Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 11. Okt. 2016 - 3 BN 1/15

ECLI: ECLI:DE:BVerwG:2016:111016B3BN1.15.0
published on 11/10/2016 00:00
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 11. Okt. 2016 - 3 BN 1/15
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Gericht

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Gründe

I

1

Der Verwaltungsgerichtshof hat den Antrag des Antragstellers, die Satzung über die Beiträge der Bayerischen Tierseuchenkasse für das Jahr 2012 vom 11. Oktober 2011 für unwirksam zu erklären, als unzulässig abgelehnt, weil der Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis habe. Der aufgrund der Satzung gegen ihn erlassene Beitragsbescheid für das Jahr 2012 sei bestandskräftig; der Antragsteller habe den Beitrag bezahlt und Rechtsbehelfe gegen den Bescheid nicht eingelegt. Er habe nicht dargelegt, dass er auf der Grundlage der Satzung für das Jahr 2012 weitere Beitragsforderungen zu erwarten habe. Einen Weg für die Rückgängigmachung des nach seiner Meinung erlittenen Unrechts habe er nicht aufzuzeigen vermocht; eine Wiederholungsgefahr scheide aus. Eine andere Sicht sei auch nicht unter dem Blickwinkel der Prozessökonomie geboten; die zur Vermeidung der Bestandskraft notwendigen Prozessschritte stellten sich nicht als schwer überwindbares Hindernis dar.

II

2

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat weder die geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

3

1. Der Antragsteller möchte in einem Revisionsverfahren rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag über eine gültige Satzung fehlt, wenn der aufgrund der angegriffenen Satzung gegen ihn ergangene Beitragsbescheid bestandskräftig geworden ist.

4

Diese Frage lässt sich nicht fallübergreifend und damit rechtsgrundsätzlich beantworten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 30. Juli 2014 - 4 BN 1.14 - juris Rn. 7 und Urteil vom 28. April 1999 - 4 CN 5.99 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 134 S. 11 m.w.N.) ist von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag u.a. dann auszugehen, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller mit der begehrten Entscheidung seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Wann dies der Fall ist, richtet sich im Wesentlichen nach den jeweiligen Verhältnissen im Einzelfall (BVerwG, Beschlüsse vom 28. August 1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91> und vom 9. Februar 1989 - 4 NB 1.89 - juris Rn. 6). Das gilt auch im Hinblick auf die hier in Rede stehende Fallkonstellation: Ob ein Antragsteller, der den aufgrund einer Beitragssatzung gegen ihn ergangenen Beitragsbescheid hat unanfechtbar werden lassen und den Beitrag bezahlt hat, ein Rechtsschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag gegen die Beitragssatzung hat, hängt von den weiteren Umständen des Einzelfalls ab; ein Rechtsschutzbedürfnis kann gegeben sein, dies muss aber nicht der Fall sein.

5

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist ein Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag nicht schon deshalb zu bejahen, weil es dem Beitragsschuldner nicht zugemutet werden könne, auch den Beitragsbescheid anzufechten, insgesamt also zwei Rechtsbehelfe zu ergreifen. Der Beitragsbescheid ist ein gegenüber der Beitragssatzung selbständiger, gesondert rechtsbehelfsfähiger Rechtsakt. Warum ein Normenkontrollantrag gegen die Beitragssatzung die Anfechtung des Beitragsbescheides entbehrlich machen sollte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere führt ein paralleles Vorgehen gegen den Beitragsbescheid und die Beitragssatzung nicht zu unzumutbaren zeitlichen oder sonstigen Unwägbarkeiten. Der Antragsteller hat es in der Hand, den Eintritt der Unanfechtbarkeit des Beitragsbescheides zu verhindern, bis das Oberverwaltungsgericht über den Normenkontrollantrag gegen die Beitragssatzung entschieden hat. Hat er den Beitragsbescheid angefochten, wird das Verwaltungsgericht, wenn die Wirksamkeit der Beitragssatzung entscheidungserheblich ist, über die Klage erst entscheiden, nachdem das Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht beendet ist. So sind auch die Verwaltungsgerichte in den hier anhängigen Parallelverfahren vorgegangen. Gegebenenfalls kann der Kläger hierauf durch einen Antrag auf Aussetzung des Klageverfahrens entsprechend § 94 VwGO hinwirken (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Dezember 2000 - 4 B 75.00 - Buchholz 310 § 94 VwGO Nr. 15 S. 6). Sollte ein Verwaltungsgericht die Klage bereits zuvor abweisen, ohne selbst die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 1 VwGO), kann der Antragsteller die Zulassung der Berufung beantragen (§ 124a Abs. 4 VwGO); über diesen Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht (§ 124a Abs. 5 VwGO).

6

Dass dem Beitragsschuldner der gezahlte Beitrag - wie der Antragsteller meint - zu erstatten sei, wenn die Beitragssatzung für unwirksam erklärt wird, und ihm das Normenkontrollverfahren bereits aus diesem Grund nütze, trifft nicht zu. Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs entsprechen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs (BVerwG, Urteil vom 15. Mai 2008 - 5 C 25.07 - BVerwGE 131, 153 Rn. 13). Rechtsgrund der Beitragszahlung bleibt, auch wenn die Beitragssatzung für unwirksam erklärt wird, der Beitragsbescheid. Dass hier ein Anspruch auf Rücknahme des Beitragsbescheides oder auf Wiederaufgreifen des Beitragsverfahrens in Betracht kommen könnte, hat der Antragsteller selbst nicht geltend gemacht; hierfür ist angesichts der in § 47 Abs. 5 Satz 3 VwGO in Bezug genommenen Wertung des § 183 VwGO auch nichts ersichtlich (vgl. Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 183 Rn. 18 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 183 Rn. 6).

7

Dass ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein kann, obwohl der Antragsteller den auf der Grundlage der Satzung ergangenen Bescheid nicht angefochten und den Beitrag bezahlt hat, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht in Abrede gestellt; er hat hierfür im vorliegenden Fall aber keine Anhaltspunkte gesehen. Insoweit zeigt der Antragsteller einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, der Antragsteller habe nicht dargelegt, dass er bei Bestand der Satzung für das Jahr 2012 auf deren Grundlage weitere Beitragsforderungen zu erwarten habe. Der Antragsteller meint, es müsse genügen, dass gemäß Nr. 3 der Beitragssatzung in Verbindung mit § 12 Abs. 5 der Anstaltssatzung Beiträge nacherhoben werden könnten, wenn nachträglich festgestellt werde, dass der am Stichtag tatsächlich vorhandene Tierbestand größer war als gemeldet oder ein am Stichtag vorhandener Tierbestand nicht gemeldet wurde. Eine nur theoretische Möglichkeit der Beitragsnacherhebung kann zur Begründung eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht ausreichen. Dass eine Nacherhebung von Beiträgen für das Jahr 2012 hier nicht nur theoretisch möglich sei, weil er nicht alle Tiere gemeldet habe oder die Tierseuchenkasse hierfür Anhaltspunkte sehe, hat der Antragsteller selbst nicht geltend gemacht. Gleiches gilt für die Möglichkeit der Beitragserstattung, wenn am Stichtag aufgrund amtlich angeordneter Sperren eine erhebliche Überbelegung bestand (Nr. 3 der Beitragssatzung in Verbindung mit § 11 Abs. 7 der Anstaltssatzung). Der Antragsteller meint weiter, die Tierseuchenkasse bleibe, auch wenn der Beitragsbescheid bestandskräftig sei, verpflichtet, sich an die Vorgaben des § 14 der Anstaltssatzung für die Verwendung der Beitragsmittel zu halten; die Übertragung der Überschüsse und die Rücklagenbildung im Vorjahr würden bei einer Normenkontrolle der Beitragssatzung für das Folgejahr nicht überprüft. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass etwaige Erkenntnisse über die Beitragsverwendung dem Antragsteller keine relevante Rechtsposition verliehen. An diese Auslegung des nichtrevisiblen Landesrechts wäre das Bundesverwaltungsgericht in einem Revisionsverfahren gebunden (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Auf der Grundlage dieser Auslegung des Landesrechts ist nicht ersichtlich, inwiefern eine gerichtliche Entscheidung über den Normenkontrollantrag die Rechtsstellung des Antragstellers verbessern sollte.

8

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

9

a) Der Antragsteller meint, der Verwaltungsgerichtshof habe die gesetzlichen Grundlagen, insbesondere die Satzungen der Tierseuchenkasse, und die Aktenlage nicht hinreichend geprüft und dadurch seine Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt. Ein Verfahrensmangel ist mit diesem Vorbringen nicht bezeichnet. Der Antragsteller wendet sich gegen die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch den Verwaltungsgerichtshof. Welche tatsächlichen Umstände näherer Aufklärung bedurft hätten, legt er nicht dar.

10

b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Verwaltungsgerichtshof ihm auch in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt. Dass der Verwaltungsgerichtshof Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren hatte, nachdem der Antragsteller den Beitragsbescheid nicht angefochten und den Beitrag bezahlt hatte, durfte den anwaltlich vertretenen Antragsteller in der mündlichen Verhandlung trotz der vorherigen Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs zur Beitragsfähigkeit von Aufwendungen für präventive Schutzimpfungen (Urteil vom 12. August 2010 - 9 S 171/10; nachgehend BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 2011 - 3 BN 1.10) nicht überraschen. Im Übrigen hätte er die Einräumung eines Schriftsatznachlasses beantragen und sich dadurch selbst weiteres Gehör verschaffen können.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
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published on 12/08/2010 00:00

Tenor Der Normenkontrollantrag wird abgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1  Das Ve
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published on 27/09/2018 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe de
published on 30/01/2017 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
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Annotations

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

Hat das Verfassungsgericht eines Landes die Nichtigkeit von Landesrecht festgestellt oder Vorschriften des Landesrechts für nichtig erklärt, so bleiben vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung durch das Land die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die auf der für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. § 767 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.