Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2012 - VIII ZR 315/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Kläger nehmen ihren ehemaligen Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses im Laufe des Jahres 2009 auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen in Anspruch.
- 2
- Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 3.320 € nebst Zinsen gerichteten Klage in Höhe eines Teilbetrages von 200,47 € Euro nebst Zinsen stattge- geben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Kläger haben das Urteil des Amts- gerichts mit der Berufung angefochten, soweit ihnen ein Anspruch auf Rückzah- lung von 1.880 € nebst Zinsen (Rückforderung der für die Jahre 2002 bis 2004 geleisteten Vorauszahlungen) aberkannt wurde. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte die - jeweils mit einem Saldo zu Lasten der Kläger endenden - Nebenkostenabrechnungen für diese Zeiträume erteilt. Der daraufhin von den Klägern erklärten Erledigung des Rechtsstreits hat sich der Beklagte nicht angeschlossen. Das Landgericht hat die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die Revision hat Erfolg.
I.
- 4
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
- 5
- Hinsichtlich der in der Berufungsinstanz noch anhängigen Forderung der Kläger auf Rückzahlung der Betriebskostenvorauszahlungen für die Jahre 2002 bis 2004 sei durch die Erteilung der Nebenkostenabrechnung während des Berufungsverfahrens die Erledigung der Hauptsache eingetreten, denn bis zu diesem Zeitpunkt sei die Klage zulässig und begründet gewesen.
- 6
- Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei dem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein (vorläufiger) Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen zuzubilligen, soweit der Vermieter keine Abrechnungen erteilt habe. Dies sei für die in der Berufungsinstanz noch im Streit befindlichen Vorauszahlungen bis zur nachträglichen Erteilung der Abrechnungen der Fall gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass der Anspruch der Kläger auf Erteilung der Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 bereits verjährt gewesen sei. Denn der von den Klägern verfolgte Anspruch auf Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen sei erst im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses im Jahre 2009 entstanden, so dass die Verjährung erst mit Ablauf des Jahres 2009 begonnen habe und noch nicht abgelaufen sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Mieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs während des laufenden Mietverhältnisses nicht berechtigt sei, geleistete Vorauszahlungen mit Rücksicht auf die ausstehende Abrechnung zurückzuverlangen, sondern er seinen Abrechnungsanspruch lediglich im Wege des Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Betriebskostenvorauszahlungen geltend machen könne.
II.
- 7
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klage auf Rückzahlung der Nebenkostenvorauszahlungen für die Jahre 2002 bis 2004 war von vornherein unbegründet. Denn dem Mieter kann bei Beendigung des Mietverhältnisses im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen nur insoweit zugebilligt werden , als er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte , den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen. Diese Möglichkeit stand den Klägern bezüglich der in der Revisionsinstanz noch im Streit befindlichen Abrechnungen für die Jahre 2002 bis 2004 zur Verfügung, weil das Mietverhältnis erst im Jahr 2009 endete; dass die Kläger hiervon keinen Gebrauch gemacht, sondern den Abrechnungsanspruch haben verjähren lassen, rechtfertigt keine ergänzende Vertragsauslegung zu ihren Gunsten.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung des Senats, von der auch das Berufungsgericht im Ansatzpunkt zutreffend ausgeht, kann der Mieter bei beendetem Mietverhältnis die Vorauszahlungen, über die der Vermieter nicht fristgemäß abgerechnet hat, ohne den zeitraubenden Umweg über eine (Stufen-)Klage auf Erteilung der Abrechnung sogleich zurückverlangen. Diese ergänzende Vertragsauslegung beruht auf der Überlegung, dass der Vermieter sonst in der Lage wäre, die Fälligkeit eines Erstattungsanspruchs des Mieters nach Belieben hinauszuzögern, so dass die Abrechnungsfrist (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) ohne praktische Bedeutung bliebe (Senatsurteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04, NJW 2005, 1499 unter II 3 c).
- 9
- Hingegen besteht bei Fortdauer des Mietverhältnisses kein Anlass für eine ergänzende Vertragsauslegung, denn der Mieter ist durch ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen hinreichend geschützt, wenn der Vermieter die abgelaufene Periode nicht fristgerecht abrechnet. Ein Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der für die nicht fristgemäß abgerechneten Betriebskosten geleisteten Vorauszahlungen kommt in diesem Fall mangels Bestehens einer ausfüllungsbedürftigen Vertragslücke nicht in Betracht (Senatsurteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05, NJW 2006, 2552 Rn. 12 ff.).
- 10
- Das Gleiche gilt bei einem beendeten Mietverhältnis für die Abrechnungsperioden , für die die Abrechnungsfrist noch während des Mietverhältnisses abgelaufen war. Insoweit ist der Mieter nicht schutzbedürftig, denn er hatte während des Mietverhältnisses die Möglichkeit, die laufenden Vorauszahlungen einzubehalten und so auf den Vermieter Druck zur Erteilung der geschuldeten Abrechnung auszuüben. Erst recht kommt eine ergänzende Vertragsauslegung nicht in Betracht, wenn - wie hier - der Abrechnungsanspruch des Mieters im Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses bereits verjährt ist.
III.
- 11
- Nach den vorstehenden Ausführungen kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Satz 1 ZPO). Da es keiner weiteren Feststellungen bedarf, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 563 Abs. 3 ZPO); dies führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
AG Lemgo, Entscheidung vom 04.11.2010 - 18 C 73/10 -
LG Detmold, Entscheidung vom 26.10.2011 - 10 S 204/10 -
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(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.
(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.
(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.
(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.
(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.
(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.