Bundesgerichtshof Urteil, 17. Sept. 2008 - VIII ZR 58/08
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagte war aufgrund eines Vertrages vom 1. Oktober 2001 Mieterin eines Einfamilienhauses des Klägers in K. Die Parteien waren früher ein Ehepaar und gemeinsam Eigentümer dieses Hauses. Im Rahmen der Trennung wurde das Haus vom Kläger übernommen. Die Beklagte wohnte sodann dort mit den gemeinsamen Kindern.
- 2
- Die Parteien vereinbarten für die 128 qm Wohnfläche eine monatliche Nettomiete von 511,29 €.
- 3
- Mit Schreiben vom 28. Februar 2006 forderte der Kläger von der Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete auf 4,79 €/qm (Gesamtnettomiete von 613,55 € monatlich) ab 1. Mai 2006. Er bezog sich dabei auf den Mietspiegel für die Stadt K. , Stand Januar 2002, unter Eingruppierung des Hauses in die dort genannte Wohnlage B.
- 4
- Da die Beklagte der Erhöhung nicht zustimmte, machte der Kläger sein Verlangen gerichtlich geltend. Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze von § 558 Abs. 3 BGB verurteilt, der Erhöhung der Nettomiete auf monatlich 613,12 € zuzustimmen, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision des Klägers hat Erfolg.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 7
- Das Zustimmungsverlangen des Klägers sei formell unwirksam, weil die gesetzlich vorgeschriebene Begründung fehle. Zwar habe sich der Kläger auf den Mietspiegel der Stadt K. gestützt. Dieser sei jedoch kein taugliches Begründungsmittel, weil der Mietspiegel keine Daten für Einfamilienhäuser enthalte , sondern sich nur auf Wohnungen in Zwei- oder Mehrfamilienhäusern beziehe. Dagegen könne nicht geltend gemacht werden, die Miete für Einfamilien- häuser liege meist oder immer über der für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern.
II.
- 8
- Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 9
- 1. Zu Unrecht hat das Landgericht das Zustimmungsverlangen für formell unwirksam gehalten, weil der Mietspiegel für K. keine Angaben über Einfamilienhäuser enthalte.
- 10
- a) Diese Rechtsansicht - sofern der Mietspiegel keine Angaben für Einfamilienhäuser enthalte, könne mit einem solchen Mietspiegel eine Mieterhöhung für ein Einfamilienhaus nicht begründet werden - wird in Rechtsprechung und Literatur vertreten (u.a. LG Berlin, GE 2002, 1197; LG Gera, WuM 2002, 497; LG Hagen, WuM 1997, 331; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a BGB Rdnr. 35).
- 11
- b) Nach anderer Ansicht reicht zur Begründung des Erhöhungsverlangens für die Miete eines Einfamilienhauses die Bezugnahme auf den an sich nicht einschlägigen Mietspiegel jedenfalls dann aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Mietpreisspanne für Mehrfamilienhäuser liegt (Kniep, NZM 2000, 166 f. m.w.N.; MünchKommBGB/Artz, 5. Aufl., § 558a Rdnr. 17).
- 12
- c) Die letztgenannte Ansicht trifft zu. Denn die Miete für Einfamilienhäuser liegt im Regelfall über der Miete für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Dies entspricht nicht nur einem Erfahrungssatz. Im Mietspiegel selbst ist unter IV. vermerkt, dass Wohnungen in kleineren Wohneinheiten tendenziell höherpreisig sind, wie sich aus dem Text ergibt: "Bei Wohnungen in Zweifamilienhäusern (...) ist in der Regel vom oberen Tabellenwert auszugehen".
- 13
- Dafür, dass im Streitfall Besonderheiten zu berücksichtigen wären, die ein anderes Ergebnis nahe legen würden, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
- 14
- In der Revisionsinstanz war über eine Verpflichtung zur Zustimmung zu einer Mieterhöhung auf 4,79 €/qm zu entscheiden. Die Spanne für sonst vergleichbare Wohnungen in Mehrfamilienhäusern wird im Mietspiegel mit 6,50 € bis 7,40 € angegeben. Es liegt daher fern, dass die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 BGB) für Einfamilienhäuser überschritten würde. Dies gilt umso mehr, als nach einem vom Erstgericht eingeholten Sachverständigengutachten die ortsübliche Vergleichsmiete für das Einfamilienhaus des Klägers 7,25 €/qm beträgt.
- 15
- 2. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Vereinbarung in § 4a des Mietvertrages stehe einer Mieterhöhung entgegen.
- 16
- § 4a des Mietvertrages lautet: "Auch während einer festen Laufzeit des Vertrages kann die Miethöhe durch freie vertragliche Vereinbarung einer nachfolgenden Vereinbarung oder entsprechend gesetzlichen Vorschriften geändert werden, für den Fall dass eine in eheähnliche Gemeinschaft lebende Person mit einzieht , wird eine gesonderte Vereinbarung getroffen."
- 17
- Wie das Erstgericht bereits frei von Rechtsfehlern ausgeführt hat, sollte durch die Vereinbarung lediglich klargestellt werden, dass bei einer Aufnahme einer der Vereinbarung unterfallenden Person sich die Parteien nicht mehr an die vereinbarte Miete halten lassen wollten.
III.
- 18
- Nach den vorstehenden Ausführungen kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer Feststellungen nicht bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da die Klage begründet ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuweisen. Ball Dr. Wolst Dr. Frellesen Dr. Hessel Dr. Achilles
AG Krefeld, Entscheidung vom 07.08.2007 - 11 C 320/06 -
LG Krefeld, Entscheidung vom 23.01.2008 - 2 S 40/07 -
Rechtsanwalt
moreResultsText
Annotations
(1) Das Mieterhöhungsverlangen nach § 558 ist dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen.
(2) Zur Begründung kann insbesondere Bezug genommen werden auf
- 1.
einen Mietspiegel (§§ 558c, 558d), - 2.
eine Auskunft aus einer Mietdatenbank (§ 558e), - 3.
ein mit Gründen versehenes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, - 4.
entsprechende Entgelte für einzelne vergleichbare Wohnungen; hierbei genügt die Benennung von drei Wohnungen.
(3) Enthält ein qualifizierter Mietspiegel (§ 558d Abs. 1), bei dem die Vorschrift des § 558d Abs. 2 eingehalten ist, Angaben für die Wohnung, so hat der Vermieter in seinem Mieterhöhungsverlangen diese Angaben auch dann mitzuteilen, wenn er die Mieterhöhung auf ein anderes Begründungsmittel nach Absatz 2 stützt.
(4) Bei der Bezugnahme auf einen Mietspiegel, der Spannen enthält, reicht es aus, wenn die verlangte Miete innerhalb der Spanne liegt. Ist in dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter seine Erklärung abgibt, kein Mietspiegel vorhanden, bei dem § 558c Abs. 3 oder § 558d Abs. 2 eingehalten ist, so kann auch ein anderer, insbesondere ein veralteter Mietspiegel oder ein Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde verwendet werden.
(5) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Der Vermieter kann die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden. Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 werden nicht berücksichtigt.
(2) Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten sechs Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 abgesehen, geändert worden sind. Ausgenommen ist Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist.
(3) Bei Erhöhungen nach Absatz 1 darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 abgesehen, nicht um mehr als 20 vom Hundert erhöhen (Kappungsgrenze). Der Prozentsatz nach Satz 1 beträgt 15 vom Hundert, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 3 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens fünf Jahren zu bestimmen.
(4) Die Kappungsgrenze gilt nicht,
- 1.
wenn eine Verpflichtung des Mieters zur Ausgleichszahlung nach den Vorschriften über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen wegen des Wegfalls der öffentlichen Bindung erloschen ist und - 2.
soweit die Erhöhung den Betrag der zuletzt zu entrichtenden Ausgleichszahlung nicht übersteigt.
(5) Von dem Jahresbetrag, der sich bei einer Erhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete ergäbe, sind Drittmittel im Sinne des § 559a abzuziehen, im Falle des § 559a Absatz 1 mit 8 Prozent des Zuschusses.
(6) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.