Bundessozialgericht Beschluss, 24. Sept. 2014 - B 9 SB 27/14 B

bei uns veröffentlicht am24.09.2014

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. März 2014 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ab dem 4.2.2009. Das diesen Anspruch verneinende Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 14.3.2014 ist dem den Kläger vor dem LSG vertretenden Prozessbevollmächtigten am 28.3.2014 zugestellt worden. Die Beschwerde des Klägers vom 22.4.2014 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG ist am 23.4.2014 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen. Auf den entsprechenden Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 27.5.2014 hat der Senatsvorsitzende die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde antragsgemäß bis zum 30.6.2014 einschließlich verlängert. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 30.6.2014 ist ausweislich des Telefax vom selben Tage 23:50 Uhr beim Prozessbevollmächtigten des Klägers abgesandt worden und beim BSG am 1.7.2014 um 00:13 Uhr eingegangen.

2

Mit am 30.7.2014 eingegangenen Schriftsatz vom selben Tage hat die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Frist zur Begründung des Rechtsmittels sei ordnungsgemäß notiert und der Entwurf für die Begründung am 29.6.2014 fertiggestellt worden. Am Tag des Fristablaufs sei die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde endgültig um 23:00 Uhr fertiggestellt und durch die Prozessbevollmächtigte ausgedruckt worden. Im Anschluss daran sei der Schriftsatz gegen 23:20 Uhr in das voll funktionstüchtige Faxgerät der Kanzlei eingelegt worden unter Eingabe der Faxnummer des BSG. Ab dem Zeitpunkt des Einlegens um 23:20 Uhr sei der Faxvorgang mindestens dreimal vom Faxgerät der Kanzlei aus gestartet und jeweils aus nicht nachvollziehbaren Gründen abgebrochen worden, bzw es habe der Empfang des Faxes bei Gericht nicht funktioniert. Erst nach dem letzten Versuch um 23:50 Uhr sei die Übersendung des Faxes ordnungsgemäß beendet worden. Als Übertragungsdauer sei dabei auf dem Faxbericht die unnatürlich lange Zeit von 12 Minuten und 10 Sekunden angegeben worden, sodass nach dem Faxbericht der Prozessbevollmächtigten das Fax erst um 00:03 Uhr bei Gericht eingegangen sei. Ein Anruf bei dem BSG einen Tag später habe ergeben, dass der Schriftsatz sogar erst um 00:13 Uhr eingegangen sei. Ein Test-Fax habe im Nachhinein ergeben, dass der Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 30.6.2014 in 4 Minuten und 38 Sekunden habe übertragen werden können, sodass normalerweise auch ein Faxbeginn um 23:50 Uhr zur fristgemäßen Übersendung ausreichend gewesen sei. Am Tag des Fristablaufs habe das Faxgerät ordnungsgemäß funktioniert. Diesen Sachverhalt hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 30.7.2014 an Eides statt versichert.

3

Der Bitte des Berichterstatters vom 5.8.2014, zur Glaubhaftmachung die Sendeprotokolle der drei vermeintlich erfolglosen Faxversuche zu übersenden, ist die Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht nachgekommen.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie ist nicht innerhalb der einmal um einen Monat verlängerten gesetzlichen Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Berufungsurteils begründet worden (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG). Dem Kläger ist auf seinen Antrag keine Widereinsetzung in die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren.

5

Zwar ist eine Wiedereinsetzung in die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich möglich (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 160a RdNr 10 und 11). Nach § 67 Abs 1 SGG setzt eine Wiedereinsetzung aber voraus, dass jemand ohne Verschulden gehindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, und er die Wiedereinsetzung beantragt. Nach § 67 Abs 2 S 2 SGG sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen.

6

Vorliegend hat der Kläger durch seinen Antrag und die zur Glaubhaftmachung vorgelegte Versicherung an Eides statt nicht überwiegend wahrscheinlich gemacht, dass er ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs 2 SGG) einzuhalten.

7

Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, durch organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang auszuschließen; hierzu gehört insbesondere eine wirksame Ausgangskontrolle, durch die gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen (vgl BSG Beschluss vom 19.5.2005 - B 10 EG 3/05 B - Juris RdNr 4 mwN). Wird ein solcher Schriftsatz per Telefax übermittelt, so verlangt eine an diesen Grundsätzen ausgerichtete sogfältige Ausgangskontrolle, dass eine Frist erst dann gelöscht werden darf, wenn für den Absender feststeht, dass die beabsichtigte Übermittlung wirklich erfolgt ist. Dies ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn der Übermittler sich von seinem Telefaxgerät ein Sendeprotokoll hat ausdrucken lassen, das die ordnungsgemäße Übermittlung belegt (vgl BSG, aaO).

8

Entsprechende Sendeprotokolle der drei vermeintlich erfolglosen Faxversuche der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 30.6.2014 sind von dieser trotz Aufforderung durch den Berichterstatter des Senats vom 5.8.2014 zur Glaubhaftmachung nicht vorgelegt worden. Damit kann auch vor dem Hintergrund der von der Prozessbevollmächtigten vorgelegten Versicherung an Eides statt vom 30.7.2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, da nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumnis von der Prozessbevollmächtigten verschuldet war (vgl hierzu: BGH Beschluss vom 8.4.2014 - VI ZB 1/13 - RdNr 7 mwN, NJW 2014, 2047). Grundsätzlich hat ein Nutzer einer Telefaxübertragung bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegerätes und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24:00 Uhr zu rechnen ist. Denn die hieraus herrührenden besonderen Risiken dürfen insbesondere im Falle von Störungen des Empfangsgerätes im Gericht nicht auf dessen Nutzer abgewälzt werden (vgl BGH, aaO, RdNr 8 mwN). Insoweit kann im Einzelfall auch von der Erstellung eines Sendeprotokolls abgesehen werden, wenn zB der gesamte Übermittlungsvorgang von einer zuverlässigen Bürokraft oder dem Prozessbevollmächtigten selbst überwacht wird (vgl BSG, aaO, RdNr 5 mwN). Allerdings genügt der Verzicht auf die Erstellung von Sendeprotokollen nicht dem zu fordernden Sorgfaltsmaßstab bei der erforderlichen Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze (vgl BSG, aaO). Nach dem eigenen Vorbringen der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat keine Störung ihres Telefaxgerätes vorgelegen. Auch ist auf Nachfrage des Senats eine entsprechende Fehlfunktion am besagten Tage bei dem Faxgerät des BSG nicht bekannt. Unter diesen Umständen ist es trotz der Versicherung an Eides statt durch die Prozessbevollmächtigte des Klägers möglich, dass ihr zu Beginn der Übermittlungsversuche ab 23:20 Uhr am 30.6.2014 Bedienungsfehler unterlaufen sind, welche Ursache der nicht mehr fristgemäßen Übermittlung der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewesen sind. Insoweit kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob die ab 23:20 Uhr glaubhaft gemachten Anwählversuche frei von Bedienungsfehlern durchgeführt worden sind. Hierzu hätte es der Vorlage der Sendeprotokolle bedurft. Damit kann die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, weil zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Prozessbevollmächtigten des Klägers verschuldet war.

9

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne die Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.

10

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 24. Sept. 2014 - B 9 SB 27/14 B

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Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 67


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stelle
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 67


(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stelle

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Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Apr. 2014 - VI ZB 1/13

bei uns veröffentlicht am 08.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 1/13 vom 8. April 2014 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 B, Fe Zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Beginns der Übertragung einer Rechtsmittelbegründung mitt
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Beschluss, 24. Sept. 2014 - B 9 SB 27/14 B.

Bundessozialgericht Beschluss, 29. Dez. 2015 - B 13 R 392/15 B

bei uns veröffentlicht am 29.12.2015

Tenor Der Antrag des Klägers, ihm wegen der versäumten Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgelehnt.

Referenzen

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 1/13
vom
8. April 2014
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Glaubhaftmachung des rechtzeitigen Beginns der Übertragung einer Rechtsmittelbegründung
mittels Telefax.
BGH, Beschluss vom 8. April 2014 - VI ZB 1/13 - OLG Dresden
LG Dresden
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. April 2014 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, die Richter Wellner, Pauge und Stöhr und die Richterin
von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 5. Dezember 2012 wird auf Kosten des Streithelfers des Klägers als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 46.200 €.

Gründe:

I.

1
Mit Urteil vom 24. August 2012 hat das Landgericht die auf Unterlassung der Verbreitung von Fotos gerichtete Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 30. August 2012 zugestellt worden. Hiergegen hat er am Montag, dem 1. Oktober 2012 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist nach Ablauf der bis zum 30. Oktober 2012 laufenden Frist am 31. Oktober 2012 um 00.02 Uhr beim Oberlandesgericht eingegangen.
2
Auf den Hinweis des Oberlandesgerichts vom 9. November 2012 hat der Kläger am 15. November 2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er - anwaltlich versichert durch seinen Prozessbevollmächtigten - vorgetragen, dieser habe am 30. Oktober 2012 um 23.45 Uhr versucht, das Telefax mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz zu übersenden, und danach im Wahlwiederholungsmodus zunächst alle 15 Sekunden, später in minütlichen Abständen versucht, eine Verbindung aufzubauen. Dies sei jedoch erst um 00.00 Uhr geglückt , so dass die Übertragung erst um 00.02 Uhr abgeschlossen gewesen sei.
3
Das Oberlandesgericht hat ihn daraufhin mit Verfügung vom 16. November 2012 darauf hingewiesen, dass sein Vorbringen im Widerspruch zu dem Faxjournal des Gerichts stehe. Danach sei das Faxgerät am 30. Oktober 2012 um 22.27 Uhr für 45 Sekunden mit dem Empfang einer Faxsendung belegt und anschließend bis zum Empfang der Berufungsbegründungsschrift nicht mehr aktiv gewesen. Es seien keine Gründe in der Sphäre des Gerichts erkennbar, dass um 23.45 Uhr keine Verbindung hätte zustande kommen können. Deshalb dürfte eine Glaubhaftmachung durch anwaltliche (und nicht eidesstattliche) Versicherung nicht genügen. Zudem dürfte es erforderlich sein, die Anwählversuche am 30. Oktober 2012 und die Gründe für das Scheitern durch geeignete technische Aufzeichnungen zu belegen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin vorgetragen, welche Ursache die zunächst fehlgeschlagenen Übertragungsversuche gehabt hätten, lasse sich nicht mehr feststellen. Eine fehlerhafte "Amtsholung" sei jedoch auszuschließen, weil die Nebenstellenanlage in der Kanzlei automatisch zunächst über die "0" eine Amtsleitung aufbaue und erst danach die Teilnehmernummer wähle. Es werde anwaltlich versichert, dass diese "Amtsholung" erfolgreich verlaufen sei. Da im Wahlwiederholungsmodus schließlich der Verbindungsaufbau gelungen sei, sei davon auszugehen, dass die Nummer des Oberlandesgerichts ursprünglich korrekt eingegeben worden sei. Weitere Mittel als die Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung stünden nicht zur Verfügung. Insbesondere sei es nicht möglich, ein Telefaxprotokoll vorzulegen, da dieses nur das Ergebnis der Wahlwiederholung protokolliere, nicht aber die vorausgegangenen erfolglosen Versuche.
4
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Klägers, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zu bewilligen, abgelehnt, weil nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei, dass die Fristversäumung nicht auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten beruhe. Zugleich hat es die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der auf Seiten des Klägers als Streithelfer beigetretene Prozessbevollmächtigte II. Instanz mit der Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einem Beteiligten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten seines Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Juni 2012 - VI ZB 54/11, VersR 2012, 1411 Rn. 5; vom 10. September 2013 - VI ZB 61/12, NJW-RR 2013, 1467 Rn. 5).
6
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht.
7
a) Nach § 233 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren , wenn eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist der Partei zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO). Die Partei muss die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen glaubhaft machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumnis von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, VersR 2011, 1417 Rn. 8). Dies ist hier der Fall.
8
b) Zwar hat der Nutzer mit der Wahl einer Telefaxübertragung bei ordnungsgemäßer Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übertragung beginnt, dass unter normalen Umständen mit deren Abschluss vor 24.00 Uhr zu rechnen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2001 - V ZB 33/00, NJW-RR 2001, 916; vom 20. Dezember 2007 - III ZB 73/07, juris Rn. 4; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, juris Rn. 8; vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, aaO Rn. 9). Wird die Übermittlung fristwahrender Schriftsätze durch Telefax durch ein Gericht eröffnet, dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken nicht auf die Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Das gilt im Besonderen für Störungen des Empfangsgeräts im Gericht. Denn in diesem Fall liegt die entscheidende Ursache für die Fristversäumung in der Sphäre des Gerichts (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 44/10, aaO; vom 6. April 2011 - XII ZB 701/10, aaO).
9
c) Im Streitfall ist aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder eine Störung des Empfangsgeräts im Gericht noch eine solche bei dem Telefaxgerät des Prozessbevollmächtigten des Klägers noch ein rechtzeitiger Beginn der Übertragung seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers glaubhaft gemacht.
10
Das Oberlandesgericht hat anhand einer Überprüfung des Faxjournals des Gerichts festgestellt, dass das Faxgerät am 30. Oktober 2012 um 22.27 Uhr für 45 Sekunden mit dem Empfang einer Faxsendung belegt und anschließend bis zum Empfang der Berufungsbegründungsschrift im hiesigen Verfahren nicht mehr aktiv war. Da es bei der Übersendung des Faxes um 0.00 Uhr einwandfrei funktionierte und den Eingang dieser Sendung speicherte, sind keine Gründe ersichtlich und auch nicht vom Beschwerdeführer dargetan, die auf eine Störung im Bereich des Gerichts hinweisen könnten. Eine Störung des Faxgeräts seines Prozessbevollmächtigten hat der Kläger nicht vorgetragen.
11
Unter diesen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht alleine die anwaltliche Versicherung, der Prozessbevollmächtigte habe mit dem Versuch einer Übersendung der Berufungsbegründung um 23.45 Uhr begonnen, nicht als ausreichend angesehen hat. Trotz des Hinweises, dass eine anwaltliche (und nicht eidesstattliche) Versicherung nicht ausreiche, hat der Kläger auch mit seiner ergänzenden Stellungnahme keine weiteren Mittel der Glaubhaftmachung, insbesondere keine eidesstattliche Versicherung, zu dem Vortrag vorgelegt, die Anwählversuche hätten bereits um 23.45 Uhr begonnen. Er hat auch kein Sendeprotokoll vorgelegt, sondern nur anwaltlich versichern lassen, es gebe kein Telefaxprotokoll, das auch die erfolglosen Anwähl- versuche protokolliert habe. Letzteres hat der Beschwerdeführer im Rechtsbeschwerdeverfahren durch seine eidesstattliche Versicherung und eine Bestätigung des Geräteherstellers, dass die Faxmodelle Fax-8070P die einzelnen Wahlwiederholungsversuche nicht einzeln protokollierten, ergänzt. Unabhängig davon, ob die eidesstattliche Versicherung im Rechtsbeschwerdeverfahren noch zu berücksichtigen ist, reicht sie jedenfalls für die nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderliche Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nicht aus. Insoweit kommt es nämlich entscheidend darauf an, ob die Anwählversuche bereits um 23.45 Uhr begonnen haben.
12
Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen eines Verstoßes des Berufungsgerichts gegen § 139 ZPO liegt schon deshalb nicht vor, weil das Berufungsgericht mit der Verfügung vom 16. November 2012 den erforderlichen Hinweis erteilt hat. Im Übrigen ist auch im Rechtsbeschwerdeverfahren nichts anderes vorgetragen , als der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde liegt. Selbst wenn der Sendebericht, der nach wie vor nicht vorgelegt ist, die Darstellung des Klägervertreters nicht widerlegen würde, dass nur das Ergebnis der Wahlwiederholung protokolliert werde, ist er nach dem Vortrag des Beschwerdeführers nicht geeignet, dessen Darstellung hinsichtlich der behaupteten Anwählversuche glaubhaft zu machen.
13
d) Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann mithin nicht gewährt werden, weil zumindest die Möglichkeit offen bleibt, dass die Fristversäumung von der Partei bzw. ihrem Prozessbevollmächtigten verschuldet war.
14
2. Die Berufung war demgemäß nach § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger sie entgegen § 520 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig begründet hat. Für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines per Telefax übersandten Schriftsatzes kommt es allein darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 2013 - III ZR 289/12, NJW 2013, 2514 Rn. 11 mwN). Dies war nicht der Fall. Die Berufungsbegründung ist unstreitig erst nach Ablauf der bis zum 30. Oktober 2012 laufenden Frist am 31. Oktober 2012 um 00.02 Uhr beim Oberlandesgericht eingegangen. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 24.08.2012 - 3 O 1794/11 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 05.12.2012 - 4 U 1590/12 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.