 2004 (aaO) stellt bindend fest, dass der Rechtsstreit über die Wandelung des Kaufvertrages nach wie vor unterbrochen ist, steht der hier getroffenen Entscheidung über die Frage der (materiell-rechtlichen) Freigabe jedoch nicht entgegen.
- 23
- b) Hat die Fa. M. Anspruch auf Wandelung des Kaufvertrages, kann sie die Rückzahlung des Kaufpreises und damit die Auskehrung des Hinterlegungsbetrages verlangen (§§ 462, 465, 467, 346 ff BGB a.F.). Die Fa. M. hat einer Auszahlung des hinterlegten Betrages an die Kreissparkasse W. , aus deren Recht die Klägerin vorgeht, zugestimmt.
III.
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- Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn zur Freigabe eines Teilbetrages von 30.000 Euro verurteilt hat, ist zurückzuweisen.
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 30.03.2004 - 9 O 461/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 04.08.2004 - 3 U 83/04 -
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2009 vom 02.02.2015 werden dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuer
2003 |
auf 8.281,56 € |
2004 |
auf 83,45 € |
2005 |
auf 21.282,84 € |
2006 |
auf 24.650,39 € |
2007 |
auf 21.426,28 € |
2008 |
auf 20.368,12 € |
2009 |
auf 18.625,53 € |
festgesetzt werden.
Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 31.05.2012 und die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide für 2011 und 2012 ff. vom 21.05.2012 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2013 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten trägt der Beklagte zu 96 % und der Kläger zu 4 %.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob die Einkommensteuerschuld 2003-2010 sowie die Einkommensteuervorauszahlungen 2011 und 2012 ff., die auf die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erzielten gewerblichen Einkünfte des Insolvenzschuldners entfallen, vorrangig zu befriedigende Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 der Insolvenzordnung (InsO) sind.
3Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn A sen. (Insolvenzschuldner). Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn A sen. wurde am 27.03.2003 eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde der zwischenzeitlich verstorbene Rechtsanwalt B bestellt. Das Amt übernahm der Kläger am 13.09.2009.
4Für die Jahre 2003 bis 2005 reichte Herr B Einkommensteuererklärungen des Insolvenzschuldners ein. Er erklärte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und gewerbliche Einkünfte aus einem Einzelunternehmen (C, … - C). Für die Jahre 2006 bis 2012 wurden keine Steuererklärungen abgegeben.
5Mit Einkommensteuerbescheiden vom 31.05.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für die Jahre 2003 bis 2010 fest, wobei er die Besteuerungsgrundlagen ab 2006 schätzte. Bereits mit Datum vom 21.05.2012 erließ der Beklagte Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide für 2011 und 2012 ff. Die Bescheide sind an den Kläger als Insolvenzverwalter/Konkursverwalter für Herrn A gerichtet. Im Einkommensteuerbescheid für 2003 wurde eine Aufteilung in Insolvenz- und Masseforderungen vom Beklagten vorgenommen. Die Höhe der Insolvenzforderung wird nicht bestritten.
6Den Festsetzungen liegen jeweils Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie einheitlich und gesondert festgestellte Beteiligungseinkünfte aus Gewerbebetrieb zu Grunde. Die Einkünfte aus § 19 EStG des Einkommensteuergesetztes (EStG) stammen bis zum 31.12.2009 aus der Geschäftsführertätigkeit des Insolvenzschuldners bei der Gesellschaft D GmbH & Co. KG (D), über deren Vermögen im Jahr 2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, und ab dem 01.01.2010 aus der Geschäftsführertätigkeit bei der E GmbH & Co. KG (E). Der pfändbare Teil des Geschäftsführergehalts wurde monatlich an den Insolvenzverwalter abgeführt.
7Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden dem Insolvenzschuldner als Treugeber im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung für die Gesellschaften D GmbH & Co. KG i.L. (D), der E GmbH & Co. KG (E) (gegründet durch Gesellschaftsvertrag vom 24.04.2007) und der F GmbH i.L. (F) (gegründet durch Gesellschaftsvertrag vom 01.03.2004) zugerechnet. Das Einzelunternehmen (C) wurde als Sonderbetriebsvermögen der D angesehen und im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung dieser Personengesellschaft berücksichtigt. Die erfassten gewerblichen Einkünfte setzen sich wie folgt zusammen:
8D |
F |
E |
|
2003 |
590.013,00 € |
||
2004 |
970.718,00 € |
2.393.651,00 € |
|
2005 |
1.106.295,00 € |
516.097,00 € |
|
2006 |
779.208,00 € |
||
2007 |
799.000,00 € |
1.612,00 € |
|
2008 |
499.000,00 € |
229.900,00 € |
|
2009 |
149.000,00 € |
-25.000,00 € |
|
2010 |
99.000,00 € |
0,00 € |
Zur Berechnung der nachträglichen Vorauszahlung für 2011 und der Vorauszahlungen ab 2012 setzte der Beklagte gewerbliche Beteiligungseinkünfte von 99.000 € und Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit i.H.v. 36.618 € an.
10Der Einkünftezurechnung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung … (Steuerfahndung) beschlagnahmte bei dem Insolvenzschuldner verschiedene Treuhandverträge (s. S. 188 ff. der GA). Ausweislich der Treuhandverträge halten Familienangehörige des Insolvenzschuldners treuhänderisch Gesellschaftsanteile für den Insolvenzschuldner an einer Vielzahl von Gesellschaften, unter anderem auch an den oben genannten Gesellschaften. Die Treuhandverträge sind notariell beurkundet. Über die treuhänderisch gehaltenen Gesellschaftsanteile hinaus wurden notariell beurkundete Angebote auf Übertragung der Anteile an den Insolvenzschuldner oder einem von dem Insolvenzschuldner zu benennenden Dritten abgegeben (Abtretungsangebote; s. S. 196 ff. der GA).
11Die Treuhandverträge und Rückabtretungsangebote waren Herrn B nicht bekannt und wurden dem Kläger – zwischen den Beteiligten unstreitig - erst Mitte März 2010 bekannt. Der Kläger nahm die Abtretungsangebote hinsichtlich der Geschäftsanteile an der E durch notarielle Urkunde des Notars … vom 12.08.2010 (URNr. …) für den Insolvenzschuldner an. Das OLG … stellte mit Urteil vom 10.07.2013 (Az. …, Vorinstanz: LG … Az. …) fest, dass der Insolvenzschuldner aufgrund der notariell beurkundeten Annahmeerklärung vom 12.08.2010 die Gesellschaftsanteile an der E von den Treuhändern, nämlich der Ehefrau des Klägers und zweier seiner Kinder, erworben habe und die derart erworbenen Geschäftsanteile Teil der Insolvenzmasse sind. Mit Urteil vom 11.12.2014 (Az. …) wies der BGH die gegen das Urteil des OLG … gerichtete Revision zurück (s. S. 140 der GA zum Az. 11 K 423/15 F).
12Die Betriebsgrundstücke der C hat Herr B mit Schreiben vom 03.09.2003, adressiert an den Insolvenzschuldner, freigegeben. Die Geschäftsausstattung, die technischen Anlagen und die Maschinen der C sind am 21.04.2004 von dem Insolvenzverwalter veräußert worden.
13Der Kläger legte am 22.06.2012 bezüglich der Vorauszahlungsbescheide und mit Schreiben vom 27.06.2012 bezüglich der Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2010 Einsprüche ein.
14Mit Einspruchsentscheidung vom 22.01.2013 wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. Die Einkommensteuerschulden seien als Masseverbindlichkeiten gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen. Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit würden Tätigkeitsvergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG und damit Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen. Aufgrund der bestehenden und auch tatsächlich umgesetzten Treuhandverhältnisse sei der Insolvenzschuldner als Gesellschafter der D und der E anzusehen. In die Gewinnfeststellungen 2003-2010 seien die Lohneinkünfte versehentlich nicht mit einbezogen worden. Daher seien bei den Einkommensteuerfestsetzungen der Ansatz der Lohneinkünfte neben dem Ansatz des jeweiligen Gewinnanteils erfolgt. An der Höhe des zu versteuernden Einkommens ändere sich hierdurch jedoch nichts.
15Bezüglich der Steuerschulden, die anteilig auf die gewerblichen Beteiligungseinkünfte entfielen, sei auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hinzuweisen, nach der die Einkommensteuerschuld nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Masseverbindlichkeit darstelle, wenn der Gegenstand, aus denen die Einkünfte entstehen würden – hier die Beteiligung an den Personengesellschaften – zur Insolvenzmasse gehören würde (vgl. BFH-Urteil vom 18.05.2010 X R 60/08, BStBl. II 2011, 429; BFH-Urteil vom 29.08.2007 IX R 4/07, BStBl. II 2010, 145).
16Der Kläger erhob mit Schreiben vom 22.02.2013, eingegangen bei Gericht am 25.02.2013, Klage.
17Zur Begründung führt der Kläger aus, die auf die steuerlichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in den Jahren 2003-2010 entfallende Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Zinsen würden nach Anrechnung des erfolgten Lohnsteuerabzugs insgesamt 44.868,83 € betragen. Bei diesen Steuerverbindlichkeiten handele es sich nicht um Massesteuerverbindlichkeiten, die aus der Masse zu begleichen seien. Der BFH habe mit Urteil vom 24.02.2011 (VI R 21/10) entschieden, dass die Einkommensteuer auf Lohneinkünfte keine Masseverbindlichkeit darstelle.
18Soweit die Einkommensteuer auf die Beteiligungseinkünfte an den Personengesellschaften entfalle (3.807.622,31 €), stelle sie ebenfalls keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar. Fehle dem Insolvenzverwalter die Kenntnis über die zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögenswerte, komme die Begründung von Masseverbindlichkeiten in „anderer Weise“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) von vornherein nicht in Betracht. Durch die Betätigung des Insolvenzschuldners nach Verfahrenseröffnung könne keine Masseverbindlichkeit „in anderer Weise“ begründet werden, wenn die Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter aufgenommen worden sei und die Erträge tatsächlich nicht zur Masse gelangt seien (BFH-Urteil vom 18.05.2010, X R 11/09). Erträge aus den Beteiligungen seien nachweislich nicht zur Masse gelangt. Nach Aufdeckung der Treuhandverträge seien zwar aus steuerlicher Sicht die Beteiligungseinkünfte zutreffend dem Insolvenzschuldner gemäß § 39 AO zugerechnet worden. An Eides Statt habe der Insolvenzschuldner jedoch bestätigt, selber aus den Treuhandverträgen keine Zahlungen, Zuwendungen oder Ansprüche erhalten bzw. geltend gemacht zu haben.
19Zum Nachweis legte der Kläger das Schreiben des Insolvenzschuldners vom 11.01.2011 (S. 103 ff. der GA), das Protokoll des Anhörungstermins vom 18.01.2011 des Insolvenzschuldners vor dem Amtsgericht … (Az. …; S. 109 ff. der GA), in dem der Insolvenzschuldner die Richtigkeit seiner Erklärung im Schreiben vom 11.01.2011 an Eides Statt versichert und die Versicherung an Eides Statt vom 22.07.2011 vor.
20In § 35 InsO werde die Insolvenzmasse als das gesamte Vermögen definiert, dass dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehöre und dass er während des laufenden Verfahrens erlange. Der X. Senat führe in seiner Entscheidung (X R 11/09) ausdrücklich aus, dass § 35 InsO nur den Begriff der Insolvenzmasse definiere. Ob eine Masseverbindlichkeit vorliege, sei auf Basis des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu beurteilen. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO könnten Masseverbindlichkeiten nur durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden. Eine Handlung des Insolvenzverwalters liege mangels Kenntnis von den Beteiligungen in den Jahren 2003-2009 nachweislich nicht vor. Die Begründung in anderer Weise setze voraus, dass Masseverbindlichkeiten auf eine – wie auch immer geartete – Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen seien. Mangels Kenntnis des Lebenssachverhaltes sei der Kläger bzw. sein Vorgänger in den Jahren 2003 bis 2009 keineswegs verwaltend tätig geworden. Der Insolvenzschuldner habe dem Kläger durch seine Verheimlichung vielmehr die Möglichkeit genommen, die Beteiligungen tatsächlich zu verwalten. Die Qualifizierung der Einkommensteuer auf die Beteiligungseinkünfte der D, der E und der F als Masseverbindlichkeit führe dazu, dass dem Kläger die Steuerbelastung quasi aufgedrängt werde. Dies stehe nicht mit dem alleinigen Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Klägers als Insolvenzverwalter nach § 80 InsO in Einklang. Vielmehr würde hieraus folgen, dass durch die Verheimlichung von Vermögenswerten der Masse die Entstehung von Massesteuerverbindlichkeiten durch den Insolvenzschuldner gelenkt werden könnte. D.h., in Fällen von verheimlichten steuerpflichtigen Einkünften könnte ein Insolvenzschuldner bei späterer Aufdeckung davon ausgehen, dass seine Vermögenssphäre von einer Steuerschuld diesbezüglich nie belastet würde. Die Schmälerung der Masse treffe die Gläubiger.
21Erst durch die Kenntnis von der D-Beteiligung in 2010 und mit der notariell beurkundeten Annahme des Angebots zur Erlangung des Geschäftsanteils an der E im August 2010 könne eine Zustimmung des Insolvenzverwalters zur Zuordnung des Neuerwerbs zur Masse liegen. Aufgrund der strittigen zivilrechtlichen Position seien allerdings bis heute keine steuerlichen Einkünfte von der Masse vereinnahmt worden. Sofern dem BFH-Urteil vom 18.12.2014 (X B 89/14) gefolgt werde, nachdem ein Zufluss zur Masse aus den Beteiligungen nicht Voraussetzung für die Würdigung der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit sei, könne allenfalls die Einkommensteuer ab 2010 als Masseverbindlichkeit angesehen werden. Dieses Ergebnis erscheine vor dem Hintergrund der fehlenden Kooperation der übrigen Feststellungsbeteiligten sowie des Insolvenzschuldners aus insolvenzrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt. Es sei zu berücksichtigen, dass es dem Kläger mangels Vorlage von Informationen und Unterlagen nicht möglich sei, eine Feststellungserklärung für die E abzugeben und sich somit gegen die Schätzungen ab 2010 zu wenden. Lediglich hinsichtlich der Beteiligung D wäre es dem Kläger möglich, auf Basis der vom dortigen Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellten vorläufigen Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung für das Wirtschaftsjahr 2010 eine Feststellungserklärung zu erstellen.
22Das Urteil des BFH vom 18.05.2010 X R 60/08 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da dem Insolvenzverwalter im Fall X R 60/08 bekannt gewesen sei, dass die Beteiligung existiert habe, weshalb sie der Masse zugeordnet worden sei. Die vom Beklagten angeführte Rechtsprechung des IX. Senates vom 29.01.2007 (Az. IX R 4/07) sei durch das Urteil vom 13.04.2011 II R 49/09 dahingehend geändert worden, dass es sich bei der Kfz-Steuer nur dann um eine Masseverbindlichkeit handele, wenn das betroffene Fahrzeug Teil der Insolvenzmasse sei. Danach habe der BFH seine abweichende frühere Rechtsprechung, wonach die Rechtsposition als Halter stets zur Insolvenzmasse gehöre, aufgegeben. Die geänderte Rechtsprechung weise darauf hin, dass die steuerbegründenden Wirtschaftsgüter respektive Einkünfte als Massezugehörigkeit gewürdigt sein müssten, um überhaupt zu Masseverbindlichkeiten führen zu können. Allein für die bislang angenommene unwiderlegbare Vermutung, ein Vermögensgegenstand werde im Rahmen der Masse verwendet, sei kein Raum mehr.
23Der Beklagte änderte die Feststellungsbescheide 2003 bis 2009 der insolventen D. In den geänderten Feststellungsbescheiden erhöhte der Beklagte die dem Kläger zuzurechnenden Gewinnanteile um geschätzte Tätigkeitsvergütungen, die dem Grunde nach bisher in den Einkommensteuerbescheiden als Einkünfte aus § 19 EStG erfasst worden waren. Die Höhe der Sondereinkünfte, die sich aus den Tätigkeitsvergütungen und den Vergütungen für die Überlassung der Betriebsgrundlagen der C zusammensetzen, belaufen sich auf folgende Höhe:
24Gesamte Sondereinkünfte |
Davon Tätigkeitsvergütung |
|
2003 |
79.139,97 € |
52.815,00 € |
2004 |
217.590,10 € |
52.814,00 € |
2005 |
30.557,25 € |
63.822,00 € |
2006 |
573.009,00€ |
63.822,00 € |
2007 |
54.524,00 € |
64.524,00 € |
2008 |
54.524,00 € |
64.524,00 € |
2009 |
52.824,00 € |
62.824,00 € |
Die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2009 änderte der Beklagte gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO mit Bescheiden vom 02.02.2015. In den Bescheiden setzte er die festgestellten Gewinnanteile (incl. der Tätigkeitsvergütung) als gewerbliche Einkünfte des Herrn A und die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit jeweils i.H.v. 0 € an.
26Eine Änderung der einheitlichen und gesonderten Feststellungen der E, von der der Insolvenzschuldner ab 2010 ein Geschäftsführergehalt bezog, unterblieb.
27Der Kläger beantragt,
28die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2009 vom 02.02.2015 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 31.05.2012 und die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide für 2011 und 2012 ff. vom 21.05.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2013 aufzuheben,
29die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen,
33hilfsweise, die Revision zuzulassen,
34hilfsweise, den Insolvenzschuldner, Herrn A sen., zum Verfahren hinzuzuziehen nach § 174 Abs. 4 und 5 AO.
35Der Beklagte trägt ergänzend vor, der Insolvenzschuldner führe – teils offen, teils verdeckt – die A-Unternehmensgruppe, die im Bereich des Maschinenbaus insbesondere für den Bergbau tätig sei. Nicht nur über das Vermögen des Insolvenzschuldners sei das Insolvenzverfahren eröffnet worden, eine Vielzahl der der Unternehmensgruppe zuzurechnenden, oftmals nur kurzzeitig existierenden Beteiligungsgesellschaften, seien ebenfalls insolvent. Die Steuerschulden der Gruppe würden sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen.
36Der Kläger weise auf das BFH-Urteil vom 18.05.2010 (AZ. X R 11/09) hin. In diesem Verfahren habe der BFH entschieden, dass eine Masseverbindlichkeit nicht „in anderer Weise“ nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet werde, wenn der Schuldner eine Tätigkeit ohne Wissen und Billigung durch den Insolvenzverwalter ausübe und wenn die entsprechenden Erträge tatsächlich nicht zur Masse gelangen würden. Zu beachten sei allerdings, dass der 10. Senat des BFH am 18.05.2010 nicht nur das vorstehend genannte Verfahren X R 11/09 entschieden habe, sondern auch das für den hiesigen Fall einschlägige und richtungsweisende Verfahren X R 60/08. In dem zuletzt genannten Urteil befasse sich der BFH mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft herrührende Einkommensteuerschuld des Insolvenzschuldners für ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegendes Veranlagungsjahr als Masseverbindlichkeit zu behandeln sei. Der BFH stelle klar, dass Einkommensteuerschulden auch dann den Charakter von Masseverbindlichkeiten annehmen würden, wenn sie nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters, also z.B. durch den Verkauf eines massezugehörigen Vermögensgegenstands begründet würden, sondern „in anderer Weise“. Es reiche aus, dass der Gegenstand, aus dem die Einkünfte entstehen würden, – hier die Beteiligung an den Personengesellschaften – zur Insolvenzmasse gehören würden. Allein maßgeblich sei, dass der Gewinn steuerrechtlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei. In vergleichbarer Weise habe der BFH bereits mit Urteil vom 29.08.2007 (AZ. IX R 4/07, BStBl. II 2010, 145) entschieden, dass es für die Qualifizierung von Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit ausreichend sei, dass die Rechtsposition als Halter des Kraftfahrzeuges zur Masse gehöre, selbst wenn sich das entsprechende Kraftfahrzeug nicht im Besitz des Schuldners oder der Masse befinde. In seinem Urteil vom 18.05.2010 X R 60/08 stelle der BFH zudem noch fest, dass es für die Qualifikation der Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit nicht darauf ankomme, ob der Insolvenzmasse die Erträge, die die Entstehung der Einkommensteuer verursacht hätten, in Form einer Liquiditätsmehrung zu Gute gekommen seien. Masseverbindlichkeiten seien die Einkommensteuerschulden, die sich aus echten Gewinnen der Personengesellschaft ergäben; in diesem Fall komme der gegen die Gesellschaft gerichtete Gewinnanspruch unmittelbar der Insolvenzmasse zugute.
37Die gewerblichen Einkünfte des Insolvenzschuldners setzten sich aus dem Gewinnanteil (Gesamthandsbereich) und der Tätigkeitsvergütung zusammen. Eine Trennung dieser einheitlichen gewerblichen Einkünfte sei nicht zulässig. Die Anrechnung von Lohnsteuerabzugsbeträgen gehöre zum Steuererhebungsverfahren und nicht zum Steuerfestsetzungsverfahren. Streitigkeiten über die Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer könnten daher nicht im vorliegenden Verfahren entschieden werden.
38Hinsichtlich der Vorauszahlungen 2011 ff. sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Vorauszahlungsbescheiden um bloße Schätzungen im Sinne von § 162 AO handele, die keinen spezifischen Bezug zu einer besonderen Beteiligung des Insolvenzschuldners hätten. Welche Einkünfte der Insolvenzschuldner tatsächlich in diesen Jahren gehabt habe, sei genauso unbekannt, wie die jeweilige Quelle (Beteiligung) dieser Einkünfte. Der Insolvenzschuldner habe seit vielen Jahren keine Einkommensteuererklärung mehr abgegeben. Ausweislich des beigefügten Zeitungsartikels in der …-Zeitung vom sei der Insolvenzschuldner seit 2007 sehr erfolgreich auf dem Markt tätig. Es könne davon ausgegangen werden, dass er mit der Firmengruppe erhebliche Gewinne erzielt habe und die bisher festgesetzten Einkommensteuervorauszahlungen bei weitem zu niedrig festgesetzt worden seien.
39Der Beklagte beantragt, den Insolvenzschuldner A sen. nach § 174 Abs. 5 S. 2 AO zum Rechtsstreit beizuladen, da sich gegenüber dem Insolvenzschuldner in Abhängigkeit zum Ausgang des Klageverfahrens Folgeänderungen i.S.d. § 174 Abs. 4 AO ergeben könnten. Der Insolvenzschuldner könne zum Klageverfahren beigeladen werden, dies ergebe sich aus dem BFH-Urteil vom 16.07.2015 (III R 32/13).
40Auf Nachfrage der Berichterstatterin, ob der Kläger Herausgabeansprüche auf die Gewinnanteile gegen die Treuhänder geltend gemacht habe, wies der Kläger auf ein Urteil des LG … vom 02.04.2014 (Az. …) hin, in dem die Treuhänder u.a. bezüglich der o.g. A-Gesellschaften verurteilt wurden, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung zu legen, was sie aufgrund der Inhaberschaft an den Geschäftsanteilen erlangt haben, ob und inwieweit eine Herausgabe des Erlangten möglich ist und falls dies nicht möglich ist, Auskunft über den Wert des Erlangten zu erteilen. Die Treuhänder haben Berufung vor dem OLG… (Az. ...) eingelegt, über die mit Urteil vom 07.05.2015 entschieden wurde (s. S. 276 ff. der GA). Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde sei zurückgenommen worden. Der Kläger hat daraufhin begrenzt auf die E Auskunft von den Treuhändern verlangt und die Erklärung erhalten, dass sie nichts erlangt hätten (s. S. 294 ff. der GA). Er habe sodann die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG … nach § 888 der Zivilprozessordnung (ZPO) beantragt. Auf Nachfrage der Berichterstatterin teilte der Kläger außerdem mit, seine Aktivitäten im Hinblick auf die treuhänderisch gehaltene Beteiligung an der D habe sich im Jahr 2010 auf die Schaffung von Transparenz bezüglich Vermögensstruktur und Ertragslage beschränkt. Der Rechtsbeistand des Insolvenzschuldners habe im Jahr 2010 auf die erheblich angespannte Liquiditätslage der D (Steuerschulden in Millionenhöhe) und die ggf. unvermeidliche Beantragung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der D verwiesen. Das Insolvenzverfahren sei in 2011 eröffnet worden. Im Sinne einer Massesicherung habe er sodann bezüglich der Herausgabe der Beteiligung keine Maßnahmen vorgenommen.
41Der weitere Sachverhalt ist den Gerichtsakten und den vom Gericht beigezogenen Steuerakten sowie dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 21.07.2016 zu entnehmen.
42Entscheidungsgründe:
43A. I. Eine Beiladung des Insolvenzschuldners nach § 174 Abs. 5 S. 2, Abs. 4 AO scheidet aus. Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 5 AO liegen nicht vor. Der Insolvenzschuldner ist kein Dritter i.S.d. § 174 Abs. 5 AO.
44Die Beiladung eines Dritten ist nach § 174 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 AO -unabhängig von den Voraussetzungen des § 60 Finanzgerichtsordnung (FGO) - zulässig, wenn ein Steuerbescheid aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen möglicherweise wegen irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern ist und hieraus rechtliche Folgerungen bei dem Dritten zu ziehen sind und das Finanzamt die Beiladung des Dritten beantragt oder veranlasst hat.
45Der Insolvenzschuldner kann nicht als Dritter i.S.d. § 174 Abs. 5 AO angesehen werden. Dritter ist im Hinblick auf den zu ändernden fehlerhaften Bescheid jeder, der darin nicht als Steuerschuldner (§ 43 AO) angegeben ist (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 174 Rn. 54; BFH-Urteil vom 12.02.2015 V R 28/14, BFH/NV 2015, 1016). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Der Insolvenzschuldner ist Steuerschuldner der angefochtenen Einkommensteuerbescheide und der Vorauszahlungsbescheide. Zwar sind als Masseverbindlichkeiten zu behandelnde Steuerforderungen durch einen an den Insolvenzverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend zu machen. Dies betrifft aber lediglich die Geltendmachung der Steuerforderung; Steuerschuldner ist auch in diesen Fällen der Insolvenzschuldner als Rechtsträger der Insolvenzmasse (vgl. BFH-Urteil vom 06.07.2011 II R 34/10, BFH/NV 2012, 10; BFH-Beschluss vom 23.08.1993 V B 135/91, BFH/NV 1994, 186). Herr A sen. ist in den angefochtenen Steuerbescheiden zudem ausdrücklich als Steuerschuldner benannt. Die Steuerbescheide sind an den Kläger als Insolvenzverwalter für Herrn A gerichtet (im Ergebnis abweichend: FG Köln vom 26.03.2010 7 K 3529/07).
46Der Beklagte verweist zu Recht darauf, dass im Verfahren III R 32/13 (BFH-Urteil vom 16.07.2015, BFHE 251, 102, BStBl. II 2016, 251) eine Beiladung des Insolvenzschuldners zum Klageverfahren des Insolvenzverwalters erfolgt ist. Diese Beiladung ist allerdings vom FG beschlossen worden und galt damit auch im Revisionsverfahren. Der BFH hat die Beiladung entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ausdrücklich bestätigt.
47II. Eine Beiladung des Insolvenzschuldners nach § 60 Abs. 1 und 3 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die einfache und die notwendige Beiladung setzen voraus, dass durch die Entscheidung im Klageverfahren die rechtlichen Interessen des Insolvenzschuldners nach den Steuergesetzen berührt werden (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 60 FGO Rn. 14; BFH-Urteil vom 08.09.2011 V R 38/10, BFHE 235, 488, BStBl. II 2012, 270). Im vorliegenden Verfahren ist alleine streitig, ob die festgesetzten Einkommensteuerbeträge Masseverbindlichkeiten sind oder das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners betreffen. Die Entscheidung, ob eine Masseverbindlichkeit vorliegt oder nicht, richtet sich ausschließlich nach der Insolvenzordnung und nicht nach den Steuergesetzen (vgl. BFH vom 12.05.2009 VIII B 27/09, BFH/NV 2009, 1449; BFH-Urteil vom 08.09.2011 V R 38/10, BFHE 235, 488, BStBl. II 2012, 270).
48B. Die Klage ist überwiegend begründet.
49I. Die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2010 und die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2011 und 2012 ff. sind im tenorierten Umfang rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). In dem Zeitraum ab 27.03.2003 bis einschließlich 2009 stellen lediglich die Einkommensteuern, die anteilig auf die Tätigkeitsvergütungen des Insolvenzschuldners und die Vergütungen für die Überlassung der zur Insolvenzmasse gehörigen Wirtschaftsgüter entfallen, Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I 2007, 509) (im weiteren als „InsO“ bezeichnet) dar, die gegenüber dem Kläger (Insolvenzverwalter) als Bekanntgabeadressat festgesetzt werden konnten. Die angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen 2003 bis 2009 sind entsprechend herabzusetzen. Die Einkommensteuerfestsetzung 2010, die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 2011 und 2012 ff. sind gegenüber dem Kläger aufzuheben, da die vom Insolvenzschuldner im Jahr 2010 erzielten und für Vorauszahlungszwecke geschätzten Einkünfte zum insolvenzfreien Vermögen zu rechnen sind. Die Einkommensteuern können insoweit nicht gegenüber dem Kläger als Bekanntgabeadressat festgesetzt werden. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
501. Auf den vorliegenden Streitfall ist die Insolvenzordnung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007 (BGBl. I 2007, 509) anzuwenden, da das Insolvenzverfahren vor dem 1. Juli 2007 eröffnet worden ist (Art. 103c Abs. 1 S. 1 EGInsO).
512. Im Fall der Insolvenz ist die Einkommensteuer verschiedenen insolvenzrechtlichen Forderungskategorien zuzuordnen. Zu unterscheiden ist zwischen Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten als Forderungen gegen die Insolvenzmasse sowie Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen. Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO sind Vermögensansprüche gegen den Schuldner, die im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet sind. Hingegen werden Masseverbindlichkeiten und Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen nach der Insolvenzeröffnung begründet.
52Sind in einem Veranlagungszeitraum mehrere insolvenzrechtliche Forderungskategorien betroffen, so ist die einheitlich ermittelte Einkommensteuerschuld aufzuteilen. Der Insolvenzverwalter ist allein Adressat der Steuerbescheide über Ansprüche, die Masseverbindlichkeiten darstellen. Diese Ansprüche sind vom Insolvenzverwalter vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Alle sonstigen Steueransprüche sind insolvenzfrei und müssen gegen den Insolvenzschuldner festgesetzt werden. Dies bedeutet, dass der Insolvenzverwalter nicht Adressat der Verwaltungsakte ist, die das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners betreffen. Diese sind ausschließlich dem Insolvenzschuldner bekannt zu geben (Roth, InsolvenzSteuerrecht, Rn. 3.196). Steuerforderungen, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind, sind beim Insolvenzverwalter zur Tabelle anzumelden (§ 174 Abs. 1 Satz 1 InsO).
53Die streitigen Einkommensteuerschulden sind - zwischen den Beteiligten unstreitig - nach der Insolvenzeröffnung begründet worden. Die vor der Insolvenzeröffnung im Jahr 2003 begründeten Steuern hat der Beklagte nicht gegenüber dem Kläger festgesetzt. Die Berechnung dieser Steuern erfolgte ausdrücklich nur informatorisch. Im vorliegenden Fall ist deshalb ausschließlich eine Zuordnung der streitigen Einkommensteuerschulden zu den Masseverbindlichkeiten auf der einen Seite und den Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen auf der anderen Seite vorzunehmen.
543. Die Einkommensteuerfestsetzungen 2003 bis 2009 sind insoweit gegenüber dem Kläger als Bekanntgabeadressat festzusetzen, als sie auf die Tätigkeitsvergütungen des Insolvenzschuldners und die Vergütungen für die Überlassung der zur Insolvenzmasse gehörigen Wirtschaftsgüter entfallen. Insoweit liegt eine Masseverbindlichkeit vor. Im Übrigen stellen die Steuerschulden Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen dar, die gegenüber dem Insolvenzschuldner geltend zu machen sind.
55Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO solche Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse (§ 35 InsO) begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören.
56a) Die Steuerschulden, die auf den Gesamthandsgewinnen der Gesellschaften beruhen (ohne Sondervergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG), sind keine Masseverbindlichkeiten. Die „treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen“ an der D, der E und der F gehören zwar zur Insolvenzmasse, die Insolvenzverwalter haben aber in den Jahren 2003 bis 2009 keine Verwaltungsmaßnahme in Bezug auf die Beteiligungen vorgenommen.
57aa) Nach § 35 InsO (= § 35 Abs. 1 InsO n.F.) ist Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Diese Voraussetzungen sind für die Beteiligungen erfüllt. Die treuhänderisch gehaltene Beteiligung an der D hat der Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2001 erworben. Das Treuhandverhältnis bezüglich der D-Beteiligung ist zwar durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. §§ 115, 116 InsO erloschen (vgl. Jacoby in Jaeger, Kommentar zum Insovenzrecht, 1. Auflage, 2014 § 115, Rn. 102 m.w.N.). Das Recht auf Annahme des von den Treuhändern notariell beurkundeten Abtretungsangebotes und der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten standen dem Insolvenzverwalter aber zu und gehörten als geldwerte und pfändbare Rechte/Ansprüche zur Insolvenzmasse. Die treuhänderischen Beteiligungen an der F und der E hat der Insolvenzschuldner während des Insolvenzverfahrens in den Jahren 2004 und 2007 erlangt. Der Senat lässt insoweit offen, ob es das Zivilrecht gestattet, dass sich eine insolvente Person während des Insolvenzverfahrens - auch ohne Zustimmung und Freigabe durch den Insolvenzverwalter - an einer GmbH & Co. KG treuhänderisch beteiligt (siehe dazu BFH-Urteil vom 16.07.2015 III R 32/13, BFHE 251, 102, BStBl. II 2016, 251). Der Insolvenzschuldner hat sich im vorliegenden Fall tatsächlich treuhänderisch an der F und der E beteiligt. Die sich aus dem verwirklichten Lebenssachverhalt ergebenden Rechte und Ansprüche gehören als Neuerwerb zur Insolvenzmasse und unterliegen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Der Kläger hat seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse auch tatsächlich ausgeübt. Er hat im Jahr 2010 die von den Treuhändern notariell beurkundeten Abtretungsangebote für die E angenommen und die Treuhänder im Jahr 2013 auf Auskunft, was sie aufgrund der Beteiligungen an der D, der F und der E erhalten haben, verklagt (Stufenklage).
58bb) In den Jahren 2003 bis 2009 haben der verstorbene Insolvenzverwalter und der Kläger jedoch mangels Kenntnis von den treuhänderischen Beteiligungen keine Verwaltungsmaßnahmen i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Bezug auf die treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen vorgenommen.
59Entgegen der Ansicht des Beklagten führt alleine die Zugehörigkeit der mit den treuhänderischen Beteiligungen zusammenhängenden Rechte und Ansprüche zur Insolvenzmasse und das aus § 80 Abs. 1 InsO folgende Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters nicht zur Qualifizierung der mit den Beteiligungen zusammenhängenden Steuerschulden zu Masseverbindlichkeiten. Diese Auffassung widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und dem Zweck der Norm.
60Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO muss die Verbindlichkeit auf eine - wie auch immer geartete - Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (vgl. BFH-Urteile vom 16.07.2015 III R 32/13, BFHE 251, 102, BStBl. II 2016, 251 und vom 21.07.2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl. II 2010, 13; Münchener Kommentar, Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 55 Rn. 71). Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die Einkommensteuerschuld (zumindest auch) durch eine aktive Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters begründet sein muss. Die erforderliche insolvenzrechtliche Begründung ist nicht mit der steuerlichen Entstehung (z.B. § 36 Abs. 1 EStG) oder der Fälligkeit der Steuerforderung gleichzusetzen (zu der Definition „begründet“ in § 38 InsO: BFH-Beschluss vom 01.04.2008, X B 201/07, BFH/NV 2008, 925). Entscheidend ist, wann der Rechtsgrund für den Anspruch gelegt wurde (vgl. BFH-Beschluss vom 18.12.2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470). Der Rechtsgrund für einen Steueranspruch ist gelegt, wenn der gesetzliche Besteuerungstatbestand verwirklicht wird (vgl. BFH-Beschluss vom 18.12.2014 X B 89/14, BFH/NV 2015, 470). Im vorliegenden Fall wird der Besteuerungstatbestand des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG durch das Halten der treuhänderischen Beteiligungen an den Personengesellschaften und die gewerbliche Betätigung der Personengesellschaft in den einzelnen Jahren erfüllt. In diesen Zeiträumen haben die Insolvenzverwalter mangels Kenntnis der Beteiligungen jedoch keinerlei aktive Verwaltungsmaßnahme in Bezug auf die Beteiligungen ausgeübt.
61Eine die Einkommensteuerschuld begründende Verwaltungsmaßnahme kann auch nicht in der Annahme des Abtretungsangebotes bezüglich der E-Beteiligung und in dem Versuch des Klägers gesehen werden, durch die Erhebung der Stufenklage das aufgrund der Inhaberschaft an den Geschäftsanteilen Erlangte von den Treuhändern zu erhalten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind Masseverbindlichkeiten nur Verbindlichkeiten, die durch eine – wie auch immer geartete – Verwaltungsmaßnahme begründet worden sind. Der Insolvenzverwalter muss somit durch seine Handlung oder in anderer Weise die Grundlagen der Verbindlichkeit geschaffen haben (vgl. Lohmann in Kreft, InsO, 3. Auflage, § 55 Rn. 2). Die Annahme des Abtretungsangebotes im Jahr 2010 und das Auskunftsverlangen in den Jahren 2013 ff. haben keinen Einfluss auf die Begründung der bereits entstandenen Einkommensteuer. Die Steuerschuld ist ausschließlich durch das Halten der Beteiligung i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG und die gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaften in den einzelnen Jahren begründet worden. Durch ein nachträgliches Herausgabeverlangen von Erträgen, deren Erzielung dem Insolvenzverwalter nicht bekannt war, kann der Bezug zur Begründung der Verbindlichkeit (Steuerschuld) nicht mehr hergestellt werden.
62Die Annahme von Masseverbindlichkeiten würde im vorliegenden Fall nicht nur – wie oben dargestellt - dem Wortlaut des § 55 InsO, sondern auch dem gesetzgeberischen Willen widersprechen. § 55 InsO bezweckt die Masseverbindlichkeiten auf einen engen Kreis zu begrenzen (vgl. BGH-Urteile vom 05.07.2001 IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252 und vom 02.02.2006 IX ZR 46/05, ZIP 2006, 583; BFH-Urteil vom 24.02.2011 VI R 21/10, BStBl. II 2011, 520 am Ende; Sinz in Uhlenbruck, InsO 14. Auflage, § 55 Rn. 3; Hefermehl in Münchener Kommentar, Insolvenzordnung, 3. Auflage, § 55 Rn. 20). Die Begrenzung der Masseverbindlichkeiten ist auf die Begünstigung, die durch die Qualifizierung einer Schuld als Masseverbindlichkeit entsteht, zurückzuführen. Durch die Qualifizierung einer Verbindlichkeit als Masseverbindlichkeit wird der Massegläubiger gegenüber den übrigen Gläubigern besser gestellt. Masseverbindlichkeiten werden nach § 53 InsO vorweg, d.h. vor den quotal zu befriedigenden Insolvenzgläubigern in voller Höhe aus der Masse beglichen. Ohne die Begünstigung würde niemand mit dem Insolvenzverwalter Rechtsgeschäfte abschließen oder Leistungen zur Insolvenzmasse erbringen (vgl. Hefermehl in Münchener Kommentar, InsO, § 55 Rn. 1). Sie dient damit ausschließlich der ordnungsgemäßen Verfahrensabwicklung und der Verteilung der Masse (vgl. Hefermehl in Münchener Kommentar, InsO, § 55 Rn. 1) und darf über diesen Kreis der Verbindlichkeiten nicht ausgedehnt werden. Der Begünstigungsgrund greift im vorliegenden Fall nicht ein. Die Insolvenzverwalter haben zum Einen keine Tätigkeiten bezüglich der Beteiligungseinkünfte nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 1. Hs. EStG entfaltet und zum Anderen kein Vertrauen der Finanzverwaltung auf Zahlung der Einkommensteuern aus der Masse begründet. Die Finanzverwaltung ist auf Grund der Täuschung des Insolvenzschuldners und der Treuhänder davon ausgegangen, dass Steuerschuldner der Einkommensteuer die Treuhänder sind. Einen Bezug zur Insolvenzmasse hat die Finanzverwaltung bei Begründung der Steuerschulden selbst nicht hergestellt. Es ist damit kein Grund ersichtlich, der eine Begünstigung der Finanzverwaltung gegenüber den übrigen Insolvenzgläubigern rechtfertigen würde.
63b) Die Einkommensteuerschulden, die auf die Tätigkeitsvergütungen des Insolvenzschuldners und die Vergütungen für die Überlassung der zur Insolvenzmasse gehörigen Wirtschaftsgüter entfallen, hat der Beklagte dem Grunde nach zu Recht gegen den Kläger festgesetzt. Sie stellen Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar, die gegenüber dem Kläger als Bekanntgabeadressat festzusetzen sind.
64aa) Die Einnahmen aus der Geschäftsführertätigkeit vom 27.03.2003 bis 31.12.2009 gehören zur Insolvenzmasse. Bei selbstständig Tätigen zählt die Arbeitskraft als ein Teil des mitunternehmerisch betriebenen Gewerbebetriebes zur Masse. Massezugehörig sind alle Betriebseinnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit, wenn der Insolvenzverwalter die Tätigkeit gebilligt hat und deren Einnahmen zur Masse gezogen hat (vgl. zum Einzelunternehmen: BFH-Urteil vom 16.04.2015 III R 31/11, BFH/NV 2015, 1638). Dies war der Fall. Der verstorbene Insolvenzverwalter und der Kläger haben die Geschäftsführertätigkeit in den Streitjahren gebilligt und den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens zur Masse gezogen. Dieses Verhalten stellt ein massebezogenes Verwaltungshandeln i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar (vgl. BFH-Urteil vom 16.04.2015 III R 31/11, BFH/NV 2015, 1638).
65Eine abweichende Beurteilung ergibt sich nicht daraus, dass die Insolvenzverwalter mangels Kenntnis der mitunternehmerischen Beteiligung subjektiv von der Billigung einer nichtselbstständigen Tätigkeit des Insolvenzschuldners ausgegangen sind und die Billigung einer nichtselbstständigen Tätigkeit nicht zu einer Masseverbindlichkeit führt. Im Falle der Billigung einer Arbeitnehmertätigkeit kann der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens nämlich zur Masse gezogen werden, ohne dass die auf das Arbeitseinkommen entfallende Jahreseinkommensteuer als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren ist (vgl. BFH-Beschluss vom 24.02.2011 VI R 21/10, BStBl. II 2011, 520). Dies ergibt sich daraus, dass die Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht zur Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO gehört und die Jahreseinkommensteuer somit nicht als privilegierte Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO anzusehen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 24.02.2011 VI R 21/10, BFHE 232, 318, BStBl. II 2011, 520, s. Juris Tz. 16 ff.). Insoweit hat die Billigung einer nichtselbstständigen Tätigkeit andere Auswirkungen als die Billigung einer selbstständigen Tätigkeit.
66Der Irrtum der Insolvenzverwalter führt nicht dazu, dass die objektiv nach den Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO entstandenen Masseverbindlichkeiten nicht als solche vom Beklagten geltend gemacht werden können. Die Prüfung, ob eine Masseverbindlichkeit vorliegt, richtet sich nach Ansicht des Senates ausschließlich nach den objektiven Gegebenheiten. § 55 Abs. 1 InsO dient der ordnungsgemäßen Verfahrensabwicklung und der Verteilung der Masse (vgl. Hefermehl in Münchener Kommentar, InsO, § 55 Rn. 1). Insbesondere sind Gläubiger von Masseverbindlichkeiten bevorrechtigt aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, während Gläubiger von Verbindlichkeiten gegen das insolvenzfreie Vermögen keinen Zugriff auf die Insolvenzmasse haben. Diese im Gesetz angelegte und auf die Gleichbehandlung von Massegläubigern ausgerichtete Unterscheidung kann nicht durch (Motiv-)Irrtümer des Insolvenzverwalters beeinflusst werden (vgl. zum Irrtum über Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten: Hefermehl in Münchener Kommentar, § 55 Rn. 19; zur Konkursordnung: Brandenburgisches OLG-Urteil vom 06.12.2001 12 U 59/01 NZI 2002, 107).
67Die Masseverbindlichkeit für das Jahr 2003 beläuft sich allerdings ausschließlich auf die Einkommensteuern, die ab dem 27.03.2003 (nach Insolvenzeröffnung) durch die Geschäftsführertätigkeit begründet wurden. Die Aufteilung der Tätigkeitsvergütung von insgesamt 52.815 € erfolgt zeitanteilig im Schätzungswege nach § 96 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz FGO, § 162 Abs. 1 AO. Danach entfällt von der Jahresvergütung ein Anteil von 280/365 auf die Zeit ab dem 27.03.2003 bis zum 31.12.2003. Dies sind 40.515,62 € (= 52.815 € x 280/365).
68bb) Ebenso begründen die Sondervergütungen der Jahre 2003 und 2004, soweit sie auf die Überlassung der zur Insolvenzmasse gehörigen Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens (C) an Firmen der A-Gruppe entfallen, Masseverbindlichkeiten. Zu diesen Wirtschaftsgütern zählen die Betriebsgrundstücke der C bis zu ihrer Freigabe am 03.09.2003 und die Geschäftsausstattung, technische Anlagen und Maschinen der C bis zu ihrer Verwertung am 21.04.2004. Weitere Wirtschaftsgüter der C sind trotz des Vortrages des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass zum Unternehmensgegenstand der C auch die Überlassung von Patenten, Lizenzen, Know-How usw. im Rahmen der A-Gruppe gehöre, nicht zu berücksichtigen. In den Gewinnermittlungen sind nämlich keine Sondereinkünfte für die Überlassung von Patenten, Lizenzen, Know-How usw. enthalten. Die Einkommensteuerbescheide setzen somit keine Einkommensteuern fest, die anteilig auf diese Sondervergütungen entfallen. Eine Masseverbindlichkeit kann deshalb aus diesem Unternehmensgegenstand nicht entstanden sein.
69In den Feststellungsbescheiden sind ausschließlich die Sondereinkünfte aus der Überlassung der Betriebsgrundstücke und der Geschäftsausstattung, technischen Anlagen und Maschinen erfasst. Dies ist den Gewinnermittlungen der C, die in den Jahren 2003 bis 2005 den einheitlichen und gesonderten Feststellungen zu Grunde gelegt wurden, zu entnehmen. Für das Jahr 2003 hat die frühere Steuerberaterin der C einen Gewinn i.H.v. 26.325 € ermittelt. Davon entfallen unstreitig 45.801 € auf den Zeitraum vor Insolvenz und -19.476 € auf den Zeitraum nach dem Insolvenzbeschlag. Da nur die Einkommensteuern, die nach Insolvenzeröffnung begründet wurden, Masseverbindlichkeiten sein können, ist bei der Berechnung der Masseverbindlichkeiten ausschließlich der Verlust von 19.476 € zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Verlustes von 19.476 € wurden Umsatzerlöse von 96.041,31 € (netto) berücksichtigt. Diese setzen sich nach dem Schreiben des Klägers vom 12.07.2016 ausschließlich aus den Mieteinnahmen für die Betriebsgrundstücke von April bis August 2003 (71.747,27 €) und für die Geschäftsausstattung, technische Anlagen und Maschinen von April bis September 2003 (24.294,04 €) zusammen. In den Jahren 2004 und 2005 enthalten die Gewinnermittlungen keine Umsatzerlöse. Auch die in den Gewinnermittlungen erfassten Betriebsausgaben lassen keinerlei Anhaltspunkte auf eine Veranlassung durch Patente, Lizenzen und Know-How usw. erkennen.
70Dem Senat ist eine Einbeziehung von Sondervergütungen aus der Überlassung von Patenten, Lizenzen, Know-How usw., die bisher in den Feststellungsbescheiden der D und damit in den angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen nicht enthalten sind, in die vorzunehmende Prüfung verwehrt. Das Gericht prüft auf der Einkommensteuerebene, ob die festgesetzten Einkommensteuern, die anteilig auf die einheitlich und gesondert festgestellten Sondereinkünfte entfallen, als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren sind (vgl. BFH-Urteil vom 16.07.2015 III R 32/13, BFHE 251, 102, BStBl. II 2016, 251). Prüfungsmaßstab sind die in den Feststellungsbescheiden einheitlich und gesondert festgestellten Sondereinkünfte, wobei das Gericht gem. § 182 Abs. 1 S. 1 AO an die Art und Höhe der Sondereinkünfte gebunden ist.
71Die weiteren Voraussetzungen des § 35, 55 Abs. 1 S. 1 InsO sind erfüllt. Die Betriebsgrundstücke, die Geschäftsausstattung, die technische Anlagen und Maschinen gehören zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zum Vermögen des Insolvenzschuldners und damit zur Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO. Der frühere Insolvenzverwalter, Herr Rechtsanwalt B, hat zudem Handlungen i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Bezug auf diese Wirtschaftsgüter in den Jahren 2003 und 2004 vorgenommen. Er hat ausweislich des Schreibens der G GmbH & Co. KG (Unterpächterin der Betriebsgrundstücke und Maschinen) vom 30.06.2003 (s. S. 401 der GA) die Pachteinnahmen zur Masse gezogen und die gesamte Geschäftsausstattung, technischen Anlagen und Maschinen der C im Jahr 2004 verwertet.
72Allerdings sind die Betriebsgrundstücke mit der am 03.09.2003 erklärten Freigabe aus der Insolvenzmasse nach § 35 InsO ausgeschieden. Die im vorliegenden Fall anwendbare Insolvenzordnung (vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens vom 13. April 2007) regelt das Institut der Freigabe zwar nicht; die Möglichkeit der Freigabe wurde den Insolvenzverwaltern jedoch von der Rechtsprechung eingeräumt (vgl. BGH-Urt. v. 01.02.2007 IX ZR 178/05, DB 2007, 1189; BFH-Urt. v. 15.12.2009 VII R 18/09, BStBl. II 2010, 758). Wirtschaftsgüter konnten durch einseitig empfangsbedürftige und eindeutige Erklärungen gegenüber dem Insolvenzschuldner vom Insolvenzbeschlag freigegeben werden. Diesen Anforderungen entsprach – zwischen den Beteiligten unstreitig - das an den Insolvenzschuldner adressierte Schreiben des Insolvenzverwalters vom 03.09.2003. Die Freigabe der Grundstücke bewirkt im vorliegenden Fall, dass die Mieteinnahmen aus der Grundstücksüberlassung ab dem 03.09.2003 dem insolvenzfreien Vermögen zuzurechnen sind und die Einkommensteuern, die anteilig auf die ab Freigabe erzielten Einkünfte aus der Grundstücksüberlassung entfallen, keine Masseverbindlichkeiten darstellen.
73Für das Jahr 2003 bedeutet dies, dass die Einkommensteuern, die auf die Einkünfte aus der Überlassung der Grundstücke bis zum 03.09.2003 sowie auf die ganzjährig erzielten Einkünfte aus der Überlassung der Geschäftsausstattung, technischen Anlagen und Maschinen entfallen, Masseverbindlichkeiten darstellen. Betragsmäßig sind diese Einkünfte der Gewinnermittlung der C für das Jahr 2003 (s. Einkommensteuerakte) zu entnehmen. Der nach dem Insolvenzbeschlag entstandene Verlust von 19.476 € ist bei der Berechnung der Einkünfte, die eine Masseverbindlichkeit begründen können, in voller Höhe mindernd zu berücksichtigen. Er entfällt ausschließlich auf die massezugehörigen Einkünfte aus der Grundstücksüberlassung vom 27.03. bis 03.09.2003 und die Einkünfte aus der Überlassung der Geschäftsausstattung, technischen Anlagen und Maschinen vom 27.03. bis 31.12.2003. Bei der Ermittlung des Verlustes von 19.476 € wurden ausschließlich Mieteinnahmen für die Grundstücke von April bis August 2003 und für die Geschäftsausstattung, technische Anlagen und Maschinen von April bis September 2003 berücksichtigt. Als Betriebsausgaben wurde eine Abschreibung für Abnutzung (Afa) i.H.v. 105.572,25 € sowie im Wesentlichen weitere Betriebsausgaben von insgesamt 10.192,57 € geltend gemacht. Die Afa betrifft die Abschreibung auf die Geschäftsausstattung, technische Anlagen und Maschinen vom 01.04. bis 31.12.2003. Abschreibungen auf die Betriebsgrundstücke wurde nicht vorgenommen. Bezüglich der übrigen Betriebsausgaben ergeben sich aus den Akten keine Anhaltspunkte dafür, dass sie durch die Überlassung der Grundstücke nach dem 03.09.2003 oder durch insolvenzfreie Tätigkeiten veranlasst sein könnten. Gegenteiliges haben auch die Beteiligten nicht vorgetragen.
74Bei der Berechnung der Einkünfte, deren Steuerlast im Jahr 2004 eine Masseverbindlichkeit auslöst, ist zu berücksichtigen, dass der Insolvenzverwalter die Geschäftsausstattung, die technischen Anlagen und Maschinen am 21.04.2004 verwertet hat und damit die gesamte, im Einkommensteuerbescheid 2004 erfasste Tätigkeit der C im Ergebnis freigegeben hat. Mit der Verwertung der Geschäftsausstattung, der technischen Anlagen und Maschinen hat der Insolvenzverwalter die Vermögensgegenstände endgültig aus dem Insolvenzbeschlag entlassen, so dass ausschließlich die bis zum 21.04.2004 angefallenen Sondervergütungen und Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
75In der Gewinnermittlung 2004 (s. Einkommensteuerakte) sind keine Pachteinnahmen enthalten. Der Verlust von 81.212,90 € setzt sich im Wesentlichen aus Afa, Verwertungskosten und Verlusten aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens zusammen. Der Gewinn resultiert somit ausschließlich aus der Überlassung und Verwertung der Geschäftsausstattung, der technischen Anlagen und Maschinen. Allerdings hat die Betriebsprüfung für das Jahr 2004 weitere Mieteinnahmen i.H.v. 245.988 € erfasst. Insoweit erfolgte ein Abgleich mit den im Gesamthandsvermögen der KG als Betriebsausgaben verbuchten Mietaufwendungen (s. Tz. 2.23.1 des Betriebsprüfungsberichts vom 10.10.2011). Unter Berücksichtigung der Betriebsprüfungsfeststellung mindert das Gericht den erklärten Verlust von 81.212,90 € im Wege der Schätzung um Sondervergütungen aus der Überlassung der Geschäftsausstattung, der technischen Anlagen und Maschinen i.H.v. 28.630 € (= 7 Monate x Netto-Miete von 4.090 €) (§ 96 Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz FGO, § 162 Abs. 1 AO). Dabei ist das Gericht von einem Zufluss der in den Gewinnermittlungen nicht erfassten Mieten von Oktober 2003 bis April 2004 vor dem 21.04.2004 ausgegangen.
76Im Ergebnis sind im Jahr 2004 Sondereinkünfte bezüglich der Überlassung von Wirtschaftsgütern in Höhe von 52.582,90 € (= - 81.212,90 € + 28.630,00 €) bei der Ermittlung der Masseverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
77Für die Jahre 2005 und 2006 beeinflussen die Einkünfte der C die Höhe der Masseverbindlichkeit nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der im Jahr 2005 erklärte Verlust von 33.264,75 €, der im Wesentlichen auf Verfahrenskosten i.H.v. 30.210 € beruht, betrieblich durch die Überlassung der Betriebsgrundstücke, der Geschäftsausstattung, technischen Anlagen und Maschinen C oder eine andere nicht vom Insolvenzverwalter freigegebene „Tätigkeit“ der C veranlasst ist, sind nicht erkennbar. Bezüglich des im Jahr 2006 vom Beklagten geschätzten Gewinnes von 509.187 € (= 573.009 € - 63.822 € Tätigkeitsvergütung) konnte die Art der erfassten Einkünfte vom Beklagten nicht erläutert werden. Das Gericht kann somit nicht feststellen, ob der Kläger in Bezug auf diese Einkünfte Verwaltungshandlungen i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgenommen hat. Die fehlende Feststellbarkeit geht zu Lasten des Beklagten, da er zu Lasten des Klägers eine Masseverbindlichkeit geltend macht.
78c) Im Ergebnis stellen die Einkommensteuerschulden, soweit sie anteilig auf die Tätigkeitsvergütungen in 2003 bis 2009 und die Vergütungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern in 2003 und 2004 entfallen, Masseverbindlichkeiten dar, die gegenüber dem Kläger festzusetzen sind.
79Die Einkommensteuerschulden, die auf die anteilig übrigen Sondervergütungen und auf die Gewinnanteile (Gesamthandsbereich) der D, E und F entfallen, betreffen dagegen das insolvenzfreie Vermögen und können nicht gegenüber dem Kläger festgesetzt werden.
80Es ist somit eine Aufteilung der Jahressteuerschuld vorzunehmen. Unter der Jahressteuerschuld ist die festgesetzte Einkommensteuer zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt (s. dazu ausführlich: Urt. v. 19.08.2011 11 K 4201/10 E, EFG 2012, 544), erfolgt die Aufteilung der festgesetzten Einkommen-steuer nach dem Verhältnis der Teileinkünfte zueinander.
81Demnach ist die Einkommensteuer für die Streitjahre wie folgt aufzuteilen:
822003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
|
Einkommensteuer |
194.953 € |
1.233.937 € |
562.305 € |
325.609 € |
287.283 € |
250.458 € |
55.388 € |
Summe der Einkünfte |
495.285,48 € |
3.417.183 € |
1.686.214 € |
843.030 € |
865.136 € |
793.424 € |
186.824 € |
Sondereinkünfte |
79.139,97 € |
217.590,10 € |
30.557,25 € |
573.009 € |
54.524 € |
54.524 € |
52.824 € |
Davon Tätigkeitsvergütung, die Masseverbindlichkeiten auslösen |
40.515,62 € |
52.814,00 € |
63.822,00 € |
63.822 € |
64.524 € |
64.524 € |
62.824 € |
Zzgl. C-Einkünfte, die Masseverbindlichkeiten auslösen |
-19.476,00 € |
-81.212,90 € +28.630,00 € 52.582,90 € |
|||||
Einkünfte, die Masseverbindlichkeiten auslösen insgesamt |
21.039,62 € |
231,10 € |
63.822,00 € |
63.822 € |
64.524 € |
64.524 € |
62.824 € |
auf die Sondereinkünfte entfallende ESt = Masseverbindlichkeit |
8.281,56 € |
83,45 € |
21.282,84 € |
24.650,39 € |
21.426,28 € |
20.368,12 € |
18.625,53 € |
Für das Jahr 2003 ist bei dem Ansatz der festgesetzten Einkommensteuer (194.953 €) und der Summe der Einkünfte (495.285,48 €) berücksichtigt worden, dass über das Vermögen des Insolvenzschuldners am 27.03.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Einkommensteuer, die bis zum 27.03.2003 (85 Tage) angefallen ist, ist zur Tabelle anzumelden und kann keine Masseverbindlichkeit darstellen. Sie ist somit nicht aufzuteilen. Lediglich die Einkommensteuerschuld i.H.v. 254.136 € (festgesetzte Einkommensteuer laut Bescheid) x 280/365 = 194.953 € kann eine Masseverbindlichkeit begründen und ist aufzuteilen. Entsprechend ist die Summe der Einkünfte anteilig i.H.v. 495.285,48 € (= 645.640,00 € x 280/365) anzusetzen.
84Über die Anrechnung der zu Unrecht abgeführten Lohnsteuern und der geleisteten Einkommensteuervorauszahlungen ist im Erhebungsverfahren (§ 218 AO) und nicht im vorliegend anhängigen Steuerfestsetzungsverfahren zu entschieden.
854. Der Einkommensteuerbescheid 2010 ist gegenüber dem Kläger aufzuheben. Die Einkommensteuerschuld, die auf den Gewinn aus der Beteiligung des Insolvenzschuldners an der D und auf die Einkünfte des Insolvenzschuldners aus § 19 EStG entfällt, ist keine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO. Sie kann somit nicht gegenüber dem Kläger festgesetzt werden.
86Das zu versteuernde Einkommen des Insolvenzschuldners setzt sich laut Einkommensteuerbescheid 2010 ausschließlich aus gewerblichen Beteiligungseinkünften i.H.v. 99.000 € (Gewinnanteil an der D) und nichtselbstständigen Einkünften nach § 19 EStG i.H.v. 36.618 € zusammen. Die nichtselbstständigen Einkünfte hat der Insolvenzschuldner als Geschäftsführer der E bezogen. In dem Feststellungsbescheid für 2010 der E ist das Geschäftsführergehalt nicht als Sonderbetriebseinnahme enthalten.
87Aus den erfassten Besteuerungsgrundlagen resultieren keine Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
88a) Die treuhänderisch gehaltene Beteiligung an der D gehört zwar – wie oben bereits aufgeführt - zur Insolvenzmasse. Der Kläger hat aber keine Verwaltungsmaßnahme in Bezug auf die Beteiligung ausgeführt, die die Einkommensteuerschuld begründet hat. Eine Verwaltungsmaßnahme liegt unter Geltung der im Klageverfahren einschlägigen Insolvenzordnung in der Fassung vor dem 01.07.2007 (s. §§ 35 und 55 InsO) nicht vor, wenn der Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit (wissentlich) duldet, aber keine darüber hinausgehende Aktivitäten entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 16.04.2015 III R 31/11, BFH/NV 2015, 1638). Der Kläger hat im Jahr 2010 zwar von der treuhänderisch gehaltenen Beteiligung Kenntnis erlangt und sich über die Ertrags- und Vermögenslage der D erkundigt. Weitere Aktivitäten in Bezug auf die Beteiligung, die über die reine Beschaffung von finanziellen Hintergrundinformationen hinausging, hat er aber nach seinem unbestrittenen Vortrag nicht entfaltet. Auch den vorliegenden Akten ist kein Hinweis auf eine über die Informationsbeschaffung hinausgehende Aktivität des Klägers zu entnehmen. Die reine Informationsbeschaffung stellt keine Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Insolvenzmasse dar. Sie ist lediglich als vorbereitende Maßnahme zur Ermöglichung der Entscheidung, ob eine Verwaltungsmaßnahme vorzunehmen ist, anzusehen und kann deshalb nicht als Verwaltungsmaßnahme i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO klassifiziert werden.
89b) Die Einkommensteuer auf die nichtselbstständigen Einkünfte (Geschäftsführergehalt) stellt ebenfalls keine Masseverbindlichkeit dar. Im Einkommensteuerbescheid 2010 ist das Geschäftsführergehalt nicht als Teil der Beteiligungseinkünfte, sondern als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit erfasst. Da diese Einkünftequalifizierung nicht angefochten worden ist, ist sie der insolvenzrechtlichen Würdigung zu Grunde zu legen. Die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners gehört nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, nicht zur Insolvenzmasse, so dass eine Verwaltungsmaßnahme mit einem Bezug zur Insolvenzmasse alleine deshalb auszuschließen ist. Die anteilig auf den Arbeitslohn entfallende Einkommensteuer ist – wie bereits oben ausgeführt – keine Masseverbindlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 24.02.2011 VI R 21/10, BStBl. II 2011, 520).
90Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Einkommensteuer, die auf das Geschäftsführergehalt entfällt, nach der derzeitigen Sach- und Rechtslage auch nicht vom Beklagten gegen den Kläger als Masseverbindlichkeit festgesetzt werden könnte, wenn die Einkünftequalifikation umstritten wäre. Das Geschäftsführergehalt dürfte zwar steuerlich eine Tätigkeitsvergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Hs. EStG darstellen. Dies würde jedoch nur zum Ansatz der Einkünfte aus § 19 EStG mit 0 € führen, so dass eine Einkommensteuerbelastung für diese Einkünfte nicht bestünde. Ein zusätzlicher Ansatz der Tätigkeitsvergütung als gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. Hs. EStG und dessen Ansatz in dem Einkommensteuerbescheid ist dagegen nicht möglich. Dieser Änderung steht die Bindungswirkung des gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheides 2010 der E entgegen (§ 182 Abs. 1 S. 1 AO).
915. Die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide 2011 und 2012 ff. sind gegenüber dem Kläger aufzuheben. Die für Vorauszahlungszwecke festgesetzte Einkommensteuer kann nicht als Masseverbindlichkeit i.S.d. §§ 35, 55 Abs. 1 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter (Kläger) geltend gemacht werden.
92Die Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit können aus den o.g. Gründen keine Masseverbindlichkeit begründen. Hinsichtlich der angesetzten Beteiligungseinkünfte handelt es sich nach dem Vortrag des Beklagten um Schätzungen; sowohl die Höhe als auch die Quelle der Einkünfte sei unbekannt. Die Voraussetzungen für das Vorliegen von Masseverbindlichkeiten hat der Beklagte somit nicht nachgewiesen. Da nicht geklärt ist, für welche Beteiligung die Einkünfte geschätzt wurden, kann auch nicht festgestellt werden, ob der Kläger in Bezug auf die Beteiligung Verwaltungshandlungen i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO vorgenommen hat. Die fehlende Feststellbarkeit geht zu Lasten des Beklagten, da er zu Lasten des Klägers eine Masseverbindlichkeit geltend macht.
93II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Der Kläger ist nicht i.S. des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO "nur zu einem geringen Teil" unterlegen. Dieses Tatbestandsmerkmal kann zwar gegeben sein, wenn der unterliegende Beteiligte - wie im Streitfall der Kläger - bei einer Kostenteilung nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO weniger als 5 v.H. der Kosten des Verfahrens zu tragen hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1994 V R 33/93, BFH/NV 1995, 666). Bei einem Streitwert von ca. 3 Mio. € und einem Unterliegen in Höhe von 114.718 € kann ein Unterliegen "zu einem geringen Teil" jedoch nicht angenommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.2005 V R 11/03, BFHE 211, 50, BStBl. II 2007, 63).
94Die Entscheidung über die Notwendigkeit, einen Bevollmächtigten zum Vorverfahren hinzuziehen, beruht auf § 139 Abs. 3 S. 3 FGO.
95III. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
96IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:
- 1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören; - 2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß; - 3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.
(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.
(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.
(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 28. Juni 2012 11 K 1069/09 wird als unbegründet zurückgewiesen.
-
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Treuhänder über das Vermögen der Schuldnerin und Beigeladenen (Beigeladene). Das vereinfachte Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beigeladenen wurde am 27. März 2001 eröffnet.
- 2
-
Die Beigeladene war seit dem 1. Juli 2001 als Zahnärztin bei der Ärztegemeinschaft ... (Ärztegemeinschaft) tätig. Bezüglich dieser Tätigkeit existiert eine Vereinbarung vom 1. Juli 2001, die neben der Beigeladenen und einem Vertreter der Ärztegemeinschaft auch der Kläger unterschrieb. Hiernach stellte die Ärztegemeinschaft der Beigeladenen die erforderlichen Betriebsmittel und die Infrastruktur entgeltlich zur Verfügung. Dafür trat die Beigeladene die ihr gegenüber Patienten und der kassenärztlichen Vereinigung zustehenden Forderungen an die Ärztegemeinschaft ab. Nach der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 wurden die abgerechneten Honorarforderungen bis auf Widerruf durch den Kläger direkt an die Beigeladene ausgezahlt. Der Kläger sollte die jeweiligen Abrechnungen der Ärztegemeinschaft in Kopie erhalten. Nach einem von der Beigeladenen ohne Mitwirkung des Klägers abgeschlossenen Praxisgemeinschaftsvertrag standen ihr pauschal 25 % der von ihr abrechenbaren Honorare zu, während 75 % beim Seniorpartner der Ärztegemeinschaft verblieben. Die Differenz zwischen den Ausgaben und dem Anteil des Seniorpartners in Höhe von 75 % der Arzthonorare verblieb dem Seniorpartner als Gewinn.
- 3
-
Für das Streitjahr 2004 führte der Kläger den pfändbaren Teil der Einkünfte der Masse in der Weise zu, dass er die vertraglich gestattete direkte Auszahlung der Honorarforderungen an die Beigeladene Ende des Jahres 2004 widerrief und den pfändbaren Anteil dieser Honorare mit Ansprüchen der Beigeladenen des Jahres 2005 verrechnete. Ab dem Streitjahr 2005 vereinnahmte der Kläger die Entgelte aus der von der Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit in voller Höhe. Anschließend zahlte er den selbst errechneten pfändungsfreien Anteil dieser Einkünfte an die Beigeladene aus.
- 4
-
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte gegenüber dem Kläger als Treuhänder über das Vermögen der Beigeladenen mit Bescheiden vom 13. Februar 2007 die Einkommensteuer für die Jahre 2004 und 2005 sowie mit Bescheid vom 2. Februar 2007 Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2007 fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 2. März 2009).
- 5
-
Während des hiergegen gerichteten --vor dem Finanzgericht (FG) geführten-- Klageverfahrens setzte das FA mit Bescheid vom 9. August 2010 die Einkommensteuer für 2007 fest. Im Klageverfahren ergingen wiederholt geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, zuletzt die Änderungsbescheide vom 19. Oktober 2010 aufgrund geänderter Mitteilungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei der Ärztegemeinschaft. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger das Ziel, die Einkommensteuerbescheide für 2004, 2005 und 2007, alle vom 19. Oktober 2010, aufzuheben, hilfsweise die Einkommensteuer für die Streitjahre zwischen den insolvenzfreien Einkünften und den auf die Insolvenzmasse entfallenden Einkünften aufzuteilen. Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 1686 veröffentlichten Gründen ab.
- 6
-
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht eine Verletzung materiellen Rechts geltend. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:
- 7
-
Das Entstehen von Masseverbindlichkeiten bestimme sich ausschließlich nach § 55 der Insolvenzordnung in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung (InsO). § 35 InsO definiere hingegen den Begriff der Insolvenzmasse und lege fest, dass sämtliche Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zur Insolvenzmasse als Neuerwerb gehörten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führe die bloße Duldung der freiberuflichen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter nicht zu einer Masseverbindlichkeit. Zudem verlange der BFH für einen Neuerwerb nach § 35 InsO, dass die Masse tatsächlich vermehrt worden sei. Außerdem seien Einkommensteuerschulden, die aus zur Masse gehörenden Einnahmen stammten, nicht automatisch als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren. Schließlich dürften Insolvenzschuldner mit Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nicht anders behandelt werden als solche mit Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit. Für nichtselbständig Tätige sei anerkannt, dass die aus dieser Tätigkeit resultierenden Einkommensteuerschulden keine Masseverbindlichkeiten seien. Ebenso sei die Beurteilung des FG unzutreffend, wonach er, der Kläger, von der Freigabemöglichkeit keinen Gebrauch gemacht habe. Er habe seine Zustimmung zu der Beteiligung der Beigeladenen an der Ärztegemeinschaft nicht erteilt. Er habe auch keine Kenntnis von einem entsprechenden Vertrag gehabt. Er habe lediglich der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 zugestimmt. Die Insolvenzmasse könne nicht allein durch das Verhalten des Insolvenzschuldners verpflichtet werden. Zum damaligen Zeitpunkt sei die Freigabe zwar noch nicht gesetzlich normiert, aber möglich gewesen. Das FG habe daher rechtsfehlerhaft eine Freigabe mit der Begründung abgelehnt, er, der Kläger, habe aufgrund der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 auf den Zahlungszufluss der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit der Beigeladenen Einfluss nehmen können.
- 8
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Jedenfalls sei die Insolvenzmasse nicht verpflichtet, Erträge zu versteuern, die sie nicht erhalten habe. Im Streitfall sei der Masse nur ein Teil der pfändbaren Anteile der von der Beigeladenen vereinnahmten Beträge zugeflossen. Daher seien die der Beigeladenen zugeflossenen Einkünfte bei der Beigeladenen zu besteuern und könnten allenfalls die der Masse zugeflossenen Beträge beim Kläger besteuert werden.
- 9
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Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die ihm gegenüber ergangenen Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2004, 2005 und 2007 aufzuheben,
hilfsweise die Einkommensteuern für 2004, 2005 und 2007 in der Form aufzuteilen, dass gegenüber dem Kläger jeweils nur die Einkommensteuern festgesetzt werden, die sich bei Ansatz der der Masse zugeflossenen und nach Abzug des pfändungsfreien Anteils dort verbliebenen Einkünfte ergeben.
- 10
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
- 11
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Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
- 14
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Nach § 74 FGO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren muss vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängen. Diese Abhängigkeit ist gegeben, wenn die andere Entscheidung für das auszusetzende Verfahren vorgreiflich ist. Danach muss ein Klageverfahren gegen einen Einkommensteuerbescheid regelmäßig dann ausgesetzt werden, wenn in ihm Einwendungen erhoben werden, über die in einem gesonderten Grundlagenbescheid zu entscheiden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 16. April 1993 I B 173/92, BFH/NV 1993, 745, unter II.). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Grundlagenbescheid bereits ergangen und angefochten ist oder ob ein solcher erst noch ergehen muss (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1995 I R 131/94, BFH/NV 1996, 592, unter II.1.; Thürmer in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 74 FGO Rz 55). An der Vorgreiflichkeit fehlt es jedoch, wenn die Vorfrage im anhängigen Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2005 III B 145/05, BFH/NV 2006, 1103, unter II.2.).
- 15
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a) Der Kläger hat vor dem FG vorgetragen, es sei äußerst fraglich, ob die Beigeladene nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt Mitunternehmerin der Ärztegemeinschaft geworden sei. Über diese Frage ist zwar im Feststellungsverfahren zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1996, 592, unter II.1.). Im Übrigen machte der Kläger aber allein geltend, dass die Einkommensteuerschulden für die Streitjahre nicht als Masseverbindlichkeiten gegenüber ihm als Treuhänder, sondern gegenüber der Beigeladenen als Insolvenzschuldnerin hätten festgesetzt werden müssen, hilfsweise, dass die Insolvenzmasse allenfalls insoweit mit Einkommensteuerschulden als Masseverbindlichkeiten hätte belastet werden dürfen, als die Einkommensteuerschulden tatsächlich auf von der Masse vereinnahmte und dort verbliebene Einkünfte zurückzuführen seien. Für die Beantwortung dieser Frage ist aber nicht entscheidungserheblich, ob die Beigeladene ihre freiberuflichen Einkünfte als Einzel- oder Mitunternehmerin erzielt hat (dazu unter 3. bis 5.). Denn die Höhe der von der Beigeladenen aus selbständiger Arbeit erzielten Einkünfte war vor dem FG --unabhängig von der Art ihrer Erzielung-- nicht streitig.
- 16
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b) Über die Frage, ob die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Einkommensteuerforderungen aus evtl. Gewinnanteilen an der Ärztegemeinschaft als Masseverbindlichkeiten zu qualifizieren oder dem insolvenzfreien Vermögen des Insolvenzschuldners zuzuordnen sind, ist nicht im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren, sondern im Einkommensteuerfestsetzungsverfahren zu entscheiden (FG Niedersachsen, Urteil vom 28. Oktober 2008 13 K 457/07, EFG 2009, 486, unter I.2.b; nachgehend BFH-Urteil vom 18. Mai 2010 X R 60/08, BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429; Söhn in HHSp, § 180 AO Rz 164a; Roth, Insolvenzsteuerrecht, Rz 4.212; so wohl auch Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 64; a.A. aber Söhn in HHSp, § 179 AO Rz 192; Benne, Betriebs-Berater --BB-- 2001, 1977, 1987).
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Der Senat sieht hierfür als maßgeblich an, dass gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) gesondert und einheitlich die einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Die Zuordnung der Einkommensteuerschuld zu den unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Forderungskategorien betrifft aber weder "Einkünfte" noch "mit ihnen im Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen", sondern die Auswirkungen der unterschiedlichen Vermögensmassen eines Insolvenzverfahrens auf die Einkommensteuerfestsetzung. Diese Zuordnungsfrage ist dem (privaten) Vermögensbereich zuzuordnen. Danach wäre es mit dem Gesetzeswortlaut nicht mehr vereinbar, wollte man diesen zusätzlichen insolvenzrechtlichen Regelungsgehalt zum Gegenstand des Gewinnfeststellungsverfahrens machen.
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2. Entgegen der Auffassung des FA betreffen die Einwendungen des Klägers nicht das Erhebungsverfahren.
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Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche, die als Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 InsO zu qualifizieren sind, sind gegenüber dem Insolvenzverwalter durch Steuerbescheid festzusetzen und von diesem vorweg aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Im vereinfachten Insolvenzverfahren werden die Aufgaben des Insolvenzverwalters durch den Treuhänder (vgl. § 313 Abs. 1 InsO in der bis 30. Juni 2014 geltenden Fassung) wahrgenommen (vgl. BFH-Urteil vom 13. April 2011 II R 49/09, BFHE 234, 97, BStBl II 2011, 944, Rz 11). Sonstige nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Steueransprüche sind insolvenzfrei und gegen den Schuldner festzusetzen (vgl. BFH-Urteile vom 5. März 2008 X R 60/04, BFHE 220, 299, BStBl II 2008, 787, unter II.1., m.w.N.; in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35). Der gegen die Masse gerichtete Bescheid ist ein gegenständlich beschränkter Steuerbescheid, mit dem die Einkommensteuer festgesetzt wird. Er ist Teil des Festsetzungsverfahrens (vgl. BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 35). Danach wird über die insolvenzrechtliche Zuordnung eines Steueranspruchs im Festsetzungsverfahren, nicht im Erhebungsverfahren durch einen Abrechnungsbescheid i.S. des § 218 Abs. 2 AO entschieden (gleicher Ansicht Klein/Rüsken, AO, 12. Aufl., § 218 Rz 13; Benne, BB 2001, 1977, 1985).
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3. Das FG hat zu Recht erkannt, dass die Einkommensteuerschulden für 2004, 2005 und 2007, die im Streitfall ausschließlich auf der selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen beruhen, Masseverbindlichkeiten sind und durch Steuerbescheid gegenüber dem Kläger festzusetzen sind. Im Streitfall sind diese Einkommensteuerschulden jedenfalls gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO begründet worden, und zwar unabhängig davon, ob die Beigeladene ihre Tätigkeit als Einzelunternehmerin oder als Mitunternehmerin einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausgeübt hat.
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Masseverbindlichkeiten sind gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO solche Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss die Verbindlichkeit insoweit auf eine --wie auch immer geartete-- Verwaltungsmaßnahme des Insolvenzverwalters in Bezug auf die Insolvenzmasse zurückzuführen sein (vgl. BFH-Urteil vom 21. Juli 2009 VII R 49/08, BFHE 226, 97, BStBl II 2010, 13, unter II.1.b aa; Braun/Bäuerle, Insolvenzordnung, 3. Aufl., § 55 Rz 15). Nach § 35 InsO in der im Streitjahr noch geltenden Fassung (= § 35 Abs. 1 InsO n.F.) ist Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.
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4. Geht man von einer Einzelunternehmerstellung der Beigeladenen aus, sind die Einkommensteuerschulden "in anderer Weise durch die Verwaltung ... der Insolvenzmasse begründet" worden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO).
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a) Der Senat hat mit Urteil vom 16. April 2015 III R 21/11 (BFHE 250, 7, Rz 16) entschieden, dass Einkommensteuerschulden, die auf einer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführten einzelunternehmerischen Tätigkeit des Schuldners beruhen, auch unter Geltung des im Streitfall anwendbaren § 35 InsO, der noch keine Erklärungspflicht des Insolvenzverwalters oder Treuhänders zur selbständigen Tätigkeit des Schuldners normierte, unter bestimmten Voraussetzungen Masseverbindlichkeiten sind. Dies ist dann der Fall, wenn der Insolvenzverwalter oder Treuhänder diese selbständige Tätigkeit im Interesse der Masse erlaubt, die Betriebseinnahmen zur Masse zieht, soweit sie dem Schuldner nicht auf dessen Antrag nach § 850i der Zivilprozessordnung --ZPO-- (ggf. i.V.m. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO) vom Gericht belassen werden, und die Fortführung der Tätigkeit ermöglicht, indem er zur Masse gehörende Mittel einsetzt, um durch die selbständige Tätigkeit entstehende Forderungen Dritter zu begleichen. In einem derartigen Handeln ist eine massebezogene Verwaltungsmaßnahme nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO zu sehen, die über eine bloße --keine Masseverbindlichkeit begründende-- Duldung (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 250, 7, Rz 18) der selbständigen Tätigkeit hinausgeht.
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b) Diese Grundsätze greifen gleichermaßen ein, wenn es sich nicht um eine als Einzelunternehmer fortgeführte gewerbliche, sondern um eine von einem Einzelunternehmer neu aufgenommene freiberufliche Tätigkeit handelt. So fällt nicht nur ein Gewerbebetrieb, sondern im Grundsatz auch eine freiberufliche Praxis in die Insolvenzmasse (vgl. Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 14. Aufl., § 35 InsO Rz 276, m.w.N.; Schmidt/ Lüdtke in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl., § 35 InsO Rz 102, m.w.N.). Zudem macht es keinen Unterschied, ob die selbständige Tätigkeit im Insolvenzverfahren fortgeführt oder während des Insolvenzverfahrens durch eine natürliche Person neu aufgenommen wird. In beiden Fällen gehört der Neuerwerb nach § 35 InsO zur Insolvenzmasse, auf den sich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters (Treuhänders) erstreckt (vgl. § 80 Abs. 1 InsO).
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c) Im Streitfall sind diese Voraussetzungen gegeben.
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aa) Vorweg hat das FG zutreffend ausgeführt, dass der Kläger in der von ihm unterschriebenen Vereinbarung vom 1. Juli 2001, die das FG in Bezug genommen und damit zum Inhalt seiner tatsächlichen Feststellungen gemacht hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 37), keine Freigabe erklärt hat.
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Die Auslegung von Verträgen gehört in der Regel zu den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den BFH grundsätzlich nach § 118 Abs. 2 FGO binden (vgl. Lange in HHSp, § 118 FGO Rz 195). Hat das FG eine Auslegung der betreffenden Verträge und Willenserklärungen unterlassen, so kann sie das Revisionsgericht selbst vornehmen, wenn das FG die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 13/96, BFHE 184, 46, BStBl II 1997, 767, unter II.1.a, m.w.N.).
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(1) Selbst wenn das Insolvenzrecht die Freigabe einer Sachgesamtheit unter exakter Bezeichnung der freigegebenen Gegenstände erlauben sollte (vgl. dazu Pape, Wertpapier-Mitteilungen --WM-- 2013, 1145, 1146), hat das FG die genannte Vereinbarung vom 1. Juli 2001 für den Senat bindend dahingehend ausgelegt, dass eine derartige Freigabe nicht erfolgt ist. Im Streitfall fehlte es an einer entsprechend eindeutigen Willenserklärung.
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(2) In der vom Kläger unterschriebenen Vereinbarung vom 1. Juli 2001 kann auch keine Erklärung gesehen werden, wonach der Kläger die selbständige Tätigkeit der Schuldnerin als solche freigeben wollte. Dies gilt unabhängig davon, ob eine solche Freigabe vor Geltung des § 35 Abs. 2 InsO n.F. insolvenzrechtlich überhaupt möglich war (vgl. dazu Pape, WM 2013, 1145). Eine derartige Freigabeerklärung müsste jedenfalls darauf gerichtet sein, die selbständige Tätigkeit vollständig aus der Insolvenzmasse zu lösen (vgl. Pape, WM 2013, 1145, 1148). Hieran fehlt es. In der vom Kläger unterzeichneten Vereinbarung kommt nicht zum Ausdruck, dass er das Vermögen und die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit freigeben wollte. Vielmehr hat das FG für den Senat bindend festgestellt (vgl. § 118 Abs. 2 FGO), dass kein Verzicht auf die Massezugehörigkeit der Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit vorlag, sondern die pfändungsfreien Beträge weiterhin von der Masse vereinnahmt werden sollten.
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(3) Mangels entsprechender Freigabeerklärung ist es daher auch nicht möglich, für den Fall, dass vor Geltung des § 35 Abs. 2 InsO n.F. eine Freigabe einer selbständigen Tätigkeit insolvenzrechtlich nicht möglich gewesen sein sollte, in dem Vorgehen des Klägers eine bloße Duldung der selbständigen Tätigkeit i.S. des BFH-Urteils in BFH/NV 2013, 411, Rz 26 zu sehen.
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bb) Der Kläger hat die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Interesse der Insolvenzmasse erlaubt.
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Nach Auffassung des Senats lässt sich der Vereinbarung vom 1. Juli 2001 entnehmen, dass erst die aktive Zustimmung des Klägers zu dieser Vereinbarung es der Beigeladenen ermöglichte, ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen der Ärztegemeinschaft aufzunehmen. So heißt es in der Präambel dieser Vereinbarung, dass sie "der Sicherstellung der Kooperation" zwischen der Beigeladenen und der Ärztegemeinschaft dient und der in diesem Zusammenhang bestehenden Zahlungspflicht der Beigeladenen gegenüber der Ärztegemeinschaft. Hieraus folgt, dass der Beigeladenen die selbständige Tätigkeit im Rahmen der Ärztegemeinschaft ohne Zustimmung des Klägers nicht möglich gewesen wäre.
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cc) Zudem hat der Kläger nach den für den Senat bindenden --nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen-- Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) für die Streitjahre den pfändbaren Betrag der Einkünfte zur Masse gezogen.
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Bei einem selbständig tätigen Schuldner gehören Einkünfte, die er nach der Insolvenzeröffnung erzielt, ohne Abzug beruflich bedingter Ausgaben in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 20. März 2003 IX ZB 388/02, WM 2003, 980, unter V.2.b). Der Schuldner konnte jedoch --auch bereits für vor dem 1. Dezember 2001 eröffnete Insolvenzverfahren (BGH-Beschluss in WM 2003, 980, unter V.2.b)-- beantragen, dass ihm das Insolvenzgericht von den erzielten Einkünften gemäß § 850i ZPO einen pfändungsfreien Anteil belässt. Nach diesem Schema wurde im Streitfall verfahren. Dass für das Jahr 2004 ggf. nicht alle pfändungsfreien Einkünfte zur Masse gelangt sind, sieht der Senat als unerheblich an. Entscheidend ist, dass die Einkünfte nach Abzug eines pfändungsfreien Anteils von der Masse vereinnahmt werden sollten. Ebenso sieht es der Senat als unerheblich an, dass der Beigeladenen der pfändungsfreie Anteil der Einkünfte nicht vom Insolvenzgericht, sondern vom Kläger selbst belassen wurde.
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dd) Schließlich ermöglichte der Kläger im Ergebnis die Aufnahme der Tätigkeit, indem er zur Masse gehörende Mittel einsetzte, um die durch die selbständige Tätigkeit entstehenden Forderungen Dritter zu begleichen.
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Dies ergibt sich aus der Vereinbarung vom 1. Juli 2001, wonach die Ärztegemeinschaft der Beigeladenen die erforderlichen Betriebsmittel und die Infrastruktur zur Ausübung ihrer freiberuflichen Tätigkeit entgeltlich zur Verfügung gestellt hat. Indem der Kläger dieser Vorgehensweise durch die Unterzeichnung genannter Vereinbarung zustimmte, ermöglichte er der Beigeladenen die Aufnahme dieser Tätigkeit und den Einsatz massezugehöriger Mittel zur Begleichung von Betriebsausgaben.
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5. Die Einkommensteuerschulden sind auch dann durch ein massebezogenes Verwaltungshandeln i.S. des § 55 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 InsO entstanden, wenn man mit dem FA von einer Mitunternehmerstellung der Beigeladenen ausgeht.
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a) Der BFH hat bereits entschieden, dass Einkommensteuerschulden, die aus einem zur Masse gehörenden Gesellschaftsanteil an einer GbR resultieren, Masseverbindlichkeiten sind (BFH-Urteil in BFHE 229, 62, BStBl II 2011, 429, Rz 36 ff.). Diese Entscheidung betraf einen Fall, in dem der insolvente Gesellschafter seine gesellschaftsrechtliche Stellung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens innehatte.
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Sollte es das Zivilrecht gestatten, dass sich eine insolvente Person (hier die Beigeladene) während des Insolvenzverfahrens --auch ohne Freigabe des Gesellschaftsanteils durch den Insolvenzverwalter-- an einer GbR als Gesellschafter beteiligt, wäre auch der neu entstandene Gesellschaftsanteil massezugehörig. Unter der Geltung des § 1 der Konkursordnung wurde es für möglich erachtet, dass ein ausgeschiedener insolventer Gesellschafter während des Konkursverfahrens als neues Mitglied der bisherigen Gesellschaft aufgenommen wird, weil zur Konkursmasse nur das bisher erworbene Vermögen gehörte (vgl. Jäger/ Weber, Konkursordnung, 8. Aufl., § 212 Rz 6, m.w.N.; Staudinger/Habermaier, BGB, § 728 Rz 25). Ob dies auch unter der Geltung des § 35 InsO weiterhin möglich ist, wonach der Neuerwerb in die Insolvenzmasse fällt, erscheint fraglich (vgl. Staudinger/ Habermaier, a.a.O., § 728 Rz 25). Aber selbst wenn sich eine insolvente Person während des Insolvenzverfahrens als Gesellschafter an einer GbR beteiligen kann, kann dies wegen § 35 InsO im Grundsatz nicht dazu führen, dass der hierdurch begründete Gesellschaftsanteil insolvenzfrei ist. Vielmehr wäre auch der neu entstandene Gesellschaftsanteil massezugehörig und grundsätzlich von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters erfasst (§ 80 Abs. 1 InsO). So sind Gesellschaftsanteile keine unpfändbaren Gegenstände nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO, die nicht zur Insolvenzmasse gehören; sie unterliegen gemäß § 859 Abs. 1 ZPO der Einzelzwangsvollstreckung (vgl. auch Schmidt/Lüdtke in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, a.a.O., § 35 InsO Rz 142).
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b) Im Übrigen liegt weder eine Freigabe der mitunternehmerischen Tätigkeit bzw. des Gesellschaftsanteils der Beigeladenen noch lediglich eine Duldung dieser Tätigkeit vor.
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Zur Freigabe gelten die unter II.4.c aa gemachten Ausführungen entsprechend. Eine bloße Duldung der mitunternehmerischen Tätigkeit ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Kläger die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit im Interesse der Insolvenzmasse erlaubt und deshalb an der Entstehung eines massezugehörigen Gesellschaftsanteils mitgewirkt hat.
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6. Ebenso hat das FG die Einkommensteuerschulden der Streitjahre zu Recht insgesamt als Masseverbindlichkeit qualifiziert. Die vom Kläger hilfsweise begehrte Aufteilung dieser Schulden kommt aus den im Senatsurteil vom 16. April 2015 III R 21/11, unter II.4. genannten Gründen nicht in Betracht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 und § 139 Abs. 4 FGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladene hat weder Sachanträge gestellt noch anderweitig das Verfahren gefördert (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Dezember 2010 III B 33/10, BFH/NV 2011, 433, Rz 14).
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten.
(3) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistands, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, sind stets erstattungsfähig. Aufwendungen für einen Bevollmächtigten oder Beistand, für den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistands für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet.
(4) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.