Bundesgerichtshof Urteil, 09. Mai 2017 - X ZR 102/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Dr. Grabinski und Hoffmann, die Richterin Schuster und den Richter Dr. Deichfuß
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte ist Inhaberin des am 24. Juli 2001 angemeldeten deutschen
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- Patents 101 35 233, das eine Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken betrifft. Patentanspruch 1, auf den 14 weitere Ansprüche rückbezogen sind, lautet: Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken (2) mit einer Bruchtrennstation (88) zum Bruchtrennen von gekerbten Abschnitten und/oder einer Kerbstation (86) zum Einbringen von die Bruchebene vorgebenden Kerben und/oder einer Fügestation (90) zum Verschrauben der zu trennenden Abschnitte und einem Werkstücktisch (8) zum Aufspannen des zu trennenden Werkstücks (4) dadurch gekennzeichnet, dass zumindest eine der Bearbeitungsstationen (86; 88; 90) an einem Mittenaufbau (10) angeordnet ist, wobei der Mittenaufbau (10) von einem als drehbarer Ringtisch (8) ausgebildeten Werkzeugtisch umgriffen ist. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei
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- nicht patentfähig und sein Schutzbereich unzulässig erweitert. Die Beklagte hat das Streitpatent beschränkt mit einem Hauptantrag und
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- zwei Hilfsanträgen verteidigt. Die mit dem Hauptantrag verteidigte Fassung, bei der der erteilte Anspruch 1 durch die Merkmale des erteilten Anspruchs 6 ergänzt ist, lautet: Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken (2) mit einer Bruchtrennstation (88) zum Bruchtrennen von gekerbten Abschnitten und einer Laserstation (86) zum Einbringen von die Bruchebene vorgebenden Kerben und einer Fügestation (90) zum Verschrauben der zu trennenden Abschnitte und einem Werkstücktisch (8) zum Aufspannen des zu trennenden Werkstücks (4) dadurch gekennzeichnet , dass zumindest eine der Bearbeitungsstationen (86; 88; 90) an einem Mittenaufbau (10) angeordnet ist, wobei der Mittenaufbau (10) von dem als drehbarer Ringtisch (8) ausgebildeten Werkstücktisch umgriffen ist. Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen rich4 tet sich die Berufung der Beklagten, die ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
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- I. Das Streitpatent betrifft eine Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken.
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- 1. Das Bruchtrennen von Werkstücken wird beispielsweise bei Pleueln oder Kurbelgehäusen angewandt. Dabei werden an der Innenumfangfläche des Lagersitzes des Werkstücks diametral zwei Sollbruchstellen in Form von Kerben axial aufgebracht, so dass der Lagersitz nach dem Aufbringen einer Bruchtrennkraft definiert in einen Lagerdeckel und ein Lagerbett geteilt wird (Abs. 2). Der Vorteil des Bruchtrennens bestehe, so die Patentbeschreibung, darin, dass sich eine Mikro- und Makroverzahnung zwischen den Fügeflächen des Lagerdeckels und Lagerbetts ausbilde, die ein passgenaues Zusammenfügen der beiden Teile ermögliche und Nacharbeiten entfallen ließen (Abs. 3). Die Sollbruchstellen würden üblicherweise über ein mechanisches Räumverfahren oder mittels eines Laserstrahls (Laserkerben) in einer entsprechenden Kerbstation aufgebracht (Abs. 4). Bei dem aus dem deutschen Patent 198 41 027 (D3) bekannten Verfahren und der dort offenbarten Einrichtung zum Bruchtrennen würden die Arbeitsschritte Bruchtrennen, Ausblasen und Fügen des Lagersitzes in einer einzigen Station durchgeführt. Deswegen sei die Produktionskapazität der bearbeiteten Lagersitze bei dieser Einrichtung begrenzt. Zur Steigerung der Produktionskapazität sei eine radiale Anordnung mehrerer Stationen an einem Rundtisch vorstellbar. Eine andere mögliche Anordnung sei eine Zerlegung dieser Station in nach Fertigungsschritten getrennte Bearbeitungsstationen. Bei beiden Varianten müssten die Stationen eng zueinander gesetzt werden, da der zur Verfügung stehende Raum um den Rundtisch sehr begrenzt sei. Durch eine einseitige radiale Anordnung werde jedoch weder eine kompakte Bauweise erreicht , noch seien derartige Stationen, z. B. zur Wartung oder Behebung von Störungen, leicht zugänglich (Abs. 5, 6).
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- 2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent das technische Problem zugrunde, eine Einrichtung zum Bruchtrennen zu schaffen, die bei kompakter Bauweise eine Erhöhung der Produktionskapazität ermöglicht (Abs. 7).
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- 3. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in der verteidigten Fassung (fettgedruckte Wörter befinden sich in der Fassung nach dem Hauptantrag, unterstrichene Merkmale sind solche des Hilfsantrags I, kursiv gesetzt ist das Merkmal nach Hilfsantrag II) eine Vorrichtung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern): 1. Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken (2), die aufweist [1]: 1.1 eine Bruchtrennstation (88) zum Bruchtrennen von gekerbten Abschnitten [2], 1.2 eine Laserstation/eine Kerbstation (86) zum Einbringen von die Bruchebene vorgebenden Kerben [3], 1.3 eine Fügestation (90) zum Verschrauben der zu trennenden Abschnitte [4] und 1.4 einen Werkstücktisch (8) zum Aufspannen des zu trennenden Werkstücks (4) [5]. 2. Zumindest eine der Bearbeitungsstationen (86; 88; 90)/die als Laserstation ausgebildete Kerbstation (86) [8] ist an einem Mittenaufbau (10) angeordnet [6]. 3. Der Mittenaufbau (10) ist von dem als drehbarer Ringtisch (8) ausgebildeten Werkstücktisch umgriffen [7]. 4. Der Bruchtrennstation (88) ist eine Einpressstation (92) zum Einpressen von Buchsen (58) in das Werkstück (4) an dem Mittenaufbau (10) gegenüber angeordnet [9].
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- 4. Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung.
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- a) Die Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken weist einen Werkstücktisch zum Aufspannen des zu trennenden Werkstücks auf (Merkmal 1.4 [5]). Der Mittenaufbau ist von dem als drehbarer Ringtisch ausgebildeten Werkstücktisch umgriffen (Merkmal 3 [7]).
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- aa) Die Beklagte hat mit der Formulierung des Hauptantrags das im kennzeichnenden Teil der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 enthaltene Wort "Werkzeugtisch" in "Werkstücktisch" geändert. Dabei handelt es sich, wovon offenbar auch das Patentgericht in seinem gerichtlichen Hinweis nach § 83 PatG ausgegangen ist, um eine bloße Korrektur eines unzutreffend verwendeten Begriffs, da bei zutreffendem Verständnis der Patentschrift "Werkzeugtisch" im Sinne des Merkmals 1.4 mit "Werkstücktisch" gleichgesetzt werden kann.
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- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Bedeutung der in einem Patentanspruch verwendeten Begriffe durch Auslegung des Patentanspruchs zu ermitteln, die stets geboten ist und auch dann nicht unterbleiben darf, wenn der Wortlaut des Anspruchs eindeutig zu sein scheint (s. nur BGH, Urteil vom 12. Mai 2015 - X ZR 43/13, GRUR 2015, 875 Rn. 16 - Rotorelemente, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Urteil vom 27. Oktober 2015 - X ZR 11/13, GRUR 2016, 361 Rn. 14 - Fugenband). Die Beschreibung des Patents, deren Funktion es ist, die geschützte Erfindung zu erläutern, kann Begriffe eigenständig definieren und insoweit ein patenteigenes Lexikon darstellen (BGH - Fugenband Rn. 14; Rotorelemente Rn. 16; Urteil vom 2. März 1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 - Spannschraube). Auch der Grundsatz, dass bei Widersprüchen zwischen Anspruch und Beschreibung der Anspruch Vorrang genießt, weil dieser und nicht die Beschreibung den geschützten Gegenstand definiert und damit auch begrenzt (BGH, Urteil vom 10. Mai 2011 - X ZR 16/09, BGHZ 189, 330 Rn. 23 - Okklusionsvorrichtung), schließt nicht aus, dass sich aus der Beschreibung und den Zeichnungen ein Verständnis des Patentanspruchs ergibt, das von demjenigen abweicht, das der bloße Wortlaut des Anspruchs vermittelt. Im Zweifel ist ein Verständnis des Anspruchs geboten , das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht (BGH - Rotorelemente Rn. 16).
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- bb) Nach diesen Grundsätzen ergibt die Auslegung des erteilten Patentanspruchs 1, dass mit dem Wort "Werkzeugtisch" der Begriff "Werkstücktisch" gemeint ist. Das Wort "Werkzeugtisch" findet sich allein im kennzeichnenden Teil des erteilten Patentanspruchs 1; dort ist im Oberbegriff von einem als drehbarer Ringtisch ausgebildeten Werkstücktisch die Rede, und im kennzeichnenden Teil wird von einem als Werkzeugtisch ausgebildeten drehbaren Ringtisch gesprochen. Aus der Beschreibung und den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 und 4 des Streitpatents wird jedoch deutlich, dass mit dem Begriff Werkzeugtisch ein Werkstücktisch angesprochen ist.
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- (1) Erfindungsgemäß wird das Werkstück auf einem als drehbarer Ringtisch 8 ausgebildeten Werkstücktisch aufgespannt, wobei zumindest eine Bearbeitungsstation von dem Ringtisch umgriffen ist (Abs. 9, 51). Der Ringtisch 8 ist drehbar auf einem Maschinenbett gelagert und als Werkstücktisch ausgebildet. Dies bedeutet, dass er, wie unter anderem aus den Figuren 1 und 4 ersichtlich ist, als Auflagefläche für die zu bearbeitenden Werkstücke dient, bei denen es sich beispielsweise um Pleuel handelt, die sich radial auf dem Ringtisch erstrecken (Abs. 24). An anderen Stellen der Beschreibung (Abs. 26-29, 33-35, 39, 43, 48) und in den erteilten Unteransprüchen 5, 7 und 9 ist stets von dem Ringtisch 8 als dem Werkstücktisch die Rede. Der Begriff Werkzeugtisch findet sich demgegenüber in der Streitpatentschrift mit Ausnahme des erteilten Anspruchs 1 nicht. Für die Anordnung eines neben dem Werkstücktisch zusätzli- chen Werkzeugtisches bieten weder die Beschreibung noch die Zeichnungen einen Anhaltspunkt, und für eine solche Anordnung ist auch kein plausibler Grund erkennbar. Der Tisch dient zur Auflage der Werkstücke, die den verschiedenen Bearbeitungsstationen, mit denen die patentgemäße Einrichtung ausgestattet ist, beispielsweise zum Laserkerben, Bruchtrennen oder Einpressen zugeführt werden. An welcher Stelle ein zusätzlicher Werkzeugtisch vorgesehen sein soll oder welche Funktion mit diesem in der Einrichtung verbunden sein soll, ist weder aus den Patentansprüchen noch der Beschreibung und den Zeichnungen zu erkennen. Mit der Formulierung des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung sollte deshalb ersichtlich nichts unter Schutz gestellt werden, was von der in der Beschreibung offenbarten Vorrichtung, die einen Werkstücktisch aufweist, abweicht.
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- (2) Dies gilt auch für die von der Klägerin ebenfalls als unzulässig gerügte Verwendung des bestimmten Artikels "der" anstelle des unbestimmten Artikels "einem" in Merkmal 3 [7]. Die Änderung des unbestimmten in den bestimmten Artikel ist mit Blick auf das dargelegte Verständnis des Begriffs Werkzeugtisch als Werkstücktisch folgerichtig. Wenn man in Merkmal 1.4 [5] zugrunde legt, dass die beanspruchte Einrichtung einen Werkstücktisch aufweist, kann eine Bezugnahme auf diesen Tisch in Merkmal 3 [7] unter Verwendung des bestimmten Artikels erfolgen. Aus den genannten Textstellen der Beschreibung und den Figuren 1 und 4 ist, wie ausgeführt, erkennbar, dass der patentgemäße Gegenstand einen Werkstücktisch und nicht etwa einen zusätzlichen Werkzeugtisch aufweist.
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- b) Nach Merkmal 2 [6] ist zumindest eine der in Merkmal 1 genannten Bearbeitungsstationen 86, 88 und 90 (Bruchtrenn-, Laser- und Fügestation) an einem Mittenaufbau 10 angeordnet. Nach der Beschreibung ist es vorteilhaft, wenn die Bearbeitungsstationen, zu denen auch die Be- und Entladungsstati- on 84 und die Einpressstation 92 gehören (Abs. 31), auch zu mehreren an Seitenflächen eines polyederförmigen feststehenden Mittenaufbaus angeordnet sind (Abs. 10). Die Bearbeitungsstationen können über Vertikalschlitten getrennt voneinander in ihrer Höhe bewegt sein, wobei je nach Fertigungsschritt ebenfalls eine Horizontalführung vorstellbar ist (Abs. 12). Weiter ist es hinsichtlich der Kompaktheit der Einrichtung mit kleiner Stellfläche und guter Zugänglichkeit vorteilhaft, einige Bearbeitungsstationen (88, 90, 92) an dem Mittenaufbau und einige (84, 86, 90) radial außenliegend anzuordnen (Abs. 32).
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- c) Nach Hilfsantrag I sind die Merkmale 1.2 [3] und 2 [6] dahingehend geändert, dass die patentgemäße Einrichtung eine Kerbstation aufweist, bei der es sich um eine Laserstation handelt, und zumindest diese Laserstation an dem Mittenaufbau 10 angeordnet ist. Über die Ausgestaltung oder Beschaffenheit der Laserstation enthält die Patentschrift, wie das Patentgericht zutreffend bemerkt , keine Angaben.
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- d) Die Anspruchsfassung nach Hilfsantrag II enthält aufbauend auf den Merkmalen des Hilfsantrags I das Merkmal 4 [9], wonach der Bruchtrennstation 88 eine Einpressstation 92 zum Einpressen von Buchsen in das Werkstück 4 an dem Mittenaufbau gegenüber angeordnet ist. In Absatz 37 der Beschreibung ist davon die Rede, dass die Bruchtrennstation 88 am Mittenaufbau vorzugsweise diametral zur Einpressstation 92 angeordnet ist.
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- II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Gegenstand von Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag beruhe
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- nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Frage der erfinderischen Tätigkeit sei das deutsche Patent 198 41 027 (D3), das ein Verfahren zum Bruchtrennen von Werkstücken und eine Bearbeitungseinheit zu dessen Durchführung betreffe. Ein geteiltes Lager eines Bauteils solle ausgebildet werden, das mittels eines Bruchtrennvorgangs in einen Lagerdeckel und ein bauteilseitiges Lagerbett getrennt werde. Zu diesem Zweck sei eine Crackstation oder Crackeinheit (12) vorgesehen, so dass Merkmal 1.1 [2] des Streitpatents erfüllt sei. Bei dem Werkstück könne es sich um ein Pleuel (2) mit gekerbten Abschnitten, nämlich zwei die Bruchebene vorgebenden Kerben in der Umfangswandung des Lagerauges, handeln, die mittels einer Lasereinheit (10) über zwei Optiken eingearbeitet würden. Damit sei Merkmal 1.2 [3] gegeben. Die aus D3 bekannte Einrichtung weise in Übereinstimmung mit Merkmal 1.3 [4] auch eine Fügestation zum Verschrauben der zu trennenden Abschnitte in Gestalt einer Schraubeinheit (24) auf. Die Position des Pleuels (2) werde beim Cracken und Verschrauben nicht verändert. Während der genannten Bearbeitungsschritte sei das Pleuel auf Kassetten (6) einer Transporteinheit (4) festgelegt , die als Rundtisch (8) ausgebildet sei. Somit erfülle die bekannte Bearbeitungseinheit auch das Merkmal 1.4 [5] nach dem Streitpatent. Die Merkmale 2 [6] und 3 [7] der patentgemäßen Einrichtung offenbare
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- D3 dagegen nicht. Mit den in diesen Merkmalen vorgeschlagenen Maßnahmen sollten eine
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- kompakte Bauweise und eine Erhöhung der Produktionskapazität erreicht werden. Für den Fachmann, einen Hochschulabsolventen der Fachrichtung Maschinenbau , der über Kenntnisse der Fertigungstechnik und mehrjährige Erfahrung in der Konstruktion von Werkzeugmaschinen verfüge, stelle sich das für jede fertigungstechnische Einrichtung allgemein bestehende Problem, eine Bearbeitungsvorrichtung platzsparend und dabei effizient zu gestalten. Dies gelte insbesondere, wenn es sich, wie hier, um die automatisierte Massenfertigung von Teilen handele. Der Fachmann werde folglich neben dem Stand der Technik , der sich speziell mit Einrichtungen zum Bruchtrennen von Werkstücken be- fasse, auch den allgemeinen Stand der Technik in Betracht ziehen, der maschinenbautechnische Lösungen biete, die sich für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in der Fertigung eignen könnten. Hinweise für derartige Lösungen böten sich dem Fachmann aus dem
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- Tool and Manufacturing Engineers Handbook - Desk Edition (Hrsg. W.H. Cubberly und R. Bakerjian, 1989, ausgewählte Seiten, D8; deutsche Fassung: Handbuch für Werkzeug- und Fertigungsingenieure, D8de) an. DasHandbuch befasse sich in Kapitel 30 mit verschiedenen Automatisierungskonzepten, die im Sinne der dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe maximale Effizienz auf minimalem Raum gewährleisten sollten. Danach sei es vorteilhaft, in Sondermaschinen so viele Vorgänge wie möglich auszuführen, während das zu bearbeitende Teil noch in der Maschine gelagert und eingespannt sei. Die Auswahl eines geeigneten Maschinentyps hänge dabei von vielen Faktoren, einschließlich der Gestaltung des Werkstücks, Anzahl und Art von auszuführenden Vorgängen, Stellflächenbedarf, Produktionsanforderungen und Flexibilitätsanforderungen ab. Für die hier zu lösenden Probleme kämen dem Handbuch D8 zufolge Maschinen nach dem Drehscheibenprinzip gemäß zwei bekannten Konzepten in Frage, nämlich dem der Mittelsäulenmaschine und dem der Rundtransfermaschine. Die jeweiligen Vor- und Nachteile dieser Maschinentypen seien dem Fachmann bekannt gewesen. Es sei naheliegend, die bekannten maschinenbautechnischen Lösungen zu betrachten, zu prüfen und die für die Gegebenheiten beim Bruchtrennen von Werkstücken geeignete Lösung auszuwählen. Sowohl mit Blick auf das Konzept der Mittelsäulenmaschine als auch auf dasjenige der Rundtransfermaschine werde dem Fachmann vermittelt, dass die Kombination zweier Maßnahmen zum Erfolg führe: Zum einen seien Einrichtungen vorzusehen, die eine getaktete Bearbeitung von fest auf einem horizontalen Rundschalttisch montierten Werkstücken an mehreren Stationen von einem Fertigungsschritt zum nächsten vornähmen. Zum anderen sei es vorteilhaft, die Fertigungseinheiten in der Bearbeitungseinrichtung je nach der Wirkrichtung ihres Werkzeugs unter den gegebenen Möglichkeiten sowohl auf der Innenseite als auch auf der Außenseite eines Rundtisches anzuordnen. Für den Fachmann sei ersichtlich, dass eine aufeinander abgestimmte, an die bekannte Fließfertigung angelehnte Abfolge von Fertigungsschritten eine Erhöhung der Produktionskapazität mit sich bringe. Er erkenne, dass die Zerlegung der einzelnen Station in nach Fertigungsschritten getrennte Bearbeitungsstationen hinsichtlich des Platzbedarfs nachteilig sei, wenn die Anordnung der D3 beibehalten werde. Der Fachmann werde daher bei Bearbeitungsstationen nach dem Drehscheibenprinzip soweit wie möglich die Nutzung des Platzes innerhalb des Rundtisches erwägen. Für die dem Streitpatent zugrundeliegenden Platz- und Produktionskapazitätsprobleme bei der Einrichtung der D3 werde der Fachmann nicht die Rundtransfermaschine als Lösung bevorzugen, die in der Regel auf kleine Werkstücke begrenzt sei, sondern die automatisierte Mittelsäulenmaschine; diese komme den Produktionsgegebenheiten entgegen, die der Fachmann bei der Vorrichtung nach der D3 bereits vorfinde. Insoweit könne der Fachmann die Transport- und Befestigungsmittel für die Werkstücke im Prinzip beibehalten und müsse lediglich die Dimensionen des Ringtisches den Erfordernissen der Bearbeitung einer Mittelsäulenmaschine, wo vertikale Stationen platzsparend an einem Mittenaufbau angeordnet werden, entsprechend anpassen. Sollte der Fachmann eine Rundtransfermaschine demgegenüber in Betracht ziehen, müsse er vollständig andere Transport- und Befestigungsmittel für die Werkstücke vorsehen. Auch die mit den Hilfsanträgen beanspruchten Gegenstände beruhten
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- nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Die zusätzlichen Merkmale des Hilfsantrags I, wonach als Kerbstation
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- zumindest die Laserstation am Mittenaufbau vorzusehen sei, wobei der Mitten- aufbau von dem als drehbarer Ringtisch ausgebildeten Werkstücktisch umgriffen sei, werde in der Entgegenhaltung D3 nicht offenbart. In der D3 werde jedoch zu weiteren Details der einzusetzenden Lasereinheit "der Einfachheit halber" (Sp. 3, Z. 65) auf das deutsche Patent 195 34 360 (B2) verwiesen. Dort seien drei Ausführungsbeispiele für Laservorrichtungen zum Einbringen von Kerben offenbart. Aus der Entgegenhaltung ergebe sich, dass es zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents bereits kleine Laserstationen gegeben habe, die sich wegen der Strahlübertragung mittels Lichtleiterfasern zur Anordnung an einer Säule und damit auch an einem Mittenaufbau förmlich anböten. Auch der Gegenstand des Hilfsantrags II, wonach an dem Mittenaufbau
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- der Bruchtrennstation gegenüber eine Einpressstation zum Einpressen von Buchsen in das Werkstück angeordnet sei, beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Mit dem hinzugefügten Merkmal erfolge eine Konkretisierung der Einrichtung zum Bruchtrennen, die die gemeinsame Positionierung einer Laserstation , einer Bruchtrennstation und einer Einpressstation an einem Mittenaufbau und dabei die gegenüberliegende Anordnung der Bruchtrennstation und der Einpressstation vorsehe. Die Einpressstation sei bereits eine Komponente der aus D3 bekannten Einrichtung. Dort sei vorgesehen, im Anschluss an das Spannschrauben das Pleuel zum nächsten Fertigungsschritt, beispielsweise der Feinbearbeitung oder dem Einsetzen von Buchsen, zu transportieren. Die Kombination von Kerbstation, Bruchtrennstation und Einpressstation habe sonach bereits zum Stand der Technik gehört. Aus dem Dokument ergebe sich zudem, dass sich die horizontale Lage des Werkstücks auf dem Rundtisch an jeder der genannten Stationen nicht ändere. Die gemeinsame Anordnung vertikaler Bearbeitungsköpfe gegenüberliegend am Mittenaufbau offenbare auch die Entgegenhaltung D8 für eine Mittelsäulenmaschine. Dass damit eine möglichst gleichmäßige Belastung an dem Mittenaufbau erreichbar sei, erkenne der Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnisse über technische Mechanik. Die Maßnahme sei an sich bekannt und aus fachmännischer Sicht auch zwingend erforderlich, wenn mechanische Kräfte beim Bearbeiten auf das Werkstück einwirkten, die den Mittenaufbau zusätzlich zu der Gewichtskraft aufgrund der Masse der Bearbeitungseinheit belasteten. Dies treffe für eine Einrichtung zum Bruchtrennen von Werkstücken, die wie eine Mittelsäulenmaschine konzipiert sei und bei der vertikale Bearbeitungsstationen am Mittenaufbau angeordnet seien, nur für die Bruchtrennstation und die Einpressstation zu, denn an der Kerbstation erfolge das Kerben des Werkstücks mit einer Laserstation und somit berührungslos. Die gegenüberliegende Anordnung von Bruchtrenn- und Einpressstation sei somit eine Maßnahme, die allenfalls handwerkliches Wissen und Können erfordere.
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- III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.
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- 1. Zu Recht hat das Patentgericht angenommen, dass der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents durch die Entgegenhaltung D3 in Verbindung mit dem durch den Buchauszug D8/D8de dokumentierten Fachwissen nahegelegt war (§ 4 PatG).
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- a) Das Patentgericht hat, von der Berufung unangegriffen, die Entgegenhaltung D3 als Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit gewählt und den Gegenstand der Entgegenhaltung zutreffend beschrieben. Dieser erfüllt die Merkmale 1 und 1.1 bis 1.4 des Hauptantrags. Zur Begründung wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Die Anordnung einer der Stationen an einem Mittenaufbau, der wiederum von dem als Ringtisch ausgebildeten Werkstücktisch umgriffen ist (Merkmale 2 [6] und 3 [7]), ist demgegenüber nicht offenbart.
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- b) In diesen Merkmalen werden, wie das Patentgericht richtig ausgeführt hat, Maßnahmen beschrieben, die entsprechend der Aufgabe des Streitpatents eine kompakte Bauweise der Einrichtung und eine Erhöhung der Produktionskapazität erreichen sollen. Dabei handelt es sich um eine für fertigungstechnische Einrichtungen allgemein bestehende Anforderung, eine Bearbeitungseinrichtung kompakt, also platzsparend und gleichzeitig wirkungsvoll, zu gestalten. Um diese Anforderung zu erfüllen und die aus der D3 bekannte Lösung weiterzuentwickeln, benötigte der Fachmann, den das Patentgericht zutreffend bestimmt hat, keine über die D8 hinausgehende Anregung im Stand der Technik.
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- aa) In welchem Umfang eine derartige Anregung erforderlich ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachverhaltselemente , wie ausdrücklicher Hinweise an den Fachmann, Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebiets, der üblichen Vorgehensweise bei der Entwicklung von Neuerungen, technischer Bedürfnisse, die sich aus der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstands ergeben, und auch nichttechnischer Vorgaben erfordert (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - X ZB 6/10, GRUR 2012, 378 - Installiereinrichtung II).
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- bb) Nach diesen Maßstäben hätte der Fachmann zur Verbesserung der bekannten Einrichtung das in den allgemeinen Stand der Technik eingegangene Fachwissen in Betracht gezogen, das sich grundsätzlich mit maschinenbautechnischen Lösungen bei der Gestaltung von Fertigungsmaschinen befasst und in dem Handbuch für Werkzeug- und Fertigungsingenieure (D8/D8de) offenbart ist. Dort wird, wie auch die Berufung nicht in Abrede stellt, in Kapitel 30, Seiten 30-22 ff. ein Überblick über zum Prioritätszeitpunkt bekannte Ausgestaltungen von Bearbeitungsstationen mit Erörterung der jeweiligen Vor- und Nach- teile gegeben. Das Patentgericht hat ausführlich dargelegt, dass für die Lösung der im Streitpatent genannten Probleme Maschinen nach dem Drehscheibenprinzip gemäß zwei Konzepten in Frage kommen, nämlich dem der Mittelsäulenmaschine und dem der Rundtransfermaschine. Dem Fachmann wird durch beide Konzepte vermittelt, zwei Maßnahmen erfolgversprechend zu kombinieren , nämlich zum einen Einrichtungen vorzusehen, die eine getaktete Bearbeitung von auf einem Rundschalttisch montierten Werkstücken an mehreren Stationen von einem Fertigungsschritt zum nächsten vornehmen, zum anderen die Bearbeitungsstationen je nach Ausrichtung der Wirkrichtung ihres Werkzeugs sowohl auf der Innen- als auch auf der Außenseite des Rundtisches anzuordnen.
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- cc) Vor diesem Hintergrund bot sich dem Fachmann jedenfalls auch die Möglichkeit der Umgestaltung der Einrichtung der D3 nach dem Vorbild der Mittelsäulenmaschine an. Er hätte es aus Platzgründen als nachteilig angesehen, die Bearbeitungsstation der D3 in einzelne Bearbeitungsstationen zu zerlegen und gleichzeitig die Bearbeitung mit an der Peripherie des Rundtisches angebrachten Bearbeitungseinheiten vorzunehmen; er hätte deshalb den Platz innerhalb des Rundtisches genutzt und einzelne Bearbeitungsstationen wie bei einer Mittelsäulenmaschine vertikal platzsparend an einem Mittenaufbau angeordnet. Hierfür konnte er die in D3 vorgesehenen Transport- und Befestigungsmittel für die Werkstücke, beispielsweise Pleuel 2, die auf dem horizontalen Rundtisch 4 montiert sind, beibehalten und hatte lediglich die Dimensionen des Ringtisches den Erfordernissen der Bearbeitung in einer Mittelsäulenmaschine anzupassen.
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- dd) Der hiergegen von der Berufung erhobene Einwand, der Fachmann sei gehalten gewesen, die Rundtischmaschine der D3 zu einer Rundtransfer- maschine (Rotary Transfer Machine) und nicht zu einer Mittelsäulenmaschine umzubilden, verfängt nicht. Bei einer Rundtransfermaschine werden die Werkstücke in gleitende, pa35 lettenförmige Haltevorrichtungen eingeklemmt, die in einer Kreisbahn getaktet werden. Die Paletten sind unabhängig an jeder Station mit Bolzen und Keilen befestigt. Sie sind an einem Festbett und nicht an einem beweglichen Tisch wie bei der Mittelsäulenmaschine geklemmt und bieten somit eine höhere Starrheit (D8de, S. 30-25, li. Sp. unter Rundtransfermaschine). Bei einer Rundtransfermaschine ist sonach, anders als bei der D3 als technischem Ausgangspunkt, keine Scheibe oder (Rund)Tisch vorhanden. Neben der Suche nach einer Möglichkeit zur platzsparenden Anordnung der Bearbeitungsstationen müsste der Fachmann deshalb zusätzlich eine andere Befestigungsmöglichkeit als die Auflage auf dem Rundtisch für die Werkstücke vorsehen. Dessen bedurfte es nicht, wenn er sich zur Weiterentwicklung der Vorrichtung nach der D3 an der Mittelsäulenmaschine orientierte, die einen Rundtisch und gleichzeitig eine maximale Anzahl an Werkstückflächen und Bearbeitungsvorgängen mit einer Maschine, die eine minimale Stellfläche erfordert, ermöglicht. Die zu bearbeitenden Teile werden in Haltevorrichtungen auf einem horizontalen Rundschalttisch montiert, der von Station zu Station getaktet wird. Die vertikalen Bearbeitungseinheiten sind auf einer Mittelsäule befestigt, und die sternförmigen horizontalen oder winkelförmigen Einheiten sind um die Peripherie des Rundschalttisches herum montiert. Sämtliche Bearbeitungsvorgänge erfolgen simultan, wodurch bei jedem Takten ein oder mehrere Fertigteile gefertigt werden können (D8de, S. 3024 li. Sp. oben).
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- 2. Die nach dem Hilfsantrag I verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1, in der das Kerben des Werkstücks mit einer an dem Mittenaufbau angeordneten Laserstation erfolgt, mag zulässig sein. Seine technische Lehre beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Nach den Ausführungen in dem Handbuch D8de werden bei der Mittel37 säulenmaschine vertikale Bearbeitungsstationen am Mittenaufbau montiert, horizontale oder winkelförmige Einheiten hingegen an der Peripherie des Rundtisches (D8de, S. 30-24 li. Sp. oben). Der Fachmann entnimmt hieraus, dass vorteilhafterweise je nach Ausgestaltung der Bearbeitungsstation diese vertikal oder horizontal angeordnet werden kann. Über eine etwa vertikale oder horizontale Ausrichtung der Bearbeitungsstationen, insbesondere der Laserstation, enthält die Entgegenhaltung D3 keine konkreten Angaben, sondern verweist hinsichtlich der Details der Laservorrichtung "der Einfachheit halber" (Sp. 3, Z. 64-66) auf die Druckschrift B2, deren Ausführungsbeispiele für Laservorrichtungen in Überlegungen zu der Vorrichtung der D3 mit einbezogen werden sollen. Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, zeigt B2 unterschiedliche Ausführungen und Anordnungen von Laserstationen, die horizontal oder auch vertikal angebracht werden können. Dies wird insbesondere deutlich an dem in der Figur 7 der B2 offenbarten Ausführungsbeispiel. Die Laserstation 60 ist hier mit zwei Fokussieroptiken 62, 63 versehen, die über Lichtleiter mit dem Lasergerät verbunden und vertikal ausgerichtet sind und über die eine parallele Bearbeitung von Werkstücken möglich ist (B2, Sp. 7, Z. 27 ff.). Die vergleichsweise leichten Fokussieroptiken sind, wie aus der Figur ersichtlich, vertikal an einem senkrechten Aufbau montiert und verschieb- und verschwenkbar im Gestell der Laserstation gelagert (Sp.7, Z. 57-60). Demnach waren bereits zum Anmeldezeitpunkt des Streitpatents kleine Laserstationen bekannt, die über Lichtleiter mit dem Lasergerät verbunden sind, in dem der Laserstrahl erzeugt wird. Der Fachmann hatte sonach Anlass, eine senkrechte Anordnung einer Bearbeitungsstation, insbesondere auch einer Laserstation, an der Mittelsäule zu erwägen und zu versuchen , die unterschiedlichen Stationen, d. h. auch die Laserstation, an dem Mittenaufbau anzuordnen, da sich diese Art der Anordnung als objektiv zweckmäßig darstellt. Besondere Umstände, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen, etwa - wie die Berufung meint - technische Schwierigkeiten in Bezug auf eine senkrechte Anordnung der Laserstation, sind mit Blick auf das Fachwissen in Bezug auf die Mittelsäulenmaschine und die Anordnung der Laserstation in der Entgegenhaltung B2 nicht feststellbar. Insbesondere genügt es dafür nicht, dass die Fokussieroptik auch Bewegungen in horizontaler Richtung ausführen muss.
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- 3. Auch der Gegenstand der nach Hilfsantrag II verteidigten Fassung beruht mit Blick auf die Entgegenhaltungen D3 und D8de nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
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- a) Nach dem zusätzlichen Merkmal 5 [9] ist an dem Mittenaufbau der Bruchtrennstation gegenüber eine Einpressstation angeordnet. Die Einpressstation dient bei dem patentgemäßen Gegenstand vorzugsweise zum Einpressen von Buchsen, wie sich aus dem erteilten Patentanspruch 12 und Absatz 49 der Beschreibung ergibt. Aus D3 lässt sich, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, entnehmen, dass dort das Werkstück nach dem Bruchtrenn- und Fügevorgang zum nächsten Fertigungsschritt, beispielsweise der Feinbearbeitung oder dem Einsetzen von Buchsen, transportiert wird (D3, Sp. 8, Z. 20-23). In der Entgegenhaltung ist demnach eine Einrichtung zum Einsetzen oder Einpressen von Buchsen angesprochen, zu der D3 keine näheren Ausführungen enthält. Ob das Werkstück, wie die Berufung meint, zur Durchführung des Einpressvorgangs vom Rundtisch weggenommen wird, lässt sich der Entgegenhaltung nicht entnehmen.
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- b) Nach der Beschreibung der Mittelsäulenmaschine in D8de können, wie ausgeführt, vertikale Bearbeitungsstationen am Mittenaufbau angeordnet werden. In der Entgegenhaltung wird die Mittelsäulenmaschine allgemein dahin beschrieben, dass sie eine maximale Anzahl an Werkstückflächen und Bearbeitungsvorgängen gewährleistet und gleichzeitig eine minimale Stellfläche erfordert (D8de, S. 30-23 unten). Darüber hinaus wird das Prinzip der Anordnung von Bearbeitungseinheiten an der Mittelsäule oder der Peripherie des Rundschalttisches abstrakt, d. h. ohne Benennung einer konkreten Bearbeitungsstation geschildert. In Kenntnis dieses Prinzips kann der Fachmann angesichts der für die zu konstruierende Fertigungseinrichtung jeweils erforderlichen Bearbeitungsstationen entscheiden, welche der Einrichtungen an dem Mittenaufbau angeordnet werden kann. Die auf eine vertikale Wirkung ausgerichtete Einpressstation muss, wie der Fachartikel von S. Gruhler, "Eine Technologie mit Zukunft" (Zeitschrift NC-Fertigung 7/98, S. 28 ff., 31, D4) aufzeigt, in den Ablauf der einzelnen Bearbeitungsschritte integriert werden. Der Fachmann hätte deshalb erwogen, auch die Einpressstation am Mittenaufbau an einer geeigneten Stelle anzuordnen, die den hierfür erforderlichen Platz bietet und gleichzeitig unter Beachtung des Ausgleichs von Kräften mit Blick auf die Dreh- und Kipp- momente der einzelnen Stationen für die Anordnung geeignet ist. Als geeignete Platzierung der Einpressstation kam sonach auch eine Anordnung gegenüber der Bruchtrennstation in Betracht. Wie das Patentgericht zudem zutreffend angenommen hat, musste der Fachmann bei der Ausgestaltung einer an einem Mittenaufbau mit einer Bruchtrenn- und einer Einpressstation versehenen Einrichtung darauf bedacht sein, eine möglichst gleichmäßige Belastung des Mittenaufbaus zu erreichen. Durch beide Bearbeitungsstationen wird mechanisch auf das Werkstück eingewirkt. Eine räumlich ausgewogene Anordnung der beiden Stationen ist deshalb aus fachmännischer Sicht erforderlich, um zu verhindern , dass die Einrichtung bei der Bearbeitung des Werkstücks in vermeidbarer Weise mit Kippmomenten belastet wird.
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- IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO.
Richterin am Bundesgerichtshof Schuster ist erkrankt und kann deshalb nicht unterschreiben. Meier-Beck Deichfuß
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 11.06.2015 - 2 Ni 26/13 -
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(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.
(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.
(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.
(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Gehören zum Stand der Technik auch Unterlagen im Sinne des § 3 Abs. 2, so werden diese bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen.
(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.
(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)