Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2004 - X ZR 204/02

published on 13/07/2004 00:00
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2004 - X ZR 204/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
X ZR 204/02 Verkündet am:
13. Juli 2004
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter
Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das am 18. Juli 2002 verkündete Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der nach Angaben der Beklagten während des Revisionsverfahrens verstorbene Kläger und seine im Jahr 2000 verstorbene Ehefrau hatten der Beklagten , ihrer Tochter, im Jahr 1993 u.a. ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück in W. unentgeltlich unter Anrechnung auf den Pflichtteil überlassen. Im Jahr 1999 hatten der Kläger und seine Ehefrau die Schen-
kung wegen groben Undanks widerrufen und Rückauflassung des übertragenen Grundbesitzes begehrt. Der darüber vor dem Landgericht München II geführte Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet, nach dem sich die Beklagte u.a. verpflichtete, eine weitere Eigentumswohnung in W. auf den Kläger und seine Ehefrau zu übertragen sowie einen Geldbetrag zu bezahlen. Nach dem Tod der Ehefrau des Klägers kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und der Beklagten. Der Kläger widerrief mit Schreiben vom 21. November 2000. Erneut die Schenkung des bebauten Grundstücks wegen groben Undanks, und verlangte Auflassung und Rückübertragung des Grundstücks. Das Landgericht hat die Klage unter Verneinung groben Undanks abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Übertragungsbegehren hinsichtlich eines hälftigen Miteigentumsanteils weiter. Die Beklagte ist nicht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt vertreten.

Entscheidungsgründe:


I. Über das Rechtsmittel ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte im Revisionsverfahren nicht vertreten ist. Inhaltlich beruht die Entscheidung jedoch nicht auf der Säumnis (BGHZ 37, 79, 81).
II. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auf die Begründetheit des Widerrufs der Schenkung komme es nicht an, weil durch den Vergleich eine Umschaffung des Rechtsverhältnisses stattgefunden habe. Damit liege ein neuer Rechtsgrund für das Behaltendürfen und keine Schenkung mehr vor und somit sei deren Widerruf nicht mehr möglich. Der Vergleich habe sowohl die Unbegründetheit wie die Begründetheit des (gemeint: früheren) Widerrufs abdecken
müssen. Im Fall der Begründetheit hätte er den Rechtsgrund der Zuwendung, also die Schenkung, beseitigt. Diese rechtsgestaltende Wirkung sei auch tatsächlich berücksichtigt worden. Daran zeige sich, daß ein Grundstück zurückgegeben worden sei. Für den Fall einer solchen Gestaltungswirkung habe aber für das Behaltendürfen des anderen Grundbesitzes durch den Vergleich ein neuer Rechtsgrund geschaffen werden müssen.
III. Die Revision verweist darauf, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Vergleich in der Regel keine schuldumschaffende Wirkung habe. Einen Ausnahmetatbestand habe das Berufungsgericht nicht festgestellt.
IV. Der Rüge kann der Erfolg nicht versagt bleiben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Vergleich in der Regel keine umschaffende Wirkung (BGHZ 52, 39, 46 m.w.N.; BGH, Urt. v. 25.7.1987 - VII ZR 214/86, NJW-RR 1987, 1426 = BGHR BGB § 779 Abs. 1 - Novation 1). Die Feststellung eines abweichenden Parteiwillens bedarf besonderer Anhaltspunkte (BGH, Urt. v. 24.11.1988 - IX ZR 210/87, BGHR BGB § 779 Abs. 1 - Novation 2). Solche hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; es hat sich vielmehr auf die formelhafte Annahme beschränkt, daß sich die Umschaffung aus den vorliegenden Umständen ergebe. Auch die weiteren Ausführungen im Berufungsurteil tragen dieses nicht. Für den Fall des Behaltendürfens konnte, nachdem der Vergleich die Rechtsfolgen des ausgesprochenen Widerrufs beseitigt hat, als Rechtsgrund weiterhin die Schenkung bestehen; warum hierfür ein neuer Rechtsgrund unabhängig von einer Schenkung geschaffen werden mußte, ist nicht nachvollziehbar.
V. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug die Prüfung der Frage nachzuholen haben, ob ein Widerrufsgrund für die Schenkung bestand.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Asendorf
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(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach
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(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sach
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 20/06 vom 9. November 2006 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Dr. Kayser und Cierniak am 9. November 200
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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 5. November 2013 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit au
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(1) Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde.

(2) Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.