Bundesgerichtshof Urteil, 10. Nov. 2010 - XII ZR 37/09

published on 10/11/2010 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 10. Nov. 2010 - XII ZR 37/09
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Previous court decisions
Amtsgericht Regensburg, 202 F 875/08, 19/08/2008
Oberlandesgericht Nürnberg, 10 UF 1236/08, 15/01/2009

Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 37/09 Verkündet am:
10. November 2010
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1615 l; Brüssel I-VO Art. 34 Nr. 1; HUÜ 73 Art. 1, 7

a) Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich regelmäßig
schon aus der Nichterfüllung einer fälligen Forderung (im Anschluss an BGH
Urteile vom 4. März 1993 - I ZR 65/91 - NJW-RR 1993, 1129, 1130 und vom
30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - NJW 2010, 1135, 1136).

b) Das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende
Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73) ist auch auf Unterhaltsansprüche
nach § 1615 l BGB anzuwenden, die auf der Familie mit dem gemeinsamen
Kind beruhen. Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts entfällt deswegen
nicht nach Art. 7 HUÜ 73.

c) Elterngeld wird grundsätzlich einkommensabhängig gezahlt, so dass es
Lohnersatzfunktion hat und deswegen als Einkommen des bezugsberechtigten
Elternteils zu berücksichtigen ist. Lediglich in Höhe von 300 € monatlich
bleibt es nach § 11 Satz 1 BEEG unberücksichtigt.
BGH, Urteil vom 10. November 2010 - XII ZR 37/09 - OLG Nürnberg
AG Regensburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. November 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 15. Januar 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um Betreuungsunterhalt für die Zeit von März 2008 bis April 2010.
2
Die Klägerin, die deutsche Staatsangehörige ist, und der Beklagte, der die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, hatten bis Anfang 2008 in Österreich zusammengelebt. Aus ihrer Verbindung ist am 28. April 2007 ein gemeinsamer Sohn hervorgegangen. Der Beklagte hat die Vaterschaft im Mai 2007 anerkannt und sich zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts in Höhe von 252 € verpflichtet. Seit dem Frühjahr 2008 lebt die Klägerin mit dem gemeinsamen Sohn in Deutschland.
3
Der Beklagte erzielt ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.578 €. Die Klägerin betreute in der hier relevanten Zeit den gemeinsamen Sohn und war nicht berufstätig. Sie erhielt bis einschließlich Juni 2008 Elterngeld und bezog seitdem Arbeitslosengeld II. Im Februar 2008 hatte sie den Beklagten erstmals zur Zahlung monatlichen Unterhalts aufgefordert.
4
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin rückständigen und laufenden Betreuungsunterhalt in Höhe von monatlich 247,10 € für die Zeit von März 2008 bis April 2010 zu zahlen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er weiterhin vollständige Klagabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist unbegründet.
6
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

I.

7
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen, weil der Beklagte der Klägerin im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit Betreuungsunterhalt jedenfalls bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes schulde.
8
Die Klage sei zulässig, insbesondere fehle es ihr nicht an einem Rechtsschutzbedürfnis. Dabei könne nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, ob die Verurteilung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB wegen Verstoßes gegen den österreichischen ordre public einer dortigen Anerkennung und Vollstreckbarkeit entgegenstehe. Auch bei fehlender Anerkennung in Österreich stehe der Klägerin ein Titel zur Verfügung, aus dem hinsichtlich des Rückstands dreißig Jahre und hinsichtlich künftig fällig werdender Ansprüche mindestens drei Jahre im Inland vollstreckt werden könne. Da die Vollstreckbarkeit in Österreich nicht absehbar und auch nicht auszuschließen sei, ob es unabhängig davon zu einer Vollstreckungsmöglichkeit der Klägerin im Inland komme, sei die Klage nicht objektiv sinnlos.
9
Das anzuwendende materielle Recht sei nach dem Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73) zu bestimmen. Dem stehe nach dessen Art. 3 nicht entgegen, dass Österreich nicht Vertragsstaat dieses Abkommens sei. Das HUÜ 73 beziehe sich nach dessen Art. 1 auch auf Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB. Diese Ansprüche seien weder deliktsrechtlich zu qualifizieren noch mit Ansprüchen aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichzusetzen, deren Qualifizierung als familienrechtlich umstritten sei. Weil die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit Frühjahr 2008 in Deutschland habe, sei nach Art. 4 des Übereinkommens deutsches Recht anzuwenden. Die Anwendung entfalle auch nicht nach Art. 7 des Übereinkommens, da § 1615 l BGB keine Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder zwischen Verschwägerten regele. Art. 7 des Übereinkommens sei auf Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB auch nicht entsprechend anwendbar, weil bei der analogen Anwendung kollisionsrechtlicher Vorschriften Zurückhaltung geboten sei und kein Hinweis für eine planwidrige Regelungslücke vorliege.
10
Die Klägerin sei unstreitig bedürftig und könne wegen der Betreuung des gemeinsamen Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren auch nicht den Mindestbedarf in Höhe von 770 € selbst erzielen, der ihr jedenfalls zuzubilligen sei. Vom Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 1.578 € bleibe nach Abzug eines pauschalen Erwerbsaufwands in Höhe von 5 % und des Kindesunterhalts ein Einkommen in Höhe von 1.247,10 €. Unter Berücksichtigung seines Selbstbehalts von 1.000 € sei er in Höhe von 247,10 € leistungsfähig.

II.

11
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
12
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für die vorliegende Unterhaltsklage angenommen.
13
a) Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - § 606 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZPO aF nicht entgegen. Zwar sollte danach die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Ehesachen nach dem gewöhnlichen Aufenthalt eines Ehegatten entfallen, wenn die zu fällende Entscheidung offensichtlich nach dem Recht keines der Staaten anerkannt würde, denen einer der Ehegatten angehört. Das Gesetz wollte damit sog. "hinkende" Ehen vermeiden, die entstanden wären, wenn die deutsche Statusentscheidung nur in Deutschland, nicht aber nach dem Recht der Staatsangehörigkeit der Parteien anerkannt würde (vgl. Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 606 a Rn. 59 ff.). Die Vorschrift beschränkte sich damit allerdings auf die Regelung der internationalen Zuständigkeit in Ehesachen als Statusverfahren. Ein allgemeiner Grundsatz, der sich auch auf das Rechtsschutzbedürfnis in Unterhaltsrechtsstreitigkeiten übertragen ließe, lässt sich daraus nicht herleiten.
14
b) Unabhängig davon bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Vollstreckbarkeit des Unterhaltstitels in Österreich und auch sonst liegen keine besonderen Umstände vor, die das Titulierungsinteresse der Klägerin als nicht schutzwürdig erscheinen ließen.
15
aa) Die Vollstreckbarkeit eines deutschen Unterhaltstitels in Österreich richtet sich nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO = Brüssel I-VO).
16
Nach Art. 33 Abs. 1 EuGVVO werden die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Der Erwägungsgrund 16 dieser Verordnung begründet dies wie folgt: "Das gegenseitige Vertrauen in die Justiz im Rahmen der Gemeinschaft rechtfertigt, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen, außer im Falle der Anfechtung , von Rechts wegen, ohne ein besonderes Verfahren, anerkannt werden." Eine Anerkennung ist nach Art. 34, 35 EuGVVO nur dann ausgeschlossen, wenn die dort genannten besonderen Hinderungsgründe offensichtlich vorliegen (Geimer in Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht 3. Aufl. Art. 34 EuGVVO Rn. 14 f.; Schlosser EU-Zivilprozessrecht 3. Aufl. 34 - 36 EuGVVO Rn. 2 ff.; Hess Europäisches Zivilprozessrecht § 6 Rn. 188 ff., 202; vgl. auch BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096, 3101). Auch die Vollstreckbarkeit der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaates darf von den Gerichten des Vollstreckungsstaates nur aus einem der in den Art. 34 und 35 EuGVVO aufge- führten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden (Art. 45 EuGVVO). Solche Hinderungsgründe im Sinne der Art. 34, 35 EuGVVO sind hier nicht ersichtlich, insbesondere verstößt ein Unterhaltstitel nach § 1615 l BGB nicht gegen den österreichischen ordre public.
17
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sieht auch das österreichische Zivilrecht in § 168 AGBG Ansprüche aus gemeinsamer Elternschaft vor. So hat der Vater des gemeinsamen Kindes der Mutter Kosten und Auslagen der Entbindung sowie Unterhalt für sechs Wochen nach der Entbindung zu zahlen. Auch diese Ansprüche sind auf die durch die gemeinsame Elternschaft entstandene Familie zurückzuführen. Allein der Umfang der Unterhaltspflicht nach deutschem Recht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes kann einen Verstoß gegen den österreichischen ordre public nicht begründen. Denn das deutsche Recht regelt insoweit Ansprüche, die auch dem österreichischen Recht nicht fremd sind und lediglich im Umfang über den dort geregelten Maßstab hinausgehen (Hess Europäisches Zivilprozessrecht § 6 Rn. 199 ff., 206; zur Vollstreckbarkeit eines österreichischen Urteils auf Kindesunterhalt vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juni 2009 - XII ZB 82/09 - FamRZ 2009, 1402 Rn. 11 f.).
18
bb) Schließlich ist es der Klägerin auch nicht verwehrt, ihren Unterhaltsanspruch aus § 1615 l BGB gerichtlich titulieren zu lassen, um eine denkbare Vollstreckbarkeit im Inland sicherzustellen (zum Titulierungsinteresse vgl. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2009 - XII ZB 207/08 - FamRZ 2010, 195 Rn. 16).
19
Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass sich ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage regelmäßig schon aus der Nichterfüllung einer fälligen Forderung ergibt (BGH Urteile vom 4. März 1993 - I ZR 65/91 - NJW-RR 1993, 1129, 1130 und vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08 - NJW 2010, 1135, 1136). Besondere Umstände, die ausnahmsweise einem solchen Rechtsschutzinteresse entgegenstehen könnten, hat der Beklagte hier nicht vorgetragen. Insbesondere ist die Möglichkeit einer Vollstreckung innerhalb der Verjährungsfristen des § 197 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB nicht von vornherein ausgeschlossen.
20
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Unterhaltsanspruch der Klägerin nach deutschem Recht beurteilt.
21
a) Zutreffend hat das Oberlandesgericht insoweit auf die Vorschriften des Haager Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (HUÜ 73) abgestellt, das für die Bundesrepublik Deutschland am 1. April 1987 in Kraft getreten ist. Nach Art. 3 HUÜ 73 sind die Vorschriften dieses Überkommens unabhängig vom Erfordernis der Gegenseitigkeit anzuwenden, auch wenn es das Recht eines Nichtvertragsstaates ist. Dass Österreich dem Übereinkommen nicht beigetreten ist, steht der Anwendbarkeit deswegen nicht entgegen.
22
Das Abkommen ist nach Art. 1 HUÜ 73 auf Unterhaltspflichten anzuwenden , die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind. Es gilt mithin auch für Unterhaltsansprüche nach § 1615 l BGB. Die Eltern eines gemeinsamen Kindes bilden unabhängig davon, ob sie miteinander verheiratet sind, mit dem Kind eine Familie, woraus der Unterhaltsanspruch des § 1615 l BGB erwächst (zum Begriff der Familie vgl. Palandt/Thorn BGB 69. Aufl. Art. 18 EGBGB Rn. 15; Staudinger/Mankowski BGB [2003] Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 110; MünchKommBGB/Siehr 4. Aufl. Art. 18 Anh. I Rn. 43; Göppinger/Wax/Linke Unterhaltsrecht 9. Aufl. Rn. 3084; Erman/Hohloch 12. Aufl. Art. 18 EGBGB Rn. 26; Eschenbruch/Klinkhammer/Dörner Der Unterhaltsprozess 5. Aufl. Kap. 1 Rn. 53). Darin unterscheidet sich der Anspruch auch von dem Rechtsverhältnis innerhalb einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft , die nicht als Familie zu qualifizieren ist.
23
b) Nach Art. 4 HUÜ 73 ist für die von dem Übereinkommen erfassten Unterhaltspflichten das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend. Das ist hier wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Klägerin in Deutschland das deutsche Recht.
24
Die Anwendbarkeit des deutschen Rechts entfällt - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht nach Art. 7 HUÜ 73. Danach kann der Unterhaltspflichtige dem Anspruch auf Unterhalt zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder zwischen Verschwägerten entgegenhalten, dass nach dem Recht des Staates, dem sie gemeinsam angehören, oder mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit nach dem innerstaatlichen Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltspflichtigen eine solche Unterhaltspflicht nicht besteht (vgl. auch Palandt/Thorn BGB 69. Aufl. Art. 18 EGBGB Rn. 11). Die Vorschrift beschränkt sich allerdings ausdrücklich auf Unterhaltsansprüche zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten, weil solche Ansprüche nur in wenigen Vertragsstaaten bestehen (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis 7. Aufl. § 9 Rn. 40 e, 56 c, 64, 64 i, 104, 121, 133 a, 165 d, 178 a, 209 a und 218 a).
25
Unterhaltsansprüche der Mutter gegen den Vater eines nichtehelich geboren Kindes nach § 1615 l BGB beruhen allerdings weder auf Schwägerschaft noch auf Verwandtschaft der Eltern. Sie sind vielmehr auf die Familie der Eltern mit dem gemeinsamen Kind bezogen (vgl. Art. 1 HUÜ 73), wobei dieser Famili- enbegriff grundsätzlich weit auszulegen ist (Geimer/Schütze/Baumann Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Art. 1 HUVÜ Anm. IV 2; Prütting/Wegen/Weinreich BGB 5. Aufl. Art. 18 EGBGB Rn. 13). Weil das Übereinkommen deswegen keine Regelungslücke enthält, die im Wege der Analogie auszufüllen wäre, ist auch eine analoge Anwendung des Art. 7 HUÜ 73 auf Unterhaltsansprüche gemäß § 1615 l BGB ausgeschlossen.
26
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 247,10 € für die Zeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes zugesprochen.
27
Nach § 1615 l Abs. 2 Satz 1 bis 3 BGB schuldet der Beklagte der Klägerin jedenfalls einen Basisunterhalt bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der betreuende Elternteil in den ersten drei Lebensjahren des Kindes frei entscheiden, ob er das Kind selbst in vollem Umfang betreuen und erziehen oder eine andere Betreuungsmöglichkeit in Anspruch nehmen will. Er kann in dieser Zeit auch eine bereits begonnene Erwerbstätigkeit wieder aufgeben (Senatsurteile BGHZ 180, 170 = FamRZ 2009, 770 Rn. 20 f. und vom 13. April 2005 - XII ZR 273/02 - FamRZ 2005, 1154, 1156 f.). Entsprechend ist die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts während dieser Zeit nicht erwerbstätig gewesen.
28
Zutreffend ist das Berufungsgericht von einem Unterhaltsanspruch der Klägerin ausgegangen, der jedenfalls den Mindestbedarf in Höhe des notwendigen Selbstbehalts erreicht, der sich für die relevante Zeit auf 770 € monatlich beläuft (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 28 ff.).
29
a) Soweit die Klägerin für die Zeit bis einschließlich Juni 2008 Elterngeld bezogen hat, steht auch dies der angefochtenen Entscheidung nicht entgegen. Zwar wird Elterngeld grundsätzlich einkommensabhängig gezahlt, so dass es Lohnersatzfunktion erhält und deswegen als Einkommen des bezugsberechtigten Elternteils zu berücksichtigen ist. In Höhe von 300 € monatlich bleibt es nach § 11 Satz 1 BEEG allerdings unberücksichtigt. Das Gesetz belässt der Klägerin somit neben dem Mindestbedarf in Höhe von 770 € jedenfalls einen Teil des Elterngelds von monatlich 300 € (vgl. Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 85 a).
30
Zieht man von dem Mindestbedarf der Klägerin in Höhe von 770 € den zugesprochenen Unterhalt in Höhe von 247,10 € ab, verbleibt ein ungedeckter Unterhaltsbedarf in Höhe von 522,90 € monatlich. Zuzüglich des nicht anzurechnenden Teils des Elterngelds in Höhe von 300 € ergibt sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 822,90 €. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin Elterngeld in einer diesen Betrag übersteigenden Höhe bezogen hat.
31
b) Auch das seit Juli 2008 der Klägerin gezahlte Arbeitslosengeld II steht dem zugesprochenen Unterhaltsanspruch nicht entgegen. Der Gesetzgeber hat das Arbeitslosengeld II als subsidiäre Sozialleistung ausgestaltet, die nicht bedarfsdeckend wirkt. Entsprechend geht der Unterhaltsanspruch im Falle der Leistung von Arbeitslosengeld II nach § 33 SGB II auf den Träger der staatlichen Sozialleistung über. Das Arbeitslosengeld II ist deswegen nicht als Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (Wendl/Dose aaO § 1 Rn. 83; Wendl/Scholz aaO § 8 Rn. 232).
32
In welchem Umfang der Unterhaltsanspruch der Klägerin infolge des Bezugs von Arbeitslosengeld II nach § 33 Abs. 1 SGB II auf den Träger der Sozialleistung übergegangen ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Revision greift dies nicht an.
33
c) Das Berufungsgericht hat den Beklagten deswegen zu Recht zur Zahlung eines Betreuungsunterhalts nach § 1615 l Abs. 2 BGB in Höhe von 247,10 € verurteilt. Die Leistungsfähigkeit des Beklagten ist gewahrt, weil sich sein Einkommen nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen und des Kindesunterhalts auf 1.247,10 € beläuft und sein Selbstbehalt für die hier relevante Zeit 1.000 € monatlich beträgt (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2004 - XII ZR 26/03 - FamRZ 2005, 357 Rn. 10 und vom 1. Dezember 2004 - XII ZR 3/03 - FamRZ 2005, 354 Rn. 13 ff.).
Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Regensburg, Entscheidung vom 19.08.2008 - 202 F 875/08 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 15.01.2009 - 10 UF 1236/08 -
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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche
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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche
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published on 30/09/2009 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 238/08 Verkündet am: 30. September 2009 Ring Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 241 Abs. 2
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Annotations

(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im Voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des Verpflichteten fällig sind.

(2) Im Falle des Todes des Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.

Unterhaltsverpflichtungen werden durch die Zahlung des Elterngeldes und vergleichbarer Leistungen der Länder nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 Euro monatlich übersteigt. Soweit die berechtigte Person Elterngeld Plus bezieht, werden die Unterhaltspflichten insoweit berührt, als die Zahlung 150 Euro übersteigt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Beträge vervielfachen sich bei Mehrlingsgeburten mit der Zahl der geborenen Kinder. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht in den Fällen des § 1361 Absatz 3, der §§ 1579, 1603 Absatz 2 und des § 1611 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Unterhaltsverpflichtungen werden durch die Zahlung des Elterngeldes und vergleichbarer Leistungen der Länder nur insoweit berührt, als die Zahlung 300 Euro monatlich übersteigt. Soweit die berechtigte Person Elterngeld Plus bezieht, werden die Unterhaltspflichten insoweit berührt, als die Zahlung 150 Euro übersteigt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Beträge vervielfachen sich bei Mehrlingsgeburten mit der Zahl der geborenen Kinder. Die Sätze 1 bis 3 gelten nicht in den Fällen des § 1361 Absatz 3, der §§ 1579, 1603 Absatz 2 und des § 1611 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(1) Haben Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen Anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Satz 1 gilt auch, soweit Kinder unter Berücksichtigung von Kindergeld nach § 11 Absatz 1 Satz 4 keine Leistungen empfangen haben und bei rechtzeitiger Leistung des Anderen keine oder geringere Leistungen an die Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbracht worden wären. Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gehen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über.

(2) Ein Unterhaltsanspruch nach bürgerlichem Recht geht nicht über, wenn die unterhaltsberechtigte Person

1.
mit der oder dem Verpflichteten in einer Bedarfsgemeinschaft lebt,
2.
mit der oder dem Verpflichteten verwandt ist und den Unterhaltsanspruch nicht geltend macht; dies gilt nicht für Unterhaltsansprüche
a)
minderjähriger Leistungsberechtigter,
b)
Leistungsberechtigter, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und die Erstausbildung noch nicht abgeschlossen haben,
gegen ihre Eltern,
3.
in einem Kindschaftsverhältnis zur oder zum Verpflichteten steht und
a)
schwanger ist oder
b)
ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut.
Der Übergang ist auch ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Anspruch geht nur über, soweit das Einkommen und Vermögen der unterhaltsverpflichteten Person das nach den §§ 11 bis 12 zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen übersteigt.

(3) Für die Vergangenheit können die Träger der Leistungen nach diesem Buch außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an den Anspruch geltend machen, zu welcher sie der oder dem Verpflichteten die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt haben. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, können die Träger der Leistungen nach diesem Buch bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(4) Die Träger der Leistungen nach diesem Buch können den auf sie übergegangenen Anspruch im Einvernehmen mit der Empfängerin oder dem Empfänger der Leistungen auf diese oder diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Anspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach Absatz 1 Satz 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(5) Die §§ 115 und 116 des Zehnten Buches gehen der Regelung des Absatzes 1 vor.