Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13

bei uns veröffentlicht am08.09.2015
vorgehend
Bundespatentgericht, 5 Ni 19/12, 03.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X Z R 1 1 3 / 1 3 Verkündet am:
8. September 2015
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
PALplus
EPÜ Art. 54 Abs. 3
Eine ältere nachveröffentlichte Patentanmeldung ist bei der Neuheitsprüfung
auch dann zu berücksichtigen, wenn sie nach ihrer Veröffentlichung zurückgenommen
wird oder als zurückgenommen gilt.
BGH, Urteil vom 8. September 2015 - X ZR 113/13 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. September 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. MeierBeck
, die Richter Gröning, Dr. Grabinski und Hoffmann sowie die Richterin
Dr. Kober-Dehm

für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Juli 2013 verkündete Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin ein Viertel und die Beklagte drei Viertel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 595 790 (Streitpatent), das unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 41 12 712.9 (NK4) vom 18. April 1991 am 9. April 1992 angemeldet wurde und nach Klageerhebung durch Zeitablauf erloschen ist. Von insgesamt acht Patentansprüchen hat Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut: "Verfahren zum kompatiblen Übertragen einer SignalartZusatzinformation (106) in nicht zum vertikalen Rücklauf gehörenden Zeilen eines Fernsehsignals, wobei die SignalartZusatzinformation in verbesserten 16:9-Empfängern auswertbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass als Signalart-Zusatzinformation in der von Bildsignalen freien Hälfte der ersten oder letzten aktiven Bildzeile von Fernsehbildern ein Datenpaket übertragen wird, welches Einlauf-, Start- und Nutzinformationsdaten enthält, wobei empfangsseitig die Einlaufinformationsdaten für die phasenrichtige Rückgewinnung des Datentaktes der Nutzinformationsdaten dienen und die Startinformationsdaten zur Adressierung der Nutzinformationsdaten sowie zur selektiven Erfassung des Beginns der Nutzinformationsdaten dienen, und dass die Signalart-Zusatzinformation mindestens zwei der folgenden Fernseh-Signalarten umfasst: - Standard-Signal, das kein Letterbox-Signal ist und keine BildZusatzinformationen enthält; - Letterbox-Signal ohne Bild-Zusatzinformationen; - Letterbox-Signal von Film-Quelle mit Bild-Zusatzinformationen; - Letterbox-Signal von Kamera-Quelle mit Bild-Zusatzinformationen , insbesondere mit einer Unterscheidung zwischen als statisch und als bewegt geltendem Bildinhalt der Halb- oder Vollbilder."
2
Die Klägerin, die wegen Verletzung des Streitpatents in Anspruch genommen wird, hat mit der Nichtigkeitsklage geltend gemacht, dem Gegenstand des Streitpatents, das die angegebene Priorität nicht wirksam beanspruchen könne, fehle die Patentfähigkeit. Patentanspruch 2 und die Beschreibung enthielten jeweils unzulässige Erweiterungen. Weiterhin sei der Gegenstand nicht in einer für den Fachmann ausführbaren Weise offenbart.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent teilweise für nichtig erklärt, indem Patentanspruch 1 am Ende folgendes Merkmal angefügt worden ist: "und dass den Einlaufinformationsdaten ein Impuls der Dauer T2 vorangestellt ist, dessen Pegel der maximalen Amplitude Umax der Daten entspricht und dessen Breite ein Mehrfaches der Taktperiode der Daten umfasst."
4
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent nur noch beschränkt verteidigt, indem im erteilten Patentanspruch 1 das Wort "mindestens" sowie die letzten beiden Spiegelstriche und Patentanspruch 2 vollständig gestrichen werden sollen. Die Klägerin, die ihre eigene Berufung zurückgenommen hat, tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Sendung von Fernsehsignalen.
6
1. Nach der Beschreibung im Streitpatent ist bekannt, dass Fernsehsignale im Breitbildformat 16:9 gemäß der zum Prioritätszeitpunkt in Aussicht genommenen PALplus-Norm kompatibel zur damals gültigen PAL-Norm so übertragen werden, dass sie in herkömmlichen Fernsehempfängern mit dem Bildformat 4:3 als "Letterbox-Bild" mit schwarzen Balken am oberen und unteren Bildrand wiedergegeben werden können. Damit Fernseher mit Bildschirmen im 16:9-Format aus dem Letterbox-Signal das ursprüngliche Fernsehsignal mit einer erhöhten Bildauflösung generieren können, wird für die Zeilen der schwarzen Balken der Schwarzwert angehoben, so dass in diesen Zeilen weitere Bildinformationen übertragen werden können.
7
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, mit dem Fernsehsignal Informationen zur jeweils übertragenen Signalart auf eine den bisherigen Standard möglichst wenig berührende Weise mit zu übertragen.
8
2. Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederungsziffern gemäß dem patentgerichtlichen Urteil, jedoch mit teilweise entsprechend dem technischen Ablauf geänderter Abfolge): 1. Das Verfahren ist zum kompatiblen Übertragen einer Signalart -Zusatzinformation (106) in Zeilen eines Fernsehsignals geeignet. 1.1 Die Signalart-Zusatzinformation wird in Zeilen des Fernsehsignals übertragen, die nicht zum vertikalen Rücklauf gehören. 3a. Die Signalart-Zusatzinformation wird in der von Bildsignalen freien Hälfte der ersten aktiven Bildzeile von Fernsehbildern übertragen oder 3b. die Signalart-Zusatzinformation wird in der von Bildsignalen freien Hälfte der letzten aktiven Bildzeile von Fernsehbildern übertragen. 2. Die Signalart-Zusatzinformation ist in verbesserten 16:9-Empfängern auswertbar. 4. Als Signalart-Zusatzinformation wird ein Datenpaket übertragen.
4.1 Das Datenpaket enthält Einlauf-, Start- und Nutzinformationsdaten. 4.2 Die Einlaufinformationsdaten dienen empfangsseitig für die phasenrichtige Rückgewinnung des Datentaktes der Nutzinformationsdaten. 4.3 Die Startinformationsdaten dienen zur Adressierung der Nutzinformationsdaten sowie zur selektiven Erfassung des Beginns der Nutzinformationsdaten. 5. Die Signalart-Zusatzinformation umfasst die beiden folgenden Fernseh-Signalarten: 5.1 Standard-Signal, das kein Letterbox-Signal ist und keine Bild-Zusatzinformationen enthält, 5.2 Letterbox-Signal ohne Bild-Zusatzinformationen.
9
3. Im Hinblick auf zwei Merkmale bedarf der Patentanspruch näherer Erläuterung:
10
a) Merkmal 1 ist dahin zu verstehen, dass bei einem kompatibel übertragenen Fernsehsignal das Fernsehbild sowohl von herkömmlichen Fernsehgeräten gemäß dem alten PAL-Standard im Bildformat 4:3 als auch von neueren Fernsehgeräten im Breitbildformat 16:9 nach dem PALplus-Standard wiedergeben werden können.
11
b) Die Merkmale 3a und 3b beschreiben konkret, an welchen Stellen im übertragenen Fernsehbild die Signalart-Zusatzinformation übertragen werden kann, und bestimmen damit Merkmal 1.1 näher. Gemäß dem zum Prioritätszeitpunkt etablierten PAL-Standard werden die Fernsehbilder im Zeilensprungverfahren mit zwei Halbbildern übertragen, indem in jedem Halbbild von einer Zeile jeweils zur übernächsten Zeile gesprungen und die übersprungenen Zeilen jeweils vom nächsten Halbbild übertragen werden. Dabei beginnt das erste Halbbild in dessen erster Zeile erst in der Mitte der Zeile, so dass deren erste Hälfte frei bleibt, und im zweiten Halbbild endet die letzte Zeile bereits in der Mitte, so dass deren zweite Hälfte frei bleibt.
12
II. Das Patentgericht hat die Neuheit des Gegenstands von Patentanspruch 1 in der von der Beklagten bereits in erster Instanz als ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung verneint.
13
Das Streitpatent habe nur einen Zeitrang vom 9. April 1992; es könne die Priorität der NK4 nicht wirksam in Anspruch nehmen. Die NK4 betreffe nicht dieselbe Erfindung. Unter anderem gehe eine Signalart-Zusatzinformation für die Signalart "Letterbox ohne Zusatzinfo" (Merkmal 5.2) aus der NK4 nicht hervor.
14
Die europäische Patentanmeldung 555 918 (NK18) sei für die Neuheitsprüfung gemäß Art. 89 iVm Art. 54 Abs. 3 EPÜ zu berücksichtigen, weil sie wirksam die Priorität der vor dem Streitpatent angemeldeten europäischen Patentanmeldung 92 200 407.2 (NK19) beanspruche. Dem stehe nicht entgegen, dass die in NK19 formulierten Patentansprüche einen anderen Gegenstand definierten als die in der NK18 formulierten Patentansprüche. Entscheidend sei vielmehr, dass der Gegenstand der NK18, soweit er im Streitfall für den Neuheitsvergleich herangezogen werde, von dem gesamten Offenbarungsgehalt der NK19 einschließlich seiner Ausführungsbeispiele mit umfasst gewesen sei.
15
Die NK18 nehme sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 sowohl in der erteilten als auch in der - nunmehr im Berufungsverfahren allein, in erster Instanz noch hilfsweise - verteidigten Fassung vorweg.
16
Die NK18 befasse sich mit Zusatzsignalen in einer PALplus-Systemumgebung zur Übertragung von Steuerdaten in Form von Steuerbits. Als Beispiele für solche Systemparameter benenne sie explizit unter anderem das Bildverhältnis (4:3 oder 16:9), ob es sich um ein PALplus-Signal oder ein Standard -PAL-Signal handele und ob die "schwarzen Balken" bei Übertragung eines 16:9-Bildes als 4:3-Bild-Videoinformationen zur Erhöhung der vertikalen Auflösung enthielten. Diese Steuerbits stellten gemäß ihrer Funktion SignalZusatzinformationen dar, die nach der weiteren Beschreibung der NK18 in der freien Hälfte der ersten aktiven Zeile eines PAL-Fernsehbildes zu übertragen seien (Merkmale 1.1, 3a) und von einem verbesserten 16:9-Empfänger ausgewertet werden könnten (Merkmal 2). Mit dem Vorschlag, die Signal-Zusatzinformationen an einem standardgemäß freien Platz der Bildzeile zu übertragen , werde dem Fachmann eine zum normalen PAL-Fernsehsignal kompatible Übertragungsmöglichkeit mitgeteilt (Merkmal 1). Die Signal-Zusatzinformation werde als Bit-Sequenz und somit als Datenpaket übertragen (Merkmal 4). Gemäß der Beschreibung der NK18 könne diese Bit-Sequenz eine Präambel aufweisen mit einem Trainingssignal für die Datensynchronisation zur phasenrichtigen Rückgewinnung im Empfangsgerät (Merkmal 4.2). Weiterhin enthalte die Präambel eine Sequenz zur präzisen Lokalisierung des ersten Datenbits im PALplus-Steuersignal, die damit der Adressierung und der selektiven Erfassung der Nutzinfomationsdaten diene (Merkmal 4.3). Daraus ergebe sich ein Datenpaket mit Einlauf-, Start- und Nutzinformationsdaten (Merkmal 4.1).
17
Mit der übertragenen Signalart-Zusatzinformation erhalte das Empfangsgerät Informationen über Fernsehsignalarten (Merkmal 5), wie über das Bildformat (4:3 oder 16:9), womit das Empfangsgerät ein Standard-PAL-Signal im Bildformat 4:3 erkennen könne (Merkmal 5.1). Weiterhin werde im Falle des Letterbox-Signals die Zusatzinformation übertragen, ob die bei einem 16:9Format mitübertragenen "schwarzen" Letterbox-Balken Videoinformationen enthielten. Der Fachmann erkenne, dass damit auch angezeigt werde, wenn dies nicht der Fall sei, die Zeilen der schwarzen Balken mithin keine Videoinformationen enthielten. Folglich kennzeichne diese Signalart-Zusatzinformation unmittelbar auch ein Letterbox-Signal ohne Bild-Zusatzinformationen (Merkmal 5.2).
18
III. Dies hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren stand.
19
1. Im Ergebnis zu Recht weist das Patentgericht dem Streitpatent den Zeitrang seiner Anmeldung vom 9. April 1992 zu. Das Streitpatent kann die Priorität der deutschen Voranmeldung (NK4) vom 18. April 1991 nicht in Anspruch nehmen.
20
a) Gemäß Art. 87 Abs. 1 EPÜ kann die Priorität einer früheren Anmeldung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn diese dieselbe Erfindung betrifft. Dies setzt voraus, dass die mit der späteren Anmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der früheren Anmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörend offenbart ist (BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 391 - Luftverteiler). Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00, GRUR 2004, 133, 135 - Elektronische Funktionseinheit; Urteil vom 14. August 2012 - X ZR 3/10, GRUR 2012, 1133 Rn. 30 - UV-unempfindliche Druckplatte).
21
b) Jedenfalls Merkmal 5.2 ist in dem Prioritätsdokument NK4 nicht unmittelbar und eindeutig offenbart.
22
Die Übertragung einer Signalart-Zusatzinformation für das Senden von Letterbox-Signalen ohne (Video-)Zusatzinformationen in den Zeilen der "schwarzen Balken" wird in der NK4 nicht ausdrücklich erwähnt. Der Fach- mann, den das Patentgericht zutreffend als einen Diplomingenieur der Nachrichtentechnik mit Hochschulausbildung sowie besonderen Erfahrungen und Kenntnissen in der Fernsehübertragungstechnik einschließlich der dabei zu berücksichtigenden Standardisierungsvorschriften definiert hat, vermag dieses Merkmal auch nicht der Gesamtheit der in der NK4 offenbarten Informationen und Hinweise zu entnehmen.
23
Soweit die NK4 zum Stand der Technik ausführt, zumindest in einer Übergangszeit würden auf einem vorhandenen Fernsehkanal sowohl herkömmliche als auch "Letterbox"-Signale übertragen, weshalb jeder Signaltyp durch eine geeignete Kennung identifizierbar sein müsse (Sp. 1 Z. 16 bis 20), entnimmt der Fachmann daraus die Anregung, solche Kennungen zu generieren. Im Sinne einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung liest der Fachmann dabei jedoch nur Kennungen für Bildformate und Übertragungsmodi mit, deren Übertragung damals bereits als Standard etabliert oder formuliert war. Das Generieren von noch nicht als Standard etablierten Kennungen für andere Übertragungsformen bedarf nicht zuletzt hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit einer weiteren Überlegung des Fachmanns. Da das Senden einer Kennung für die Übertragung von 16:9-Bildformaten ohne Videozusatzinformationen in den Zeilen der schwarzen Balken zum Zeitpunkt der Anmeldung der NK4 weder zum PALStandard noch zum PALplus-Standard gehörte, zählt diese Kennung nicht zu denjenigen, die von der NK4 offenbart werden.
24
Patentanspruch 1 geht in der von der Beklagten im Berufungsverfahren verteidigten Fassung somit über den Offenbarungsgehalt der NK4 hinaus und kann die Priorität nicht in Anspruch nehmen. Inwieweit auch die weiteren vom Patentgericht angeführten Gründe einer Inanspruchnahme der Priorität entgegenstehen , kann offen bleiben.
25
2. Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung nicht neu ist. Die NK18 offenbart diesen Gegenstand mit einem früheren Zeitrang.
26
a) Der NK18 kommt gemäß Art. 89 EPÜ der von ihr in Anspruch genommene Zeitrang der NK19 zu.
27
aa) Beide Druckschriften stimmen weitestgehend überein. Insbesondere was die vom Patentgericht herangezogenen Beschreibungen anbelangt, aus denen das Patentgericht die Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Streitpatents abgeleitet hat, sind der Wortlaut der NK18 und der Wortlaut der NK19 praktisch identisch. In beiden Druckschriften wird, wie auch die Beklagte zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat, dieselbe Erfindung offenbart.
28
bb) Der Inanspruchnahme der Priorität steht nicht entgegen, dass Teile des Offenbarungsgehalts der NK18 nicht in den in der NK19 formulierten Ansprüchen enthalten sind. Für die Priorität reicht es gemäß Art. 88 Abs. 4 EPÜ aus, dass entsprechende Ausführungen in der Beschreibung der NK19 enthalten sind, denn maßgeblich ist der gesamte Inhalt der Voranmeldung.
29
cc) Die ältere Anmeldung ist zu einem Zeitpunkt veröffentlicht worden, zu dem sie noch anhängig war. Damit ist sie für die Neuheitsprüfung gemäß Art. 54 Abs. 3 EPÜ zu berücksichtigen, auch wenn die Anmeldung seit 1996 wegen Nichtzahlung einer Jahresgebühr als zurückgenommen gilt. Eine ältere Anmeldung ist wegen ihrer Rücknahme, Zurückweisung oder Erledigung durch Nichtzahlung der Jahresgebühr nur dann nicht mit ihrem Prioritätstag zu berücksichtigen , wenn sie infolgedessen zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht mehr anhängig war (vgl. Benkard/Mellulis, EPÜ, 2. Aufl., Art. 54 Rn. 201a; Benkard /Mellulis, PatG, 10. Aufl., § 3 Rn. 74c; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 3 Rn. 147; Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 3 PatG/Art. 54 EPÜ Rn. 78; Singer/Stauder/Heusler, EPÜ, Art. 54 Rn. 114; BPatGE 33, 171, 173 f.; siehe auch EPA-JBK vom 9. Dezember 1981 - J 05/81, ABl. 1982, 155, 157). Wird die Anmeldung nach ihrer Veröffentlichung zurückgenommen, fällt damit zwar auch die Möglichkeit einer Doppelpatentierung weg. Dies rechtfertigt aber kein einschränkendes Verständnis des Art. 54 Abs. 3 EPÜ, der kein Doppelpatentierungsverbot formuliert, sondern zum Stand der Technik den - gesamten - Inhalt einer älteren nachveröffentlichten europäischen Patentanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zählt. Schon die Entscheidung des Europäischen Patentübereinkommens für die Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Anmeldung ("whole content approach") und gegen die vom Straßburger Übereinkommen in Art. 4 Abs. 3 und Art. 6 eröffnete Möglichkeit, auf die Ansprüche der früheren Anmeldung abzustellen ("prior claim approach"), macht deutlich, dass die (umfassende) Berücksichtigung älterer Anmeldungen bei dem für die Neuheitsprüfung maßgeblichen Stand der Technik nicht nur dazu bestimmt ist, einer Doppelpatentierung vorzubeugen. Sie soll auch den Erstanmelder vor einer Einschränkung seiner wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit durch die Erteilung eines Patents auf die von ihm offenbarte Erfindung aufgrund einer späteren Anmeldung eines Dritten schützen (vgl. zu § 3 Abs. 2 PatG: BTDrucks. 7/3712 S. 29 li. Sp.). Dieser Schutzzweck verliert nicht an Bedeutung, wenn der ältere Anmelder sich nach der Veröffentlichung seiner Anmeldung entscheidet, die Anmeldung zurückzunehmen und damit die Erfindung für die Allgemeinheit freizugeben, deren technisches Wissen durch die erneute Offenbarung einer ihr bereits zur Verfügung stehenden technischen Lehre nicht bereichert wird.
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b) Die NK18 betrifft ein erweitertes Fernsehsignal mit Steuerdaten zum Steuern eines erweiterten Fernsehdecoders.
31
aa) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, offenbart die NK18 die Merkmale 1 bis 5.1 (ohne das alternative Merkmal 3b). Dies wird von der Berufung auch nicht in Frage gestellt.
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bb) Für das verbleibende Merkmal 5.2 gilt nichts anderes.
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Die Beschreibung der NK18 offenbart weiterhin: "In the PALplus system, some control bits have to be transferred from the transmitter to the receiver, which indicate important system parameters such as, for example the aspect ratio (4:3 or 16:9), … , whether the video signal is a PALplus signal or a standard PAL signal, whether the "black bars", which result when a 16:9 aspect ratio picture is transmitted within a 4:3 aspect ratio picture, contain video information to increase the vertical resolution …" (Sp. 3 Z. 21 - 33).
34
Dem ist unmittelbar und eindeutig zu entnehmen, dass in dem offenbarten Übertragungssystem Steuerbits vorgesehen sein können, die nicht nur unterscheiden , ob es sich bei dem übertragenen Signal um ein PALplus-Signal oder ein Standard-PAL-Signal handelt. Für Letzteres bedürfte es - wie dem Fachmann offensichtlich ist - nur einer der drei genannten, in den Steuerbits codierten Informationen.
35
Eine offenbarte Lehre ist aus fachmännischer Sicht grundsätzlich als ein sinnvolles Ganzes zu verstehen; ihre Aussagen sollen weder zu einem widersprüchlichen noch zu einem sinnlosen Bedeutungsgehalt führen (vgl. BGH Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, GRUR 2015, 875 Rn. 16 - Rotorelemente). Die beiden anderen mit Steuerbits codierten Informationen zum Bildseitenverhältnis und zu den Videozusatzinformation in den Zeilen der schwarzen Balken ergeben nur einen Sinn, wenn hiermit auch Modi ermöglicht werden, die weder vollständig dem Standard-PAL-Signal mit einem Bild im Bildverhältnis 4:3 noch vollständig dem PALplus-Signal mit einem Bild im Bildverhältnis 16:9 und Videozusatzinformationen in den Zeilen der schwarzen Balken entsprechen. Daraus ergibt sich für die dritte in den Steuerbits codierte Information, dass mit den beiden möglichen Werten "0" und "1", die ein Steuerbit annehmen kann, angezeigt wird, ob bei einem 16:9-Bild in einer 4:3-Bildübertragung die Zeilen in den schwarzen Balken Videozusatzinformationen enthalten oder nicht.
36
Soweit die Beklagte meint, die Lehre der NK18 bleibe an der erörterten Stelle entsprechend den zitierten einleitenden Worten "In the PALplus system" diesem System verhaftet und stehe einem Verständnis entgegen, das aus diesem System herausführe, entspricht dies nicht dem Bedeutungsgehalt der Offenbarung. Die dritte Information bezieht sich ausdrücklich auf den Fall, dass ein 16:9-Bild mit schwarzen Balken in einem 4:3-Bildformat übertragen wird. Für diesen Fall soll die Information gegeben werden, ob in den Zeilen der schwarzen Balken Videozusatzinformationen enthalten sind. Die Information wäre für diesen Fall bedeutungs- und sinnlos, wenn damit nicht auch das Gegenteil angezeigt werden können soll, also ein 16:9-Bild mit schwarzen Balken in einem 4:3-Bildformat ohne Videozusatzinformationen. Denn sonst wäre das Steuerbit für diese Information bei einer PALplus-Übertragung immer auf "1" für "ja" zu setzen, während bei einer Standard-PAL-Übertragung das Steuerbit auf "0" zu setzen und dieser letztere Fall im Übrigen vom Empfänger nicht auszuwerten wäre. Das Steuerbit wäre damit synchron zum Steuerbit der zweiten Information (PALplus oder Standard-PAL) und redundant. Ebenso wäre auch die erste in den Steuerbits codierte Information (4:3- oder 16:9-Format) synchron und redundant zur zweiten Information, wenn ein 16:9-Bild immer nur im PALplusFormat übertragen würde. Da für eine solche Redundanz kein Sinn ersichtlich ist, zeigt die Aufzählung der drei oben dargestellten, in Steuerbits codierten Informationen dem Fachmann, dass mit diesen Informationen Fernsehbildübertragungsmodi gekennzeichnet werden können, die weder einem 4:3-StandardPAL -Bild noch einem 16:9-PALplus-Bild vollständig entsprechen. Dazu gehört, dass mit den Steuerbits auch die Verneinung der dritten Information signalisiert werden soll, mithin der Umstand, dass die schwarzen Balken bei einem 16:9Bild in einem 4:3-Übertragungsformat keine Videozusatzinformationen enthalten (Merkmal 5.2).
37
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 ZPO. Meier-Beck Gröning Grabinski Hoffmann Kober-Dehm
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 03.07.2013 - 5 Ni 19/12 (EP) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d
Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13 zitiert 7 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

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(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Patentgesetz - PatG | § 3


(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung od

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2015 - X ZR 113/13 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Aug. 2012 - X ZR 3/10

bei uns veröffentlicht am 14.08.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 3/10 Verkündet am: 14. August 2012 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2001 - X ZR 168/98

bei uns veröffentlicht am 11.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 168/98 Verkündet am: 11. September 2001 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Okt. 2003 - X ZR 4/00

bei uns veröffentlicht am 14.10.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 4/00 Verkündet am: 14. Oktober 2003 Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Mai 2015 - X ZR 43/13

bei uns veröffentlicht am 12.05.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 168/98 Verkündet am:
11. September 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Luftverteiler
EPÜ Art. 87, 88; PVÜ Art. 4
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft nur dann im Sinne
des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung, wenn
die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombinati-
on dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten
Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein
und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander
kombiniert werden (im Anschluß an die Stellungnahme G 2/98 der Großen Beschwerdekammer
des Europäischen Patentamts).
BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und
die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats ) des Bundespatentgerichts vom 10. März 1998 abgeändert : Das europäische Patent 359 698 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig erklärt, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des deutschen Teils des am 27. April 1989 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Gebrauchsmusteranmeldung 88 07 929 vom 20. Juni 1988 angemeldeten europäischen Patents 359 698 (Streitpatents). Anspruch 1 des Streitpatents, das am 22. Dezember 1993 veröffentlicht worden ist, lautet:
"Gasverteiler, insbesondere Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser, mit
- einem festen, platten Grundelement (1);
- einer über dem Grundelement (1) angeordneten Membrane (2) (= gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteiler-Folie oder -Platte);
- einer Verbindungsvorrichtung (4) zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen der Grundelemente (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des

2

Grundelements (1) satt aufliegt;
- über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, angeordneten , niederhaltenden im wesentlichen stegförmigen
Elementen, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gas-, insbesondere Luft- und/oder O -Zufuhr verhindern;

2


- wobei die Verbindungsvorrichtung (4) wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2) umfaût , in welchem die Membrane (2) entweder einen Randbereich des plattenartigen Grundelements (1) umgreift oder etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des plattenartigen Grundelements (1) einliegt sowie ein KlemmsitzProfildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19', 20') vorgesehen ist, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt."
Wegen des Wortlauts der weiteren, unmittelbar oder mittelbar auf diesen Anspruch rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung zeigen die nachstehend wiedergegebenen Figuren 12 und 13 der Streitpatentschrift.
Fig. 12
Fig. 13
Mit der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, das Streitpatent beruhe gegenüber dem Stand der Technik vor dem Prioritätstag sowie gegenüber dem Gebrauchsmuster 88 07 929, dessen Priorität es nicht in Anspruch nehmen könne, nicht auf erfinderischer Tätigkeit und sei durch eine offenkundige Vorbenutzung im Prioritätsintervall vorweggenommen. Sie hat beantragt ,
das Streitpatent dadurch teilweise für nichtig zu erklären, daû Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung und in den Patentansprüchen 2, 6, 7, 25 und 30 die Rückbeziehung auf Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung entfalle.
Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen; sein Urteil ist in Mitt. 1998, 430 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie sinngemäû beantragt,
das Streitpatent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 7 und 10 und weiterhin insoweit für nichtig zu erklären, als die Patentansprüche 16 bis 19, 21 bis 26 und 30 unmittelbar und/oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 bis 7 und 10 rückbezogen sind.
Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Dipl.-Ing. B. B., K., ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung ist begründet. Das Streitpatent erweist sich in dem mit der Nichtigkeitsklage angegriffenen Umfang als nicht patentfähig und ist daher insoweit für nichtig zu erklären (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).
I. Das Streitpatent betrifft einen Gasverteiler, insbesondere einen Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser. Wie sich aus dem Zusammenhang der Beschreibung ergibt, geht die Erfindung, die auf einen Gasverteiler "mit den Merkmalen des" (tatsächlich einteilig aufgebauten) "Oberbegriffs des Patentanspruchs 1" Bezug nimmt, von einem Gasverteiler aus, der ein festes , plattenartiges Grundelement aufweist, über dem eine gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte als Membrane angeordnet ist. Zur lösbaren, gasdichten Verbindung von Randbereichen der Membrane mit entsprechenden Randbereichen des Grundelements dient eine vom Streitpatent näher ausgestaltete Verbindungsvorrichtung. Die Membrane liegt bei fehlender Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements satt auf. Bei Gaszufuhr verhindern über der Membrane, insbesondere auf deren Oberfläche , angeordnete, im wesentlichen stegförmige niederhaltende Elemente ein Aufwölben der Membrane.
Einen solchen Gasverteiler beschreibt die in der Streitpatentschrift genannte europäische Patentanmeldung 171 452, wobei die Membrane an ihren Rändern mittels Randleisten derart mit dem Grundelement verbunden wird, daû die Randleisten mit der unter ihnen liegenden Membrane und dem Grun-
delement verschraubt oder vernietet werden. Alternativ erwähnt die Vorveröffentlichung eine Verbindung durch Klammern, die in Abständen den Rand des Grundelements mit der darüber angeordneten Randleiste und dem dazwischen liegenden Randbereich der Membrane umgreifen und gegebenenfalls zusätzlich mit dem Grundelement verschraubt oder vernietet sein können.
Als nachteilig sieht die Streitpatentschrift an, daû die Verbindung zwischen Grundelement, Membrane und als Dichtung dienender Randleiste verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig sei.
Daraus ergibt sich das technische Problem, einen Gasverteiler mit einer zuverlässig gasdichten Verbindungsvorrichtung zu schaffen, die kostengünstig herzustellen ist und eine einfache Montage sowie Demontage beim Austausch der Membran gestattet.
Die Lösung des Streitpatents besteht aus einem Gasverteiler mit folgenden Merkmalen:
1. Der Gasverteiler weist auf
1.1 ein festes, plattenartiges Grundelement (1),
1.2 eine über dem Grundelement (1) als Membrane angeordnete gummielastische, gelochte Gas- oder Luftverteilerfolie oder –platte.
2. Eine Verbindungsvorrichtung (4) dient zum lösbaren, gasdichten Verbinden von Randbereichen der Membrane (2) mit entsprechenden Randbereichen des Grundelementes (1), derart, daû die Membrane (2) bei fehlender oder geringer Gaszufuhr auf wenigstens einer Oberfläche des Grundelements (1) satt aufliegt.
3. Die Verbindungsvorrichtung (4)
3.1 umfaût wenigstens einen mindestens U-förmigen Umschlingungsbereich der Membrane (2), in welchem diese
3.1.1 entweder einen Randbereich des Grundelements (1) umgreift oder
3.1.2 etwa U-förmig in einer nutartigen Ausnehmung (3; 13) des Grundelements (1) einliegt,
3.2 weist ein Klemmsitz-Profildichtungselement (9, 10; 14, 15; 19, 20; 19©, 20©) auf, welches spätestens im Betriebszustand mindestens zwei linienförmige Klemmungen der Membrane (2) in sich im wesentlichen gegenüberliegenden Klemmungsbereichen des Umschlingungsbereichs bewirkt.
4. Über der Membrane (2), insbesondere auf deren Oberfläche, sind niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente
angeordnet, die ein Aufwölben der Membrane (2) bei Gaszufuhr verhindern.
II. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt worden ist (Art. 52 Abs. 1, 56 EPÜ). Es kann daher dahinstehen, ob ihm gegenüber einem nach der Behauptung der Klägerin offenkundig vorbenutzten Gasverteiler bereits die Neuheit fehlt.
Für den angesprochenen Fachmann, als der ein auf dem Gebiet der Belüftungseinrichtungen tätiger Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, aber auch, wie der Sachverständige ausgeführt hat, ein erfahrener Techniker in Betracht kommt, der sich aufgrund seiner Kenntnis vorhandener Bauformen mit herstellungs- und montagetechnischen Problemen dieser Vorrichtungen beschäftigt , ergab sich die Erfindung in naheliegender Weise aus einer Kombination der in dem Gebrauchsmuster 88 07 929 und in der europäischen Patentanmeldung 171 452 beschriebenen Gasverteiler.
1. Das Gebrauchsmuster, das am 18. August 1988 eingetragen worden ist, ist als Stand der Technik zu berücksichtigen, da die Priorität der betreffenden Anmeldung vom Streitpatent nicht wirksam in Anspruch genommen worden ist.

a) Der in Anspruch 1 des Streitpatents mit den Merkmalsgruppen 1 bis 4 umschriebene Gegenstand ist, wie bereits das Bundespatentgericht zutreffend angenommen hat, in der Gebrauchsmusteranmeldung nicht als zur angemeldeten Erfindung gehörig offenbart. In diesem Sinne offenbart ist dort
vielmehr nur ein Gasverteiler mit den Merkmalen 1 bis 3, nicht hingegen ein solcher, bei dem auûerdem über der Membrane niederhaltende, im wesentlichen stegförmige Elemente angeordnet sind, die ein Aufwölben der Membrane bei Gaszufuhr verhindern.
Die Beschreibung des Gebrauchsmusters erläutert, ein Luftverteiler zum feinblasigen Belüften von Wasser sei bereits aus der europäischen Patentanmeldung 171 452 bekannt, wobei dieser Luftverteiler eine über einer festen Platte angeordnete, gelochte Luftverteilerfolie aufweise, die an ihren Rändern mittels Randleisten dicht mit der festen Platte verbunden sei, und wobei ferner über der Luftverteilerfolie Stegleisten angeordnet seien, welche direkt mit der festen Platte verbunden seien. Zum gasdichten Verbinden der Luftverteilerfolie an ihren Rändern mit der festen Platte seien die als Dichtungselemente fungierenden Randleisten erforderlich, wobei die Verbindung zwischen diesen Randleisten, der Luftverteilerfolie und gegebenenfalls auch der Stegleisten mit der festen Platte durch selbstschneidende Schrauben oder durch Nieten erfolge , unter Umständen aber auch dadurch, daû Klammern vorgesehen seien, welche in Abständen den Rand der festen Platte mit der zugehörigen Randleiste und dem dazwischenliegenden Randbereich der Luftverteilerfolie umgriffen (S. 2 Z. 7 - 19). Die in der europäischen Patentanmeldung vorgesehene Verbindung zwischen fester Platte, Luftverteilerfolie und Randleisten wird als verhältnismäûig material-, herstellungs- und montageaufwendig bezeichnet (S. 2 Z. 27 - S. 3 Z. 4) und hieraus die Aufgabe abgeleitet, eine Verbindungsvorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Schutzanspruchs 1 zu schaffen und diese so auszubilden, daû sie bei sehr guter gasabdichtender Funktion verhältnismäûig geringen Konstruktions- und Fertigungsaufwand erfordert und Montage
bzw. Demontage sowie Wartung rasch und einfach erfolgen können (S. 3 Z. 9 - 19). Das soll dadurch erreicht werden, daû die Verbindungsvorrichtung aus wenigstens einem Klemmsitz-Profildichtungselement pro Randbereich besteht, dessen Profilform in der Weise ausgebildet ist, daû sich eine sowohl festklemmende als auch abdichtende Verbindung zwischen dem jeweiligen Randbereich der Luftverteilerfolie und dem zugeordneten Randbereich der festen Platte ergibt.
Stegleisten, die wie bei dem Gasverteiler nach der europäischen Patentanmeldung über der Luftverteilerfolie angeordnet wären oder angeordnet werden könnten, werden in der weiteren Beschreibung der Erfindung nicht erwähnt und sind auch in den Zeichnungen nicht dargestellt. Eine ausdrückliche Offenbarung, daû der erfindungsgemäûe Luftverteiler mit solchen Leisten versehen werden könne, fehlt daher. Daran ändert auch ihre Erwähnung in der Einleitung der Beschreibung nichts, da sie sich allein auf den vorbekannten Luftverteiler bezieht. In den im übrigen nach der europäischen Patentanmeldung gebildeten Gattungsbegriff des Schutzanspruchs sind die Stegleisten gerade nicht aufgenommen worden; die Erörterung ihrer Verbindung mit der festen Platte erfolgt vielmehr im Zusammenhang mit der Erörterung der als nachteilig angesehenen und vom Gebrauchsmuster zu verbessernden Randverbindungsvorrichtung des Standes der Technik (S. 2 Z. 7 - 19).
Der Fachmann entnimmt den Gebrauchsmusterunterlagen auch nicht als selbstverständlich die Möglichkeit, den zum Gebrauchsmusterschutz angemeldeten Luftverteiler mit Stegleisten zu versehen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist allerdings über das Beschriebene hinaus durch eine zum Stand der Technik gehörende Schrift i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG und des Art. 54 Abs. 2
EPÜ alles als offenbart und damit als vorweggenommen anzusehen, was für den Fachmann als selbstverständlich oder nahezu unerläûlich zu ergänzen ist oder was er bei aufmerksamer Lektüre der Schrift ohne weiteres erkennt und in Gedanken gleich mitliest (BGHZ 128, 270, 276 f. - elektrische Steckverbindung ; Sen.Urt. v. 30.9.1999 - X ZR 168/96, GRUR 2000, 296, 297 - Schmierfettzusammensetzung ). Das gilt auch für die Ermittlung des Inhalts einer für die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts oder die Prüfung einer unzulässigen Erweiterung maûgeblichen ursprünglichen Anmeldung mit der Maûgabe, daû es darauf ankommt, ob der mit durchschnittlichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestattete Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik eine solche selbstverständliche Ergänzung der Anmeldung als zur angemeldeten Erfindung gehörend entnehmen kann. Denn eine Lehre zum technischen Handeln geht über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, wenn die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen nicht erkennen läût, daû sie als Gegenstand von dem mit der Anmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein soll (Sen.Urt. v. 21.9.1993 - X ZR 50/91, Mitt. 1996, 204, 206 - Spielfahrbahn ; Sen.Beschl. v. 20.6.2000 - X ZB 5/99, GRUR 2000, 1015, 1016 - Verglasungsdichtung; v. 5.10.2000 - X ZR 184/98, GRUR 2001, 140, 141 - Zeittelegramm). Daû indessen Gasverteiler mit Stegleisten nach dem Vorbild der europäischen Patentanmeldung 171 452 von dem mit der Gebrauchsmusteranmeldung verfolgten Schutzbegehren umfaût sein sollten, ist den Unterlagen dieser Anmeldung nicht zu entnehmen.
Die Anmeldung befaût sich nämlich nur mit der Randverbindung zwischen Folie und fester Platte, auf die auch sämtliche Schutzansprüche gerichtet sind, und nimmt die Oberseite der Folie und dort etwa anzubringende Stegleisten nicht in den Blick. Erwähnt ist lediglich, daû sich im Falle zuneh-
mender Zugbeanspruchung der erfindungsgemäûen Klemmverbindung beispielsweise aufgrund der sich aufwölbenden elastischen Folie bei zunehmendem Gasdruck die Klemmwirkung sogar noch in vorteilhafter Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Das ist jedenfalls kein die Anbringung von Stegleisten erfordernder Effekt. Denn wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, ging der Fachmann im Prioritätszeitpunkt nicht etwa als selbstverständlich davon aus, bei Gasverteilern der gattungsgemäûen Art eine übermäûige Aufwölbung durch Stegleisten verhindern zu müssen. Vielmehr stand ihm die Möglichkeit zu Gebote, je nach Gröûe der in Richtung der Aufwölbung wirkenden Kraft die Klemmverbindung entsprechend stärker auszubilden. Die angemeldete Erfindung umfaûte somit die Ausstattung des Gasverteilers mit Stegleisten nicht.

b) Danach ist die wirksame Inanspruchnahme der Priorität des Gebrauchsmusters für das Streitpatent nach Art. 87 Abs. 1 EPÜ nicht möglich, da das Streitpatent nicht dieselbe Erfindung betrifft wie die Gebrauchsmusteranmeldung.
Der Senat schlieût sich der Stellungnahme vom 31. Mai 2001 (G 2/98) an, in der die Groûe Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts das Erfordernis derselben Erfindung i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EPÜ dahin ausgelegt hat, daû die Priorität einer früheren Anmeldung für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäû Art. 88 EPÜ nur dann anzuerkennen ist, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Maûgeblich dafür sind folgende Erwägungen:
Nach Art. 4 F PVÜ, gegenüber deren Prioritätsgrundsätzen das EPÜ den Anmelder nicht schlechter stellen darf (Sen., BGHZ 82, 88, 97 - Roll- und Wippbrett), kann zwar die Anerkennung einer Priorität nicht deswegen verweigert werden, weil eine Patentanmeldung ein oder mehrere Merkmale (französische Fassung: éléments; englische Fassung: elements) enthält, die in der Anmeldung , deren Priorität beansprucht wird, nicht enthalten waren, sofern Erfindungseinheit im Sinne des Landesgesetzes vorliegt. Ein élément im Sinne des Art. 4 F PVÜ ist jedoch nicht im Sinne eines Anspruchsmerkmals zu verstehen, sondern meint einen Erfindungsgegenstand, der explizit oder implizit in den Ursprungsunterlagen offenbart ist, aber nach Art. 4 H PVÜ nicht notwendigerweise in einem Anspruch definiert sein muû. Das stimmt mit der Schranke der Einheitlichkeit überein, die Art. 4 F PVÜ der Zusammenfassung mehrerer éléments in einer Nachanmeldung setzt, und entspricht dem verfahrensrechtlichen Zweck der Vorschrift, dem Anmelder eine Mehrzahl von Nachanmeldungen im Ausland zu ersparen (vgl. Lins, Das Prioritätsrecht für inhaltlich geänderte Nachmeldungen, S. 27). Eine Auslegung des Begriffs derselben Erfindung in Art. 87 Abs. 1 EPÜ, die diesen mit dem Begriff desselben Gegenstandes in Art. 87 Abs. 4 EPÜ gleichsetzt, steht danach nicht in Widerspruch zur PVÜ.
Allerdings bestimmt Art. 88 Abs. 2 Satz 2 EPÜ, daû für einen Anspruch mehrere Prioritäten in Anspruch genommen werden können. Nach der Entstehungsgeschichte der Vorschrift war jedoch, wie in der Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer dargelegt, nicht beabsichtigt, für Teile ein und desselben Patentanspruchs unterschiedliche Prioritäten zuzulassen. Vielmehr sollte lediglich der Fall geregelt werden, daû alternative Ausführungsformen
einer Erfindung ("Oder-Ansprüche") jeweils in unterschiedlichen Voranmeldungen offenbart sind.
Der - auch für die Stellungnahme der Groûen Beschwerdekammer - entscheidende Gesichtspunkt liegt schlieûlich in der Wirkung des Prioritätsrechts nach Art. 89 EPÜ, die darin besteht, daû der Prioritätstag für die Anwendung des Art. 54 Abs. 2, 3 sowie des Art. 60 Abs. 2 als Tag der europäischen Patentanmeldung gilt. Es wäre eine sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders, wenn diese Wirkung auch bei einer Weiterentwicklung der Erfindung (durch Hinzufügung eines weiteren Merkmals bei der Nachanmeldung ) dem Gegenstand der Nachanmeldung in seiner Gesamtheit zugebilligt würde. Das widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Anmeldern und Dritten durch einen einheitlichen Offenbarungsbegriff ebenso wie dem Zweck des Art. 54 Abs. 3 EPÜ, im Falle zweier europäischer Anmeldungen , die auf denselben Gegenstand gerichtet sind, das Recht auf das Patent (nur) demjenigen Anmelder zu geben, der den beanspruchten Gegenstand in seiner Gesamtheit zuerst offenbart hat.
Eine solche sachlich ungerechtfertigte Begünstigung des Nachanmelders lieûe sich jedoch allenfalls dann vermeiden, wenn es möglich wäre, hinsichtlich bei der Nachanmeldung hinzugefügten Merkmalen danach zu unterscheiden , ob sie Funktion und Wirkung der Erfindung (im Sinne des technischen Sinngehalts der ursprünglich offenbarten Merkmalskombination) beeinflussen oder nicht. Dafür stehen jedoch praktisch brauchbare Kriterien nicht zur Verfügung. Die von den Technischen Beschwerdekammern zum Teil praktizierte Unterscheidung zwischen wesentlichen und nicht wesentlichen Zusatzmerkmalen hat die Groûe Beschwerdekammer zu Recht für aus Gründen der
Rechtssicherheit nicht angängig gehalten. Die vom Bundespatentgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretene Konzeption, in der der Nachanmeldung - nur im Umfang der in der Erstanmeldung offenbarten Merkmalskombination - deren Priorität zugebilligt wird, wenn die Nachanmeldung den ursprünglichen Erfindungsgedanken im Sinne einer weiteren Ausgestaltung ergänze, wie dies in der Regel die Merkmale eines echten Unteranspruchs täten, zwänge dazu, dem ursprünglichen Erfindungsgedanken eine Ausgestaltung zuzurechnen, die als solche in der Erstanmeldung gerade nicht offenbart ist, und damit zur Aufgabe des einheitlichen Begriffs der zum Patentschutz angemeldeten Erfindung, der diese allein aus der Anmeldung selbst danach bestimmt, was in ihr als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Ferner könnte die Abgrenzung zwischen einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der das Merkmal 4 die Merkmale 1 bis 3 lediglich ergänzt, und einer Merkmalskombination 1 bis 4, bei der auch die Merkmale 1 bis 3 im Rahmen der Gesamtkombination eine andere technische Bedeutung gewinnen, im Einzelfall Probleme bereiten, deren Inkaufnahme der Rechtssicherheit bei der Beurteilung der wirksamen Prioritätsinanspruchnahme abträglich wäre. Schlieûlich ergäbe sich die für den Anmelder gefährliche Konsequenz, daû ihm bei der Nachanmeldung der Gesamtkombination 1 bis 4 die Zubilligung des Prioritätsrechts für die Merkmalskombination 1 bis 3 nicht hülfe, wenn im Prioritätsintervall die Gesamtkombination 1 bis 4 von einem Dritten angemeldet oder - wie im Streitfall von der Klägerin behauptet - offenkundig würde, weil die Gesamtkombination lediglich die Priorität des Anmeldetages genösse (vgl. Sen., BGHZ 63, 150, 154 - Allopurinol; Lins/Gramm, GRUR Int. 1983, 634/635; v. Hellfeld, Mitt. 1997, 294, 296/297; Tönnies, GRUR Int. 1998, 451, 453). Insbesondere auf sich schnell entwikkelnden Gebieten der Technik wäre ein so verstandenes Prioritätsrecht daher
letztlich unzureichend (Joos, GRUR Int. 1998, 456, 459 f.) und geeignet, dem Anmelder die trügerische Sicherheit zu vermitteln, die Nachanmeldung der Erfindung in weiterentwickelter Form sei prioritätsunschädlich.
Ein Gegenstand einer europäischen Patentanmeldung betrifft hiernach nur dann im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EPÜ dieselbe Erfindung wie eine Voranmeldung , wenn die mit der europäischen Patentanmeldung beanspruchte Merkmalskombination dem Fachmann in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit als zu der angemeldeten Erfindung gehörig offenbart ist. Einzelmerkmale können nicht in ein und demselben Patentanspruch mit unterschiedlicher Priorität miteinander kombiniert werden.
Für den Streitfall folgt hieraus, daû für das Streitpatent, zu dessen Gegenstand nach sämtlichen Patentansprüchen zwingend das Merkmal 4 gehört, die Priorität des Gebrauchsmusters 88 07 929 nicht in Anspruch genommen werden kann, das dieses Merkmal nicht als zur Erfindung gehörig offenbart.
2. Für den Fachmann, der sich Gedanken über die zweckmäûige Ausbildung eines Luftverteilers machte, wie er im Gebrauchsmuster 88 07 929 beschrieben ist, lag es ohne weiteres nahe, diesen mit Stegleisten zu versehen , wie sie die europäische Patentanmeldung 171 452 zeigt.
Sie dienen bei dem Luftverteiler nach der europäischen Patentanmeldung , wie dort auf S. 4 Z. 31 - 34 beschrieben, dazu, ein Aufwölben der gelochten Luftverteilerfolie bei Luftzufuhr zu verhindern. In dem Gebrauchsmuster ist zwar, wie erwähnt, die Aufwölbung als vorteilhaft beschrieben, weil sie die erwünschte Klemmwirkung der Randverbindungsvorrichtung in vorteilhafter
Weise verstärke (S. 4 Z. 19 - 25). Ein Aufwölben der Folie findet jedoch stets statt, sei es hinsichtlich der Folie insgesamt, sei es hinsichtlich ihrer von den Stegleisten eingefaûten Teile, so daû der Hinweis im Gebrauchsmuster auf den hierin zu sehenden Vorteil den Fachmann, wie der Sachverständige bestätigt hat, nicht von dem Einsatz von Stegleisten abhielt. Vielmehr erschien es dem Fachmann, wie der Sachverständige zur Überzeugung des Senats ausgeführt hat, am Anmeldetag gleichermaûen möglich, je nach Zweckmäûigkeit und Auslegung der Klemmkraft des Profildichtungselements den Luftverteiler so zu bauen, daû sich eine gröûere (ohne Stegleisten) oder kleinere Aufwölbung (mit Stegleisten) ergab. Mit der Wahl der zweiten Alternative gelangte er zum Gegenstand des Streitpatents.
III. Die weiterhin angegriffenen Unteransprüche des Streitpatents enthalten handwerkliche Ausgestaltungen der Lehre des Anspruchs 1 und können die Patentfähigkeit des Streitpatents gleichfalls nicht begründen. Der Beklagte hat hierfür auch nichts geltend gemacht.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 110 Abs. 3 Satz 2 PatG in der nach Art. 29 2. PatGÄndG weiter anwendbaren Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1980 i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Rogge Jestaedt Melullis Scharen Meier-Beck

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 4/00 Verkündet am:
14. Oktober 2003
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elektronische Funktionseinheit
EPÜ Art. 87, 88
Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung
gemäß Art. 88 EPÜ kann nur dann in Anspruch
genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Patentanspruchs
unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens
unmittelbar und eindeutig der früheren Anmeldung als
Ganzes entnehmen kann; es muß sich um dieselbe Erfindung
handeln. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung
gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung.
BGH, Urt. v. 14. Oktober 2003 - X ZR 4/00 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 22. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens sowie den Richter
Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das am 22. Juli 1999 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert : Das europäische Patent 0 624 272 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält: "Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSBDC ) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgeräts in einen Energiesparzustand d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht umfassen, die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet sind, die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt, wobei die elektrische Funktionseinheit (PC) eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSG) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist." Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 4/5 und die Klägerin 1/5 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. Januar 1993 ange- meldeten und u.a. mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 624 272 (Streitpatents), für das die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, in Anspruch genommen worden sind. Das Streitpatent, das eine "elektrische Funktionseinheit mit in Energiesparzustände schaltbarem Röhrenbildschirmgerät" betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 593 00 827 geführt wird, umfaßt in der in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Fassung drei Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: "1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M) mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und mit aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand,
d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß
die genannten Mittel der Standardschnittstelle zugeordnet sind und Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen
und Auswerten der Nachricht umfassen, daß die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht in der elektrischen Funktionseinheit und zum Auswerten der Nachricht im Röhrenbildschirmgerät angeordnet sind und daß die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einem vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Er sei gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen vom 25. Januar 1993 in unzulässiger Weise erweitert; denn dort sei nur "mindestens ein erster Energiesparzustand", nicht aber "ein erster und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens ein zweiter Energiesparzustand" offenbart. Darüber hinaus sei der Gegenstand des Streitpatents gegenüber der PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) mit der Priorität vom 2. Dezember 1992 nicht neu, da die Beklagte die Prioritäten vom 31. Januar 1992 zu Unrecht in Anspruch genommen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
das europäische Patent 0 624 272 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Hilfsweise hat sie das Streitpatent mit vier Hilfsanträgen verteidigt.
Das Bundespatentgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage das europäische Patent 0 624 272 teilweise für nichtig erklärt und das Streitpatent in der Fassung des 4. Hilfsantrages der Beklagten neu formuliert. Dagegen wenden sich die Berufungen beider Parteien. Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Bundespatentgerichts die Nichtigkeitsklage mit der Maßgabe abzuweisen, daß das Wort "wenigstens" im Patentanspruch 1 entfällt.
Hilfsweise verteidigt sie Patentanspruch 1 des Streitpatents mit sechs zum Teil neuen Hilfsanträgen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
2. unter Abänderung des angefochtenen Urteils das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.
Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. techn. J. S.
, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat Gutachten des Prof. Dr.-Ing. N. F. , , und des Prof. Dr. H. M. , , vorgelegt.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Berufung der Klägerin hat zum Teil Erfolg. Sie führt unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur weiteren Teilnichtigerklärung des Streitpatents; hingegen ist das Rechtsmittel der Beklagten unbegründet (Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG).

I.


1. Das Streitpatent betrifft eine elektrische Funktionseinheit und ein Röhrenbildschirmgerät , das in Energiesparzustände geschaltet werden kann. Diese etwa in Form von Personalcomputer (PC) und Monitor (M) bekannten Geräte laufen an Arbeitsplätzen meist im Dauerbetrieb, obwohl sie häufig nur zu einem Bruchteil der Betriebszeit benutzt werden. Dabei verbraucht der Monitor unnötig Strom und erzeugt Wärme. Neben den vermeidbaren höheren Energiekosten verursacht die mit der Verlustleistung verbundene Wärmebildung eine be-
schleunigte Alterung des Monitors und seiner Bestandteile und verringert damit die Lebensdauer des Gerätes. Der nachteilige Energieverbrauch bei Nichtgebrauch läßt sich durch Abschalten des Geräts vermeiden. Ein völliges Abschalten bei kürzeren Nutzungspausen verbietet sich aber deshalb, weil das zu einem häufigen Ab- und Anschalten des Bildschirms führt, das dessen Bauteile wiederum altern läßt. Die genannten Nachteile können deutlich gemildert werden , wenn der Monitor während der Nutzungspausen lediglich in Zustände mit geringerem Energieverbrauch geschaltet wird.
Die Streitpatentschrift schildert einleitend Möglichkeiten, den Monitor bei längeren Ruhephasen in einen Energiesparzustand zu schalten (Sp. 1 Z. 16 bis 23). Danach ist bei fest miteinander verbundenen Geräten eine Steuerung der Energiesparzustände wegen der genauen gegenseitigen Abstimmung der Geräte problemlos möglich, weil z.B. die Synchronisierungssignale des Monitors abgeschaltet werden können. Die für diese Lösung erforderliche feste Verbindung schließt es - wie sich aus der Kritik der Streitpatentschrift am Stand der Technik ergibt - jedoch aus, Funktionseinheit und Monitor - wie insbesondere im Personalcomputerbereich üblich - frei auszuwählen; deren Kombination ist vielmehr durch die Funktion vorgegeben. Bei einer "offenen Anordnung", bei der Geräte unterschiedlicher Hersteller mit einer Standardschnittstelle betrieben werden, kann eine solche Steuerung in einen Energiesparzustand über die Standardschnittstelle nicht durchgeführt werden, weil nicht zur Anordnung gehörende Monitore ein nicht synchronisiertes Flimmerbild erzeugen würden (Sp. 1 Z. 24 ff.).
Nach den weiteren Ausführungen der Streitpatentschrift (Sp. 1 Z. 35 ff.) ist aus der europäischen Offenlegungsschrift 0 456 923 ein Bildschirmanzeigesystem mit einer Recheneinheit bekannt, das außer der üblichen Schnittstelle
für den Monitor eine zusätzliche serielle Schnittstelle für kodierte Signale zwischen Rechner und Monitor aufweist. Diese Druckschrift behandelt ebenso wie die amerikanische Patentschrift 5,059,961, bei der eine Dunkelschaltung des Bildschirms über ein Zeitüberwachungssystem bewirkt wird, nicht das Problem der Steuerung des Monitors in einen vorgegebenen Energiesparzustand. Der aus dem Abstract der japanischen Offenlegungsschrift 1 269 979 bekannte Monitor besitzt zwar eine Wartestellungsfunktion, wobei in einer Tastatursignalleitung eine Signalauswertungsschaltung vorgesehen ist, über die mittels eines Unterbrechungsschalters die Stromversorgung des Monitors abgeschaltet wird. Durch die Totalabschaltung bzw. die Aus- und Einschaltzyklen unterliegen die Bauteile des Monitors aber einem erheblichen Verschleiß. Zudem besteht bei Aufrechterhaltung der Röhrenheizung die Gefahr einer "Kathodenvergiftung". Aus dem deutschen Gebrauchsmuster 90 12 582 und der britischen Offenlegungsschrift 2 007 471 ist bekannt, zur Steuerung einer Wartestellungsfunktion des Bildschirms die Leitungsverbindungen, insbesondere die Videosignalleitung , einer Standardschnittstelle zum Betreiben des Monitors zu benutzen. Dabei ist nur eine Dunkelsteuerung der Bildröhre möglich, wodurch zwar ein Einbrennen der Bildröhreninnenfläche verhindert, jedoch wegen des ansonsten vollen Betriebszustandes keine Schonung der Bauteile durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung erreicht wird. Die deutsche Patentschrift 38 37 620 schließlich regelt die Dunkelschaltung des Bildschirms über einen Näherungsschalter , der die Steuerung einer Wartestellungsfunktion unabhängig von der eigentlichen Steuerung des Monitors ermöglicht, den vollen Betriebszustand aber beibehält, so daß auch hier keine Schonung der Bauteile durch Reduzierung der Leistung oder durch Abschaltung erreicht wird. 2. Daraus ergibt sich das dem Streitpatent in der erteilten Fassung zugrundeliegende technische Problem, mit einer elektrischen Funktionseinheit (PC) das über die Standardschnittstelle angeschlossene Röhrenbildschirmgerät
(M) (stufenweise) in einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten Energiesparzustand steuern (und später komplett abschalten) zu können.
3. Dies wird gemäß Patentanspruch 1 mit folgenden Merkmalen erreicht:
1. Elektrische Funktionseinheit (PC) und Röhrenbildschirmgerät (M)
1.1 mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle (SS) zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes mit für dessen grundlegende Funktion entsprechenden Signalen ausgehend von der elektrischen Funktionseinheit und 1.2 aufeinander abgestimmten Mitteln (VC, PSB-DC) zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand ; 2.1 die genannten Mittel sind der Standardschnittstelle zugeordnet und 2.2 umfassen Einrichtungselemente zum Erzeugen, Übertragen und Auswerten der Nachricht; 2.2.1 die Einrichtungselemente zum Erzeugen der Nachricht sind in der elektrischen Funktionseinheit angeordnet ,
2.2.2 die Einrichtungselemente zum Auswerten der Nach- richt sind im Röhrenbildschirmgerät angeordnet: 2.2.3 die Einrichtungselemente werden derart betrieben, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht erzeugt und ausgewertet wird, 2.2.3.1 wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt wenigstens einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt.
Nach der von der Beklagten im Berufungsverfahren mit Hauptantrag verteidigten Fassung des Streitpatents ist in Merkmal 2.2.3.1 das Wort "wenigstens" gestrichen. 4. Die in Patentanspruch 1 des Streitpatents beschriebene Lehre betrifft die Realisierung einer Energiezustandssteuerung zur Bauteileschonung (nicht zur reinen Minimierung des Energieverbrauchs) über eine unveränderte Standardschnittstelle , wobei auch bei einer Kombination einer beliebigen elektrischen Funktionseinheit (PC) mit einem beliebigen Röhrenbildschirmgerät (M) ("offene" Anordnung) eine unbeeinträchtigte Nutzung der Grundfunktion der Bilddarstellung sichergestellt ist (Sp. 3 Z. 54 ff.). Die Zusatzfunktion der Energiezustandssteuerung wird dabei dadurch erreicht, daß sowohl die Funktionseinheit als auch der Monitor entsprechend der Lehre des Streitpatents modifiziert sind. Fehlt es daran bei einem der beiden zusammenwirkenden Geräte, verbleibt es bei den eine Schaltung in einen Energiesparzustand nicht ein-
schließenden Grundfunktionen, die insbesondere mit der Darstellung des jeweiligen Bildes auf dem Monitor jedoch uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Bei der patentgemäßen Ausgestaltung ist darüber hinaus im Steuergerät und im Monitor eine Erweiterung der mit der Standardschnittstelle verbundenen Schaltungsteile vorgesehen, die eine Übertragung einer in der Funktionseinheit erzeugten, kodierten Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände erlaubt. Dabei werden die Mittel, die in der Funktionseinheit die Nachricht erzeugen, diese über die Standardschnittstelle übertragen und die im Monitor diese empfangen und auswerten, nur ihrer Funktion nach beschrieben. Die Lehre des Patentanspruchs 1 umfaßt alle möglichen Übertragungen über eine Standardschnittstelle. Als ein Beispiel der technischen Umsetzung dieser Informationsübertragung wird im beschreibenden Teil der Streitpatentschrift anhand der Zeichnung erläutert (Sp. 4 Z. 53 ff.), daß die die Standardschnittstelle ansteuernde Schaltung in der Funktionseinheit um einen Videocoder (VC) erweitert wird, der die Standardsignale (VS, HSYNC und VSYNC) so verändert, daß neben der Grundfunktion der Bilddarstellung auch eine Übertragung der zusätzlichen Nachricht ermöglicht wird. Als Beispiele werden das Einfügen der Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) und auch die vollständige oder teilweise Abschaltung der Synchronisierungssignale genannt. Die an der Standardschnittstelle angeschlossene Empfängerschaltung des Monitors wird um einen Power-Stand-By-Decoder (PSB-DC) erweitert, der die Nachricht aus den empfangenen Signalen herausfiltert (Sp. 5 Z. 6 ff.). Die Bauteile schonenden Energiesparzustände sind dahin beschränkt, daß der Monitor zunächst den ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt. Dabei besteht die Möglichkeit, nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Monitors abzuschalten, deren Abschaltung einem schnellen Wiederstart nicht entgegen-
steht. Nach einer zweiten Zeitspanne kann der Monitor dann "komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (Sp. 3 Z. 46 bis 53). Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne der Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vor allem im Hinblick auf den in Merkmal 2.2.3.1 vorgesehenen "zweiten vorbestimmten Energiesparzustand" eingehend erörtert. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen geht der Senat davon aus, daß der hier einschlägige Fachmann, ein an einer Fachhochschule oder Universität ausgebildeter Diplom-Ingenieur der Elektrotechnik mit der Fachrichtung der Nachrichtentechnik (Informationstechnik ) und mehrjähriger Erfahrung in einem Entwicklungslabor, den Begriff "Energiesparzustand" im Sinne des Streitpatents von seiner Funktion her versteht: Es sollen jeweils nur diejenigen Bauteile des Monitors abgeschaltet werden, die schnell etwa durch eine Dateneingabe wieder zu aktivieren sind, wenn eine erneute Benutzung des Gerätes gewünscht wird. Demgegenüber wird das völlige Abschalten der Geräte, bei dem jede Energiezufuhr unterbrochen wird, als Grenzfall verstanden, der eher nicht unter den Begriff des Energiesparzustandes im Sinne des Streitpatents subsumiert wird, weil es ein mechanisches Einschalten des Geräts erfordert, eine erneute Aktivierung aber nicht durch bloße Benutzung zu erreichen ist. In diesem Verständnis bestätigt sieht sich der Fachmann dadurch, daß in Spalte 3 Zeilen 23 ff. der Streitpatentschrift ausgeführt wird, es solle die Möglichkeit bestehen, durch Aussenden einer Nachricht an den Monitor durch Leistungsreduzierung oder Abschaltung einen ersten und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorgegebenen, möglichst viele Bauteile schonenden Energiesparzustand des Monitor zu steuern. Daraus entnimmt der Fachmann, daß der Monitor stufenweise heruntergefahren werden soll, aber gleichwohl eine schnelle Reaktivierungsmöglichkeit verbleiben soll,
um bei Bedarf eine bequeme Reaktivierung durch den Benutzer zu ermöglichen. Dies ist nur möglich, wenn eine Stand-By-Schaltung verbleibt. Dagegen spricht auch nicht die in der Streitpatentschrift genannte japanische Offenlegungsschrift 1 269 979. Auch bei dieser Vorrichtung wird, wie in der mündlichen Verhandlung mit Hilfe des gerichtlichen Sachverständigen klargestellt worden ist, der Monitor nicht vollständig abgeschaltet. Vielmehr wird das Gerät bei Nichtbenutzung bis zum Stand-By-Zustand mit dem Ziel heruntergefahren , es bei Erfordernis aktivieren zu können (S. 3 Abs. 2 und 3 der Übersetzung).

II.


1. Der Gegenstand des Streitpatents in der mit Hauptantrag verteidigten Fassung geht nicht über die Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen in der ursprünglichen Fassung vom 25. Januar 1993 hinaus.
In Patentanspruch 1 der PCT-Anmeldung PCT/DE 93/00056 wird Schutz begehrt für eine Geräteanordnung bestehend aus einer elektrischen Funktionseinheit und einem Röhrenbildschirmgerät "mit jeweiligen Anschlußpunkten für Verbindungsleitungen einer Standardschnittstelle zum Versorgen des Röhrenbildschirmgerätes für dessen grundlegende Funktion mit entsprechenden Signalen ausgehend von der Funktionseinheit" (Merkmal 1.1) und "mit aufeinander abgestimmten Mitteln zur Übertragung einer Nachricht seitens der elektrischen Funktionseinheit an das Röhrenbildschirmgerät zur Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand" (Merkmal 1.2). Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet, "daß die Mittel Einrichtungselemente zur Erzeugung in der elektrischen Funktionseinheit (PC), zur Übertragung und zur Auswertung im Röhrenbildschirmgerät (M) der den Energiespar-
zustand des Röhrenbildschirmsgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) in kodierter Form umfassen" (Merkmale 2.1 - 2.2.3.). Nach der Beschreibung der PCT-Anmeldung wird durch diese Steuerung des Röhrenbildschirmgerätes in einen Energiesparzustand die Möglichkeit geschaffen, "nach einer ersten Zeitspanne nur diejenigen Teile des Röhrenbildschirmgerätes abzuschalten, die für einen schnellen Wiederstart nicht erforderlich sind. Damit ist ein Bauteile schonender Energiesparbetrieb möglich. Nach einer zweiten Zeitspanne kann das Röhrenbildschirmgerät dann komplett abgeschaltet werden, womit eine einhundertprozentige Energieeinsparung erzielt wird" (S. 3 Z. 20 bis 30). Als Ausführungsbeispiel dieser Lehre werden in den Figuren 1 bis 7 eine Standardschnittstelle SS bestehend aus drei Leitungsverbindungen beschrieben, von denen zwei für die Übertragung von Synchronisiersignalen HSYNC, VSYNC in X- bzw. Y-Richtung des Bildschirms des Monitors und die dritte für die Übertragung eines Videosignals VS dienen können. Es wird darauf hingewiesen, daß aber auch beliebig andere Standardschnittstellen denkbar sind (S. 4 Z. 33 bis S. 5 Z. 3). Nach dem Beispiel gemäß Figur 3 wird die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle übertragen, wobei nach entsprechenden Veränderungen des Steuergerätes PC und des Monitors M beispielsweise die Nachricht während des Strahlrücklaufs (Austastlücke) eingefügt werden kann.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gegenüber der Offenbarung der PCT-Anmeldung jedenfalls nicht erweitert. Denn diese enthält ebenso wie Patentanspruch 1 des Streitpatents die Aussagen, daß eine Nachricht in der Funktionseinheit (PC) erzeugt, übertragen und im Röhrenbildschirmgerät (M) ausgewertet wird und daß diese Nachricht (PSB, Power Stand-By) den Energiesparzustand des Röhrenbildgerätes (M) in mehreren Stufen steuert. Der gerichtliche Sach-
verständige hat überzeugend ausgeführt, daß der einschlägige Fachmann den Begriff "Energiesparzustand" im Zusammenhang der genannten Beschreibungsstelle der PCT-Anmeldung (S. 3 Z. 20 bis 30) in einem allgemeinen Sinn als einen Bauteile schonenden Zustand versteht, in dem Energie gespart wird, wobei unterschiedliche Stufen des Energiesparens in diesem Begriff zusammengefaßt werden. Ausgehend von ihrer Funktion sehe der Fachmann, so der gerichtliche Sachverständige, auch eine komplette Abschaltung als Energiesparzustand im Sinne dieser Druckschrift an, wobei trotz des Hinweises, mit der kompletten Abschaltung des Röhrenbildschirmgerätes könne eine hundertprozentige Energieeinsparung erzielt werden (S. 3 Z. 29 f.), auch hier nur an ein Herunterfahren bis zur Stand-By-Position gedacht sei; denn auch bei der Lehre der PCT-Anmeldung gehe es um ein Bauteile schonendes Energiesparen mit der Möglichkeit eines bequemen und schnellen Wiederstarts. Ein völliges Abschalten schone Bauteile aber nicht.
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung ist aber nicht neu (Art. 52 EPÜ); er ist durch die PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12969) neuheitsschädlich getroffen, weil das Streitpatent die Prioritäten der deutschen Patentanmeldungen 42 02 793 und 42 02 794 sowie der deutschen Gebrauchsmuster-Anmeldung 92 01 166, jeweils vom 31. Januar 1992, nicht in Anspruch nehmen kann.

a) Art. 87 Abs. 1 EPÜ gewährt jedermann für die Anmeldung derselben Erfindung zum europäischen Patent während einer Frist von zwölf Monaten nach der Einreichung der ersten Anmeldung ein Recht auf Inanspruchnahme der Priorität (Prioritätsrecht). Priorität für einen Anspruch in einer europäischen Patentanmeldung gemäß Art. 88 EPÜ kann jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Fachmann den Gegenstand des Anspruchs unter
Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig der frü- heren Anmeldung als Ganzes entnehmen kann. Der Gegenstand der beanspruchten Erfindung muß im Prioritätsdokument identisch offenbart sein; es muß sich um dieselbe Erfindung handeln (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1993, 40). Dabei ist die Offenbarung des Gegenstandes der ersten Anmeldung jedoch nicht auf die dort formulierten Ansprüche beschränkt; vielmehr ist dieser aus der Gesamtheit der Anmeldungsunterlagen zu ermitteln. Maßgeblich ist das Verständnis der Fachmanns zum Zeitpunkt der Einreichung der (prioritätsbeanspruchenden) europäischen Patentanmeldung. Für die Beurteilung der identischen Offenbarung gelten die Prinzipien der Neuheitsprüfung (EPA GBK - G 2/98 - GRUR Int. 2002, 80; EPA ABl. 1990, 250; EPA ABl. 1993, 40; vgl. auch Sen.Urt. v. 11.9.2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 = GRUR 2002, 146 - Luftverteiler; Benkard/Ullmann/Grabinski, EPÜ, Art. 88 Rdn. 8).

b) Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 betrifft wie das Streitpatent eine sog. offene "Geräteanordnung" , bei dem ein Steuergerät mit einem Röhrenbildschirmgerät über eine Standardschnittstelle verbunden ist. Diese Geräteanordnung ist dadurch gekennzeichnet , "daß zwischen dem Steuer- (PC) und dem Röhrenbildschirmgerät (M) Mittel für eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige Übertragung einer die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) seitens des Steuergerätes (PC) an das Röhrenbildschirmgerät (M) vorgesehen sind". Über die Ausgestaltung der Nachricht oder die Wartestellungsfunktion enthält die Patentanmeldung allerdings keine expliziten Informationen. Zwar wird einleitend in der Beschreibung (S. 1 Z. 9 ff.) auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Energieverbrauch während der Benutzungspausen zu reduzieren. Jedoch wird in der Patentan-
meldung nur von einer "Wartestellung", die nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen inhaltlich dem in der Streitpatentschrift offenbarten "Energiesparzustand" entspricht, und von einer "Wartestellungsfunktion" gesprochen. In der Beschreibung heißt es, Aufgabe der Erfindung sei, "eine Geräteanordnung der eingangs genannten Art anzugeben, bei der die Möglichkeit besteht, seitens des Steuergerätes die Wartestellungsfunktion des Röhrenbildschirmgerätes zu steuern, ohne daß damit die Verwendung der Einzelgeräte auf eine Anordnung beschränkt ist, bei der sowohl das Steuergerät die Wartestellung des Röhrenbildschirmgerätes steuern kann, als auch das Röhrenbildschirmgerät bezüglich einer Wartestellungsfunktion steuerbar ist" (S. 2 Z. 1 bis 9). Zum Ausführungsbeispiel in Figur 1 wird ausgeführt, daß eine zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M maßgebende Nachricht seitens des Steuergerätes PC an den Monitor M unabhängig von der Standardschnittstelle SS auf der Leitungsverbindung ZV übertragen werden kann und der Monitor M auf Grund der Nachricht nach Ablauf einer vorgegebenen Zeitspanne in eine Wartestellung schaltet (S. 3 Z. 27 bis 34). In Figur 3, die dem einzigen Ausführungsbeispiel der Streitpatentschrift entspricht, wird die Nachricht zur Steuerung der Wartestellungsfunktion des Monitors M in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS übertragen, so daß außer den Leitungsverbindungen der Standardschnittstelle SS keine weiteren Leitungsverbindungen benötigt werden (S. 4 Z. 10 ff.). Dazu ist das Steuergerät mit einem Videocoder VC ausgestattet, der die Nachricht kodiert und in das Videosignal integriert. Der Monitor M weist einen "Power-Stand-By"-Decoder PSB-DC auf, der aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung der Wartestellungsfunktion maßgebende Nachricht PSB herausfiltert. Als vorteilhaft wird geschildert, wenn die Steuereinheit eine Einrichtung zum Abschalten der den PSB-Decoder steuernden Funktion aufweist, die z.B. von einem Benutzer des Steuergeräts wahlfrei bedient werden kann (S. 4 Z. 32 bis 38).
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere den ergänzenden und klarstellenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen , ist der Senat davon überzeugt, daß die deutsche Patentanmeldung 42 02 793 dem einschlägigen Fachmann explizit nur eine Wartestellung offenbart. Dieser hatte auch keine Veranlassung, aus der ausdrücklichen Erwähnung einer eine Wartestellung bzw. Wartestellungsfunktion steuernden Nachricht auf mehrere mögliche Nachrichten und mehrere Wartestellungen zu schließen. Ein Hinweis in dieser Richtung ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Ansprüche und der Beschreibung der Patentanmeldung noch aus einer speziellen Interpretation der Fachbegriffe "Nachricht" und "Wartestellungsfunktion". Zwar ist nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen das Ein- und Ausschalten des Monitors als Teil der Wartestellungsfunktion anzusehen und in den Unteransprüchen 9 und 10 auch ausdrücklich erwähnt. Mehrere Zustände seien auch denkbar, etwa bei Benutzung der in dem Ausführungsbeispiel Figur 3 ausdrücklich genannten SYNC-Signale. Zwingend sei dies für den Fachmann aber nicht und auch nicht aus der Patentanmeldung zu entnehmen.
Die Patentanmeldung 42 02 794, die ein Röhrenbildschirmgerät betrifft, und das deutsche Gebrauchsmuster 92 01 166, das eine elektrische Funktionseinheit zum Gegenstand hat, kommen für die Beurteilung der Priorität nicht in Betracht, weil sie ebenfalls nicht dieselbe Erfindung wie das Streitpatent betreffen.
c) Die von der Klägerin allein entgegengehaltene PCT-Anmeldung PCT/US 93/11579 (= WO 94/12929), die am 9. Juni 1994 nach dem Anmeldetag des Streitpatents veröffentlicht worden ist, ist bei der Neuheitsprüfung des Streitpatents als Stand der Technik zu berücksichtigen (Art. 54 Abs. 2 und 3
EPÜ), weil sie wirksam die Priorität der US-Anmeldung 07/984,370 vom 2. Dezember 1992 in Anspruch genommen hat.
Auf Grund der eingehenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung sieht der Senat als erwiesen an, daß die PCT/US 93/11579, die ein "Stand-BySystem mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor" betrifft, alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der verteidigten Fassung des Hauptantrages neuheitsschädlich vorwegnimmt. Diese Druckschrift befaßt sich mit einem Computer, der über eine beliebige Schnittstelle und ein Kabel mit einem Monitor verbunden ist, wobei der Computer horizontale SYNC- (HSYNC) und vertikale SYNC- (VSYNC) sowie Videosignale an den Monitor sendet, um dort ein Bild herzustellen. Bei Bedarf kann der Monitor in unterschiedliche Energieverbrauchszustände (Energiesparzustände) geschaltet werden. Für die Steuerung dieser Zustände werden zunächst die Zeiten der Inaktivität seit der letzten Aktivität des Benutzers gemessen. Die Steuerung erfolgt sodann durch Signale über eine Standardschnittstelle (VGA-Kabel) an den Monitor. Nach dem Ausführungsbeispiel 2 B sind zwei Energiesparzustände vorgesehen. Durch Abschalten von Schaltkreisen wird in einem ersten Schritt (Niveau Zwei der Signalleitung ) der Energieverbrauch des Bildschirms um 80 bis 90 % reduziert und sodann der Verbrauch in einem zweiten Schritt (Niveau Eins) durch weiteres Abschalten mit Ausnahme des Microcontrollers um mehr als 90 % abgesenkt (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung).

III.

Patentanspruch 1 des Streitpatents ist auch in den Fassungen der Hilfsanträge 1, 3 a, 3 b und 4 nicht patentfähig.
1. Von Patentanspruch 1 in der Fassung des Hauptantrages unterscheidet sich Hilfsantrag 1 lediglich durch folgenden (markierten) Zusatz zu Merkmal 2.2.3.1: "wodurch das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand einnimmt , der ein Abschaltzustand sein kann".
Hilfsantrag 1 enthält damit keine Beschränkung des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gegenüber der Fassung des Hauptantrages. Vielmehr wird der zweite Energiesparzustand nur erläuternd in einer Form beschrieben, die den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zufolge in Merkmal 2.2.3.1 der verteidigten Fassung enthalten ist. Wie bereits oben ausgeführt, versteht der einschlägige Fachmann das Abschalten des Monitors als Grenzfall des Energiesparzustandes. Entscheidend kommt hinzu, daß die Erläuterung lediglich eine mögliche Ausführungsform beschreibt, die wiederum nicht ausschließt , daß der weite Zustand auch ein bloßer Stand-By-Zustand und damit eine zweite Wartestellung sein kann. Damit gelten für die rechtliche Bewertung die gleichen Grundsätze wie für den Hauptantrag, von dem sich der erste Hilfsantrag insoweit sachlich nicht unterscheidet.
2. Nach Hilfsantrag 3 a erhält Merkmal 2.2.3 folgende Fassung:
"und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängige kodierte Nachricht erzeugt , übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Auswer-
tung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist, der durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert wird".
Es kann dahinstehen, ob diese Ergänzung des Merkmals mangels Bestimmtheit unzulässig ist. Jedenfalls ist Patentanspruch 1 in dieser beanspruchten Fassung nicht offenbart. Zwar wird in der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) ein Monitor dargestellt, der einen "Power-StandBy" -Decoder (PSB-DC) aufweist. Dieser soll zum einen in der Lage sein, aus den übertragenen Signalen eine für die Steuerung des Energiesparzustandes maßgebende Nachricht PSB herauszufiltern. Zum anderen soll er durch vollständiges oder teilweises Abschalten der SYNC-Signale dazu veranlaßt werden können, einen "Power-Stand-By"-Zustand zu aktivieren. Nicht offenbart ist hingegen , daß zur Steuerung der Energiesparzustände eine von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängige kodierte Nachricht erzeugt werden soll und daß der Decoder durch vollständigen oder teilweisen Entzug der SYNC-Signale aktiviert werden soll.
3. Hilfsantrag 3 b ergänzt Merkmale 2.2.3 und 2.2.3.1 wie folgt: "und die Einrichtungselemente derart betrieben werden, daß zum Einstellen des Röhrenbildschirmgerätes in einen vorbestimmten Energiesparzustand eine kodierte Nachricht in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle (SS) unabhängig übertragen und ausgewertet wird, wobei zur Aus-
wertung der an den Monitor (M) übertragenen Nachricht der Monitor (M) einen Decoder (PSB-DC) aufweist 2.2.3.1. und infolge der Nachricht das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand steuert".
Der Hilfsantrag ist zulässig. Patentanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrages ist in der Streitpatentschrift (Sp. 5 Z. 6 bis 14) und in der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 (S. 6 Z. 19 bis 25) offenbart. Danach kann die kodierte Nachricht, welche die beiden Energiesparzustände steuert, in Form von vollständigem oder teilweisem Entzug der SYNC-Signale erzeugt, von der Funktion der Standardschnittstelle unabhängig übertragen und von einem PSB-Decoder des Monitors mit der Folge ausgewertet werden, daß das Röhrenbildschirmgerät zunächst in einen ersten vorbestimmten Energiesparzustand und zu einem späteren Zeitpunkt in einen zweiten vorbestimmten Energiesparzustand gesteuert wird. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hilfsantrags 3 b ist aber ebenfalls nicht neu. Auch er kann die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht in Anspruch nehmen, weil durch ihn - anders als in der Patentanmeldung - zwei Energiesparzustände beansprucht werden. Neuheitsschädlich steht damit auch ihm die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 entgegen. Wie bereits oben dargestellt, offenbart diese ein System für einen Universalrechner, welcher mit Hilfe der SYNC-Signale dem Monitor signalisiert , verschiedene Zustände anzunehmen, wobei in einem Ausführungsbeispiel zwei Sparzustände genannt werden (S. 9 Abs. 1 der Übersetzung). Das System umfaßt Zeitmeßmittel zur Messung von Perioden der Inaktivität sowie
"Mittel zum Abschalten der Synchronisation für die Unterbrechung von wenigstens einem der beiden Signale HSYNC und VSYNC zum Monitor in Abhängigkeit der Überlaufzustände der Zeitmeßmittel" (S. 3 Abs. 2 der Übersetzung). Bei einer bevorzugten Ausführungsform wird geschildert, daß das Signal zum Bildschirm auf der Unterbrechung eines der beiden HSYNC- oder VSYNC-Signale basiert (S. 6 Abs. 1 der Übersetzung). Damit nimmt diese Druckschrift die mit Hilfsantrag 3 b beanspruchten Merkmale vorweg. Auf mögliche Bedenken gegenüber dem in dieser Fassung des Anspruchs enthaltenen Merkmal, "von der Standardschnittstelle unabhängig", auf dessen Aufnahme die Beklagte hilfsweise verzichtet hat, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
4. Nach Hilfsantrag 4 wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags durch Merkmal 3 in folgender Fassung ergänzt:
"wobei die Nachricht zur Steuerung des Energiesparzustandes des Monitors (M) in kodierter Form auf den Leitungsverbindungen für das Videosignal (VS) und für die beiden Synchronisiersignale (HSYNC und VSYNC) der Standardschnittstelle (SS) übertragen wird."
Mit diesem Hilfsantrag wird eine spezielle Übertragungsart zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gemacht. Dieser Gegenstand ist jedenfalls in Figur 1 der Streitpatentschrift und in Figur 3 der internationalen Anmeldung PCT/DE 93/00056 offenbart. Da auch hier zwei Energiesparzustände beansprucht werden, kann er ebenfalls die Priorität der deutschen Patentanmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen. Auch dieser Fassung des Patentanspruchs 1 steht die internationale Anmeldung PCT/US 93/11579 neuheitsschädlich entgegen. Diese bereits genannte Druck-
schrift schildert ein Stand-By-System mit niedrigem Energieverbrauch für einen Monitor, bei dem die Nachricht zur Steuerung der Energiesparzustände des Monitors über die Leitungsverbindungen für das Videosignal und für die SYNCSignale der Standardschnittstelle übertragen werden können (S. 10 der Übersetzung und Fig. 3).

IV.


Bestand hat Patentanspruch 1 des Streitpatents hingegen in der Fassung des 5. Hilfsantrages, bei dem der Fassung des Hauptantrages die weiteren Merkmale 3 und 4 mit folgendem Wortlaut angefügt sind:
"3. wobei die elektrische Funktionseinheit eine Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) aufweist
4. und die Einrichtung zum Abschalten der Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Röhrenbildschirmgerätes (M) steuernden Nachricht (PSB) durch einen Benutzer des Steuergerätes (PC) wahlfrei bedienbar ist."
Diese Fassung beschränkt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch kumulative Aufnahme der in den Patentansprüchen 2 und 3 der erteilten Fassung beanspruchten Ausführungsbeispiele. Danach soll die Funktion der Übertragung der den Energiesparzustand des Monitors steuernden Nachricht mit einer Einrichtung des Computers abgeschaltet (Merkmal 3) und ferner dem Benutzer die Möglichkeit eröffnet werden, die Einrichtung zum Abschalten
wahlfrei zu bedienen. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in dieser Fas- sung ist auch nicht unzulässig gegenüber der PCT-Anmeldung 93/00056 erweitert , weil der Gegenstand der Unteransprüche 2 und 3 der erteilten Fassung in den Unteransprüchen 9 und 10 der ursprünglichen Fassung enthalten und in der Anmeldung (S. 6 Z. 24 ff.) beschrieben ist. In der Fassung des Hilfsantrages 5 kann Patentanspruch 1 ebenso wie die erteilte Fassung des Streitpatents die Priorität der deutschen Anmeldung 42 02 793 nicht für sich in Anspruch nehmen, weil anders als bei dieser zwei Energiesparzustände vorgesehen sind. Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrages 5 ist aber gegenüber der bereits erwähnten internationalen Anmeldung PCT/US 93/11579 neu (Art. 52 EPÜ). Diese Druckschrift schildert alternative Ausführungsbeispiele, die es dem Benutzer erlauben, die Steueroperation über Befehlsschritte, wie z.B. Menüs, Dialogboxen oder Kommandozeilen zu steuern. Solche Steuerungen können das bewußte Abschalten der Bildschirmenergie durch Drücken einer "Spezialtaste", durch Eingabe einer Kommandozeile oder eines anderen Programmschnittstellenschritts , einschließen. Andere Eigenschaften können dem Benutzer erlauben, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergieemanagement (MPM) auszulösen, zu verändern und die MPM-Überwachung ein- oder auszuschalten. Die internationale Anmeldung offenbart damit zwar Mittel, auf die Zeitdauer einzuwirken, die Ruhezeit, die benötigt wird, um das Bildschirmenergiemanagement auszulösen, zu verändern, sowie Mittel, um die MPM-Überwachung ein- und auszuschalten. Die Druckschrift enthält aber keinen Hinweis dahin, das den Energiezustand im Monitor steuernde Signal bei seinem Entstehen durch Einrichtungen in der elektrischen Funktionseinheit abzuschalten und die Einrichtung hierfür durch den Benutzer wahlfrei bedienbar zu machen.
Patentanspruch 1 in der vorliegenden Fassung beruht auch auf erfinderi- scher Tätigkeit (Art. 56 EPÜ). Das Patentamt und das Bundespatentgericht haben dies festgestellt. Entgegenstehenden Stand der Technik haben die Parteien nicht in das Verfahren eingeführt.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 110 Abs. 3 PatG.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck
30
Indessen kommen die D1.1 und D1.2 nicht selbst als ältere Anmeldungen in Betracht, sondern sind nur für die Frage relevant, ob die D1 ihre Priorität wirksam in Anspruch nehmen kann. Dafür muss das Merkmal, nach dem die Löslichkeit der Beschichtungszusammensetzung in einem wässrigen alkalischen Entwickler durch einfallende UV-Strahlung nicht erhöht wird, nicht nur im Sinn des Art. 88 Abs. 4 EPÜ (entsprechend Art. 4 H PVÜ) in der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen deutlich offenbart, sondern auch der D1.1 oder der D1.2 als zur Erfindung gehörend zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 – X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 – Spleißkammer; Urteil vom 11. September 2001 – X ZR 168/98, BGHZ 148, 383, 388 – Luftverteiler). Dies ist jedoch nicht der Fall.

(1) Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Der Stand der Technik umfaßt alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

(2) Als Stand der Technik gilt auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:

1.
der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung;
2.
der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens gezahlt ist und, wenn es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung (Artikel 153 Abs. 2 des Europäischen Patentübereinkommens) handelt, die in Artikel 153 Abs. 5 des Europäischen Patentübereinkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind;
3.
der internationalen Anmeldungen nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.
Beruht der ältere Zeitrang einer Anmeldung auf der Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung, so ist Satz 1 nur insoweit anzuwenden, als die danach maßgebliche Fassung nicht über die Fassung der Voranmeldung hinausgeht. Patentanmeldungen nach Satz 1 Nr. 1, für die eine Anordnung nach § 50 Abs. 1 oder Abs. 4 erlassen worden ist, gelten vom Ablauf des achtzehnten Monats nach ihrer Einreichung an als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

(3) Gehören Stoffe oder Stoffgemische zum Stand der Technik, so wird ihre Patentfähigkeit durch die Absätze 1 und 2 nicht ausgeschlossen, sofern sie zur Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung zu einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört.

(4) Ebenso wenig wird die Patentfähigkeit der in Absatz 3 genannten Stoffe oder Stoffgemische zur spezifischen Anwendung in einem der in § 2a Abs. 1 Nr. 2 genannten Verfahren durch die Absätze 1 und 2 ausgeschlossen, wenn diese Anwendung nicht zum Stand der Technik gehört.

(5) Für die Anwendung der Absätze 1 und 2 bleibt eine Offenbarung der Erfindung außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht

1.
auf einen offensichtlichen Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers oder
2.
auf die Tatsache, daß der Anmelder oder sein Rechtsvorgänger die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen im Sinne des am 22. November 1928 in Paris unterzeichneten Abkommens über internationale Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Satz 1 Nr. 2 ist nur anzuwenden, wenn der Anmelder bei Einreichung der Anmeldung angibt, daß die Erfindung tatsächlich zur Schau gestellt worden ist und er innerhalb von vier Monaten nach der Einreichung hierüber eine Bescheinigung einreicht. Die in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Ausstellungen werden vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgemacht.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. Januar 2013 verkündete Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das Patentgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des am 20. März 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorität vom 15. April 2000 angemeldeten und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 275 192.

2

Patentanspruch 1 lautet:

"A machine for the manufacture of elements (8) from strip stock, the elements (8) in use being stacked to provide an assembly of stacked elements (8) for an electrical motor, each element (8) including body (10) and pole (12) portions which are integrally formed, the machine including a die assembly including a first die member (22) for providing by punching at least parts of the body portions (10) of each element and a second die member (32) for providing by punching, the pole portions (12) of each element (8), and characterised in that the body and pole die members (22, 32) are relatively moveable between successive punching operations when the body and pole portions (10, 12) of the elements (8) are provided, whereby incremental adjustment of the position of the second die member (32) relative to the first die member (22) is effected so that whilst each of the body portions (10) of the elements (8) is provided along a common centre line, the pole portion (12) of each of the successive elements (8) is incrementally offset relative to the pole portion (12) of each of the respective previous elements (8) with respect to the said common centre line of the body portion (10)."

3

Die Klägerinnen machen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent wie erteilt und hilfsweise mit mehreren geänderten Anspruchssätzen verteidigt.

4

Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.

5

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.

Entscheidungsgründe

6

Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Patentgericht zur Prüfung der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents. Die Annahme des Patentgerichts, mit dem Streitpatent sei ein "Aliud" gegenüber der Anmeldung unter Schutz gestellt worden, hält der Nachprüfung im Berufungsverfahren nicht stand.

7

I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen von Elementen aus bandförmigem Material, wobei die Elemente im Gebrauch aufeinander gestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden. Eine elektrische Maschine mit ausgeprägten Polen ist, wie das Patentgericht ausgeführt hat, unter dem Fachbegriff Schenkelpolmaschine bekannt. Für Käfig- und Drehstromwicklungen ist es üblich, zur Geräusch- und Oberwellendämpfung die Nuten zu schrägen. Die Einzelbleche werden gegeneinander versetzt, so dass Nuten und Leiter wendelförmig verlaufen, gegebenenfalls auch abschnittsweise mit unterschiedlicher Schrägungsrichtung, so dass sich eine als Winkel- oder Pfeilform bezeichnete Form ergibt. Auch nach dem Streitpatent sollen die Polabschnitte winkelförmig geschrägt werden, die Grundkörper hingegen unverändert bleiben, wie in (der nachfolgend mit Figur 1 wiedergegebenen) Figur 2 des Streitpatents gezeigt.

Abbildung

8

Dazu müssen im Stand der Technik entweder beide Teile einzeln gefertigt und beispielsweise durch Schweißen verbunden werden oder es ist für jedes Blech eine gesonderte Form zu stanzen, was eine große Zahl verschiedener Stanzwerkzeuge erfordert. Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, einen Rotor mit dem gewünschten Winkelprofil einfacher herzustellen. Erfindungsgemäß wird dies durch zwei Stanzwerkzeuge erreicht, die schrittweise (inkrementell) gegeneinander bewegt werden und so eine sukzessive Verschiebung des Polabschnitts zum Grundkörper bewirken.

9

Das Patentgericht hat Patentanspruch 1 wie folgt in Merkmale gegliedert:

1.1 Vorrichtung zum Herstellen von Elementen

1.2 aus bandförmigem Material,

1.3 wobei die Elemente im Gebrauch aufeinandergestapelt werden, um eine Anordnung von gestapelten Elementen für eine elektrische Maschine zu bilden,

1.4 wobei jedes Element Grundkörper und Polabschnitte aufweist, die integral ausgebildet sind,

2. wobei die Maschine eine Stanzanordnung aufweist,

2.1 die mit einem ersten Stanzelement versehen ist, zum Bereitstellen durch Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte eines jeden Elements,

2.2 und ein zweites Stanzelement zum Bereitstellen durch Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements, und dadurch gekennzeichnet,

3.1 dass die Stanzelemente für Grundkörper und Pole relativ zueinander bewegbar sind, zwischen aufeinanderfolgenden Stanzvorgängen,

3.2 wenn die Grundkörper- und Polabschnitte der Elemente gebildet werden,

4. wobei eine schrittweise Einstellung der Position des zweiten Stanzelements relativ zu dem ersten Stanzelement so ausgeführt wird,

4.1 dass während jeder der Grundkörperabschnitte der Elemente entlang einer gemeinsamen Mittellinie gebildet wird,

4.2 der Polabschnitt eines jeden der aufeinanderfolgenden Elemente schrittweise relativ zu dem Polabschnitt eines jeden entsprechenden vorangehenden Elements in Bezug auf die genannte gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts versetzt ist.

10

II. Das Patentgericht hat in diesem Gegenstand eine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung gesehen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

11

Der Anspruch stütze sich auf Anspruch 11 der Anmeldung, wobei

- die Merkmale 1.2 bis 1.4 neu hinzugekommen seien,

- in Merkmal 3.1 der zweite Halbsatz neu hinzugekommen sei,

- in den Merkmalen 4 und 4.2 "schrittweise" ergänzt worden sei,

- der auf Rotorelemente beschränkte Anspruch 11 auf Elemente verallgemeinert worden sei,

- die Zuordnung der Grundkörperabschnitte und der Polabschnitte zu den Stanzelementen nach Merkmalen 2.1 und 2.2 vertauscht worden sei,

- nach diesen Merkmalen zumindest Teile der Grundkörperabschnitte und die Polabschnitte (insgesamt) ausgestanzt würden, während es nach Anspruch 11 der Anmeldung umgekehrt sei,

- aus der Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts eine gemeinsame Mittellinie des Grundkörperabschnitts geworden sei.

12

Während sich die ersten drei Abweichungen von Anspruch 11 der Anmeldung aus den Ursprungsunterlagen ableiten ließen und die vierte als zulässige Verallgemeinerung angesehen werden könne, seien die weiteren Änderungen nicht mehr zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin handele es sich nicht um einen offensichtlichen Fehler in der Formulierung des Patentanspruchs, der berichtigt werden könne. Anspruch 1 sei in sich schlüssig und lasse keine Widersprüche erkennen. Die von der Beklagten gesehenen Widersprüche zur Beschreibung und zu den Zeichnungen könnten nur im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden.

13

Hierzu hat das Patentgericht ausgeführt, Patentanspruch 1 lasse offen, welches Stanzelement stationär und welches beweglich sei; beansprucht sei nur die Relativbewegung. In den Merkmalen 4.1 und 4.2 spreche der Anspruch von einer gemeinsamen Mittellinie als Bezugslinie für die Bewegung. In den ursprünglichen Unterlagen werde die Mittellinie auf den Grundkörperabschnitt bezogen. Werde die Mittellinie aber auf das Blechband oder die Stanzanlage bezogen, wären das erste Stanzelement und die Grundkörperabschnitte stationär und folglich die zweiten Stanzelemente und die Polabschnitte beweglich angeordnet, was ein Aliud zu der ursprünglich offenbarten und in den Figuren dargestellten Anlage darstelle. Der Argumentation der Klägerinnen folgend, die in der beanspruchten gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts etwas anderes sähen als in der ursprünglich offenbarten Mittellinie des zugehörigen Grundkörperabschnitts, sei als mit dem Streitpatent beansprucht eine Anlage anzusehen, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer nunmehr gemeinsamen Mittellinie lägen und das zugehörige Stanzwerkzeug folglich stationär sei. Dass sich die Beschreibung und die Ausführungsbeispiele ausschließlich auf eine Anlage mit einem stationären Stanzwerkzeug für die Polabschnitte und einem beweglichen Stanzwerkzeug für die Grundkörperabschnitte bezögen, könne den Sinngehalt der Patentansprüche nicht in ihr Gegenteil verkehren. Eine Auslegung entgegen dem Wortlaut (im Sinne einer Auslegung entgegen dem Sinngehalt) der Patentansprüche sei nicht zulässig.

14

III. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Bei zutreffender Auslegung des Patentanspruchs 1 enthält dieser nicht die vom Patentgericht angenommenen Abweichungen vom Offenbarungsgehalt der Anmeldung, und entsprechendes gilt für den Verfahrensanspruch 7.

15

1. Zu Recht rügt die Berufung, dass es das Patentgericht unterlassen hat, Patentanspruch 1 zunächst unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen auszulegen, bevor es sich der Frage zuwandte, ob der Gegenstand des Streitpatents, der als das Ergebnis der Auslegung zutage tritt, in den ursprünglichen Unterlagen als die angemeldete Erfindung oder als dieser zugehörig offenbart ist.

16

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung des Patentanspruchs stets geboten und darf auch dann nicht unterbleiben, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 29. April 1986 - X ZR 28/85, BGHZ 98, 12, 18 - Formstein; Urteil vom 12. März 2002 - X ZR 168/00, BGHZ 150, 149, 153 - Schneidmesser I; Beschluss vom 17. April 2007 - X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 - Informationsübermittlungsverfahren I; Urteil vom 17. Juli 2012 - X ZR 117/11, BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I). Denn die Beschreibung des Patents kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein "patenteigenes Lexikon" darstellen (BGH, Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330, Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Funktion der Beschreibung ist es, die geschützte Erfindung zu erläutern. Im Zweifel ist daher ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht. Nur wenn und soweit dies nicht möglich ist, ist der Schluss gerechtfertigt, dass Teile der Beschreibung zur Auslegung nicht herangezogen werden dürfen. Eine Auslegung des Patentanspruchs, die zur Folge hätte, dass keines der in der Patentschrift geschilderten Ausführungsbeispiele vom Gegenstand des Patents erfasst würde, kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn andere Auslegungsmöglichkeiten, die zumindest zur Einbeziehung eines Teils der Ausführungsbeispiele führen, zwingend ausscheiden oder wenn sich aus dem Patentanspruch hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass tatsächlich etwas beansprucht wird, das so weitgehend von der Beschreibung abweicht (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2014 - X ZR 35/11, GRUR 2015, 159, Rn. 26 - Zugriffsrechte).

17

Der Inhalt der Ursprungsunterlagen oder der Veröffentlichung der Anmeldung bleibt bei der Auslegung außer Betracht. Weder darf der Patentanspruch - zur Vermeidung einer unzulässigen Erweiterung - nach Maßgabe des ursprünglich Offenbarten ausgelegt werden (BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I), noch darf umgekehrt sein Sinngehalt dadurch ermittelt werden, dass dem Wortlaut des Patentanspruchs abweichende Formulierungen der Anmeldung gegenübergestellt werden. Allenfalls dann, wenn zweifelhaft bleibt, ob sich Patentanspruch und Beschreibung sinnvoll zueinander in Beziehung setzen lassen, darf die "Anspruchsgeschichte" zur weiteren Klärung der Frage herangezogen werden, ob mit dem Anspruch ein Gegenstand unter Schutz gestellt worden ist, der von dem in der Beschreibung offenbarten abweicht oder hinter diesem zurückbleibt (BGHZ 189, 330, Rn. 25 - Okklusionsvorrichtung; BGHZ 194, 107, Rn. 28 - Polymerschaum I).

18

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich im Streitfall, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 abweichend vom Wortlaut des Anspruchs dahin zu lesen sind, dass mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.

19

a) Mit der Erfindung soll, so heißt es im allgemeinen Teil der Beschreibung, eine Möglichkeit bereitgestellt werden, auf einfache Weise Rotorelemente mit Polabschnitten (Polköpfen) herzustellen, die um unterschiedliche Abstände zu einer Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Polschafts) versetzt sind (Abs. 12 der Beschreibung). Bevorzugt ist dabei der vom ersten Stanzelement hergestellte Teil des Polabschnitts derjenige, der allen Rotorelementen (scil. unabhängig vom Ausmaß der Versetzung von der Mittellinie) gemeinsam ist (Abs. 13), d.h. der Polabschnitt wird vom ersten Stanzelement nur teilweise ausgestanzt, während der Rest des Materials beim nachfolgenden Ausstanzen des Grundkörperabschnitts weggenommen wird.

20

Dies wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnungen, von denen die nachfolgend wiedergegebene Figur 4a wie die Figuren 5a und 6a Ansichten einer erfindungsgemäßen Vorrichtung darstellen (Abs. 17), näher erläutert.

Abbildung

21

Danach ist auf einer Basisplatte 20 ein erstes ortsfestes Stanzelement (die member) 22 und benachbart zu diesem ein zweites bewegliches Stanzelement 32 angeordnet (Abs. 22). Das Stanzelement 22 weist zwei Stanzöffnungen 24a und 24b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an einen Teil der Umfangslinie des Polabschnitts angrenzt (Abs. 23). Das bewegliche Stanzelement 32 weist Stanzöffnungen 34a und 34b auf, von denen jede einer Fläche entspricht, die an die (Längs-)Seite des Grundkörperabschnitts angrenzt, sowie eine sich dazwischen erstreckende dritte Stanzöffnung 35 (Abs. 24). Unter Ausnutzung dieser Stanzöffnungen werden mittels nicht dargestellter Stanzen die Rotorelemente ausgestanzt (Abs. 27 ff.), indem in Position B zunächst die Polabschnitte teilweise ausgestanzt werden (Abs. 28) und in Position C die Grundkörperabschnitte gestanzt werden (Abs. 29), so dass auf diese Weise mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts mittels der Stanzen (punch members) 64a und 64b und einer einteilig mit diesen ausgebildeten dritten Stanze 65 gleichzeitig das Ausstanzen der Polabschnitte vollendet wird und in Position D ein vollständiges Rotorelement bereitsteht (Abs. 30). Die Beschreibung erläutert weiter, es verstehe sich, dass die Stanzen beider Stanzelemente 22, 32 gleichzeitig betätigt würden. Im Anschluss an jeden Stanzvorgang werde ein Antriebsmittel 36 betätigt, um das Stanzelement 32 inkrementell in einer Richtung zu versetzen und damit einen Versatz des Polabschnittabschnitts von der Mittellinie des Grundkörperabschnitts zu erzeugen (Abs. 32).

22

b) Mit dieser Darstellung des erfindungsgemäßen Verfahrens und einer hierfür geeigneten Vorrichtung steht Patentanspruch 1 (und ebenso der Verfahrensanspruch 7) auf den ersten Blick nicht in Einklang. Denn nach Merkmal 2.1 scheint das (feststehende) erste Stanzelement zum Ausstanzen (zumindest) von Teilen des Grundkörperabschnitts und das (bewegliche) zweite Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte bestimmt zu sein. Aus dem Gesamtinhalt der Beschreibung und den weiteren Patentansprüchen 2 bis 6 ergibt sich jedoch, dass hierbei Grundkörper- und Polabschnitte vertauscht worden sind und die Merkmalsgruppe 2 daher so zu lesen ist, dass die Maschine eine Stanzanordnung aufweist, die (2.1) mit einem ersten Stanzelement zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte und (2.2) mit einem zweiten Stanzelement zum Ausstanzen der Polabschnitte eines jeden Elements versehen ist.

23

(1) Darauf deutet zunächst der Umstand hin, dass ein wörtlich genommener Patentanspruch 1 nicht nur mit Teilen der Beschreibung wie einzelnen oder auch sämtlichen Ausführungsbeispielen, sondern mit der Beschreibung insgesamt in Widerspruch tritt, ohne dass hierfür ein plausibler Grund erkennbar wäre. Dies wird insbesondere an der vermeintlichen Anweisung des Merkmals 2.1 deutlich, mit dem ersten Stanzelement zumindest Teile des Grundkörperabschnitts auszustanzen. Denn in der Beschreibung ist es, wie erwähnt, gleich eingangs als bevorzugte Vorgehensweise erläutert, mit dem ersten Stanzelement Teile der Polabschnitte, nämlich den allen Polabschnitten gemeinsamen (äußeren) Umriss der Polköpfe, herzustellen. Mit dem Ausstanzen des Grundkörperabschnitts wird sodann die Oberkante des (vorauslaufenden) Polabschnitts gestanzt und gleichzeitig die Unterkante des nächsten Polabschnitts in Abhängigkeit vom Betrag des Versatzes des zweiten Stanzelements so ausgebildet, dass sich ein entsprechender Versatz des Polabschnitts gegenüber der gemeinsamen Mittellinie des Grundkörperabschnitts (Merkmal 4.2) ergibt. Auf diese Weise lassen sich mit einem Werkzeug unterschiedliche Polkopfformen herstellen. Hingegen findet die Möglichkeit, den (gleichförmigen) Grundkörper mit dem ersten Stanzwerkzeug nur teilweise auszustanzen, den Polabschnitt und den Rest des Grundkörperabschnitts aber mit weiteren Stanzwerkzeugen, keinerlei Anklang in der Beschreibung.

24

(2) Es kommt hinzu, dass der Wortlaut der Merkmalsgruppe 4 zwar mit dem vom Patentgericht entwickelten Verständnis nicht unvereinbar ist, jedoch im Kontext der Beschreibung und der weiteren Patentansprüche betrachtet gleichfalls die Annahme stützt, dass das erste Stanzelement anspruchsgemäß nicht zum Ausstanzen zumindest von Teilen der Grundkörperabschnitte, sondern der Polabschnitte bestimmt ist.

25

Das Patentgericht hat, im Ausgangspunkt zutreffend, erwogen, dass der Patentanspruch in den Merkmalen 3.1, 3.2 und 4 offen lässt, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, da Merkmal 3.1 nur vorgibt, dass beide Stanzelemente relativ zueinander bewegt werden können. Es hat jedoch aus Merkmal 4.2 geschlossen, dass das den Grundkörperabschnitt (teilweise) ausstanzende erste Stanzelement stationär angeordnet sei, weil in diesem Merkmal Bezug auf eine gemeinsame Mittellinie aufeinanderfolgender Elemente genommen, der Fachmann hierunter nichts anderes als eine allen Elementen gemeinsame Mittellinie verstehen könne und folglich eine Vorrichtung unter Schutz gestellt werde, bei der die Grundkörperabschnitte beim Ausstanzen auf einer gemeinsamen Mittellinie lägen.

26

Bei Patentanspruch 1 handelt es sich um einen Sachanspruch, dessen Merkmale dazu bestimmt sind, die geschützte Sache zu beschreiben, d.h. im Streitfall die Maschine und damit gegebenenfalls mittelbar die Ausgestaltung der Erzeugnisse, die mit ihr hergestellt werden können. Wird Merkmal 4.2 - wie stets geboten (statt aller BGHZ 194, 107, Rn. 27 - Polymerschaum I) - im Kontext der Merkmalsgruppe 4 und diese im Zusammenhang des gesamten Anspruch und vor dem erläuternden Hintergrund der Beschreibung gelesen, besagt die Merkmalsgruppe 4, dass die Relativposition des zweiten Stanzelements schrittweise (inkrementell) so geändert wird, dass der Polabschnitt jedes Elements im Verhältnis zum Polabschnitt des vorangehenden um eine entsprechende Schrittweite gegenüber der gemeinsamen Mittellinie der Grundkörperabschnitte versetzt ist. Die Relativbewegung der Stanzelemente (Vorrichtungsmerkmal 4) soll mit anderen Worten so erfolgen, dass die mit der Vorrichtung hergestellten (Rotor-)Elemente den Merkmalen 4.1 und 4.2 entsprechen. Die Grundkörperabschnitte haben mithin eine gemeinsame Mittellinie, die (nicht symmetrischen) Polabschnitte weisen hingegen einen Versatz aus der Mittellinie in die eine oder andere Richtung auf.

27

Demgegenüber liefe ein Verständnis des Merkmals 4.2 als mittelbare Umschreibung der stationären Anordnung des ersten Stanzelements darauf hinaus, dass die - wie auch das Patentgericht angenommen hat - in Patentanspruch 1 an sich offen gelassene Frage, welches Stanzelement fest und welches beweglich angeordnet ist, doch im Sinne einer festen Anordnung des ersten Stanzelements beantwortet würde. Gleichzeitig verlöre damit Patentanspruch 2, der gerade erst bestimmt, dass das erste Stanzelement fest sein und das zweite inkrementell relativ zu diesem bewegt werden soll, seine Funktion, die mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellte Vorrichtung zu konkretisieren und wiederholte mit anderen Worten lediglich den sachlichen Gehalt des Patentanspruchs 1.

28

(3) Schließlich stützt auch Patentanspruch 6 - und entsprechendes gilt für das Verfahren nach Patentanspruch 9 - in Verbindung mit der Beschreibung die Annahme, dass die Merkmale 2.1 und 2.2 im dargestellten Sinne einer Vertauschung von Grundkörper- und Polabschnitten zu lesen sind.

29

Technisch sinnvoll ließe sich die zunächst nur teilweise Ausstanzung des Grundkörperabschnitts, die Merkmal 2.1 vorzusehen scheint, nur dahin verstehen, dass dem Ausstanzen seiner Längskanten die Ausstanzung seiner Fußlinie, gegebenenfalls zusammen mit der Oberkante des vorauslaufenden Polabschnitts, nachfolgt. Hierfür wird, wie ausgeführt, im Ausführungsbeispiel die Stanze 65 verwendet, die zusammen mit der gekrümmten inneren Oberfläche des Grundkörperabschnitts die gekrümmte äußere Oberfläche des Polabschnitts erzeugt. Dadurch bleibt, wie in Absatz 35 der Beschreibung erläutert wird, die Mittellinie des Krümmungsradius der Polabschnitte im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts, obwohl sich der Versatz des Polabschnitts um einen Schritt von der theoretischen Position unterscheidet. Damit bleiben gleichzeitig die Mittellinie der äußeren Oberfläche der Polabschnitte der gestapelten Rotorelemente und der Luftspalt zwischen dieser äußeren Oberfläche und der inneren Oberfläche des Stators trotz der winkelartigen Anordnung konstant. Die Vorteile dieser Anordnung können ohne den Nachteil einer Veränderung der Dicke des Luftspalts in Axialrichtung der Rotoranordnung genutzt werden (Abs. 36).

30

Die Stanze 65 gehört zu einem dritten Stanzelement 35, das nach Patentanspruch 4 zum Ausstanzen eines Umfangsrands zwischen dem Grundkörperabschnitt eines Elements und dem Polabschnitt eines durch den vorangegangenen Ausstanzvorgang gebildeten Elements dient. Nach Patentanspruch 6 sind die zweiten und dritten Stanzelemente integral ausgebildet. Es sind somit in Patentanspruch 6 einteilig ausgebildete Stanzen 64a, 64b, 65 unter Schutz gestellt, wie sie in der Beschreibung erläutert und in Figur 7 gezeigt sind. Sie können, wie von Patentanspruch 9 gefordert, gemeinsam schrittweise zwischen aufeinander folgenden Ausstanzvorgängen bewegt werden.

31

Mit diesem einteiligen beweglichen Werkzeug lassen sich jedoch im Wesentlichen auf der Mittellinie C/L des Grundkörperabschnitts liegende Krümmungsradien der Polabschnitte nicht erzeugen. Es lassen sich nicht einmal die (gleichmäßig) gekrümmten inneren Oberflächen des Grundkörperabschnitts erzeugen, mit denen die Rotorelemente im Ausführungsbeispiel auf der Welle angeordnet sind, weil die einteilige Stanze relativ zum Grundkörperabschnitt verschoben wird.

32

(4) Unter Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Beschreibung, des Sinngehalts der Merkmalsgruppe 4, und des Wortlauts der Patentansprüche 2, 6 und 9 muss der Fachmann, der es unternimmt, ein sinnvolles und wenn möglich widerspruchsfreies Gesamtverständnis der Patentansprüche und der zu ihrer Erläuterung bestimmten Beschreibung zu entwickeln, mithin zu dem Schluss gelangen, dass mit der Formulierung des Patentanspruchs in den Merkmalen 2.1 und 2.2 - entgegen dem insoweit verunglückten Wortlaut - nichts unter Schutz gestellt worden ist, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung abweicht, bei der mit dem ersten (feststehenden) Stanzelement (zumindest) Teile der Polabschnitte eines jeden Elements und mit dem zweiten (beweglichen) Stanzelement die Grundkörperabschnitte eines jeden Elements durch Ausstanzen bereitgestellt werden.

33

c) Entgegen der von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung steht die dargestellte Auslegung des Patentanspruchs 1 - die entsprechend für Patentanspruch 7 gilt - auch nicht im Widerspruch zu einer mit der Erteilung des Streitpatents vorgenommenen Beschränkung des Schutzgegenstands gegenüber dem mit der Anmeldung beanspruchten Gegenstand. Denn es bleibt dabei, dass der Patentanspruch durch die vom Patentgericht aufgezeigten zusätzlichen Merkmale als ein gegenüber der Anmeldung engerer Gegenstand definiert worden ist.

34

3. Damit enthält der Gegenstand des Streitpatents insoweit keine unzulässige Erweiterung. Dass sie auch im Übrigen nicht vorliegt, hat das Patentgericht rechtsfehlerfrei angenommen; die Berufungserwiderungen wenden sich hiergegen auch nicht.

35

IV. Da das Patentgericht - nach seinem Ausgangspunkt konsequent - sich mit der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents nicht befasst hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Patentgericht zurückzuverweisen (§ 119 Abs. 2 und 3 PatG).

36

Ein Grundgedanke des reformierten Patentnichtigkeitsverfahrens ist es, dass die Patentfähigkeit zunächst durch das auch mit technisch sachkundigen Richtern besetzte Patentgericht bewertet wird und diese Bewertung durch den Bundesgerichtshof überprüft wird. Eine Endentscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 119 Abs. 5 PatG) ist daher regelmäßig nicht sachgerecht, wenn die Erstbewertung des Standes der Technik durch das Patentgericht unterblieben ist. Dafür, dass im Streitfall etwas anderes gälte, ist nichts erkennbar und wird auch von den Parteien nichts geltend gemacht.

Meier-Beck                        Gröning                                Bacher

                     Deichfuß                        Kober-Dehm

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.